09 Die heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT II)
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Originalien<br />
MedKlinIntensivmedNotfmed2017 ·112:334–346<br />
DOI 10.1007/s00063-016-0237-x<br />
Eingegangen: 3. März 2016<br />
Überarbeitet: 18. Oktober 2016<br />
Angenommen: 6. November 2016<br />
Online publiziert: 22. Dezember 2016<br />
© Springer Medizin Verlag Berlin 2016<br />
Redaktion<br />
M. Buerke, Siegen<br />
R. Riedel 1 · A. Schmieder 2 ·A.Koster 3 ·S.Kim 4 ·G.Baumgarten 4 ·J.C.Schewe 5<br />
1<br />
Institut für Medizinökonomie und Medizinische Versorgungsforschung, Rheinische Fachhochschule Köln<br />
gGmbH, Köln, Deutschland<br />
2<br />
Studiengang MSc Medizinökonomie, Rheinische Fachhochschule Köln gGmbH, Köln, Deutschland<br />
3<br />
Institut für Anästhesiologie, Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ), Bad Oeynhausen, Deutschland<br />
4<br />
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland<br />
5<br />
DESA, Operative Intensivmedizin, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative<br />
Intensivmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland<br />
<strong>Die</strong> <strong>heparininduzierte</strong><br />
<strong>Thrombozytopenie</strong> (<strong>HIT</strong> <strong>II</strong>)<br />
Eine medizinökonomische Betrachtung<br />
Heparine gelten im Rahmen der stationären<br />
und ambulanten thromboprophylaktischen<br />
Versorgung seit Jahrzehnten<br />
als Standardtherapie. Im Laufe der Jahre<br />
haben sich auf den peripheren „Normalstationen“<br />
die niedermolekularen Heparine<br />
als subkutane Gabe im klinischen<br />
Alltag durchgesetzt [1]. Intraoperativ<br />
(z. B. in der Gefäß- und Kardiochirurgie)<br />
alsauchaufdenIntensivstationenwerden<br />
aufgrund der besseren Steuerbarkeit und<br />
auch der Antagonisierungsmöglichkeit<br />
mittels Protamin eher unfraktionierte<br />
Heparine intravenös verabreicht. Neben<br />
dem therapeutischen Nutzen birgt<br />
die Heparintherapie auch die Gefahr<br />
unerwünschter Nebenwirkungen wie<br />
Blutungen und <strong>Thrombozytopenie</strong>n [2].<br />
Bei Intensivpatienten können <strong>Thrombozytopenie</strong>n<br />
in 30–50 % der Behandlungen<br />
auftreten [3, 4]. Mögliche Gründe<br />
für klinisch relevante <strong>Thrombozytopenie</strong>n<br />
sind eine Sepsis, Reaktionen auf Bluttransfusionen,<br />
große chirurgische Eingriffe<br />
und medikamentenbedingte Nebenwirkungen<br />
[2, 4].<br />
Als schwerwiegende Nebenwirkung<br />
einer Heparintherapie gilt die <strong>heparininduzierte</strong><br />
<strong>Thrombozytopenie</strong> Typ <strong>II</strong><br />
(<strong>HIT</strong> <strong>II</strong>) [2, 14]. Eine Vielzahl an Publikationen<br />
wurde zu den Themenfeldern<br />
der Pathophysiologie, dem klinischen<br />
Bild, der Diagnostik sowie den alternativen<br />
Therapiemöglichkeiten bei <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
für unterschiedliche Patientengruppen<br />
veröffentlicht.<br />
Basierend auf der recherchierten Literatur<br />
(Stand: 31.7.2015) betrachten wir<br />
das <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Syndrom im Hinblick auf die<br />
medizinökonomischeBedeutungunddie<br />
Aspekte der Patientensicherheit.<br />
Hintergrund<br />
Bei der <strong>heparininduzierte</strong>n <strong>Thrombozytopenie</strong><br />
(<strong>HIT</strong>) werden zwei Typen<br />
unterschieden: <strong>Die</strong> <strong>HIT</strong> I wird durch<br />
einen nichtimmunologischen Mechanismus<br />
ausgelöst und führt direkt nach<br />
einer Heparingabe zu einem milden<br />
Thrombozytenabfall (i. d. R. 10 % gegenüber<br />
dem Ausgangswert), der aufgrund<br />
einer spontanen Reversibilität als klinisch<br />
nicht relevante Nebenwirkung<br />
erachtet wird [5]. Bei <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> handelt es<br />
sich um eine immunologische Reaktion,<br />
die häufig mit thromboembolischen<br />
Komplikationen (Gefäßverschlüssen,<br />
Lungenembolie etc.) assoziiert ist [2, 6].<br />
In diesem Fall geht Heparin mit dem<br />
Plättchenfaktor 4 (PF4) eine Komplexbildung<br />
ein, den sog. PF4-Heparinkomplex.<br />
Als Reaktion hierauf binden IgG-<br />
Antikörper an diese PF4-Heparinkomplexe<br />
und sind über ihren Fc-Teil in der<br />
Lage, sich mit Fcγ<strong>II</strong>a-Rezeptoren der<br />
Thrombozyten zu vernetzen und hierüber<br />
Thrombozyten zu aktivieren. <strong>Die</strong>s<br />
führt wiederum zur Freisetzung prokoagulatorischer<br />
Mikropartikel. <strong>Die</strong>ser<br />
Pathomechanismus bedingt trotz einer<br />
<strong>Thrombozytopenie</strong> ein erhöhtes arterielles<br />
und venöses Thromboserisiko und<br />
gilt auch als „paradoxes Gerinnungssyndrom“<br />
[7].<br />
Der Beginn einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> kann zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten einer Heparintherapie<br />
auftreten. Gemäß der Literatur<br />
liegt der Beginn („typical onset“)<br />
zwischen dem 5. bis 10. Tag nach dem<br />
Start der Heparintherapie. Bei Patienten,<br />
die während eines zurückliegenden<br />
Krankenhausaufenthaltes von 1–3 Monaten<br />
bereits Heparinantikörper gebildet<br />
haben, kann die Thrombozytenzahl<br />
nach einer Heparinreexposition bereits<br />
innerhalb weniger Stunden deutlich fallen<br />
(„rapid onset“). Darüber hinaus ist<br />
zu beachten, dass in 3–5 % der Patientenfälle<br />
die Thrombozytenzahl erst mehrere<br />
Tage nachderletztenHeparinapplikation<br />
abfallen kann („delayed onset“) [8–10].<br />
Charakteristisch für eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> sind<br />
in 30–70 % der Fälle thromboembolische<br />
Komplikationen [11, 12], die sich auch<br />
ohne eine signifikante <strong>Thrombozytopenie</strong><br />
bei 15 % der Patienten entwickeln<br />
können [2, 13].<br />
In etwa 40 % der Fälle kommt es<br />
ca.1–3TagevordemBeginnder<strong>Thrombozytopenie</strong><br />
zu einem thromboembolischen<br />
Ereignis [15].<br />
<strong>Die</strong> häufigsten thrombotischen Komplikationen<br />
bei <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Patienten umfassen<br />
in 50 % der Fälle eine tiefe Beinvenenthrombose<br />
(TVT) und in 25 % der<br />
Fälle eine Lungenembolie als Folge einer<br />
Thrombose [16]. Darüber hinaus stehen<br />
auch andere Diagnosen im Zusammenhang<br />
mit einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> [3, 14, 16]:<br />
334 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017
Tab. 1 <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Inzidenzen nach [19, 20, 22, 70], eigene Darstellung<br />
Studie Patientenkollektiv Heparin<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-AK- Inzidenz <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
Inzidenz a<br />
n/N % n/N %<br />
Warkentin Orthopädisch-chirurgisch UFH 29/205 14,1 10/205 4,9<br />
et al. a (1995,<br />
2000)<br />
Warkentin Orthopädisch postoperativ UFH k. A. k. A. 16/232 4,8<br />
et al. (2003) a<br />
Greinacher Orthopädisch-chirurgisch UFH 46/231 23,5 12/231 5,2<br />
et al. a (2005)<br />
Warkentin Kardiochirurgisch UFH 50/100 50 1/100 1,0<br />
et al. a (2000)<br />
Kappers-<br />
Klunne et al.<br />
(1997) a Internistisch UFH 9/358 2,5 2/358 0,6<br />
Girolami et al.<br />
(2003)<br />
Verma et al.<br />
(2003)<br />
Yamamoto<br />
(1996)<br />
Lubenow et al.<br />
(2006)<br />
Warketin et al. a<br />
(1995, 2000)<br />
Warkentin<br />
et al. (2003)<br />
Prandoni et al.<br />
(2005)<br />
Lubenow et al.<br />
(2006)<br />
Intensiv, multiple Indikationen<br />
UFH k. A. k. A. 5/360 1,4<br />
Intensiv, multiple Indikationen<br />
UFH k. A. k. A. 1/267 0,4<br />
Neubehandlung, Hämodialyse<br />
UFH – – 6/154 3,9<br />
Trauma UFH 21/314 6,7 4/314 1,3<br />
Orthopädisch-chirurgisch NMH 11/182 6,0 2/182 1,2<br />
Orthopädisch postoperativ NMH k. A. k. A. 2/232 0,6<br />
Prophylaxe venöser und NMH k. A. k. A. 14/1754 0,8<br />
arterieller Thromboembolie<br />
Trauma NMH 5/295 1,7 1/295 0,3<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Inzidenzen nach Jang und Hursting<br />
Alsoufi et al. Pädiatrisch UFH k. A. k. A. k. A. 1,3<br />
(2004)<br />
Hourigan et al. Herztransplantation UFH k. A. k. A. k. A. 11<br />
(2002)<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Inzidenzen nach Martel et al., nach Lubenow et al.<br />
Martel et al. Überwiegend orthopädisch UFH k. A. k. A. k. A. 2,6<br />
(2005)<br />
– NMH k. A. k. A. k. A. 0,2<br />
Lubenow et al. Chirurgisch – große Eingriffe UFH 17/100 17 4/100 4<br />
(2010)<br />
Chirurgisch – kleine Eingriffe UFH 3/189 1,6 0/189 0<br />
Chirurgisch – große Eingriffe NMH 5/124 4 1/124 0,8<br />
Chirurgisch – kleine Eingriffe NMH 0/148 0 0/148 0<br />
AK Antikörper, UFH unfraktioniertes Heparin, NMH niedermolekulares Heparin<br />
a Der ausgewiesene Prozentsatz bezieht sich auf den Patientenanteil mit PF4-AK des untersuchten<br />
Patientenkollektivs.<br />
Schlaganfall, Myokardinfarkt, periphere<br />
Ischämien durch einen arteriellen Verschluss<br />
der unteren Extremitäten [72],<br />
Sinusvenenthrombosen, Verschlüsse der<br />
mesenterialen Venen oder Arterien sowie<br />
Hautnekrosen.<br />
Inzidenz der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
Nicht alle Patienten mit vorliegenden<br />
PF4/Heparin-Antikörpern entwickeln<br />
eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong>. Der Antiköper-(AK-)Titer<br />
