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Elfenbeinturm<br />
sehr wohl fühle. Aber momentan denke<br />
ich darüber noch nicht nach. Gerade denke<br />
ich erst mal daran die Arbeit zu schreiben.<br />
<strong>anton</strong>: Wie weit sind Sie denn mit<br />
der Promotion?<br />
Noch am schreiben. Ich sitze am ersten<br />
Kapitel. Drei sollen es insgesamt werden.<br />
Es ist also noch einiges zu tun. Danach<br />
werde ich sehen was ich machen möchte.<br />
<strong>anton</strong>: Aber Sie möchten schon in die<br />
Lehre gehen?<br />
Es macht mir großen Spaß und ich könnte<br />
mir das gut vorstellen. Aber man muss<br />
sich zunächst ja auch wissenschaftlich<br />
profilieren und dann sehen was man wei-<br />
ter machen kann. Meine Lebenserfahrung<br />
zeigt, dass es immer etwas kommt. Ich<br />
bin da offen und nicht auf etwas festgelegt.<br />
<strong>anton</strong>: Aber bei der Philosophie<br />
möchten Sie schon bleiben?<br />
Die Verbindung zwischen Kulturphilosophie<br />
und Semiotik ist schon etwas sehr<br />
spannendes und zudem noch wenig erforscht.<br />
Da gibt es noch so viele Möglichkeiten.<br />
Wie weit ich dabei mit meiner Arbeit<br />
noch komme, wird sich weisen.<br />
<strong>anton</strong>: Was bedeutet aus Ihrer<br />
Perspektive ›Kultur‹?<br />
Da muss ich überlegen. Es gibt viele Kulturbegriffe<br />
und der Begriff der bei uns zugrunde<br />
liegt, ist der der natura altera, der<br />
sowohl Lebenswelt als auch Lebensweisen<br />
des Menschen umfasst. Insofern kann<br />
man sagen, dass alles was der Mensch<br />
hervorgebracht hat Kultur ist. Was mich<br />
daran interessiert, ist, wie wir uns den Zu-<br />
gang zu Kultur herstellen. Und da leisten<br />
wieder Zeichen und Symbole die entschei-<br />
dende Funktion. Immer wenn wir etwas<br />
wahrnehmen, haben wir bereits interpre-<br />
tiert und es mit einer Bedeutung verse-<br />
hen. Das ermöglichen uns Zeichen und<br />
symbolische Formen als Medien. Und an<br />
diesem Prozess des Verstehens von et-<br />
was und damit des Aneignens von Kultur<br />
bin ich aus zeichen- und symboltheo-<br />
retischer Perspektive interessiert.<br />
<strong>anton</strong>: Sie haben letztes Semester<br />
ein Filmprojekt gemacht. Wie kam es<br />
denn dazu?<br />
Ich hatte im Semester zuvor ein Seminar<br />
zu Peirce und seiner Zeichentheorie angeboten.<br />
Eine Studentin wies mich darauf<br />
hin, dass es zu Juri Lotman, einem Semio-<br />
tiker, einen Film gäbe. Es ist ganz spontan<br />
die Idee entstanden auch eine Film zu Peirce<br />
zu machen. Aus dieser fixen Idee ist<br />
dann ein konkretes Projekt geworden.<br />
<strong>anton</strong>: Schulfernsehen?<br />
Nein, wir wollten keinen Lehrfilm machen.<br />
Wir wollten uns mit den Theorien beschäftigen<br />
und Verbindungen zur Alltagswelt<br />
aufzeigen. Wir wollten Theorie gerne<br />
lebendig werden lassen. Es ist etwas sehr<br />
kreatives geworden, ein freier Umgang mit<br />
der Theorie.<br />
Zunächst hatte ich Bedenken ob wir auch<br />
den technischen Aspekt des Filmprojekts<br />
hinbekommen, da ich keine Kameraführung,<br />
Schnitttechnik etc. beherrsche.Aber<br />
es hat sich alles ergeben und ein sehr<br />
engagiertes Team gefunden. Es hat alles<br />
immer reibungslos geklappt. An sich<br />
fand ich dieses Projekt sehr sinnvoll,<br />
