Eule - Hans-Wendt-Stiftung Bremen
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N o 01 Herbst 2006<br />
die <strong>Eule</strong><br />
www.<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>.de<br />
die <strong>Eule</strong><br />
Journal der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-stiftung<br />
Kindeswohlsicherung<br />
Verantwortung übernehmen<br />
Konkretisierung des Schutzauftrages<br />
Haus und Hof: ein Arbeitsprojekt<br />
Ferien im neu eröffneten Gästehaus<br />
<strong>Hans</strong>-Jörg Wieder im Interview<br />
Literaturauswahl<br />
Veranstaltungen<br />
Ein Bilder-Sudoku<br />
Schutzgebühr: 2,50 €
ENTREE<br />
In jedem Kindergartenjahr werden im Kinderhaus Fin Kids die zur Einschulung ausgewählten Kinder in der sogenannten ‚Schul-AG’ mit<br />
Angeboten zu relevanten Themen auf die Einschulung und den Schulalltag vorbereitet.<br />
So entstand unter dem Thema ‚Mein Schulweg ist sicher’ dieses Gemeinschaftsbild, das anschließend von der Gruppe zur Teilnahme<br />
an einem Malwettbewerb für Schulanfänger zu diesem Thema eingereicht wurde und den zweiten Platz errang. Der Wettbewerb wurde<br />
von der Unfallkasse der Freien <strong>Hans</strong>estadt <strong>Bremen</strong> ausgeschrieben.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Leserinnen und Leser,<br />
vor Ihnen liegt druckfrisch die erste Ausgabe der wiederbelebten<br />
<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-Zeitschrift – die <strong>Eule</strong>. Im Sommer 2006 entschlossen<br />
sich Vorstand und Mitglieder des AK Öffentlichkeitsarbeit<br />
gemeinsam, in regelmäßigem Abstand eine Zeitschrift für<br />
die MitarbeiterInnen der <strong>Stiftung</strong>, deren Kooperationspartnern<br />
und der interessierten Öffentlichkeit aufzulegen. Ulrike Bahr-<br />
Gräber, Karin Järleby, Matthias Haun, Günter Müller, Burghard<br />
Osterloh und Norbert Süßmann sei an dieser Stelle für ihr<br />
hohes Engagement für die <strong>Eule</strong> herzlich gedankt. Sie haben<br />
größtenteils ehrenamtlich, also zusätzlich neben ihrer täglichen<br />
Arbeit, dieses Projekt gewagt.<br />
Natürlich stand die Frage im Raum, ob es Sinn macht, ob wir in<br />
Anbetracht leerer Kassen überhaupt Zeit und Geld in die <strong>Eule</strong><br />
investieren wollen. Wir meinen: ja, unbedingt! Denn gerade<br />
wegen der massiven Sparzwänge ist Marketing, Öffentlichkeitsarbeit<br />
und insbesondere Kommunikation mit MitarbeiterInnen,<br />
Kooperationspartnern und Öffentlichkeit unverzichtbar.<br />
Würden wir sonst nicht gar unsere tägliche Arbeit mit einer<br />
bloßen Reduzierung auf den reinen Kostenaspekt selber in Frage<br />
stellen? Unser professioneller Einsatz geht meistens weit über<br />
tarifliche Vereinbarungen, über die öffentliche Diskussion um<br />
Budgets und Abrechnungsmodalitäten hinaus. Die Bedeutung<br />
unserer Leistungen, Erfahrungen und regelmäßig überprüften<br />
und weiterentwickelten Qualitätsstandards für das Zusammenleben<br />
in einer modernen Gesellschaft darf nicht in den Hintergrund<br />
treten.<br />
Mit der <strong>Eule</strong> werden wir ein Zeichen setzen: wir werden<br />
die Kommunikation mit Kooperationspartnern, Öffentlichkeit<br />
und MitarbeiterInnen der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> fördern und in<br />
jeder Ausgabe über aktuelle Neuigkeiten berichten. Ob Erfolge,<br />
