W ir stellen vor: - Deutscher Fluglärmdienst eV
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3/2008<br />
FS-Technik<br />
Inbetriebshaltungskonzepte<br />
Qualifizierte Nachwuchskräfte<br />
Berichte<br />
IFATCA – 47. Konferenz in Tanzania<br />
ATCEUC Spring Meeting<br />
6. Deutsches Flight Safety Forum<br />
Communicating for Safety, Chicago<br />
Weltweiter Controllermangel<br />
W<strong>ir</strong> <strong>stellen</strong> <strong>vor</strong>:<br />
Dr. Axel Rienitz<br />
Leiter Unternehmenskommunikation<br />
DFS
von<br />
Klaus<br />
Berchtold-<br />
Nicholls,<br />
Gewerkschafts<strong>vor</strong>sitzender<br />
der flugleiter 2008/03<br />
Editorial<br />
W<strong>ir</strong> können mehr!<br />
Liebe Mitglieder,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Es w<strong>ir</strong>d höchste Zeit, dass die politisch und<br />
unternehmerisch Verantwortlichen die Fach-<br />
leute um ihren Rat bitten, anstatt ihnen bes-<br />
tenfalls die Gelegenheit zur Kommentierung<br />
zu geben oder sie als unliebsamen Störfaktor<br />
komplett zu ignorieren!<br />
Die GdF ist im Bereich Flugsicherung national und<br />
international bestens informiert und vernetzt und<br />
bündelt eine immense Menge Fachwissen und be-<br />
rufliches Engagement. Dennoch habe ich es in mei-<br />
nen vielen Jahren verbandspolitischer und gewerk-<br />
schaftlicher Tätigkeit kein einziges Mal erlebt, dass<br />
Politiker oder Manager, die über fortschrittliche<br />
Verfahren oder Systeme oder über die zukünftige<br />
institutionelle Ausgestaltung in der Flugsicherung<br />
zu befinden haben, die Berufsverbände am Beginn<br />
ihrer Planungen um Rat oder nach ihren Vorstel-<br />
lungen befragt hätten.<br />
Dabei könnten (und wollen) w<strong>ir</strong> mehr tun, als nur<br />
der Hemmschuh des Fortschritts zu sein, als der<br />
w<strong>ir</strong> gerne von all jenen betriebsfremden Führungs-<br />
kräften bezichtigt werden. In dieses „w<strong>ir</strong>“ schließe<br />
ich ausdrücklich alle Flugsicherer ein, vom Sachbe-<br />
arbeiter in der Personalabteilung bis zum Wachlei-<br />
ter. Ich würde gerne auch die Führungskader der<br />
Flugsicherung mit einbeziehen, doch erweisen sich<br />
gerade diese schon in unteren Ebenen als größte<br />
Zweifler an der Kompetenz der eigenen Mitarbei-<br />
ter. Dass gerade das operative Personal mitunter<br />
sehr detaillierte Vorstellungen davon hat, wie Flug-<br />
sicherung sicherer und effizienter werden könnte,<br />
stößt scheinbar auf eine massive Wand des Miss-<br />
trauens. Das mag daran liegen, dass hinter all dem<br />
Fachverstand eine Gewerkschaft steht, die per se<br />
dem Generalverdacht ausgesetzt ist, nur die sozi-<br />
alen Aspekte im Auge zu haben.<br />
Die Diskussionen im Rahmen des FAB Europe<br />
Central und, mehr noch, in ATCEUC und im Pro-<br />
jekt MOSAIC laufen immer wieder auf die Frage<br />
hinaus, warum w<strong>ir</strong> nicht befragt werden. Die Ant-<br />
worten für die Zukunft der Flugsicherung könnten<br />
sehr einfach sein, allerdings wären sie nicht ausge-<br />
sprochen kompatibel mit Milliarden-Euro-For-<br />
schungsprojekten und den Hoffnungen auf heil-<br />
same Effekte durch mehr Wettbewerb oder mit<br />
Betriebskonzepten, die den Menschen schrittweise<br />
ersetzen und ihn dabei zwangsläufig seiner Fähig-<br />
keiten berauben sollen, ohne ihn aus der Verant-<br />
wortung zu entlassen.<br />
Die Antwort, die MOSAIC zu geben hat ist, auch<br />
wenn die Details bisher 192 Seiten eines Framework<br />
Document füllen, zunehmend einfach, darin sind<br />
sich Fluglotsen aus acht Ländern einig: gebt uns<br />
Systeme mit klar definierten Fähigkeiten, um uns in<br />
die Lage zu versetzen, das wohl einfachste <strong>vor</strong>stell-<br />
bare Betriebskonzept in die Realität umzusetzen –<br />
mit minimalen Eingriffen Flugzeuge sicher und di-
ekt von A nach B fliegen zu lassen. Dazu sind<br />
gewisse Grund<strong>vor</strong>aussetzungen unabdingbar. Unter<br />
anderem gehört dazu ein möglichst großer gemein-<br />
samer Luftraum, der ungeachtet finanzieller Erwä-<br />
gungen nach den Erfordernissen der großen Ver-<br />
kehrsströme ausgerichtet und sektorisiert werden<br />
kann, und die Möglichkeiten bedarfsgerechter Zu-<br />
ordnung bestimmter Blöcke an die zivilen und mi-<br />
litärischen Nutzer stark verbessert. Dazu gehört na-<br />
türlich auch das Bekenntnis zu klaren Rollen<br />
(ATC-Cockpit), die die Fähigkeiten und Erfah-<br />
rungen der einzelnen Beteiligten nutzen und stär-<br />
ken – nur so kann auch die Verantwortung klar zu-<br />
geordnet werden und unter Nutzung aller<br />
Ressourcen das Gesamtsystem Luftfahrt gestärkt<br />
werden.<br />
Dass dabei enorm viel von der Technik und von<br />
bestens qualifiziertem und motiviertem tech-<br />
nischem Personal abhängt, mag das Beispiel eines<br />
Schweizer FS-Systems belegen, das auf einer Eigen-<br />
entwicklung beruht und von fähigen Ingenieuren<br />
mit viel ATC-Verständnis ständig mit den ge-<br />
Mit freundlichen Grüßen,<br />
Klaus Berchtold-Nicholls<br />
GdF Bundes<strong>vor</strong>sitzender<br />
wünschten Hilfsmitteln aufgerüstet w<strong>ir</strong>d. Gäbe es<br />
nur keine Probleme mit den Zugriffsrechten auf<br />
die Systemsoftware oder mit anders gerichteten In-<br />
vestitionsplänen der einzelnen F<strong>ir</strong>men – machbar<br />
wäre schon jetzt sehr viel mehr!<br />
Gäbe man den Berufsverbänden ein Forum, ihre<br />
Vorstellungen zu erläutern, könnte man Abstand<br />
nehmen von einem Großteil un<strong>vor</strong>stellbar teurer<br />
Entwicklungsprojekte und von Konzepten, die<br />
überwiegend nur in einem von Menschen (und ih-<br />
ren Schwächen wie Stärken) vollständig befreiten<br />
System funktionieren können. Und man könnte<br />
auf viel einfachere Weise die wiederholt geäußerten<br />
Forderungen der Luftraumnutzer und der Politiker<br />
nach einer nachhaltigeren und effizienteren Fliege-<br />
rei erfüllen. Aber vielleicht ist gerade das in einer<br />
Zeit machtpolitischer Egoismen reine Utopie.<br />
Helfen Sie uns mit Ihrer passiven Unterstützung<br />
und mit Ihrem aktiv eingebrachten Ideenschatz<br />
auch weiterhin, die Zukunft zu gestalten – so weit<br />
man uns lässt!<br />
der flugleiter 2008/03
von<br />
Marek<br />
Kluzniak<br />
der flugleiter 2008/03<br />
Vorstand<br />
Bericht aus dem Vorstand<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
entgegen der sonstigen Gewohnheit möchte ich diesmal in meinem<br />
Bericht aus dem Vorstand nicht, wie üblich, über die einzelnen<br />
Aktivitäten des Bundes<strong>vor</strong>standes der GdF berichten. Natürlich laufen<br />
diese im gewohnten Umfang weiter, vieles ist aber momentan<br />
entweder noch nicht spruchreif oder aber z.Zt. für die meisten Mitglieder<br />
von nachgeordneter Relevanz.<br />
Vielmehr möchte ich einige Gedanken äußern, die m<strong>ir</strong><br />
in den vergangenen Wochen, während zahlreicher<br />
Gespräche, Diskussionen, Mitgliederversammlungen<br />
und beim Lesen diverser Zuschriften an die GdF durch<br />
den Kopf gegangen sind. Das Thema dabei war – welche<br />
Überraschung – die Neuregelung des Belastungsausgleichs<br />
durch den Abschluss der Tarifverhandlungen<br />
mit der DFS am 31.03.2008. Und, ich möchte<br />
<strong>vor</strong>neweg ausdrücklich betonen, dass es sich hierbei<br />
um meine ganz persönliche Sicht der Dinge handelt...<br />
Auch wenn ich als Vorstand eines völlig anderen<br />
Ressorts und ohne jegliches Mandat in Tarifangelegenheiten,<br />
diesen Prozess sicherlich weit weniger<br />
intensiv und detailliert nachvollzogen habe,<br />
als dies z.B. die Mitglieder der Tarifkommission<br />
taten, habe ich aufgrund der Berichte unseres<br />
Tarif<strong>vor</strong>stands Markus Siebers im Rahmen<br />
unserer regelmäßigen Bundes<strong>vor</strong>standssitzungen<br />
sowie anhand der Tarifinfos, den<br />
jeweils aktuellen Stand der Dinge mitverfolgen<br />
können. Und ich glaube, man kann zu<br />
Recht behaupten, dass diese komplette<br />
Neuentwicklung eines Systems zur<br />
Erfassung und Bewertung von Belas-<br />
tung im Flugverkehrskontrolldienst<br />
mit einer bisher nicht gekannten Sorgfalt<br />
und Akribie unter gleichzeitiger<br />
Miteinbeziehung der GdF-Mitglieder<br />
von Anfang an, stattgefunden hat.<br />
Insbesondere der Versuch der Tarifverantwortlichen,<br />
trotz der geradezu<br />
unglaublichen Komplexität des Themas sowie angesichts<br />
des erstmaligen Versuchs, gemeinsam mit dem<br />
Arbeitgeber ein völlig neues, konsensfähiges Nachfolgemodell<br />
zum bisherigen „Kastnertarifvertrag“ zu<br />
entwickeln, verdient in meinen Augen allerhöchsten<br />
Respekt. Auch wenn es für Einzelne schwer zu akzeptieren<br />
gewesen sein mag, dass nach dem Ende des<br />
Einholens des Mitglieder-Inputs und dem Beginn der<br />
Verhandlungen, die Informationen über die jeweils<br />
aktuellen Zwischenstände nur noch sehr allgemein<br />
gehalten und detailarm kommuniziert werden konnten,<br />
so sollte spätesten nach der Veröffentlichung des<br />
Textes des neuen Tarifvertrages jedem ungeduldigen<br />
Mitglied klar geworden sein, dass es sehr wenig Sinn<br />
gemacht hätte, einfach Verhandlungszwischenstände<br />
ohne erläuternde Erklärungen zu veröffentlichen. Einmal<br />
ganz davon abgesehen, dass eine derartige Vorgehensweise<br />
sicherlich keine Akzeptanz auf Seiten<br />
des Verhandlungspartners DFS erfahren hätte und<br />
zudem zu völlig unnötigen Diskussionen über Ansätze<br />
geführt hätte, die u.U. bereits wieder völlig überholt<br />
gewesen wären. Dies sind nun einmal die Spielregeln<br />
derartiger Tarifverhandlungen, und auch die GdF<br />
muss diese praktizieren, möchte sie als Tarifpartner<br />
ernst genommen werden.
