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Leitfaden für Flüchtlinge in Niedersachsen - Gutscheingruppe

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Teil I: DAS ASYLVERFAHREN<br />

1 Der Beg<strong>in</strong>n des Asylverfahrens<br />

1.1 Wer kann e<strong>in</strong>en Asylantrag stellen?<br />

Theoretisch kann jeder Mensch, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Heimat verfolgt wird oder politische Verfolgung bei<br />

se<strong>in</strong>er Rückkehr be<strong>für</strong>chten muss, <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en Antrag auf Asyl stellen. In der Praxis<br />

werden aber viele <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> schon vorher abgewiesen.Zuerst muss e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g die<br />

Grenzkontrollen überw<strong>in</strong>den. An der Grenze werden <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> meist festgenommen und sofort<br />

<strong>in</strong>s Nachbarland zurückgebracht. Das liegt daran, dass die Staaten der Europäischen Union (EU)<br />

und e<strong>in</strong>ige weitere europäische Staaten (Norwegen, Island, Lichtenste<strong>in</strong> und die Schweiz)<br />

verabredet haben, dass e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em EU-Staat e<strong>in</strong> Asylverfahren erhalten soll. Das ist<br />

<strong>in</strong> der Regel der Staat, den e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g zuerst betreten hat oder <strong>für</strong> den er e<strong>in</strong> Visum erhalten hat.<br />

Dann ist nicht Deutschland <strong>für</strong> die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, sondern der Staat,<br />

zu dem der erste persönliche Kontakt bestand. Bis 30 Kilometer h<strong>in</strong>ter der Grenze wird e<strong>in</strong>em<br />

Flüchtl<strong>in</strong>g unterstellt, aus dem Nachbarland gekommen zu se<strong>in</strong>. Deshalb f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 30-<br />

Kilometer-Zone ab der deutschen Grenze besonders viele Polizeikontrollen statt. Aber auch wenn<br />

e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g die Grenze weit h<strong>in</strong>ter sich gelassen hat, prüfen die deutschen Behörden nach<br />

Abgabe e<strong>in</strong>es Asylantrages immer, ob e<strong>in</strong> anderer Staat <strong>für</strong> die Durchführung des Verfahrens<br />

zuständig ist. Wenn Deutschland beweisen kann, dass eigentlich e<strong>in</strong> anderer Staat zuständig wäre,<br />

zum Beispiel durch F<strong>in</strong>gerabdrücke im europäischen Computersystem AFIS oder andere<br />

Anhaltspunkte (z.B. Währung e<strong>in</strong>es anderen EU-Staates mitgeführt, Fahrkarten oder andere<br />

schriftliche H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>en früheren Aufenthalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen EU-Staat), wird der<br />

Asylantrag nicht bearbeitet, sondern e<strong>in</strong> „Überstellungsverfahren” <strong>in</strong> den zuständigen EU-Staat<br />

e<strong>in</strong>geleitet (lesen Sie dazu genauer Kapitel 4.1).<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus besteht die Gefahr, dass e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en so genannten „sicheren Drittstaat”<br />

außerhalb der EU abgeschoben wird. Dann soll gar ke<strong>in</strong> Asylverfahren <strong>in</strong> der EU durchgeführt<br />

werden. Derzeit verhandeln die EU-Staaten noch darüber, welche Staaten als sichere Drittstaaten<br />

gelten sollen. Bald soll es e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Liste geben. Nach deutschem Recht gelten bisher außer<br />

allen EU-Mitgliedstaaten nur die Schweiz und Norwegen als sichere Drittstaaten.<br />

Um e<strong>in</strong> Asylverfahren <strong>in</strong> Deutschland durchführen zu können, muss man hohe Hürden überw<strong>in</strong>den.<br />

E<strong>in</strong>en Asylantrag können Erwachsene, aber auch K<strong>in</strong>der stellen. Für K<strong>in</strong>der unter 16 Jahren wird<br />

automatisch e<strong>in</strong> Asylverfahren e<strong>in</strong>geleitet, wenn die Eltern e<strong>in</strong>en Asylantrag stellen und sie mit<br />

ihren Eltern geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>reisen oder sich bereits ohne Aufenthaltserlaubnis <strong>in</strong> Deutschland<br />

aufhalten. Auch <strong>für</strong> K<strong>in</strong>der unter 16 Jahren, die später nachkommen, oder K<strong>in</strong>der, die <strong>in</strong><br />

Deutschland geboren werden, wird automatisch e<strong>in</strong> Asylverfahren e<strong>in</strong>geleitet (§ 14 a AsylVfG).<br />

Dies geschieht auch dann, wenn die Eltern im Asylverfahren bereits abgelehnt wurden und<br />

entweder ke<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis besitzen oder aber e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5<br />

AufenthG.<br />

Wird e<strong>in</strong> Asylverfahren <strong>für</strong> e<strong>in</strong> später e<strong>in</strong>gereistes K<strong>in</strong>d unter 16 Jahren oder <strong>für</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

geborenes K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>geleitet, werden die Eltern schriftlich gefragt, ob sie auf die Durchführung des<br />

Asylverfahrens <strong>für</strong> ihr K<strong>in</strong>d verzichten (§ 14 a Abs. 3 AsylVfG). Es kann s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, dies zu tun.<br />

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