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AUF ACHSE<br />
1 Kurze Rast «am Schärme» vor Minsk: Die kleine MV<br />
Agusta hatte sich gut gehalten …<br />
2 Auf schnurgeraden Strassen ostwärts.<br />
3 Startbereite 350er-MV Agusta: Auf zu den Russen!<br />
4 Geschafft! Die Treppe in Odessa wurde berühmt<br />
durch Sergei Eisensteins Film «Panzerkreuzer Potemkin»<br />
mit zwei rägnanten Szenen. Ein Kinderwagen,<br />
der die Stufen hinabrumpelt und ein Massaker:<br />
Zaristische Soldaten marschieren in rhythmischem,<br />
maschinenhaftem Schritt die endlos lang erscheinende<br />
Treppe hinunter und feuern in die Menschenmenge,<br />
die treppabwärts fl ieht.<br />
ihnen mein Problem: Sie schoben, und es klappte<br />
– wie herrlich doch eine MV tönt!<br />
Auf den letzten 150 km bis zu Robin wollte ich<br />
nicht mehr anhalten, ausser auf einer der raren<br />
Kuppen, um nötigenfalls anrollen zu können. 200<br />
Meter ausserhalb eines Dorfes und 70 km vor dem<br />
Ziel ging «goa nix» mehr. Ich hatte damals noch<br />
kein Handy, doch die Dorfjugend liess mich Robin<br />
anrufen.<br />
Er tauchte auf mit seiner 250er-Condor, hatte<br />
jedoch das Abschleppseil vergessen, und im Dorf<br />
gabs nichts Passendes. Ein lokaler Amateurmech<br />
mit ziemlich Schnaps intus versuchte den Fehler zu<br />
orten, schaffte es aber auch nicht. Schliesslich kam<br />
Anja mit dem Puch-Transporter, auf den wir die MV<br />
packten und in Robins Werkstatt fuhren. Der Defekt<br />
blieb verborgen – wars der Regler oder was?<br />
Über Freunde in der <strong>Schweiz</strong> fand ich die Telefonnummer<br />
von Erwin Naldi: Für den damaligen<br />
Präsidenten des MV Club <strong>Schweiz</strong> war eine Ferndiagnose<br />
schwierig. «Vielleicht können wir einen<br />
Regler aus einem polnischen Kleinwagen einbauen»,<br />
meinte Robin vage. Nur: Ein solches Teil ist auf<br />
dem Land und zudem am Wochenende nur schwer<br />
zu fi nden. (Robin brachte die MV schliesslich in<br />
seinem Transporter nach Zürich. Werner Arm und<br />
Giuseppe Lucchinetti behoben den Schaden: Eine<br />
durchgeschmorte Zündspule.)<br />
Die Alternative zur störrischen Ipotesi: ein Ausfl ug<br />
nach Polanow zu einem Töfftreffen – Slot auf Polnisch<br />
und Russisch. Ich zum ersten Mal auf Robins Condor<br />
A350, er mit seiner Universal 580 mit Anja und Jan<br />
1 2<br />
im Seitenwagen. Auf dem Heimweg jedoch muckte<br />
die Universal: Benzinhahn? Vergaser? «Du schleppst<br />
jetzt mit der Condor das Gespann ab», sagte Robin<br />
trocken. Nicht gerade einfach im Vollregen mitten in<br />
der Nacht durch polnischen Wald. Doch die Aktion<br />
hatte es in sich: Wieder daheim, erstand ich auf<br />
Ricardo eine Condor A350, Jahrgang 1974.<br />
Die Ära «Condor goes East» begann<br />
Und so machten wir uns – diesmal zu zweit – mit<br />
der Condor auf in die Ukraine, nach Odessa am<br />
Schwarzen Meer: Wir wollten die legendäre Treppe<br />
aus Sergej Eisensteins Film «Panzerkreuzer Potemkin»<br />
mit eigenen Augen sehen. Wir kamen bis Eglisau:<br />
Der Töff schnupfte und blieb stehen. Ich begann am<br />
Vergaser zu mechen – es sollte nicht dabei bleiben.<br />
Sicher gut zehn Mal nahm ich das Teil heraus, inspizierte,<br />
putzte, baute es wieder ein – zuletzt kurz<br />
vor der ukrainischen Grenze: «Das Schnupfen und<br />
Absterben kann einfach nicht mit dem Vergaser<br />
zusammenhängen», sagte ich mir schliesslich, leicht<br />
genervt. Derweil Regine im Schatten eines Baumes<br />
Geschichten von den Rändern Europas las, nämlich<br />
«Unterwegs nach Babadag» des polnischen Schriftstellers<br />
Andersej Stasiuk las, spürte ich das ewig<br />
wiederkehrende Übel endlich auf: ein Wackelkontakt<br />
im Zündschloss.<br />
Wenig hilfsbereite Ukrainer<br />
Abseits der grossen Strassen trifft man weiter im Osten<br />
wenig Töffvolk. In der Ukraine kreuzten wir zwar<br />
ab und zu gestandene Männer mit Dächlichappe<br />
und Zigi auf einer Ural, Dnjepr oder Isch, manchmal<br />
mit Seitenwagen. Die robusten <strong>Moto</strong>rräder dienen<br />
ausschliesslich als Transportfahrzeuge für Familie,<br />
landwirtschaftliche Erzeugnisse oder Baumaterial<br />
und dergleichen. Die Fahrer sind keine Töff-Fans,<br />
sondern bewegen sich mit dem Gefährt des bescheidenen<br />
Mannes. Darin liegt wohl der Grund, dass in<br />
Polen, vor allem aber in der Ukraine, keiner dieser<br />
Töfffahrer angehalten hatte bei unseren zahlreichen<br />
(sieben!) Plattfüssen.<br />
Diese mussten wir allerdings uns selber zuschreiben.<br />
Wir hatten zwar Ersatzteile dabei. Nur das, was<br />
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5/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH<br />
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