Insbesonds angesichts der Diskussionen über<br />
Gerüchte, die jeglicher Grundlage entbehren, habe<br />
ich mich immer wieder fragen müssen, ob es in den<br />
vergangenen, doch sehr bewegten Gründungsjahren<br />
unserer jungen Gewerkschaft, nicht bereits genügend<br />
ähnliche Situationen gegeben hat, in denen den handelnden<br />
Personen auf Seiten der GdF ein gewisser<br />
Vertrauensbonus sowie eine umfassende Sachkenntnis<br />
der Materie zugestanden werden musste und sie<br />
dieses jeweils mit einer Erfüllung nahezu sämtlicher<br />
selbstgesteckter Ziele und anfänglicher Prognosen<br />
eindrucksvoll rechtfertigten. Daher verwundert es<br />
mich immer wieder, wie es während laufender Verhandlungen<br />
passieren kann, dass neue Gerüchte stets<br />
begierig aufgegriffen und diskutiert werden, wobei<br />
scheinbar den aus den eigenen Reihen stammenden,<br />
ehrenamtlich und engagiert handelnden Vertretern<br />
stets ein Verrat der Mitgliederinteressen zugetraut<br />
w<strong>ir</strong>d, während gleichzeitig der Arbeitgeberseite, trotz<br />
aller Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit, plötzlich<br />
ein völliger Gesinnungswandel unterstellt und<br />
die Mutation zum besten Freund seiner Angestellten<br />
für ernsthaft möglich gehalten w<strong>ir</strong>d. Dies sind die<br />
Momente, in denen ich persönlich beginne, bei einigen<br />
Mitgliedern ernsthafte Zweifel an deren Fähigkeiten<br />
für Durchblick und Verstehen zu hegen. Mögen es<br />
auch nur einige Wenige sein, oftmals noch nicht einmal<br />
selber Mitglied in unserer Solidargemeinschaft,<br />
so wünschte und erwartete ich m<strong>ir</strong>, dass diesen Unruhestiftern<br />
von der großen Mehrheit unserer Mitglieder<br />
mit der angebrachten Souveränität und unter Verweis<br />
auf die guten Ergebnisse der vergangenen Jahre entgegengetreten<br />
w<strong>ir</strong>d. Stattdessen aber kann ich mich<br />
oft des Eindrucks nicht erwehren, dass teilweise ganze<br />
Center sich dann geradezu lustvoll in einen panischen<br />
Hühnerhaufen verwandeln. Und in solchen Momenten<br />
frage ich mich ernsthaft, wo denn bloß die coolen,<br />
abgezockten Kollegen geblieben sind, die sonst tag-<br />
Vorstand<br />
täglich souverän und abgeklärt teilweise aberwitzige<br />
Verkehrsmengen durch ihre Sektoren lotsen.<br />
Und leider endet ein derartiges Verhalten ja nicht mit<br />
dem Abschluss der Verhandlungen. Vielmehr w<strong>ir</strong>d<br />
dann geradezu mit Hingabe versucht, ohne <strong>vor</strong>herige<br />
Erläuterungen der äußerst komplexen Materie z.B. auf<br />
einer ÖMV abzuwarten, das erzielte Ergebnis umfassend<br />
zu interpretieren, selbstredend unter schlechtestmöglicher<br />
Auslegung bei gleichzeitiger geringer<br />
Kenntnis der Materie. Hingebungsvoll gelauscht und<br />
selbstverständlich Wort für Wort für bare Münze<br />
genommen w<strong>ir</strong>d hingegen den Ausführungen mancher<br />
Führungskräfte, mögen sie sich auch in der Vergangenheit<br />
noch so oft als inkompetente Spalter erwiesen<br />
haben. Selbstverständlich (!) wäre es wünschenswert,<br />
möglichst alle ÖMVen umgehend zu bereisen,<br />
dies aber ist – was jeder begreifen sollte – personell<br />
für uns nicht darstellbar. Mehr als eine, maximal zwei<br />
Veranstaltungen können an einem Tag nicht mit entsprechend<br />
qualifiziertem Personal beschickt werden,<br />
so dass es leider eine gewisse Zeit dauert, bis alle<br />
Dienst<strong>stellen</strong> bereist worden sind. Bei allem Verständnis<br />
für eure berechtigte Neugier angesichts der unmittelbaren<br />
Ausw<strong>ir</strong>kungen des Tarifabschlusses auf die<br />
jeweils persönlichen Arbeitsbedingungen: Die Geduld<br />
bis zu einer erschöpfenden Erklärung aller Fakten im<br />
Rahmen einer Mitgliederversammlung sollte m. E.<br />
doch noch aufzubringen sein. Austritte aus der GdF,<br />
egal ob nur angedroht oder tatsächlich vollzogen,<br />
teils bereits <strong>vor</strong> Abschluss der Verhandlung aufgrund<br />
von Gerüchten über angebliche Verhandlungsstände,<br />
oder aber noch <strong>vor</strong> einer Mitgliederversammlung sind<br />
in meinen Augen nicht nachvollziehbar.<br />
Ebenso scheinen einige unserer Mitglieder der<br />
(im übrigen völlig <strong>ir</strong>rigen) Meinung zu sein, in der<br />
Geschäftsstelle der GdF säße ein ganzes Kontingent<br />
der flugleiter 2008/03
der flugleiter 2008/03<br />
Vorstand<br />
an Tarifexperten quasi rund um die Uhr bereit, um<br />
eingehende Emails und Anrufe möglichst umgehend<br />
zu beantworten. Dem, so kann ich versichern, ist<br />
definitiv nicht so! Vielmehr sind sämtliche kompetenten<br />
Tarifexperten unterwegs, um – neben ihrem<br />
normalen Einsatz im Schichtdienst – quer durch die<br />
Republik zu reisen und die Tarifergebnisse unseren<br />
werten Mitgliedern <strong>vor</strong>zu<strong>stellen</strong>. Dass daher manche<br />
Mails erst nach einigen Tagen kompetent beantwortet<br />
werden können, liegt einmal mehr an der äußerst<br />
überschaubaren Anzahl an handelnden und in dieser<br />
komplexen Materie hinreichend vertrauten Tarifexperten.<br />
Dass diese, quasi nebenher, auch noch in<br />
mehrtägigen Schulungen die jeweiligen örtlichen<br />
Betriebsräte unterrichten, so dass diese dann <strong>vor</strong> Ort<br />
möglichst ein optimales Ergebnis für ihre Kollegen mit<br />
der jeweiligen Dienst<strong>stellen</strong>leitung erzielen können,<br />
sei hier ebenfalls nur einmal am Rande erwähnt. Und<br />
was den Tonfall betrifft, der in manchen dieser Mails<br />
angeschlagen w<strong>ir</strong>d, möchte ich an dieser Stelle besser<br />
nicht kommentieren.<br />
Wenn ich m<strong>ir</strong> dann einmal den Verlauf einer beliebigen<br />
ÖMV betrachte, kann ich mich leider manchmal<br />
des Eindrucks nicht erwehren, dass zum einen so<br />
manches Mitglied wohl langsam den Bezug zur Realität<br />
zu verlieren beginnt, und zum anderen geradezu<br />
pathologisch eifersüchtig das eigene Ergebnis mit<br />
dem anderer Units abgeglichen w<strong>ir</strong>d. Gerne erinnere<br />
ich hierbei an die Umfrage, in der man entscheiden<br />
sollte, ob man selber gerne 90.000 € und alle Kollegen<br />
jeweils 80.000 € erhalten wolle, oder lieber man<br />
selber 120.000 € und alle Kollegen 130.000 €. Die<br />
überwiegende Mehrzahl entschied sich für die „lediglich“<br />
90.000 € und dafür aber das Gefühl, besser zu<br />
sein als die Kollegen. Angesichts der mittlerweile<br />
bei der DFS im operativen Dienst gezahlten Gehälter,<br />
angesichts der tariflichen Arbeitszeiten sowie<br />
solcher „Goodies“ wie z.B. unseren Kuren, kann ich<br />
da persönlich nur staunen. Natürlich sind w<strong>ir</strong> alle (!)<br />
eine sehr hoch belastete Funktionselite, die auch<br />
entsprechend bezahlt gehört. Dies ist jedoch spätestens<br />
mit dem Tarifabschluss vom Januar 2007 erreicht<br />
worden. Dass nun der jeweiligen Belastung der einzelnen<br />
EBG'en durch unterschiedliche Arbeitszeiten,<br />
Urlaubsdauer, Kurintervalle etc. Rechnung getragen<br />
w<strong>ir</strong>d, war von Anfang an erklärtes Ziel der GdF und<br />
wurde bereits im Vorfeld der Vergütungstarifrunde<br />
2006 entsprechend kommuniziert. Dass nun manches<br />
Mitglied unzufrieden ist, weil andere Kollegen stärker<br />
entlastet werden als sie selber, ist angesichts der Tatsache,<br />
dass objektiv niemand (!) schlechter gestellt<br />
wurde als <strong>vor</strong>her, nur sehr schwer nachzuvollziehen.<br />
Manchmal sollte man auch gönnen können, und die<br />
gefühlte eigene Belastung entspricht vielleicht doch<br />
nicht immer der tatsächlichen Belastung, wenn man<br />
einmal versucht, einheitliche Maßstäbe zu verwenden.<br />
Kurzum, der erlebte Neid und die Missgunst, die<br />
einige Kollegen an den Tag legen, dabei aber selbst-<br />
verständlich vehement bestreiten, dass es sich bei<br />
ihren kleinlichen Vergleichen genau darum handelt,<br />
ist manchmal geradezu atemberaubend...<br />
Sehr interessant fand ich im übrigen auch die Ansicht<br />
eines Kollegen, der Besuch einer ÖMV zur Informationsgewinnung<br />
sei ihm nicht zuzumuten, er erwarte da<br />
schon etwas mehr von seiner Gewerkschaft. Ja Leute,<br />
wo bitte schön sind w<strong>ir</strong> denn hier?!? Hier stehen die<br />
Ansprüche mittlerweile in einem diametralen Widerspruch<br />
zum weit verbreiteten Unwillen, sich selber zu<br />
engagieren.<br />
Es mag sein, dass eine große Mehrzahl meiner Kollegen<br />
nun eventuell denkt, dass ich ihnen mit diesen<br />
Zeilen Unrecht tue. Und vielleicht ist es ja w<strong>ir</strong>klich nur<br />
eine verschwindend kleine Minderheit, gemessen an<br />
der Gesamtzahl unserer Mitglieder, die hier negativ<br />
aus dem Rahmen fällt. Aber wie so oft, sind es leider<br />
diejenigen, die am lautesten schreien, die das Bild<br />
prägen. All jenen, die nun meinen, sie seien bei dem<br />
Tarifabschluss zum Belastungsausgleich „hinten runter<br />
gefallen“ sei folgendes noch einmal gesagt: Ein<br />
derart genaues System zur Ermittlung der Belastung<br />
im ATC-Bereich ist wohl noch n<strong>ir</strong>gends zu<strong>vor</strong> entwickelt<br />
worden. Obwohl die Ergebnisse schon sehr<br />
genau sind, gilt es dennoch, das System immer noch<br />
weiter zu optimieren. Dazu ist jedoch auch euer Engagement<br />
wichtig. Wenn also das nächste Mal um Mithilfe<br />
bei der Bewertung der einzelnen EBG'en gebeten<br />
w<strong>ir</strong>d, werden sich dann hoffentlich in jedem Center<br />
und Tower Kollegen bereit finden, ein paar Stunden<br />
ihrer wertvollen Freizeit zu opfern. Und diese Gelegenheit<br />
w<strong>ir</strong>d kommen, die jetzigen Ergebnisse sind nicht<br />
in Stein gemeißelt.<br />
Wer also meint, dieses Mal nicht korrekt bewertet<br />
worden zu sein, w<strong>ir</strong>d bei der nächsten Evaluierung<br />
die Gelegenheit haben, dies zu beweisen. Im übrigen<br />
ist ein derartiger Systemwechsel, wie er momentan<br />
gerade stattfindet, eine solche Mammutaufgabe,<br />
dass es zwangsläufig zu Unklarheiten, ungeklärten<br />
Sonderfällen, verschiedenen Interpretationen mit<br />
dem Arbeitgeber und Übergangslösungen kommen<br />
muss. Wer dies bestreitet, stellt höchstens seine völlige<br />
Unkenntnis der Materie unter Beweis. Insofern<br />
sei allen Betroffenen an dieser Stelle zu etwas mehr<br />
Gelassenheit geraten. Das neue System braucht<br />
sicherlich eine Übergangszeit um sich „einzuschwingen“.<br />
Und erkannte Defizite werden in der nächsten<br />
Runde zu diesem Thema angegangen werden. Alles<br />
w<strong>ir</strong>d gut...<br />
Mit kollegialen Grüßen,<br />
Marek Kluzniak
von<br />
D<strong>ir</strong>k Wendland<br />
der flugleiter 2008/03<br />
GdF Aktuell<br />
12<br />
Der neue DFS Aufsichtsrat<br />
Einige können sich sicherlich noch erinnern…<br />
Im Gegensatz zu dieser Aufsichtsratswahl wurde im Jahr 2003 die<br />
GdF als Gewerkschaft per Gerichtsbeschluss an der Teilnahme<br />
gehindert. Nach dem damaligen (Nicht-) Wahlergebnis hätte die<br />
GdF die beiden Gewerkschaftssitze ohne Probleme errungen.<br />
Inzwischen ist die GdF Normalität, und deshalb war<br />
es diesmal umso wichtiger, mit einer hohen Wahlbeteiligung<br />
sicherzu<strong>stellen</strong>, dass die GdF die zwei<br />
Gewerkschaftssitze und die drei Angestelltensitze im<br />
Aufsichtrat dieses Mal auch w<strong>ir</strong>klich besetzt.<br />
Die Wahlbeteiligung war unternehmensweit sehr<br />
unterschiedlich und deshalb: Es war knapp! Daran<br />
sollten w<strong>ir</strong> uns bei der nächsten Aufsichtsratswahl in<br />
fünf Jahren erinnern.<br />
Trotzdem hat es geklappt. Dafür allen aktiv Beteiligten<br />
Dank.<br />
Und das ist der neue Aufsichtsrat.<br />
Die Arbeitnehmerbank besetzen für die Angestellten<br />
Frau Petra Reinecke, Herr Holger Müller und Herr Peter<br />
Schaaf, für die GdF Herr Michael Schäfer und Herr D<strong>ir</strong>k<br />
