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The Real World<br />
in der Woche dort gearbeitet. In speziel-<br />
len Phasen, wenn sehr viel zu tun war, war<br />
ich auch öfter bzw. länger dort.<br />
<strong>anton</strong>: Liefen besondere Projekte<br />
während deiner Zeit dort?<br />
Es gab Projekte am laufenden Band. Dass<br />
es so viele kurz hintereinander waren, war<br />
nicht selbstverständlich, für mich aber<br />
großes Glück, weil ich ein sehr breites<br />
Spektrum der Arbeit im Bereich Kulturver-<br />
mittlung miterleben konnte. Angefangen<br />
hat es mit dem Bachprojekt, bei dem Gym-<br />
nasialschüler ein Theaterstück mit Musik-<br />
elementen aufgeführt haben. Das hat des-<br />
halb besonders viel Spaß gemacht, weil<br />
ich spontan selbst in dem kleinen Orches-<br />
ter Geige mitspielen durfte und einfach<br />
mittendrin war.<br />
Gegen Ende des Praktikums habe ich<br />
beim Echo-Projekt die Assistenz übernom-<br />
men. Das Echo-Projekt war ein kreatives<br />
Musikprojekt mit zwei Schulklassen, die<br />
in Workshops selbst Musik komponiert<br />
und sie dann zusammen mit Gewandhaus-<br />
musikern aufgeführt haben. Ich war an al-<br />
len Phasen des Projektes beteiligt. Anfangs<br />
habe ich meine Chefin vor allem bei<br />
Terminen mit den Beteiligten begleitet<br />
und konnte sehen, wie die verschiedenen<br />
Ideen zusammenflossen und das Projekt<br />
langsam Gestalt annahm. Später, in der<br />
Endphase und am Konzerttag selbst, be-<br />
deutete die Assistenzarbeit einfach, Mäd-<br />
chen für alles zu sein. Ich war Ansprechpartnerin<br />
für jedermann und habe von der<br />
Gruppenbetreuung bis zum Beschaffen eines<br />
fehlenden Notenständers von irgend-<br />
wo aus dem Haus her alle anfallenden Auf-<br />
gaben übernommen. Diese letzte Phase<br />
war sehr anstrengend, aber auch besonders<br />
schön. Gerade in diesem Projekt kam<br />
von den Kindern sehr viel Begeisterung,<br />
Zustimmung und Freude zurück.<br />
<strong>anton</strong>: Hat dir das Praktikum etwas<br />
für dein Studium gebracht? Hast<br />
du etwas Besonderes dabei gelernt?<br />
Für mein Studium hat mir das Praktikum<br />
nicht unbedingt was gebracht. Umgekehrt<br />
eher: Sich schnell in neue Themen hinein-<br />
arbeiten zu können und darüber dann einen<br />
Vortrag zu halten – wie wir es eben<br />
in der Uni gelernt haben, war sehr wichtig<br />
für meine Arbeit im Gewandhaus.<br />
Sonst habe ich Dinge gelernt, die eher<br />
indirekt wichtig sein werden: Die Fähigkeit,<br />
vieles parallel im Kopf zu behalten<br />
und immer den neusten Stand jedes Projektes<br />
abrufen zu können. Schnell und<br />
flexibel Lösungen für plötzlich auftauchende<br />
Probleme zu finden – irgendwas<br />
passiert ja immer! Außerdem habe ich<br />
gelernt, gute, übersichtliche Pläne zu erstellen<br />
und mit viele Kenntnisse über diverse<br />
Musikinstrumente angeeignet …<br />
Für mich persönlich habe ich besonders<br />
durch den Umgang mit vielen unterschied-<br />
lichen Menschen sehr viel mitgenommen.<br />
<strong>anton</strong>: Hast du noch<br />
Kontakt zu den Leuten dort?<br />
Ja, zu meiner Chefin. Die anderen sehe ich<br />
meistens, wenn ich ins Konzert gehe.<br />
<strong>anton</strong>: Kannst du das Praktikum<br />
weiter empfehlen?<br />
Ich kann auf jeden Fall ein Praktikum im Ge-<br />
wandhaus empfehlen. Allerdings wird es<br />
den Praktikumsplatz in der Musikvermittlung<br />
in dieser Form leider nicht mehr geben.<br />
Das Gewandhaus bietet aber viele<br />
Vollzeitpraktika über einen längeren Zeitraum<br />
an – allerdings ohne Bezahlung. Ob<br />
dieses Angebot von Studierenden wahrgenommen<br />
werden kann, da bin ich mir<br />
nicht so sicher.<br />
mephisto 97.6<br />
– story of an insider<br />
»Guten Abend, Sie hören mephisto 97.6<br />
und ich begrüße Sie herzlich<br />
zu einer Stunde Lauschangriff.«<br />
von Maria Kaduk<br />
Es ist Montag Abend, Zeit für ›Radiokunst‹<br />
bei mephisto 97.6, dem Lokalradio der Uni<br />
Leipzig, es läuft der Lauschangriff, die Hör-<br />
spiel-, Feature- und Themensendung. Seit<br />
gut einem Semester leite ich nun dieses<br />
Ressort und manchmal frage ich mich<br />
noch immer, wie es eigentlich dazu gekom-<br />
men ist.<br />
Ich studiere seit dem Wintersemester<br />
2007 in Leipzig, und habe es erfolgreich<br />
geschafft mephisto 97.6 ein Jahr lang zu<br />
ignorieren. Im letzten Wintersemester jedoch<br />
