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Elfenbeinturm<br />
Absolventen- und Förder<br />
verein der Leipziger<br />
Kulturwissenschaften:<br />
www.cultura-leipzig.de<br />
Myspace Seite der<br />
Bands:<br />
www.myspace.com/<br />
pedromountainsmummy<br />
und<br />
www.myspace.com/<br />
kosmodromleipzig<br />
stellen kann, verbrannt zu werden, wer<br />
eine Erdbestattung des eigenen Körpers<br />
vorzieht und wessen Großtante wie begra-<br />
ben wurde – aber bei einer so intimen und<br />
netten Runde von meistens um die fünf<br />
Studenten plus Seminarleiterin ist man<br />
wohl automatisch schnell bei einem solchen<br />
Erfahrungsaustausch. Viele Meinungen,<br />
viele Vermutungen, wenig Fakten<br />
und wenig Theorie, dafür immer wieder Ent-<br />
deckungstouren gerade in die kurioseren<br />
Spielarten der Bestattungskultur, wie die<br />
der schwarzen Diamanten aus Asche, der<br />
virtuellen Friedhöfe im Internet oder der<br />
Rasenbestattung auf dem HSV-Fanfriedhof.<br />
Höhepunkt war unsere Exkursion auf den<br />
Südfriedhof. Albert Graichen, der Leiter<br />
der Abteilung Friedhöfe der Stadt Leipzig,<br />
nahm sich mehrere Stunden Zeit, um uns<br />
die Gemeinschaftsgräber und das Krema-<br />
torium zu zeigen. Für Graichen ist der Fried-<br />
hof ein Produkt, das es zu vermarkten<br />
gilt – und es war hochinteressant, zu er-<br />
fahren, welche Grabanlagen am schnells-<br />
ten ausgebucht sind, für welche sich die<br />
Kunden kaum interessieren und wie die<br />
Macher des Friedhofs versuchen, eine<br />
Brücke zwischen immer individuelleren<br />
Kundenwünschen und der immer noch<br />
recht rigorosen deutschen Friedhofsordnung<br />
zu schlagen. Das Detail-Highlight<br />
der Führung: Zu DDR-Zeiten herrschte<br />
akuter Baummangel, und so konnte die<br />
Hauptachse des Friedhofs erst nach<br />
1989 vollständig mit Nadelhölzern bepflanzt<br />
werden. So kommt sie mittlerweile<br />
schön einheitlich daher, und ist – gemeinsam<br />
mit den Gräberfeldern zur Rechten<br />
und zur Linken und dem eindrucksvollen<br />
Krematorium – eine ehrliche Empfehlung<br />
für eine Entdeckungstour, sollte man einen<br />
Nachmittag Zeit haben.<br />
Kulturwissenschaftler<br />
können alles<br />
Rückblick auf den KuWi-Tag am<br />
6.6.2009 im Kultiviert Anders! e.V.<br />
von Juliane Scholz<br />
Wenn die Uni 600. Jubiläum feiert, bege-<br />
hen dies natürlich auch die Kulturwissen-<br />
schaften (no gender, aber natürlich die sind<br />
Frauen hier inbegriffen). Im lauschigen<br />
›Kultiviert Anders!‹ in Plagwitz wollten die<br />
Organisatoren des Kuwi-Tages den Spa-<br />
gat zwischen Alumnitreffen, informativen<br />
Podien, Konzert und Party bewältigen.<br />
Man kann vorausschicken, dass dies dem<br />
ehrenamtlich arbeitenden Team bestehend<br />
aus Nadine Weise, Matthias Rosen-<br />
dahl, Andreas Möllenkamp und Juliane<br />
Scholz trefflich gelungen ist. Trotz regnerischen<br />
Wetters trafen ab 15 Uhr immer<br />
mehr Interessierte und ehemalige Studenten<br />
der KuWi im Wohnzimmereckclub<br />
ein. Nach Begrüßungssekt und kurzem<br />
Plausch folgte die gut besuchte Podiumsdiskussion,<br />
in der Prof. Ute Kösser, Dr.<br />
Harald Homann und Stura-Sprecher Sven<br />
Deichfuß sich mit der Vergangenheit, Ge-<br />
genwart und Zukunft der Leipziger Kultur-<br />
wissenschaften auseinandersetzen. Differenziert<br />
und ohne ein früher-war-allesbesser<br />
wurde ausgeteilt aber auch Gutes<br />