Wendland und für die leitenden Angestellten Herr<br />
Otto Fischer. Per Gesellschafterbeschluss wurden für<br />
die Anteilseignerseiten Frau RD<strong>ir</strong>’in Christiane Wietgrefe-Peckmann<br />
(BMF), Herr Dr. Norbert Kloppenburg,<br />
Herr MR Dr. Reinhard Kuhn (BMVg), Herr MD<strong>ir</strong>ig Rainer<br />
Münz (BMVBS), Herr Oberst i.G. Hans-Dieter Poth<br />
(BMVg) und Herr MD<strong>ir</strong> Robert Scholl (BMVBS) als Aufsichtsratsmitglieder<br />
bestellt.<br />
Am 06. Mai 2008 fand die konstituierende Sitzung des<br />
Aufsichtsrates statt, und auch diese war ganz anders<br />
als <strong>vor</strong> fünf Jahren. Damals brauchte es c<strong>ir</strong>ca anderthalb<br />
Jahre um einen stellvertretenden Aufsichtsrats<strong>vor</strong>sitzen-<br />
den zu wählen, damals … Diesmal ging<br />
alles schneller. Zum neuen Aufsichtsrats<strong>vor</strong>sitzenden<br />
wurde Herr MD<strong>ir</strong><br />
Robert Scholl, zu seinem Stellvertreter<br />
Herr Michael Schäfer gewählt.<br />
Außerdem ist nach § 27 Abs. 3 MitbestG ein Vermittlungsausschuss<br />
zu bilden. Das Mitbestimmungsgesetz<br />
schreibt <strong>vor</strong>, dass diesem Ausschuss der<br />
Aufsichtsrats<strong>vor</strong>sitzende und sein Stellvertreter angehören.<br />
Komplettiert wurde der Ausschuss durch Herrn<br />
Holger Müller (für die Arbeitnehmerbank) und Herrn<br />
MD<strong>ir</strong>ig Rainer Münz (für den Anteilseigner).<br />
Der Aufsichtsrat beschloss außerdem einen Audit-,<br />
einen Projekt- und einen Personalausschuss zu bilden<br />
und wie folgt zu besetzen.<br />
Auditausschuss:<br />
Herr D<strong>ir</strong>k Wendland (Vorsitzender), Herr Dr. Norbert<br />
Kloppenburg (stellvertretender Vorsitzender), Frau<br />
RD<strong>ir</strong>’in Christiane Wietgrefe-Peckmann und Herr Otto<br />
Fischer<br />
Projektausschuss:<br />
Herr MD<strong>ir</strong>ig Rainer Münz(Vorsitzender), Herr Peter<br />
Schaaf (stellvertretender Vorsitzender), Herr Michael<br />
Schäfer und Herr Oberst i.G. Hans-Dieter Poth<br />
(BMVg)<br />
Personalausschuss:<br />
Herr MD<strong>ir</strong> Robert Scholl (Vorsitzender), Herr Michael<br />
Schäfer (stellvertretender Vorsitzender), Frau Petra<br />
Reinecke und Herr MR Dr. Reinhard Kuhn<br />
Wünschen w<strong>ir</strong> dem Gremium für seine Amtszeit eine<br />
„gute Hand“ bei allen Entscheidungen…
Der Schicht- oder Dienstplan<br />
Nach dem Abschluss des Tarifvertrages „Belastung“ heißt es für viele Zweige<br />
im operativen Dienst der Deutschen Flugsicherung neue Dienst- bzw. Schichtpläne<br />
zu entwerfen. Neue Arbeitszeiten wurden vereinbart, in deren Folge auch<br />
die Pausenregelungen verändert wurden. Es gibt gerade bei Erstellung eines<br />
Schichtplanes viele Fakten zu berücksichtigen, die d<strong>ir</strong>ekt Ausw<strong>ir</strong>kungen auf<br />
jeden Einzelnen haben.<br />
Wichtig ist es aber, dass die Beschäftigten, Vorgesetzten<br />
und natürlich auch die Betriebsräte auf die Einhaltung<br />
der Bestimmungen der Arbeitszeit achten. Diese<br />
Arbeitszeiten werden global im Arbeitszeitgesetz geregelt<br />
und zusätzlich im Tarifvertrag spezifiziert. Jeder<br />
Arbeitgeber ist im Rahmen seiner Fürsorgepflicht an<br />
die gesetzlichen wie auch an die tariflichen Vorgaben<br />
gebunden. Priorität haben dabei die tariflichen<br />
Bestimmungen. Existiert kein Tarifvertrag oder sind<br />
Einzelpunkte im Tarifvertrag nicht gesondert geregelt,<br />
gelten die gesetzlichen Mindestbestimmungen.<br />
Einen Schichtplan zu er<strong>stellen</strong>, der alle gesetzlichen,<br />
tariflichen und besetzungstechnischen Anforderungen<br />
genügt, ist eine wahre Meisterleistung und für<br />
einen 24-stündig besetzten Arbeitsplatz nicht nur eine<br />
Herausforderung.<br />
Der Schichtplan ist ein Planungsinstrument und im<br />
Rahmen seines D<strong>ir</strong>ektionsrechtes ordnet der Arbeitgeber<br />
den Einsatz der Beschäftigten an. Die mit dem<br />
Betriebsrat mitbestimmten vereinbarten Schichtanfang-<br />
und Endzeiten sowie Pausenzeiten sollten eingearbeitet<br />
sein. Er dient als Grundlage für die Analyse<br />
des Einsatzes der Beschäftigten wie auch zur Einteilung<br />
der tatsächlichen täglichen Besetzung einzelner<br />
Schichten.<br />
Als Dokument bildet der Schichtplan die Grundlage zur<br />
Berechnung der Vergütung und möglicher Zuschläge<br />
(z.B. Nachtschicht od. Sonntag). Arbeitszeiten und<br />
Anwesenheit können so überprüft und festgehalten<br />
werden, Urlaub und damit entsprechende Vertretung<br />
kann geplant und ggf. entzerrt werden. Der Schichtplan<br />
ist somit ein Instrument, dass als Grundelement<br />
in viele Bereiche des Arbeitsleben wie auch ins Privatleben<br />
hineinspielt.<br />
Bei einem neu zu gestaltendem Schichtplan sollte darauf<br />
geachtet werden, dass zunächst die regelmäßige<br />
Arbeitszeit inclusive möglicher Ausgleichszeiträume<br />
eingeplant w<strong>ir</strong>d. Die Einhaltung von Pausen und Ruhezeiten<br />
müssen gewährleistet sein. Mit Mehrarbeit<br />
oder gar Überstunden sollte nicht gerechnet werden.<br />
Sollten Behinderte, Jugendliche oder z.B. Schwangere<br />
unter den Beschäftigten sein, so sind hier die gesonderten<br />
gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen und<br />
bedürfen der genauen Einhaltung.<br />
Da der Schichtplan auch ins private Leben eines einzelnen<br />
Beschäftigten hineinspielt, sollten wenn mög-<br />
GdF Aktuell<br />
liche Interessen der Beschäftigten berücksichtigt<br />
werden. Diese Interessen beginnen mit der Urlaubsplanung<br />
– z.B. Schulferien, gehen über die Anbindung<br />
des öffentlichen Dienstes bis hin zu Wünschen für private<br />
Frei-Tage.<br />
Ein Schichtplan, der all dieses abdeckt kann eigentlich<br />
nur so gut sein wie seine Personalplanung. Ohne<br />
eine nachvollziehbare und hintergründige Personalplanung<br />
kann ein Schichtplan nur schwerlich die<br />
Akzeptanz der Mitarbeiter erhalten. Gerade durch<br />
den Belastungsausgleich w<strong>ir</strong>d hier die bisherige Personalplanung<br />
auf den Prüfstand gestellt. Wesentliche<br />
Faktoren des Tarifvertrages können nicht sofort<br />
umgesetzt werden und bedürfen einer gewissen<br />
Übergangszeit. Eine solche Übergangszeit ist tolerabel,<br />
wenn sie nicht einseitig missbraucht w<strong>ir</strong>d. Hier<br />
steht die Gefahr, dass eher Personal eingespart w<strong>ir</strong>d,<br />
als entsprechend Nachwuchs auszubilden.<br />
Einen Schichtplan zu entwerfen mit einer regelmäßigen<br />
Arbeitszeit – Montag bis Freitag, Wochenende frei – ist<br />
relativ einfach, problematischer w<strong>ir</strong>d es, wenn Arbeitspositionen<br />
mit unterschiedlichen Besetzungszeiten<br />
geplant werden müssen. Hier die geforderten Items<br />
alle anzuführen und zu berücksichtigen, ist ein sehr<br />
schweres Unterfangen. Für die Bereiche Flugverkehrskontrolldienst<br />
und Flugdatenbearbeitung w<strong>ir</strong>d diese<br />
Herausforderung zu einer echten Aufgabe, in der an<br />
fast jeder DFS-Niederlassung zur Zeit gearbeitet w<strong>ir</strong>d.<br />
von<br />
Hans-Joachim<br />
Krüger<br />
15 der flugleiter 2008/03
von<br />
Michael Hnida<br />
der flugleiter 2008/03<br />
Technik<br />
24<br />
“Qualifizierte Nachwuchskräfte“<br />
Bezug: Artikel in der Transmission, Ausgabe Februar:<br />
“DFS-Trainee-Technik-Programm - Neue Wege beim Kampf um Köpfe“<br />
Photo:<br />
Artikel aus der Frankfurter<br />
Rundschau zum Thema<br />
Karriereentwicklung vom<br />
01.03.2008<br />
Gute Ingenieure<br />
werden knapp …<br />
Zum Artikel in der Transmission,<br />
Ausgabe Februar<br />
mit dem Titel “DFS-Trainee-Technik-Programm<br />
- Neue Wege beim Kampf<br />
um Köpfe“ möchte ich<br />
gerne das Thema “Qualifizierte<br />
Nachwuchskräfte“<br />
noch mal betrachten und<br />
aus einer ganzheitlichen<br />
Sichtweise dar<strong>stellen</strong>.<br />
Ich begrüße sehr die Entscheidung der DFS-<br />
Geschäftsführung und den Personalverantwortlichen<br />
in der DFS, sich mit diesem Thema nun intensiver auseinanderzusetzen,<br />
so die folgerichtige Maßnahme,<br />
ein “DFS-Trainee-Technik-Programm“ aufzusetzen<br />
und für einen qualifizierten Nachwuchs in unserem<br />
Unternehmen zu sorgen. Denn wie im Artikel der letzten<br />
Transmission richtig dargestellt, macht der demographische<br />
Wandel auch <strong>vor</strong> der DFS nicht halt.<br />
Das Trainee-Technik-Programm ist zweifellos her<strong>vor</strong>ragend<br />
geeignet, den jungen Einsteigern eine Karrieremöglichkeit<br />
zu eröffnen. Andere F<strong>ir</strong>men, wie z.B. die<br />
Deutsche Bahn bieten Hochschulabgängern schon<br />
seit einigen Jahren einen Karriereeinstieg zur Führungskraft<br />
mit einem mehrmonatigen Durchlauf der<br />
relevanten Abteilungen des Unternehmens.<br />
Photo: Karriere / Trainee-Programm<br />
Besonders im technischen Bereich, sowohl in den operativen<br />
als auch in den nicht-operativen Abteilungen der<br />
DFS, ist der Nachwuchsmangel bereits deutlich spürbar.<br />
Mehrarbeitsstunden häufen sich, um die Arbeiten in der<br />
notwendigen Sorgfalt und Qualität erledigen zu können.<br />
Die DFS befindet sich nach der neuen Geschäftsverteilung<br />
wieder <strong>vor</strong> weiteren Neustrukturierungen<br />
der Geschäftsbereiche und neuen Zuständigkeiten.<br />
Das geht auch beim Mitarbeiter nicht spurlos <strong>vor</strong>bei.<br />
Vieles, was bereits eine klare Struktur zu haben<br />
schien, w<strong>ir</strong>d wieder in Frage gestellt.<br />
Um die zukünftigen Fragen der Unternehmensstruktur<br />
und -organisation in der sich ständig verändernden Flugsicherungswelt<br />
beantworten zu können, bedarf es kluge<br />
Köpfe, die eine ganzheitliche Betrachtungsweise der<br />
Dinge in die zukünftige Strategie und Struktur unseres<br />
Unternehmens haben und die Ausrichtung des Handelns,<br />
auch im europäischen Umfeld, gestalten werden.<br />
Das Trainee-Technik-Programm schafft mit seinem<br />
inhaltlichen Ansatz die Voraussetzungen, den Nachwuchskräften<br />
ein sehr breites Wissen über die gesamte<br />
Flugsicherung zu vermitteln und somit langfristig den<br />
zukünftigen Führungskräften „das Funktionieren“<br />
unseres Unternehmens sowie die zahlreichen Schnitt<strong>stellen</strong><br />
und Geschäftsprozesse näher zu bringen, so dass
Management-Entscheidungen auf Basis der real existierenden<br />
Prozesse in der Aufbau- und Ablauforganisation<br />
des Unternehmens getroffen werden und nicht auf Informationen,<br />
die der Führung aufgrund von ISO-Prozessen<br />
und sonstigen Prozessbeschreibungen, Kennzahlen, etc.<br />
in möglichst ideeller Darstellung, bekannt sind.<br />
So manche DFS-Neustrukturierung, z.B. Zielorganisation<br />
(ZORG) wäre dann, davon bin ich überzeugt, nicht<br />
so entschieden worden. Das zeigt auch die heutige Re-<br />
Organisation der Geschäftsbereiche und Prozesse sehr<br />
anschaulich (Organigramme sind eben leichter lesbar<br />
als Prozessgrafiken, Zuständigkeiten und Verantwortung<br />
sind klarer zuzuordnen, etc.). Hier haben ISS (Issue<br />
Management Strategie und Struktur) und VEO (Unternehmensorganisation)<br />
einen guten Job gemacht.<br />
Zurück zum DFS-Trainee-Technik-Programm: Besonders<br />
profitieren w<strong>ir</strong>d die DFS von dem viermonatigen<br />
Hospitations-Block, der in den außertechnischen<br />
Bereichen und bei anderen Unternehmen absolviert<br />
werden soll (Eurocontrol, Lufthansa, Fraport). Bei diesen<br />
Unternehmen kann man sich u.a. auch die “Lessons<br />
Learnds“ zu Gemüte führen.<br />
Es gibt nämlich auch andere Ansätze und Strategien<br />
für die Nachwuchsgewinnung in großen Unternehmen:<br />
Das Potenzial der Mitarbeiter selbst. Sicherlich<br />
sind Methoden nach dem Motto: “War for talents“ in<br />
den schwierigen Zeiten auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere<br />