für die PF4/Heparin-Antikörper und das<br />
individuelle Vorliegen des Antikörpers<br />
des IgG-Isotyps sind vermutlich hierbei<br />
Faktoren, die eine pathophysiologische<br />
Bedeutung für die Entwicklung einer<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> haben [17].<br />
<strong>Die</strong> Inzidenzen einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> sind in<br />
. Tab. 1 in Bezug zur Literaturstelle aufgelistet.<br />
<strong>Die</strong> Inzidenz für eine <strong>heparininduzierte</strong><br />
<strong>Thrombozytopenie</strong> lässt sich auf<br />
der Basis der verfügbaren Literatur nicht<br />
mit abschließender Sicherheit feststellen<br />
[18].<br />
So zeigen die obigen Ergebnisse, dass<br />
das Risiko einer Immunisierung von verschiedenen<br />
Faktoren abhängt. Hier spielt<br />
der Heparintyp eine Rolle [21], wobei das<br />
RisikobeiunfraktioniertemHeparingrößer<br />
ist als bei niedermolekularem Heparin<br />
[20, 25]. In Bezug auf das Patientenkollektiv<br />
ist festzustellen, dass das Risiko<br />
einer PF4-Immunreaktion bei internistischen<br />
Patienten gegenüber chirurgischen<br />
Patienten geringer ausfällt, wobei große<br />
chirurgische Eingriffe ein größeres Risiko<br />
aufweisen als kleinere Operationen<br />
[22, 23, 25]. Auch das Geschlecht wird<br />
als beeinflussender Faktor des Immunisierungsrisikos<br />
erwähnt [21, 24].<br />
Therapiemöglichkeiten der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
Als alternative Antikoagulanzien bei<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> bzw. <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdacht sind in<br />
Deutschland zwei Wirkstoffe (Stand<br />
31.7.2015) zugelassen. Hierbei handelt<br />
es sich um Argatroban (Argatra® )und<br />
Danaparoid (Orgaran®). <strong>Die</strong> Produktion<br />
von Lepirudin (Refludan® )wurdebereits<br />
im Jahr 2012 seitens des Herstellers weltweit<br />
eingestellt [18, 26]. Fondaparinux<br />
(Arixtra®), ein Faktor-Xa-Inhibitor, wird<br />
bei der <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Indikation nur off-label<br />
eingesetzt [27, 29]. Vereinzelt wurde<br />
jedoch über immunologisch Fondaparinux-induzierte<br />
<strong>Thrombozytopenie</strong>n<br />
berichtet [69].<br />
Argatroban<br />
Bei Argatroban handelt es sich um ein<br />
synthetisch hergestelltes L-Arginin-Derivat<br />
mit einem Molekulargewicht von<br />
526,65 Dalton [28, 29]. Es wirkt als direkter<br />
Thrombininhibitor, der monovalent<br />
und reversibel an das aktive Zentrum<br />
des Thrombins bindet [28]. <strong>Die</strong> terminale<br />
Halbwertszeit liegt bei etwa 50 min.<br />
TherapeutischeaPTT-Wertewerdenin-<br />
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017 335
Zusammenfassung · Abstract<br />
Med Klin Intensivmed Notfmed 2017 · 112:334–346<br />
© Springer Medizin Verlag Berlin 2016<br />
DOI 10.1007/s00063-016-0237-x<br />
R.Riedel·A.Schmieder·A.Koster·S.Kim·G.Baumgarten·J.C.Schewe<br />
<strong>Die</strong> <strong>heparininduzierte</strong> <strong>Thrombozytopenie</strong> (<strong>HIT</strong> <strong>II</strong>). Eine medizinökonomische Betrachtung<br />
Zusammenfassung<br />
Hintergrund. Heparine gelten im Rahmen<br />
der stationären und zunehmend auch<br />
ambulanten Thromboseprophylaxe seit<br />
Jahrzehnten als Standardtherapie. Neben<br />
dem therapeutischen Nutzen birgt die<br />
Therapie mit Heparinen allerdings auch die<br />
Gefahr unerwünschter Nebenwirkungen<br />
wie Blutungen und <strong>Thrombozytopenie</strong>n.<br />
Als schwerwiegende Nebenwirkung gilt die<br />
<strong>heparininduzierte</strong> <strong>Thrombozytopenie</strong> (<strong>HIT</strong> <strong>II</strong>).<br />
Zielsetzung. <strong>Die</strong> folgende Arbeit unterzieht<br />
die <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> einer medizinökonomischen Betrachtung<br />
(Behandlung, Arzneimittel, Folgekosten<br />
aufgrund möglicher Komplikationen) und<br />
betrachtet im Hinblick auf eine mögliche <strong>HIT</strong>-<br />
<strong>II</strong>-Prophylaxe auch Aspekte der zunehmend<br />
im Fokus stehenden Patientensicherheit.<br />
Methode. Im Rahmen einer Literaturrecherche<br />
wurden die für eine <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Behandlung<br />
zugelassenen Wirkstoffe Argatroban und<br />
Danaparoid evaluiert.<br />
Ergebnisse. Eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> – insbesondere in<br />
Kombination mit thromboembolischen Komplikationen<br />
– bedeutet für das Krankenhaus<br />
eine medizinökonomische Belastung. Zwar<br />
stellt dies nur eine Orientierungshilfe dar,<br />
zeigt aber auf, dass ein <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Syndrom nicht<br />
ausreichend durch das DRG-Entgeltsystem<br />
kostendeckend abgebildet wird. Eine<br />
frühzeitige Thromboseprophylaxe mit Argatroban/Danaparoid<br />
bei <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten<br />
ist daher aus medizinökonomischen, aber<br />
auch aus patientensicherheitsrelevanten<br />
Gesichtspunkten in Erwägung zu ziehen.<br />
Erfahrungsgemäß sollte bei diesen „medical<br />
needed“-Produkten (Antikoagulanzien) eine<br />
Arzneimittelversorgung aus Gründen der<br />
Patientensicherheitgewährleistet sein.<br />
Schlussfolgerung. Das Risiko einer immunologischen<br />
Reaktion auf eine Heparintherapie<br />
ist bekannt. Im Sinne einer erhöhten Patientensicherheit<br />
sollte die Thromboseprophylaxe<br />
mit einer risikoadjustierten <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Prophylaxe<br />
erfolgen.<br />
Schlüsselwörter<br />
Heparin · Antikoagulanzien · <strong>Thrombozytopenie</strong><br />
· Krankenhauspatienten ·<br />
Patientensicherheit<br />
Heparin-induced thrombocytopenia type <strong>II</strong> (<strong>HIT</strong> <strong>II</strong>). A medical-economic view<br />
Abstract<br />
Background. In the context of inpatient<br />
and increasingly ambulatory thrombosis<br />
prophylaxis, heparins have been recognised as<br />
standard therapy for decades. In addition to<br />
the therapeutic benefit, therapy with heparins<br />
also entails the risk of undesirable side effects,<br />
such as bleeding and thrombocytopenia.<br />
Heparin-induced thrombocytopenia (<strong>HIT</strong> <strong>II</strong>) is<br />
deemed a serious side effect.<br />
Aim. In the following work, <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> is subjected<br />
to a medico-economic consideration<br />
(treatment, pharmaceuticals, subsequent<br />
costs due to possible complications) and, with<br />
regard to a possible <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> prophylaxis, aspects<br />
of increasingly respected patient safety are<br />
also considered.<br />
Methods. In the context of a literature<br />
search the active ingredients argatroban and<br />
danaparoid, which are approved for <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
treatment, were evaluated.<br />
Results. <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> – especially in combination<br />
with thromboembolic complications –<br />
represents a medical-economic burden for the<br />
hospital. Although this is only an orientation<br />
guide, it shows that <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> syndrome is not<br />
adequately cost-covered by the G-DRG<br />
system. An early thrombosis prophylaxis with<br />
argatroban/danaparoid for <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> risk patients<br />
should therefore be taken into account for<br />
medical-related as well as patient safetyrelevant<br />
aspects. According to experience, the<br />
pharmaceutical supply for these medically<br />
needed products (anticoagulants) should be<br />
ensured for reasons of patient safety.<br />
Conclusion. The risk of an immunological<br />
response to heparin therapy is known. Within<br />
the context of increased patient safety,<br />
thrombosis prophylaxis should be issued with<br />
arisk-adjustedprophylaxis.<br />
Keywords<br />
Heparin · Anticoagulants · Thrombocytopenia ·<br />
Inpatients · Patient safety<br />
nerhalb von 10 min erreicht [66]. Der<br />
konstante Plasmaspiegel (Steady State)<br />
wird innerhalb von 1–3 h erreicht [28,<br />
29]. Der Zielbereich für den aPTT-Wert<br />
im Steady State beträgt das 1,5- bis 3,0-<br />
Fache des anfänglichen Basiswertes [28].<br />
<strong>Die</strong> Metabolisierung erfolgt über die<br />
Leber und die Substanz wird hauptsächlich<br />
hepatobiliär eliminiert. Eine Dosisanpassung<br />
ist deshalb bei eingeschränkter<br />
Nierenfunktion nicht notwendig [18,<br />
28]. Als Hauptkomplikation ist – wie bei<br />
allen Antikoagulanzien – eine erhöhte<br />
Blutungsneigung zu sehen. Im Gegensatz<br />
zu Heparin, welches mit Protamin<br />
einen sehr kompetenten und unmittelbar<br />
wirksamen Antagonisten vorweisen<br />
kann, gibt es für Argatroban momentan<br />
kein verfügbares Antidot. Aufgrund seinerkurzenHalbwertszeitistbeinormaler<br />
Leberfunktion allerdings die antikoagulatorische<br />
Wirkung von Argatroban nach<br />
ca. 2–3 h abgeklungen.<br />
Danaparoid<br />
Danaparoid [29] ist ein partiell degradiertes<br />
GAG-Gemisch (sulfatierte Glykosaminoglykane)<br />
mit einem mittleren<br />
Molekulargewicht von 4000–7000 Dalton.EskannwiedieHeparinenichtgravi-<br />
metrisch (gewichtsbezogen) dosiert werden<br />
