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Titelthema<br />

Kunstdünger<br />

2 Kunstdünger? Kunstdünger!<br />

2 Kulturgeschichte des Kunstdüngers<br />

3 Leipziger Kulturvereine im Profil<br />

6 Das Leben des Kunstfälschers Edgar Mrugalla<br />

7 Porträt über den Leipziger Auftragsmaler Michael Schreckenberger<br />

8 Zu Besuch bei der Schriftklasse der HGB<br />

Elfenbeinturm<br />

Neues aus dem Institut<br />

10 Interview mit Monika Nachtwey<br />

13 Seminarrezension ›Bestattungskultur‹<br />

14 Kuwitag am 6.6.2009 im Kultiviert Anders! e.V.<br />

16 Interview mit Dr. Ewa Tomicka-Krumrey vom GWZO<br />

Studentenfutter<br />

studentische Angelegenheiten<br />

17 Buchrezension ›Wir sind die Stadt!‹<br />

19 Erasmus in London<br />

21 KuWi-Masterstudiengänge<br />

23 Magisterarbeit über nonverbalen Humor<br />

24 Interview mit Kunsthistoriker Moritz Lampe<br />

26 Baumpatenschaftsprojekt anlässlich des 600. Jubiläums der Uni Leipzig<br />

The Real World<br />

Praktisches aus dem wahren Leben<br />

27 Praktikum am Gewandhaus<br />

28 mephisto 97.6 – story of an insider<br />

30 Interview mit euro-scene-Direktorin Ann-Elisabeth Wolff<br />

Eigensinn<br />

Sinniges und Unsinniges von der Redaktion<br />

32 Einräumen<br />

33 Am Deich<br />

34 Rätsel<br />

36 Impressum


Titelthema<br />

Faksimile der 3. Auflage<br />

von Justus Liebigs<br />

›chemischen Briefen‹ ist<br />

unter www.archive.org/<br />

details/chemischebriefe<br />

00liebuoft erhältlich.<br />

Die Geschichte von Entdecker<br />

Humboldt und<br />

Gauß erzählt kurzweilig<br />

und preisgekrönt<br />

Daniel Kehlmanns<br />

›Vermessung der Welt‹.<br />

Thaer, Albrecht Daniel,<br />

Grundsätze der<br />

rationellen Landwirtschaft,<br />

4 Bde., Berlin<br />

1809 – 1812.<br />

Reisebeschreibungen<br />

und wissenswertes<br />

zu Thaer und seinem<br />

Leben in Brandenburg<br />

bei Fontane, Theodor,<br />

Wanderungen<br />

durch die Mark Brandenburg,<br />

8 Bde., Bd. 2<br />

Oderland. Barnim Lebus,<br />

Aufbau-Verlag 2005.<br />

Kunstdünger?<br />

Kunstdünger! Maja Neumann<br />

Beim Thema Kunstdünger, wie bei den<br />

meisten Titelthemen, gehen die Gedanken<br />

und Assoziationen der Redakteure oft<br />

ziemlich weit auseinander. Das ist auch<br />

gut so, denn das belebt sozusagen das Ge-<br />

schäft und unser Magazin. Düngemittel be-<br />

schleunigen das Wachstum von Kultur-<br />

pflanzen. Frei assoziiert muss Dünger<br />

nicht immer chemisch oder organisch<br />

sein, sondern in unserem Fall sind auch<br />

Leipzigs Kulturvereine Treibstoff für die<br />

lokale Kulturszene, sind Auftragsmaler<br />

und Kunstfälscher auch Dünger für die<br />

Kunstszene.<br />

Die künstlichen Düngemittel die hier nun<br />

doch nicht ganz so ausführlich beschrieben<br />

werden sollen, sind die Drogen und<br />

Halluzinogene, die so mancher Student<br />

doch immer wieder auf Partys und Festi-<br />

vals, ja selbst im Städteurlaub in fremden<br />

Ländern angeboten bekommt. Ob sich letz-<br />

ten Endes nur Puderzucker im Tütchen be-<br />

fand, wollte ich auch für einen Artikel nicht<br />

testen, daher folgt hier nun doch kein aus-<br />

führlicher Bericht zu Drogen als Düngemit-<br />

tel in der Musikszene und dergleichen. Ob<br />

und inwiefern hier auch die Musik-, Fes-<br />

tival-, und Clubkultur durch diese Kunst-<br />

düngemittel belebt und angeregt wird,<br />

muss daher leider erstmal offen bleiben.<br />

Dennoch wurden einige ausgewählte Artikel<br />

zum Titelthema zusammengetragen<br />

und wir hoffen, dass diese Anklang finden<br />

werden.<br />

Viel Spaß also in der Kulturszene und bei<br />

den Kunstfälschern und auch beim Ausflug<br />

in die Kulturgeschichte des Kunstdüngers.<br />

Ohne Kunstdünger<br />

keinen Rübenzucker!<br />

Die Erfindung des Kunstdüngers<br />

aus kulturhistorischer und<br />

konsumgeschichtlicher Perspektive<br />

von Juliane Scholz<br />

Für eine knappe historische Betrachtung<br />

dessen, was die moderne Landwirtschaft<br />

ausmacht, nämlich Kunstdünger und<br />

Fruchtfolge, die im 19. Jahrhundert mit ex-<br />

plosionsartiger Zunahme des Zuckerrü-<br />

benanbaus Preußen zum ›Zuckerrübenstaat‹<br />

krönte, dürfen zwei Namen nicht fehlen:<br />

Albrecht Daniel Thaer (1752 – 1828)<br />

und Justus Liebig (1803 – 1873). Beide<br />

fundierten, jeder auf seinem Gebiet, fast<br />

beiläufig die moderne Landwirtschaft.<br />

Thaer, Sohn eines Hofmedicus, schrieb<br />

seine ebenfalls medizinische Dissertation<br />

in Göttingen 1774 und ließ sich in sei-<br />

nem Heimatort Celle als praktischer Arzt<br />

nieder. Schon während seines Studiums<br />

der Chirurgie war er bald der Pathologie<br />

zugeneigt, da er beim Anblick von Blut<br />

regelmäßig in Ohnmacht fiel. Thaer interessierte<br />

sich zunehmend für Blumenzucht<br />

und Kreuzungsexperimente in seinem<br />

geräumigen Garten. Bald reichte<br />

der Garten nicht mehr aus und es musste<br />

ein Stück Land vor den Toren Celles<br />

gepachtet werden, wobei im Laufe der<br />

Jahre einige Morgen mehr dazu kamen.<br />

Thaer verfiel der Gärtnerei, blieb aber<br />

dennoch Arzt. 1786 ernannte man ihn so-<br />

gar zum Leibarzt von König Georg III.,<br />

dennoch trieb ihn der Ruf in die Natur. Er<br />

fragte sich, wie man Felder ergiebiger und<br />

besser beackern könnte und entnahm<br />

immer öfter Bodenproben, um die Zusam-<br />

mensetzung der Erde fruchtbarer machen<br />

zu können.<br />

Hier nun kommt Justus Liebig ins Spiel,<br />

der Wegbereiter der noch jungen Chemie.<br />

Hatte Thaer noch auf organische Dünger<br />

wie Guano gesetzt, basierte Liebigs Theorie<br />

von der Mineraldüngung auf der anorganischen<br />

Natur der Pflanzennahrung<br />

(aus K, Ca, Mg, P, S, Fe). Die bekannten<br />

Formeln auf Düngerfläschchen sind so<br />

leicht zu entschlüsseln: Das kryptische<br />

›N-P-K‹ auf der Pflanzennahrung ist also<br />

Dünger mit Stickstoff (N), Phosphat (P)<br />

und Kalium (K), meist sind die Mischungs-<br />

verhältnisse mit angegeben. Und deswe-<br />

gen jeder Pflanze ihren Dünger und jedem<br />

Boden eine besondere Behandlung.<br />

Liebig erkannte allerdings noch nicht die<br />

Bedeutung des Stickstoffs, dies gelang<br />

erst Emil Wolff (1818 – 1896). Seine ›che-<br />

mischen Briefe‹ aus dem Jahr 1844 legen<br />

jedoch den Grundstein der anorganischen<br />

Chemie und den Schluss nahe, dass von<br />

nun an Mineral- bzw. Kunstdünger bessere<br />

Erträge bringen könnte. Thaer hingegen<br />

floh 1804 wegen der napoleonischen Be-<br />

freiungskriege in die Mark Brandenburg<br />

nach Preußen und gründete in Möglin<br />

am Rande des Oderbruchs 1806 die ers-<br />

te deutsche landwirtschaftliche Lehran-<br />

stalt, in der er auch sein Hauptwerk ›Grund-<br />

sätze der rationellen Landwirtschaft‹ ver-<br />

fasste. So schreibt Thaer zum Begriff ›Land-<br />

wirtschaft‹, der Kulturwissenschaftler in<br />

seinem Ursprung ›Agricultur‹ doch an sein<br />

Wirkungsfeld erinnern sollte: » […] Die voll-<br />

kommenste Landwirtschaft ist die, welche<br />

den möglich höchsten, nachhaltigen Ge-<br />

winn aus ihrem Betriebe zieht. Nicht die<br />

möglich höchste Produktion, sondern der<br />

höchste reine Gewinn, nach Abzug der Kos-<br />

ten, ist Zweck des Landbaus.« Diese unternehmerische<br />

Sichtweise auf Produktion<br />

und Erträge setzte sich erst nach Ende<br />

des 2. Weltkriegs wirklich durch, obwohl<br />

schon 1862 der erste Lehrstuhl für Agrar-<br />

wissenschaften in Halle gegründet wurde.<br />

Dies geschah auf Forderungen Liebigs,<br />

der eine stärkere Akademisierung und Pro-<br />

fessionalisierung angemahnt hatte. So<br />

entstanden dank des Chemikers Liebig<br />

und des Mediziners und Landwirts Thaer<br />

die heute so beiläufig benutzten ›Kunstdünger‹.<br />

Diesen benutzte man seit Mitte<br />

des 19. Jahrhunderts als ›Chilesalpeter‹,<br />

da man die Lagerstädten des Stoffes von<br />

Entdecker Alexander von Humboldt, der<br />

sie 1804 angelegt hatte, erst zu diesem<br />

Zeitpunkt gefunden hatte. Der Krieg tat<br />

sein übriges, denn die Knochen der Gefal-<br />

lenen wurden der ersten deutschen Super-<br />

phosphatfabrik in Lehrte zugeführt. Auch<br />

hier war Liebig inzwischen Aufsichtsrat.<br />

Jedoch konnte sich die Mineraldüngung<br />

erst seit Ende des 19. Jahrhunderts in Eu-<br />

ropa durchsetzten. Ohne den so genan-<br />

nten ›Kunstdünger‹ wäre wohl eine Ernäh-<br />

rung zu Zeiten der Industriellen Revolution<br />

mit ihrer Bevölkerungsexplosion gar nicht<br />

vorstellbar gewesen.<br />

Kultureller Nährboden<br />

Eine kleine Auswahl an Leipziger<br />

Kunstvereinen<br />

D21 Kunstraum<br />

Von Jenny Schönherr und<br />

Johanna Puchta<br />

Fotos: Jenny Schönherr,<br />

Kultiviert Anders!, Tom Bailey<br />

Gründung: April 2006<br />

Mitgliederzahl: ca. 30<br />

Mitgliedsbeitrag: 15/30 Euro pro Jahr<br />

Vorstand: Michael Moser, Constanze<br />

Müller, Jette Blümler, Regine Ehleiter<br />

Der Leipziger Kunstverein D21 gründete<br />

sich 2006 als alternativer Raum für zeitgenössische<br />

Kunst. In den Räumen eines<br />

Wächterhauses am Lindenauer Markt<br />

wird seitdem vor allem experimentelle<br />

Kunst junger, noch unbekannter Künstler<br />

aus dem In- und Ausland gezeigt. Die Reihe<br />

D21 Lab bietet den Künstlern die Möglichkeit,<br />

sich auszuprobieren und durch<br />

eine Ausstellung in Eigenregie ihre Werke<br />

der Öffentlichkeit zu präsentieren. Darüber<br />

hinaus organisiert der Kunstverein<br />

vier bis sechs kuratierte, überwiegend<br />

thematische Gruppen-Ausstellungen im<br />

Jahr.<br />

In der nächsten Ausstellung werden vom<br />

21. Oktober bis zum 1. November als Teil<br />

der Reihe D21 Lab Fotografien von Fabian<br />

Bechtle und Jan Mammey zu sehen sein.<br />

Umrahmt werden die Ausstellungen von ei-<br />

nem vielfältigen Veranstaltungsprogramm<br />

mit Lesungen, Performances, Experimen-<br />

talmusik-Konzerten und der Experimental-<br />

filmreihe, die jeden ersten Donnerstag<br />

im Monat stattfindet.<br />

Der Kunstraum D21 lebt vor allem vom<br />

ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder<br />

und finanziert sich durch private<br />

Kunstförderer und öffentliche Fördermittel,<br />

die im Rahmen von Projektanträgen<br />

akquiriert werden. Laufende Betriebs-<br />

und Veranstaltungskosten werden aus<br />

den jeweiligen Erlösen und Mitgliedsbeiträgen<br />

gedeckt.<br />

Der künstlerische Leiter Michael Arzt be-<br />

2 3<br />

Titelthema<br />

Die D21-Vorstandsmitglieder<br />

Regine<br />

Ehleiter und Michael<br />

Moser vor den<br />

Räumen des Kulturvereins<br />

in der<br />

Demmeringstraße 21<br />

D21<br />

Demmeringstraße 21<br />

04177 Leipzig<br />

www.d21-leipzig.de


Titelthema<br />

Sprachlos Leipzig<br />

Ubiquity Theatre<br />

Kurt-Schumacher-Str. 49<br />

04105 Leipzig<br />

www.sprachlos-leipzig.de<br />

Doppelplusgut e.V.<br />

Kappellenstraße 16<br />

04315 Leipzig<br />

www.doppelplusgutleipzig.blogspot.com/<br />

stimmt das Profil des D21, doch es gibt<br />

für jeden, der Lust hat, viele Möglichkeiten,<br />

sich persönlich einzubringen. Eine<br />

Mitarbeit bei Projekten oder auch auf<br />

Dauer kann als Praktikum angerechnet<br />

werden.<br />

Sprachlos<br />

Gründung: Oktober 2007<br />

Gründer: Tom Bailey<br />

Mitglieder: ca. 20 Leute<br />

Mitgliedschaft kostenlos<br />

Vor acht Jahren kam der englische Theaterdirektor<br />

Tom Bailey aus Manchester<br />

über ein kulturelles Austauschprojekt<br />

nach Leipzig – und verliebte sich in die<br />

Stadt. Im September 2007 zog er dauerhaft<br />

hierher und rief das gemeinnützige<br />

Theater ›Sprachlos‹ ins Leben, das<br />

sich im Moment noch in der Phase der<br />

Vereinsgründung befindet. Das Projekt<br />

soll Laienschauspielern die Möglichkeit<br />

bieten, Theater auf möglichst professionellem<br />

Niveau zu spielen, ganz im Sinne<br />

der community theatres in England.<br />

Tom Bailey verfolgt eine ›open-door-policy‹:<br />

Jeder, der möchte, kann mithelfen<br />

und seine Ideen einbringen. Ziel des The-<br />

aterprojektes ist es, durch Teamwork, Em-<br />

pathie und Selbstvertrauen Brücken zwischen<br />

verschiedenen sozialen Gemeinschaften<br />

zu schlagen. Die Teilnehmer um-<br />

fassen daher alle Altersgruppen zwischen<br />

17 und 50 Jahren und kommen aus den<br />

unterschiedlichsten sozialen Milieus.<br />

Die erste Initiative von Sprachlos war ein<br />

Projekt in Zusammenarbeit mit der LVB im<br />

Sommer 2007. 28 Laiendarsteller, mit<br />

selbst gebastelten Masken verkleidet, er-<br />

zählten in Leipziger Straßenbahnen ihre<br />

persönliche Geschichte über Leipzig.<br />

Auch beim Leipziger Straßentheaterfestival<br />

war Sprachlos bereits zweimal dabei.<br />

Im vergangenen Jahr präsentierte die The-<br />

atergruppe eine 15minütige Version von<br />

König Drosselbart, die nur aus deutschen<br />

Sprichwörtern bestand. Dieses Jahr führte<br />

Sprachlos in Zusammenarbeit mit der<br />

Leipziger International School ›Das Tagebuch<br />

der Anne Frank‹ auf.<br />

Anfang 2010 wird Sprachlos sein neuestes<br />

Projekt an einem noch geheimen Ort<br />

präsentieren: Ein Märchen für Erwachsene,<br />

das erzählt, was in Leipzig passiert,<br />

nachdem der letzte Nachtbus um 3.33<br />

Uhr abgefahren ist. Statuen aus verschie-<br />

denen geschichtlichen Epochen wie der<br />

Gründerzeit, der Zeit von Johann Sebastian<br />

Bach oder der Wendezeit werden lebendig<br />

und erzählen, wie sie Leipzig erleben.<br />

Das Stück hat die Gruppe selbst<br />

geschrieben.<br />

Bisher waren alle Projekte für die Teilnehmer<br />

kostenlos. Tom Bailey, der in Leipzig<br />

als Englischlehrer arbeitet, kam bis auf<br />

wenige Ausnahmen für die anstehenden<br />

Kosten selbst auf. Sobald Sprachlos ein<br />

eingetragener Verein ist, will Tom Bailey<br />

jedoch Förderungen für seine jeweiligen<br />

Projekte beantragen.<br />

Sprachlos freut sich über jeden neuen<br />

Interessenten. Ein offizielles Praktikum<br />

kann hier bis zur Vereinsgründung noch<br />

nicht absolviert werden, aber ein Zeugnis<br />

über die Mitarbeit stellt Tom Bailey<br />

gerne aus.<br />

Doppelplusgut e.V.<br />

Gründung: Juli 2008<br />

Mitglieder: ca. 10<br />

Mitgliedschaft kostenlos<br />

Vorstand: Sebastian Gerdes, Paul Renk,<br />

Christina Waldvogel, Annika Bauer,<br />

Steffen Grosser, Claudia Koch, Marcel<br />

Hennes, Katrin Becker, Katharina Gahlert<br />

Die Idee, einen Kulturverein in Reudnitz<br />

zu eröffnen, um das Stadtviertel aufzuwer-<br />

ten, kam einigen Studenten vom FSR Ger-<br />

manistik im Frühjahr 2008. Der Name<br />

›Doppelplusgut‹ ist an den Roman ›1984‹<br />

von George Orwell angelehnt.<br />

Doppelplusgut will kreativen Menschen<br />

Raum für kulturelle Projekte unterschiedlichster<br />

Art zur Verfügung stellen. So veran-<br />

staltet der Kulturverein zum Beispiel wech-<br />

selnde Ausstellungen, Lesungen und Kon-<br />

zerte. Im vergangenen März richtete Doppelplusgut<br />

sogar ein kleines Jazzfestival<br />

in seinen Räumen aus. Außerdem beteiligte<br />

sich der Verein an der Ausstellung<br />

›Bei uns doch nicht!‹ über Rechtsradikale<br />

Übergriffe mit Hörbeispielen.<br />

Jeden Freitag findet ein Filmabend mit<br />

wechselnden Themen statt. Dienstags<br />

gibt es außerdem eine Volksküche: Ab<br />

20 Uhr kann man hier gegen eine kleine<br />

Spende vegetarisch und manchmal auch<br />

vegan essen.<br />

Volksküche bei Doppeltplus Gut:<br />

Christina Waldvogel mit ihren Vorstandskollegen<br />

Sebastian Gerdes und Paul Renk<br />

Die Finanzierung der Projekte und Räumlichkeiten<br />

erfolgt vor allem über kulturelle<br />

Veranstaltungen und Getränkespenden.<br />

Bis heute engagieren sich bei Doppelplus<br />

gut ausschließlich Studenten. Der Verein<br />

freut sich über jede Unterstützung. Die<br />

wöchentliche Vereinssitzung – jeden Frei-<br />

tag ab 19 Uhr – ist für jedermann offen.<br />

Praktische Mithilfe kann als Praktikum<br />

angerechnet werden.<br />

Kultiviert Anders!<br />

Gründung: Oktober 2006<br />

Mitglieder: 25 – 30<br />

Mitgliedsbeitrag: 12/24 Euro pro Jahr<br />

In geselliger Runde bei einem gemütlichen<br />

Glas Bier hatten einige Leipziger Kuwi-Studenten<br />

im Herbst 2006 die Idee,<br />

ihre theoretischen Kenntnisse des Studiums<br />

in die Praxis umsetzen zu wollen.<br />

Kurzerhand gründeten sie den Kulturver-<br />

ein ›Kultiviert Anders!‹. Nachdem im Erdgeschoss<br />

eines Wächterhauses in Plagwitz<br />

die geeigneten Räumlichkeiten gefun-<br />

den und diese eigenhändig von den Grün-<br />

dungsmitgliedern ausgebaut worden wa-<br />

ren, fand 2006 die erste legendäre ›Baustellen<br />

– Eröffnungsparty‹ statt. Mit dem<br />

Grundgedanken ›Vielfalt – alles ist möglich‹<br />

will der Verein regionalen, noch unbe-<br />

kannten Künstlern eine Plattform bieten,<br />

sich darzustellen.<br />

Kultiviert Anders! entwirft jeden Monat ein<br />

Programm aus vier bis fünf Veranstaltungen<br />

wie Lesungen, Theateraufführungen,<br />

Ausstellungen und Konzerte. Nicht nur<br />

Künstler, die hier das erste Mal vor Publikum<br />

auf einer Bühne stehen, sondern<br />

auch bekannte Größen wie Manfred Maul-<br />

bracher oder Konrad Küchenmeister gestalten<br />

die vielseitigen Events des Vereins<br />

mit. Auch Lesungen, zum Beispiel im Rah-<br />

men der Leipziger Buchmesse, finden hier<br />

statt. Die Finanzierung des Vereins erfolgt<br />

ausschließlich über Sponsoren, Förderer<br />

und Veranstaltungsentgelte.<br />

Da die Vereinsmitglieder im Herbst jedoch<br />

in das Berufsleben eintreten, wird das re-<br />

gelmäßige Programm von Kultiviert Anders!<br />

ab November 2009 bis auf einzelne,<br />

unregelmäßig stattfindende Veranstaltun-<br />

gen eingestellt.<br />

Das vorläufig letzte Veranstaltungshigh-<br />

4 5<br />

Titelthema<br />

Kultiviert Anders!<br />

Zschochersche Str. 61<br />

/ Wächterhaus<br />

04229 Leipzig<br />

www.kultiviertanders.de


Titelthema<br />

Edgar Mrugalla<br />

© Kerstin Daras (2)<br />

light wird daher eine Vernissage mit Konzert<br />

am 10. Oktober sein. Der Leipziger<br />

Künstler Lysson präsentiert in der Ausstel-<br />

lung ›Traumwelten‹ seine Bilder, die er<br />

selbst als ›photorealistischen Surrealis-<br />

mus‹ bezeichnet. Den musikalischen Rah-<br />

men bilden die Bands Live from Las Ve-<br />

