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The Real World<br />

Sendungen entstehen bei mir meistens<br />

längerfristig. Zuerst ist da das Thema,<br />

zum Beispiel wird das Fischstäbchen<br />

dieses Jahr 50 Jahre alt. In Folge dieses<br />

weltumschmeißenden Ereignisses setze<br />

ich mich mit meinen Redakteuren zusam-<br />

men und wir überlegen, wie man das große<br />

Thema ›Fischstäbchen‹ umsetzen kann. Es<br />

entstehen verschiedene Beitragsideen<br />

zum Beispiel: Fischstäbchen von verschie-<br />

denen Herstellern testen, mal einen Ernährungsberater<br />

fragen WAS da eigentlich<br />

so alles drin ist und auf jeden Fall eine<br />

Kolumne, »Was haben die Menschen früher<br />

nur ohne Fischstäbchen gemacht«.<br />

Dann wird recherchiert, Interviews werden<br />

geführt, Skripte geschrieben und aufgenommen,<br />

produziert, geschnitten, mit Mu-<br />

sik und Geräuschen unterlegt – und fertig<br />

ist der Beitrag.<br />

Klingt wahrscheinlich einfacher als es ist,<br />

aber macht irrsinnig Spaß.<br />

Es lohnt sich also. Man lebt für diese Arbeit,<br />

auch wenn man kein Geld dafür be-<br />

kommt, was schon merkwürdig ist. Eine<br />

quasi-Vollzeitstelle ohne Bezahlung.<br />

Manchmal frage ich mich, woher bei all<br />

den vielen Menschen, mit denen ich zusammenarbeite,<br />

der Antrieb kommt. Inzwischen<br />

denke ich, Radiomachen ist eine<br />

Sucht, die auch mich voll ergriffen hat.<br />

Auch wenn es stressig ist – planen, schnei-<br />

den, organisieren – manchmal verbringt<br />

man ganze Tage und halbe Nächte nur mit<br />

und im Radio. Es ist ein Teil meines Lebens<br />

geworden, auf den ich nicht mehr verzich-<br />

ten möchte. Allerdings gab und gibt es im-<br />

mer wieder Zweifel. Zum einen bei mir und<br />

zum anderen gibt es auch Menschen in<br />

meinem Umfeld, die nicht so positiv auf<br />

meine Entscheidung reagiert haben, die<br />

Ressortleitung zu übernehmen und damit<br />

relativ viel Zeit in den Sender zu investie-<br />

ren und die deshalb letztendlich ihre Kon-<br />

sequenzen zogen.<br />

Am ersten Abend des Schnupperwochen-<br />

endes trafen wir uns noch einmal im Sen-<br />

der mit den damaligen Ressortleitern. Ich<br />

kann mich noch genau daran erinnern,<br />

dass ich nach dem Bild, das mephisto<br />

97.6 in der Öffentlichkeit hat, gefragt wur-<br />

de. Damals konnte ich nicht viel dazu sagen,<br />

aber mir hat sich eingeprägt, dass<br />

das Gerücht besteht, dass der Sender<br />

eine Art Sekte sei. Heute kann ich das<br />

bestätigen. mephisto 97.6 ist definitiv ei-<br />

ne Sekte, aber ’ne verdammt coole! Wie<br />

eine Krake, mit tausend Armen und wenn<br />

man einmal kleben bleibt, kommt und will<br />

man nicht mehr von ihr los!<br />

›Sonnenfinsternis‹<br />

auf Leipziger Bühnen<br />

Ein Interview mit der Direktorin<br />

des euro-scene-Theaterfestivals<br />

Ann-Elisabeth Wolff<br />

<strong>anton</strong> ist Franziska Burstyn<br />

Bereits zum 19. Mal bringt das Theater-<br />

und Tanzfestivals euro-scene Leipzig vom<br />

3. – 8. November 2009 ein abwechslungs-<br />

reiches Programm nach Leipzig. Zu den<br />

Festivalhöhepunkten zählen die Gastspiele<br />

des Cullberg Ballet aus Stockholm,<br />

des Muziektheater Transparant aus Antwerpen<br />

unter Mitwirkung des A-cappella-<br />

