Dompfarrbrief 2017/2
Pfarrbrief 2017/2 der Dompfarre Linz
Pfarrbrief 2017/2 der Dompfarre Linz
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Die Bibel - revidierte E<br />
Werden und Anliegen<br />
In diesem Jahr <strong>2017</strong> dürfen Christinnen<br />
und Christen die Geburt von<br />
zwei Schwestern, wenn auch sehr<br />
verschiedenen Alters, feiern: die<br />
Neubearbeitung der Lutherbibel zum<br />
Jubiläumsjahr der evangelischen Kirche<br />
und in unserer römisch-katholischen<br />
Kirche die Revision der<br />
weitaus jüngeren Schwester, der Einheitsübersetzung<br />
aus dem Jahr 1979.<br />
– Ein kurzer Blick auf den Prozess<br />
der Entstehung und Neubearbeitung<br />
der Einheitsübersetzung sowie auf ihr<br />
Anliegen und ein paar Beispiele der<br />
Revision sollen anregen, darin auch<br />
zu lesen.<br />
Stationen der Einheitsüber-<br />
setzung und ihrer Revision<br />
Das Anliegen einer einheitlichen katholischen<br />
Bibelübersetzung in deutscher<br />
Sprache reicht vor den Beginn<br />
des Zweiten Vatikanischen Konzils<br />
1962 zurück. Dort wurde die Bedeutung<br />
der Bibel für die Erneuerung<br />
von Liturgie, Katechese sowie für<br />
den persönlichen Glauben vielfältig<br />
und fundamental bestätigt. So erschien<br />
1979 erstmals eine gemeinsame<br />
offizielle Bibelübersetzung aus<br />
den Ursprachen (Hebräisch, Aramäisch,<br />
Griechisch. Anm. d. Red.) für<br />
den deutschen Sprachraum. Nach fast<br />
drei Jahrzehnten Verwendung in der<br />
Praxis beschlossen die zuständigen<br />
Bischofskonferenzen 2003 eine „moderate<br />
Revision“ der Einheitsübersetzung.<br />
Die 2006 begonnenen Arbeiten<br />
sollten die Übersetzung an den der<br />
gegenwärtigen Kenntnis entsprechenden<br />
hebräischen und griechischen Urtexten<br />
neu überprüfen, Fehler<br />
korrigieren, aber auch ursprüngliche<br />
biblische Sprachbilder wieder im<br />
Wortlaut wiedergeben, z.B. Arm oder<br />
Hand statt Macht und Gewalt oder<br />
das biblische „siehe“.<br />
Die revidierte Einheitsübersetzung ist<br />
also dem ursprünglichen Wortlaut<br />
wieder näher und daher nicht immer<br />
so glatt wie die bisherige Fassung.<br />
Vor allem die Einführungen zu den<br />
einzelnen Büchern sowie Gliederungen,<br />
Zwischenüberschriften und Anmerkungen<br />
sollten überarbeitet<br />
werden.<br />
So wurden die einzelnen biblischen<br />
Bücher Fachleuten zur Bearbeitung<br />
übergeben. Ein Leitungsgremium aus<br />
Vertretern der Bischofskonferenzen<br />
(+ W. Egger, J. Wanke, A. Kothgasser,<br />
M. Gächter), vier Alttestamentlern<br />
(H.-W. Jüngling, J. Marböck, A.<br />
Schenker, + E. Zenger) und drei Neutestamentlern<br />
(J. Gnilka, + R. Pesch,<br />
F. Zeilinger) hatten die eingelangten<br />
Revisionen zu prüfen. So sind den<br />
verschiedenen Übersetzerinnen und<br />
Übersetzern entsprechend auch die<br />
Bearbeitungen der einzelnen Bücher<br />
durchaus unterschiedlich, zum Teil<br />
gering, zum Teil kräftiger. Die 2016<br />
von der Gottesdienstkongregation genehmigte<br />
revidierte Übersetzung ist<br />
demnach als Gemeinschaftswerk<br />
nicht völlig einheitlich.<br />
Probleme und Beispiele der<br />
Revision<br />
Übersetzungen stehen immer in der<br />
Spannung zwischen dem Maß der<br />
Treue zum ursprünglichen Text und<br />
Wortlaut oder größerer Nähe zur<br />
Zielsprache, d.h. der Orientierung an<br />
Sprache und Denken der Leser und<br />
Hörer. Ein humorvolles konkretes<br />
Beispiel aus der Geschichte wäre die<br />
Diskussion zwischen Hieronymus<br />
und Augustinus über den den Propheten<br />
Jona schützenden Rizinusstrauch<br />
(Jona 4,6f.9f.): Hieronymus schlug<br />
den für seine Leserschaft bekannten<br />
Efeu vor, Augustinus jedoch bestand<br />
fest auf dem ihr bekannten Kürbis.<br />
4<br />
Vom hebräischen und griechischen Urtext zur einheitsübersetzung<br />
Eine wichtige Neuerung der Revision<br />
ist z.B. die längere griechische Fassung<br />
als Textgrundlage für das Sirachbuch<br />
gegenüber dem niemals<br />
existierenden Mischtext aus hebräischen<br />
Fragmenten sowie griechischen<br />
und syrischen Fassungen der<br />
alten Einheitsübersetzung; für das<br />
Tobitbuch wurde die längere griechi-<br />
<strong>Dompfarrbrief</strong> 2/<strong>2017</strong>