ist mir der Sender dann doch mal<br />
über den Weg gelaufen.<br />
Der Werbeaktion für das Schnupperwochenende<br />
in der Kultursoziologie Vorlesung<br />
konnte ich trotz Zuspätkommens<br />
nicht entgehen. Ich habe mich einfach an-<br />
gemeldet, ein bisschen Ehrgeiz kann ja<br />
schließlich nicht schaden. »Wenn’s doof<br />
wird, kann ich ja immer noch gehen«, dach-<br />
te ich mir.<br />
So fand ich mich dann Anfang November<br />
an einem Samstagmorgen in der Ritterstraße<br />
wieder, wurde mit Brötchen und<br />
Getränken ruhig gestellt und hörte mir<br />
Infos über den Sender an.<br />
Das erste Mal auf Sendung ging mephisto<br />
97.6 am 31. Mai 1995 um 18 Uhr. Seit-<br />
dem gibt es jede Woche von 10 – 12 Uhr<br />
und von 18 – 20 Uhr studentisches Radio<br />
in Leipzig auf der Frequenz 97.6, die es<br />
sich mit R.SA teilt.<br />
Täglich laufen die Sendungen ›Faustschlag‹<br />
und ›Direkt‹. ›Faustschlag‹ ist das<br />
Vormittagsmagazin bei mephisto 97.6,<br />
mit lokaler Kultur und Politik, Sport und<br />
alles was am Morgen sonst noch interes-<br />
sant zu hören ist.<br />
Abends folgt um 18 Uhr ›Direkt‹, zu hören<br />
sind tagesaktuelle Informationen aus<br />
Leipzig, und um 19 Uhr folgen die vierten<br />
Stunden, montags der ›Lauschangriff‹,<br />
Dienstag der ›Kultstatus‹, Mittwoch ›M19‹<br />
– das lange Interview, Donnerstag der<br />
›Tonleiter‹ und am Freitag der ›Nachschlag‹<br />
– der satirische Wochenrückblick.<br />
mephisto 97.6 ist in erster Linie ein Ausbildungsradio,<br />
das heißt, wir werden aus-<br />
gebildet und bilden aus. Das Prinzip Erfahrener-Mitarbeiter-bildet-neuen-Mitarbeiter-aus<br />
wird ergänzt durch diverse<br />
Seminare, in denen man genaueres über<br />
die Radioarbeit lernen kann.<br />
Aber zurück zum Schnupperwochenende.<br />
Ich blieb erstmal skeptisch, das kann nie<br />
schaden. Aber schon im Laufe des ersten<br />
Vormittags, als ich die Aufgaben, die man<br />
mir gestellt hatte, erledigte, wurde meine<br />
Begeisterung entfacht.<br />
Ich durfte einen Beitrag zusammen schnei-<br />
den – etwas von dem ich nie gedacht hät-<br />
te, dass ich es kann – vor allem nicht innerhalb<br />
von vier Stunden.<br />
Inzwischen stehe ich total auf unser<br />
Schnittprogramm, am besten sind eigent-<br />
lich die Ganzen verrückten Dinge die man<br />
damit anstellen kann, das hat etwas von<br />
Experimentalkästen für Große.<br />
Ich beschloss also, da erstmal mit zu ma-<br />
chen, freie Mitarbeit nennt man das.<br />
Zu dem Zeitpunkt wusste ich, wie man den<br />
Rechner bedient, die Mikros richtig hält<br />
und in das Mikro im Aufnahmestudio<br />
spricht – mehr nicht. Ich wusste noch nicht<br />
mal richtig, was die anderen komischen<br />
Menschen dort im Sender eigentlich mach-<br />
ten. Es war für mich relativ schwierig, mich<br />
in die dort bestehende Struktur herein zu<br />
finden, was auch dementsprechend lange<br />
gedauert hat.<br />
Merkwürdig war dann auch, dass ich nach<br />
meinen ersten drei Beiträgen gleich die Re-<br />
ssortleitung des ›Lauschangriffs‹ angebo-<br />
ten bekam. Nun, ich denke nach wie vor,<br />
dass ich eine Art Notlösung war, weil sich<br />
kein anderer gefunden hat. Aber es war<br />
eine Herausforderung, die ich nur zu gerne<br />
angenommen habe.<br />
Wie genau sieht die Arbeit bei mephisto<br />
97.6 nun eigentlich aus? Radio machen,<br />
wie läuft das? Ich habe früher beim Hören<br />
ehrlich gesagt nie drüber nachgedacht,<br />
wie so ein Beitrag entsteht, wie die Struk-<br />
tur für eine Sendung aussehen muss oder<br />
wie man professionell spricht.<br />
Ich für meinen Teil arbeite im »Lausch-<br />
angriff – der Hörspiel-, Feature- und The-<br />
mensendung bei mephisto 97.6«. Diesen<br />
Satz kann ich auswendig, da ich ihn jede<br />
Woche mindestens einmal in irgendein<br />
Mikro spreche, um meine Sendung anzu-<br />
teasen!<br />
›Sendung haben‹ heißt eine ganze Stunde<br />
muss ›gefüllt‹ werden, mit Beiträgen und<br />
Musik, das bedeutet, dass man mindestens<br />
30 Minuten Wortbeiträge produzieren<br />
muss. Ebenso heißt ›Sendung haben‹,<br />
dass Moderationen geschrieben und Sen-<br />
deablaufpläne erstellt werden müssen,<br />
ebenso wie die Playlist und Internetartikel<br />
zu den jeweiligen Beiträgen.<br />
28 29<br />
The Real World<br />
Mephisto 97.6<br />
Moderator<br />
Thielko Grieß<br />
im Studio –<br />
er moderierte<br />
Mias erste<br />
Lauschangriff-<br />
Sendung