gas‹ und ›Elsterclub‹.<br />

Am 24. Oktober wird dann die letzte Abschlussveranstaltung<br />

des Vereins in den<br />

Räumen des Wächterhauses stattfinden<br />

– eine Gelegenheit, die man auf keinen<br />

Fall verpassen sollte!<br />

»Ich habe in meinem<br />

Leben schon vieles<br />

falsch gemacht – vor<br />

allem Bilder «<br />

Edgar Mrugalla, König der Kunstfälscher<br />

von Franziska Burstyn<br />

Das Leben Edgar Mrugallas ist bereits auf<br />

einen Blick alles andere als geradlinig<br />

oder eintönig. Allein der Name des Künst-<br />

lers, dessen Werke heutzutage ganz legal<br />

zu erwerben sind und bereits auf zahlreichen<br />

Ausstellungen zu bewundern waren,<br />

hat einen zwiespältigen Beigeschmack,<br />

denn er wird auch als ›König der Kunstfälscher‹<br />

bezeichnet. Und so nobel dieser<br />

Titel auch anmuten mag, so bezieht er sich<br />

doch auf die zwar geniale, aber illegale<br />

Tätigkeit seines früheren Lebens, die letzt-<br />

endlich von der Kripo aufgedeckt wurden<br />

und einen unermesslichen Schatz an Fäl-<br />

schungen zu Tage beförderte. Unter den<br />

beschlagnahmten Werken befanden sich<br />

unter anderem auch Duplikate weltberühmter<br />

Künstler wie Rembrandt oder Picasso,<br />

wobei besonders die Druckgra-<br />

phiken Mrugallas von erstklassiger Qualität<br />

zeugten. Trotz der Aufdeckung seiner<br />

Machenschaften behauptet Mrugalla,<br />

dass noch immer zahlreiche seiner Werke<br />

unerkannt in Museen und Galerien im<br />

Umlauf seien.<br />

Während diese Geschichte des großen<br />

Kunstfälschers nach der eines Genies<br />

klingt, verlief Mrugallas Leben doch bis zu<br />

dieser gipfelnden Entlarvung eher unauf-<br />

fällig und bescheiden. Nach einer eher<br />

dürftigen Schulausbildung übte er eine end-<br />

los lange Reihe von Aushilfsjobs aus, da-<br />

runter Hilfsbootsbauer, Bimmeljunge, Hei-<br />

zer, Kohle-, Öl- und Zeitungsfahrer, Tannen-<br />

händler und sogar Preisboxer. Als er 1968<br />

dann einen Trödelladen in Berlin eröffnete,<br />

in dem ihm zahlreiche wertvolle Antiquitäten<br />

und Gemälde von Kunsthändlern<br />

unter Wert abgeluchst wurden, begann er<br />

dann allmählich, sich mit der Malerei und<br />

auch mit der Restauration von Ölgemälden<br />

zu befassen – der Beginn einer Leidenschaft.<br />

In den darauffolgenden Jah-<br />

ren beschäftigte er sich nun intensiv mit<br />

der Malerei und fertigte eigene Kopien<br />

von großen Kunstwerken an, die bei den<br />

Händlern großen Anklang fanden und Mrugalla<br />

neben der Restauration zusätzlich<br />

Geld einbrachten. Ausgerechnet als er<br />

echte Kreidezeichnungen von Otto Müller<br />

bei einer Entrümpelung fand, wurde ein<br />

Kunsthändler aufgrund der hohen Anzahl<br />

misstrauisch und zeigte Mrugalla bei der<br />

Polizei an. Es folgte ein langwieriger Prozess,<br />

in dem Mrugalla zwar seine Unschuld<br />

beweisen konnte und letztendlich<br />

freigesprochen wurde, sein Name als Anti-<br />

quitätenhändler allerdings nahm großen<br />

Schaden. 1980 zog er sich aufgrund des-<br />

sen auch bald nach dem Prozess in ein<br />

kleines Dorf Schleswig-Holsteins zurück<br />

und führte sein Leben als Kunstfälscher<br />

zur Perfektion, in dem er um die 3000<br />

Werke kopierte, die durch diverse Galer-<br />

isten, Kunsthändler und Betrüger in Umlauf<br />

gebracht wurden. Sieben Jahre spä-<br />

ter wurde der Schwindel dann letztendlich<br />

von der Kripo aufgedeckt, woraufhin<br />

eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren<br />

folgte. Gerade durch dieses Auffliegen<br />

machte er sich einen Namen als großen<br />

Kunstfälscher, und wurde nunmehr mit An-<br />

erkennung, nicht aber mit Missmut bege-<br />

gnet. So folgten auch zahlreiche, ganz lega-<br />

le Ausstellungen seiner Werke, wobei die<br />

Fälschungen nun natürlich als solche gekennzeichnet<br />

sind.<br />

Seit April dieses Jahres sind in einem Düs-<br />

seldorfer Antiquariat Gemälde und Graphiken<br />

von Edgar Mrugalla zu bestaunen<br />

und zu erwerben. Auch auf Ebay kann man<br />

eine Auswahl seiner Werke ersteigern.<br />

Diese sind zwar zu einem großen Teil immer<br />

noch mit namenhaften Kunstwerken<br />

in Verbindung zu bringen, aber keineswegs<br />

mehr bloße Duplikate. So kann es passieren,<br />

dass man glaubt, einen originalen<br />

Franz Marc vor sich zu haben, dessen<br />

Motiv gänzlich unbekannt zu sein scheint.<br />

Im Gegensatz zu den originalen sind die<br />

Werke Mrugallas allerdings schon ab<br />

35 Euro für einen Holzschnitt relativ erschwinglich.<br />

Und wer kann schon behaup-<br />

ten einen echten Mrugalla in seiner Woh-<br />

nung hängen zu haben, dessen Werke<br />

sich möglicherweise noch heute Seite an<br />

Seite einen Platz mit denen weltberühmter<br />

Künstler teilen?<br />

Das Streben nach<br />

Vielseitigkeit<br />

Trotz Wirtschaftskrise geben immer<br />

noch viele Leipziger Bürger Gemälde bei<br />

Maler Michael Schreckenberger<br />

in Auftrag<br />

von Jenny Schönherr<br />

Michael Schreckenberger wurde am 31.<br />

03.1978 in Leipzig geboren. Bereits während<br />

seiner Schulzeit entwickelte er ein<br />

ausgeprägtes Bildverständnis, so dass sei-<br />

ne Skizzen und Zeichnungen bald auf Ver-<br />

anstaltungen gezeigt und prämiert wurden.<br />

Nach der Schule absolvierte Schreckenberger<br />

eine Ausbildung zum Gas- und<br />

Wasserinstallateur, jedoch lediglich um<br />

seine finanzielle Existenz zu sichern. Wäh-<br />

rend dieser Zeit reifte in ihm der Wunsch,<br />

ein eigenes Atelier aufzubauen, da ihm die<br />

Kunst neue Perspektiven und Platz für sei-<br />

ne geistige Entfaltung bot. So eröffnete<br />

er im Februar 2004 das ›Atelier Nord‹ in<br />

der Berliner Straße. Einerseits schaffte<br />

er sich hier eine Präsentationsplattform<br />

für seine eigenen Werke – zu seinen wenigen<br />

Vorbildern zählen die Künstler Edward<br />

Hopper und Hans Werner Sahm. Seit<br />

dem Ausbau des Atelies zur Galerie bietet<br />

Schreckenberger darüber hinaus aber<br />

auch anderen Künstlern aus der Region<br />

sowie Schülern aus den Bereichen Gestal-<br />

tung und Design eine Räumlichkeit zur<br />

Kreativitätsentfaltung. Für Schüler und<br />

Studenten von Grafik- und Design-Hochschulen<br />

bietet das Atelier auch die Möglichkeit<br />

eines Praktikums an.<br />

Die Idee zur Auftragsmalerei kam Schreckenberger<br />

aus einer ökonomischen Not-<br />

wendigkeit heraus. Aber auch »die Heraus-<br />

forderung, verrückte Sachen anzunehmen«<br />

– so der Künstler – trug zu seiner Ent-<br />

scheidung für diesen Nebenerwerb bei.<br />

Die Aufträge erhält er von Kunden aller<br />

Einkommens- und Altersschichten. Nicht<br />

nur Firmenkunden, welche ihre Büroräu-<br />

me, Hotelzimmer oder Restaurants aus-<br />

gestalten wollen, sondern auch Privatkunden<br />

geben Urlaubsfotos, Hochzeitsbil-<br />

der oder das Porträt eines verstorbenen<br />

Angehörigen zum Abmalen in Auftrag.<br />

»Die Menschen sind trotz Wirtschaftskrise<br />

immer noch bereit, Geld für individuelle,<br />

besondere Arbeiten auszugeben«,<br />

erzählt Schreckenberger. Ein solches individuell<br />

angefertigtes Bild kostet zwar<br />

nicht wenig, bleibt aber bezahlbar.<br />

Schreckenbergers Werke spiegeln Viel-<br />

schichtigkeit, Flexibilität und den Wunsch<br />

nach kompromissloser Veränderung wieder.<br />

Auch ohne hochgradigen Kunstabschluss<br />

beweist er mit seiner experimentierfreudigen<br />

Malerei, dass er durchaus<br />

mit Flächenstrukturierung, Komposition,<br />

Farbmischung und Lichteffekten umge-<br />

hen kann. Seine Kunst zeichnet sich durch<br />

6 7<br />

Titelthema<br />

Michael Schreckenberger<br />

bei der Bearbeitung<br />

einer Skulptur<br />

Atelier Nord<br />

Berliner Straße 12<br />

04105 Leipzig<br />

www.ateliernordleipzig.de


Titelthema<br />

Arbeit von Michael<br />

Schreckenberger<br />

vergrabene Phantasiekonstruktionen, re-<br />

alistische Architektur und dem Symbolwert<br />

von allgemeinem Weltschmerz aus.<br />

Schreckenbergers Markenzeichen, das<br />

sich auf vielen seiner Werke wieder findet,<br />

ist ein Streichholz. Es steht für die Natürlichkeit,<br />

da es lediglich aus den zwei<br />

unverfälschten Elementen Holz und<br />

Schwefel besteht. Der Mensch als Objekt<br />

bleibt in seinen Werken meist sekundär.<br />

Aus Zeitmangel gibt Schreckenberger<br />

einige seiner Aufträge auch an andere<br />

Künstler ab und gewinnt dadurch Zeit für<br />

seine eigenen Kunstarbeiten. Auftragsmalerei<br />

sowie Fassadengestaltung bleiben<br />

jedoch für die Kostendeckung der Ga-<br />

lerie eine Notwendigkeit. Darüber hinaus<br />

engagiert sich der Leipziger Künstler<br />

auch für gemeinnützige soziale Projekte.<br />

Hierzu zählt das durch die Europäische<br />

Union geförderte Projekt zur Schaffung<br />

eines ›Parthe Kunstparcours‹ unter<br />

dem Titel: ›Stadt, Land, Kunst‹, für welches<br />

ständig neue Projekte von anderen<br />

Künstlern gesucht werden, die sich hier<br />

verwirklichen wollen. Ein weiteres soziales<br />

Projekt betrifft das Anlegen verschiedener<br />

Bastel- und Malstrassen für Jung<br />

und Alt auf Stadtfesten.<br />

Auch das Fertigen von Skulpturen gehört<br />

zu Schreckenbergers Leidenschaften. Ne-<br />

ben Gasbeton und Metall verwendet er<br />

dafür Holz, welches er nicht nur mit Stech-<br />

beitel und Holzhammer, sondern bisweilen<br />

auch mit der Kettensäge bearbeitet.<br />

Die Herausforderung liegt dabei in der Grob-<br />

heit dieser Maschine. Das Produkt soll<br />

den emotionalen Zustand des Künstlers<br />

während des Schaffungsprozesses widerspiegeln.<br />

Im Laufe seiner künstlerischen Karriere<br />

hat Schreckenberger schon viele unterschiedliche<br />

künstlerische Projekte absol-<br />

viert. Zu seinen Referenzen zählen unter<br />

anderem die Ausstellung ›Licht und Raum‹<br />

im Lichtspielhaus Berlin in den Fischerhauspassagen<br />

im Jahre 2004, der Bau ei-<br />

ner Steinpictogramm-Pyramide an der Par-<br />

the in Borsdorf, sowie die Gestaltung des<br />

Hotels ›Palace‹ in Kopenhagen in Zusam-<br />

menarbeit mit anderen Künstlern 2008.<br />

Noch bis Ende des Jahres wird sich das<br />

Atelier Nord in den Räumen in der Berliner<br />

Straße befinden. Momentan ist der Künst-<br />

ler auf der Suche nach neuen Räumlich-<br />

keiten, diese werden dann Anfang 2010<br />

auf der Homepage zu finden sein.<br />

Schrift im Feld<br />

digitaler Medien<br />

Zu Besuch bei der Schriftklasse<br />

der Hochschule für Grafik und<br />

Buchkunst<br />

Von Maria Jakob<br />

Es gibt eine Klasse in der Hochschule für<br />

Grafik und Buchkunst, da sitzen die Studenten<br />

jeder vor einem Rechner und schei-<br />

nen etwas zu programmieren – und es sind<br />

nicht die Medienkünstler. Da fragt man<br />

sich: Ist das Kunst, was die da machen?<br />

Genau das fragen sich die, die da sitzen,<br />

oft selbst.<br />

Die Klasse für ›Schrift im Feld digitaler<br />

Medien‹ ist die einzige ihrer Art in Deutsch-<br />

land und auch innerhalb der HGB ein rech-<br />

tes Mysterium. Außenstehende verwechseln<br />

sie zudem häufig mit der Typographie-<br />

Klasse. Doch anders als in der Typographie<br />

geht es hier nicht um die Anwendung<br />

von und die Gestaltung mit Schrift, sondern,<br />

viel grundlegender, um den Entwurf<br />

von Schrift selbst, um die Gestaltung von<br />

Buchstabenformen.<br />

»Ich mag Schriftgestaltung, weil es die<br />

kleinste Arbeit ist, die man innerhalb der<br />

Gestaltung machen kann. Die Architektur<br />

ist das Größte, und die Schrift das Kleinste.“<br />

Aurelia ist, wie viele in der Klasse,<br />

eher zufällig dort gelandet. Die wenigsten<br />

kommen mit der erklärten Absicht, Schrift-<br />

gestaltung zu studieren an die HGB. Eher<br />

mit einer diffusen Neigung in Richtung<br />

Grafik-Design. Im gemeinsamen Grundstudium<br />

des Fachbereichs Buchkunst und<br />

Grafik-Design kommen sie dann zum ers-<br />

ten Mal auf elementare Weise mit Schrift<br />

in Kontakt, schneiden aus Papier das nur<br />

aus geraden Formen bestehende Wort<br />

ELEFANTEN aus und lernen bei dieser An-<br />

fängerübung mit Kontrasten, Strichstärken,<br />

optischen Gesetzen umzugehen. Aurelia:<br />

»Ich mag an Schrift auch, dass sie<br />

so schwarz-weiß ist. Es geht nicht um<br />

Farben und Bilder, sondern ausschließlich<br />

um die Gestaltung der Form.«<br />

Von der Idee bis zur fertigen Schrift vergehen<br />

oft Monate oder ganze Semester. Anfangs<br />

steht eine Inspiration oder eine Vor-<br />

stellung davon, wie ein bestimmter Buch-<br />

stabe oder ein Wortbild aussehen und wir-<br />

ken soll. Um am Ende aber eine funktio-<br />

nierende Textschrift zu erhalten, muss<br />

aus dem künstlerisch-kreativen ein geradezu<br />

ingenieurshafter Prozess werden.<br />

Fred Smeijers, der niederländische Professor<br />

der Klasse, beschreibt Schriftge-<br />

staltung als »irgendwo in der Mitte zwischen<br />

klassischem Ballett und Mathematik«.<br />

Bei einer handwerklich sauberen<br />

Schrift sollten die Proportionen stimmen,<br />

sollten die Winkel in einem harmonischen<br />

Verhältnis zueinander stehen und die<br />

Strichstärken zueinander passen, erklärt<br />

Franziska. Eine zu harmonische Schrift<br />

wirkt allerdings schnell glatt und langweilig.<br />

Anna Lena von Helldorf, künstlerische<br />

Mitarbeiterin des Studiengangs,<br />

macht den Charakter einer Schrift an den<br />

Entscheidungen fest, die im Gestaltungs-<br />

prozess getroffen werden: »Der Charakter<br />

kommt dadurch zustande, dass Entschei-<br />

dungen getroffen wurden und diese auch<br />

sichtbar werden. Es gibt Gestaltungsregeln,<br />

optische Phänomene, die nicht aus<br />

dem Weg zu räumen sind, und dann gibt<br />

es Entscheidungen, im Einklang mit diesen<br />

Regeln zu bleiben oder sich in ein<br />

Moment der Disharmonie mit ihnen zu<br />

stellen«.<br />

Patentrezepte gibt es aber keine, und die<br />

Diskussion darüber, was eine wirklich per-<br />

fekte Schrift ausmacht, ist in der Schriftklasse<br />

nie abgeschlossen.<br />

Abgesehen von einigen Skizzen am Anfang<br />

des Gestaltungsprozesses und even-<br />

tuellen Korrekturen am Ausdruck einzelner<br />

Buchstaben geschieht die Arbeit am<br />

Rechner, in speziellen Schriftentwurfspro-<br />

grammen wie dem gebräuchlichsten ›Font<br />

Lab‹ – und das prägt die ganze Klasse.<br />

Jeder steht am Anfang vor dem gleichen<br />

Problem, dass er lernen muss, mit dem<br />

Programm umzugehen und mit Vektoren,<br />

Grids, Metrics klarzukommen. Da entsteht<br />

Zusammenhalt – anders als in an-<br />

deren Klassen der HGB, wo jeder mehr<br />

sein eigenes Ding macht. Franziska ge-<br />

fällt es: »Das ist so ganz großes gemein-<br />

sames Lernen. Ich habe FontLab bei weitem<br />

noch nicht so richtig durchschaut.<br />

Und da sitzt dann Reymund in der Ecke und<br />

schaut sich irgendwelche Features und<br />

youtube-Tutorials an, und das hilft extrem,<br />

wenn man sieht, dass er das jetzt braucht<br />

und man sich das für später schon mal<br />

abgucken kann.«<br />

Aber Schriftgestaltung erschöpft sich<br />

nicht in technischem Wissen und gestalterischem<br />

Können. Genauso wichtig ist<br />

die Beschäftigung mit Schriftgeschichte<br />

und Schrifttheorie. Die Klasse beschäftigt<br />

sich dabei mit dem ganzen Spektrum<br />

von Handschrift, Bleisatz, Buchdruck bis<br />

zur Digitalisierung, die den Umgang mit<br />

Schrift in den letzten 20 Jahren entscheidend<br />

geprägt hat. Und im learning-by-doing-Modus<br />

muss jeder der angehenden<br />

Schriftgestalter für sich selbst im Allge-<br />

meinen und für seine Schriftprojekte im<br />

Speziellen herausfinden, wie Schrift funk-<br />

tioniert und wie nicht. Eine Schrift, die zum<br />

Verkauf veröffentlicht werden soll, muss<br />

einwandfrei und vielfältig zu gebrauchen<br />

sein. Dazu gehört, dass sie verschiedene<br />

Schnitte von Light über Normal bis Bold<br />

und die jeweils entsprechenden kursiven<br />

Zeichen mitliefert sowie den kompletten<br />

Zeichensatz abdeckt – mit allen Sonderzei-<br />

chen und auch den zusätzlichen Zeichen,<br />

die für Sprachen wie Französisch, Schwe-<br />

disch oder Polnisch notwendig sind. Ex-<br />

tras wie Kleinbuchstabenzahlen und Kapi-<br />

tälchen kommen dazu. Und damit nicht ge-<br />

8 9<br />

www.ourtype.be<br />

Schriften von<br />

Fred Smeijers<br />

und einiger seiner<br />

Absolventen<br />

Titelthema


Titelthema | Elfenbeinturm<br />

nug, jetzt muss sich die Schrift auch noch<br />

zu einem harmonischen Textsatz fügen<br />

lassen. Durch genaues Anpassen der Vor-<br />

und Nachweiten der Buchstaben müssen<br />

diese beliebig kombinierbar bleiben ohne<br />

sich dabei einerseits zum Beispiel gegen-<br />

seitig zu verhaken, andererseits darf auch<br />

der Abstand zwischen ihnen nicht zu groß<br />

sein.<br />

Ein Thema, das alle in der Klasse beschäf-<br />

tigt, sind Haltungsfragen und die Selbst-<br />

reflexion als Künstler und Gestalter –<br />

schließlich ist die Schriftklasse trotz allem<br />

technischen Gefrickel immer noch<br />

Teil der HGB. Wie bearbeitet man den Kon-<br />

flikt, sich einerseits in der Schrift selbst<br />

wiederzufinden und etwas Persönliches<br />

schaffen zu wollen, und andererseits ein<br />

zum Verkauf bestimmtes Produkt entwickeln<br />

zu müssen? Wie geht man damit um,<br />

dass bestimmte Schriftarten geschichtlich<br />

vorbelastet sind? Christian findet et-<br />

wa Frakturschriften spannend. »Ich kann<br />

selbst einer Schaftstiefel-Grotesk-Schrift<br />

noch was abgewinnen. Aber es ist schwie-<br />

rig, weil man viele gerade härtere und<br />

stark gebrochene Schriften gleich in den<br />

Kontext Nationalsozialismus setzt. Dabei<br />

mag ich die einfach von den Formen her.«<br />

Wie steht man dazu, dass die eigene<br />

Schrift als Gestaltungselement in den ver-<br />

schiedensten Kontexten landen kann und<br />

was würde man tun, wenn die eigene<br />

Schrift für Inhalte benutzt würde, hinter<br />

denen man so gar nicht steht? Solche<br />

Überlegungen enden bei DVU-Veröffentlichungen,<br />

aber beginnen schon viel früher,<br />

beispielsweise bei Geschäftsberichten<br />

von bestimmten Unternehmen.<br />

Und kann man solche Fragen überhaupt<br />

stellen, wenn es erst einmal darum geht,<br />

