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GeSTaLTeR - Kunst im Tunnel

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zum Objekt der <strong>Kunst</strong> erklärt, führt endgültig die seit der Renaissance<br />

gehegte Vorstellung ad absurdum, ein Bild könne identisch<br />

mit einem realen Objekt sein. die schnitte, die der italienische<br />

Künstler Lucio Fontana der Leinwand, diesem traditionellen träger<br />

des Bildes, verpasst, sind dann nur ausdruck blinder Wut,<br />

die dieser desillusionierung über die möglichkeiten des Bildes<br />

folgt. trauer, Wut, Zerstörung, aggression, die sich nicht nur gegen<br />

das Bild, sondern wie <strong>im</strong> Falle der Wiener aktionisten sogar<br />

gegen sich selbst wenden, ergreifen die <strong>Kunst</strong> nach 1960. das<br />

Bild wird zum Ort der handlung, reale Gegenwart der Zerstörung<br />

tritt an die stelle des Bildes – Identität in reinster Form wird<br />

erreicht.<br />

es gibt aber ein anderes Verständnis des Bildes. die frühchristliche<br />

Ikone, die auch <strong>im</strong> westlichen teil europas die mittelalterliche<br />

<strong>Kunst</strong> bis in die Renaissance geprägt hatte und die <strong>im</strong><br />

östlichen teil bis zum anfang des 20. Jahrhunderts in kaum veränderter<br />

Form weiter das Bildverständnis best<strong>im</strong>mte, ging davon<br />

aus, dass es <strong>im</strong>mer eine Kluft – und sei sie noch so gering – zwischen<br />

dem Realen und seinem Bild gebe und geben werde, da eine<br />

Identität zwischen diesen beiden nie erreicht werden könne, weil<br />

es dem menschen nicht gegeben sei, das Reale zu fassen.<br />

um dies zu verdeutlichen, zeigten die ersten Christus-Ikonen<br />

sein antlitz als eine Reflexion in einer spiegelfläche. auf einer<br />

ovalen Fläche vor einem blau verfärbten, lichtreflektierenden<br />

hintergrund erschien das jugendliche Gesicht Christi. auf diese<br />

Weise wurde die spiegelfläche wie ein scharnier zwischen das<br />

Bild und die reale Person geschoben. es gab kein Vertun: Zwischen<br />

dem wahren, echten Gesicht und seinem Bild gab es ein<br />

<strong>Kunst</strong>stadt 10 /11<br />

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