den Ingenieurmangel betreffend, angebracht<br />
und für die Nachwuchsförderung wertvoll.<br />
Die Vorgehensweise steht auch im Konsens mit der<br />
f<strong>ir</strong>meninternen Weiterqualifikation. Auch hier müssen<br />
“Qualifikationshürden“ wie Potenzialkonferenz und<br />
Assessmentcenter (AC) genommen werden, um seine<br />
Eignung als Führungskraft oder Projektleiter unter<br />
Beweis zu <strong>stellen</strong>. Das sind durchaus wichtige Instrumente<br />
der Personalauswahl, schließlich geht es auch<br />
um weitere Fähigkeiten und Schlüsselqualifikationen,<br />
die eine potentielle Führungskraft mitzubringen hat.<br />
Das zeigt sehr anschaulich das DFS-Kompetenzmodell<br />
und die Potenzialkonferenz.<br />
Photo: Modell zur DFS-Potenzialkonferenz<br />
Ein anderer erfolgreicher Ansatz zur Gewinnung von qualifizierten<br />
Nachwuchskräften ist, wie bereits erwähnt,<br />
die eigenen Mitarbeiter zu fördern und aus dem Potenzial<br />
im eigenen Unternehmen zu „schöpfen“.<br />
Qualifizierte Mitarbeiter<br />
Technik<br />
Qualifikation<br />
Jeder neu eingestellte Mitarbeiter bringt eine Qualifikation<br />
mit, eine oder mehrere Eigenschaften, die für<br />
das Unternehmen wertvoll sind, um die Unternehmensziele<br />
mit dem Zusammenw<strong>ir</strong>ken aller Mitarbeiter<br />
im Gesamtsystem zu erreichen.<br />
Dabei w<strong>ir</strong>d die grundlegende Qualifikation durch eine<br />
berufliche Ausbildung bzw. Hochschulstudium erworben.<br />
Für Mitarbeiter, die für den operativen Bereich<br />
eingestellt werden, setzt nach der Einstellung eine<br />
weitere Qualifizierung auf, die sogenannte „Erlaubnisausbildung“<br />
und den Erwerb von Systemberechtigungen.<br />
Der Mitarbeiter im operativen Dienst ist<br />
daher erst nach Erreichen der letzten Ebene der Pyramide<br />
eigenverantwortlich einsetzbar.<br />
Photo:<br />
Qualifizierungsprogramm<br />
Motivation<br />
Aus der Managementlehre gibt es zahlreiche Methoden,<br />
wie man Mitarbeiter motivieren kann, über ihre<br />
Grenzen hinaus zu wachsen, neue Herausforderungen<br />
anzunehmen und dem Unternehmen die Möglichkeit<br />
geben, somit qualifizierte Nachwuchskräfte<br />
aus dem eigenen<br />
Potenzial zu entwickeln.<br />
„Voraussetzung für eine zielstrebige,<br />
motivierte Arbeit<br />
sind Anreize. Die Mitarbeiter<br />
müssen einen Sinn und persönlichen<br />
Nutzen darin sehen,<br />
sich für eine Aufgabe bzw. Projekt<br />
zu engagieren. Dieser Nutzen<br />
kann zum Beispiel in der<br />
Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes<br />
durch den Fortbestand<br />
des Unternehmens, dem Aufbau<br />
von Wissen, einem Karriereschub,<br />
einer finanziellen<br />
25 der flugleiter 2008/03
Photo:<br />
Maslow`schen<br />
Bedürfnispyramide<br />
der flugleiter 2008/03<br />
Technik<br />
26<br />
Zuwendung, einem ehrlichen Lob <strong>vor</strong> versammelter<br />
Mannschaft oder einem anerkennenden persönlichen<br />
Wort der Führungskraft liegen. Am besten ist es, wenn<br />
der Mitarbeiter im Erfolg seine persönliche Befriedigung<br />
beziehungsweise seinen Nutzen findet.<br />
Darüber, ob von der Führungskraft gesetzte Anreize<br />
Menschen w<strong>ir</strong>klich motivieren, gibt es allerdings<br />
unterschiedliche Meinungen. Einen anhaltenden positiven<br />
Effekt auf die langfristige Einstellung von Mitarbeitern<br />
zu ihrer Arbeit bieten Anreizsysteme. Andererseits<br />
können ausgeklügelte Motivationstechniken<br />
auch dazu führen, dass immer höhere Reizniveaus<br />
nötig sind, um bei dem Mitarbeiter einen Motivationsschub<br />
zu bew<strong>ir</strong>ken.“ [GPM 2005]<br />
Die Maslow’sche Bedürfnispyramide stellt die Grundbedürfnisse<br />
des Menschen dar. Sie zeigt die Grundsicherung,<br />
zu der auch finanzielle und emotionale Sicherheit<br />
zählen. Ist diese Grundsicherung gegeben, motivieren<br />
den Menschen aber eher Anreize wie Anerkennung und<br />
die Chance auf Selbstverw<strong>ir</strong>klichung - also Motivationsfaktoren<br />
auf einer höheren Ebene der Pyramide.<br />
Aus “Projektmanager, GPM - Gesellschaft für Projektmanagement<br />
e.V.“ von Heinz Schelle, Roland Ottmann,<br />
Astrid Pfeiffer (ISBN 3-924841-26-8)<br />
Ziele / Zielvereinbarungen<br />
Eine andere Behauptung besagt: Der Kern der<br />
menschlichen Motivation liege nicht in Anreizsystemen,<br />
sonderen in der Suche nach dem Sinn. Diesen<br />
kann nur finden, wer sein Ziel selbst (mit-)bestimmen<br />
darf. Dafür benötigt man Zielvereinbarungen mit der<br />
Führungskraft, die gewisse Rahmenbedingungen zur<br />
Entwicklung des Mitarbeiters erfüllen müssen.<br />
Motivationsprobleme<br />
Viele Unternehmen schaffen es häufig nicht, die Mitarbeiter<br />
auf Erfolgsfaktoren und Zielsetzungen der F<strong>ir</strong>ma<br />
einzuschwören. Das liegt daran, dass die Unternehmen<br />
zwar die Bedeutung der Mitarbeitermotivation<br />
erkannt haben, der aber keine Taten folgen lassen.<br />
Unternehmen scheuen <strong>vor</strong> w<strong>ir</strong>klichen Veränderungen<br />
noch zurück. Machtgefüge und Hierarchien stehen auf<br />
dem Spiel. Gerade Führungskräfte vermeiden gerne, dass<br />
transparent w<strong>ir</strong>d, ob sie gesetzte Ziele erreicht haben.<br />
(Und welcher Chef möchte schon, dass ein geschickter<br />
Mitarbeiter plötzlich mehr verdient als er selbst …?)<br />
Diese Strukturen sind es leider, die eine w<strong>ir</strong>kliche<br />
Absicht, ein Unternehmen nach „<strong>vor</strong>ne“ zu bringen,<br />
hindern. Dies macht sich dann auch in den Führungsstrukturen<br />
und der Mitarbeiterführung bemerkbar.<br />
Ziele müssen transparent sein. Wo wollen w<strong>ir</strong> gemeinsam<br />
hin? Und mit „w<strong>ir</strong>“ meine ich auch „w<strong>ir</strong>“ (bzw. „uns“)<br />
Nur mit diesem Umdenken in den Köpfen und gemeinsamen<br />
Ansätzen werden Visionen wie 2020 auch zur<br />
W<strong>ir</strong>klichkeit - nur „mit“ dem „Mit“-Arbeiter, nur mit<br />
deren Qualitäten und Kompetenzen, mit dem Unternehmens-Knowhow<br />
seit vielen Jahren.<br />
Ansätze von Motivationssteigerung<br />
Job Rotation =<br />
Wechsel zwischen gleichartigen Tätigkeiten schaffen<br />
Zum Beispiel:<br />
• Systemmanagement > Produktmanagement<br />
> Anforderungsmanagement<br />
• Systemmanagement > Systemplanung<br />
> Inbetriebhaltungsgrundsätze<br />
• System Engineering > Produktmanagement<br />
> Systemmanagement<br />
• System Engineering > Forschung und Entwicklung<br />
> … etc.<br />
Photo: Struktur zur Entwicklung qualifizierter Nachwuchskräfte
Job Enlargement =<br />
Erweiterung der bisherigen<br />
Tätigkeit um neue Tätigkeiten<br />
Zum Beispiel:<br />
• Systemmanager > Techn. Sachbearbeiter<br />
> Koordinierte Systemplanung<br />
• Systemmanager > Projektmitarbeiter ><br />
Teilprojektleiter > Projektleiter<br />
• Sachbearbeiter > Referent mit mehr<br />
Verantwortung > Leitung / Moderation<br />
• … etc.<br />
Job Enrichment =<br />
Arbeitsanreicherung Planende, <strong>vor</strong>bereitende und<br />
kontrollierende Teiltätigkeiten werden zu den ausführenden<br />
in die Gesamttätigkeit aufgenommen. Damit<br />
ist ein Zuwachs an Verantwortung verbunden.<br />
• Der Mitarbeiter wächst mit den Herausforderungen<br />
• Durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen werden<br />
Defizite minimiert<br />
Photo: Vorteile der Job Rotation in einem Unternehmen<br />
Technik<br />
• Der Mitarbeiter „steigert“ seine soziale Kompetenzen<br />
(Konfliktfähigkeit, Besprechungen führen,<br />
Führungsqualitäten ausprägen, etc.)<br />
Fazit<br />
Über das eigene Potenzial der Mitarbeiter und deren<br />
gezielten Weiterqualifikation in den benötigten fachlichen<br />
Disziplinen und interdisziplinären Schlüsselqualifikationen<br />
ist es möglich, die erforderlichen IT-<br />
Spezialisten für die hochkomplexen Systeme für das<br />
Unternehmen zu gewinnen und sich das Spezialwissen<br />
selbst anzueignen.<br />
Ergänzend zu dem DFS-Trainee-Technik-Programm,<br />
das die DFS weiter fortsetzen w<strong>ir</strong>d, ist dieser Ansatz<br />
wie bereits in vielen anderen Unternehmen praktiziert,<br />
eine echte Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter<br />
zu fördern und die gewünschten Spezialisten für das<br />
Unternehmen zu bekommen.<br />
„Den Schlüssel zum Erfolg haben w<strong>ir</strong> bereits, w<strong>ir</strong> müssen<br />
ihn nur zum Öffnen der verschlossenen Türen<br />
benutzen“<br />
27 der flugleiter 2008/03
der flugleiter 2008/03<br />
Akademie<br />
28<br />
FLEXI INSTRUCTORS<br />
-a request for Support<br />
Introduction<br />
Most of the controlling staff may know me from the<strong>ir</strong> ABQ course<br />
where I spent my f<strong>ir</strong>st 10 years at the Academy qualifying you as<br />
On-The-Job Training Instructors. Some of you will have possibly<br />
worked with me in my later role as Head of Qualifications and currently<br />
since 2006 as Head of Radar Training at the Academy. The<br />
reason I am writing this short article is to ask for your support.<br />
Background<br />
As you know in 2007 we saw a tremendous increase in<br />
our training demand for new controllers. For the Academy<br />
and in particular my department, AK/C (Aus.-und<br />
Weiterbildung Center), this meant a planning adjustment<br />
from 12 to 100 trainees per year into Operational<br />
Training.<br />
The Situation<br />
The training of new controllers is a difficult task which<br />
requ<strong>ir</strong>es a team effort. The DFS achieves this by having<br />
a mixed training team. The team comprises of:<br />
• Academy Permanent Staff<br />
• Guest Instructors from the NLs<br />
• Flexi and Honorarkraft Instructors<br />
Due to various reasons, one being the increased traffic<br />
workload, over the next few years GB CC will have<br />
to reduce the Guest Instructors support I normally<br />
receive from the NLs. This naturally means that the<br />
instructor support requ<strong>ir</strong>ement from the other team<br />
members increases.<br />
I am increasing the staffing level of AK/C to compensate,<br />
however, I will still have a shortfall of training<br />
hours which I need to cover by increasing the number<br />
of Flexi instructors under contract.<br />
As the Flexi system is not fully understood by everyone,<br />
I would like to explain how it works and how<br />
with your support you can assist me in<br />
meeting our training task.<br />
A Flexi Instructor is a selected controller<br />
who is in `Übergangsversorgung´<br />
and has agreed to support the Academy’s<br />
training demand. The Flexi<br />
Instructor is an important part of the team providing<br />
both experience and maturity to our training process.<br />
The contract arrangements for a Flexi instructor are<br />
straight forward, however, the contract must be processed<br />
and signed before the controller enters the<br />
`Übergangsversorgung´ period.<br />
Once entering into a Flexi contract you will receive<br />
your normal `Übergangversorgung´ money entitlement<br />
plus an extra amount for any days that you have<br />
supported the Academy. This is calculated from a<br />
monthly allowance of 4.000€ which equates to a daily<br />
amount of 200€. A Flexi instructor normally contracts<br />
from between 50 to 150 days of support per year.<br />
You may have already received some information<br />
from our Flexi Roadshow days at the NLs, however, if<br />
you are due to enter `Vorruhestand´ within the next 18<br />
months and are willing to offer your support, I would<br />
like to hear from you.<br />
My contact details are:<br />
e-mail: kevin-john.salter@dfs.de<br />
Tel: 06103 7075202<br />
or pop in for a chat. My room is B.1.25 in the Academy.<br />
I look forward to hearing from you.<br />
Finally I would like to thank the GDF for supporting this<br />
initiative and allowing me the opportunity of using<br />
`der Flugleiter´ to publicize this important topic.