Chors Collegium Vocale Gent, die Aufführung<br />

von ›Ruhe‹ von Josse De Pauw sowie<br />

einer ›Hamlet‹-Inszenierung des litauischen<br />

Regisseurs Oskaras Korsunovas<br />

aus Vilnius. Der Wettbewerb ›Das beste<br />

deutsche Tanzsolo‹ findet außerdem<br />

bereits zum 9. Mal statt. Aber nicht nur die<br />

Stücke der euro-scene Leipzig sind ungewöhnlich,<br />

sondern auch die Veranstaltungsorte:<br />

So nehmen dieses Jahr sowohl<br />

etablierte Spielstätten wie die Oper Leipzig,<br />

das Gewandhaus und das Central-<br />

theater teil, als auch ungewöhnliche Orte<br />

wie das Leipziger Stadtbad. <strong>anton</strong> hat ei-<br />

nen Blick hinter die Kulissen geworfen<br />

und die Festivaldirektorin Ann-Elisabeth<br />

Wolff persönlich zu Ablauf und Organisation<br />

des Theaterfestivals befragt.<br />

<strong>anton</strong>: Sie waren ja schon zu Beginn<br />

des Festivals 1991 dabei, vorerst als<br />

Künstlerische Mitarbeiterin.<br />

Was hat sich seitdem verändert?<br />

Die euro-scene Leipzig war natürlich am<br />

Anfang ein ganz junges, unbedarftes Fes-<br />

tival. Es hat sich dann über die Jahre von<br />

einem lokal durchaus sehr gut besuchten<br />

Festival zu einem der großen europäischen<br />

Theaterfestivals entwickelt. Die<br />

Grundkonzeption war schon zu Beginn so<br />

gut überlegt, dass sie bis heute beibehal-<br />

ten wurde: Es geht um Theater und Tanz,<br />

alle Formen von Theater, vor allem spartenüberschreitend.<br />

Außerdem will die euro-scene<br />

Leipzig berühmte Künstler neben<br />

eher unbekannte zu stellen. Jedes<br />

Jahr kommen zwei bis drei europäische<br />

Größen. Bei den unbekannten Künstlern<br />

handelt es sich allerdings nicht um Laien,<br />

sondern um solche, die bereits einen ge-<br />

wissen Bekanntheitsgrad im eigenen<br />

Land haben. Natürlich besteht auch ein<br />

Anspruch an den inhaltlichen Aspekt der<br />

Stücke, die sozialkritische und gesellschaftlich<br />

brisante Themen auf die Bühne<br />

bringen sollen.<br />

<strong>anton</strong>: Die Stücke werden dann von<br />

Ihnen ausgewählt?<br />

Das ist richtig. Die Stücke wähle ich aus,<br />

aber ich lasse mir natürlich aus ganz Europa<br />

Hinweise geben. Wir haben auch einen<br />

künstlerischen Beirat, der aus fünf<br />

hoch-karätigen Fachleuten besteht. Seit<br />

einigen Jahren gibt es zudem die Carte<br />

blanche, bei dem ein Mitglied dieses Bei-<br />

rates ein Gastspiel entscheidet, dieses<br />

Jahr war es Sigrid Gareis, die Gründungs-<br />

direktorin ist und bis Juni 2009 künstlerische<br />

Leiterin des Tanzquartier Wien war.<br />

Insgesamt muss in der Stückauswahl<br />

auch eine Beschränkung bestehen um sich<br />

von anderen Festivals abzugrenzen und<br />

dem eigenen Konzept treu zu bleiben.<br />

<strong>anton</strong>: Gibt es so etwas wie einen<br />

typischen Tagesablauf während des<br />

Festivals?<br />

Für das Team dauert die Vorbereitung un-<br />

gefähr zwei Jahre. Der Festivalablauf an<br />

sich ist nur noch das i-Tüpfelchen, da ist<br />

schon fast alles getan. Die Praktikanten<br />

kommen 6 bis 2 Wochen vor Festivalbeginn<br />

dazu. Ohne diese würde die Vorführung<br />

des Festivals zusammenbrechen,<br />

denn zahlreiche Vorgänge laufen bei ihnen<br />

ab: Die Compagnien werden betreut,<br />