Entwicklungen, Planungen oder auch Probleme – die <strong>Eule</strong> bietet<br />
ein Forum rund um unsere Arbeit innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe.<br />
Damit die <strong>Eule</strong> ein lebendiges Kommunikationsmedium<br />
sein kann, sind Ihre Anregungen, Ideen und Neuigkeiten<br />
jederzeit willkommen. Ob als Leserbrief oder als Artikel, lassen<br />
Sie uns gemeinsam an einer informativen und attraktiven <strong>Eule</strong><br />
arbeiten!<br />
Petra Niederau, Vorstand der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
In jeder Ausgabe wird ein zentrales Schwerpunktthema im<br />
inhaltlichen Mittelpunkt der Zeitschrift stehen. Wir beginnen<br />
mit dem „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“, den das<br />
Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe<br />
(KICK) konkretisiert hat. Durch den § 8a SGB VIII werden über<br />
das Instrumentarium der Vereinbarung die fachlichen Standards<br />
der Jugendhilfe auf die Tagesordnung gesetzt. Diese gilt es,<br />
auszufüllen und zu formulieren!<br />
Wie geht die Kinder- und Jugendhilfe einzelfallbezogen und<br />
differenziert damit um, wenn der Schutz des Kindes gefährdet<br />
ist? Diese Debatte soll die Jugendhilfe zum Anlass nehmen, um<br />
sich zu fragen: Was sind unsere fachlichen Standards? Dabei<br />
geht es insbesondere um den professionellen Umgang mit<br />
Kindeswohlgefährdung im Bereich Beratung, Kitas, Jugendarbeit<br />
etc.<br />
Doch nun wünsche ich Ihnen viel Freude mit unserer ersten<br />
Ausgabe und freue mich auf Ihre zahlreichen Kommentare und<br />
Anregungen!<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
2 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />
die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 3<br />
EDITORIAL
PRAXIS PRAXIS<br />
Verantwortung übernehmen<br />
Plötzlich reden alle darüber: das neue Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz<br />
(KICK) ist zum zentralen Thema in der Jugendhilfe geworden. Was heißt es, die Verantwortung,<br />
den Schutzauftrag für das gefährdete Wohl eines Kindes in seinen Lebensbezügen zu<br />
übernehmen? Welche Kompetenzen und Arbeitsbedingungen der FamilienpädagogInnen<br />
braucht es, um eine solch verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen?<br />
TExT: KArIN JärlEBy FoTo: MATTHIAS HAUN<br />
In der Sozialpädagogischen Familienhilfe beschäftigen wir uns<br />
nicht erst jetzt mit diesen Fragen, um Antworten auf die Anforderungen<br />
der Praxis zu entwickeln. Wichtige Stichworte<br />
aus unserer Arbeit sind: Netzwerkarbeit und Sozialraumbezug,<br />
Handlungsplanung anhand einer sozialpädagogischen<br />
Diagnostik mit<br />
Im Sozialraum ist<br />
es wichtig, dass die<br />
FamilienpädagogInnen<br />
bekannt sind<br />
den Familien wo Ressourcen, Risiken<br />
und überprüfbare Ziele ihren Platz<br />
haben, Standards im Umgang mit<br />
Kontrollaufgaben, die vom Jugendamt<br />
aufgetragen werden, Wissen über Risikofaktoren<br />
in der Säuglingspflege,<br />
Methoden und Messinstrumente zur<br />
Einschätzung und Klärung einer Gefährdung,<br />
Co-Arbeit der FamilienpädagogInnen, Zusammenarbeit<br />
mit den CasemanagerInnen im Amt für Soziale Dienste.<br />
Im Sozialraum ist es wichtig, dass die FamilienpädagogInnen<br />
bekannt sind und einen guten Ruf unter den BewohnerInnen<br />
