Frei Otto - db deutsche bauzeitung
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Ingenieurporträt <strong>Frei</strong> <strong>Otto</strong><br />
8 Zwei Kilometer Durchmesser hat die Hülle, die <strong>Frei</strong><br />
<strong>Otto</strong> gemeinsam mit Kenzo Tange und Ove Arup für eine<br />
Stadt in der Antarktis vorsah<br />
9 Das wandelbare Dach über der Kirchenruine in Bad<br />
Hersfeld entstand bereits 1968 und schützt das <strong>Frei</strong>lufttheater<br />
bei schlechter Witterung<br />
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8<br />
überspannt werden sollte. Die Membranhülle für eine Stadt im Norden<br />
Kanadas sollte eher eine amöbenhafte Form annehmen und im<br />
inneren differenzierte Raumeindrücke bieten.<br />
Die Plexiglas-Modelle dazu werden mit einer speziellen Technik hergestellt,<br />
die inzwischen – nach Weiterentwicklung einschlägiger<br />
Techniken – als zukunftsträchtig gilt: Das Tiefziehen durch Unterdruck<br />
(Gleichflächenlast), das, wenn es ohne Gegenform geschieht,<br />
wiederum einen Prozess der Formselbstfindung ausnutzt. Dünnste<br />
Membrantragwerke lassen sich damit herstellen, etwa wenn Stahl-<br />
oder Aluminiumbleche durch Kaltverformung zu flachen Kalotten<br />
gezogen werden, die an Stabilität und spezifischem Tragvermögen<br />
kaum zu übertreffen sind. Ein kreisrundes Dach mit 100 Metern<br />
Durchmesser könnte theoretisch mit einer Blechstärke von nur einem<br />
Millimeter auskommen. Vorerst beschränkt sich das Verfahren<br />
auf handlichere Formate, etwa die Herstellung von Metallspiegeln<br />
zur Gewinnung von Sonnenenergie.<br />
Gemessen an seinem internationalen Renommee hat <strong>Frei</strong> <strong>Otto</strong> nicht<br />
allzu viel selbst gebaut. Ihn scheint die Mehrung der Erkenntnisse<br />
immer wichtiger gewesen zu sein als deren Anwendung. »Gelehrt<br />
in dem Sinne, wie es an Hochschulen gemacht wird, habe ich nie.<br />
Ich habe all meine Lehr- und Forschungstätigkeit genutzt, um selbst<br />
Wissen zu sammeln und Grundlagen für neue Ideen zu erarbeiten.<br />
Ich war und bin im Erfahrenwollen maßlos und selbstsüchtig«,<br />
schrieb er 1985. Zahllose Architekten und Ingenieure haben mit ihm<br />
zusammen geforscht und mit ihm »etwas aufgelesen, was unbenützt<br />
am Wegesrand lag«. Er gibt seine Erfahrungen gerne weiter,<br />
wenngleich es ihn schmerzt, wenn andere unverhohlen seine Arbeiten<br />
ausnutzen, ohne ihn einer Erwähnung zu würdigen. Baumförmige<br />
»Verzweigungskonstruktionen« hat er zum Beispiel Anfang<br />
<strong>db</strong> 6/05