[70]. Daher erfolgen die Quantifizierung<br />
und das Monitoring über Anti-F-<br />
Xa-Einheiten. Pharmakokinetisch zeigt<br />
es Anti-F-Xa-Aktivität mit einer Halbwertszeit<br />
von ca. 25 h nach subkutaner<br />
Gabe (>5× länger als NMH) und 7 h nach<br />
intravenöser Gabe. Der Steady State ist<br />
nach 4–5 Tagen (Anti-F-Xa-Spiegel) erreicht.<br />
Danaparoid wird zu 30–50 % über<br />
die Niere ausgeschieden, was ein Monitoring<br />
derAnti-Faktor-Xa-Aktivität beiPatientenmitrenalerDysfunktionerfordert<br />
[3].<br />
336 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017
Medizinökonomische Betrachtung<br />
und Patientensicherheit<br />
Im Hinblick auf die Behandlung der<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> müssen die Krankenhäuser zudem<br />
ökonomische und patientensicherheitsrelevante<br />
Aspekte berücksichtigen.<br />
Hierzu bedürfen folgende Gesichtspunkte<br />
einer weiterführenden Betrachtung:<br />
1. Welche Kosten entstehen bei der<br />
stationären Behandlung eines <strong>HIT</strong>-<br />
<strong>II</strong>-Patienten?<br />
2. Welchen Einfluss haben Komplikationen,<br />
die durch eine nicht rechtzeitig<br />
erkannte <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> bedingt sind, auf die<br />
Krankenhausverweildauer und die<br />
Behandlungskosten?<br />
3. Kann die standardisierte primäre<br />
Gabe von Argatroban/Danaparoid<br />
als Thromboseprophylaxe bei <strong>HIT</strong>-<br />
<strong>II</strong>-Risikopatienten auf der Intensivstation<br />
Behandlungskosten für das<br />
Krankenhaus einsparen?<br />
4. Kann bei einem <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten<br />
mit einer Immobilisation der<br />
unteren Extremitäten im Rahmen<br />
einer ambulanten chirurgischen/<br />
konservativen Behandlung eine mögliche<br />
Behandlungslücke bestehen?<br />
5. Welchen Stellenwert hat die Prävention<br />
der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> aus Sicht der<br />
Patientensicherheit bei Risikopatienten?<br />
6. Hat die Arzneimittelliefersicherheit<br />
für eine <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Therapie unter<br />
Aspekten der Patientensicherheit<br />
einen besonderen Stellenwert?<br />
Methodik<br />
In dieser Übersichtsarbeit werteten wir<br />
für die Literaturrecherche nur aktuelle<br />
Publikationen zur <strong>heparininduzierte</strong>n<br />
<strong>Thrombozytopenie</strong> des Zeitraumes von<br />
2005 bis 2015 aus. Eingeschlossen wurden<br />
wissenschaftliche Veröffentlichungen,<br />
welche die Diagnostik und Behandlung<br />
der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> unter Berücksichtigung<br />
der für diese Indikation zugelassenen<br />
Arzneimittel (Argatroban/Danaparoid)<br />
beleuchteten, sowie Publikationen, die<br />
zudem Aussagen bezüglich des durch<br />
eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> induzierten Kostenausmaßes<br />
betrafen.<br />
Verwendete Suchstrategie: <strong>Die</strong> beiden<br />
für die Indikation der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> zugelassenen<br />
Wirkstoffe „Argatroban“ und<br />
„Danaparoid“ wurden mit folgenden<br />
Suchbegriffen (in englischer und deutscher<br />
Sprache) kombiniert: „Heparininduzierte<br />
<strong>Thrombozytopenie</strong>“, „Thromboseprophylaxe“,<br />
„Bridging“, „Heparininduzierte<br />
<strong>Thrombozytopenie</strong> und Kosten“.<br />
Über die Verknüpfung der allgemeinen<br />
Begriffe mit den für eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
zugelassenen Wirkstoffen erfassten wir<br />
Quellen, die sich als Einzelkasuistiken<br />
einer sehr speziellen Thematik widmeten<br />
oder als Publikationen mit folgenden<br />
Schwerpunkten beschäftigten:<br />
4 hämatologischer, laborchemischer<br />
Schwerpunkt,<br />
4 klinische Erfahrungen zu Argatroban<br />
bzw. Danaparoid bei speziellen<br />
Patientengruppen bzw. Eingriffen<br />
im Bereich der Kardiochirurgie,<br />
Lebertransplantation, Hämodialyse,<br />
4 Thromboseprophylaxe mit Heparinen<br />
und anderen Antikoagulanzien<br />
ohne <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Zulassung,<br />
und daher in dieser Publikation keine<br />
Berücksichtigung finden konnten.<br />
Medizinökonomische Aspekte<br />
einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
Aspekt 1: Welche Kosten entstehen bei<br />
der stationären Behandlung eines <strong>HIT</strong>-<br />
<strong>II</strong>-Patienten? Um den medizinökonomischen<br />
Aufwand eines akutstationär behandelten<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Patienten (s. unter Abschn.<br />
„Behandlungskosten einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong>“)<br />
in Deutschland transparenter abzubilden,<br />
erfolgt zunächst eine kurze Darstellung<br />
des diagnostischen Pfades bei<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdacht. Nachfolgend wird auf<br />
die alternative antikoagulatorische Therapie<br />
basierend auf den Arzneimittelfachinformationen<br />
eingegangen.<br />
Diagnostischer Pfad<br />
In der Praxis wertet man häufig einen<br />
Thrombozytenabfall unter Heparintherapie<br />
als Verdacht auf eine mögliche<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> und fordert aus Patientensicherheitsgründen<br />
spezifische Labortest an.<br />
Beim Verdacht auf eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> erfolgt<br />
zunächst eine klinische Abklärung über<br />
das 4T-Scoring-Verfahren. <strong>Die</strong>ses basiertaufderAbfragevonvierklinischen<br />
Kriterien der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong>, die in Abhängigkeit<br />
von der Ausprägung mit einem Punktescore<br />
von 0, 1 oder 2 bewertet werden.<br />
Folgende Kriterien werden abgefragt<br />
[30]:<br />
1. <strong>Thrombozytopenie</strong> unter Heparin:<br />
Liegt eine <strong>Thrombozytopenie</strong> vor?<br />
2. Timing der <strong>Thrombozytopenie</strong> unter<br />
Heparin: Wie ist der zeitliche Verlauf<br />
der <strong>Thrombozytopenie</strong>?<br />
3. Thrombosen: Liegen eine Thrombose<br />
oder andere Komplikationen vor?<br />
4. Andere Gründe („OTHERS“) für<br />
einen Thrombozytenabfall (Differenzialdiagnose)?<br />
In Abhängigkeit der Summe der ermittelten<br />
Punktzahl wird die weitere Vorgehensweise<br />
empfohlen [31, 32]:<br />
4 0–3 Punkte: Fortsetzen der Antikoagulation<br />
mit Heparin oder<br />
alternative Antikoagulation (AA),<br />
4 4–5 Punkte: ärztliches Ermessen, ob<br />
Heparingabe fortgesetzt wird oder<br />
AA,<br />
4 6–8 Punkte: Absetzen der Heparingabe<br />
und Therapie mittels eines<br />
alternativen Antikoagulans.<br />
Bei einem niedrigen 4T-Score (≤3) ist<br />
eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> sehr unwahrscheinlich, sodass<br />
Heparin oder ein alternatives Antikoagulans<br />
weiter appliziert werden kann.<br />
Liegt eine begründete Verdachtsdiagnose<br />
auf eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> vor (ab 4T-Score ≥4<br />
fakultativ,≥6obligatorisch),solltedieHeparintherapie<br />
unverzüglich gestoppt und<br />
der Patient auf eines der beiden alternativen<br />
Arzneimittel (Argatroban oder<br />
Danaparoid) umgestellt werden. Parallel<br />
sollte im 1. Schritt eine immunologische<br />
Diagnostik (z. B. PF4-ELISA, EIA)<br />
durchgeführt werden [21]. Fällt der PF4-<br />
ELISA, EIA-Test negativ oder schwach<br />
positiv aus (Konzentration (OD)
Originalien<br />
Tab. 2 Medizinökonomische Dosierungsanalyse<br />
Argatroban<br />
Danaparoid<br />
Ampulle 2,5 ml (100 mg/ml) ➔ 250 mg Argatroban,<br />
Endkonzentration nach empfohlener<br />
Verdünnung 1 mg/ml a<br />
Herstellerabgabepreis: 175,85 € (Lauer-Taxe<br />
Stand 12.10.2015)<br />
Standarddosierung (Fachinformation)<br />
Dosierung: 2,0 μg/kg Körpergewicht × min b<br />
Tagesdosis: 10,2 mg × 24 h = 244,80 mg bzw.<br />
172,19 €, gesamt: 1468,8 mg<br />
Behandlung über 6 Tage = 1033,14 €<br />
Dosierungen gemäß klinischer Praxis, z. B. Alatri<br />
et al.<br />
Dosierung = a) 1,0 bzw. b) 0,5 μg/kg Körpergewicht<br />
× min<br />
Tagesdosis = a) 5,1 mg × 24 h = 122,40 mg<br />
bzw. 86,10 €, b) 2,55 mg × 24 h = 61,20 mg<br />
bzw. 43,04 €, gesamt: a) 734,40 mg bzw.<br />
b) 367,2 mg<br />
Behandlung über 6 Tage = 516,60 € bzw.<br />
258,30 €<br />
a im stationären Setting als Multidose über 72 h verwendbar<br />
b abweichende Dosierung bei eingeschränkter Leberfunktion erforderlich<br />
c vor Preisanpassung<br />
10 Ampullen (750 I. E.)<br />
Herstellerabgabepreis 218,85 € c (Lauer-Taxe<br />
Stand 12.10.2015)<br />
1 Ampulle 1,89 €<br />
Therapeutische Dosierung beträgt bei<br />
55–90 kg Körpergewicht gemäß Fachinformation:<br />
1. i. v. als Bolus 2250 Anti-Xa-Einheiten<br />
2. danach i. v. 400 Anti-Xa-Einheiten/h über 4 h<br />
3. danach i. v. 300 Anti-Xa-Einheiten/h über 4 h<br />
4. anschließend 150–200 Anti-Xa-Einheiten/h<br />
5. 150–200/h Anti-Xa-Einheiten über 5–7 Tage<br />
(Erhaltungsinfusion):<br />
1. 2250 Xa-Einheiten<br />
2. 1600<br />
3. 1200<br />
4. 200 × 16 h = 3200<br />
5. 200 × 24 h = 4800 × 5 Tage = 24.000<br />
Gesamt 32.250/750 I. E. = 43 ➔ 43 Ampullen<br />
Behandlung über 6 Tage = 941,47 € c<br />
(12.10.2015 gem. Lauer-Taxe)<br />
könnenund dies inderKonsequenznicht<br />
zu Komplikationen führt [73].<br />
Daher sollte im 2. Schritt eine funktionelle<br />
Labordiagnostik (HIPA [Heparininduzierter<br />
Plättchenaktivierungsassay]<br />