haben und behalten. Wir haben in den letzten Jahren stetig daran<br />
gearbeitet, die vorhandenen Teams der Sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe in die Netzwerke der Sozialräume zu integrieren<br />
und unsere fallbezogene Arbeit mit offenen Angeboten für die<br />
BewohnerInnen zu verbinden.<br />
Ein Beispiel für unsere sozialräumlichen Projekte bildet das<br />
Team in der Schule Düsseldorfer Straße. Dort ist seit vier Jahren<br />
eine Kooperation mit der Schule, dem Amt für Soziale Dienste,<br />
dem Schulpsychologen und dem Kindergarten entwickelt worden.<br />
Es gibt einen offenen „Familientreff“, in dem Gruppen sich<br />
organisieren und treffen können. Ein WIN-Projekt (Wohnen in<br />
Nachbarschaften) läuft zurzeit, um den Familientreff fest im<br />
Stadtteil Blockdiek zu etablieren.<br />
Ein zweites Beispiel ist unser neues Sozialraumprojekt im<br />
Spielhaus Lüssumer Heide. Das Spielhaus befindet sich inmitten<br />
eines sozialen Brennpunktes, bietet hervorragende räumliche<br />
AUS DER ARBEIT DER SOZIALPÄDAGOGISCHEN<br />
FAMILIENHILFE<br />
Bedingungen für Beratungs- und Gruppenarbeit. Ein kleines<br />
Team aus dem Nordteam der Sozialpädagogischen Familienhilfe,<br />
der Ambulanten Maßnahmen für Jugendliche und unserem<br />
Kooperationspartner effect-Jugendbetreuung, die mit Migranten<br />
arbeiten, baut eine Kooperation mit den<br />
Mitarbeitern im Spielhaus auf. Es sollen<br />
hauptsächlich Angebote für Eltern entstehen,<br />
als Ergänzung zu den bestehenden<br />
Programmen des Spielhauses für Kinder.<br />
In beiden Projekten ist das Elterntraining<br />
der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> „Mit Netz und<br />
doppeltem Boden“ ein fester Bestandteil<br />
der Konzeption. Im präventiven Sinne findet<br />
mit diesem Familienbildungsangebot<br />
Kindeswohlsicherung statt. Eltern aus dem Sozialraum werden<br />
zusammengeführt und wesentliche Themen der Erziehung wie<br />
Kommunikation, Konsequenz und Orientierung werden mit ihnen<br />
in praktischen Übungseinheiten bearbeitet.<br />
Die Arbeit der FamilienpädagogInnen kann sehr einsam und<br />
belastend werden, wenn sie nicht mit den anderen helfenden<br />
Personen für die jeweilige Familie in einem Netzwerk zusammenwirken.<br />
Diese können je nach Familienkonstellationen und<br />
Problemlagen Kinderärzte, Familienhebammen, Frühe Hilfen,<br />
Sozialpsychiatrischer Dienst, Kipsy, Kindergärten, Schulen sein.<br />
Unsere Fachberatung hat eine Arbeitsgruppe mit FamilienpädagogInnen<br />
gebildet, zur weiteren Qualifizierung in Säuglingspflege<br />
und der Entwicklung von Kleinkindern. Diese Gruppe hat<br />
auch Arbeitsgespräche mit den Familienhebammen des Gesundheitsamtes<br />
und der Frühberatungsstelle im Haus der Familie in<br />
Hemelingen geführt, zur Festigung der Zusammenarbeit und der<br />
Standards, wenn wir gemeinsam Familien mit Säuglingen und<br />
Kleinkindern betreuen.<br />
Eine gute Arbeitsbeziehung der Helfer mit den betreuten Familien<br />
erfordert auch einen ehrlichen Umgang miteinander. Die Fa-<br />
milienpädagogInnen gehen sowohl mit Ressourcen als auch mit<br />
Risiken in der Familie um, leiten daraus die Ziele der Hilfe ab und<br />
nehmen sie in die Handlungsplanung auf. Diese bezieht auch die<br />
vom Jugendamt auferlegten Kontrollaufgaben ein. Im Einzelfall<br />