da man sich wirklich mit den Theorien<br />
beschäftigt und sie verstanden haben<br />
muss, um sie umsetzen zu können.<br />
Anfang des Semesters wollen wir den Film<br />
auch gerne im Institut zeigen. Momentan<br />
sind wir noch beim Schnitt.<br />
<strong>anton</strong>: Würden Sie so ein Seminar<br />
wieder anbieten?<br />
Das kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht<br />
nicht sofort, aber es war eine sehr gute<br />
Erfahrung. Das nächste mal dann vielleicht<br />
ein Seminar über zwei Semester, da<br />
hätte man genug Zeit.<br />
<strong>anton</strong>: Das wäre doch schön!<br />
Was machen Sie denn neben der<br />
theoretischen Arbeit in der Uni?<br />
Ganz wichtig neben der Arbeit am Schreib-<br />
tisch ist für mich Sport. Ich gehe joggen<br />
und Tango tanzen. Dabei kann man wunderbar<br />
abschalten. Den körperlichen Aus-<br />
gleich muss man sich einfach schaffen.<br />
Und Basketball spiele ich auch noch gerne.<br />
Ich kann auch mal ohne Bücher.<br />
Der Club der toten<br />
Soziologen<br />
Seminarrezension Bestattungskultur<br />
Von Maria Jakob<br />
Ich habe im Seminar viel gefehlt, will noch<br />
eine Hausarbeit abgeben und die Seminarleiterin<br />
ist eine mir äußerst sympathische<br />
Person. Keine guten Voraussetzungen,<br />
um diese Seminarrezension zu einem<br />
Verriss zu machen. Aber das hätte so ein<br />
interessant entspanntes Seminar wie das<br />
zu ›Bestattungskultur: Individualisierung<br />
oder Anonymisierung‹ bei Nicole Sachmerda-Schulz<br />
auch einfach nicht verdient.<br />
Banal, aber es ist so: Jeder Mensch stirbt<br />
irgendwann einmal, und so muss jede<br />
Gesellschaft mit dem Tod umgehen und<br />
umfasst ihn mit Gebräuchen, Riten, und<br />
Glaubenssätzen. Wie das passiert und<br />
mit welchen Bedeutungen Sterben belegt<br />
wird, lässt sich passabel erforschen.<br />
Im Fokus des Seminars stand der Wandel<br />
der Bestattungskultur in Deutschland<br />
in den vergangenen Jahrzehnten. Kurz zu-<br />
sammengefasst: Bestattung wird individueller,<br />
anonymer und zum Event.<br />
Für mich als Kind der süddeutschen Pro-<br />
vinz und einer obendrein betont katholi-<br />
schen Familie war vieles, was wir im Seminar<br />
thematisierten, erst einmal Neuland.<br />
Wenn bei uns jemand stirbt, wird er auf<br />
dem kleinen Friedhof hinter der kleinen<br />
Bergkirche bestattet. Dass jemand eingeäschert<br />
wird und statt dem Sarg eine Urne<br />
bestattet wird, wäre schon richtig exotisch.<br />
In Nord- und Ostdeutschland soll<br />
aber genau das die vorherrschende Bestattungsform<br />
sein! Und eine wachsende<br />
Anzahl von Leuten wird sogar anonym be-<br />
stattet, ohne eigenes Grab und ohne Grab-<br />
stein! Gottloses Volk. Wie so im Seminar<br />
die verschiedensten persönlichen Hinter-<br />
gründe und Herkünfte der Seminarteilnehmer<br />
und die damit verbundenen unter-<br />
schiedlichen Erfahrungen mit Bestattungen<br />
und Trauerkultur aufeinander trafen,<br />
war es ein Leichtes, eine engagierte Diskussion<br />
zu erzeugen.<br />
Leider blieb diese dann auch immer wieder<br />
auf einer sehr persönliche Ebene stehen.<br />
Wir diskutierten darüber, wer sich vor-<br />
12 13<br />
Elfenbeinturm<br />
Urnenbestattung auf<br />
dem Südfriedhof<br />
Gräberfeldbestattung<br />
auf dem Südfriedhof