von<br />
Thorsten<br />
Wehe<br />
der flugleiter 2008/03<br />
ATC International<br />
38<br />
ATCEUC<br />
Spring Meeting 2008<br />
Am 02. und 03. Mai fand das ATCEUC Spring Meeting 2008 auf der<br />
Insel Kos statt. Es war das 33. Meeting der Vereinigung europäischer<br />
Flugsicherungsgewerkschaften. In einem sehr schönen Ambiente<br />
präsentierten und diskutierten die Teilnehmer an zwei Tagen<br />
aktuelle Themen in Europa. Nach der Eröffnung und dem Bericht<br />
des Vorstandes trugen geladene Gäste die aktuellen Sachstände zu<br />
verschiedenen Themen <strong>vor</strong>.<br />
Francesco Preti von Eurocontrol und Mitglied der<br />
Performance Review Unit berichtete über den Performance<br />
Review Report 2007 (PRR) an die europäische<br />
Kommission zu den Entwicklungen der einzelnen FABs<br />
in Europa. Vertreter der International Federation of A<strong>ir</strong><br />
Traffic Controller’s Association (IFATCA) und der European<br />
Cockpit Association (ECA) referierten über die<br />
aktuelle Situation aus der Sicht ihrer Organisationen.<br />
Her<strong>vor</strong>zuheben bleibt die Zahl von 1.500 fehlenden<br />
Lotsen in Europa. Arbeitskräfte in den technischen<br />
Berufen werden ebenfalls Mangelware. Die jeweiligen<br />
Verantwortlichen haben sicherlich entsprechende<br />
Programme in der Schublade, wie sie das für die<br />
ambitionierten Projekte benötigte Personal rekrutieren<br />
können. Die DFS grast ja mittlerweile weltweit den<br />
Lotsenmarkt ab und w<strong>ir</strong>bt mit ihren guten Arbeitsbedingungen.<br />
Wenn der Aufruf zum Wechsel des Arbeitgebers<br />
nicht <strong>ir</strong>gendwann mal nach hinten losgeht.
Koen de Vos arbeitet d<strong>ir</strong>ekt für die Europäische Kommission<br />
und gab einen Überblick über die Entwicklungen<br />
zum SES-Paket II. Bereits im Juni sollen die ersten<br />
Entwürfe auf dem Tisch liegen und der soziale Dialog<br />
mit den Arbeitnehmervertretern rund um das Paket II<br />
beginnen. Trotz mehrfacher Eingaben w<strong>ir</strong>d die ATCEUC,<br />
die europaweit ca. 12.000 Flugsicherungbeschäftigte<br />
repräsentiert, noch immer nicht als offizieller sozialer<br />
Partner von der Europäischen Kommission anerkannt.<br />
Dies wurde zum wiederholten Mal gegenüber Koen de<br />
Vos stark kritisiert.<br />
Christian Dumas (SESAR/EADS), James Burff (Eurocontrol)<br />
und Laurent Griseri (ATCEUC) stelltten die<br />
neuesten Sachstände und Entwicklungen in SESAR<br />
und SESAR Joint Undertaking <strong>vor</strong>.<br />
Zur Erinnerung: SESAR ist eine Initiative der Europäischen<br />
Union. Vertreten sind Fluggesellschaften, Flug-<br />
ATC International<br />
hafenbetreiberr, Flugsicherungsorganisationen und<br />
Technologieunternehmen, die ein zukünftiges System<br />
für einen sichereren, preisgünstigeren und effizienteren<br />
Luftverkehr in Europa entwickeln sollen. Schon<br />
heute zeichnet sich ab, dass viele Ziele, welche die EU<br />
<strong>vor</strong>gegeben hat, nicht erreicht werden. Sowohl die Zeit<strong>vor</strong>gaben,<br />
wie auch das Erreichen von Kennzahlen sind<br />
nicht machbar. Im Anschluss berichteten die jeweiligen<br />
ATCEUC-Mitglieder über die Lage in ihren Staaten.<br />
Unter anderem informierte der GdF-Vorsitzender Klaus<br />
Berchtold-Nicholls ausführlich über die aktuelle Situation<br />
in Deutschland.<br />
Zum Abschluss der zweitägigen Konferenz standen<br />
neben internen Berichten Fragen zur Änderung der<br />
Statuten zur Diskussion. Die endgültige Beschlussfassung<br />
darüber soll auf dem ATCEUC Autumn Meeting<br />
Mitte Oktober in Paris erfolgen.<br />
39 der flugleiter 2008/03
Wachstumsschmerzen<br />
Die Globalisierung der Welt und die Liberalisierung<br />
haben dem Luftverkehr zum Teil enorme Zuwachsraten,<br />
den Fluggesellschaften eine gute Auslastung<br />
und den Flugzeugherstellern volle Auftragsbücher<br />
beschert. Doch die goldene Medaille hat eine Kehrseite<br />
– ohne das entsprechende Personal geht es<br />
nicht. Und das w<strong>ir</strong>d so langsam knapp.<br />
Auch wenn es sich bei der Weltw<strong>ir</strong>tschaft um eine<br />
zyklische Veranstaltung handelt und Prognosen für die<br />
Zukunft immer mit einem bestimmten Unsicherheitsfaktor<br />
belastet sind – für den Luftverkehr scheinen die<br />
Zeichen auch weiterhin auf Wachstum zu stehen. Das<br />
behaupten zumindest die Analysten. Und die Fluggesellschaften<br />
scheinen ihnen zu glauben und rennen<br />
A<strong>ir</strong>bus, Boeing und Co. die Tür ein. Bei der Geschäftsluftfahrt<br />
sieht dies nicht anders aus; Cessna kann sich<br />
<strong>vor</strong> Bestellungen für seine Citationjets kaum retten.<br />
Mit anderen Worten – das Geschäft brummt.<br />
Wie lange dies so weiter geht, ist nicht genau auszumachen.<br />
Inzwischen zeigen sich die ersten Eintrübungen<br />
am weltw<strong>ir</strong>tschaftlichen Horizont und wie sich<br />
die hohen und, was anzunehmen ist, auch weiterhin<br />
steigenden Kerosinpreise auf das Luftverkehrswachstum<br />
ausw<strong>ir</strong>ken werden, ist noch nicht ausgemacht.<br />
Doch abgesehen von der weiteren w<strong>ir</strong>tschaftlichen<br />
Entwicklung scheint das <strong>vor</strong>hergesagte Luftverkehrswachstum<br />
durch ganz andere Faktoren beeinflusst zu<br />
sein – durch einen Mangel an entsprechend ausgebildetem<br />
Personal. Das betrifft insbesondere die Piloten,<br />
die ja die neuen und <strong>vor</strong> allem zusätzlichen Flugzeuge<br />
denn auch durch die Lüfte zu pilotieren haben.<br />
In Zusammenarbeit mit der Lufthansa hatte der Luftfahrt-Presse-Club<br />
am 26. April an der Verkehrsfliegerschule<br />
der Lufthansa in Bremen eine Podiumsdiskussion<br />
zu diesem Problem durchgeführt. Diese Diskussion hier<br />
wiederzugeben, kann nicht Aufgabe des „flugleiter“ sein.<br />
Zumal, so war von den Experten zu hören, sich diese Problematik<br />
für Europa, wo einigermaßen moderate Wachstumsraten<br />
erwartet werden, nicht in dem Maße stellt<br />
wie zum Beispiel im asiatischen Raum. Zudem erfreut<br />
sich die Lufthansa als Qualitätsa<strong>ir</strong>line und verantwortungsbewusster<br />
Arbeitgeber eines guten Rufs und einer<br />
entsprechenden Nachfrage. Das mag bei kleineren Fluggesellschaften<br />
etwas anders aussehen. Denn deren<br />
Piloten nutzen allzu gerne die Chance, zu einer größeren<br />
Fluggesellschaft zu wechseln, wo sie nicht nur mehr Geld<br />
verdienen, sondern auch auf bessere Karrierechancen<br />
hoffen können. In den USA musste bereits eine Regionalfluggesellschaft<br />
wegen des Pilotenmangels ihren<br />
Flugplan zusammenstreichen.<br />
Dieter Harms, langjähriger Leiter der Verkehrsfliegerschule<br />
und nun als Berater in China und Indien tätig,<br />
erwähnte, gewissermaßen in einem Nachsatz, dass<br />
Photo: FAA/ATO<br />
✈ Bis 2011 können in den USA rund 11.000<br />
Controller in den Ruhestand gehen.<br />
ATC International<br />
der Personalmangel nicht nur die Piloten betreffe,<br />
sondern auch entsprechend ausgebildete Ingenieure,<br />
Techniker und natürlich auch Fluglotsen. Und die<br />
wären für ein weiteres Wachstum ebenso erforderlich<br />
wie die Piloten. Recht hat der Mann!<br />
Weltweiter Controllermangel<br />
Dass es in Europa zu wenig Controller gibt, ist eigentlich<br />
nichts neues. Das gab es bereits zu Zeiten, als<br />
die Flugsicherung noch als Behörde organisiert war<br />
und sich bei ihrer Personalpolitik nach den Vorgaben<br />
des Finanzministers und des Parlaments zu richten<br />
hatte. Weshalb die heutigen Flugsicherungsdienstleister,<br />
der Gängelung durch die Politik sowie den<br />
Vorschriften der kameralistischen Haushaltsführung<br />
entronnen, sich nicht rechtzeitig um den entsprechenden<br />
Nachwuchs bemühten und trotz modernster<br />
Managementmethoden nun eine bestimmte Unterdeckung<br />
bei den Controllern zu verzeichnen haben, mag<br />
vielfältige Gründe haben. Ein Grund mag im zyklischen<br />
Auf und Ab der Weltw<strong>ir</strong>tschaft und der daraus resultierenden<br />
schwankenden Verkehrsnachfrage liegen<br />
– mal gab es, übrigens wie auch beim Cockpit- und<br />
Kabinenpersonal, zu viel und dann wieder zu wenig<br />
Controller. Dazu kam das Bemühen, sich mit einer<br />
schlanken Organisation der „lean production“ zu verschreiben<br />
und die Kundschaft durch niedrigere Flugsicherungsgebühren<br />
von den Vorteilen eines privatrechtlich<br />
organisierten Flugsicherungsdienstleisters<br />
zu überzeugen. Je weniger Controller es gab, um so<br />
von Werner<br />
Fischbach<br />
55 der flugleiter 2008/03
Photo: Vishal Jolopara<br />
der flugleiter 2008/03<br />
ATC International<br />
56<br />
besser. Zumindest aus betriebsw<strong>ir</strong>tschaftlicher Sicht.<br />
Und letztlich ist nicht auszuschließen, dass die dynamische<br />
Entwicklung des Luftverkehrs in einigen Chefetagen<br />
schlicht und einfach falsch eingeschätzt bzw.<br />
verschlafen wurde. So ist möglicherweise zu erklären,<br />
dass der staunenden Öffentlichkeit immer wieder<br />
beteuert wurde, man habe die ganze Angelegenheit<br />
im Griff, dabei wurde das Problem nach außen negiert<br />
und innerhalb der Organisation verdrängt.<br />
Dummerweise scheinen die ANSPs (A<strong>ir</strong> Navigation<br />
Service Provider) erst dann in die Puschen zu kommen,<br />
wenn es zu bereits zu spät ist. Weltweit, so<br />
schätzt die IFATCA (International Federation of A<strong>ir</strong><br />
Traffic Controllers´ Association), fehlen momentan<br />
rund 3 000 Controller. Und dies bei weiter steigendem<br />
Verkehrswachstum. Wobei die Situation in Europa<br />
noch einigermaßen überschaubar zu sein scheint.<br />
Bei der Schweizerischen „skyguide“ fehlen 40 bis 45<br />
Controller, was einem Fehlbestand von 12% entspricht.<br />
Deshalb w<strong>ir</strong>d ab diesem Jahr die Anzahl der Lehrgänge<br />
verdoppelt w<strong>ir</strong>d. Doch so schnell werden die neuen<br />