kann das z.B. täglicher Kontakt an sieben Tagen der Woche zur<br />
Kontrolle der Pflege und Ernährung des Säuglings bedeuten. Die<br />
FamilienpädagogInnen können sich mit den Klienten an dieser<br />
Stelle verbünden, mit der Aufgabe „was können wir gemeinsam<br />
tun, um den Druck von Außen, heißt Jugendamt, loszuwerden“.<br />
Im Rahmen der externen Evaluation der Sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe wurde eine Arbeitshilfe<br />
entwickelt zur Überprüfung der Kindeswohlsicherung.<br />
Diese Checkliste ist in fünf Altersgruppen bis<br />
18 Jahren differenziert. Die Arbeitshilfe wird bei<br />
vermuteter Kindeswohlgefährdung von den FamilienpädagogInnen<br />
genutzt, um ein klares Bild von der<br />
Gefährdung gewinnen zu können. Sie wird gegebenenfalls<br />
den CasemanagerInnen im Amt für Soziale<br />
Dienste übergeben, wenn Maßnahmen zur Kindeswohlsicherung<br />
empfohlen und eingeleitet werden.<br />
Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist als Langzeithilfe<br />
angelegt (bis zu 17 Monate) und ist die intensivste<br />
Hilfe zur Erziehung für Familien in ambulanter<br />
Form. Zur Entlastung und zur Sicherstellung<br />
des Kindesschutzes arbeiten unsere FamilienpädagogInnen<br />
in Familien mit hohem Arbeitsaufkommen<br />
und Kindeswohlgefährdung in der Regel zu zweit,<br />
neuerdings auch mit den Berufsgruppen ErzieherInnen,<br />
KinderpflegerInnen und Hauswirtschaftskräfte.<br />
Die FamilienpädagogInnen sind entsprechend<br />
nah am Lebensalltag ihrer Klienten. Sie glauben an<br />
die Ressourcen und Kräfte der Eltern und Kinder; das<br />
ist ihr berufliches Selbstverständnis. Für einen positiven<br />
Hilfeprozess ist die Motivation der Klienten<br />
und eine gute Arbeitsbeziehung der FamilienpädagogInnen<br />
mit den Familien essentiell.<br />
In der Arbeit mit den Familien bedeutet der offene und konsequente<br />
Umgang mit Gefährdungssituationen und nicht eingehaltene<br />
Absprachen, die fallführenden CasemanagerIn im Amt für<br />
Soziale Dienste einzuschalten mit einer fachlichen Empfehlung<br />
des FamilienpädagogInnen. Er/sie hat an dieser Stelle das weitere<br />
Vorgehen zu entscheiden. In den meisten Fällen funktioniert<br />
das Zusammenwirken<br />
mit den CasemanagerInnen,<br />
jedoch gibt es<br />
auch Störungen und<br />
Verzögerungen, die dazu<br />
führen, dass unsere<br />
FamilienpädagogInnen mit einer akuten Krise der Familie allein<br />
gelassen werden. Den Spielraum anderer ambulanter Hilfen für<br />
Familien (Familienhebammen, sozialpsychiatrischer Dienst, Frühe<br />
Hilfen u.a.), ihre Hilfe bei mangelnder bzw. fehlender Mitarbeit<br />
der Eltern zu beenden, gestatten wir uns nicht. Unser Ziel ist<br />
es, die Familien und damit vor allem die Kinder nicht allein zu<br />
lassen und einen Übergang zu weiteren Maßnahmen zu gewähr-<br />
leisten. Dafür nehmen wir es in Kauf, reine Kontrollaufgaben zu<br />
erfüllen und den Kontakt zu halten, bis eine Lösung vom Amt für<br />
Soziale Dienste herbeigeführt wurde.<br />
Im Zeitalter der drastischen Einsparungen von sozialen Leistungen<br />
sind sowohl die sozialen Dienste im Amt als auch die<br />
freien Träger der Jugendhilfe betroffen. Die Bemessung der fachlichen,<br />
zeitlichen und finanziellen Ressourcen für die Erbringung<br />