ob man sich mit Schrift überhaupt über<br />

Wasser halten kann? Prinzipiell ist es<br />

nicht unmöglich, Schrift zum Lebensunter-<br />

halt zu entwerfen, meint Professor Smeijers,<br />

selbst das beste Beispiel. »Aber es<br />

ist natürlich immer gut, wenn man gestalterisch<br />

noch etwas mehr kann. Wenn<br />

dann ein Kunde kommt, der neben der<br />

Schrift auch noch Hilfe bei einem Logo an-<br />

fragt, ist es natürlich gut, wenn man seine<br />

Fähigkeiten auch als Gestalter ausnut-<br />

zen kann.«<br />

Elfenbeinturm<br />

Geschichten vom<br />

semiotischen Dreieck<br />

Ein Interview mit Monika Nachtwey<br />

<strong>anton</strong> sind<br />

Maria Jakob und Maja Neumann<br />

<strong>anton</strong>: Welches ist eigentlich Ihr<br />

liebstes Symbol, Frau Nachtwey?<br />

Das ist wirklich eine gute Frage. Das kann<br />

ich gar nicht beantworten.<br />

<strong>anton</strong>: Vielleicht haben Sie dann ein<br />

liebstes Zeichen?<br />

Wenn man sich damit beschäftigt, was Zeichen<br />

und Symbole eigentlich sind, kann<br />

man die Frage irgendwann nicht mehr be-<br />

antworten, denn am Ende ist nichts mehr<br />

Zeichen und doch alles. Es geht nämlich<br />

eher darum wie wir die Dinge erkennen<br />

können, mittels Zeichen und Symbolen.<br />

Deswegen habe ich kein liebstes Zeichen.<br />

Wobei, doch! Der Mercedesstern! Einfach<br />

wegen der Dreiteilung. Die entspricht ex-<br />

akt der Struktur des semiotischen Zeichenmodells.<br />

Da wären wir wieder bei der<br />

Semiotik und bei Charles Peirce.<br />

<strong>anton</strong>: Wie sind Sie überhaupt auf die<br />

Semiotik gekommen? Sie haben ja<br />

einige Fächer studiert. Germanis-<br />

tik, Geschichte, Literaturwis-<br />

senschaften, Anglistik, Erziehungswis-<br />

senschaften und Kulturwissen-<br />

schaften. Warum so viele und wie<br />

sind Sie dann bei der Semiotik<br />

gelandet?<br />

Ich habe so viele Fächer studiert, weil ich<br />

immer gerne studiert habe. Zunächst noch<br />

auf Lehramt, nur um festzustellen, dass<br />

ich keine Lehrerin werden möchte, bis ich<br />

schließlich meine Kombination gefunden<br />

habe – Germanistik, KuWi und Allgemeine<br />

und vergleichende Literaturwissenschaften.<br />

Während meines Literaturwissenschafts-<br />

studiums bin ich mit Umberto Eco in Kon-<br />

takt gekommen. Wenn man sich mit Eco<br />

als Literaturwissenschaftler und Kul-<br />

turtheoretiker auseinandersetzt, kommt<br />

man schnell auf Peirce. Schon weil er<br />

ein Zeichenmodell entworfen hat, welches<br />

Eco auch als Grundlage seiner Semiotik<br />

benutzt. Als ich damals das Seminar<br />

machte durch das ich Peirce kenne<br />

lernte, erinnerte ich mich an die Anfänge<br />

meines Studiums, in denen ich mich mit<br />

Cassirer beschäftigte und hatte das Gefühl,<br />

dass dort Ähnlichkeiten bestünden.<br />

Als ich später ein Magiserarbeitsthema<br />

suchte, fiel mir das wieder ein. Diesen ver-<br />

meintlichen Ähnlichkeiten wollte ich gerne<br />

mal auf den Grund gehen. So bin ich dann<br />

auf die Semiotik und auf Peirce gekommen,<br />

habe mich aber in der Magisterarbeit<br />

erstmal nur auf Cassirer beschränkt,<br />

weil es sonst den Rahmen gesprengt<br />

hätte.<br />

<strong>anton</strong>: Jetzt geben Sie die Seminare,<br />

mit denen Sie selbst mal angefangen<br />

haben.<br />

Das ist richtig. Ich habe ein Seminar zu<br />

Cassirer gemacht und es ist sehr span-<br />

nend die Thematik in diesem Kontext zu<br />

erarbeiten und auch zu sehen, dass die<br />

Studenten mit der Theorie sehr viel anfangen<br />

konnten. Das war ein sehr schönes<br />

Seminar!<br />

<strong>anton</strong>: Wie ist es denn, jetzt<br />

am selben Institut von der Studenten-<br />

auf die Dozentenseite zu wechseln?<br />

Ist das komisch?<br />

Ein sehr merkwürdiges Gefühl! Es ist mir<br />

am Anfang gar nicht so leicht gefallen, die<br />

ehemaligen Lehrer plötzlich als Kollegen<br />

anzusehen. Das war erstmal sehr eigenartig.<br />

In einer anderen Stadt an einem<br />

fremden Institut wäre das sicher etwas an-<br />

ders gewesen. Nun sind es fast zwei Jahre<br />

und man wächst auch in diese Rolle<br />

rein. Wir haben ja ein sehr kollegiales Institut<br />

und ich fühle mich dort sehr wohl.<br />

<strong>anton</strong>: Warum sind Sie nach dem Studium<br />

eigentlich in Leipzig geblieben?<br />

Das hat sich einfach so ergeben. Ich wollte<br />

gerne promovieren und hatte hier am Institut<br />

die Möglichkeit dazu. Es gab auch kei-<br />

nen direkten Grund wegzugehen. Ein Ta-<br />

petenwechsel wäre zwar ganz schön, aber<br />

in Leipzig kann man auch immer wieder<br />

Neues entdecken. Kanu fahren auf den<br />

Karl-Heine-Kanal zum Beispiel.<br />

<strong>anton</strong>: Haben Sie perspektivisch schon<br />

Pläne für die Zeit nach der Promotion?<br />

Na ja, Leipzig würde ich schon ganz gerne<br />

mal verlassen, auch wenn ich mich hier<br />

10 11<br />

Elfenbeinturm<br />

Geboren am 20.07.1978<br />

in Leinefelde im Eichsfeld.<br />

Studium der Kulturwissenschaften,Germanistik,<br />

Allgemeinen<br />

und Vergleichenden<br />

Literaturwissenschaft<br />

sowie der Anglistik, Geschichte<br />

und Erziehungswissenschaftliche<br />

Studien an der Universität<br />

Leipzig. Magisterarbeit<br />

zum Thema<br />

›Zeichen- und Symbolbegriff<br />

bei Ernst Cassirer‹.<br />

2006 Abschluss des<br />

Studiums und Beginn der<br />

Promotion zum Thema<br />

›Gelingendes Zeichenund<br />

Symbolverstehen bei<br />

Charles S. Peirce und<br />

Ernst Cassirer‹. Seit dem<br />

WS 2007/ 08 Mitarbeiterin<br />

am Institut für Kulturwissenschaften<br />

im Fachbereich Kulturphilosophie.<br />

Forschungsschwer-<br />

punkte: Kulturphiloso-<br />

phie und Semiotik<br />

Promotionsprojekt:<br />

Gelingendes Zeichenund<br />

Symbolverstehen<br />

bei Charles S. Peirce<br />

und Ernst Cassirer


Elfenbeinturm<br />

sehr wohl fühle. Aber momentan denke<br />

ich darüber noch nicht nach. Gerade denke<br />

ich erst mal daran die Arbeit zu schreiben.<br />

<strong>anton</strong>: Wie weit sind Sie denn mit<br />

der Promotion?<br />

Noch am schreiben. Ich sitze am ersten<br />

Kapitel. Drei sollen es insgesamt werden.<br />

Es ist also noch einiges zu tun. Danach<br />

werde ich sehen was ich machen möchte.<br />

<strong>anton</strong>: Aber Sie möchten schon in die<br />

Lehre gehen?<br />

Es macht mir großen Spaß und ich könnte<br />

mir das gut vorstellen. Aber man muss<br />

sich zunächst ja auch wissenschaftlich<br />

profilieren und dann sehen was man wei-<br />

ter machen kann. Meine Lebenserfahrung<br />

zeigt, dass es immer etwas kommt. Ich<br />

bin da offen und nicht auf etwas festgelegt.<br />

<strong>anton</strong>: Aber bei der Philosophie<br />

möchten Sie schon bleiben?<br />

Die Verbindung zwischen Kulturphilosophie<br />

und Semiotik ist schon etwas sehr<br />

spannendes und zudem noch wenig erforscht.<br />

Da gibt es noch so viele Möglichkeiten.<br />

Wie weit ich dabei mit meiner Arbeit<br />

noch komme, wird sich weisen.<br />

<strong>anton</strong>: Was bedeutet aus Ihrer<br />

Perspektive ›Kultur‹?<br />

Da muss ich überlegen. Es gibt viele Kulturbegriffe<br />

und der Begriff der bei uns zugrunde<br />

liegt, ist der der natura altera, der<br />

sowohl Lebenswelt als auch Lebensweisen<br />

des Menschen umfasst. Insofern kann<br />

man sagen, dass alles was der Mensch<br />

hervorgebracht hat Kultur ist. Was mich<br />

daran interessiert, ist, wie wir uns den Zu-<br />

gang zu Kultur herstellen. Und da leisten<br />

wieder Zeichen und Symbole die entschei-<br />

dende Funktion. Immer wenn wir etwas<br />

wahrnehmen, haben wir bereits interpre-<br />

tiert und es mit einer Bedeutung verse-<br />

hen. Das ermöglichen uns Zeichen und<br />

symbolische Formen als Medien. Und an<br />

diesem Prozess des Verstehens von et-<br />

was und damit des Aneignens von Kultur<br />

bin ich aus zeichen- und symboltheo-<br />

retischer Perspektive interessiert.<br />

<strong>anton</strong>: Sie haben letztes Semester<br />

ein Filmprojekt gemacht. Wie kam es<br />

denn dazu?<br />

Ich hatte im Semester zuvor ein Seminar<br />

zu Peirce und seiner Zeichentheorie angeboten.<br />

Eine Studentin wies mich darauf<br />

hin, dass es zu Juri Lotman, einem Semio-<br />

tiker, einen Film gäbe. Es ist ganz spontan<br />

die Idee entstanden auch eine Film zu Peirce<br />

zu machen. Aus dieser fixen Idee ist<br />

dann ein konkretes Projekt geworden.<br />

<strong>anton</strong>: Schulfernsehen?<br />

Nein, wir wollten keinen Lehrfilm machen.<br />

Wir wollten uns mit den Theorien beschäftigen<br />

und Verbindungen zur Alltagswelt<br />

aufzeigen. Wir wollten Theorie gerne<br />

lebendig werden lassen. Es ist etwas sehr<br />

kreatives geworden, ein freier Umgang mit<br />

der Theorie.<br />

Zunächst hatte ich Bedenken ob wir auch<br />

den technischen Aspekt des Filmprojekts<br />

hinbekommen, da ich keine Kameraführung,<br />

Schnitttechnik etc. beherrsche.Aber<br />

es hat sich alles ergeben und ein sehr<br />

engagiertes Team gefunden. Es hat alles<br />

immer reibungslos geklappt. An sich<br />

fand ich dieses Projekt sehr sinnvoll,<br />

da man sich wirklich mit den Theorien<br />

beschäftigt und sie verstanden haben<br />

muss, um sie umsetzen zu können.<br />

Anfang des Semesters wollen wir den Film<br />

auch gerne im Institut zeigen. Momentan<br />

sind wir noch beim Schnitt.<br />

<strong>anton</strong>: Würden Sie so ein Seminar<br />

wieder anbieten?<br />

Das kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht<br />

nicht sofort, aber es war eine sehr gute<br />

Erfahrung. Das nächste mal dann vielleicht<br />

ein Seminar über zwei Semester, da<br />

hätte man genug Zeit.<br />

<strong>anton</strong>: Das wäre doch schön!<br />

Was machen Sie denn neben der<br />

theoretischen Arbeit in der Uni?<br />

Ganz wichtig neben der Arbeit am Schreib-<br />

tisch ist für mich Sport. Ich gehe joggen<br />

und Tango tanzen. Dabei kann man wunderbar<br />

abschalten. Den körperlichen Aus-<br />

gleich muss man sich einfach schaffen.<br />

Und Basketball spiele ich auch noch gerne.<br />

Ich kann auch mal ohne Bücher.<br />

Der Club der toten<br />

Soziologen<br />

Seminarrezension Bestattungskultur<br />

Von Maria Jakob<br />

Ich habe im Seminar viel gefehlt, will noch<br />

eine Hausarbeit abgeben und die Seminarleiterin<br />

ist eine mir äußerst sympathische<br />

Person. Keine guten Voraussetzungen,<br />

um diese Seminarrezension zu einem<br />

Verriss zu machen. Aber das hätte so ein<br />

interessant entspanntes Seminar wie das<br />

zu ›Bestattungskultur: Individualisierung<br />

oder Anonymisierung‹ bei Nicole Sachmerda-Schulz<br />

auch einfach nicht verdient.<br />

Banal, aber es ist so: Jeder Mensch stirbt<br />

irgendwann einmal, und so muss jede<br />

Gesellschaft mit dem Tod umgehen und<br />

umfasst ihn mit Gebräuchen, Riten, und<br />

Glaubenssätzen. Wie das passiert und<br />

mit welchen Bedeutungen Sterben belegt<br />

wird, lässt sich passabel erforschen.<br />

Im Fokus des Seminars stand der Wandel<br />

der Bestattungskultur in Deutschland<br />

in den vergangenen Jahrzehnten. Kurz zu-<br />

sammengefasst: Bestattung wird individueller,<br />

anonymer und zum Event.<br />

Für mich als Kind der süddeutschen Pro-<br />

vinz und einer obendrein betont katholi-<br />

schen Familie war vieles, was wir im Seminar<br />

thematisierten, erst einmal Neuland.<br />

Wenn bei uns jemand stirbt, wird er auf<br />

dem kleinen Friedhof hinter der kleinen<br />

Bergkirche bestattet. Dass jemand eingeäschert<br />

wird und statt dem Sarg eine Urne<br />

bestattet wird, wäre schon richtig exotisch.<br />

In Nord- und Ostdeutschland soll<br />

aber genau das die vorherrschende Bestattungsform<br />

sein! Und eine wachsende<br />

Anzahl von Leuten wird sogar anonym be-<br />

stattet, ohne eigenes Grab und ohne Grab-<br />

stein! Gottloses Volk. Wie so im Seminar<br />

die verschiedensten persönlichen Hinter-<br />

gründe und Herkünfte der Seminarteilnehmer<br />

und die damit verbundenen unter-<br />

schiedlichen Erfahrungen mit Bestattungen<br />

und Trauerkultur aufeinander trafen,<br />

war es ein Leichtes, eine engagierte Diskussion<br />

zu erzeugen.<br />

Leider blieb diese dann auch immer wieder<br />

auf einer sehr persönliche Ebene stehen.<br />

Wir diskutierten darüber, wer sich vor-<br />

12 13<br />

Elfenbeinturm<br />

Urnenbestattung auf<br />

dem Südfriedhof<br />

Gräberfeldbestattung<br />

auf dem Südfriedhof


Elfenbeinturm<br />

Absolventen- und Förder<br />

verein der Leipziger<br />

Kulturwissenschaften:<br />

www.cultura-leipzig.de<br />

Myspace Seite der<br />

Bands:<br />

www.myspace.com/<br />

pedromountainsmummy<br />

und<br />

www.myspace.com/<br />

kosmodromleipzig<br />

stellen kann, verbrannt zu werden, wer<br />

eine Erdbestattung des eigenen Körpers<br />

vorzieht und wessen Großtante wie begra-<br />

ben wurde – aber bei einer so intimen und<br />

netten Runde von meistens um die fünf<br />

Studenten plus Seminarleiterin ist man<br />

wohl automatisch schnell bei einem solchen<br />

Erfahrungsaustausch. Viele Meinungen,<br />

viele Vermutungen, wenig Fakten<br />

und wenig Theorie, dafür immer wieder Ent-<br />

deckungstouren gerade in die kurioseren<br />

Spielarten der Bestattungskultur, wie die<br />

der schwarzen Diamanten aus Asche, der<br />

virtuellen Friedhöfe im Internet oder der<br />

Rasenbestattung auf dem HSV-Fanfriedhof.<br />

Höhepunkt war unsere Exkursion auf den<br />

Südfriedhof. Albert Graichen, der Leiter<br />

der Abteilung Friedhöfe der Stadt Leipzig,<br />

nahm sich mehrere Stunden Zeit, um uns<br />

die Gemeinschaftsgräber und das Krema-<br />

torium zu zeigen. Für Graichen ist der Fried-<br />

hof ein Produkt, das es zu vermarkten<br />

gilt – und es war hochinteressant, zu er-<br />

fahren, welche Grabanlagen am schnells-<br />

ten ausgebucht sind, für welche sich die<br />

Kunden kaum interessieren und wie die<br />

Macher des Friedhofs versuchen, eine<br />

Brücke zwischen immer individuelleren<br />

Kundenwünschen und der immer noch<br />

recht rigorosen deutschen Friedhofsordnung<br />

zu schlagen. Das Detail-Highlight<br />

der Führung: Zu DDR-Zeiten herrschte<br />

akuter Baummangel, und so konnte die<br />

Hauptachse des Friedhofs erst nach<br />

1989 vollständig mit Nadelhölzern bepflanzt<br />

werden. So kommt sie mittlerweile<br />

schön einheitlich daher, und ist – gemeinsam<br />

mit den Gräberfeldern zur Rechten<br />

und zur Linken und dem eindrucksvollen<br />

Krematorium – eine ehrliche Empfehlung<br />

für eine Entdeckungstour, sollte man einen<br />

Nachmittag Zeit haben.<br />

Kulturwissenschaftler<br />

können alles<br />

Rückblick auf den KuWi-Tag am<br />

6.6.2009 im Kultiviert Anders! e.V.<br />

von Juliane Scholz<br />

Wenn die Uni 600. Jubiläum feiert, bege-<br />

hen dies natürlich auch die Kulturwissen-<br />

schaften (no gender, aber natürlich die sind<br />

Frauen hier inbegriffen). Im lauschigen<br />

›Kultiviert Anders!‹ in Plagwitz wollten die<br />

Organisatoren des Kuwi-Tages den Spa-<br />

gat zwischen Alumnitreffen, informativen<br />

Podien, Konzert und Party bewältigen.<br />

Man kann vorausschicken, dass dies dem<br />

ehrenamtlich arbeitenden Team bestehend<br />

aus Nadine Weise, Matthias Rosen-<br />

dahl, Andreas Möllenkamp und Juliane<br />

Scholz trefflich gelungen ist. Trotz regnerischen<br />

Wetters trafen ab 15 Uhr immer<br />

mehr Interessierte und ehemalige Studenten<br />

der KuWi im Wohnzimmereckclub<br />

ein. Nach Begrüßungssekt und kurzem<br />

Plausch folgte die gut besuchte Podiumsdiskussion,<br />

in der Prof. Ute Kösser, Dr.<br />

Harald Homann und Stura-Sprecher Sven<br />

Deichfuß sich mit der Vergangenheit, Ge-<br />

genwart und Zukunft der Leipziger Kultur-<br />

wissenschaften auseinandersetzen. Differenziert<br />

und ohne ein früher-war-allesbesser<br />

wurde ausgeteilt aber auch Gutes<br />

am BA-System und das familiäre Flair und<br />

gute Klima des interdisziplinären Institutes<br />

gelobt. Diskussion gab es im Wesent-<br />

lichen über die Umsetzung des Bologna-<br />

Prozesses, die insbesondere von Sven<br />

Deichfuss kritisiert wurde. Das Institut sei<br />

sich aber der misslichen Situation bewusst<br />

und möchte in einem gemeinsamen<br />

Diskussionsprozess die Lage der Stu-<br />

dieren verbessern, verweist aber zu recht<br />

auf die mangelhafte personelle Ausstattung.<br />

Die zweite Gesprächsrunde setzte sich<br />

mit den Berufsaussichten und der Situation<br />

von Kulturwissenschaftlern auf<br />

dem Arbeitsmarkt auseinander. Moderator<br />

Matthias Rosendahl (Cultura e.V.) berichtete<br />

einleitend über die vielfältigen<br />

Arbeitsfelder von Leipziger Kulturwissen-<br />

schaftlern und stellte zugleich eine empi-<br />

rische Studie vor, die den Leipziger Kulturwissenschaftlern<br />

breite Tätigkeitsfelder<br />

in diversen Branchen bescheinigte. Von<br />

Wissenschaft, über Kulturbetriebe, Kultur-<br />

verwaltung oder PR-Branche: Kulturwis-<br />

senschaftler scheinen das alles zu beherrschen.<br />

Dieses weite berufliche Spektrum<br />

wurde auch in der Podiumsdiskussion<br />

mit Doktorandin Monika Nachtwey<br />

(wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich<br />

Kulturphilosophie), Melanie Böhme<br />

(Marketingassistentin bei Nintendo of Eu-<br />

rope und freiberufliche Projektmanagerin<br />

einer Konzertagentur) sowie Marco<br />

Karthe (Doktorand und stellvertretender<br />

Pressesprecher in der Stiftung Schloss<br />

Friedenstein in Gotha) deutlich. Auffällig<br />

war, dass Melanie Böhme nicht direkt<br />

nach dem Studium eine Stelle ergattern<br />

konnten, sondern sich innerhalb einer ein-<br />

jährigen Bewerbungsphase die berufliche<br />

Perspektive der Absolventin erst ge-<br />

schärft und fokussiert hatte. Mario Karthe<br />

hatte hingegen schon seine Studienwahl<br />

auf spätere Tätigkeiten in der Öffent-<br />

lichkeitsarbeit, Kunstgeschichte und in<br />

Museen ausgerichtet. Seit seinem Haupt-<br />

studium sei er im Förderverein des Gohliser<br />

Schlösschens aktiv gewesen und en-<br />

gagierte sich, dessen endgültige Schließung<br />

abzuwenden. Seit Mai 2008 arbeitet<br />

Karthe in Gotha als Museumspädagoge,<br />

im Besucherservice sowie in der Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Monika Nachtwey berich-<br />