Lotsen nicht zur Verfügung stehen; schließlich dauert<br />
es einige Zeit, bis ein Controller ausgebildet ist und<br />
eingesetzt werden kann. Etwa so lange wie der Bau<br />
einer leistungsfähigen Start- und Landebahn, meinte<br />
ein ehemaliger Vorsitzender des amerikanischen Controllerverbands<br />
NATCA – zwei bis drei Jahre. Dagegen<br />
kann die DFS nicht genau sagen, ob und <strong>vor</strong> allem wie<br />
hoch der Fehlbestand an Controllern ist. Allerdings<br />
weiß man ganz genau, wie viel Controller man pro<br />
Jahr ausbilden muss – genau 112! Dass sich die DFS<br />
zurzeit bemüht, ausreichenden Controllernachwuchs<br />
zu rekrutieren, muss positiv angemerkt werden. Dies<br />
ist auch dringend erforderlich. Allein in den ersten<br />
✈ Fast 50% des indischen Luftverkehrs w<strong>ir</strong>d<br />
an den Flughäfen Neu Delhi und wie hier<br />
im Bild Mumbai abgewickelt.<br />
drei Monaten dieses Jahres verzeichnete die DFS eine<br />
Zunahme von 3.9% bei den Flugbewegungen. Und die<br />
verkehrsreichsten Monate stehen noch be<strong>vor</strong>.<br />
Wesentlich dramatischer stellt sich die Situation in<br />
den USA dar. In den letzten Ausgaben des „flugleiter“<br />
wurde immer wieder auf die wenig zufrieden <strong>stellen</strong>de<br />
Personalentwicklung bei der FAA, die man durchaus als<br />
Desaster bezeichnen kann, berichtet. Deshalb soll hier<br />
nicht weiter darauf eingegangen werden. Bedenklich<br />
ist dabei, dass viele der alten und erfahrenen Controller<br />
sich darum bemühen, zum frühest möglichen Zeitraum<br />
in den Ruhestand zu gehen. Weil, wie sie sagen, der Job<br />
einfach keinen Spaß mehr macht („they have taken the<br />
fun out of it“). Nach Angaben der IFATCA sind bis zum<br />
Jahr 2011 c<strong>ir</strong>ca 11 000 der insgesamt 14 000 Controller<br />
berechtigt, in den Ruhestand zu treten!<br />
Atemberaubendes Luftverkehrswachstum in Asien<br />
Wie sich die Situation in jenen Ländern, deren w<strong>ir</strong>tschaftliches<br />
Wachstum atemberaubende Ausmaße<br />
annimmt, entwickelt, kann nicht genau <strong>vor</strong>hergesagt<br />
werden. Denn die Fluggesellschaften nehmen an diesem<br />
Wachstum teil. So ist nicht weiter verwunderlich,<br />
dass mit Singapore A<strong>ir</strong>lines eine asiatische Fluggesellschaft<br />
die ersten A380 einsetzt. Und A<strong>ir</strong>Asia aus<br />
Malaysia wurde mit insgesamt 175 Bestellungen zum<br />
größten Betreiber einer A320-Flotte. In Indien sind in<br />
den letzten Jahren neue Fluggesellschaften an den<br />
Start gegangen, die ein enormes Wachstum entwickeln.<br />
So ist anzunehmen, dass sich auch hier ein<br />
gewaltiger Controllermangel ein<strong>stellen</strong> w<strong>ir</strong>d.<br />
Im Jahr 2006 hat der Verkehr in Indien um 28% zugenommen;<br />
die derzeitigen Zuwachsraten beim zivilen<br />
Luftverkehr liegen bei 40%!. Dies stellt die A<strong>ir</strong>ports
Photo: A<strong>ir</strong>bus Industrie<br />
Authority of India (AAI), die auch für die Durchführung<br />
der Flugverkehrskontrolle zuständig ist, <strong>vor</strong> enorme<br />
Probleme. Dabei ist der Verkehrszuwachs ungleichmäßig<br />
verteilt. Zwar ist die AAI für einen Luftraum von<br />
5,18 km2 zuständig, fast die Hälfte aller Flugbewegungen<br />
w<strong>ir</strong>d jedoch an den Flughäfen von Neu Delhi<br />
und Mumbai (dem ehemaligen Bombay) abgewickelt.<br />
Inzwischen hat AAI einen ehrgeizigen Modernisierungsplan<br />
auf den Weg gebracht. Flughäfen wurden<br />
modernisiert, neue Radaranlagen und Navigationshilfen<br />
eingerichtet und die Radarüberdeckung umfasst<br />
inzwischen die wichtigsten Flugverkehrsstrecken. Für<br />
2009/2010 soll mit GAGAN ein eigenes Satellitennavigationssystem<br />
installiert werden. Gleichzeitig muss<br />
das AAI mit dem Militär um weiteren Luftraum kämpfen.<br />
Erste Erfolge sind zu verzeichnen. Seit September<br />
letzten Jahres arbeiten innerhalb der Chennai FIR<br />
zivile und militärische Controller zusammen. So ist<br />
viel Positives aus Indien zu berichten. Vorausgesetzt<br />
die geplanten Maßnahmen versanden nicht <strong>ir</strong>gendwo<br />
in verzweigten und undurchsichtigen Kanälen der<br />
indischen Bürokratie. Dazu stellt sich die Frage, ob die<br />
AAI über genügend Controller und die erforderlichen<br />
Ausbildungskapazitäten verfügt, um dem erwarteten<br />
Wachstum auch entsprechen zu können. Dabei ist<br />
nicht anzunehmen, dass sich die AAI auf einer Insel<br />
der Glückseligen befindet und sich über die Zahl ihrer<br />
Controller keine Gedanken machen muss.<br />
China bietet ein ähnliches Bild. Vor rund 20 Jahren operierte<br />
in der Volksrepublik eine einzige Fluggesellschaft,<br />
die ein paar Millionen Passagiere beförderte. Die Situation<br />
hat sich gründlich geändert. Inzwischen operieren<br />
weit mehr als 20 größere A<strong>ir</strong>lines in China und allein<br />
auf dem internationalen Flughafen von Peking wurden<br />
im Jahr 2007 insgesamt 399 986 Flüge abgewickelt.<br />
Beijing Capital International A<strong>ir</strong>port hat sich nach Tokio<br />
Haneda inzwischen zum zweigrößten Flughafen Asiens<br />
entwickelt. Dabei beträgt das chinesische Verkehrsaufkommen<br />
nur ein Fünftel desjenigen der USA. Doch<br />
die Zuwachszahlen liegen im zweistelligen Bereich und<br />
nach einer A<strong>ir</strong>bus Prognose werden die Verkehrszahlen<br />
bis zum Jahr 2026 auf die Hälfte der amerikanischen<br />
anwachsen. China hat ehrgeizige Ziele. In den nächsten<br />
zwölf Jahren, also bis 2020, sollen insgesamt 97 neue<br />
Flughäfen gebaut werden. 244 sollen es dann sein und<br />
82% der Bevölkerung sollen nicht weiter als 100 km<br />
von einem dieser Flughäfen entfernt wohnen.<br />
ATC International<br />
✈ Heute verkehren in China mehr als 20 größere Fluggesellschaften<br />
Für uns Europäer mögen diese Pläne als etwas überzogen,<br />
wenn nicht gar größenwahnsinnig anmuten.<br />
Dabei sollte man zwei Dinge nicht übersehen. Zum<br />
einen zählen Chinesen wohl weltweit zu den besten<br />
Organisatoren, zum anderen ist die Volksrepublik<br />
immer noch ein kommunistischer Staat mit einer zentralen<br />
Planung und Überwachung. Einmal beschlossene<br />
Projekte werden konsequent durchgezogen.<br />
Für die zivile Luftfahrt ist die CAAC (Civil Aviation Administration<br />
of China) zuständig. Ihr unterstellt ist das<br />
ATMB (A<strong>ir</strong> Traffic Management Bureau), das auch für<br />
die Flugsicherung zuständig ist und zurzeit ca. 3 270<br />
Controller beschäftigt. Allerdings dürften diese nicht<br />
ausreichen, um das geplante Luftverkehrsaufkommen<br />
zu bewältigen. Deshalb plant das ATMB bis 2010 rund<br />
3 000 weitere Controller einzu<strong>stellen</strong>.<br />
Auswege aus der Krise<br />
Nur wenige Staaten auf der Welt sind in der Lage, so<br />
umfassend und zentralistisch zu planen wie dies die<br />
Volksrepublik China tut. Und es ist darüber hinaus zu<br />
fragen, ob dies auch wünschenswert ist. Denn bei aller<br />
Effizienz sollte nicht vergessen werden, dass es sich<br />
bei der Volksrepublik um eine Diktatur handelt, bei<br />
welcher die w<strong>ir</strong>tschaftliche Entwicklung einen hohen<br />
Stellenwert genießt, Menschenrechte und demokratische<br />
Teilhabe jedoch Fremdwörter zu sein scheinen.<br />
Mit anderen Worten – die ANSPs demokratischer<br />
Staaten müssen einen anderen Weg beschreiten.<br />
Zunächst einmal sollten sie sich von der Vorstellung<br />
verabschieden, das Problem der fehlenden Controller<br />
durch neue Systeme wie SESAR in Europa oder NEXT-<br />
GEN in den USA in absehbarer Zeit lösen zu können.<br />
Im Gegenteil – denn gerade die Einführung neuer<br />
Systeme muss von Controllern, die über die entsprechende<br />
Erfahrung verfügen, begleitet werden. IFATCA<br />
schätzt, dass dafür rund 500 000 Arbeitstage erforderlich<br />
sind. Und eben an diesen Arbeitstagen werden<br />
dann die Controller an ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz<br />
fehlen und der Fehlbestand w<strong>ir</strong>d sich dadurch<br />
von zehn auf 20 Prozent erhöhen. In Europa werden<br />
nach dieser Schätzung rund 1 000 Controller für die<br />
Durchführung der Flugverkehrskontrolle fehlen.<br />
Die Flugsicherungsdienstleister stehen also <strong>vor</strong> einem<br />
Dilemma. Sie müssen sich etwas einfallen lassen, wie<br />
sie den prognostizierten Verkehrszuwächsen gerecht<br />
57 der flugleiter 2008/03
der flugleiter 2008/03<br />
ATC International<br />
58<br />
werden können. Natürlich ist es erforderlich, den Beruf<br />
des Controllers attraktiver zu machen und für ihn zu<br />
werben. Doch bis die so dringend benötigten Fluglotsen<br />
fertig ausgebildet sind, w<strong>ir</strong>d einige Zeit vergehen<br />
und ob eine Straffung der Ausbildung der richtige Weg<br />
ist, muss sich zeigen. Denn auf Kosten der Qualität<br />
darf dies nicht gehen. Auch der amerikanische Weg,<br />
junge Controller nur auf einem Arbeitsplatz auszubilden<br />
und ihn dann ausschließlich dort einzusetzen ist<br />
ebenso wenig eine Lösung wie der, ebenfalls in den<br />
USA eingeschlagene Weg, die Arbeitszeit zu verlängern.<br />
Das führt letztlich zur Übermüdung, zum „Burn-<br />
Out“ und gefährdet die Sicherheit. Nicht umsonst hat<br />
die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB die FAA angemahnt,<br />
diese Praxis einzu<strong>stellen</strong>.<br />
Deshalb ist es dringend erforderlich, dass die ANSPs, so<br />
wie es „skyguide“ getan hat, ihre Personalzahlen und<br />
den zukünftigen Bedarf veröffentlichen, den Beruf des<br />
Controllers attraktiver machen und dem Bedarf entsprechend<br />
ausbilden. Denn zukünftiges Luftverkehrswachstum<br />
kann nur dann stattfinden, wenn genügend Personal<br />
zur Verfügung steht. Und dazu gehören nicht zuletzt<br />
gut ausgebildete und motivierte Controller. Dass dies<br />
Geld kostet, ist keine Frage. Aber dies ist gut angelegt,<br />
denn es ermöglicht das erwartete Wachstum.