der Hilfen sind in der Sozialpädagogischen Familienhilfe seit 1½<br />
Jahren massiv gekürzt worden. Hinzu kommt, dass heute ambu-<br />
lante Hilfen in Familien eingesetzt werden, wo früher eher eine<br />
fremdplazierende Hilfeplanung erfolgte. Zunehmend dramatische<br />
Familiensituationen und weniger Mittel für die Erbringung<br />
der Hilfe erfordern sonnenklare Absprachen an den Schnittstellen<br />
zwischen Träger und Amt. Im Klartext: wer trägt wann welche<br />
Verantwortung. Wir haben selbstbewusst darauf zu achten, dass<br />
kindeswohlgefähr-<br />
dende Situationen<br />
sorgfältig geklärt<br />
werden, dass Kinder<br />
und Jugendliche<br />
nicht im Strudel<br />
von Zuständigkeitsgerangel weiteren Schaden nehmen.<br />
Trotz der erschwerten Arbeitsbedingungen der FamilienpädagogInnen<br />
lebt ihr Engagement für die Familien und ihr innovatives<br />
Handeln zur Weiterentwicklung des Programms.<br />
Unser Ziel ist es, die Familien und damit vor<br />
allem die Kinder nicht allein zu lassen<br />
4 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 5
POLITIK<br />
TExT: HArDMUTH GroSS FoToS: MATTHIAS HAUN<br />
§ 8a SGB VIII<br />
Konkretisierung des Schutzauftrages<br />
Das Thema Kindeswohlsicherung ist nichts Neues. In den vergangenen Jahren haben traurige<br />
Ereignisse unter anderem zu Strafverfahren gegen MitarbeiterInnen der Jugendhilfe geführt.<br />
Der Bundesgesetzgeber wurde veranlasst, die besondere Verantwortung der MitarbeiterInnen<br />
der öffentlichen und freien Jugendhilfeträger für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu<br />
konkretisieren.<br />
Der § 8a „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“ ist durch<br />
das KICK zum 01.10.2005 in das SGB VIII neu eingeführt worden.<br />
Der Schutzauftrag ist integraler Bestandteil jeder Hilfegewährung<br />
nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII).<br />
Für die MitarbeiterInnen eines freien Jugendhilfeträgers ist der<br />
zweite Absatz im § 8a SGB VIII von besonderer Bedeutung (siehe<br />
Kasten S. 7).<br />
Der § 8a fordert die freien Jugendhilfeträger auf, ihren Teil<br />
zum Schutze des Wohls von Kindern und Jugendlichen beizutragen.<br />
Die Hilfe zum Schutz bedeutet zum einen die Sicherung<br />
des Kindeswohls vor etwas wie Kälte, Hunger, anderen gefährlichen<br />
Situationen. Der Schutzauftrag bezieht sich vor allem auf<br />
den Schutz vor gefährdenden Personen. Dies können Eltern, Geschwister<br />
und andere Bezugspersonen sein. In diesem Kontext<br />
einer potenziellen Kindeswohlgefährdung ist Helfen regelmäßig<br />
mit Eingriffen in die Grundrechte von Beteiligten verbunden.<br />
Was ist vom Gesetzgeber vorgegeben und was ist davon vom<br />
öffentlichen Jugendhilfeträger (hier in <strong>Bremen</strong> das Amt für Soziale<br />
Dienste (AfSD)) und dem freien Jugendhilfeträger wie uns,<br />
der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>, bisher getan worden, damit die MitarbeiterInnen<br />
der <strong>Stiftung</strong> in diesem Aufgabenbereich sicher handeln<br />
können?<br />
1. Vereinbarung mit Trägern von Einrichtungen und<br />
Diensten<br />
Der vom AfSD mit den freien Jugendhilfeträgern abzuschließende<br />
Schutz-Auftrag liegt im August 2006 erst im Entwurf vor<br />
und muss noch in den entsprechenden Gremien bearbeitet bzw.<br />
genehmigt werden. Dieser soll sicherstellen, dass die Fachkräfte<br />