tete zuerst von ihren Umwegen während<br />

der Studienzeit, die mit Anglistik und Ge-<br />

schichte auf Lehramt begann und über<br />

die Germanistik schließlich als Querein-<br />

steigerin zum Hauptfach Kulturwissen-<br />

schaften führte. Der Wunsch zur Promotion<br />

und weiteren wissenschaftlichen Quali-<br />

fikation wurde nun von Problemen der<br />

Finanzierung der Dissertation begleitet.<br />

Nachtwey bewarb sich um Stipendien und<br />

bekam schließlich eine Stelle als wissen-<br />

schaftliche Hilfskraft beim DAAD und<br />

nach anderthalb Jahren schließlich eine<br />

halbe wissenschaftliche Qualifikations-<br />

stelle beim Institut für Kulturwissenschaf-<br />

ten am Lehrstuhl Kulturphilosophie. Auf<br />

die Frage warum sie den Studiengang<br />

KuWi gewählt habe, antwortete Melanie<br />

Böhme dies sei reines Ausschlussprinzip<br />

gewesen, da sie BWL und Anderes beim<br />

Studienstart nicht interessiert habe, obwohl<br />

sie die späteren Berufsperspektiven<br />

und Tragweite des KuWi-Studiums erst<br />

im Hauptstudium und während der Praktika<br />

im ›Werk II‹ und ›Goethe-Institut‹ genau<br />

abzuschätzen vermochte. Nachtwey<br />

hingegen hätte wegen ihrer Erfahrungen<br />

in anderen Studiengängen genügend Zeit<br />

gehabt, sich mit der Bandbreite des Ku-<br />

Wi-Studiums auseinander zu setzten und<br />

zu wissen was sie innerhalb des intersdisziplinären<br />

Instituts erwartet.<br />

Die Zeit nach dem Abschluss empfanden<br />

die drei Alumni als neue Herausforderung,<br />

die viel Eigeninitiative bedurfte. Ob Bewer-<br />

bungen, Broterwerb, Projektarbeit, Kultur-<br />

politik: Die Übergangszeit zum ersten Job,<br />

ohne konkrete Zukunftsaussichten, erleb-<br />

ten alle als Vorlauf für die spätere Berufs-<br />

praxis und nutzten sie zum Aufbau von<br />

Netzwerken. Karthe betont, dass es für<br />

Studenten besonders wichtig sei sich<br />

schon während des Studiums durch Prak-<br />

tika und Nebenjobs ein gewisses Profil<br />

zuzulegen. Rarer gesät seien Stellen inner-<br />

halb der Lehre und Forschung wie Nachtwey<br />

berichtet. Während des Studiums<br />

habe sie sich auf die Pflichtpraktika und<br />

eine Stelle als studentische Hilfskraft in<br />

der Uni-Verwaltung beschränkt, denn sie<br />

sah und sieht sich sich selbst eher als<br />

theoretisch denn praktisch veranlagten<br />

Menschen. Abschließend plädierte die<br />

Doktorandin dafür, eigene Interessen und<br />

Ziele zu verfolgen und alles aus tiefster<br />

innerer Überzeugung zu tun, um erfolgreich<br />

sein zu können.<br />

Diese drei unterschiedlichen Werdegänge<br />

würden auch durch Studien belegt, so Moderator<br />

Rosendahl. Diese besagen, dass<br />

Geistes- und Sozialwissenschaftler in<br />

Deutschland durchschnittlich zwei Jahre<br />

bis zur ersten Zeit für Jobsuche brauchen,<br />

wohingegen Ingieneure nur vier Monate<br />

Zeit bis zu ihrem ersten Arbeitsvertrag<br />

nach dem Universitätsabschluss benötigen.<br />

Erfahrungen in der ›freien‹ Wirtschaft<br />

hat Melanie Böhme vorzuweisen. Sie ist<br />

der Auffassung, Nintendo habe sie ausgewählt,<br />

da sie nötige Softskills und Flexibilität<br />

besitze, also insbesondere Japanisch<br />

und Englisch spreche und es im<br />

Endeffekt nicht darauf ankam, welchen<br />

Studiengang genau sie abgeschlossen<br />

habe. Die Projektmanagerin fasst zusam-<br />

men, dass der Vorteil der Geistes- und<br />

Sozialwissenschaftlern in der Fähigkeit<br />

bestehe, sich in neue Aufgaben schnell<br />

einzuarbeiten und einzufühlen zu können.<br />

Korthe fügt hinzu, dass man über den Tel-<br />

lerrand hinausschauen solle und zukünftig<br />

in Kulturbetrieben diverse Bereiche<br />

abdecken müsse.<br />

Es folge die feierliche Verabschiedung der<br />

KuWi-Absolventen und die Verleihung eines<br />

Preises an die jeweils besten Abschlussarbeiten<br />

aus den Bereichen Kul-<br />

turphilosophie und Ästhetik, Vergleichende<br />

Kultur- und Gesellschaftsgeschichte<br />

und Kultursoziologie. Die Arbeiten der<br />

14 15<br />

Elfenbeinturm<br />

Das ›kultiviert Anders!‹.<br />

Tolle Location von<br />

KuWis in Eigenregie<br />

betrieben, neu dabei das<br />

Filmquiz jeden zweiten<br />

Donnerstag. Gesucht<br />

dringend neue feste Mitarbeiter<br />

und Leute mit<br />

Herzblut, die den Betrieb<br />

weiterführen wollen,<br />

ansonsten ist Ende dieses<br />

Jahres leider<br />

Schluss! Offenes Treffen:<br />

jeden 1. Montag im<br />

Monat, 20 Uhr.<br />

www.kultiviertanders.de


Elfenbeinturm<br />

Foto:<br />

Dr. Ewa Tomicka-Krumrey<br />

Projektassistentin<br />

am Geisteswissenschaftlichen<br />

Zentrum Geschichte<br />

und Kultur Ostmitteleuropas<br />

(GWZO),<br />

Luppenstraße 1b,<br />

04177 Leipzig<br />

www.uni-leipzig.de/<br />

gwzo<br />

geb. 1959 in Warschau<br />

1978 – 1982 Studium der<br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

an der<br />

Handelshochschule<br />

Leipzig 1983 – 1987<br />

Forschungsstudium<br />

1987 Promotion im Fach<br />

Wirtschaftsgeschichte<br />

über die Wirtschaft<br />

Polens 1945 – 1956<br />

1987 – 1992 wissenschaftlicheMitarbeiterin<br />

im Universitätsarchiv<br />

Leipzig<br />

1991 – 1993 postgradualer<br />

Studiengang ›Wissenschaftsinformation‹<br />

an der HU-Berlin<br />

1992 – 1994 wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin<br />

an der Sächsischen<br />

Akademie der Wissenschaften<br />

seit 1993<br />

Geschäftsführerin der<br />

Societas Jablonoviana<br />

1994 – 1996 wissenschaftlicheMitarbeiterin<br />

an der Universität<br />

Leipzig, Institut für Slavistik<br />

seit 1996<br />

tätig im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit<br />

am GWZO.<br />

Preisträger einte laut Dr. Homann ihr exemplarischer<br />

Charakter für das jeweilige<br />

Forschungsfeld. Freuen konnten sich die<br />

Absolventen Sonja Engel (A), Katrin Böttrich,<br />

Thielko Grieß (B), und Sophie Pfaff<br />

(C), die mit der neuen Institutsgeschichte<br />

aus der Feder von Professorin Uta<br />

Kösser belohnt wurden.<br />

Anschließend luden ein Büfett und die Bar<br />

zum angeregten Plausch zwischen Dozen-<br />

ten und Studenten. Danach spielte die<br />

junge Berliner Band ›Pedro Mountains<br />

Mummy‹ heizte mit Beat und Jamrock ein.<br />

Die Leipziger Russenska-Combo ›Kosmodrom‹<br />

eines ihrer ersten öffentlichen Kon-<br />

zerte, dessen ordentlich zum abtanzen an-<br />

regten. Die Aftershowparty bestritten DJ<br />

D’Dread und Fishfinger sowie die Shakehands-Crew<br />

mit Mr. Mono und Martin Le-<br />

ander. Getanzt wurde bis zum Morgengrau-<br />

en. Als sich die Türen des ›Kultiviert An-<br />

ders!‹ schließen, hat sich der Regen des<br />

Vortages verflüchtigt und die ersten Sonnenstrahlen<br />

streifen den Giebel des Wäch-<br />

terhauses.<br />

Handel und Wandel<br />

Dr. Ewa Tomicka-Krumrey (GWZO)<br />

über Studium und Forschung, Freiheit<br />

und Sicherheit, Öffentlichkeitsarbeit<br />

und fehlende Brötchen<br />

<strong>anton</strong> ist Frank Henschel<br />

<strong>anton</strong>: Liebe Frau Tomicka-Krumrey,<br />

Sie haben Wirtschaftswissenschaften<br />

in Leipzig studiert, zur Wirtschafts<br />

geschichte promoviert, zur Wissenschaftsgeschichte<br />

geforscht, in<br />

der Slavistik gelehrt und sind nun Projektassistentin<br />

im GWZO.<br />

Konnten Sie sich nicht entscheiden,<br />

haben Sie so viele Fähigkeiten oder<br />

wie kam es zu diesem Werdegang?<br />

Also in der Schule hatte ich überall gute<br />

Leistungen und ich dachte, dass in der<br />

Wirtschaftswissenschaft Geistes- und Na-<br />

turwissenschaft zusammenkommen. Darum<br />

hat mich das gereizt. Deutsch lern-<br />

te ich auch schon länger und dank meiner<br />

Leistungen konnte ich so in Leipzig an der<br />

Handelshochschule studieren. Das Fach<br />

selbst war sehr ideologie befrachtet, aber<br />

zum Glück hatte ich auch Wirtschaftsgeschichte,<br />

und da auch mein Vater Histori-<br />

ker war und es bei uns immer um Geschichte<br />

ging, fand ich dort meinen Platz,<br />

besonders in der Wirtschaftsgeschichte<br />

Polens in der Nachkriegszeit, worüber ich<br />

promovierte.<br />

Wie ging es nach der Promotion weiter?<br />

Bekamen Sie sofort eine Stelle?<br />

Ja, damals hat sich die Universität sehr um<br />

ihre Absolventen bemüht – eigentlich zu<br />

sehr, es gab da keine großen Freiheiten<br />

wie es sie heute mit der projektbasierten<br />

wissenschaftlichen Arbeit gibt. Ich kam<br />

ins Archiv der Handelshochschule, die,<br />

1889 gegründet, die älteste in Deutschland<br />

war und sollte die riesigen Bestände<br />

aufarbeiten und für das Jubiläum 1989<br />

auswerten.<br />

Das fiel dann in eine Zeit der<br />

Umbrüche. Wie ging es für Sie weiter?<br />

Erstmal wurden alle Mitarbeiter der Hoch-<br />

schule entlassen, inklusive mir, da man<br />

das ›sowjetische Bildungssystem‹ abschaffen<br />

wollte, obwohl diese praxisorientierte<br />

Hochschule, wie gesagt, schon<br />

viel älter war. Sie wurde dann auch in<br />

privater Trägerschaft neu gegründet. Der<br />

neue Direktor des Universitätsarchivs<br />

aber bat mich um Mitarbeit in seinem neu-<br />

en Projekt zur ›Societas Jablonoviana‹, ei-<br />

ne wissenschaftliche Gesellschaft, die<br />

der polnische Philanthrop Aleksander Józef<br />

Jab_onowski 1774 in Leipzig gründete<br />

und die später Anstoß zum Aufbau der<br />

Sächsischen Akademie der Wissenschaf-<br />

ten gab. Ich erforschte seine Biographie<br />

und sein Werk. Wie das aber mit Projekten<br />

ist, laufen die irgendwann aus und man<br />

muss sich etwas Neues suchen. Ich hatte<br />

da zwar ein wenig Angst vor, schließlich<br />

hatte ich schon Kinder, aber es öffnete<br />

mir auch neue Möglichkeiten.<br />

Wiederum wechselten sie ihr Tätigkeitsfeld<br />

und kamen an die Universität.<br />

1994 kam ich als Vertretung zu den Slavisten,<br />

aber auch nur mit kurzfristigen Ver-<br />

trägen. Nebenbei hatte ich zuvor ein post-<br />

graduales Studium in ›Wissensinformati-<br />

on‹ an der HU-Berlin absolviert, in dem es<br />

um bibliothekswissenschaftliche, organisatorische<br />

und kommunikative Aspekte<br />

der Wissenschaft ging und Kontakte zur<br />

Berliner Forschungsgruppe ›Geschichte<br />

und Kultur Ostmitteleuropas‹ geknüpft,<br />

aus der nach einem Umzug nach Leipzig<br />

1996 das GWZO unter der Leitung von Prof.<br />

Winfried Eberhard entstand. Als dort die<br />

Stellen für Verwaltung, Bibliothek und Assistenzen<br />

ausgeschrieben wurden, habe<br />

ich mich beworben und wurde ›Projektassistentin‹.<br />

Was hat sich so für Sie verändert?<br />

Im Endeffekt musste ich auf die Wissen-<br />

schaft verzichten, da ich hauptsächlich<br />

mit organisatorischen und konzeptionel-<br />

len Dingen beschäftigt bin. Das zum Glück<br />

in Festanstellung, aber ich mochte ja immer<br />

die Abwechslung und Freiheit, die in<br />

der Forschung nach der Wende möglich<br />

war. Diese andere Seite meiner Interessen<br />

kann ich aber als Geschäftführerin<br />

der immer noch als Verein existierenden<br />

›Societas Jablonoviana‹ einbringen, wo<br />

ich weiter forsche und publiziere.<br />

Was kann man sich unter ihrer Tätig-<br />

keit am GWZO vorstellen?<br />

Ob Konferenzen, Tagungen, Vorträge, Aus-<br />

stellungen, Flyer, Plakate, im Prinzip alles<br />

was Öffentlichkeitsarbeit betrifft, landet<br />

bei mir. Von der ursprünglichen angedach-<br />

ten Tätigkeit, also für die einzelnen Projekte<br />

und Mitarbeiter Bibliographien erstel-<br />

len, Datenbanken durchforsten, Archive<br />

und Bibliotheken recherchieren, ist heute<br />

nicht mehr viel übrig, da es Hiwis und,<br />

vor allem, das Internet gibt. Als ich anfing,<br />

war das alles noch Zukunftsmusik. Kann<br />

man sich gar nicht mehr vorstellen, oder?<br />

(lacht) Ich habe aber auch früh angeregt<br />

selbst eine Website für das GWZO zu kon-<br />

zipieren und diese auch als Archiv und<br />

Datenbank zu nutzen. Da waren wir ganz<br />

vorn dabei.<br />

Öffentlichkeitsarbeit ist heute ja<br />

auch eine Abteilung ›sine qua non‹<br />

[Deutsch: ›ohne die es nicht geht‹],<br />

ob in Unternehmen oder der Wissenschaft.<br />

Und sie bestimmt<br />

eben das Bild in der Öffentlichkeit.<br />

Ist Ihnen, zum Abschluss, denn<br />

schon mal ein richtiger Lapsus passiert,<br />

der dieses Bild gefährdete?<br />

Naja, insgesamt gab es von Anfang an positives<br />

Feedback. Aber natürlich klingeln<br />

Gastwissenschaftler aus dem Ausland im-<br />

mer mich an, wenn sie morgens um sieben<br />

oder abends um zehn vor der Instituts-<br />

tür stehen und nicht wissen wohin (lacht).<br />

Einmal hatten wir zu einer Tagung mit etwa<br />

50 Leuten nur 50 Brötchen geliefert bekom-men<br />

und noch keine Hiwis, die man<br />

schnell schicken kann. Zum Glück fand ich<br />

in letzter Minute noch einen Catering-Ser-<br />

vice, der mir in der Pause nochmal 100<br />

Stück liefern konnte. Nicht auszudenken<br />

… hungrige Wissenschaftler (lacht).<br />

Wo die Couch in den<br />

Club umzieht und<br />

Dornröschen wachge-<br />

küsst wird<br />

Eine Buchrezension<br />

Studentenfutter<br />

von Andreas Möllenkamp<br />

»Was ist Leipzig?« fragt die Soziologin Silke<br />

Steets in ihrer Dissertation »Wir sind die<br />

Stadt!« Kulturelle Netzwerke und die Kon-<br />

stitution städtischer Räume in Leipzig, die<br />

2008 im Campus Verlag erschienen ist. Sie<br />

interessiert sich dafür, wie sich die Stadt-<br />

kultur Leipzigs beschreiben lässt und wel-<br />

che Akteure dabei an der Konstruktion des<br />

Stadtbildes beteiligt sind. Angesichts der<br />

historischen Komplexität des Themas so-<br />

16 17<br />

Elfenbeinturm | Studentenfutter


Studentenfutter<br />

Silke Steets<br />

»Wir sind die Stadt!«<br />

Kulturelle Netzwerke<br />

und die Konstitution<br />

städtischer Räume in<br />

Leipzig. Campus Verlag,<br />

Frankfurt/New York<br />

2008 289 Seiten,<br />

34,90 Euro<br />

wie der Vielfalt der gegenwärtigen Akteure<br />

in diesem Feld, konzentriert sie ihre Unter-<br />

suchung auf eine Auswahl von Akteuren der<br />

lokalen Kulturwirtschaft. Als empirische<br />

Grundlage dieser von der Chicago School<br />

inspirierten ethnografischen community<br />

study hat sie zwischen 2001 und 2006<br />

ihre Erfahrungen teilnehmender Beobach-<br />

tung in einem Feldtagebuch festgehalten,<br />

ein Archiv mit Dokumenten angelegt und<br />

insgesamt 14 Experteninterviews geführt.<br />

Einen guten Überblick über die untersuch-<br />

ten Projekte, Orte und Akteure sowie de-<br />

