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Meine Mutter starb leider schon 1980, immerhin im<br />
Alter von 90 Jahren, aber mein Vater war noch in<br />
sehr guter körperlicher und geistiger Verfassung und<br />
blieb nun allein in der Wohnung. Täglich machte er<br />
einen Spaziergang zum Friedhof, zum Grab meiner<br />
Mutter. Als es einmal gegen Abend recht spät wurde<br />
und das Tor schon geschlossen war, kam er nicht<br />
mehr aus dem Friedhof heraus. In dieser Situation<br />
hat er es tatsächlich geschafft, über das Tor zu<br />
klettern – mit 96 Jahren! Die für ihn schönste Stunde<br />
des Tages war aber regelmäßig nachmittags um 15<br />
Uhr. Da fand er sich, stilsicher gekleidet in Anzug mit<br />
Weste und Krawatte, bei einer Mitbewohnerin zum<br />
Kaffee-Plausch ein. Dieser Termin war unantastbar.<br />
Die Dame seines Herzens hatte er durch meinen<br />
Sohn Peter kennen gelernt: Sie war die Großmutter<br />
seines besten Freundes. Mein Vater, der ein Alter von<br />
fast 99 Jahren erreichte, wurde in seinem letzten<br />
Lebensabschnitt noch in der betreuten Pflege<br />
versorgt. Insgesamt hat er zehn glückliche Jahre bei<br />
bester Gesundheit im Martin-Schalling-Haus<br />
zugebracht.<br />
Als meine Frau Gisela vor einigen Jahren unheilbar<br />
krank wurde, habe ich ohne Zögern entschieden,<br />
unser Haus in der Amundsenstraße zu verkaufen und<br />
im Martin-Schalling-Haus zu wohnen. Dieser<br />
Entschluss wurde mir emotional sicher deshalb<br />
erleichtert, weil meine Eltern dort so gut aufgehoben<br />
waren. Als ich dann den Bescheid erhielt, dass eine<br />
Wohnung im 2. Obergeschoss verfügbar sei,<br />
akzeptierte ich das Angebot ohne weitere Überlegung<br />
und ohne zu wissen, wie sehr die Lage der Wohnung<br />
an meinen Kurzbesuch in Marktredwitz während des<br />
Krieges erinnert.<br />
Die Einrichtung von zwei Zimmern auf nur etwa 40 m²<br />
Fläche stellte kein Problem dar. Bett und Schrank im<br />
Schlafraum, dazu ein Fernseher. Der Wohnraum mit<br />
Vorhängen und Bildern an den Wänden ist in meinem<br />
Fall überwiegend Büro – mit einem großen<br />
Schreibtisch und Aktenregal, auf dem Schreibtisch<br />
Laptop, Drucker, Faxgerät, Router und Telefon. Meine<br />
wichtigste Beschäftigung besteht unverändert in<br />
freiberuflicher Tätigkeit: Verwaltungsarbeiten für die<br />
ärztliche Gemeinschaftspraxis meines Sohnes Peter:<br />
Buchhaltung, Zahlungsverkehr, Finanzierung,<br />
Personalabrechnung, betriebswirtschaftliche<br />
Analysen. Auch der Bridgeclub Fichtelgebirge,<br />
dessen Präsident ich seit zwei Jahren bin, erfordert<br />
gelegentliche Schreibtischarbeit.<br />
Im Übrigen ist meine Woche weitgehend ausgefüllt<br />
mit einem geistigen und körperlichen<br />
Fitnessprogramm: Zwei bis drei Bridgeturniere von<br />
etwa drei Stunden, eine Schafkopfrunde mit drei in<br />
diesem Spiel sehr erfahrenen Mitbewohnern, von<br />
denen ich noch einiges lernen muss, um nicht zu viel<br />
Kleingeld einzubüßen, eine Stunde fröhliche<br />
Gymnastik in einer Gruppe von 15 Mitbewohnern,<br />
eine Stunde Sportmassage, eine Stunde lockeres<br />
Schwimmen im Hallenbad, und schließlich mehrere<br />
Stunden Spazierengehen im Stadtwald oder im<br />
Auenpark. Wenn ich mich um ein eigenes Haus<br />
kümmern müsste, dann hätte ich diese wertvolle Zeit<br />
nicht zur Verfügung. Hinzu kommt, dass ich mich<br />
Dank der regelmäßigen Hilfe meiner langjährigen<br />
Haushälterin nicht um Wäsche und<br />
Lebensmitteleinkauf zu kümmern brauche.<br />
Das Martin-Schalling-Haus bietet also seinen<br />
Bewohnern ein Domizil mit völliger Freiheit für<br />
eigenständige Betätigung, aber auch Sicherheit und<br />
Betreuung im täglichen Leben. Dazu gehört vor<br />
allem die abwechslungsreiche und seniorengerechte<br />
Mittagsmahlzeit, pünktlich um 12 Uhr, eine<br />
willkommene Gelegenheit zur Begegnung und zum<br />
Gespräch mit den Mitbewohnern. Auch bei den<br />
zahlreichen geselligen Veranstaltungen weiß ich es<br />
zu schätzen, dass sie christlich geprägt sind.<br />
Überaus freundlich und höflich ist der Umgang der<br />
Menschen miteinander, der Bewohner wie auch aller<br />
Betreuungskräfte. Positives Denken und gute Laune<br />
lassen so manche Altersbeschwerden leichter<br />
ertragen.<br />
Zu meiner persönlichen Bewegungsfreiheit gehören<br />
noch immer Bahnreisen nach München zu meinen<br />
Töchtern oder zu anderen Verwandten und<br />
Freunden. Für meinen neuen PKW, der<br />
hauptsächlich ein Stadtfahrzeug ist, hat mir unser<br />
vielseitiger Hausmeister Uwe Zeidler sogar eine<br />
Tankstelle in der Garage einrichten lassen – eine<br />
Steckdose mit Stromzähler, denn es ist eines von<br />
den noch wenig geschätzten Elektrofahrzeugen.<br />
Zusammenfassend bin ich also überzeugt, dass ich<br />
mit der Wahl des Martin-Schalling-Hauses als<br />
Wohnsitz für meine letzten Lebensjahre eine<br />
optimale Entscheidung getroffen habe. Ich kann nun<br />
auch vollkommen nachvollziehen, dass sich meine<br />
Eltern schon vor vierzig Jahren in diesem<br />
christlichen Haus so wohl gefühlt haben.<br />
Marktredwitz, im Mai 2017<br />
Dr. Albert Kaltenthaler