die Werbematerialien müssen verteilt und<br />

die technischen Einrichtungen in den Spiel-<br />

stätten begleitet werden. Hinzu kommen<br />

die tägliche Teamsitzung um 13 Uhr sowie<br />

die Abenddienste. Meist geht der Tag für<br />

die Praktikanten gegen 8 – 9 Uhr los und<br />

endet nach Mitternacht. Im Festivalcafé<br />

kann man schließlich nach der letzten Vor-<br />

stellung entspannen und mit den Künstlern<br />

plauschen, doch auch hier gilt es noch<br />

die eine oder andere Frage zu beantwor-<br />

ten oder überraschend auftretende Pro-<br />

bleme für den nächsten Tag zu klären. Je-<br />

der einzelne Praktikant vertritt das Festival<br />

nach außen, man muss Ruhe bewahren<br />

und schnell reagieren können. Man<br />

muss auch verschwiegen und diplomatisch<br />

sein, denn ein Theaterfestival hat<br />

mit verschiedenen Nationalitäten, unterschiedlichen<br />

Mentalitäten und verschiedenen<br />

Publikumsansprüchen zu tun. Und<br />

schließlich ist Theater keine Filmspule, al-<br />

les wird live von Menschen für Menschen<br />

gemacht, das ist sehr spannend. Bei der<br />

langen Vorbreitung bricht nach dem Festival<br />

eine gewisse Traurigkeit aus, ähnlich<br />

wie bei den Regisseuren nach dem Tag der<br />

Premiere.<br />

<strong>anton</strong>: Wie verhält es sich denn mit<br />

dem Publikum der euro-scene<br />

Leipzig? Sieht man da alljährlich<br />

viele bekannte Gesichter?<br />

Die gibt es tatsächlich. Ich kenne Leute,<br />

die seit 1991 in jedem Gastspiel sitzen,<br />

das ist toll. Es finden auch ganze Klassen-<br />

treffen in der Woche statt. Eine Gruppe<br />

aus Chemnitz kommt extra zur euro-scene<br />

Leipzig und trifft sich hier einmal im Jahr.<br />

Neben dieser Fan-Gemeinde kommen na-<br />

türlich jedes Jahr viele junge Leute, darunter<br />

auch zahlreiche Studenten. Es ist<br />

schön, dass die euro-scene Leipzig ein so<br />

weites Spektrum erreicht und auch Zuschauer<br />

anzieht, die sonst eher in die Oper<br />

oder ins Gewandhaus gehen.<br />

<strong>anton</strong>: Was erwartet uns auf der<br />

diesjährigen euro-scene Leipzig unter<br />

dem Motto ›Sonnenfinsternis‹?<br />

Das Festival trägt seit vielen Jahren ein<br />

Motto, am Anfang war das noch nicht so.<br />

Diesmal ergab sich das durch die Eröffnungsvorstellung,<br />

ein Tanzstück, welches<br />

ja den Namen ›Point of eclipse‹ trägt, ›Mo-<br />

ment der Verfinsterung‹. Dadurch bin ich<br />

darauf aufmerksam geworden, dass in vielen<br />

der ausgewählten Stücke die momen-<br />

tane Gefahr eine Rolle spielt, die aber<br />

auch wieder vorüber geht. Die Sonnenfins-<br />

ternis steht als Sinnbild für eine außerge-<br />

wöhnliche Situation, für Gefahr und Angst,<br />

das Geheimnis der Dunkelheit, doch auch<br />

für die Hoffnung auf neues Licht. Das jeweilige<br />

Motto jeder euro-scene Leipzig er-<br />

gibt sich eigentlich immer aus einer Reihe<br />

von Stücken, aber dass es direkt auf ein<br />

einzelnes Stück zurückzuführen ist wie<br />

dieses Jahr, geschieht eher selten.<br />

<strong>anton</strong>: Gibt es ein bestimmtes<br />

Stück, das für Sie dieses Jahr Ihr<br />

persönliches Highlight darstellt?<br />

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The Real World

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