ren Zusammenhänge ermöglichen mehrere<br />

Netzwerkübersichten und ein Index, die<br />

der Arbeit angefügt sind (s. Abbildung).<br />

Die Auswahl der Interviewpartner ist zwar<br />

im Sinne eines theoretischen Samplings<br />

auf Heterogenität ausgelegt und umfasst<br />

auch relativ viele Arbeitsfelder, dennoch<br />

bleibt die Auswahl notwendigerweise selektiv<br />

und konzentriert sich auf selbstorga-<br />

nisierte und freischaffende Kulturproduzenten<br />

aus der Alterskohorte der 1970er<br />

Jahrgänge (vgl. S. 136–139). Eine Reflek-<br />

tion darüber, welche Felder und Akteure<br />

dabei nicht in den Blick kommen und wie<br />

das Sample im Gesamtkontext der Leipziger<br />

Kultur(-wirtschaft) zu charakterisieren<br />

ist, kommt dabei leider zu kurz.<br />

Theoretischer Ausgangspunkt von Silke<br />

Steets ist der raumsoziologische Ansatz<br />

ihrer Betreuerin Martina Löw, die an der<br />

Technischen Universität Darmstadt lehrt.<br />

Der Ansatz ist dadurch gekennzeichnet,<br />

Räume als die (An)Ordnung von sozialen<br />

Gütern und Menschen zu verstehen, die<br />

aktiv über Wahrnehmungs-, Vorstellungs-<br />

oder Erinnerungsprozesse konstituiert<br />

werden. Durch dieses relationale Raumverständnis<br />

kommen Räume als Resultat<br />

und Voraussetzung von Handlungen in<br />

den Blick, sie sind sowohl Medium als<br />

auch materielles Produkt gesellschaftlicher<br />

Verhältnisse. Wie lässt sich Leipzig<br />

nun als spezifische Form der Verräumlichung<br />

charakterisieren? Was ist das Besondere<br />

an Leipzig?<br />

In den Kapiteln 6 und 7 fasst die Autorin<br />

ihre Beobachtungen, analysierten Doku-<br />

mente und Interviews zu dichten Beschrei-<br />

bungen der Stadtkultur zusammen. Nach<br />

einem Abriss der historischen Stadtentwicklung<br />

beginnt sie im 5. Kapitel mit einer<br />

Beschreibung der Praktiken und Diskurse<br />

von Expertinnen der Stadtplanung und<br />

des Stadtmarketings nach 1989. Leipzig<br />

wird darin mit seiner bürgerlichen Kultur-<br />

tradition als Klassiker einer europäischen<br />

Metropole entworfen, dessen Potential<br />

durch Krieg und DDR verschüttet wurde.<br />

Die vielfach vorhandenen Brachflächen<br />

der »perforierten Stadt« werden dabei als<br />

Möglichkeitsräume umgedeutet und Leip-<br />

zig als Ort persönlicher Entfaltungsmöglichkeiten<br />

inszeniert. Nach dem Boomtown-Slogan<br />

»Leipzig kommt!« setzt das<br />

Stadtmarketing seit 2002 auf die »Leipziger<br />

Freiheit«: Leipzig als Dornröschen,<br />

das darauf wartet, wachgeküsst zu werden!<br />

Vor diesem Hintergrund erscheinen insbe-<br />

sondere die Bauten der ostdeutschen Mo-<br />

derne als Störfaktor. Dies macht Silke<br />

Steets am Beispiel der Auseinanderset-<br />

zungen um die Wohnhochhäuser am Brühl<br />

deutlich. Vor dem Verkauf und Abriss der<br />

innerstädtischen Wohnscheiben, setzten<br />

sich mehrere kulturelle und künstlerische<br />

Projekte in der Stadt mit dem (städtebau-<br />

lichen) Erbe der DDR-Moderne und der<br />

Erinnerungspolitik auf städtischer Ebene<br />

auseinander. Nach dem Vorbild der Situa-<br />

tionistischen Internationale wurden dabei<br />

performative Interventionen entwickelt,<br />

die die Lebendigkeit, den praktischen Nut-<br />

zen und die städtebaulichen Qualitäten<br />

der Gebäude erlebbar machen sollten, um<br />

so Einfluss auf die städtischen Planungs-<br />

prozesse zu nehmen.<br />

Eine interessante Besonderheit der Arbeit<br />

liegt dabei in der Doppelrolle der Autorin<br />

als Wissenschaftlerin und Akteurin im<br />

(Konflikt-)Feld. Als Mitglied der Künstler-<br />

gruppe niko.31 war sie selbst an der Ent-<br />

wicklung der beschriebenen künstlerischen<br />

Projekte beteiligt. Durch die Beschreibung<br />

ihrer eigenen Rolle und die Re-<br />

flektion ihrer Arbeitsweise gelingt es ihr,<br />

sowohl eine ethnografische Beschreibung<br />

der Auseinandersetzung anzufertigen,<br />

aber auch ihre Kritik an der Vorgehensweise<br />

der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft<br />

deutlich zu machen.<br />

Ein ähnlicher Zusammenhang mit der Ma-<br />

terialität der Stadt wird auch beim zweiten<br />

von ihr beschriebenen Raum deutlich,<br />

der charakteristisch für Leipzig ist: Das<br />

öffentliche Wohnzimmer. War die Couch-<br />

ecke nach dem Zweiten Weltkrieg zum<br />

Inbegriff des Privaten und der familiären<br />

Binnenkommunikation geworden, so wan-<br />

delt sie ihren Charakter, wenn sie in den<br />

Club umzieht: In Kneipen und Clubs wie<br />

dem (Noch) Besser Leben oder Ilses Erika<br />

sind mit den öffentlichen Wohnzimmern<br />

ortsspezifische Praxisformen entstanden,<br />

die Vertrautheit und Nutzungsoffenheit<br />

miteinander verbinden und damit zudem<br />

an die DDR-Alternativkulturen der 1980er<br />

Jahre anknüpfen.<br />

Fazit: Die Arbeit bietet eine spannende Lek-<br />

türe und einen sehr guten Einblick in die<br />

Arbeitsweise und Vernetzung freischaffender<br />

Kulturproduzenten sowie erinne-<br />

rungs- und kulturpolitische Diskurse in<br />

Leipzig. Sie ist sehr gut geschrieben und<br />

vermittelt selbst die theoretischen Ansätze<br />

mit anschaulichen Beispielen aus<br />

der Geschichte der Raumtheorie und Stadt-<br />

forschung. Im Gegensatz zu den städtischen<br />

Planungs- und Marketingstrategien<br />

schärft Silke Steets so den Blick für ein<br />

Leipzig der Nischen, Frei- und Experimen-<br />

tierräume.<br />

Wo Fuchs und Hase<br />

sich ›Gute Nacht‹ sagen<br />

Erasmus in London<br />

von Franziska Burstyn<br />

Ich sitze in meinem zehn Quadratmeter<br />

großen Zimmer mit Dachschräge – nur die<br />

Hälfte davon begehbar – und lese. Gestern<br />

war der Bop, DIE Campusparty, wie<br />

jeden Freitag und ich bin furchtbar müde.<br />

Aber nicht weil ich bis zum Ende bei der<br />

Party war, sondern weil ich in meinem Zim-<br />

mer gelesen hab, bis spät in die Nacht.<br />

Welcome in Roehampton: Open spaces,<br />

open minds. Wer diesen Slogan entworfen<br />

hat, hat sich vorher nicht mein Zimmer an-<br />

gesehen. Aber ich will mich nicht beklagen,<br />

denn das Zimmer ist schön und meine<br />

Mitbewohner sehr ruhig, besonders wenn<br />

sie nicht da sind. Und es gibt ja auch noch<br />

die Southland’s Bar in die ich immer mit<br />

Eleri, Robin und Dave gehe. Ich hätte auch<br />

jede Woche zu Party Hits der 90er tanzen<br />

können, aber ich sitze lieber mit den drei-<br />

en zusammen und rede. Um 23 Uhr geht<br />

es dann nach Hause, weil die Campus Bar<br />

zu macht und Dave trinkt sowieso lieber<br />

Milch als Alkohol.<br />

Das klingt alles relativ vorbildlich, bis ich<br />

meine Kurstitel verrate: »What? You’re<br />

reading cook books in you’re ›Literature<br />

of Food‹ course? How cool is that?« bis<br />

hin zu »You’re talking about Lesbian Sex<br />

in Sexist Language? That’s actually a<br />

course at university? Awesome!« Und eigentlich<br />

ist es das auch. Meine Professoren<br />

sind höchst engagiert und die Kurse,<br />

die ich belege, sind alles andere als lang-<br />

weilig. Hier habe ich mein erstes feminis-<br />

18 19<br />

Studentenfutter


Titelthema<br />

tisches Märchen geschrieben, war bei Vor-<br />

lesungen im Globe Theatre und in der be-<br />

eindruckenden British Library. Roehamp-<br />

ton, laut Slogan right in the heart of London<br />

liegt eigentlich in kompletter Abgeschiedenheit,<br />

mit naturbewachsenem Cam-<br />

pus, ein paar Häusern und weniger Ge-<br />

schäften als eine Kleinstadt. Aber wenn<br />

ich mich ins neue Seminargebäude der<br />

Universität Leipzig begebe und ich die<br />

grauen Steinplatten betrete, dann denke<br />

ich doch sehnsüchtig an die efeubewachs-<br />

enen Bäume des Campus in Roehampton,<br />

auf dem dicke Eichhörnchen ihr Unwe-sen<br />

treiben und den Studenten Bonbons<br />

und Pizzareste wegnehmen.<br />

Die Erfahrungen im Ausland, besonders<br />

in einer Metropole wie London, sind abhängig<br />

davon, was man daraus macht.<br />

Die Erasmusveranstaltungen an der Roe-<br />

hampton University kann man an einer<br />

Hand abzählen, aber der Halt zwischen<br />

den Internationals war da, zumindest für<br />

diejenigen, die sich anschließen. Als Magister<br />

Student bin ich zum ersten Mal auf<br />

strenge Abgabetermine gestoßen und da-<br />

rauf, dass das Studium in Großbritannien<br />

als Nicht-Erasmus-Student finanziell oft<br />

nur schwer zu bewerkstelligen ist. Anders<br />

als in Leipzig hatte ich in Roehampton je-<br />

doch nur drei Module pro Semester, die<br />

zu je einer Veranstaltung zusammengefasst<br />

maximal drei Tage in der Woche<br />

beansprucht haben. Zeit genug also, um<br />

sich Freitag Abends in eine der vier Campus<br />

Bars zu setzen und den verkleideten<br />

Briten bei der Modeschau vor der großen<br />

Party zuzusehen, denn hier gibt es ausschließlich<br />

Motto-Parties, wie Ahoy Saylor,<br />

Cave Man oder Beauty and the Geek.<br />

Auf dem Nachhauseweg bestaune ich<br />

dann das richtige Nachtleben von Roehampton,<br />

wo Füchse ungestört die Straßen<br />

durchwandern, um sich einen Mitter-<br />

nachtssnack zu erhaschen.<br />

Master of the Universe<br />

KuWi jenseits des Bachelors<br />

von Frank Henschel<br />

Die drängende Frage, die sich wohl jeder<br />

Leipziger Student, und besonders die Ku<br />

Wis – denn wir können bekanntlich alles –<br />

in der Endphase seines Studiums, die seit<br />

Einführung der BA-Studiengänge ziemlich<br />

nah an den Studienbeginn herangerückt<br />

ist, stellt, ist jene nach dem wie weiter?<br />

Wer neben dem Studium nicht gerade<br />

Zeit hatte, zwölf Praktika zu absolvieren<br />

und sich daraus (bei ebensolcher Sympathie<br />

von der Gegenseite her) ein Rosin-<br />

chen für den beruflichen Werdegang herauspicken<br />

konnte, dem bietet sich die Ver-<br />

vollkommnung der ersten wissenschaftlichen<br />

Ausbildung in einem Masterstudium<br />

an. So soll’s ja auch sein. Da aber die<br />

Plätze in Leipzig wohl kaum für jeden Willigen<br />

ausreichen werden (trotz nimmermü-<br />

der Beteuerungen seitens der Offizialität)<br />

und ihr vielleicht einen Luftwechsel gut<br />

vertragen könntet, wagt ANTON einen<br />

Sprung in die bunte Welt der Masterstudiengänge<br />

in Deutschland und stellt euch<br />

acht Unis vor, die entweder offensicht-<br />

lich Anknüpfungsfähiges oder potenziell<br />

Innovatives für den Leipziger Absolventen<br />

versprechen. Alle Angaben sind ohne Ge-<br />

währ und unter Haftungsausschluss als<br />

Be- oder Abratung zu verstehen.<br />

Die HU-Berlin präsentiert einen interessanten<br />

Mix aus dem, was Leipziger Absol-<br />

venten unter Kulturwissenschaft kennen,<br />

mit dekonstruktivistischen und struktura-<br />

listischen Versatzstücken im M.A. Kultur-<br />

wissenschaft (Singular!). Gender-Kritik,<br />

Ästhetik und die Analyse von David-Lynch<br />

Filmen gehören zum Seminarplan, garniert<br />

mit kulturhistorischen und -philosophi-<br />

schen und -soziologischen Veranstaltun-<br />

gen. Man will sich allen geisteswissenschaftlichen<br />

Absolventen und gar Natur-<br />

wissenschaftlern öffnen, also könnte das<br />

mit der Kapazität schnell zum Hemm-<br />

schuh werden. Wer unbedingt in die Haupt-<br />

stadt muss, aber den breiten Horizont der<br />

Leipziger KuWi schätzt, den wird das Angebot<br />

begeistern.<br />

21<br />

Studentenfutter


Studentenfutter<br />

Straighter geht es in der Ruhr-Metropole<br />

Bochum zu. Hier hat man aus kulturwis-<br />

senschaftlichen, historiographischen, wirt-<br />

schaftswissenschaftlichen und rechtswissenschaftlichen<br />

Einzelteilen den M.A.<br />

›Europäische Kultur und Wirtschaft‹ zusammenmontiert.<br />

Hier gibt man sich recht<br />

zugeknöpft, ein eigenes Vorlesungsverzeichnis<br />

existiert gar nicht und die Beschreibung<br />

des Studiengangs fährt Ge-<br />

meinplätze auf, von wegen Untersuchung<br />

von Konvergenzen und Divergenzen des gemeinsamen<br />

europäischen Raumes. Gäh-<br />

nend und ratlos bleibt man zurück.<br />

Irgendwie angenehmer lässt sich die<br />

knappe Beschreibung des M.A. ›Kulturanalyse<br />

und Kulturvermittlung‹ der Nachbar-TU<br />

Dortmund an: Hier werden die Fächer<br />

›Kulturanthropologie des Textilen‹,<br />

›Kunstwissenschaft‹ und ›Musikwissenschaft‹<br />

kombiniert, ein entsprechend ähn-<br />

lich gelagertes B.A.-Studium ist darum<br />

obligatorisch. Insgesamt liegt die Fokussierung<br />

eher auf der Empirie und dem<br />

Management, obwohl auch die theoreti-<br />

sche Unterfütterung nicht vernachlässigt<br />

werden soll.<br />

Mannigfaltige Perspektiven soll der M.A.<br />

›Euroculture‹ der Uni Göttingen dem Absolventen<br />

bieten. Vom Europaabgeordneten<br />

über den Bibliothekar bis zum Personalmanager,<br />

Kompetenzen und Wissen<br />

über die Integrationsprozesse des Kontinentalzipfels<br />

Europa sollten alle haben<br />

und dies soll in drei Semestern vermittelt<br />

werden. Allerdings muss man sich<br />

die Lehrveranstaltungen zusammenstückeln,<br />

zudem wechselt beim Springen<br />

durch die Seiten ständig die Sprache zwi-<br />

schen Deutsch und Englisch. Kernkompetenz<br />

Geduld ist schon mal gefragt, eben-<br />

so wie ein geweitetes Portemonnaie, denn<br />

Gebühren von 950 Euro pro Semester (!)<br />

reißen so manches Loch ins Sparbuch.<br />

Versprochen wird dafür optimale Betreuung<br />

und Begleitung. Wir glauben das<br />

mal fürs Erste.<br />

Eines der interessantesten, und momen-<br />

tan noch gebührenfreien, Angebote präsentiert<br />

das nicht allzu weit entfernte<br />

thüringische Jena. Der Master ›Bildung<br />

– Kultur – Anthropologie‹ vereint nicht<br />

weniger als fünf (5!) Studienfächer zu einem<br />

interdisziplinären Konglomerat rund<br />

um das Thema Bildung. Dabei wirft er kul-<br />

turwissenschaftliche, soziologische, pädagogische,<br />

theologische und germanistische<br />

Perspektiven und Fragen auf, um<br />

sich dem in Jena ohnehin institutionali-<br />

sierten Thema der gesellschaftlichen<br />

Transformation während der und durch<br />

die Aufklärung zu nähern. Denn wenn ihr<br />

nach dem M.A. noch nicht genug habt,<br />

könnt ihr noch eine Promotion in der<br />

Doktorandenschule ›Laboratorium Aufklärung‹<br />

nachschieben. Zudem wird hier<br />

noch mehr geboten: der M.A. ›Kulturmana-<br />

gement‹, der sich aber eher in Richtung<br />

Musikwissenschaften bewegt, so dass<br />

mindestens die Blockflöte beherrscht wer-<br />

den sollte; der M.A. ›Volkskunde/Kulturge-<br />