am BA-System und das familiäre Flair und<br />
gute Klima des interdisziplinären Institutes<br />
gelobt. Diskussion gab es im Wesent-<br />
lichen über die Umsetzung des Bologna-<br />
Prozesses, die insbesondere von Sven<br />
Deichfuss kritisiert wurde. Das Institut sei<br />
sich aber der misslichen Situation bewusst<br />
und möchte in einem gemeinsamen<br />
Diskussionsprozess die Lage der Stu-<br />
dieren verbessern, verweist aber zu recht<br />
auf die mangelhafte personelle Ausstattung.<br />
Die zweite Gesprächsrunde setzte sich<br />
mit den Berufsaussichten und der Situation<br />
von Kulturwissenschaftlern auf<br />
dem Arbeitsmarkt auseinander. Moderator<br />
Matthias Rosendahl (Cultura e.V.) berichtete<br />
einleitend über die vielfältigen<br />
Arbeitsfelder von Leipziger Kulturwissen-<br />
schaftlern und stellte zugleich eine empi-<br />
rische Studie vor, die den Leipziger Kulturwissenschaftlern<br />
breite Tätigkeitsfelder<br />
in diversen Branchen bescheinigte. Von<br />
Wissenschaft, über Kulturbetriebe, Kultur-<br />
verwaltung oder PR-Branche: Kulturwis-<br />
senschaftler scheinen das alles zu beherrschen.<br />
Dieses weite berufliche Spektrum<br />
wurde auch in der Podiumsdiskussion<br />
mit Doktorandin Monika Nachtwey<br />
(wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich<br />
Kulturphilosophie), Melanie Böhme<br />
(Marketingassistentin bei Nintendo of Eu-<br />
rope und freiberufliche Projektmanagerin<br />
einer Konzertagentur) sowie Marco<br />
Karthe (Doktorand und stellvertretender<br />
Pressesprecher in der Stiftung Schloss<br />
Friedenstein in Gotha) deutlich. Auffällig<br />
war, dass Melanie Böhme nicht direkt<br />
nach dem Studium eine Stelle ergattern<br />
konnten, sondern sich innerhalb einer ein-<br />
jährigen Bewerbungsphase die berufliche<br />
Perspektive der Absolventin erst ge-<br />
schärft und fokussiert hatte. Mario Karthe<br />
hatte hingegen schon seine Studienwahl<br />
auf spätere Tätigkeiten in der Öffent-<br />
lichkeitsarbeit, Kunstgeschichte und in<br />
Museen ausgerichtet. Seit seinem Haupt-<br />
studium sei er im Förderverein des Gohliser<br />
Schlösschens aktiv gewesen und en-<br />
gagierte sich, dessen endgültige Schließung<br />
abzuwenden. Seit Mai 2008 arbeitet<br />
Karthe in Gotha als Museumspädagoge,<br />
im Besucherservice sowie in der Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Monika Nachtwey berich-<br />
tete zuerst von ihren Umwegen während<br />
der Studienzeit, die mit Anglistik und Ge-<br />
schichte auf Lehramt begann und über<br />
die Germanistik schließlich als Querein-<br />
steigerin zum Hauptfach Kulturwissen-<br />
schaften führte. Der Wunsch zur Promotion<br />
und weiteren wissenschaftlichen Quali-<br />
fikation wurde nun von Problemen der<br />
Finanzierung der Dissertation begleitet.<br />
Nachtwey bewarb sich um Stipendien und<br />
bekam schließlich eine Stelle als wissen-<br />
schaftliche Hilfskraft beim DAAD und<br />
nach anderthalb Jahren schließlich eine<br />
halbe wissenschaftliche Qualifikations-<br />
stelle beim Institut für Kulturwissenschaf-<br />
ten am Lehrstuhl Kulturphilosophie. Auf<br />
die Frage warum sie den Studiengang<br />
KuWi gewählt habe, antwortete Melanie<br />
Böhme dies sei reines Ausschlussprinzip<br />
gewesen, da sie BWL und Anderes beim<br />
Studienstart nicht interessiert habe, obwohl<br />
sie die späteren Berufsperspektiven<br />
und Tragweite des KuWi-Studiums erst<br />
