Virtuos komponiert! - Gürzenich Orchester
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seits aber Berlioz’sche Farbigkeit (Englischhorn) nicht verschmäht.<br />
Die wichtigste Neuerung auf formalem Gebiet stellt die zyklische<br />
Themengestaltung nach der Art Liszts dar. Das Eingangsmotto<br />
der langsamen Introduktion bildet das Grundmaterial der Hauptthemen<br />
aller drei Sätze. Der Kopfsatz wird fast allein von ihm<br />
beherrscht, da die Einleitung ins thematische Geschehen der<br />
Sonatenstruktur miteinbezogen wird: Sie erscheint zweimal in der<br />
Exposition und je einmal in der Reprise und in der Coda. Außerdem<br />
ist das »Allegro non troppo«Hauptthema lediglich eine Abwandlung<br />
des Mottos. Das »Allegretto« fungiert in seiner schlichten,<br />
kirchentonalen Melodik als lyrisches Intermezzo. Gleichwohl rekrutiert<br />
sich die elegische Melodie des Englischhorns aus dem Eingangsmotto<br />
des 1. Satzes. Franck verzichtet auf ein Scherzo und<br />
baut stattdessen einen leichtbewegten Mittelteil in das »Allegretto«<br />
ein, das die Scherzofunktion übernimmt. Eine dreisätzige Sinfonie<br />
hatte es, abgesehen von Liszts »Faust«, seit Mozart nicht mehr<br />
gegeben! Im Laufe des Finalsatzes, einem »Allegro non troppo«<br />
in Sonatenform, erscheinen das Hauptthema des »Allegretto« und<br />
das dritte Thema des Kopfsatzes wieder. Die Coda schließlich<br />
präsentiert vor dem triumphalen Abschluss letztmalig das Motto<br />
des Werkes, nach DDur gewandt.<br />
Eine derartig enge thematische Verbindung der Sätze untereinander<br />
war bis dato in der Sinfonik unbekannt. Das Prinzip der zyklischen<br />
Form, der Listz’schen Programmmusik entnommen, diente<br />
Franck hier dazu, einer außerhalb Deutschlands und Österreichs<br />
vernachlässigten Gattung der absoluten Musik neues Leben<br />
einzuhauchen. Dass er dabei fremde Anregungen aufnahm, soll<br />
seinen Rang nicht schmälern. Im Gegenteil: es ist Francks großes<br />
Verdienst, all diese Einflüsse zu einem singulären Meisterwerk<br />
zusammengefasst zu haben, das voll und ganz den Stempel seiner<br />
kompositorischen Persönlichkeit trägt.