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ReiterRevue-05/2017

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AUSBILD UNG<br />

In der Reiterhand laufen<br />

vier Zügel wie<br />

Fäden zusammen.<br />

Wenn der Reiter noch<br />

nicht bereit für die<br />

Kandare ist, kann das<br />

nur auf einen großen<br />

Knoten hinauslaufen.<br />

Damit Sie sich nicht<br />

verheddern, kommt<br />

hier der Kandaren-<br />

Knigge.<br />

TEXT: RAMONA LIENHOP<br />

FOTOS: STEFAN LAFRENTZ<br />

Die Kandare ist wie der Taschenrechner<br />

in der Schule. Ab einem<br />

gewissen Komplexitätslevel<br />

erledigt er die Rechenarbeit.<br />

Der Benutzer weiß aber<br />

genau, was der Rechner tut. Jedenfalls<br />

sollte er das wissen. Der Taschenrechner<br />

ist nur eine Unterstützung, damit das Ergebnis<br />

auch bis auf die zehnte Nachkommastelle<br />

genau ist. Und so sollte auch die<br />

Kandare verwendet werden: als letzte Verfeinerung<br />

der Zügelhilfen.<br />

„Der Kandarenzügel darf nie der vorherrschende<br />

Zügel sein“, macht der Leiter<br />

der Landesreitschule in Hoya, Jörg Dietrich,<br />

deutlich. Vielmehr sollten Reiter<br />

sich bewusst machen, dass sie über den<br />

Trensenzügel auf das Trensengebiss einwirken<br />

können, als wäre die Kandare<br />

nicht da. Ein Kandarengebiss kommt immer<br />

in Verbindung mit einem Unterleggebiss<br />

zum Einsatz, das dem Gebiss der Wassertrense<br />

ähnelt.<br />

Während Alizée Froment Grand Prix-<br />

Lektionen auf Halsring reitet und die Begeisterung<br />

für gebisslose Trensen wächst,<br />

drängt sich die Frage auf, warum die Kandare<br />

noch immer ihren Platz im Viereck<br />

findet. Für viele Reiter ist das erste Aufzäumen<br />

einer Kandare ein ganz besonderer<br />

Moment, denn er gilt als Auszeichnung<br />

für die reiterliche Reife. Auch wenn Pferde<br />

bis zur höchsten Klasse auf Trense ausgebildet<br />

werden können und dabei alle Lektionen<br />

auf Trense genauso gut klappen<br />

sollten wie auf Kandare, gibt es einen<br />

Grund, warum die Zäumung in den Richtlinien<br />

für Reiten und Fahren weiterhin<br />

verankert ist. Und das ist die feinere Hilfengebung,<br />

das letzte Quäntchen an akzentuierter<br />

Einwirkung – wenn die Kandare<br />

korrekt verwendet wird.<br />

Schon in einigen L-Dressuren wird auf<br />

Kandare geritten, aber spätestens ab der<br />

Klasse M ist sie auf Turnieren Pflicht. Dietrich<br />

trainiert hauptsächlich auf Trense,<br />

nur vor einer Prüfung auf Kandare. Je besser<br />

das Pferd die Kandare annimmt, desto<br />

seltener kommt sie bei ihm zum Einsatz.<br />

Seine Schülerin Vivien Petermeier startet<br />

mit ihrem Hannoveraner Fashion Freak<br />

in Prüfungen bis auf Zwei-Sterne-M-Niveau.<br />

Der achtjährige Fidertanz-De Niro-<br />

Nachkomme neigt ein wenig dazu, sich<br />

hinter der Senkrechten zu verkriechen.<br />

Einer der Punkte, an denen die beiden mit<br />

der Hilfe von Jörg Dietrich gerade arbeiten.<br />

Seit dem vergangenen Herbst trainiert<br />

die 17-Jährige regelmäßig auf Kandare. Ihr<br />

Trainer erinnert sie immer daran, den<br />

Kandarenzügel fein einzusetzen.<br />

Wie eine Kandare wirkt<br />

Denn beim Reiten auf Kandare entsteht<br />

schnell großer Druck auf das Pferdemaul.<br />

Die Wölbung des Kandarengebisses drückt<br />

gegen den Gaumen, die seitlichen Teile<br />

des Stangengebisses, die Ballen, wirken<br />

auf die Zunge und die Laden des Pferdes.<br />

Wenn die Zungenfreiheit groß ist, kommt<br />

der Druck hauptsächlich auf den Laden<br />

an. Durch die Anzüge macht der Rei-<br />

><br />

Oberbaum<br />

(Obergestell)<br />

Ballen<br />

Mundstück<br />

Kinnkettenhaken<br />

UNSER EXPERTE<br />

FOTO: S. LAFRENTZ<br />

Jörg<br />

Dietrich<br />

Der Pferdewirtschaftsmeister<br />

hat<br />

2015 die Leitung<br />

der Landesreitschule<br />

Hoya übernommen.<br />

Dort bildet er Reiter,<br />

Pferde und Trainer vom<br />

Anfängerniveau bis zur<br />

schweren Klasse aus.<br />

Unsere Fotomodelle: Vivien<br />

Petermeier und Fashion Freak.<br />

Kappe<br />

Unterbaum<br />

(Anzug)<br />

Zügelring<br />

Zungenfreiheit<br />

Kinnkette<br />

Scherriemenring<br />

Kandarengebisse bestehen aus einem Stangengebiss<br />

mit Anzügen, den Zügelringen und der Kinnkette.<br />

FOTO: SPRENGER<br />

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REITER REVUE INTERNATIONAL 5/<strong>2017</strong> 23

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