im Hauptstudium und während der Praktika<br />
im ›Werk II‹ und ›Goethe-Institut‹ genau<br />
abzuschätzen vermochte. Nachtwey<br />
hingegen hätte wegen ihrer Erfahrungen<br />
in anderen Studiengängen genügend Zeit<br />
gehabt, sich mit der Bandbreite des Ku-<br />
Wi-Studiums auseinander zu setzten und<br />
zu wissen was sie innerhalb des intersdisziplinären<br />
Instituts erwartet.<br />
Die Zeit nach dem Abschluss empfanden<br />
die drei Alumni als neue Herausforderung,<br />
die viel Eigeninitiative bedurfte. Ob Bewer-<br />
bungen, Broterwerb, Projektarbeit, Kultur-<br />
politik: Die Übergangszeit zum ersten Job,<br />
ohne konkrete Zukunftsaussichten, erleb-<br />
ten alle als Vorlauf für die spätere Berufs-<br />
praxis und nutzten sie zum Aufbau von<br />
Netzwerken. Karthe betont, dass es für<br />
Studenten besonders wichtig sei sich<br />
schon während des Studiums durch Prak-<br />
tika und Nebenjobs ein gewisses Profil<br />
zuzulegen. Rarer gesät seien Stellen inner-<br />
halb der Lehre und Forschung wie Nachtwey<br />
berichtet. Während des Studiums<br />
habe sie sich auf die Pflichtpraktika und<br />
eine Stelle als studentische Hilfskraft in<br />
der Uni-Verwaltung beschränkt, denn sie<br />
sah und sieht sich sich selbst eher als<br />
theoretisch denn praktisch veranlagten<br />
Menschen. Abschließend plädierte die<br />
Doktorandin dafür, eigene Interessen und<br />
Ziele zu verfolgen und alles aus tiefster<br />
innerer Überzeugung zu tun, um erfolgreich<br />
sein zu können.<br />
Diese drei unterschiedlichen Werdegänge<br />
würden auch durch Studien belegt, so Moderator<br />
Rosendahl. Diese besagen, dass<br />
Geistes- und Sozialwissenschaftler in<br />
Deutschland durchschnittlich zwei Jahre<br />
bis zur ersten Zeit für Jobsuche brauchen,<br />
wohingegen Ingieneure nur vier Monate<br />
Zeit bis zu ihrem ersten Arbeitsvertrag<br />
nach dem Universitätsabschluss benötigen.<br />
Erfahrungen in der ›freien‹ Wirtschaft<br />
hat Melanie Böhme vorzuweisen. Sie ist<br />
der Auffassung, Nintendo habe sie ausgewählt,<br />
da sie nötige Softskills und Flexibilität<br />
besitze, also insbesondere Japanisch<br />
und Englisch spreche und es im<br />
Endeffekt nicht darauf ankam, welchen<br />
Studiengang genau sie abgeschlossen<br />
habe. Die Projektmanagerin fasst zusam-<br />
men, dass der Vorteil der Geistes- und<br />
Sozialwissenschaftlern in der Fähigkeit<br />
bestehe, sich in neue Aufgaben schnell<br />
einzuarbeiten und einzufühlen zu können.<br />
Korthe fügt hinzu, dass man über den Tel-<br />
lerrand hinausschauen solle und zukünftig<br />
in Kulturbetrieben diverse Bereiche<br />
abdecken müsse.<br />
Es folge die feierliche Verabschiedung der<br />
KuWi-Absolventen und die Verleihung eines<br />
Preises an die jeweils besten Abschlussarbeiten<br />
aus den Bereichen Kul-<br />
turphilosophie und Ästhetik, Vergleichende<br />
Kultur- und Gesellschaftsgeschichte<br />
und Kultursoziologie. Die Arbeiten der<br />
14 15<br />
Elfenbeinturm<br />
Das ›kultiviert Anders!‹.<br />
Tolle Location von<br />
KuWis in Eigenregie<br />
betrieben, neu dabei das<br />
Filmquiz jeden zweiten<br />
Donnerstag. Gesucht<br />
dringend neue feste Mitarbeiter<br />
und Leute mit<br />
Herzblut, die den Betrieb<br />
weiterführen wollen,<br />
ansonsten ist Ende dieses<br />
Jahres leider<br />
Schluss! Offenes Treffen:<br />
jeden 1. Montag im<br />
Monat, 20 Uhr.<br />
www.kultiviertanders.de