Tennismagazin_WO_2017_3005_einzeln_Endstand
Magazin Wilhelmshöhe Open 2017 erstellt von punkt.waldert.küppers.
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Roger Federer<br />
43<br />
Und genau so wirkt<br />
er denn auch pausenlos<br />
in diesen<br />
wunderlichen Tagen,<br />
wie ein Lausbub,<br />
dem vor aller Welt ein<br />
besonders schöner Streich und<br />
Zaubertrick gelungen ist.<br />
Er hat ja alle auf dem falschen<br />
Fuß erwischt mit dieser „Mission<br />
impossible“, sich selbst eingeschlossen.<br />
Viereinhalb Jahre<br />
lang hatte er keinen Grand<br />
Slam-Titel mehr gewonnen,<br />
dazu plagten ihn 2016 alle<br />
möglichen Zipperlein, es war<br />
nach Federers Eindruck eine<br />
„regelrechte Seuchensaison“ mit<br />
Meniskuseinriss und hartnäckigen<br />
Rückenbeschwerden. Als er<br />
nach Australien reiste, hatte er<br />
ein halbes Jahr kein Wettkampftennis<br />
mehr gespielt, die längste<br />
Zwangspause seiner Karriere<br />
überhaupt. „Das macht die Geschichte<br />
ja so verrückt“, sagt Federer,<br />
„ich war wahrscheinlich<br />
noch nie so schlecht vorbereitet<br />
in den letzten zehn, fünfzehn<br />
Jahren. Und dann gewinne ich<br />
das Ding.“ Er schüttelt mit dem<br />
Kopf, zuckt mit den Schultern:<br />
„Das ist ein bisschen wie Hollywood<br />
– oder?“<br />
Jetzt liegen sie ihm natürlich alle<br />
zu Füßen. Mehr denn je. Auch<br />
jene, die ihm zuletzt mehr oder<br />
weniger diskret nahegelegt hatten,<br />
doch vielleicht endlich die<br />
Freuden des Ruhestands zu<br />
genießen. Der frühere Superflegel<br />
und Weltranglisten-Erste<br />
John McEnroe erhob Federer<br />
in Melbourne zum „wahren<br />
Tennisgott“, dabei hatte er<br />
vorher getönt, er glaube nicht,<br />
„dass Federer noch mal einen<br />
großen Titel gewinnen kann.“<br />
Federer? „Er ist der Größte aller<br />
Zeiten“, sagt Boris Becker,<br />
bis vor ein paar Monaten noch<br />
Chefcoach des Federer-Rivalen<br />
Novak Djokovic, „er ist auch<br />
der größte Botschafter, den das<br />
Tennis je hatte.“ Federer war<br />
von Becker nie abgeschrieben<br />
worden: „Wenn du gegen einen<br />
nicht wetten willst, dann gegen<br />
Roger.“<br />
„Ich freue mich gerade<br />
wie ein kleines Kind.“<br />
Was aber treibt ihn eigentlich<br />
noch an, diesen größten Einzelsportler,<br />
den es derzeit auf dem<br />
Planeten gibt? Was motiviert<br />
den Mann, der mit 35 Jahren,<br />
als vierfacher Familienvater,<br />
längst den lieben Gott einen<br />
guten Mann sein lassen könnte?<br />
Was bewegt den großen<br />
Meister, dessen Vermögen auf<br />
500 Millionen Dollar geschätzt<br />
wird, noch zu der tagtäglichen<br />
Plackerei? Federer muss da<br />
nicht lange überlegen, er strahlt<br />
wieder übers ganze Gesicht, als<br />
er sagt: „Ich hatte immer Freude<br />
an dem, was ich gemacht<br />
habe. Es gab noch keinen Tag,<br />
an dem ich keine Lust aufs Tennis<br />
hatte, an dem ich mich zum<br />
Training hätte quälen müssen.“<br />
Sein Privileg sei gewesen, „dass<br />
ich mein Hobby, meine Leidenschaft<br />
zum Beruf machen konnte.“<br />
Schwer sei der Aufstieg ins<br />
Erwachsenentennis gewesen,<br />
„frustrierend auch viele Erfahrungen<br />
als junger Profi“, so Federer,<br />
„aber ich hatte doch die<br />
nötige Härte, um das durchzustehen.<br />
Man kann nicht gleich<br />
aufgeben, wenn einem der<br />
Wind ins Gesicht bläst.“<br />
Federer hat alle Rekorde im<br />
Tennis pulverisiert, er hat die<br />
Geschichtsbücher mit Leichtigkeit<br />
umgeschrieben, er hat<br />
Wimbledon und andere Centre<br />
Courts in seine zweite Heimat<br />
verwandelt. Er ist der Spielverderber<br />
für ganze Profigenerationen<br />
gewesen, der charmante<br />
Allesgewinner aus der kleinen<br />
Schweiz. Doch über die Jahre<br />
hat er sich gleichwohl die Gier<br />
der großen Champions bewahrt,<br />
den ewigen Drang nach<br />
weiteren Trophäen und Titeln.<br />
Der ältere Mann und das Mehr?<br />
„Du wirst nicht satt durch die<br />
großen Erfolge“, sagt Federer,<br />
„du willst tatsächlich mehr. Du<br />
willst diese Gänsehaut-Momente<br />
noch einmal erleben. Noch<br />
mal einen Grand Slam gewinnen,<br />
noch einmal Wimbledon,<br />
noch einmal die Weltmeisterschaft.<br />
Das steckt in den Genen<br />
drin. Das ist wie eine Sucht.“<br />
Roger Federerar<br />
das<br />
Der 35-jährige Schweizer<br />
ist der erfolgreichste Grand<br />
Slam-Spieler aller Zeiten,<br />
mit nunmehr 18 Major-Titeln<br />
rangiert er einsam an<br />
der Spitze. Er holte sich jeden<br />
der vier Grand Slam-Pokale<br />
mindestens einmal, allein in<br />
Wimbledon siegte er sieben<br />
Mal. Federer beendete die<br />
Jahre 2004, 2005, 2006, 2007<br />
und 2009 als Nummer eins<br />
der Weltrangliste. Bisher gewann<br />
Federer 91 Titel im Einzel<br />
und 8 im Doppel. Zuletzt<br />
kündigte Federer an, seine<br />
Karriere bis 2019 fortsetzen<br />
zu wollen. (Stand: 15.5.<strong>2017</strong>)