Fliegende Brennstoffzelle<br />
In Zeiten der Klimaerwärmung und der steigenden Treibstoffpreise<br />
muss sich auch die Luftfahrtindustrie Gedanken machen, mit welchen<br />
Maßnahmen sie zum Kampf gegen die Erderwärmung beitragen und<br />
wie sie die explodierenden Treibstoffpreise in den Griff bekommen<br />
kann. Die Suche nach Alternativen hat nun (endlich) begonnen.<br />
Die US A<strong>ir</strong> Force scheint, indem sie auf synthetischen<br />
Treibstoff aus Kohleverflüssigung setzt, dabei den einfachsten<br />
Weg einzuschlagen. Und kann auch die ersten<br />
Erfolge vermelden. Denn inzwischen sind schon eine<br />
C-5 und eine C-17 mit dem alternativen Sprit geflogen.<br />
Allerdings ist diese Technik ein alter Hut. Die Methode,<br />
Kohle in synthetischen Treibstoff zu verwandeln, w<strong>ir</strong>d<br />
nach ihren Erfindern als Fischer-Tropsch-Verfahren<br />
bezeichnet. Insbesondere die Nationalsozialisten<br />
nutzten dieses Verfahren, um für ihre Feldzüge ausreichend<br />
Sprit zur Verfügung zu haben. In Südafrika wurde<br />
das Verfahren weiter entwickelt. Der Chemiekonzern<br />
Sasol erhielt <strong>vor</strong> kurzem die Zulassung, nach welchem<br />
sein synthetisches Kerosin nun auch für Jettriebwerke<br />
verwendet werden kann. Allerdings bietet dieser synthetische<br />
Treibstoff keinen großen Nutzen gegen den<br />
Klimawandel. Lediglich durch den geringeren Schwefelanteil<br />
w<strong>ir</strong>d gegenüber dem herkömmlichen Kerosin<br />
ein geringerer Schadstoffausstoss erreicht. Dabei ist<br />
anzunehmen, dass es dem Pentagon weniger um den<br />
Klimawandel geht als vielmehr um das Bestreben, die<br />
Abhängigkeit von den Erdöl exportierenden Staaten,<br />
von welchen einige von George W. Bush und seiner<br />
Prätorianergarde der Gilde der „Schurkenstaaten“<br />
zugerechnet werden, zu reduzieren.<br />
Biokraftstoffe - Ein Irrweg?<br />
Andere Hersteller setzen auf Biotreibstoff. Dabei geht<br />
es sowohl um eine Mischung von Biokraftstoff mit<br />
herkömmlichem Kerosin als auch um die Verwendung<br />
von reinen Biotreibstoffen. Auch hier werden erste<br />
Erfolge gemeldet. Bereits im letzten Jahr führte die<br />
F<strong>ir</strong>ma GreenFlight International in den USA erfolgreich<br />
Versuche mit einem ehemaligen L-29 Militärtrainer<br />
Technik<br />
✈ Im Februar 2008 wurde der Einsatz von Biokraftstoff<br />
bei einer B747 von V<strong>ir</strong>gin Atlantic erfolgreich erprobt. Photo: V<strong>ir</strong>gin Atlantic<br />
durch, dessen Triebwerke vollständig<br />
mit Biosprit angetrieben wurden.<br />
Und im Februar dieses Jahres flog eine<br />
Boeing 747 der Fluggesellschaft V<strong>ir</strong>gin<br />
Atlantic von London nach Amsterdam,<br />
wobei eines der Jumbotriebwerke ausschließlich<br />
mit einer Mischung aus Öl der Kokosnuss-<br />
und der Babassupalme gefüttert wurde. Probleme, so<br />
verkündeten Boeing und V<strong>ir</strong>gin Atlantic, gab es keine.<br />
V<strong>ir</strong>gin Atlantic Chef S<strong>ir</strong> Richard Branson wertete diesen<br />
Flug als Durchbruch und erklärte, dass Verkehrsflugzeuge<br />
in etwa zehn Jahren durch „Pflanzenkraft“<br />
angetrieben werden.<br />
S<strong>ir</strong> Richard dürfte sich dabei auf einem Holzweg befinden.<br />
Denn inzwischen hat sich herausgestellt, dass<br />
Biokraftstoffe alles andere als „bio“ sind und nicht<br />
geeignet, die Erderwärmung zu stoppen. Zwar w<strong>ir</strong>d<br />
bei der Verbrennung nur so viel Kohlendioxid freigesetzt,<br />
wie die Pflanzen bei ihrem Wachstum zu<strong>vor</strong> aufgenommen<br />
haben. Aber sowohl die fossile Energie,<br />
die zur Produktion und zum Transport dieser Biokraftstoffe<br />
aufgewendet werden als auch die Tatsache,<br />
dass für deren Anbau großflächig (Ur)Wälder gerodet<br />
werden müssen, relativiert die ganze Angelegenheit.<br />
Denn gerade die Wälder sind in der Lage, große Mengen<br />
von CO2 zu speichern. Dazu kommt, dass für den<br />
Anbau dieser nachwachsenden Rohstoffe wie Zuckerrohr,<br />
Soja oder Raps große Teile der verfügbaren<br />
Ackerflächen reduziert oder gar vernichtet würden.<br />
Dies treibt den Preis für Lebensmittel in die Höhe.<br />
Schon heute können große Bevölkerungsteile der Dritten<br />
Welt den Preis für die Grundnahrungsmittel nicht<br />
mehr bezahlen. In Haiti wurde deswegen bereits die<br />
Regierung entlassen; aus Ägypten, Indonesien und<br />
Laos sind Unruhen zu vermelden. So erweist sich der<br />
Einsatz von Biokraftstoffen als ein Irrweg und es wäre<br />
absurd, wenn die Erste Welt die Grundnahrungsmittel<br />
der Dritten in ihren Autotanks und Flugzeugtriebwerken<br />
verfeuern würde.<br />
von Werner<br />
Fischbach<br />
63 der flugleiter 2008/03
der flugleiter 2008/03<br />
Technik<br />
64<br />
Ein wenig besser könnte es mit den Biokraftstoffen<br />
der zweiten Generation aussehen. Darunter sind<br />
jene biologischen Abfälle zu verstehen, die auf ganz<br />
natürliche Weise anfallen (z.B. die Überbleibsel bei<br />
der Getreideernte oder nicht verwertete Holzabfälle)<br />
und deshalb keine zusätzlichen Anbauflächen benötigen.<br />
Deshalb sollte der Einsatz von synthetischen<br />
Treibstoffen nicht gänzlich abgeschrieben werden.<br />
So testete A<strong>ir</strong>bus Anfang Februar 2008 den Einsatz<br />
des sogenannten GTL (Gas-to-Liquid) - Treibstoffs an<br />
einem A380, wobei eines der vier Triebwerke mit einer<br />
Mischung von GTL und Kerosin angetrieben wurde.<br />
Nach Angaben von A<strong>ir</strong>bus handelte es sich bei diesem<br />
GTL-Test mehr oder weniger um eine Simulation, mit<br />
welcher der Einsatz von Biokraftstoffen der zweiten<br />
Generation erforscht werden soll.<br />
Einsatz von Brennstoffzellen<br />
Insbesondere Autofahrer und Heizölkäufer setzen auf<br />
eine andere Alternative zu den fossilen Brennstoffen<br />
- auf die Brennstoffzelle. Schließlich gilt sie als eine<br />
große Zukunftshoffnung in Sachen Energie. Denn in<br />
Brennstoffzellen w<strong>ir</strong>d bekanntlich nichts verbrannt;<br />
vielmehr verbinden sich dabei über eine dünne<br />
Membrane Wasserstoff und Sauerstoff und produzieren<br />
nichts anderes als Wasser. Bei diesem Vorgang<br />
w<strong>ir</strong>d Energie in Form von Elektrizität freigesetzt, die<br />
nun entsprechend genutzt werden kann. Aus diesem<br />
Grunde w<strong>ir</strong>d der chemische Vorgang auch als „kalte<br />
Verbrennung“ bezeichnet. Als Abfallprodukt entsteht<br />
Wasser. Die Umwelt w<strong>ir</strong>d dadurch von CO2 verschont.<br />
Vorausgesetzt der Wasserstoff w<strong>ir</strong>d auf regenerative<br />
Art und Weise (z.B. durch Sonnenenergie) gewonnen.<br />
W<strong>ir</strong>d Wasserstoff durch den Einsatz von Erdgas hergestellt,<br />
entsteht dabei auch CO2; aber in der Gesamtbetrachtung<br />
ist die Menge nicht besonders hoch. Bezogen<br />
auf die Luftfahrt bedeutet dies, dass beim Betrieb<br />
eines Brennstoffzellenflugzeugs gegenüber einem<br />
konventionell angetriebenen Luftfahrzeug lediglich 15<br />
- 20% der üblichen CO2-Menge emittiert würden.<br />
✈ In Spanien flog das erste bemannte<br />
Flugzeug mit Brennstoffzellenantrieb.<br />
Photo: Boeing<br />
Doch bekanntlich haben die Götter <strong>vor</strong> den Erfolg<br />
jede Menge Schweiß gesetzt. Und so stellte sich die<br />
Frage, ob und wie eine Brennstoffzelle in einem Flugzeug<br />
eingesetzt werden kann. Sowohl die Fakultät für<br />
Luft- und Raumfahrttechnik der Universität Stuttgart<br />
als auch die F<strong>ir</strong>ma Boeing Research & Technology<br />
Europe (BR&TE) in Madrid haben sich dieser Aufgabe<br />
angenommen.<br />
Desweiteren sind die Forscher des Instituts für Technische<br />
Thermodynamik des Deutschen Zentrums für<br />
Luft- und Raumfahrt (DLR) auf diesem Gebiet tätig<br />
geworden. Und sie waren auch die ersten, die einen<br />
Erfolg aufweisen konnten. Allerdings nur mit einem<br />
Modell, das auf den Namen „HyFish“ getauft wurde.<br />
Den Wissenschaftlern der DLR war es gelungen, ein<br />
komplettes Brennstoffzellensystem im Rumpf des sechs<br />
Kilogramm schweren und 1,2 Meter langen Modells einzubauen.<br />
Die Brennstoffzelle versorgt einen im Rumpf<br />
liegenden Propeller (Impeller) mit Energie und verhalf<br />
dem „HyFish“ am 3. April 2007 in der Nähe von Bern zu<br />
einem ersten Flug von 15 Minuten Dauer.<br />
Fragt sich nur, ob die Technik des „HyFishs“ auch auf<br />
normale Flugzeuge übertragen werden kann. Sowohl<br />
die Luft- und Raumfahrtwissenschaftler aus Stuttgart<br />
als auch die Boeingleute in Madrid waren sich einig,<br />
dass die Brennstoffzellentechnik an einem Leichtflugzeug,<br />
am besten an einem Motorsegler, erprobt werden<br />
sollte. Auf dem Gebiet des Leichtflugzeugbaus<br />
haben die Stuttgarter eigentlich einen Vorteil. Bereits<br />
im Jahr 1996 hatten sie mit dem Solarflugzeug Icaré<br />
II den Berblinger Preis der Stadt Ulm gewonnen. Und<br />
zehn Jahre später konnten sie denselben Preis mit<br />
dem Entwurf eines zweisitzigen Brennstoffzellenflugzeugs,<br />
das sie auf den Namen „Hydrogenius“ tauften,<br />
mit nach Hause nehmen.<br />
Dimona Motorsegler erfolgreich eingesetzt<br />
Dennoch hatte Boeing die Nase <strong>vor</strong>n. Im Februar und
März dieses Jahres wurden am südlich von Madrid<br />
gelegenen Flugplatz Ocana insgesamt drei Testflüge<br />
mit einem Dimona-Motorsegler durchgeführt, der von<br />
einer Brennstoffzelle angetrieben wurde. Die spezielle<br />
Bezeichnung des Antriebs hört auf den nahezu unaussprechlichen<br />
Namen „Protonenaustauschmembran(P<br />
EM)-Brennstoffzellen/Lithium-Ionen-Batterie-Hybridsystem“<br />
und soll in diesem Beitrag auch nicht mehr<br />
erwähnt werden. Der entsprechend modifizierte Motorsegler<br />
war zusätzlich mit einer Batterie ausgerüstet. Die<br />