oder SRA [Serotonin release Assay]) [21]<br />
erfolgen [32]. Ob ein schwach positives<br />
Ergebnis des PF4-ELISA-Tests durch<br />
einen funktionellen Test weiter zu verifizieren<br />
ist, hängt von den klinischen<br />
Gegebenheiten ab (4T-Score ≥4), ggf.<br />
sollte eine Reevaluation der klinischen<br />
Wahrscheinlichkeit vorgenommen werden<br />
[21]. Bei einem hohen prädiktiven<br />
Wert des immunologischen Tests ist auf<br />
jeden Fall ein funktionaler Test durchzuführen.<br />
Ein positiver Befund lässt<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> schließen [21].<br />
Aufgrund unterschiedlicher Abrechnungsmodalitäten<br />
werden in der Literatur<br />
verschiedene Preise für einen PF4-<br />
ELISA angegeben: 27,98 € gemäß der<br />
GOÄ 1,15facher Gebührensatz ([34],<br />
GOÄ-Ziffer 3950) und 23,00 € gemäß<br />
demDKG-NT[33];diese„Modellkosten“<br />
können für eine interne Kostenleistungsverrechnung<br />
eines krankenhauseigenen<br />
Labors zugrunde gelegt werden [34],<br />
sofern kein krankhauslaborindividuelles<br />
Kostenverrechnungsmodell genutzt<br />
wird. Der HIPA-Leistungsverrechnungssatz<br />
liegt bei 52,46–64,12 € ([34], GOÄ-<br />
Ziffer 3894 bzw. 3895, 1,15facher Gebührensatz<br />
nach der Gebührenordnung<br />
für Ärzte GOÄ) und bei 31,70 € gemäß<br />
DKG-NT [33].<br />
Medikamentenkosten einer <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>therapeutischen<br />
Dosierung für<br />
Argatroban und Danaparoid<br />
Um einen medizinökonomischen Therapiekostenvergleich<br />
zwischen den beiden<br />
alternativen Antikoagulanzien Argatroban<br />
und Danaparoid abzubilden, wurden<br />
für das nachfolgende Modell (s. . Tab. 2)<br />
zwei Annahmen getroffen:<br />
1. Patientengewicht 85 kg Körpergewicht<br />
(KG),<br />
2. der Behandlungszeitraum beträgt<br />
6Tage,inAnlehnungandiemittlere<br />
Verweildauer der DRG Q60C<br />
(<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> als Erstdiagnose). In Abhängigkeit<br />
des Therapieverlaufes kann<br />
in der Praxis selbstverständlich aber<br />
auch eine längere Medikationsdauer<br />
erforderlich sein.<br />
Bei Verdacht auf eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> appliziert<br />
man Argatroban in unterschiedlichen<br />
Dosierungen, entsprechend den Erfordernissen<br />
des Patienten und der zugrunde<br />
liegenden Erkrankung: zum einen die<br />
in der Fachinformation angegebene Dosierung,<br />
nach der sich auch die ACCP-<br />
Guideline richtet. <strong>Die</strong>se empfiehlt bei<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdacht oder -diagnose eine<br />
therapeutische Dosis [35].<br />
Zum anderen gibt es die DosierungsempfehlungnachAlatrietal.[36].Gemäß<br />
denErgebnissendesConsensusMeetings<br />
für die Applikation von Argatroban bei<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Patienten, die eine antithrombotische<br />
Behandlung benötigen [36],<br />
wurden die Dosierungsschemata auf der<br />
Grundlage der über die Jahre gesammelten<br />
klinischen Erfahrungen angepasst.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutet:<br />
3. bei Intensivpatienten mit Verdacht<br />
auf <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> wird eine deutlich niedrigere<br />
Argatroban-Dosierung empfohlen<br />
[37]. <strong>Die</strong> Anfangsdosis bei<br />
einer <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdachtsdiagnose ohne<br />
thrombotische Komplikationen<br />
liegt bei 0,5 μg/kg Körpergewicht ×<br />
min, Monitoring der aPTT alle 2 h,<br />
ggf. Adjustierung, bis Steady State<br />
erreicht.<br />
4. Bei Patienten ohne Symptome einer<br />
Leberfunktionsstörung/Perfusion<br />
liegt die Dosierung bei 1,0 μg/kg<br />
Körpergewicht × min.<br />
5. Bei lebensbedrohlichen thrombotischen<br />
Ereignissen 2,0 μg/kg<br />
Körpergewicht × min.<br />
Behandlungskosten einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
InderLiteraturfindensichunterschiedliche<br />
Angaben zu den Behandlungskosten<br />
einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> während eines Krankenhausaufenthaltes<br />
für amerikanische [38,<br />
40–42, 44], kanadische [43] sowiedeutsche<br />
Krankenhäuser [33, 45].<br />
Eine im Jahr 2015 veröffentlichte Publikation<br />
von Kim et al. [34] untersucht<br />
im Rahmen einer Modellberechnung ein<br />
mögliches Einsparpotenzial bei regelhafter<br />
Gabe von Argatroban als Thromboseprophylaxe<br />
(vgl. Abschnitt „Antikoagulanziendosierung<br />
bei noch nicht bestätigtem<br />
Anfangsverdacht“).<br />
Wie die veröffentlichten Daten zeigen<br />
(s. . Tab. 3), weichen die US-amerikanischen<br />
Daten zu <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> deutlich<br />
von den deutschen Kostendaten [33,<br />
45] mit durchschnittlichen Kosten von<br />
ca. 9008–9346 € ab, was durch die unterschiedlichen<br />
stationären Kostenstrukturen<br />
in beiden Gesundheitssystemen<br />
bedingt ist.<br />
338 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017
Tab. 3 Kosten der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> – Kostenstrukturen und Krankenhausaufenthalte im Vergleich<br />
Autor/Studiendesign Kosten bei <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bedingte Dauer des<br />
KH-Aufenthaltes<br />
USA Wechselkurs vom 21.9.2016<br />
Creekmore et al.<br />
(2006) [42], gematchter<br />
Paarvergleich<br />
(GPV)<br />
Frame (2005) [40], kein<br />
GPV, kardiologische<br />
Patienten<br />
Smythe et al. (2008)<br />
[38], GPV<br />
Baroletti et al. (2008)<br />
[44], kein GPV<br />
Kanada Wechselkurs vom 21.9.2016<br />
Nanwa et al. (2011)<br />
[43], GPV<br />
Deutschland<br />
41.133 $ (36.900 €) Mehrkosten durch<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> 56.364 $ (50.564 €) Fälle mit <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
(n: 44) 15.231 $ (13.663 €) Fälle ohne<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> (n: 212)<br />
Gesamtkosten 30.202 $<br />
Unterscheidung zwischen Patienten gesamt<br />
(Pgesamt) und Medicare-Patienten<br />
(MP) Darstellung anhand der Differenz<br />
von Einkünften und Kosten<br />
Pgesamt = 14.387 $ (12.884 €)<br />
(37.879–52.266 $)<br />
MP = 20.170 $ (18.062 €)<br />
(37.573–57.743 $)<br />
Gesamtkosten für <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
122.191 $ (1<strong>09</strong>.423 €) ohne Komplikationen<br />
(n: 262)<br />
112.281 $ (100.549 €) mit Komplikationen<br />
(n: 87)<br />
Durchschnittskosten<br />
$ Can 34.155 (23.222 €) <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> mit Komplikationen<br />
(n: 12, Range 358–202.069),<br />
$ Can 4575 (3110 €)<br />
<strong>HIT</strong> ohne Komplikationen<br />
(n: 8, Range 39–16.373)<br />
Tesch (20<strong>09</strong>) [33], kein Durchschn. Kosten = 9346,85 € (n: 102)<br />
GPV a Davon 4168,86 € (44,60 %) für längere<br />
Liegezeit<br />
14.754 € <strong>HIT</strong> mit Thrombose<br />
4540,05 € <strong>HIT</strong> ohne Thrombose<br />
Wilke und Greinacher<br />
(2011) [45]<br />
Durchschn. Kosten = 9008 € b<br />
11.805 € (n: 67) <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> mit Thrombose,<br />
Median Kosten 7841 €,<br />
5936 € (n: 61) <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> ohne Thrombose,<br />
Median Kosten 4203 € (Verweis auf<br />
Tesch)<br />
>12,5 Tage<br />
11,9 Tage<br />
23,3 (Pgesamt) vs. 8,8 der<br />
Kontrollgruppe ➔ 14,5 Tage<br />
(P < 0,0001)<br />
26,3 (MP) vs. 10,5 der Kontrollgruppe<br />
➔ 15,8 Tage<br />
(p < 0,0001)<br />
k. A.<br />
k. A..<br />
14,37 T längere Liegezeit bei<br />
den 102 Patienten<br />
Davon 4,05 T = med. begründet<br />
und 10,32 T = <strong>HIT</strong>-<br />
<strong>II</strong>-begründet<br />
k. A..<br />
a Retrospektive Einzelfallbetrachtung der als <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> gekennzeichneten Patienten. Zunächst erfolgte<br />
eine Zuordnung der patientenbezogenen Kosten (Diagnose, Medikamente, Interventionen, Liegezeiten),<br />
danach eine Abgrenzung der Kosten nach isolierten <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Fällen und <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Fällen mit<br />
Komplikationen.<br />
b ausreißerbereinigt<br />
Mögliche Gründe für die unterschiedlichen<br />
Kosten liegen in den verschiedenen<br />
Kostenstrukturen für Diagnostik<br />
und Therapie; darüber hinaus sind auch<br />
die methodischen Studienansätze unterschiedlich<br />
gewählt worden [45]. Ergänzend<br />
zu Wilke et al. müsste bei einer<br />
entsprechend vollwertigen „Kostenvergleichbarkeit“<br />
gewährleistet sein, dass<br />
die patientenzentrierten Diagnostik- und<br />
Therapieregime einheitlich in den unterschiedlichen<br />
Zentren genutzt wurden,<br />
und darüber hinaus müsste auch der<br />
Patientenmorbiditätsgrad vergleichbar<br />
sein.<br />
Aspekt 2: Wie verlängert sich bei Patienten<br />
mit nicht rechtzeitig diagnostizierter<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> infolge auftretender<br />
Komplikationen der stationäre Krankenhausaufenthalt<br />
und welche Effekte<br />
gibt es bei den Behandlungskosten?<br />
Nach Quellenangaben (s. . Tab. 3) beträgt<br />
die durchschnittliche längere Liegezeit<br />
zwischen 10 und 16 Tagen in<br />
Abhängigkeit der individuellen Hauptund<br />
Nebendiagnosen, wobei die Liegedauer<br />
der Patienten ohne <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