schichte‹ der stärker Alltagshistorischen<br />

Fragestellungen gewidmet ist; der M.A.<br />

›Interkulturelle Personalentwicklung und<br />

Kommunikationsmanagement‹ usw.. Für<br />

KuWis finden sich in Jena mannigfache<br />

Anknüpfungspunkte und neue Perspektiven.<br />

Wer die Soziologie vermisst, dem sei Oldenburg<br />

empfohlen. Hier geht’s gleich<br />

knackig unter dem Titel ›Kulturanalysen:<br />

Repräsentation, Performativität, Gender‹<br />

zu Werke; wobei diese arg parataktische<br />

Bezeichnung einiger Erklärungen bedarf,<br />

die ANTON nur aus zweiter Hand vornehmen<br />

kann:<br />

»Im Zentrum stehen sozial markierte, vergeschlechtlichte<br />

und ethnisierte Körperbilder<br />

und -praxen, Einkleidungen und Le-<br />

bensstile – im Alltag wie in öffentlichen,<br />

nationalen und transnationalen Institutio-<br />

nen.« Alles klar!? Klingt auf jeden Fall auf-<br />

regend und - irgendwie - radikal (passt<br />

auch zum Namensgeber der Uni: Carl von<br />

Ossietzky).<br />

Ein ähnlich verklausuliertes Angebot rich-<br />

tet die Universität Bremen aus: den M.A.<br />

›Transkulturelle Studien‹. Hybridität, Alterität<br />

und Kulturtransfer sind Schlagworte<br />

in diesem mit gender- und post-colonial An-<br />

sätzen gespickten Studienprogramm. Ab-<br />

straktions- und Reflexionsvermögen sind<br />

also – ungenannte – Voraussetzungen.<br />

Wer dann doch lieber »managen« als »dis-<br />

kutieren« will, dem sei der Weg gen Süden<br />

gewiesen, und zwar nicht an eine Univer-<br />

sität, sondern an die Pädagogische Hoch-<br />

schule Ludwigsburg (bei Stuttgart). Hier<br />

wird in zwei Jahren nochmals alles kom-<br />

piliert und eingetrichtert, was der Leipzi-<br />

ger können könnte/sollte: von Kulturge-<br />

schichte, über -philosophie, -soziologie<br />

hin zum Schwerpunkt, dem Management.<br />

Praktika, Projekte und Exkursionen sind<br />

obligatorisch und lassen einem wirklich<br />

keine freie Zeit mehr. Dem, dem es in Leip-<br />

zig zu lahm war, sei das ans Herz gelegt.<br />

Je nach Bundesland müsst ihr mit Studiengebühren<br />

rechnen, einige Studiengänge<br />

wollen neben gutem Abschluss auch Motivationsschreiben<br />

beigefügt haben (z.B.<br />

Berlin, Oldenburg, Bremen). Auf jeden Fall<br />

solltet ihr euch nicht erst nach der B.A.-<br />

Arbeit zu orientieren Anfang, sondern früh-<br />

zeitig die Alternativen miteinander verglei-<br />

chen.<br />

<strong>anton</strong> hofft, euch zumindest einen klei-<br />

nen Eindruck von dem vermittelt zu haben,<br />

was der im weitesten Sinne kulturwissen-<br />

schaftliche Master in Deutschland so bie-<br />

tet. Die Masterlandschaft ist jung und wird<br />

sicherlich noch einige Male umgepflügt<br />

werden, also bleibt dran!<br />

Alles Weitere, Tiefere und Höhere findet ihr auf den<br />

Websites der Unis selbst. Manchmal muss man sich<br />

durchklicken, manchmal ist es hübsch geordnet:<br />

www2.culture.hu-berlin.de/institut | www.ruhr-<br />

uni-bochum.de/ecue/de | www.tu-dortmund.de |<br />

www.uni-goettingen.de/de/37749.html |<br />

www.uni-jena.de/masterstudium | www.uni-<br />

oldenburg.de | www.kulturmanagement.<br />

ph-ludwigsburg.de | www.dbs.uni-bremen.de<br />

Ganz in der Manier<br />

des Slapstick<br />

Magisterarbeit in Theaterwissen-<br />

schaften<br />

von Franziska Burstyn<br />

Maria Heß studiert im Magisterstudien-<br />

gang Theaterwissenschaft, Allgemeine<br />

Vergleichende Literaturwissenschaft und<br />

Anglistik an der Universität Leipzig. Derzeit<br />

schreibt sie bei Professor Dr. Günther<br />

Heeg ihre Magisterarbeit über nonverba-<br />

len Humor – eine besondere Herausforderung<br />

für eine Theaterwissenschaftlerin,<br />

wird hier doch der verbale Aspekt des<br />

Theaters gerade ausgeklammert.<br />

Der vollständige Titel von Marias Magisterarbeit<br />

lautet ›Nonverbaler Humor. Zur Wirkungsweise<br />

körpersprachlicher Komik.‹<br />

Dabei möchte die Studentin untersuchen,<br />

wie nonverbaler Humor eigentlich wirkt.<br />

Warum lachen Menschen, obwohl nichts<br />

gesagt und kein Witz erzählt wird?<br />

Die Idee zu diesem Thema begleitete Maria<br />

seit ihrem ersten Semester, als sie<br />

von einer Freundin ein Buch über Buster<br />

Keaton, Harold Lloyd, Stan Laurel und<br />

Oliver Hardy in die Hand gedrückt bekam.<br />

Schon damals kam ihr der Gedanke, dass<br />

man daraus ein super Magisterarbeits-<br />

thema entwickeln könnte. Je mehr sie in<br />

den darauf folgenden Semestern dazu<br />

lernte, desto mehr gefiel ihr der Aspekt<br />

des Körperlichen im Theater. Etwa ein Jahr<br />

vor der Anmeldung setzte sich das Thema<br />

des nonverbalen Humors dann in ihrem<br />

Kopf fest.<br />

Als das Thema nun endlich feststand, stel-<br />

lte sich der Gang zu einem möglichen Be-<br />

treuer eher als Odyssee heraus. Als Maria<br />

letztendlich bei Prof. Dr. Heeg angelangt<br />

war, musste sie beharrlich an ihrem Thema<br />

festhalten, um nicht letztendlich mit<br />

Buster Keaton als Hauptthema dazustehen.<br />

Gerade der theoretische Aspekt war<br />

es ja, der ihre Aufmerksamkeit auf den nonverbalen<br />

Humor gelenkt hatte. Bei eher<br />

ungewöhnlichen Themen und solchen, die<br />

kein ernsthaftes Sujet haben, scheint es<br />

zuweilen schwierig zu sein, die Dozenten<br />

von der Tauglichkeit der Themen zu überzeugen.<br />

Aber man sollte einfach dranbleiben.<br />

Marias Zweitgutachterin war nämlich<br />

total begeistert von ihrem Thema.<br />

Marias Magisterarbeit umfasst ein brei-<br />

tes Themenspektrum. So beinhaltet die<br />

Arbeit zum einen Theorien, wie Humor ge-<br />

schaffen wird und versucht, den Begriff<br />

›Humor‹ an sich zu definieren, wobei sie<br />

insbesondere auf nonverbale Kommunikation<br />

eingeht. So beleuchtet sie sowohl<br />

den semiotischen, als auch den linguistischen<br />

Aspekt von Humor näher und be-<br />

zieht sich damit auch direkt auf ihre Nebenfächer,<br />

zum Beispiel auf ein Anglistik-<br />

22 23<br />

Studentenfutter


Studentenfutter<br />

Seminar über ›Linguistic Approaches to<br />

Humour‹ und auf ein AVL-Seminar über den<br />

Semiotiker Umberto Eco. Besonders wich-<br />

tig ist für Maria dabei auch der Blick auf<br />

die Rezeption. Was wird wann und wie als<br />

komisch wahrgenommen? Wann wird non-<br />

verbaler Humor als ästhetisches Mittel<br />

eingesetzt? Hier bilden (Kognitions-)Psychologie,<br />

Anthropologie und Theaterpraxis<br />

die jeweiligen Ausgangspunkte. Das<br />

alles führt Maria schließlich am praktischen<br />

Beispiel von Buster Keaton zusam-<br />

men. Denn dieser auch als ›Stoneface‹<br />

bekanntgewordene Komiker der Stummfilmära<br />

betont, wie auch seine zeitgenös-<br />

sischen Kollegen, die visuelle Komik. So<br />

legt er zum Beispiel wiederholt Stürze hin,<br />

ganz in der Manier des Slapstick, die ge-<br />

rade aufgrund der fehlenden Mimik durch<br />

seinen stoischen Gesichtsausdruck zur<br />

Wirkung kommen.<br />

Der Wandel des<br />

Totenkults in der frühen<br />

Neuzeit<br />

<strong>anton</strong> sind: Juliane Scholz und<br />

Frank Henschel<br />

Kunsthistoriker Moritz Lampe über schwie-<br />

rige Archivarbeiten und seine Forschungs-<br />

ergebnisse zum Epitaph des Heinrich Hei-<br />

deck aus der Leipziger Paulinerkirche.<br />

An einem sonnigen Julinachmittag vis-avis<br />

mit dem geisteswissenschaftlichen<br />

Zentrum gilt es, Moritz Lampe zu den For-<br />

schungsergebnissen seiner Magisterarbeit<br />

zum Epitaph des Heinrich Heideck<br />

(1570 – 1603) zu befragen. Epitaphe sind<br />

eine besondere Form des christlichen<br />

Grabdenkmals: Zum einen waren sie seit<br />

dem 14. Jahrhundert ein wesentliches Ele-<br />

ment der Gedächtniskultur, denn sie sol-<br />

lten die Zeit der Buße im Fegefeuer für den<br />

Verstorbenen verkürzen. Zum anderen<br />

symbolisierten sie die Hoffnung auf Auf-<br />

erstehung und dienten der sozialen Selbst-<br />

darstellung. Meist kamen nur angesehene<br />

Bürger und Adlige in den Genuss ein solches<br />

Epitaph gestiftet zu bekommen. Moritz<br />

Lampe hat dies beispielhaft am Epi-<br />

taph für Heinrich Heideck aus der ehemali-<br />

gen Universitätskirche St. Pauli nachvollzogen<br />

und konnte letztendlich auch die umstrittene<br />

Frage nach dem ausführenden<br />

Künstler klären. Lampe reichte die Arbeit<br />

vor ihrer Publikation bei Prof. Dr. Frank<br />

Zöllner (Kunstgeschichte) und PD Dr. Rudolf<br />

Hiller von Gaertringen (Kustodie Universität<br />

Leipzig) ein.<br />

<strong>anton</strong>: Moritz, Deine Magisterarbeit<br />

zum Epitaph des Heinrich Heideck<br />

wurde vor einigen Monaten im Leipziger<br />

Plöttner Verlag publiziert. Zu<br />

deiner Buchpräsentation im Cafe<br />

Pilot sprach unter anderem Michael<br />

Faber, der neue Kulturbürgermeister<br />

von Leipzig. Das ist ganz schön viel<br />

Prominenz für eine Magisterarbeit.<br />

Wie schafft man den Sprung in die<br />

Buchwelt?<br />

Als ich mit der Magisterarbeit angefangen<br />

habe, hätte ich auch nicht im Traum gedacht,<br />

dass sie mal als Buch erscheint. Es<br />

ist ja auch nicht gerade ein Thema für die<br />

Massen. Der Erfolg kam dann dadurch,<br />

glaube ich, dass zum einen die Epitaphe<br />

der Universitätskirche im letzten Jahrhun-<br />

dert kaum wissenschaftlich bearbeitet<br />

wurden. In der ersten Hälfte des 20. Jahr-<br />

hunderts hatte sich niemand dafür interessiert<br />

und nach der Sprengung der Kirche<br />

durch die DDR-Regierung 1968 war<br />

die Beschäftigung mit den Kunstschätzen<br />

der Kirche ohnehin ein Tabu. Die geretteten<br />

Werke lagen versteckt in irgendwelchen<br />

Depots und erst nach der Wende be-<br />

gann man, den Bestand zu inventarisieren.<br />

Es wusste ja niemand mehr genau, was<br />

überhaupt noch vorhanden war. Meine Ar-<br />

beit war dann die erste, die sich so ausführlich<br />

mit einem der Werke aus der Pau-<br />

luskirche beschäftigt hat. Das hat, denke<br />

ich, auch eine Rolle bei der Veröffentlichung<br />

gespielt.<br />

<strong>anton</strong>: Hat das 600-jährige Jubiläum<br />

der Universität auch das Interesse an<br />

deiner Arbeit gesteigert?<br />

Das war auf jeden Fall der zweite wichtige<br />

Aspekt. Die Erforschung der protestanti-<br />

schen Memorialkultur ist insgesamt in die-<br />

sem Bereich noch sehr jung. Das Jubiläum<br />

hat daher nicht nur zusätzliches Interesse<br />

an der Kunst aus der Universitätskirche<br />

geschaffen, sondern es konnten so<br />

auch Geldmittel für den Druck gewonnen<br />

werden, die es in einem anderen Zusammenhang<br />

vielleicht nicht gegeben hätte.<br />

Die zweite Hälfte der Druckkosten wurde<br />

dann von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz<br />

beigesteuert, die schon zuvor<br />

die Restaurierung des Epitaphs finanziert<br />

hatte. Der größte Teil des Geldes aus dem<br />

Verkauf des Buches fließt auch direkt an<br />

das Institut für Kunstgeschichte zurück,<br />

um damit weitere Forschungsprojekte zu<br />

unterstützen.<br />

<strong>anton</strong>: Du hast selbst gesagt, dass<br />

ein Epitaph nicht gerade ein Thema für<br />

die Massen ist. Wie bist Du darauf<br />

gekommen?<br />

Es musste ja Grundlegendes geklärt wer-<br />

den: Wer war der Stifter des Epitaphs, wel-<br />

che Aussage hatte das Bildprogramm, wer<br />

hat das Kunstwerk vor über 400 Jahren<br />

geschaffen? Das fand ich spannend und<br />

habe das dann ja auch in meiner Magisterarbeit<br />

gemacht. Dazu kommt: Das Hei-<br />

deck-Epitaph ist ein besonders schönes<br />

Grabmal mit drei eindrucksvollen Relief-<br />

bildern. Es ist das größte erhaltene Werk<br />

aus der Paulinerkirche und es war das ers-<br />

te, das restauriert wurde.<br />

<strong>anton</strong>: Wie hast Du recherchiert?<br />

Der Anfang war nicht ganz leicht: Zu den<br />

Epitaphen aus der Universitätskirche gab<br />

es bisher kaum Arbeiten. Ich habe einige<br />

einleitende Aufsätze zur Grab- und Erinnerungskultur<br />

der frühen Neuzeit gelesen<br />

und habe Quellen und Vergleichsmöglich-<br />

keiten recherchiert. Das Epitaph selbst habe<br />

ich natürlich auch in Augenschein ge-<br />

nommen. Ich habe viele Photos gemacht,<br />

um die Details auch zu Hause untersuchen<br />

zu können, die Reliefs, die Perspektiven<br />

und die Modellierungen. Für den sozialge-<br />

schichtlichen Kontext war dann das Archiv<br />

der Universität Leipzig sehr wichtig, in dem<br />

sich viele Akten zu den Bestattungen des<br />

17. Jahrhunderts überliefert haben. Aber<br />

auch das Archiv des Naumburger Doms.<br />

Es war also viel Schreib- und Bibliotheksarbeit<br />

mit gelegentlichen Ausflügen zu den<br />

Kirchen in der Umgebung Leipzigs.<br />

<strong>anton</strong>: Wie würdest die Bedeutung<br />

des Epitaphs des Heinrich Heideck innerhalb<br />

der sächsischen oder gar der<br />

europäischen Bildhauerei der Früh-<br />

neuzeit einschätzen?<br />

Die Leipziger Bildhauerkunst der Spätrenaissance<br />

ist bisher kaum erforscht worden.<br />

Daher kann man zur Bedeutung des<br />

Epitaphs für die Region nur allgemein sagen,<br />

dass es zu einem der aufwendigsten<br />

und originellsten Epitaphe zählt. Aller-<br />

dings konnte ich zeigen, dass es von dem<br />

Leipziger Bildhauer Valentin Silbermann<br />

angefertigt wurde, der um 1600 sehr bedeutend<br />

gewesen sein muss. Zuvor wurde<br />

spekuliert, dass es ein niederländischer<br />

oder italienischer Bildhauer war, der es<br />

hier vor Ort schuf, da die Qualität so einzig-<br />

artig ist. Das liegt aber auch daran, dass<br />

viele Epitaphe über die Jahrhunderte zer-<br />

stört worden sind und sich somit kaum Ver-<br />

gleichsmöglichkeiten bieten. Es müsste<br />

also noch weiter Grundlagenforschung be-<br />

trieben werden.<br />

<strong>anton</strong>: Wie sah denn der kunst- und<br />

sozialhistorische Kontext aus,<br />

den du rekonstruiert hast?<br />

Den Wandel der Bedeutung der Epitaphe<br />

konnte ich zum Beispiel in Schriften Luthers<br />

und Aufsätzen zu diesem Thema gut<br />

nachzuvollziehen. Luther favorisierte eine<br />

Bestattung vor den Toren der Stadt. Das<br />

war in Leipzig seit 1545 der damals noch<br />

außerhalb der Stadtmauern liegende Johannisfriedhof,<br />

dort, wo heute das Grassi-<br />

museum steht. Nachdem der Stadtrat die-<br />

se Form der Bestattung vorschrieb, kon-<br />

nten sich nur noch reiche Bürger und Universitätsangehörige<br />

eine Zeremonie und<br />

Bestattung innerhalb der Stadt leisten.<br />

Heideck selbst war Jurist, im 17. Jahrhun-<br />

