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Frei Otto - db deutsche bauzeitung

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Ingenieurporträt <strong>Frei</strong> <strong>Otto</strong><br />

4 Skizze des Eingangsbogens für die Bundesgartenschau 1957 in Köln<br />

5 Voliere im Tierpark Hellabrunn in München, 1980<br />

noch heute in Stuttgart. <strong>Frei</strong> <strong>Otto</strong> hatte es aufs TU-Gelände im Pfaffenwald<br />

versetzt und fortan für sein Institut genutzt – ein ständiges<br />

Anschauungsobjekt für Studenten und Mitarbeiter.<br />

Das Prinzip der durch mehrere Masten angehobenen Zeltdecke hat<br />

er dann zusammen mit Günter Behnisch und dessen Partnern in<br />

großem Maßstab in München umsetzen können. Zur angestrebten<br />

Vollendung einer eleganten, ultraleichten Dachhaut hat es beim<br />

Olympiapark 1972 nicht ganz gereicht, sind doch die Stützglieder<br />

auf Grund der damals noch eingeschränkten EDV-Rechenkapazitäten<br />

für komplexe Tragsysteme aus Sicherheitsgründen unerwünscht<br />

kräftig ausgefallen. Zusätzlich entstanden weitgespannte Zelt-<br />

und Hängekonstruktionen in verschiedensten Variationen, für eine<br />

Sporthalle in Jeddah, ein Konferenzzentrum in Mekka, Ausstel-<br />

74<br />

4<br />

lungsbauten der Buga 1957 in Köln oder der Internationalen<br />

Gartenschau 1963 in Hamburg, Fabrikdächer für Wilkhahn in Bad<br />

Münder Eimbeckhausen oder ein Großvoliere in München.<br />

Quasi als Umkehrung des Prinzips sind die auf Druck belasteten<br />

Schalenbauten zu verstehen, deren Form sich gleichwohl oft am<br />

einfachsten durch Selbstfindung mittels zugbelasteter Hängemodelle<br />

ermitteln lässt; ähnlich wie einst auch Antoni Gaudí zu seinen<br />

nahezu momentfreien Gewölbeformen gekommen ist.<br />

Prominentestes Beispiel ist die gemeinsam mit den Architekten<br />

Mutschler, Langner und Partner entworfene Gitterschale der Bugahalle<br />

1971 in Mannheim (Bild 6). Sie besteht aus einem gleichmaschigen<br />

Netz aus geraden, durchlaufenden Holzlatten. Interessant<br />

dabei ist die Tatsache, dass nicht nur das Modell, sondern<br />

folgerichtig auch die realisierte Konstruktion ihre Form selbst bildet:<br />

Hierzu wird das Gitter zunächst eben auf der Baustelle ausgebreitet<br />

und dann durch Stützgerüste angehoben. Durch Biegung der Latten<br />

und Verdrehung der Knoten entsteht dann die Form der Schale,<br />

die wiederum durch Fixieren der zuvor flexiblen Gitterknoten, die<br />

Befestigung des Gitterrandes und das Aufbringen der Dachhaut<br />

schließlich ihre Stabilität erhält.<br />

Wenn <strong>Frei</strong> <strong>Otto</strong> seine Seilnetzideen auch in seinen typischen luziden<br />

Zeichnungen – man hat diese zum Teil aquarellierten Skizzen mit<br />

Bruno Tauts Fantasien verglichen – ins Utopische dehnte, die komplette<br />

Überdachung der Stuttgarter Bahnhofsanlage, eines Konferenzzentrums<br />

in Rijad oder ganzer Gebirgstäler, so blieb ihnen<br />

doch immer das Wissen um die Realisierbarkeit. Hätte sich ein Bauherr<br />

gefunden, hätte es auch Wege gegeben, die Ideen in die Wirklichkeit<br />

umzusetzen. Charakteristisch für <strong>Otto</strong>s ganzheitlichen<br />

Ansatz ist die Ausweitung der Erkenntnisfelder über das Ingenieurtechnisch-Konstruktive<br />

hinaus. Zwar wurden Bemessungs-, Berechnungs-<br />

und rechnerunterstützte Entwurfsmethoden für die verschiedensten<br />

Flächentragwerksprinzipien entwickelt, doch er fragte<br />

auch: »Wie werden weitgespannte Flächentragwerke vom Menschen<br />

erlebt?« und »Wie müssen Objekte entworfen werden, die<br />

5<br />

<strong>db</strong> 6/05

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