unberücksichtigt bleiben muss, da die<br />
Autoren diesbezüglich keine Angaben<br />
vornahmen.<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bedingte Folgekosten<br />
Welche stationären Folgekosten entstehendurchdieDiagnoseundBehandlung<br />
einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong>? Unter Abschn. Behandlungskosten<br />
einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> sind die bisher<br />
veröffentlichten Kosten einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
unter Berücksichtigung der aufgeführten<br />
Komplikationen abgebildet worden [33,<br />
45]. Da eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> selten als Hauptdiagnose<br />
isoliert gestellt wird, werden auch<br />
ggf. eintretende Komplikationen aufgeführt,<br />
welche die bestehenden Grunderkrankungen<br />
des Patienten negativ beeinflussen<br />
können.<br />
<strong>Die</strong> durch eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> und durch möglicheKomplikationeninduziertenKosten<br />
(vgl. . Tab. 4) sind modellhaft dargestellt,<br />
wobei die nachfolgenden Annahmen getroffen<br />
werden:<br />
1. In der Literatur finden sich tagesbezogene<br />
Kosten für eine intensivmedizinische<br />
Behandlung von<br />
1050–1365 € [34, 46–49]. In der folgenden<br />
Modellrechnung gehen wir<br />
von einem Tageskostensatz für die<br />
Intensivtherapie von 1050 € und Pflegesatzkosten<br />
in Höhe von 300 € für<br />
die Behandlung auf Normalstation<br />
aus.<br />
2. <strong>Die</strong> durchschnittliche Liegedauer<br />
eines Patienten auf Intensivstation<br />
beträgt in Deutschland bei allgemeinen<br />
Krankenhäusern 3,5 Tage,<br />
während sie bei Universitätskliniken<br />
mit 5 Tagen etwas höher ist [50].<br />
In der weiteren Vorgehensweise wird<br />
die mittlere Verweildauer der jeweiligen<br />
DRG entsprechend dem Verhältnis<br />
der durchschnittlichen Aufenthalte der<br />
Intensiv-(ITS-) und der Normalstation<br />
(NST) zugeordnet und mit den jeweils<br />
angenommenen Tagessätzen multipliziert.<br />
Daraus resultieren die möglichen<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bedingten Zusatzkosten.<br />
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017 339
Originalien<br />
Tab. 4 Modellrechnung für <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Folgekosten gemäß DRG-Browser (Zugriff: 27.8.2015)<br />
DRG Bezeichnung RG BFW DRG-<br />
Erlös<br />
(in €)<br />
E64A Respiratorische Insuffizienz, mehr<br />
als ein Belegungstag, mit äußerst<br />
schweren CC oder Lungenembolie<br />
F65B Periphere Gefäßkrankheiten ohne<br />
komplexe Diagnose oder ohne<br />
äußerst schwere CC (tiefe Beinvenenthrombose)<br />
B70F Apoplexie ohne neurologische Komplexbehandlung<br />
des akuten Schlaganfalls,<br />
ohne andere neurologische<br />
Komplexbehandlung des akuten<br />
Schlaganfalls, ohne komplexen zerebrovaskulären<br />
Vasospasmus, ohne<br />
komplizierende Diagnose, ohne systemische<br />
Thrombolyse<br />
F60B Akuter Myokardinfarkt ohne invasive<br />
kardiologische Diagnostik, ohne<br />
äußerst schwere CC<br />
MVD ITS:NST Kosten<br />
€<br />
1,127 3190 3595 9 3,5 5,5 5325<br />
0,743 3190 2370 6 3,5 2,5 4250<br />
0,959 3190 3059 8 3,5 4,5 5025<br />
0,842 3190 2686 7 3,5 3,5 4725<br />
RG Relativgewicht, BFW Basisfallwert, MVD mittlere Verweildauer, ITS Intensivstation, NST Normalstation<br />
Tab. 5 <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> mit Komplikationen – Erlöse und Kosten im Vergleich<br />
DRG-Erlöse<br />
Behandlungskosten (Arzneimittelpreise Lauer-Taxe vom<br />
12.10.2015)<br />
DRG-Erlös (E64A)<br />
3595,00 €<br />
Zuschlag OGV 277,53 €<br />
Gesamt 3872,53 €<br />
4200 € (4 Tage ITS bis Auftreten der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong>)<br />
6300 € (6 Tage <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bedingter Aufenthalt auf ITS = mVWD 6 Tage)<br />
2700 € (9 Tage NST, davon 4 Tage <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bedingt, 5 Tage med. bedingt<br />
(wg. LE))<br />
1256 € bis<br />
1722 € a (direkte Kosten antikoagulatorischer Medikation bei <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
(ohne andere Medikamente))<br />
Gesamt 14.456 € bis 14.921,90 €<br />
Gesamt DRG-Erlöse 3872,53 €<br />
Gesamtkosten 14.456 € bis 14.921,90 €<br />
Ergebnis –10.583,47 € bis –11.049,37 €<br />
ITS Intensivstation, NST Normalstation<br />
a Anmerkung: <strong>Die</strong> <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bedingte Medikation variiert in Abhängigkeit des eingesetzten Wirkstoffes.<br />
Argatroban 10 Tagesdosen: 172,19 € × 10 = 1721,90 €. Danaparoid unter Berücksichtigung der<br />
Erhaltungsinfusion über max. 7 Tage (gemäß Fachinformation) = 1225,84 €, bei einer medizinisch<br />
notwendigen verlängerten Gabe über insgesamt 10 Tage = 1488,52 €.<br />
Szenario Krankenhaus: Patient mit<br />
akuter <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> entwickelt eine frische<br />
Thrombose (TVT), eine Lungenembolie,<br />
einen Schlaganfall oder einen<br />
Myokardinfarkt.<br />
<strong>Die</strong> Zusatzkosten für die oben ausgewiesenen<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Komplikationen belaufen<br />
sich von 4250 € bis 5325 €. <strong>Die</strong>se<br />
Szenarien weisen folgende Limitationen<br />
auf:<br />
a) BisaufdasDRG-BeispielderLungenembolie<br />
wurde auf DRG mit<br />
schwerer CC verzichtet. <strong>Die</strong>s vor<br />
dem Hintergrund, dass Patienten<br />
mit längeren Verweildauern nicht<br />
zwangsläufig dem DRG-CC-Codierlevel<br />
„A“ zugeordnet werden.<br />
b) <strong>Die</strong> Intensivstationsverweildauer<br />
hängt erfahrungsgemäß von der<br />
Krankenhausversorgungsstufe, dem<br />
individuellen Erkrankungsschweregrad<br />
des Patienten sowie der Behandlungserfahrung<br />
des behandelnden<br />
Teams ab.<br />
<strong>Die</strong> ökonomische Belastung für das<br />
Krankenhaus infolge einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> mit<br />
Komplikationen verdeutlicht die nachfolgende<br />
modellhafte Gegenüberstellung<br />
der DRG-Erlöse versus der <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>bedingten<br />
Kosten (vgl. . Tab. 5).<br />
Folgende Fallsimulation liegt der Gegenüberstellung<br />
zugrunde: Ein Patient<br />
wird mit einer frischen Lungenembolie<br />
infolge einer Thrombose stationär aufgenommenund<br />
am 4. Tag nachderAufnahme<br />
(entspricht dem 5. Tag der Heparintherapie<br />
– „typical onset“-Szenario: zwischen<br />
dem 5.–10. Tag) wird eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
diagnostiziert und behandelt. <strong>Die</strong> Verweildauer<br />
für diesen Patienten beträgt<br />
insgesamt 19 Tage. Da die Lungenembolie<br />
ursächlich für die Krankenhauseinweisung<br />
ist, kommt die DRG E64A zum<br />
Tragen (nicht Q60C – <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> als Erstdiagnose).<br />
Wie die vereinfachte Fallsimulation<br />
zeigt, stehen DRG-Erlösen von 3872,53 €<br />
Kosten von 14.456–14.921,90 € gegenüber<br />
(vgl. hierzu ähnliche Kostensituation<br />
bei Tesch [33] über 14.754 €), was<br />
zu einem Fehlbetrag von –10.583,47 € bis<br />
–11.049,37 €führt.<br />
Antikoagulanziendosierung<br />
bei noch nicht bestätigtem<br />
„Anfangsverdacht“<br />
Aspekt 3: Lassen sich durch eine regelhafte<br />
Gabe vonArgatroban/Danaparoid<br />
als „Thromboseprophylaxe“ bei intensivstationären<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten<br />
(anstelle einer Standardheparinmedikation)<br />
Behandlungskosten für das<br />
Krankenhaus einsparen? Unter Berücksichtigung<br />
der oben dargestellten <strong>HIT</strong>-<br />
<strong>II</strong>-bedingten Komplikationskosten kann<br />
darüber diskutiert werden, inwieweit es<br />
aus Gründen einer erhöhten Patientensicherheit<br />
sowie aus medizinökonomischer<br />
Perspektive empfehlenswert sein<br />
kann, bei <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten – wie<br />
bei Kleinschmidt [67] beschrieben –<br />
eine indizierte antikoagulatorische Therapie<br />
mit Argatroban oder Danaparoid<br />
anstelle von Heparinen regelhaft durchzuführen<br />
(s. . Tab. 6). Es wird daher<br />
künftig weitergehender evidenzbasierter<br />
Studien bedürfen, um belastbare Therapie-<br />
und Outcomedaten zur Behandlung<br />
mit Argatroban/Danaparoid als „Thromboseprophylaxe“<br />
bei noch unbestätigter<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Diagnose zu erhalten.<br />
Medikamentenkosten <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> – „prophylaktische“<br />
Dosierung für Argatroban<br />
340 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017
Tab. 6 Prophylaktische Dosierung für Argatroban und Danaparoid<br />
Argatroban<br />
Danaparoid<br />
Ampulle 2,5 ml (100 mg/ml) ➔ 250 mg Argatroban,<br />
Endkonzentration nach empfohlener<br />
Verdünnung 1 mg/ml<br />
Herstellerabgabepreis: 175,85 € (Lauer-Taxe<br />
Stand: 12.10.2015)<br />
Dosierung: 0,5 μg/kg Körpergewicht × min<br />
Tagesdosis: 2,55 mg × 24 h = 61,20 mg bzw.<br />
43,04 €<br />
Gesamt 367,2 mg<br />
Behandlung über 6 Tage = 258,30 €<br />
10 Ampullen (750 I. E.) 218,50 €, 1 Ampulle<br />
21,85 €<br />
(Lauer-Taxe 12.10.2015)<br />
Prophylaktische Dosierung beträgt bei<br />
55–90 kg<br />
3 × 750 I. E. s. c. = 65,55 € a<br />
Behandlung über 6 Tage = 393,30 €<br />