derts ein typischer Aufsteigerberuf, der<br />

es Bürgern erlaubte einen dem Adel vergleichbaren<br />

sozialen Status zu erlangen.<br />

Daher konnte er sich sogar im Chor in der<br />

24 25<br />

Studentenfutter<br />

Heideck-Epitaph<br />

in der Universitätskirche,<br />

um 1955<br />

Heideck-Epitaph<br />

(nach der Restaurierung),<br />

Gesamtansicht


Studentenfutter<br />

Lampe, Moritz, Zwischen<br />

Endzeiterwartung und<br />

Repräsentation.<br />

Das Epitaph des Heinrich<br />

Heideck (1570 – 1603)<br />

aus der Leipziger<br />

Universitätskirche St.<br />

Pauli, Plöttner Verlag,<br />

Leipzig 2009.<br />

Universitätskirche bestatten lassen. Eine<br />

Szene seines Epitaphs zeigt deshalb auch<br />

ein Relief, das auf diese privilegierte Form<br />

der Bestattung anspielt. Gestiftet wurde<br />

das Epitaph, da Heideck jung verstarb, von<br />

seiner verwitweten Mutter, wie sich aus<br />

der Leichenpredigt, den Inschriften auf der<br />

Grabplatte und dem Epitaph selbst ergibt.<br />

<strong>anton</strong>: Was sind deine aktuellen wissenschaftlichen<br />

Projekte? Widmest<br />

du dich weiterhin diesem und anderen<br />

Epitaphen oder möchtest du in eine<br />

völlig andere Richtung?<br />

Ich habe jetzt angefangen in Kunstgeschichte<br />

zu promovieren. In meiner Disser-<br />

tation beschäftige ich mich aber mit einem<br />

ganz anderen Themengebiet. Es soll<br />

um das Sprichwort »Jeder Maler malt sich<br />

selbst« und um den künstlerischen Selbst-<br />

ausdruck in der Kunstliteratur vom 15.<br />

bis zum 18. Jahrhundert gehen.<br />

<strong>anton</strong>: Hilft dir die Publikation<br />

bei der Finanzierung der Dissertation,<br />

konntest du zum Beispiel bei der<br />

Bewerbung um ein Stipendium damit<br />

punkten?<br />

Also bisher hat sich das noch nicht bemerkbar<br />

gemacht. Aber das geht sicherlich<br />

vielen Geisteswissenschaftlern so,<br />

die doch immer etwas länger in den Beruf<br />

brauchen…<br />

<strong>anton</strong>: … wie eine Studie ergab, sind<br />

es durchschnittlich 14 Monate …<br />

… ach ja? Na dann passe ich da wohl rein<br />

(lacht).<br />

Moritz Lampe, geboren 1980 in Bonn, lebt seit<br />

2001 in Leipzig. Hier und in Rom studierte<br />

er Kunstgeschichte, Buchwissenschaften und Soziologie.<br />

Gegenwärtig arbeitet er zu Fragen<br />

des künstlerischen Selbstausdrucks in Kunst<br />

und Kunsttheorie der Frühen Neuzeit.<br />

Leipzig muss grüner<br />

werden –<br />

schon ab 5 Euro!<br />

Baumpatenschaftsprojekt anlässlich<br />

des 600. Jubiläums der Uni Leipzig<br />

von Thomas Seifert<br />

(Projektleiter ›600 Bäume zum 600.<br />

Jubiläum der Universität Leipzig‹)<br />

Seit dem 1. April 2009 besteht die Mög-<br />

lichkeit, im Rahmen des studentischen<br />

Umweltschutzprojektes ›600 Bäume zum<br />

600. Jubiläum der Universität Leipzig‹ ei-<br />

ne Baumpatenschaft zu übernehmen.<br />

Hauptanliegen dieser Initiative des Vereins<br />

›Studierende 2009 e.V.‹ ist es, Verant-<br />

wortung für die Umwelt und den eigenen<br />

Lebensraum spür- und erlebbar zu machen.<br />

Die Schirmherren des Projektes sind<br />

Sigmar Gabriel (Bundesumweltminister),<br />

Klaus Töpfer (Bundesumweltminister a.D.)<br />

und Johannes Lichdi (MdL Sachsen).<br />

Patenschaften können ab 5 Euro für 10<br />

Setzlinge und ab 125 Euro bzw. 250 Euro<br />

für einen Starkbaum (7 cm Stammdurchmesser)<br />

übernommen werden. Die Setzlinge<br />

werden am 23. Oktober und 14. No-<br />

vember in Großzössen (ca. 25 km von Leipzig)<br />

während eines studentischen Pflanz-<br />

flashs, die Starkbäume hingegen in Leipzigs<br />

Parks und Straßen gepflanzt. Zu dem<br />

Termin am 14. November werden bis zu<br />

70 Helfer/innen benötigt. Interessenten<br />

sind dazu natürlich herzlich eingeladen.<br />

Die Bilanz des Projektes nach sechs Mo-<br />

naten ist erfreulich. Der aktuelle Spenden-<br />

stand beträgt 11980 Euro. Davon werden<br />

2360 Setzlinge und 48 Patenbäume ermöglicht.<br />

Bisher haben 121 Studenten,<br />

Dozenten, Institute, Fachschaftsräte, der<br />

StudentInnenRat der Universität Leipzig,<br />

der Studentenrat der HTWK, bis hin zu<br />

Alumnis, Seniorenstudenten, dem Rektor,<br />

die Dekane und das Rektoratskollegium<br />

gespendet.<br />

Trotz dieser erfreulichen Bilanz darf dies<br />

aber kein Grund sein sich auszuruhen, son-<br />

dern es wird weiterhin um jede/n Spender/in<br />

geworben. Wenn auch Du Baumpate/in<br />

werden möchtest oder eine Baum-<br />

patenschaft verschenken möchtest, dann<br />

schau einfach auf der Homepage des Pro-<br />

jektes vorbei.<br />

Zum Dank wird jede/r Pate/in auf der Homepage<br />

namentlich erwähnt. Möchtest<br />

Du nicht namentlich genannt werden, ergänze<br />

bitte beim Überweisungsvorgang<br />

im Betreff ›anonym‹.<br />

Den richtigen Ton<br />

finden …<br />

The Real World<br />

Praktikum in der Abteilung<br />

Musikvermittlung des Gewandhauses<br />

<strong>anton</strong> ist Johanna Puchta<br />

Sarah Niebergall studiert Kulturwissenschaften,<br />

Italianistik und Musikwissen-<br />

schaften auf Magister an der Uni Leipzig.<br />

Außerdem ist sie ein begeistertes Mitglied<br />

des Universitätsorchesters. Von Mitte Feb-<br />

ruar bis Ende Mai absolvierte sie ein unver-<br />

gütetes Praktikum in der Abteilung Musik-<br />

vermittlung im Gewandhaus, das dem Kon-<br />

zertbüro angegliedert ist. <strong>anton</strong> hat sie zu<br />

ihren Erfahrungen dort befragt.<br />

<strong>anton</strong>: Wie bist du an das Praktikum<br />

gekommen?<br />

Ich hatte das Glück, rechtzeitig zu erfahren,<br />

dass in der Musikvermittlung dringend<br />

jemand gesucht wird. Daraufhin habe ich<br />

mich beworben und wurde zu einem Vorstellungsgespräch<br />

eingeladen. Mit meiner<br />

Betreuerin Annika Schmitz habe ich mich<br />

sofort super verstanden.<br />

<strong>anton</strong>: Welche Aufgaben hast du in<br />

der Musikvermittlung des<br />

Gewandhauses übernommen?<br />

Meine Aufgaben waren extrem vielfältig.<br />

Was es zu tun gab, hing einfach davon ab,<br />

welches Projekt gerade aktuell war und in<br />

welcher Phase der Vorbereitung wir damit<br />

standen. Ein Teil meiner Arbeit bestand<br />

aus Büroaufgaben: Ich habe Informatio-<br />

nen zu bestimmten Musikstücken recher-<br />

chiert und organisatorische Aufgaben er-<br />

ledigt, Zeit- und Ablaufpläne für bestim-<br />

mte Abschnitte einzelner Projekte erstellt<br />

und Projekte dokumentiert. Außerdem ge-<br />

hörte es zu meinen Aufgaben, Telefondienste<br />

zu übernehmen, Noten für Musi-<br />

ker zu setzen, Aushilfen zu organisieren,<br />

Programmtexte zu verfassen und noch vie-<br />

les andere. Dank der großen Abwechslung<br />

war es fast nie langweilig.<br />

Besonders gefallen hat mir, dass ich zum<br />

Teil konzeptionell mitarbeiten durfte. Die<br />

grundlegenden Ideen der Projekte waren<br />

natürlich schon lange im Voraus entwickelt<br />

worden, aber nicht unbedingt bis<br />

ins Detail. Es war toll, dass ich dazu gefragt<br />

wurde und dass meine Ideen Eingang<br />

gefunden haben.<br />

Einige Male durfte ich selbst Musikvermit-<br />

tlerin sein. Dabei habe ich zum Beispiel<br />

den Probenbesuch einer Schülergruppe<br />

im Gewandhaus geleitet. Dazu habe ich<br />

den Einführungsvortrag gehalten, die Grup-<br />

pe durchs Haus begleitet und zusammen<br />

mit einem Musiker des Orchesters eine Instrumentenvorstellung<br />

gemacht. Zudem<br />

habe ich auch zwei Taschenkonzerte gestaltet<br />

– das sind kleine Konzerte, bei de-<br />

nen Gewandhausmusiker in die Kindergärten<br />

und Schulen gehen und für die Kin-<br />

der musizieren, ihnen Instrumente vorstel-<br />

len und kleine Themen erklären. Es ist an-<br />

spruchsvoll, jeweils zu überlegen, wie man<br />

den unterschiedlichen Zielgruppen etwas<br />

über Musik vermittelt. Die Ansprache<br />

muss genau passen. Aber ich glaube, dass<br />

es genauso wichtig ist, die eigene Begeiste-<br />

rung für die Sache zu vermitteln, ganz<br />

gleich vor wem man spricht.<br />

<strong>anton</strong>: … das klingt ja nach einem<br />

Vollzeitpraktikum …<br />

Nein, das war es nicht. Ich habe drei Tage<br />

26 27<br />

The Real World<br />

Thomas Seifert,<br />

Rektor Prof. Dr. Franz<br />

Häuser, Schirmherr<br />

Johannes Lichdi MdL<br />

und Bürgermeister<br />

Heiko Rosenthal (v.l.)<br />

Foto: Sven Jaros.<br />

www.600baeume.de<br />

E-Mail: 600baeume@<br />

studierende2009.de


The Real World<br />

in der Woche dort gearbeitet. In speziel-<br />

len Phasen, wenn sehr viel zu tun war, war<br />

ich auch öfter bzw. länger dort.<br />

<strong>anton</strong>: Liefen besondere Projekte<br />

während deiner Zeit dort?<br />

Es gab Projekte am laufenden Band. Dass<br />

es so viele kurz hintereinander waren, war<br />

nicht selbstverständlich, für mich aber<br />

großes Glück, weil ich ein sehr breites<br />

Spektrum der Arbeit im Bereich Kulturver-<br />

mittlung miterleben konnte. Angefangen<br />

hat es mit dem Bachprojekt, bei dem Gym-<br />

nasialschüler ein Theaterstück mit Musik-<br />

elementen aufgeführt haben. Das hat des-<br />

halb besonders viel Spaß gemacht, weil<br />

ich spontan selbst in dem kleinen Orches-<br />

ter Geige mitspielen durfte und einfach<br />

mittendrin war.<br />

Gegen Ende des Praktikums habe ich<br />

beim Echo-Projekt die Assistenz übernom-<br />

men. Das Echo-Projekt war ein kreatives<br />

Musikprojekt mit zwei Schulklassen, die<br />

in Workshops selbst Musik komponiert<br />

und sie dann zusammen mit Gewandhaus-<br />

musikern aufgeführt haben. Ich war an al-<br />

len Phasen des Projektes beteiligt. Anfangs<br />

habe ich meine Chefin vor allem bei<br />

Terminen mit den Beteiligten begleitet<br />

und konnte sehen, wie die verschiedenen<br />

Ideen zusammenflossen und das Projekt<br />

langsam Gestalt annahm. Später, in der<br />

Endphase und am Konzerttag selbst, be-<br />

deutete die Assistenzarbeit einfach, Mäd-<br />

chen für alles zu sein. Ich war Ansprechpartnerin<br />

für jedermann und habe von der<br />

Gruppenbetreuung bis zum Beschaffen eines<br />

fehlenden Notenständers von irgend-<br />

wo aus dem Haus her alle anfallenden Auf-<br />

gaben übernommen. Diese letzte Phase<br />

war sehr anstrengend, aber auch besonders<br />

schön. Gerade in diesem Projekt kam<br />

von den Kindern sehr viel Begeisterung,<br />

Zustimmung und Freude zurück.<br />

<strong>anton</strong>: Hat dir das Praktikum etwas<br />

für dein Studium gebracht? Hast<br />

du etwas Besonderes dabei gelernt?<br />

Für mein Studium hat mir das Praktikum<br />

nicht unbedingt was gebracht. Umgekehrt<br />

eher: Sich schnell in neue Themen hinein-<br />

arbeiten zu können und darüber dann einen<br />

Vortrag zu halten – wie wir es eben<br />

in der Uni gelernt haben, war sehr wichtig<br />

für meine Arbeit im Gewandhaus.<br />

Sonst habe ich Dinge gelernt, die eher<br />

indirekt wichtig sein werden: Die Fähigkeit,<br />

vieles parallel im Kopf zu behalten<br />

und immer den neusten Stand jedes Projektes<br />

abrufen zu können. Schnell und<br />

flexibel Lösungen für plötzlich auftauchende<br />

Probleme zu finden – irgendwas<br />

passiert ja immer! Außerdem habe ich<br />

gelernt, gute, übersichtliche Pläne zu erstellen<br />

und mit viele Kenntnisse über diverse<br />

Musikinstrumente angeeignet …<br />

Für mich persönlich habe ich besonders<br />

durch den Umgang mit vielen unterschied-<br />

lichen Menschen sehr viel mitgenommen.<br />

<strong>anton</strong>: Hast du noch<br />

Kontakt zu den Leuten dort?<br />

Ja, zu meiner Chefin. Die anderen sehe ich<br />

meistens, wenn ich ins Konzert gehe.<br />

<strong>anton</strong>: Kannst du das Praktikum<br />

weiter empfehlen?<br />

Ich kann auf jeden Fall ein Praktikum im Ge-<br />

wandhaus empfehlen. Allerdings wird es<br />

den Praktikumsplatz in der Musikvermittlung<br />

in dieser Form leider nicht mehr geben.<br />

Das Gewandhaus bietet aber viele<br />

Vollzeitpraktika über einen längeren Zeitraum<br />

an – allerdings ohne Bezahlung. Ob<br />

dieses Angebot von Studierenden wahrgenommen<br />

werden kann, da bin ich mir<br />

nicht so sicher.<br />

mephisto 97.6<br />

– story of an insider<br />

»Guten Abend, Sie hören mephisto 97.6<br />

und ich begrüße Sie herzlich<br />

zu einer Stunde Lauschangriff.«<br />

von Maria Kaduk<br />

Es ist Montag Abend, Zeit für ›Radiokunst‹<br />

bei mephisto 97.6, dem Lokalradio der Uni<br />

Leipzig, es läuft der Lauschangriff, die Hör-<br />

spiel-, Feature- und Themensendung. Seit<br />

gut einem Semester leite ich nun dieses<br />

Ressort und manchmal frage ich mich<br />

noch immer, wie es eigentlich dazu gekom-<br />

men ist.<br />

Ich studiere seit dem Wintersemester<br />

2007 in Leipzig, und habe es erfolgreich<br />

geschafft mephisto 97.6 ein Jahr lang zu<br />

ignorieren. Im letzten Wintersemester jedoch<br />

ist mir der Sender dann doch mal<br />

über den Weg gelaufen.<br />

Der Werbeaktion für das Schnupperwochenende<br />

in der Kultursoziologie Vorlesung<br />

konnte ich trotz Zuspätkommens<br />

nicht entgehen. Ich habe mich einfach an-<br />

gemeldet, ein bisschen Ehrgeiz kann ja<br />

schließlich nicht schaden. »Wenn’s doof<br />

wird, kann ich ja immer noch gehen«, dach-<br />

te ich mir.<br />

So fand ich mich dann Anfang November<br />

an einem Samstagmorgen in der Ritterstraße<br />

wieder, wurde mit Brötchen und<br />

Getränken ruhig gestellt und hörte mir<br />

Infos über den Sender an.<br />

Das erste Mal auf Sendung ging mephisto<br />

97.6 am 31. Mai 1995 um 18 Uhr. Seit-<br />

dem gibt es jede Woche von 10 – 12 Uhr<br />

und von 18 – 20 Uhr studentisches Radio<br />

in Leipzig auf der Frequenz 97.6, die es<br />

sich mit R.SA teilt.<br />

Täglich laufen die Sendungen ›Faustschlag‹<br />

und ›Direkt‹. ›Faustschlag‹ ist das<br />

Vormittagsmagazin bei mephisto 97.6,<br />

mit lokaler Kultur und Politik, Sport und<br />

alles was am Morgen sonst noch interes-<br />

sant zu hören ist.<br />

Abends folgt um 18 Uhr ›Direkt‹, zu hören<br />

sind tagesaktuelle Informationen aus<br />

Leipzig, und um 19 Uhr folgen die vierten<br />

Stunden, montags der ›Lauschangriff‹,<br />

Dienstag der ›Kultstatus‹, Mittwoch ›M19‹<br />

– das lange Interview, Donnerstag der<br />

›Tonleiter‹ und am Freitag der ›Nachschlag‹<br />

– der satirische Wochenrückblick.<br />

mephisto 97.6 ist in erster Linie ein Ausbildungsradio,<br />

das heißt, wir werden aus-<br />

gebildet und bilden aus. Das Prinzip Erfahrener-Mitarbeiter-bildet-neuen-Mitarbeiter-aus<br />