sorgte für den Start und den nachfolgenden Steigflug.<br />
Doch einmal in der Höhe von 3.000 Fuß angekommen,<br />
schaltete der Pilot die Batterie ab und flog dann mit der<br />
Energie der Brennstoffzelle für ca. 20 Minuten mit einer<br />
Geschwindigkeit von 100 km/h. Voilà, geht doch!<br />
Da können die Wissenschaftlicher aus Stuttgart nur<br />
neidvoll nach Spanien schauen. Denn so weit sind<br />
sie noch lange nicht. Was unter anderem daran liegt,<br />
dass in Stuttgart das Geld offensichtlich nicht so fließt<br />
wie bei der F<strong>ir</strong>ma Boeing (der Flughafen Stuttgart<br />
beteiligt sich übrigens finanziell an der Entwicklung<br />
des „Hydrogenius“). Inzwischen ist die Entwicklungsphase<br />
abgeschlossen, so dass im Herbst dieses Jahres<br />
mit dem Bau des Flugzeugs begonnen werden kann.<br />
Brennstoffzellentechnik –<br />
die Lösung für den Luftverkehr?<br />
Allerdings sind Brennstoffzellen nicht generell für<br />
den Einsatz in der Luftfahrt geeignet. Zumindest nicht<br />
für den Jetverkehr. Denn Brennstoffzellen erzeugen<br />
Strom. Und damit können bestenfalls Propellerflugzeuge,<br />
jedoch keine Jets angetrieben werden. Wobei<br />
es eine kleine Hoffnung gibt. Möglicherweise könnten<br />
für hohe Geschwindigkeiten Mantelschrauben oder<br />
sogenannte Impeller, wie sie beim „HyFish“ verwen-<br />
Photo: Boeing<br />
Technik<br />
det wurden, eingesetzt werden. Ob dies jedoch eine<br />
realistische Erwartung ist, wollte Len Schumann von<br />
der Uni Stuttgart nicht bestätigen. Sollte sich jedoch<br />
die Brennstoffzellentechnik so positiv wie in den letzten<br />
Jahren entwickeln, so ist ihr Einsatz bei propellergetriebenen<br />
Regionalflugzeugen in einigen Jahren<br />
durchaus denkbar.<br />
Dennoch macht der Einsatz von Brennstoffzellen auch<br />
bei modernen, düsengetriebenen Verkehrsflugzeugen<br />
durchaus Sinn. Nicht als Antrieb, sondern für die Notstromversorgung<br />
und als Hilfstriebwerk (APU – Auxiliary<br />
Power Unit). So wurde im Februar dieses Jahres<br />
bei einem Testflug des DLR-Forschungsflugzeugs<br />
ATRA (ein modifizierter A320) eine Brennstoffzelle zur<br />
Notstromversorgung erfolgreich eingesetzt.<br />
In diese Richtung möchte auch die Bundesregierung<br />
weiter gehen. Am 11. April hat das Bundesministerium<br />
für W<strong>ir</strong>tschaft und Technologie (BMWi) das DLR beauftragt,<br />
Brennstoffzellen für eine zuverlässige Bordstromversorgung<br />
von Großraumflugzeugen weiter<br />
zu entwickeln. Dabei arbeitet das DLR mit der Lange<br />
Aviation GmbH zusammen und modifizierte einen<br />
Antares 20E - Motorsegler zum Antares DLR-H2.<br />
Neben der Notstromversorgung könnten Brennstoffzellen<br />
eines Tages bei Verkehrsflugzeugen anstelle der<br />
APUs zur Anwendung kommen. Denn die verbrauchen<br />
ganz ordentlich Kerosin. Je nach Luftfahrzeugmuster<br />
schlucken sie zwischen 100 und 550 Liter Kerosin pro<br />
Stunde. Das läppert sich zusammen - rund 1,6 Millionen<br />
Tonnen Kerosin werden dabei allein in Europa jährlich<br />
von am Boden stehenden Flugzeugen in die Luft<br />
geblasen. Das ist eine ganze Menge. Mit dem Einsatz<br />
von Brennstoffzellen könnte sie eingespart werden.<br />
✈ Durch den Ersatz der APUs durch Brennstoffzellen<br />
könnten in Europa jährlich rund 1,6 Mio.<br />
Tonnen Kerosin eingespart werden.<br />
65 der flugleiter 2008/03
von Daniela<br />
Franke<br />
der flugleiter 2008/03<br />
Interview<br />
66<br />
„der flugleiter“ stellt <strong>vor</strong>:<br />
Dr. Axel Rienitz, neuer Leiter der<br />
Unternehmenskommunikation der DFS<br />
Sie sind seit dem 01. Mai 2008 Leiter der Unternehmenskommunikation<br />
in der DFS. Berichten Sie uns<br />
bitte etwas über Ihren beruflichen Werdegang und welche<br />
Umstände sie zur Flugsicherung gebracht haben?<br />
Von meiner Ausbildung her bin ich Biochemiker,<br />
Journalist und Betriebsw<strong>ir</strong>tschaftler. Ich habe meine<br />
berufliche Karriere als Hörfunkjournalist in Hessen<br />
begonnen. Nach sechs Jahren bin ich dann in die Unternehmenskommunikation<br />
und in die Schweiz gewechselt<br />
und war zunächst bei Ciba-Geigy und später bei<br />
Novartis verantwortlich für die interne Kommunikation<br />
und die Öffentlichkeitsarbeit des Sektors Pflanzenschutz.<br />
Danach habe ich mich als Partner und Mitglied<br />
der Geschäftsleitung einer Kommunikationsagentur<br />
angeschlossen. Nach acht Jahren Agenturbetrieb hatte<br />
ich ganz allgemein Lust auf eine neue Herausforde-<br />
Das Interview führte Daniela Franke<br />
Das Redaktionsteam des „flugleiter“ freut sich,<br />
Sie kennenzulernen und möchte Sie gern seinen Lesern <strong>vor</strong><strong>stellen</strong>.<br />
rung und war angenehm überrascht, als die DFS mich<br />
ansprach und fragte, ob ich nicht Lust hätte mich um<br />
die Stelle des Leiters Unternehmenskommunikation zu<br />
bewerben. Ich habe mich dann in der Folgezeit mit dem<br />
Thema Flugsicherung auseinandergesetzt und fand das<br />
Thema selbst, aber auch die DFS sehr interessant und<br />
spannend. Als dann die Wahl der Geschäftsführung auf<br />
mich fiel, habe ich mich riesig gefreut.<br />
Mit welchen Vorstellungen über Kommunikation<br />
sind Sie in die DFS gekommen?<br />
Ich habe ich den vergangenen 13 Jahren in der Schweiz<br />
gearbeitet und dort in Sachen Unternehmenskultur<br />
viel dazu gelernt. Werte wie Transparenz, gegenseitige<br />
Akzeptanz oder Zuhören statt Reden kennzeichnen<br />
die Kommunikation vieler Schweizer Unternehmen.<br />
Diese Werte haben meine Vorstellungen von<br />
Kommunikation geprägt.<br />
Persönlichkeit w<strong>ir</strong>d durch Sprache ausgedrückt. Wie<br />
möchten Sie künftig die Kommunikationskultur von<br />
VK in der DFS gestalten?<br />
Sie haben Recht: Die „Persönlichkeit“ eines Unternehmens<br />
erkennt man <strong>vor</strong> allem daran, wie es kommuniziert.<br />
Ich werde mich dafür einsetzen, dass die<br />
DFS – extern wie intern – transparent, offen, respektvoll,<br />
fa<strong>ir</strong> und <strong>vor</strong> allem auch für alle verständlich<br />
kommuniziert.<br />
Nach einem Monat in der DFS spüre ich einen „Graben“<br />
zwischen den Lotsinnen und Lotsen auf der einen<br />
Seite und allen anderen Mitarbeitern der DFS auf der<br />
anderen. Diesen Graben gilt es zu verflachen. Dazu<br />
kann die richtige Kommunikationskultur beitragen.<br />
In der DFS sind verschiedene, zumeist hochqualifizierte<br />
Berufsgruppen tätig. Welche Ansprüche an<br />
Kommunikation haben aus ihrer heutigen Sicht Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter von Unternehmen wie<br />
der DFS?<br />
Erstens erwarten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
der DFS Inhalte, die sie interessieren, die sie das<br />
Unternehmen und seine Strategie besser verstehen<br />
lassen. Auch erwarten sie, dass die Kommunikation<br />
nach außen sie stolz macht, bei der DFS zu arbeiten.<br />
Zweitens muss die äußere Form professionell sein.<br />
Die Mitarbeitenden lesen Zeitungen und Zeitschriften,
sehen fern, hören Radio und surfen im Internet. Sie<br />
erwarten, dass die Medien der DFS mindestens<br />
genauso professionell daher kommen wie die Medien<br />
außerhalb der DFS.<br />
Im Rahmen von berufspolitischer Arbeit, wie z.B.<br />
Tarifverhandlungen, kann es zu Konflikten und Spannungen<br />
zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft<br />
kommen, wie werden Sie damit umgehen?<br />
Wenn man sich <strong>vor</strong> Augen hält, dass hier Mitarbeiter mit<br />
Mitarbeitern verhandeln und nicht Gewerkschaftsfunktionäre<br />
mit Verbandsfunktionären, dann ist ganz klar,<br />
dass Fa<strong>ir</strong>ness oberstes Gebot sein muss. Schließlich<br />
soll man sich nach Abschluss der Verhandlungen im<br />
Arbeitsalltag noch in die Augen sehen können. Außerdem<br />
muss alles, was kommuniziert w<strong>ir</strong>d, sachlich richtig<br />
sein. Unwahrheiten oder Gemeinheiten führen zu<br />
nichts. Sie verschärfen die Spannungen nur und werfen<br />
ein schlechtes Licht auf die DFS in der Öffentlichkeit.<br />
Was erwarten Sie vom Konfliktpartner?<br />
Ein ähnliches Maß an Umsicht, Besonnenheit und<br />
Fa<strong>ir</strong>ness.<br />
Unternehmenskommunikation ist nicht uneingeschränkt<br />
offen. Wo sehen Sie Unterschiede zu Ihrer<br />
bisherigen Arbeit, Freiheit und Grenzen?<br />
Interview/A<strong>ir</strong>lines<br />
Unterschiede zu meiner bisherigen Arbeit sehe ich<br />
keine. Denn ich habe ja auch in der Agentur Unternehmen<br />
in Sachen Kommunikation beraten. Unternehmenskommunikation<br />
muss so offen sein, wie es nur<br />
<strong>ir</strong>gend geht, weil Umstände, die man wissentlich verschweigt,<br />
früher oder später doch ans Licht der Öffentlichkeit<br />
kommen, und dann ist das Unternehmen nicht<br />
mehr Herr der Lage und kann nur noch reagieren.<br />
Welche Möglichkeiten haben die Betriebspartner,<br />
die Beziehungsebene zu gestalten?<br />
Für mich ist das wie in einer Vernunftehe vergangener<br />
Zeiten: Mit gegenseitigem Respekt, Verständnis für<br />
den Anderen und ständigem Dialog kann man einen<br />
Zustand friedlich-produktiver Koexistenz erreichen,<br />
mit dem beide Seiten glücklich sind, auch wenn es<br />
nicht die große Liebe ist.<br />
Wie wichtig ist Ihnen ethisches Verhalten im Umgang<br />
miteinander und welche Möglichkeiten sehen Sie, es<br />
auszudrücken?<br />
M<strong>ir</strong> ist es wichtig, bestimmt in der Sache zu sein und<br />
dabei fa<strong>ir</strong> im Umgang miteinander. Das muss jede<br />
und jeder einzelne in ihrem oder seinem persönlichen<br />
Umfeld leben. Führungskräfte haben dabei eine Vorbildfunktion.<br />
In der Unternehmenskommunikation<br />
muss sich das ebenfalls immer wieder spiegeln.<br />
67 der flugleiter 2008/03