Bei Verwendung von Multidose sind die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI) zu beachten<br />
[71].<br />
a vor Preisanpassung (Basis Lauer-Taxe vom 12.10.2015)<br />
und Danaparoid [67, 68] (Beispielrechnung<br />
für 85 kg schweren Patienten,<br />
. Tab. 6).<br />
Von Kim et al. [34] wurdenentsprechende<br />
Modellbetrachtungen vorgenommen:<br />
Ein zunächst auf der pharmaökonomischen<br />
Konstellation (Arzneimittel,<br />
Preis) des Universitätsklinikums<br />
Bonn beruhender Vergleich zwischen<br />
dem Wirkstoff Argatroban und Heparin<br />
zeigt, dass der Preis für Argatroban<br />
17fach höher ist als der für Heparin<br />
(37,60 € vs. 2,17 € Tagestherapiekosten).<br />
<strong>Die</strong>s würde zunächst für die Antikoagulation<br />
mit Heparin sprechen. Gemäß<br />
den Autoren betrug jedoch der durchschnittliche<br />
Intensivstationsaufenthalt<br />
7,5 ± 1,3 Tage, bevor eine <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdachtsdiagnose<br />
gestelltwurde.InderAnnahme,<br />
dass die Patienten von Beginn<br />
an anstelle mit Heparin mit Argatroban<br />
antikoaguliert würden, entstünden<br />
Kosten in Höhe von 282 € (37,60 € 1 ×<br />
7,5 Tage). Bei dem in der Studie ausgewählten<br />
Patientenkollektiv handelte es<br />
sich um Patienten, die bei Aufnahme<br />
auf der Intensivstation einen SAPS von<br />
34 ± 2,2 aufwiesen. Eine retrospektive<br />
Analyse der Liegezeiten ergab, dass<br />
Patienten ohne <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Anamnese eine<br />
längere Liegezeit von 26 Tagen gegenüber<br />
6 Tagen bei Patienten mit <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-<br />
Anamnese benötigten. Der Grund für<br />
die längere Liegezeit blieb gemäß den<br />
Autoren unklar.<br />
Bei modellhaft angenommenen Intensivstationsbehandlungskosten<br />
von<br />
1050 €/d ergeben sich demzufolge <strong>HIT</strong>-<br />
1<br />
ProphylaktischeDosierung.<br />
<strong>II</strong>-Mehrbehandlungskosten in Höhe<br />
von 21.000 € durch eine verlängerte<br />
Intensivstationsliegedauer [34]; hierbei<br />
wurden Patientengruppen mit und ohne<br />
<strong>HIT</strong>-Anamnese verglichen. <strong>Die</strong> Patienten<br />
mit <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Anamnese wurden von<br />
Beginn an mit Argatroban behandelt,<br />
während die Patienten ohne <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-<br />
Anamnese zunächst mit Heparin behandelt<br />
wurden und dann im weiteren<br />
Verlauf der Verdacht auf <strong>HIT</strong> mithilfe<br />
des 4T-Scores etabliert und konsekutiv<br />
laborchemisch bestätigt wurde. Somit<br />
ergibt sich aufgrund der Erkrankungslatenz<br />
der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> eine Verzögerung bis<br />
zum Beginn einer adäquaten Therapie<br />
mit einem alternativen Antikoagulans.<br />
Arnoldetal.[39]berichtetenübereine<br />
risikoadjustierte frühzeitige und spezifische<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Therapie in den USA, die<br />
eine Kosteneffektivität für eine frühzeitige<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-alternative Antikoagulation<br />
mit Argatroban ergab. <strong>Die</strong> durchschnittlichen<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Behandlungskosten ohne<br />
weitere Komplikationen betrugen<br />
35.441 $ (31.667 €) gegenüber 44.465 $<br />
(39.732 €) für eine <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Therapie<br />
mit einer Komplikation, wie z. B. einer<br />
Thrombose. Entsprechende Daten<br />
wurden für Danaparoid nach den vorliegenden<br />
Rechercheergebnissen bisher<br />
nicht publiziert.<br />
Aspekte der Patientensicherheit<br />
hinsichtlich einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
Aspekt 4: Kann bei einem <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten<br />
mit einer Immobilisation<br />
der unteren Extremitäten im Rahmen<br />
einer ambulanten chirurgischen/<br />
konservativen Behandlung eine mög -<br />
liche Behandlungslücke bestehen? Erkrankungen<br />
der Skelettmuskulatur oder<br />
Frakturen können Anlass für eine gelenkübergreifende<br />
Immobilisation sein,<br />
welche mit einem deutlich erhöhten<br />
Risiko thromboembolischer Komplikationen<br />
einhergehen kann [51–53].<br />
Um in der Praxis keine Prophylaxesicherheitslücke<br />
auch bei ambulant<br />
operativ versorgten Patienten entstehen<br />
zu lassen, sollten interne Anweisungen<br />
zur Thromboseprophylaxe gemäß den<br />
Leitlinien implementiert werden. Der<br />
Patient ist einerseits hinsichtlich der<br />
expositionellen und dispositionellen Risikofaktoren<br />
zu stratifizieren; darüber<br />
hinaus ist der durchgeführte Eingriff der<br />
betreffenden Risikoklasse zuzuordnen;<br />
entsprechendes gilt auch bei einer konservativimmobilisierenden<br />
Behandlung.<br />
<strong>Die</strong> seit dem 15.10.2015 veröffentlichte<br />
S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen<br />
Thromboembolie (VTE)“ weist bei einer<br />
gelenkübergreifenden Immobilisation<br />
der unteren Extremitäten mit Hartverbund<br />
sowie bei den arthroskopisch assistierten<br />
gelenkchirurgischen Eingriffen<br />
der unteren Extremitäten ein mittleres<br />
VTE-Risiko aus, weshalb die Patienten<br />
ggf. eine medikamentöse VTE-Prophylaxe<br />
mit niedermolekularen Heparinen<br />
(LMWH) erhalten sollten. Eine gerinnungsphysiologische<br />
Überwachung der<br />
Thrombozytenzahl wird dabei empfohlen,<br />
um die Diagnose einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
nicht zu übersehen [51], selbst wenn es<br />
sich hier um eine seltene Komplikation<br />
handelt; die hierdurch bedingten medizinökonomischen<br />
Kosten sind unter<br />
Patientensicherheitsaspekten zu tragen.<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikoprophylaxe unter dem<br />
Blickwinkel einer verbesserten<br />
Behandlungsqualität<br />
Das für das Jahr 2016 geplante und zum<br />
1.1.2016 in Kraft getretene Gesetz zur<br />
Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung<br />
(Krankenhausstrukturgesetz,<br />
KHSG) soll die von der Bund-<br />
Länder-Arbeitsgruppe vorgelegten Eckpunkte<br />
vom 5.12.2014 zur Krankenhausreform<br />
gesetzlich umsetzen. Vorrangig<br />
geht es um eine Weiterentwicklung der<br />
Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität<br />
in der Patientenbehandlung sowie<br />
um eine nachhaltige Absenkung der<br />
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017 341
Originalien<br />
Leistungsausweitung der Krankenhäuser<br />
[54]. <strong>Die</strong> Behandlungsqualität als<br />
weiteres Kriterium bei der Krankenhausplanung<br />
sowie der DRG-Vergütung<br />
soll Berücksichtigung finden. In diesem<br />
Sinn wird der Gemeinsame Bundesausschuss<br />
(G-BA) gesetzlich beauftragt,<br />
Qualitätsindikatoren für die Struktur-,<br />
Prozess- und Ergebnisqualität in Zusammenarbeit<br />
mit dem Institut für Qualität<br />
& Transparenz im Gesundheitswesen<br />
(IQTiG) zu entwickeln [54].<br />
Außerdem bestimmt der G-BA in seinen<br />
Richtlinien über die grundsätzlichen<br />
Anforderungen an ein einrichtungsinternes<br />
Qualitätsmanagement nach §136<br />
Abs.1S.1.Nr.1wesentlicheMaßnahmen<br />
zurVerbesserungderPatientensicherheit<br />
und legt insbesondere Mindeststandards<br />
für Risikomanagement und Fehlermeldesysteme<br />
fest [54]. Im Qualitätsbericht<br />
werden in einem speziellen Berichtsteil<br />
besonders patientenrelevante Informationen<br />
zur Patientensicherheit, wie die<br />
Umsetzung z. B. des Risiko- und Fehlermanagements<br />
für Maßnahmen zur<br />
Arzneimittelsicherheit, integriert [54].<br />
Demzufolge solltensichdie Klinikenhinsichtlich<br />
der Implementierung von Behandlungsstandards<br />
insbesondere auch<br />
für Risikopatienten an den gültigen S3-<br />
Leitlinien orientieren.<br />
Aspekt 5: Welchen Stellenwert hat die<br />
Prävention der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> aus Sicht der Patientensicherheit<br />
bei Risikopatienten?<br />
Wird ein Patient stationär aufgenommen,<br />
bringt er dem Behandlungsteam<br />
ein hohes Maß an Vertrauen entgegen.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutet hinsichtlich der Patientensicherheit<br />
auch vermeidbare unerwünschte<br />
Ereignisse zu reduzieren.<br />
Bei Risikopatienten (z. B. vor geplanten<br />
herzchirurgischen Operationen,<br />
geplantengroßenBaucheingriffen,Nierenersatzverfahren<br />
sowie bei kritisch<br />
kranken Intensivpatienten) sollte einer<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Prävention ein besonderes Augenmerk<br />
gewidmet werden, was auf<br />
der Basis der beschriebenen Daten aus<br />
Gründen der Patientensicherheit sowie<br />
der medizinökonomischen Aspekte<br />
empfehlenswert ist.<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> – Behandlung unter dem<br />
Blickwinkel der Arzneimittelliefersicherheit<br />
Aspekt 6: Hat die Arzneimittelliefersicherheit<br />
für eine <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Therapie unter<br />
Aspekten der Patientensicherheit<br />
einen besonderen Stellenwert? Für die<br />
Sicherstellung der Arzneimittelversorgung<br />
müssen zwei Voraussetzungen<br />
erfüllt sein:<br />
1. Sicherstellung der Lieferzuverlässigkeit<br />
und Produktqualität<br />
Seit Jahren gibt es wiederholt Berichte<br />
über Versorgungslücken mit Arzneimitteln<br />
