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Stylus - Das Metropolmagazin

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INTERVIEW MIT:<br />

Andreas Reichlin (AR), Sylvan Müller (SM) und Ivan Marty (IM)<br />

Wie reduziert man „Fülle“, damit man auf Wesentliches<br />

kommt?<br />

SM: Ich lasse sehr gern weg, weil ich mich besser konzentrieren<br />

kann, wenn ich nicht so viele Sachen um mich herum habe.<br />

Wie entscheidest Du, was Du weglässt?<br />

SM: Intuitiv. Oder, indem ich bewusst nicht ausschmücke. So<br />

erhält das fotografierte Objekt die nötige Wichtigkeit, ich lenke<br />

nicht ab. Wenn etwas in der Qualität genügt, muss man nicht<br />

dekorieren.<br />

Andreas, was hat das Thema Reduktion für eine Bedeutung<br />

für den Feuerring?<br />

AR: Je einfacher eine Form ist, desto besser „funktioniert“ sie in<br />

verschiedenen Kontexten. Der Feuerring passt in einen historischen<br />

Raum genauso wie in moderne Architektur. Der Feuerring<br />

hätte schon vor 300 Jahren funktioniert und tut dies auch in 300<br />

Jahren.<br />

Foto © Daniela Kienzler<br />

IM: Zeitloses Design! Beim Feuerring regt die Reduziertheit Experimentierfreude<br />

an.<br />

Deine Projekte, Ivan, zeigen einen sehr reduzierten Stil.<br />

IM: Reduktion ist ein zentrales Thema neben dem der verwendeten<br />

Materialien. Gute Architektur funktioniert unter dem Aspekt der<br />

Materialehrlichkeit und Reduktion auf Wesentliches.<br />

Gibt es die perfekte „Form-Raum-Lösung“ gemäß der<br />

Theorie des „goldenen Schnitts“?<br />

IM: Wenn ich mit Kunden im Gespräch bin, gehe ich immer vom<br />

Wohlgefühl aus. Meine Klassikerfrage: Wenn Du in ein Restaurant<br />

kommst, wo setzt Du Dich hin? In die Mitte des Raumes oder mit<br />

dem Rücken zur Wand? Dann leuchtet ein, was für den Kunden<br />

„richtig“ ist. Ich glaube, das ist etwas Übergeordnetes.<br />

AR: Es gibt Situationen, in der eine Plastik „richtig“ steht. Du<br />

könntest sie anders setzen, dann gäbe es aber eine andere Sprache.<br />

Ich glaube auch, dass es Anordnungen gibt, für die man global<br />

sagen kann, sie sind „richtig“.<br />

SM: Mir gefällt das Wort „stimmt“ mehr als „richtig“. Es gibt stimmige<br />

Anordnungen. Die Frage ist, welche Stimmung ich erzeugen<br />

möchte. Mich interessiert darum die Geschichte, die ich erzählen<br />

möchte.<br />

Ivan, Du entwickelst Konzepte, die auf den Kunden<br />

zugeschnitten sind. Wie gehst Du mit Kompromissen um?<br />

IM: Kompromisslos sein, ist bei uns nicht möglich; die größten<br />

Kompromisse sind schon die Rahmenbedingungen. Es geht ja auch<br />

nicht um meine Befriedigung, sondern der Kunde soll für sich das<br />

Richtige finden.<br />

AR: In der Kunst darf die wirtschaftliche Seite nicht interessieren.<br />

Ich muss z.T. enorme Investitionen tätigen und dies ohne die Aussicht<br />

auf Verkauf. Eine Arbeit mache ich in erster Linie für mich.<br />

IM: Das ist sicher ein Unterschied zur Auftragsarbeit. In der Kunst<br />

geht es um Selbstverwirklichung. Wir erhalten ein Korsett, auf das<br />

wir eingehen müssen.<br />

Foto © Daniela Kienzler<br />

SM: Als Ausführender muss ich ehrlich sein und dem Kunden sagen,<br />

dass ich nicht der Richtige für seine Idee bin. Schaffen wir es,<br />

im Gespräch zu bleiben, gibt es wieder Anknüpfungspunkte. Meine<br />

Ehrlichkeit und die Offenheit des Kunden sind für einen guten<br />

Prozess nötig.<br />

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