wird ergänzt durch diverse<br />

Seminare, in denen man genaueres über<br />

die Radioarbeit lernen kann.<br />

Aber zurück zum Schnupperwochenende.<br />

Ich blieb erstmal skeptisch, das kann nie<br />

schaden. Aber schon im Laufe des ersten<br />

Vormittags, als ich die Aufgaben, die man<br />

mir gestellt hatte, erledigte, wurde meine<br />

Begeisterung entfacht.<br />

Ich durfte einen Beitrag zusammen schnei-<br />

den – etwas von dem ich nie gedacht hät-<br />

te, dass ich es kann – vor allem nicht innerhalb<br />

von vier Stunden.<br />

Inzwischen stehe ich total auf unser<br />

Schnittprogramm, am besten sind eigent-<br />

lich die Ganzen verrückten Dinge die man<br />

damit anstellen kann, das hat etwas von<br />

Experimentalkästen für Große.<br />

Ich beschloss also, da erstmal mit zu ma-<br />

chen, freie Mitarbeit nennt man das.<br />

Zu dem Zeitpunkt wusste ich, wie man den<br />

Rechner bedient, die Mikros richtig hält<br />

und in das Mikro im Aufnahmestudio<br />

spricht – mehr nicht. Ich wusste noch nicht<br />

mal richtig, was die anderen komischen<br />

Menschen dort im Sender eigentlich mach-<br />

ten. Es war für mich relativ schwierig, mich<br />

in die dort bestehende Struktur herein zu<br />

finden, was auch dementsprechend lange<br />

gedauert hat.<br />

Merkwürdig war dann auch, dass ich nach<br />

meinen ersten drei Beiträgen gleich die Re-<br />

ssortleitung des ›Lauschangriffs‹ angebo-<br />

ten bekam. Nun, ich denke nach wie vor,<br />

dass ich eine Art Notlösung war, weil sich<br />

kein anderer gefunden hat. Aber es war<br />

eine Herausforderung, die ich nur zu gerne<br />

angenommen habe.<br />

Wie genau sieht die Arbeit bei mephisto<br />

97.6 nun eigentlich aus? Radio machen,<br />

wie läuft das? Ich habe früher beim Hören<br />

ehrlich gesagt nie drüber nachgedacht,<br />

wie so ein Beitrag entsteht, wie die Struk-<br />

tur für eine Sendung aussehen muss oder<br />

wie man professionell spricht.<br />

Ich für meinen Teil arbeite im »Lausch-<br />

angriff – der Hörspiel-, Feature- und The-<br />

mensendung bei mephisto 97.6«. Diesen<br />

Satz kann ich auswendig, da ich ihn jede<br />

Woche mindestens einmal in irgendein<br />

Mikro spreche, um meine Sendung anzu-<br />

teasen!<br />

›Sendung haben‹ heißt eine ganze Stunde<br />

muss ›gefüllt‹ werden, mit Beiträgen und<br />

Musik, das bedeutet, dass man mindestens<br />

30 Minuten Wortbeiträge produzieren<br />

muss. Ebenso heißt ›Sendung haben‹,<br />

dass Moderationen geschrieben und Sen-<br />

deablaufpläne erstellt werden müssen,<br />

ebenso wie die Playlist und Internetartikel<br />

zu den jeweiligen Beiträgen.<br />

28 29<br />

The Real World<br />

Mephisto 97.6<br />

Moderator<br />

Thielko Grieß<br />

im Studio –<br />

er moderierte<br />

Mias erste<br />

Lauschangriff-<br />

Sendung


The Real World<br />

Sendungen entstehen bei mir meistens<br />

längerfristig. Zuerst ist da das Thema,<br />

zum Beispiel wird das Fischstäbchen<br />

dieses Jahr 50 Jahre alt. In Folge dieses<br />

weltumschmeißenden Ereignisses setze<br />

ich mich mit meinen Redakteuren zusam-<br />

men und wir überlegen, wie man das große<br />

Thema ›Fischstäbchen‹ umsetzen kann. Es<br />

entstehen verschiedene Beitragsideen<br />

zum Beispiel: Fischstäbchen von verschie-<br />

denen Herstellern testen, mal einen Ernährungsberater<br />

fragen WAS da eigentlich<br />

so alles drin ist und auf jeden Fall eine<br />

Kolumne, »Was haben die Menschen früher<br />

nur ohne Fischstäbchen gemacht«.<br />

Dann wird recherchiert, Interviews werden<br />

geführt, Skripte geschrieben und aufgenommen,<br />

produziert, geschnitten, mit Mu-<br />

sik und Geräuschen unterlegt – und fertig<br />

ist der Beitrag.<br />

Klingt wahrscheinlich einfacher als es ist,<br />

aber macht irrsinnig Spaß.<br />

Es lohnt sich also. Man lebt für diese Arbeit,<br />

auch wenn man kein Geld dafür be-<br />

kommt, was schon merkwürdig ist. Eine<br />

quasi-Vollzeitstelle ohne Bezahlung.<br />

Manchmal frage ich mich, woher bei all<br />

den vielen Menschen, mit denen ich zusammenarbeite,<br />

der Antrieb kommt. Inzwischen<br />

denke ich, Radiomachen ist eine<br />

Sucht, die auch mich voll ergriffen hat.<br />

Auch wenn es stressig ist – planen, schnei-<br />

den, organisieren – manchmal verbringt<br />

man ganze Tage und halbe Nächte nur mit<br />

und im Radio. Es ist ein Teil meines Lebens<br />

geworden, auf den ich nicht mehr verzich-<br />

ten möchte. Allerdings gab und gibt es im-<br />

mer wieder Zweifel. Zum einen bei mir und<br />

zum anderen gibt es auch Menschen in<br />

meinem Umfeld, die nicht so positiv auf<br />

meine Entscheidung reagiert haben, die<br />

Ressortleitung zu übernehmen und damit<br />

relativ viel Zeit in den Sender zu investie-<br />

ren und die deshalb letztendlich ihre Kon-<br />

sequenzen zogen.<br />

Am ersten Abend des Schnupperwochen-<br />

endes trafen wir uns noch einmal im Sen-<br />

der mit den damaligen Ressortleitern. Ich<br />

kann mich noch genau daran erinnern,<br />

dass ich nach dem Bild, das mephisto<br />

97.6 in der Öffentlichkeit hat, gefragt wur-<br />

de. Damals konnte ich nicht viel dazu sagen,<br />

aber mir hat sich eingeprägt, dass<br />

das Gerücht besteht, dass der Sender<br />

eine Art Sekte sei. Heute kann ich das<br />

bestätigen. mephisto 97.6 ist definitiv ei-<br />

ne Sekte, aber ’ne verdammt coole! Wie<br />

eine Krake, mit tausend Armen und wenn<br />

man einmal kleben bleibt, kommt und will<br />

man nicht mehr von ihr los!<br />

›Sonnenfinsternis‹<br />

auf Leipziger Bühnen<br />

Ein Interview mit der Direktorin<br />

des euro-scene-Theaterfestivals<br />

Ann-Elisabeth Wolff<br />

<strong>anton</strong> ist Franziska Burstyn<br />

Bereits zum 19. Mal bringt das Theater-<br />

und Tanzfestivals euro-scene Leipzig vom<br />

3. – 8. November 2009 ein abwechslungs-<br />

reiches Programm nach Leipzig. Zu den<br />

Festivalhöhepunkten zählen die Gastspiele<br />

des Cullberg Ballet aus Stockholm,<br />

des Muziektheater Transparant aus Antwerpen<br />

unter Mitwirkung des A-cappella-<br />

Chors Collegium Vocale Gent, die Aufführung<br />

von ›Ruhe‹ von Josse De Pauw sowie<br />

einer ›Hamlet‹-Inszenierung des litauischen<br />

Regisseurs Oskaras Korsunovas<br />

aus Vilnius. Der Wettbewerb ›Das beste<br />

deutsche Tanzsolo‹ findet außerdem<br />

bereits zum 9. Mal statt. Aber nicht nur die<br />

Stücke der euro-scene Leipzig sind ungewöhnlich,<br />

sondern auch die Veranstaltungsorte:<br />

So nehmen dieses Jahr sowohl<br />

etablierte Spielstätten wie die Oper Leipzig,<br />

das Gewandhaus und das Central-<br />

theater teil, als auch ungewöhnliche Orte<br />

wie das Leipziger Stadtbad. <strong>anton</strong> hat ei-<br />

nen Blick hinter die Kulissen geworfen<br />

und die Festivaldirektorin Ann-Elisabeth<br />

Wolff persönlich zu Ablauf und Organisation<br />

des Theaterfestivals befragt.<br />

<strong>anton</strong>: Sie waren ja schon zu Beginn<br />

des Festivals 1991 dabei, vorerst als<br />

Künstlerische Mitarbeiterin.<br />

Was hat sich seitdem verändert?<br />

Die euro-scene Leipzig war natürlich am<br />

Anfang ein ganz junges, unbedarftes Fes-<br />

tival. Es hat sich dann über die Jahre von<br />

einem lokal durchaus sehr gut besuchten<br />

Festival zu einem der großen europäischen<br />

Theaterfestivals entwickelt. Die<br />

Grundkonzeption war schon zu Beginn so<br />

gut überlegt, dass sie bis heute beibehal-<br />

ten wurde: Es geht um Theater und Tanz,<br />

alle Formen von Theater, vor allem spartenüberschreitend.<br />

Außerdem will die euro-scene<br />

Leipzig berühmte Künstler neben<br />

eher unbekannte zu stellen. Jedes<br />

Jahr kommen zwei bis drei europäische<br />

Größen. Bei den unbekannten Künstlern<br />

handelt es sich allerdings nicht um Laien,<br />

sondern um solche, die bereits einen ge-<br />

wissen Bekanntheitsgrad im eigenen<br />

Land haben. Natürlich besteht auch ein<br />

Anspruch an den inhaltlichen Aspekt der<br />

Stücke, die sozialkritische und gesellschaftlich<br />

brisante Themen auf die Bühne<br />

bringen sollen.<br />

<strong>anton</strong>: Die Stücke werden dann von<br />

Ihnen ausgewählt?<br />

Das ist richtig. Die Stücke wähle ich aus,<br />

aber ich lasse mir natürlich aus ganz Europa<br />

Hinweise geben. Wir haben auch einen<br />

künstlerischen Beirat, der aus fünf<br />

hoch-karätigen Fachleuten besteht. Seit<br />

einigen Jahren gibt es zudem die Carte<br />

blanche, bei dem ein Mitglied dieses Bei-<br />

rates ein Gastspiel entscheidet, dieses<br />

Jahr war es Sigrid Gareis, die Gründungs-<br />

direktorin ist und bis Juni 2009 künstlerische<br />

Leiterin des Tanzquartier Wien war.<br />

Insgesamt muss in der Stückauswahl<br />

auch eine Beschränkung bestehen um sich<br />

von anderen Festivals abzugrenzen und<br />

dem eigenen Konzept treu zu bleiben.<br />

<strong>anton</strong>: Gibt es so etwas wie einen<br />

typischen Tagesablauf während des<br />

Festivals?<br />

Für das Team dauert die Vorbereitung un-<br />

gefähr zwei Jahre. Der Festivalablauf an<br />

sich ist nur noch das i-Tüpfelchen, da ist<br />

schon fast alles getan. Die Praktikanten<br />

kommen 6 bis 2 Wochen vor Festivalbeginn<br />

dazu. Ohne diese würde die Vorführung<br />

des Festivals zusammenbrechen,<br />

denn zahlreiche Vorgänge laufen bei ihnen<br />

ab: Die Compagnien werden betreut,<br />

die Werbematerialien müssen verteilt und<br />

die technischen Einrichtungen in den Spiel-<br />

stätten begleitet werden. Hinzu kommen<br />

die tägliche Teamsitzung um 13 Uhr sowie<br />

die Abenddienste. Meist geht der Tag für<br />

die Praktikanten gegen 8 – 9 Uhr los und<br />

endet nach Mitternacht. Im Festivalcafé<br />

kann man schließlich nach der letzten Vor-<br />

stellung entspannen und mit den Künstlern<br />

plauschen, doch auch hier gilt es noch<br />

die eine oder andere Frage zu beantwor-<br />

ten oder überraschend auftretende Pro-<br />

bleme für den nächsten Tag zu klären. Je-<br />

der einzelne Praktikant vertritt das Festival<br />

nach außen, man muss Ruhe bewahren<br />

und schnell reagieren können. Man<br />

muss auch verschwiegen und diplomatisch<br />

sein, denn ein Theaterfestival hat<br />

mit verschiedenen Nationalitäten, unterschiedlichen<br />

Mentalitäten und verschiedenen<br />

Publikumsansprüchen zu tun. Und<br />

schließlich ist Theater keine Filmspule, al-<br />

les wird live von Menschen für Menschen<br />

gemacht, das ist sehr spannend. Bei der<br />

langen Vorbreitung bricht nach dem Festival<br />

eine gewisse Traurigkeit aus, ähnlich<br />

wie bei den Regisseuren nach dem Tag der<br />

Premiere.<br />

<strong>anton</strong>: Wie verhält es sich denn mit<br />

dem Publikum der euro-scene<br />

Leipzig? Sieht man da alljährlich<br />

viele bekannte Gesichter?<br />

Die gibt es tatsächlich. Ich kenne Leute,<br />

die seit 1991 in jedem Gastspiel sitzen,<br />

das ist toll. Es finden auch ganze Klassen-<br />

treffen in der Woche statt. Eine Gruppe<br />

aus Chemnitz kommt extra zur euro-scene<br />

Leipzig und trifft sich hier einmal im Jahr.<br />

Neben dieser Fan-Gemeinde kommen na-<br />

türlich jedes Jahr viele junge Leute, darunter<br />

auch zahlreiche Studenten. Es ist<br />

schön, dass die euro-scene Leipzig ein so<br />

weites Spektrum erreicht und auch Zuschauer<br />

anzieht, die sonst eher in die Oper<br />

oder ins Gewandhaus gehen.<br />

<strong>anton</strong>: Was erwartet uns auf der<br />

diesjährigen euro-scene Leipzig unter<br />

dem Motto ›Sonnenfinsternis‹?<br />

Das Festival trägt seit vielen Jahren ein<br />

Motto, am Anfang war das noch nicht so.<br />

Diesmal ergab sich das durch die Eröffnungsvorstellung,<br />

ein Tanzstück, welches<br />

ja den Namen ›Point of eclipse‹ trägt, ›Mo-<br />

ment der Verfinsterung‹. Dadurch bin ich<br />

darauf aufmerksam geworden, dass in vielen<br />

der ausgewählten Stücke die momen-<br />

tane Gefahr eine Rolle spielt, die aber<br />

auch wieder vorüber geht. Die Sonnenfins-<br />

ternis steht als Sinnbild für eine außerge-<br />

wöhnliche Situation, für Gefahr und Angst,<br />

das Geheimnis der Dunkelheit, doch auch<br />

für die Hoffnung auf neues Licht. Das jeweilige<br />

Motto jeder euro-scene Leipzig er-<br />

gibt sich eigentlich immer aus einer Reihe<br />

von Stücken, aber dass es direkt auf ein<br />

einzelnes Stück zurückzuführen ist wie<br />

dieses Jahr, geschieht eher selten.<br />

<strong>anton</strong>: Gibt es ein bestimmtes<br />

Stück, das für Sie dieses Jahr Ihr<br />

persönliches Highlight darstellt?<br />

30 31<br />

The Real World


The Real World<br />

euro-scene Leipzig<br />

3. – 8.11.2009<br />

Infos und Karten:<br />

www.euro-scene.de<br />

Mail: info@euro-scene.de<br />

Tel.: (0341) 980 02 84<br />

OKT / Oskaras Korsunovas<br />

Theatre, Vilnius<br />

›Hamletas‹ (›Hamlet‹)<br />

Inszenierung: Oskaras<br />

Korsunovas<br />

Foto: Dmitrij Matvejev<br />

Das ist eine ganz schwierige Frage, weil ja<br />

jedes ausgewählte Stück schon für sich<br />

ein Highlight ist. Das berühmte Cullberg<br />

Ballet aus Stockholm, unsere Festivaleröff-<br />

nung, ist natürlich ein Highlight, wie auch<br />

die ›Hamlet‹-Inszenierung des litauischen<br />

Regisseurs Oskaras Korsunovas, die erstaunlich<br />

nahe am Original bleibt und trotz-<br />

dem unsere Zeit wiederspiegelt, ohne das<br />

Shakespeare Stück an sich auf den Kopf<br />

zu stellen.<br />

<strong>anton</strong>: Ich habe gesehen, dass Julien<br />

Cottereau, der bereits vor zwei<br />

Jahren mit dem Stück ›Imagine-toi‹<br />

(Stell Dir vor) dabei war, auch dieses<br />

Jahr wieder mit dem gleichen Stück<br />

zu bestaunen ist.<br />

Das ist in anderer Form ein Highlight. Die-<br />

ses Stück von Julien Cottereau ist das ein-<br />

zige in 19 Jahren, das ein zweites Mal auf<br />

der euro-scene Leipzig gezeigt wird. Der<br />

Eigensinn<br />

Grund dafür ist, dass der Phantasie des<br />

Zuschauers die Hauptrolle zugedacht ist.<br />

Der Darsteller hat eine Aura, die einen<br />

in ihrer Schlichtheit absolut gefangen<br />

nimmt. Das Faszinierende daran ist, dass<br />

mit fast nichts, sprich ohne Bühnenbild,<br />

ohne Text und nur wenig Musik so viel im<br />

Theater zu erreichen ist. Er steht ganz allein<br />

auf der Bühne und zeigt eine Welt.<br />

Das schafft natürlich nur ein ganz großer<br />

Künstler.<br />

von Arthur Missa<br />

Am Deich von Frank Henschel<br />

Bedrückt schlich er um seine Tasche herum.<br />

Grau-grün, ausgebeult und an den ver-<br />

schiedensten Ecken zerfranst, hielt sie<br />

dennoch ihren bescheidenen Inhalt. Das,<br />

was von seinem Leben übrig war, passte<br />

in diese Stoffwurst mit Reißverschluss.<br />

»Geh. Bitte,« hatte sie ihn ohne jeden aggressiven<br />

Unterton am Frühstückstisch<br />

aufgefordert.<br />

Er hatte dem nichts entgegen zu setzen.<br />

Was auch? »Nein, ich bin doch dein Mär-<br />

chenprinz!«, „Wie kommst du darauf,<br />

Schatz?« oder wenigstens „Wohin denn?“<br />

Das ist ihr sowieso egal. Nur weg. Weg. End-<br />

lich weg mit ihm. Das musste sie sich in<br />

den letzten Wochen ständig gedacht haben.<br />

Kein Erfolg. Keine Ambitionen. Er<br />

schlief die meiste Zeit. Als ob er für irgend-<br />

etwas Kraft tanken müsste. Wie der Küchenschwamm<br />

in der Spüle lag er den gan-<br />

zen Tag herum, bereit benutzt zu werden,<br />

doch sonst ohne jeden Zweck. Und er fing<br />

an zu stinken.<br />

»Ein Küchenschwamm hat keine Eigeninitiative,«<br />

hatte er mal zu ihr gesagt, als sie<br />

schweigend am Tisch saßen. Sie hatte ihn<br />

angeschaut, als verstünde sie sofort, was<br />

er meinte, als wäre dieser Satz die Quintessenz<br />

seiner Persönlichkeit, und er hatte<br />

sie in diesem Moment endlich ausgesprochen.<br />

Wortlos war sie aufgestanden und<br />

unter die Dusche gegangen. Er war am<br />

Tisch sitzen geblieben, in seine Tasse star-<br />

rend, und hatte dem elektrischen Summen<br />

der Lampe gelauscht, bis es unerträglich<br />

geworden war und er sich mit dröhnendem<br />

Schädel auf die Couch gelegt hatte.<br />

Sie schliefen schon länger getrennt. Sie er-<br />

trug ihn nicht mehr neben sich. Wie ein<br />

Küchenschwamm. Er duschte kaum noch,<br />

trug dieselben Klamotten tagelang und<br />

mit ihnen die verschiedensten Gerüche.<br />

Es hätte ausgewrungen werden müssen,<br />

aber sie hatte keine Kraft mehr dazu. Jeden<br />

Morgen um 7 Uhr verschwand sie. Zur<br />

Arbeit, wie sie behauptete. Er traute ihr<br />

nicht. Meist kehrte sie erst zwischen 19<br />

und 20 Uhr zurück. Blass. Müde. Nicht zu<br />

einem Gespräch bereit. Dann schaute sie<br />

ihn nur mitleidig an, vielleicht etwas vorwurfsvoll,<br />

doch sagte sie nie ein böses<br />

Wort. Bis heute morgen.<br />

»Geh. Bitte.«<br />

Er war gegangen. Hatte seine paar Habse-<br />

ligkeiten in die verranzte Tasche geworfen,<br />

sie noch um 20 Euro gebeten, die sie ihm<br />

widerspruchslos und fast hektisch, erleich-<br />

tert aus dem Portemonnaie suchte.<br />

Jetzt stand er am Busbahnhof. Es war 11<br />

Uhr, Sonntag, 4. März. Nebel und fieseli-<br />

ger Regen ließen die Umgebung nur sche-<br />

menhaft im Verschwommenen auftauchen.<br />

Kühl-feucht zerrte der Wind aus stän-<br />

dig wechselnder Richtung an seiner zusam-<br />

mengefallen Gestalt. Ihm tränten die Augen,<br />

ohne dass er jedwedes Gefühl der Trau-<br />

er oder Reue empfand, nur wegen des Win-<br />

des.<br />

Er wollte zum Hafen. Ein Schiff, ein Tanker,<br />

eine Plattform. Wo keiner Fragen stellte<br />

und die anderen Arbeiter ihn in ihrem Kau-<br />

derwelsch aus Englisch, Französisch, Viet-<br />

namesisch, Polnisch, Portugiesisch, Unga-<br />

risch unbehelligt ließen.<br />

Der Bus fuhr vor, der Fahrer sah ihm erst<br />

verwundert, aber dann verständnisvoll<br />

und gleichgültig zugleich ins Gesicht, als<br />

er die Fahrkarte herausgab. Er war allein<br />

und der rollende Kasten wand sich geschmeidig<br />

durch die engen Straßen und<br />

über die schmalen Deiche. Links und<br />

rechts öffneten sich seinen Augen nur<br />

Äcker und Wiesen, überzogen von schlam-<br />

migen Pfützen, von Windkraftanlagen in<br />

einer Art Raster geordnet.<br />

Als der Bus ihn entließ, hatte der Wind ab-<br />

geflaut.<br />

»Von hier müssn’se noch so zehn Minuten<br />

die Straße da runter,« hatte ihm der Fahrer<br />

erklärt, ohne einen Grund für die Un-<br />

sinnigkeit anzuführen, eine Linie zum Ha-<br />

fen eingerichtet zu haben, aber diese nicht<br />

bis zum Endpunkt zu bedienen.<br />

Er schlich auf einem kleinen Weg am<br />

Straßenrand entlang, immer wieder<br />

Modder und Schlammpfützen ausweichend.<br />

Rechts von im verlief ein mächtiger,<br />

grasbewachsener Deich, in regel-<br />

mäßigen Abständen von Zäunen durchbrochen,<br />

die Weidezonen für Schafe von-<br />

einander abgrenzten. Links fiel das flache<br />

Land ab, auf dem der feuchte Dunst ers-<br />

ten Sonnenstrahle weichen musste. Die<br />

vereinzelten Bäume wirkten, wie einem<br />

mächtigen Sturm trotzend, obwohl kaum<br />

mehr ein Lüftchen zu spüren war. Die<br />

ständigen Böen von der See hatten ihre<br />

Kronen und Stämme gen Südost gedrückt,<br />

sie hatten sich der stärkeren<br />

Macht beugen müssen. So aber konnten<br />

sie sich die eine Seite umso mehr von<br />

der Sonne bescheinen lassen.<br />

Auch er spürte nun die warmen Strahlen<br />

im Gesicht.<br />

32 33<br />

Eigensinn


Eigensinn<br />

Rätsel<br />

ausgetüftelt von Johanna Puchta<br />

34<br />

Waagerecht:<br />

1. Beim Fußball: Des einen<br />

Freud, ist des anderen Leid<br />

2. Klassischer Ort in der Nähe<br />

von Leipzig<br />

3. Schlimme Klausur oder<br />

Nachricht, auch ein Werkzeug<br />

4. Auf der Mauer, auf der …<br />

5. Ältestes Gemäuer, in dem<br />

sich Leipziger Studenten<br />

so herumtreiben<br />

6. Mittelalterliches Wort<br />

für Verhaltenskritik<br />

7. Lat.: Ort<br />

8. Leipzigs Nachbarstadt<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

9. Zur Klasse der Reptilien<br />

gehöriges Tier<br />

10. Laubbaum der Birkengewächse<br />

11. Ostafrikanischer Binnenstaat<br />

12. Kleinste Vertreterin der Rabenvögel<br />

13. Frauenname<br />

14. Krankheitserreger, der Menschen<br />

und Computer gleichermaßen<br />

befällt<br />

15. Note, die jeder gerne bekommt<br />

16. Sächsische Residenzstadt<br />

17. Mittelalterlicher Volksheld, dem<br />

sogar ein Lied gewidmet wurde<br />

3 19 20 4<br />

1<br />

5 23 24<br />

18 7<br />

Senkrecht:<br />

8 21<br />

9<br />

10<br />

11 12 25 27<br />

16<br />

14<br />

17<br />

8. Zufluchtsort, besonders<br />

untertags für Kinder<br />

18. Mediterrane, lorbeerartige Pflanze<br />

19. Anerkannte Handlungsmuster<br />

und Wertvorstellungen in<br />

einer Gemeinschaft<br />

20. Nicht sie<br />

21. Abgleiten von Erd- und<br />

Gesteinsmassen<br />

1. Erdzeitalter und Dreiergespann<br />

bei den alten Römern<br />

22. Arbeitseinheiten, die sich<br />

Studenten gerne vornehmen<br />

und am Ende meistens doch<br />

nicht einhalten<br />

7. Kulinarische Spezialität Leipzigs<br />

23. Kohlkopf, noch ziemlich grün<br />

hinter den Ohren<br />

4. Häufige Zutat für eine Quiche<br />

24. Antiquiert für ›Party‹<br />

25. Mittelalterlicher Vorläufer des<br />

modernen Diplomaten<br />

26. Staat im nordöstlichen Afrika,<br />

grenzt an das Rote Meer<br />

27. Metall und chemisches Element<br />

28. Glücklicher Sohn der Stadt Leipzig<br />

29. Laut Ferdinand Tönnies trägt jeder<br />

von uns gleich mehrere davon<br />

2 26 28 29<br />

6<br />

13<br />

15<br />

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Chefredaktion: Maja Neumann, Johanna Puchta<br />

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Gastautoren: Andreas Möllenkamp, Thomas Seifert<br />

Finanzen: Juliane Scholz, Maria Jakob<br />

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Rätsellösung<br />

Waagerecht: 1. Tor 2. Weimar 3. Hammer 4. Lauer 5. Moritzbastei<br />

6. Tadel 7. Locus 8. Halle 9. Echse 10. Erle 11. Ruanda<br />

12. Dohle 13. Ilona 14. Virus 15. Eins 16. Dresden 17. Roland<br />

Senkrecht: 1. Trias 7. Lerche 8. Hort 4. Lauch 18. Oleander<br />

19. Moral 20. er 21. Erdrutsch 22. Tagespensen 23. Broccoli 24. Sause<br />

25. Herold 26. Eritrea 27. Eisen 28. Mendelssohn 29. Rolle<br />

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