aus den vielfältigsten Gründen [55].<br />
Eine im November 2014 veröffentlichte<br />
Umfrage zu Lieferengpässen von<br />
Arzneimitteln in Europa des Europäischen<br />
Verbandes der Krankenhausapotheker<br />
(EAHP) ergab, dass 86 %<br />
aller Krankenhausapotheker in Europa<br />
mindestens einmal im Monat über<br />
Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten<br />
unterschiedlicher Art berichteten,<br />
bei 66 % traten entsprechende Lieferengpässe<br />
sogar wöchentlich bis täglich<br />
auf [56]. Als konkrete Folgen werden<br />
insbesondere potenzielle Unterbrechungen<br />
der bestehenden Therapien sowie<br />
erforderliche Arzneimittelumstellungen<br />
angegeben [57].<br />
Bei entstehenden Lieferausfällen bzw.<br />
Lieferengpässen wird seitens der Krankenhausapotheker<br />
auf die in diesem Zusammenhang<br />
ausgelösten Zusatzkosten<br />
für die Sicherstellung einer Alternativmedikation<br />
hingewiesen; Krankenhausmitarbeiter<br />
investierten dann im Durchschnitt<br />
5 h ihrer wöchentlichen Arbeitszeit,<br />
um solche Engpässe zu kompensieren<br />
und die Patientenversorgungssicherheit<br />
zu gewährleisten [56].<br />
In Deutschland definiert das Bundesinstitut<br />
für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />
(BfArM) einen Lieferengpass<br />
wie folgt: „Eine über voraussichtlich zwei<br />
Wochen hinausgehende Unterbrechung<br />
einer Auslieferung in üblichem Umfang<br />
oder eine deutlich vermehrte Nachfrage,dernichtangemessennachgekommen<br />
werden kann“ [58]. Im April 2013 wurde<br />
ein Onlineregister für Lieferengpässe<br />
von Humanarzneimitteln durch das<br />
BfArM eingeführt, um die Kommunikation<br />
und Transparenz zu Arzneimittellieferengpässen<br />
zu verbessern [59]. <strong>Die</strong>ses<br />
Register beruht auf freiwilligen Meldungen<br />
der Arzneimittelhersteller.<br />
Eine solche Vorgehensweise erhöht<br />
nur dann die Transparenz hinsichtlich<br />
der Arzneimittellieferengpässe, wenn<br />
auch die Meldepflicht über Lieferengpässe<br />
bzw. Lieferausfälle entsprechend<br />
„pflichtbewusst“ von den Herstellern<br />
wahrgenommen wird [55]. Dabei werden<br />
die möglichen Ursachen für diese<br />
partiell eintretenden Versorgungsengpässe<br />
entsprechend diskutiert [60].<br />
In einer bisher unveröffentlichten<br />
prospektiven Multicenterstudie mit 100<br />
Krankenhäusern wurden die Arzneimittelumstellungen<br />
2013 analysiert. Von den<br />
1048 Arzneimittelumstellungen waren<br />
331 (31,6 %) durch Arzneimittellieferengpässe<br />
bedingt. Der Anteil der nicht<br />
lieferbar dokumentierten Generika lag<br />
hier 2013 bei 201 Produkten, was einer<br />
Quote von 84,2 % entspricht bezogen<br />
auf die lieferengpassinduzierten Arzneimittelumstellungen<br />
[61].<br />
Über wiederkehrende Lieferschwierigkeiten<br />
sowie Chargeninkonsistenzen<br />
des Wirkstoffes Danaparoid wurde auch<br />
2013berichtet[3,62].<strong>Die</strong>sstelltefürdiese<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-versorgungsrelevante Medikation<br />
eine äußerst angespannte Situation<br />
dar. <strong>Die</strong> Gründe für die Lieferengpässe<br />
wurden nicht veröffentlicht. <strong>Die</strong>se<br />
Entwicklung und die damit verbundenen<br />
Probleme im „Lebenszyklus“ eines<br />
Wirkstoffes sind möglich und können<br />
auch andere <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-relevanten Wirkstoffe<br />
treffen, wenn die Substanz den<br />
Patentschutz verliert. Darüber hinaus<br />
wurden in den vergangenen Jahren wiederholt<br />
Lieferengpässe von Heparinen<br />
in der Patientenversorgung registriert.<br />
2. Arzneimittelumstellungen im Krankenhaus<br />
Eine Arzneimittelumstellung kann unterschiedliche<br />
Zielsetzungen verfolgen.<br />
Neben der Umstellung auf eine pharmakologische<br />
Innovation kann es sich<br />
um eine bereits erwähnte lieferengpassbedingte<br />
Umstellung auf eine Alternativmedikation<br />
handeln. Auch pharmakoökonomische<br />
Aspekte, wie z. B. die Generierung<br />
von Einkaufsvorteilen durch<br />
eine Arzneimittelumstellung, haben auf-<br />
342 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017
Tab. 7 Empfohlene Vorgehensweise im Hinblick auf eine risikoadjustierte „Prophylaxe“<br />
Vorgehensweise Erläuterungen<br />
1. Sorgfältige<br />
Anamnese<br />
2. Patientenscreening<br />
3. Allg. Labordiagnostik<br />
Prüfung der Befunde und ggf. Rücksprache mit dem behandelnden/<br />
einweisenden Arzt<br />
– Klärung, ob Thrombosen unter Heparin auftraten (VTE, Lungenembolie,<br />
PAVK-Patienten, intrakardiale Thromben, Vorhofflimmern, vaskuläre<br />
Demenz, längere Immobilisation)<br />
– Klärung, ob es Anzeichen auf eine Heparinresistenz gab<br />
➔Ja – Umstieg auf alternative Antikoagulanzien (Argatroban/Danaparoid)<br />
➔ Nein – Patientenscreening<br />
Risikopatienten für eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
– vor geplanten herzchirurgischen Operationen<br />
– vor geplanten perkutanen Koronarinterventionen (PCI)<br />
– vor geplanten großen Baucheingriffen<br />
– Nierenersatzverfahren<br />
– Kritisch kranke Intensivpatienten (NYHA <strong>II</strong>I–IV)<br />
➔ Ja – Umstieg auf alternative Antikoagulanzien (Argatroban/Danaparoid)<br />
➔ Nein (andere Gründe/Interventionen) – klinische Diagnostik<br />
– Thrombozytenzahl<br />
– AT-<strong>II</strong>I-Wert<br />
– aPTT<br />
➔ Ja – bei Auffälligkeiten, wie z. B. Verlängerung der aPTT auch unter hoher<br />
Heparingabe nicht möglich – Heparinresistenz? Antithrombinmangel?<br />
Differenzialdiagnose thrombotische oder maligne Erkrankung, die eine<br />
erhöhte Konzentration heparinneutralisierender Proteine bewirken kann<br />
Durchführung 4T-Scoring-Test<br />
➔ Nein – keine Auffälligkeiten – Fortsetzung bestehender Antikoagulation<br />
4. 4T-Scoretest Durchführung des 4T-Score-Tests<br />
➔ Ja – Ergebnis auffällig? PF4-ELISA/EIA und ggf. HIPAA/SRA durchführen<br />
(s. auch unter Abschn. „Diagnostischer Pfad“), Umstieg auf alternative<br />
Antikoagulanzien (Argatroban/Danaparoid)<br />
➔Nein – bei geringen Scoring-Werten (≤3) Fortsetzen der bestehenden<br />
Antikoagulation unter täglicher Reevaluierung des 4T-Scores<br />
grund des Budgetdrucks der Krankenhäuser<br />
einen besonderen Stellenwert.<br />
Ob ein Generikum bezüglich der Wirkung<br />
und des unerwünschten Nebenwirkungsspektrums<br />
dem Originalpräparat<br />
entspricht, muss durch eine Bioäquivalenzprüfung<br />
bestätigt werden. Hierbei<br />
gilt es, die pharmakologische Äquivalenz<br />
– das Vorliegen derselben Menge desselben<br />
Wirkstoffes in derselben Dosierungsform<br />
– sowie auch die Äquivalenz<br />
der Bioverfügbarkeit zu belegen.<br />
<strong>Die</strong> Bioäquivalenzspanne – die bioverfügbare<br />
Plasmakonzentration des<br />
Wirkstoffes von Generikum im Vergleich<br />
zum Original – darf nach der aktuellen<br />
europäischen Bioäquivalenz-Guideline<br />
innerhalb der Grenzen von 0,80 bis 1,25<br />
bei einen 90 %-Konfidenzintervall bezogen<br />
auf die Daten des Originalproduktes<br />
liegen. <strong>Die</strong> Äquivalenz gilt als nachgewiesen,<br />
wenn das Konfidenzintervall<br />
innerhalb dieser vorgegebenen Grenzen<br />
liegt [63].<br />
Bedeutet Bioäquivalenz auch eine<br />
vergleichbare therapeutische Äquivalenz?<br />
<strong>Die</strong>s kann nicht ohne Weiteres<br />
bejaht werden, da ja bereits kleine Strukturunterschiede<br />
(Peptide, Proteine) am<br />
WirkortzueinertherapeutischenInäquivalenz<br />
führen können – trotz bestätigter<br />
Bioäquivalenz [64]. Es gibt jedoch Arzneimittel,<br />
die aufgrund einer geringen<br />
therapeutischen Breite (Narrow Therapeutic<br />
Index Drugs/NTID oder auch<br />
Critical Dose Drugs) für die Zulassung<br />
eine engere Bioäquivalenzspanne von<br />
90–111 % erfüllen müssen [63].<br />
Zu den letztgenannten Arzneimittelgruppen,<br />
bei denen eine Substitution<br />
kritisch diskutiert wird, zählen u. a. Antiarrhythmika,<br />
Antidepressiva, Antiasthmatika,<br />
Antiepileptika, Neuroleptika,<br />
herzwirksame Glykoside, Schilddrüsenhormone,<br />
Lithium, Immunsuppressiva,<br />
Opioidanalgetika und Antikoagulanzien<br />
[63]. <strong>Die</strong>s schließt eine Substitution<br />
alternativer Antikoagulanzien mit ein<br />
(z. B. Argatroban, Danaparoid).<br />
Unter dem pharmakoökonomischen<br />
Gesichtspunkt betrachtet erfolgen Arzneimittelumstellungen<br />
(Good Substitution<br />
Practice) regelmäßig in Krankenhäusern.<br />
Fischer et al. (2014) bewerteten die<br />
Arzneimittelumstellungskosten auf der<br />
Basis eines definierten Prozessmodells<br />
[65].<br />
Das Fischer-Prozesskostenmodell<br />
wird in 5 Teilprozesse (TP) untergliedert<br />
[65]:<br />
4 TP 1: Bedarfsdefinition Preisverhandlungen<br />
im Rahmen des Vertragsmanagements<br />
anhand einer<br />
an die Erfordernisse der Krankenhausapotheke<br />
angepassten ABC-<br />
Analyse,<br />
4 TP 2: die Arzneimittelkommission<br />
(AK),<br />
4 TP 3: pharmakoökonomische BewertungdesArtikelsimRahmeneiner<br />
qualitativen Arzneimittelevaluation,<br />
4 TP 4: Umstellungsprozess in der<br />
Apotheke: Hier werden die administrativen<br />
Tätigkeiten erfasst, wie z. B.<br />
Informationen an die Apothekenmitarbeiter<br />
sowie Verbrauchsstellen über<br />
die Umstellung, Artikelstammdatenpflege,<br />
Neuaufnahme von Kreditoren<br />
