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Virtuos komponiert! - Gürzenich Orchester

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Namens besteht: D­Es­C­H. Im zweiten Thema, einer regelrechten<br />

Parodie des an dieser Stelle herkömmlichen lyrisch­gesanglichen<br />

Themas, beschränkt sich der Solist auf lediglich zwei Noten;<br />

konterkariert wird er dabei von der in den Holzbläsern stets wiederholten<br />

Figur C­H­ES­D­H – einer Variante sowohl des Mongramms<br />

als auch des Kopfthemas. Man könnte diesen Satz, der seinen<br />

maschinenhaften Charakter bis zum Schluss nicht verliert, also<br />

monothematisch nennen. Das Solohorn steht in diesem Satz dem<br />

Cello von Anfang an als fast gleichberechtigter Partner zur Seite.<br />

Zwei Themen beherrschen den zweiten Satz »Moderato«; eine<br />

sarabandenähnlich schreitende Figur in den Streichern, die den<br />

Satz einleitet, und eine elegische Melodie, die vom Solocello eingeführt<br />

und in Form einer Passacaglia weitergeführt wird. Beide<br />

musikalische Formen, Sarabande und Passacaglia, benutzte<br />

Schostakowitsch stets, um tragische Inhalte zu transportieren.<br />

Ins Gefilde der Tragik führt auch der Gebrauch der Celesta am<br />

Schluss des Satzes: Nach einer dramatischen Steigerung teilen<br />

sich Celesta und Violoncello in höchster Flageolett­Lage die elegische<br />

Melodie. Es ist dies eine Stelle von höchster Innigkeit und<br />

gleichzeitig tiefster Melancholie; wir sind hier im lyrischen Herz<br />

des Werks angelangt.<br />

Es schließt sich eine Kadenz an, die so umfangreich ist, dass sie<br />

das Gewicht eines eigenen Satzes erhält. Diese Kadenz bewegt<br />

sich zum größten Teil in langsamem Tempo und reflektiert über<br />

das thematische Material des zweiten Satzes. Gegen Ende steigert<br />

sich die Bewegung, und ein Zitat des Anfangsthemas aus<br />

dem Kopfsatz läutet das Finale (»Allegro con moto«) ein. Dieses<br />

Sonatenrondo trägt einen ähnlichen Charakter wie der erste Satz<br />

– bewegt, motorisch, grotesk, mit dem Unterschied, dass der Solist<br />

hier nun wirklich an seine Grenzen geführt wird. Das Cello hat<br />

fast ausschließlich im »forte« und »fortissimo« zu spielen; diese<br />

Aufgabe lässt, so der Cellist Pieter Wispelwey, in manchen Solisten<br />

»animalische Regungen« wachwerden. Am Schluss erscheint wieder<br />

– im Horn – das Hauptthema des ersten Satzes und bildet so<br />

die thematische Klammer zu den ersten Takten des Werks. Dass<br />

dieses auf den ersten Blick so unscheinbare Thema dem Komponisten<br />

viel bedeutete, zeigt sich daran, dass es in seinem autobiographischen<br />

Streichquartett Nr. 8 eine ebenso prominente wie unheilvolle<br />

Rolle spielt. Es empfiehlt sich also in diesem Cellokonzert,<br />

wie fast immer bei Schostakowitsch, zwischen den Zeilen zu lesen.

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