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RAL 1015 taxi news Heft 7-2013

Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe

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W GEWERBEVERTRETUNGEN<br />

Berliner Taxivereinigung e.V.<br />

Eisenacher Straße 38/39<br />

10781 Berlin<br />

Tel. 030 / 21 45 888-1<br />

Fax 030 / 21 45 888-2<br />

Vorstand:<br />

Richard Leipold<br />

(1. Vorsitzender und Schatzmeister)<br />

Bernd Stumpf<br />

(stellvertretender Vorsitzender)<br />

Norbert Geduhn<br />

(stellvertretender Vorsitzender)<br />

Ulrich Skerhut (Schriftführer)<br />

Kontakt:<br />

info@berliner-<strong>taxi</strong>-vereinigung.de<br />

Informationen, Satzung und<br />

Aufnahmeantrag finden Sie unter:<br />

www.berliner-<strong>taxi</strong>-vereinigung.de<br />

Verbandsbeiträge:<br />

Beitrag pro Taxe und Jahr: € 12,00<br />

Aufnahmegebühr: € 25,00<br />

Beratung:<br />

Richard Leipold 030/8518734<br />

(telefonische Terminvereinbarung, bitte<br />

Terminwunsch auf Anrufbeantworter)<br />

Mo, Di, Do, Fr:<br />

10:00-12:00 Uhr und 16:00-18:00 Uhr<br />

W Versicherungsberatung:<br />

Matthias Albinger, FinanceCollect<br />

Mittwoch: 14:00-16:00 Uhr<br />

Agentur Petra von Chamier<br />

Dienstag: 14:00-18:00 Uhr<br />

Presserechtlich verantwortlich:<br />

Richard Leipold<br />

Amtsgericht Charlottenburg (Berlin)<br />

Vereinsregister Nr.: VR 22433 B<br />

Berlin Finanzamt für Körperschaften I<br />

Steuernummer: 27/620/56674<br />

Opfer müssen<br />

gebracht werden<br />

Samstags gehe ich nach dem Einkaufen gerne<br />

ein wenig in unserer schönen Stadt spazieren.<br />

Am 22.09.<strong>2013</strong> findet in Deutschland die Bundestagswahl<br />

statt, und deshalb haben alle Parteien<br />

in der Stadt Stände aufgebaut, an denen<br />

eifrige Mitglieder für die Anliegen der jeweiligen<br />

Parteien werben. Auffällig viele unserer Parteien<br />

schreiben die Forderung nach einem gesetzlichen<br />

Mindestlohn als zentrales Thema auf ihre<br />

Werbeplakate. Letzte Woche ließ ich mir von<br />

einer jungen Parteivertreterin erklären, weshalb<br />

ein Mindestlohn absolut notwendig und es also<br />

für mich unerlässlich sei, ihre Partei zu wählen.<br />

Die junge Frau fragte mich, ob ich es nicht auch<br />

skandalös fände, wenn Menschen mit ihrer Arbeit<br />

so wenig verdienten, dass sie trotz einer<br />

Vollzeitstelle als sogenannte „Aufstocker“ bei<br />

Arbeitsagentur vorstellig werden müssten. Da<br />

sie als Beispiele für niedrige Löhne nicht nur die<br />

Bewachungsbranche und das Friseurhandwerk,<br />

sondern auch das Taxigewerbe nannte, fragte ich<br />

weiter nach. Die Wahlkämpferin wusste, dass es<br />

viel zu viele Taxen in Berlin gibt, und dass deshalb<br />

die einzelnen Fahrer zu wenig verdienen.<br />

Gäbe es einen flächendeckenden Mindestlohn<br />

von 8,50 EUR pro Stunde, dann würden die<br />

Fahrer ordentlich verdienen, und das Problem<br />

wäre gelöst. Sie lächelte mich freundlich an und<br />

drückte mir ein Parteiprogramm in die Hand.<br />

Da stünden noch viele weitere Sachen drin, die<br />

mich bestimmt interessieren würden.<br />

„Aber“, wandte ich ein, „unsere Kunden fahren<br />

doch nicht mehr mit unseren Taxen, wenn wir<br />

einen Mindestlohn haben. Wenn die Unternehmen<br />

nicht mehr Geld einnehmen, wie sollen sie<br />

dann die höheren Löhne bezahlen?“ Sie räumte<br />

ein, dass in einzelnen Fällen schon Probleme<br />

entstehen könnten. Es gebe aber Studien, die<br />

beweisen würden, dass sich ein Mindestlohn<br />

nicht negativ auf die Beschäftigung auswirken<br />

würde. Sanft führte ich das Gespräch von der<br />

allgemeinen globalen Ansicht der Welt auf das<br />

kleine Berliner Taxigewerbe zurück. Ob sie denn<br />

regelmäßig eine Taxe nutzen würde, fragte ich.<br />

Mit einer Erdgastaxe zu fahren sei gewiss umweltschonender<br />

als der Betrieb eines eigenen<br />

Fahrzeugs, und obendrein sehr viel günstiger.<br />

„Nein“, meinte sie, „Taxifahren ist für meinen<br />

Geldbeutel doch recht teuer.“ Sie habe erst eine<br />

Referendarstelle und nutze selbstverständlich<br />

die öffentlichen Verkehrsmittel. Meistens fahre<br />

sie aber mit dem Fahrrad. Darauf erwiderte ich,<br />

dass wir hier dann wohl vor einem der kleineren<br />

Probleme stehen würden, welches sie eben<br />

erwähnt habe. Wenn ein Taxibetrieb nicht mehr<br />

Geld einnehme, aber mehr Geld für Löhne ausgeben<br />

solle, dann müsse er die schwächeren<br />