für die Integration des Erstlieferanten<br />
sowie Anpassung der Lagerorte.<br />
4 TP 5: Umstellungsprozesse an den<br />
Verbrauchsstellen z. B. durch Änderung<br />
der Applikationsform, Umsortierung<br />
im Arzneimittelschrank<br />
aufgrund eines „neuen Namens“.<br />
Bei der nachfolgenden Prozessberechnung<br />
wurden seitens des Klinikums<br />
rechts der Isar der TU München (MRI)<br />
neben den variablen und fixen (prozessunabhängigen)<br />
Kosten der Apotheken<br />
auch die infolge der Arzneimittelumstellung<br />
bedingten Personalbindungszeiten<br />
an den Verbrauchstellen berücksichtigt.<br />
Das Beispiel zeigt die variablen Prozesskosten<br />
für eine komplexe Umstellung<br />
in der Apotheke und an den Verbrauchsstellen<br />
unter Einbezug der MRI-Gegebenheiten<br />
bei z. B. 30 Verbrauchsstellen:<br />
<strong>Die</strong> Gesamtkosten (variable, fixe<br />
Kosten) in der Apotheke sowie den<br />
Verbrauchsstellen belaufen sich auf<br />
5750,59 €. Im Zuge einer Vollkostenrech-<br />
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017 343
Originalien<br />
Weiterführende Literatur<br />
4 Tardy-Poncet B, Nguyen P, Thiranos J-C,<br />
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Cate-Hoek ten A. Diagnostic value of<br />
immunoassays for heparin-induced<br />
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and meta-analysis. Blood. October 2015<br />
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in Health and Medicine. In: Vol 276.<br />
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4 Warkentin TE. PF4-dependent immunoassays<br />
and inferential detection of <strong>HIT</strong><br />
antibodies. J Thromb Haemost 2007; 5:<br />
232–4<br />
nung wird hier noch ein Gemeinkostenzuschlag<br />
in Höhe von 30 % zugerechnet,<br />
woraus sich dann Gesamtumstellungskosten<br />
in Höhe von 7475,57 € ergeben.<br />
Inwieweit eine komplexe Umstellung<br />
bei einem Arzneimittel zur Behandlung<br />
der <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> erstrebenswert ist, muss in<br />
Abhängigkeit der klinikindividuellen Fallzahlen,<br />
der durch die Umstellung ausgelösten<br />
Prozesskosten sowie des modellhaft<br />
errechneten Einsparpotenzials geprüft<br />
werden. Bei den entsprechenden<br />
pharmakoökonomisch bedingten Arzneimittelumstellungen<br />
sind zusätzlich<br />
Aspekte einer einzuhaltenden Patientensicherheit<br />
mit in die Entscheidung<br />
einzubeziehen.<br />
Diskussion<br />
<strong>Die</strong> <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> wird hinsichtlich der Pathogenese<br />
sowie ihrer Therapie umfänglich<br />
in der Literatur beschrieben, wobei sich<br />
in der durchgeführten Literaturrecherche<br />
nur sieben Publikationen mit den<br />
medizin-/pharmaökonomischen Aspekten<br />
einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> vertiefend befassen.<br />
<strong>Die</strong> amerikanischen und deutschen<br />
Kostenanalysen zur <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> weisen bedingt<br />
durch die unterschiedlichen Gesundheitssysteme<br />
eine große Kostenspanne<br />
auf. Tesch [33] konnteaufder<br />
Basis seiner Evaluation die <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Behandlungskosten<br />
bei ca. 9008–9346 €/<br />
Fall abbilden. Kim et al. publizierten<br />
in ihrer Studie deutlich höhere Kosten<br />
von 21.000 €. Um diese Differenz<br />
nachvollziehbarer zu betrachten, sollte<br />
auf verschiedene Limitationen verwiesen<br />
werden. Zum einen wurden unterschiedliche<br />
Zeiträume betrachtet. Während bei<br />
Tesch der überwiegende Teil (87,25 %)<br />
der <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-bestätigten Fälle (89 von 102)<br />
aus dem Zeitraum 1995–2000 – und von<br />
diesen wiederum 82 % aus den Jahren<br />
1995–1997 – stammten, schlossen Kim<br />
et al. Patienten aus den Jahren 2005–2010<br />
ein. <strong>Die</strong>s führt zu unterschiedlichen Kostenbezugswerten.<br />
Des Weiteren sind die Kosten von<br />
Tesch zu den Behandlungskosten/Fall<br />
durchschnittliche Kosten (mediane Kosten<br />
unter Berücksichtigung der Ausreißer).<br />
<strong>Die</strong> Kosten für <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> mit<br />
thromboembolischen Komplikationen<br />
beliefen sich auf 14.754,50 €, ohne Komplikationsrate<br />
auf 4540,05 €.<br />
BezüglichderMorbiditätsstrukturder<br />
PatientenausderTesch-Studie liegenkeine<br />
Ergebnisse vor. Beiden Publikationen<br />
gemein ist die Feststellung einer deutlich<br />
erhöhten Liegedauer der <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Patienten.<br />
Während Tesch eine durchschnittliche<br />
längere Liegedauer von 14,37 Tagen<br />
– aufgeteilt auf 5,67 Tage Intensivstation<br />
und 8,70 Tage auf der Normalstation<br />
– belegt, dokumentierten Kim et al.<br />
eine höhere Liegedauer der Patienten von<br />
20 Tagen auf der Intensivstation. Hier<br />
lässt sich nur vermuten, dass die letztgenannten<br />
Patienten einen höheren Morbiditätsgrad<br />
aufgewiesen haben könnten.<br />
<strong>Die</strong>se Erwägungen zeigen, dass die<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-induzierten Behandlungskosten<br />
aufgrund der heute verfügbaren Datenlage<br />
sich nicht angemessen abbilden<br />
lassen und dass es von daher noch<br />
einen weiteren medizinökonomischen<br />
Forschungsbedarf auf diesem Patientenbehandlungsfeld<br />
gibt.<br />
Eine modellhafte Abschätzung von<br />
diagnosebezogenen Folgekosten kann<br />
nur als Orientierungshilfe genutzt werden.<br />
Es zeichnet sich jedoch ab, dass<br />
bedingt durch die längeren Liegezeiten<br />
von durchschnittlich 10–16 Tagen<br />
von <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Patienten Behandlungskosten<br />
induziert werden, die durch das<br />
DRG-Entgeltsystem nicht ausreichend<br />
kostendeckend abgebildet werden. Aus<br />
diesem Grund sollte bei <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten<br />
auf Fachgesellschaftsebene<br />
diskutiert werden, inwieweit für diese<br />
Patientengruppe im Hinblick auf eine<br />
ggf. optimierbare Patientensicherheit<br />
eine <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Thromboseprophylaxe risikoadjustiert<br />
erfolgt. Allerdings lässt<br />
sich eine entsprechende Vorgehensweise<br />
bei den immer kürzeren präoperativen<br />
Liegezeiten nur bedingt realisieren. Vor<br />
diesem Hintergrund ist in Betracht zu<br />
ziehen, dass Risikopatienten im Vorfeld<br />
der Krankenhausaufnahme identifiziert<br />
werden sollten. Checklisten mit Risikoscores<br />
können dabei helfen. <strong>Die</strong>se<br />
Vorgehensweise kann aber auch bei<br />
ambulanten Patienten mit einem entsprechenden<br />
Risikopotenzial in Betracht<br />
kommen, da Danaparoid auch subkutan<br />
appliziert werden kann.<br />
Da das Risiko einer immunologischen<br />
Reaktion auf eine Heparintherapie<br />
bekannt ist, sollte im Sinne einer<br />
hohen Patientensicherheit die Thromboseprophylaxe<br />
mit einem risikoadjustierten<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Prophylaxeantikoagulans<br />
erfolgen; idealerweise wird diese Risikoprävention<br />
fester Bestandteil des<br />
klinikindividuellen Behandlungspfades<br />
in Krankenhäusern mit entsprechenden<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten.<br />
344 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017
Schlussfolgerung<br />
<strong>Die</strong> <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> ist auch heute bei dem bereits<br />
erreichten medizinischen Innovationsniveau<br />
ein lebensbedrohliches Krankheitsbild,<br />
was differenzialdiagnostisch bei einer<br />
auftretenden <strong>Thrombozytopenie</strong> regelmäßig<br />
in Erwägung gezogen werden<br />
sollte. Bei <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten sollte<br />
durch eine risikoadjustierte Prophylaxe<br />
(s. . Tab. 7)derPatientensicherheitRechnung<br />
getragen werden.<br />
Fazit für die Praxis<br />
<strong>Die</strong> Durchführung einer risikoadjustierten<br />
Prophylaxe bei <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Risikopatienten<br />
ist sowohl unter medizinökonomischen<br />
Gesichtspunkten als auch unter<br />
Gründen der Patientensicherheit für die<br />
klinische Praxis empfehlenswert.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Prof. Dr. Dipl. Kfm. (FH) R. Riedel<br />
Institut für Medizinökonomie und Medizinische<br />
Versorgungsforschung, Rheinische<br />
Fachhochschule Köln gGmbH<br />
Schaevenstr. 1 b, 50676 Köln, Deutschland<br />
riedel@med-gutachten.koeln<br />
Danksagung. WirdankenProf.Dr.med.Andreas<br />
Greinacher, Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin<br />
am Institut für Immunologie und<br />
Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin<br />
Greifswald, für die ergänzenden Impulse im Rahmen<br />
der fachlichen Diskussion dieser Arbeit.<br />
Einhaltung ethischer Richtlinien<br />
Interessenkonflikt. A. Koster hielt bis 2015 Vorträge<br />
für die Mitsubishi Tanabe Pharma GmbH. R. Riedel,<br />
A. Schmieder, S. Kim, G. Baumgarten und J. C. Schewe<br />
geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />
<strong>Die</strong>ser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren<br />
durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.<br />
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