Fahrer doch entlassen. Über das Gesicht der<br />

jungen Wahlkämpferin huschte ein Schatten,<br />

so als ob sie sich etwas unwohl fühlen würde.<br />

Dann aber straffte sie sich und erklärte mir:<br />

„Opfer müssen gebracht werden.“<br />

Als künftige Beamtin braucht sich die junge<br />

Frau über diesen Satz nicht weiter den Kopf zu<br />

zerbrechen. Wir Taxifahrer aber sollten über<br />

ihn sehr sorgfältig nachdenken. Denn wir sind<br />

die Opfer, von denen da die Rede ist. Zuerst<br />

möchte ich eins klarstellen. Wir alle, angestellte<br />

Taxifahrer und Taxiunternehmer, die Fahrer<br />

beschäftigen, sind natürlich dafür, dass Taxifahrer<br />

mehr verdienen. Ein höherer Lohn des<br />

Taxifahrers setzt einen höheren Umsatz voraus.<br />

Das wiederum bedeutet, dass die Gewinne des<br />

Unternehmens steigen. In der augenblicklichen<br />

Situation sind also beide, Fahrer wie Unternehmer,<br />

gut beraten, wenn sie das Wohl der Firma<br />

nicht aus dem Auge verlieren. Manche glauben,<br />

dass sich das durch die Einführung eines Mindestlohnes<br />

ändern lasse.<br />

Ich lasse bei den folgenden Ausführungen alle<br />

Argumente außer acht, die voraussetzen, man<br />

könne die Gesetze der Rechenkunst durch<br />

Partei- oder Regierungsbeschlüsse abschaffen.<br />

Halten wir zunächst die grundlegenden Fakten<br />

für das Taxigewerbe fest. Taxifahrer verdienen<br />

wenig. Manche Taxiunternehmer verdienen<br />

noch weniger. Aber trotzdem herrscht Einigkeit<br />

darüber, dass es zu viele Taxen in Berlin gibt.<br />

Das ist seltsam. Ein Hauptgrund dafür dürfte in<br />

der Tatsache zu finden sein, dass viele Betriebe<br />

auf Forderung ihrer Angestellten in den „informellen“<br />

Wirtschaftsbereich abgewandert sind.<br />

„Informeller Wirtschaftssektor“ ist die vornehme<br />

Bezeichnung für Schwarzarbeit. Dieses Abwandern<br />

hat mehrere Folgen. Zum einen verdienen<br />

die Angestellten in diesem Sektor deutlich<br />

mehr als ihre ehrlichen Kollegen. Sie und ihre<br />

Firmenlenker können sich die Profi te aus den<br />

„ersparten“ Steuer- und Sozialversicherungsbeiträgen<br />

teilen und produzieren in der Öffentlichkeit<br />

zudem ein Horrorgemälde armer Taxifahrer,<br />

die von ihrem Lohn nicht leben können und<br />

„aufstocken“ müssen, weil sie zusätzlich zu ihren<br />

„informell“ erwirtschafteten Einnahmen die<br />

Sozialkassen schröpfen. Firmen, die unter fairen<br />

Bedingungen keine Chance am Markt hätten,<br />

können ungehemmt und profitabel expandieren<br />

und werfen ein Überangebot an Taxen auf den<br />

Berliner Markt. Dies ist die letzte, höchst fatale<br />

Folge dieses Prozesses. Unser Regierender Bürgermeister<br />

und sein Finanzsenator verweigern<br />

sich jedem Ansatz, der dieses böse Tun unterbinden<br />

könnte.<br />

Unter fairen Bedingungen fände ein Ausgleich<br />

von Nachfrage nach Taxidienstleistungen und<br />

dem Angebot des Taxigewerbes statt. Zur Bezahlung<br />

eines ausreichenenden Lohnes ist der<br />

Berliner Taxitarif ausreichend und braucht nicht<br />

erhöht zu werden. Auf Grund der Tatsache, dass<br />

es eine hohe Nachfrage nach guten und qualifizierten<br />

Fahrern gibt, werden mögliche Probleme<br />

des Mindestlohns zumindest für unser Gewerbe<br />

unerheblich, weil die Fahrer die Mindestlohngrenze<br />

sowieso überschreiten. Unter den oben<br />

beschriebenen Bedingungen ist die Lage aber<br />

anders.<br />

Denn eine Tatsache ist klar und unbestreitbar:<br />

Wenn bei gleichbleibenden Einnahmen die Lohnkosten<br />

erhöht werden, dann bleibt nicht mehr<br />

genug Geld für alle hungrigen Taxifahrer. Jetzt<br />

bleibt nur die Frage, wer gehen muss. Vermutlich<br />

wird es nicht den „schwarzen Schafen“<br />

unter Mindestlohnbedingungen an den Kragen<br />

gehen, weil bei „kreativer“ Buchführung egal ist,<br />

was in die „Geschäftsbücher“ geschrieben wird.<br />

Wenn wir (von der Politik) gezwungen werden,<br />

einen „allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn“<br />

umzusetzen, ohne dass (durch die<br />

Politik) vorher faire Wettbewerbsbedingungen<br />

hergestellt wurden, dann wird es sehr, schwer<br />

alle sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze<br />

für ehr liche Taxifahrer zu retten. Wahrscheinlich<br />

werden etliche Betriebe an dieser Aufgabe<br />

scheitern.<br />

24 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 7/<strong>2013</strong>

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