der freien Träger ihre Aufgabe zum Schutz von Kindern und Jugendlichen<br />
im Sinne des Gesetzes wahrnehmen.<br />
In der Praxis haben sich Probleme aufgetan, die noch gemeinsam<br />
gelöst werden müssen:<br />
- Besteht der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung, haben<br />
die MitarbeiterInnen des freien Jugendhilfeträgers umgehend zu<br />
handeln. Sind umfangreichere Interventionen erforderlich als die<br />
bisher genehmigten und damit bezahlten Erziehungshilfen, sind<br />
diese vom freien Jugendhilfeträger zu erbringen. Ungeklärt ist,<br />
wie lange dieser zusätzliche Aufwand zu erbringen ist.<br />
- In dem oben beschriebenen Zusammenhang besteht ebenfalls<br />
kein Einvernehmen darüber, wie schnell eine vom Maßnahmeträger<br />
gewünschte außerordentliche Hilfekonferenz einberufen<br />
werden muss. In der Vergangenheit sind schon Terminwünsche<br />
mit dem Hinweis auf einen hohen Kran-<br />
kenstand in einzelnen Sozialzentren abgelehnt<br />
worden.<br />
- Die Verantwortung über die endgültige<br />
Einschätzung, ob eine Kindeswohlgefährdung<br />
vorliegt und welche Maßnahmen zur<br />
Begegnung der Gefährdung ausreichend<br />
sind, liegt bei der CasemanagerIn. Falls im<br />
gegebenen Einzelfall die MitarbeiterIn des<br />
freien Jugendhilfeträgers die genehmigte<br />
Hilfe für nicht ausreichend hält, besteht<br />
für den Träger keine Möglichkeit, eine umfassendere<br />
Hilfe zu erwirken. Er kann den<br />
Auftrag nur an das Amt zurückgeben.<br />
2. Arbeitshilfe zur Bewertung einer<br />
Kindeswohlgefährdung<br />
Im Rahmen der Evaluation der Sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe haben die<br />
MitarbeiterInnen der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
und des Caritas-Verbandes <strong>Bremen</strong> eine für<br />
sechs Altersgruppen differenzierte Arbeitshilfe<br />
entwickelt. Diese macht es den MitarbeiterInnen<br />
möglich, Gefährdungsmomente<br />
konkreter zu identifizieren. Die Arbeitshilfe wurde dem<br />
AfSD zur Verfügung gestellt.<br />
3. Meldung der Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt<br />
– Verpflichtung, Beratung einzuholen, Verpflichtung<br />
zu Kooperation mit den Hilfeempfängern<br />
Wird eine Kindeswohlgefährdung vermutet oder ist sie bereits<br />
eingetreten, haben die MitarbeiterInnen der freien Jugendhilfe<br />
tätig zu werden:<br />
- Die Fachkräfte des Trägers von Einrichtungen haben die Personensorgeberechtigen,<br />
Erziehungsberechtigten, Kinder und<br />
Jugendliche zu beraten und darauf hinzuwirken, dass sie die<br />
geeigneten Hilfen annehmen. Die MitarbeiterInnen des Jugendhilfeträgers<br />
haben gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten<br />
zu entscheiden, ob geeignete Maßnahmen zur Abwehr der Gefährdung<br />
getroffen werden können oder ob das Jugendamt informiert<br />
wird. Kann gemeinsam kein Einvernehmen hergestellt<br />
werden, entscheidet die MitarbeiterIn der <strong>Stiftung</strong>.<br />
- Der Schutzauftrag ist integraler Bestandteil jeder Hilfegewährung<br />
nach dem SGB VIII. Die MitarbeiterInnen des Jugendhilfeträgers<br />
sind verpflichtet, bei der Übernahme von Aufträgen die<br />
besonderen Risiken für die Kinder/Jugendlichen in Erfahrung zu<br />
bringen.<br />
Sozialgesetzbuch VIII, Kinder- und<br />
Jugendhilfegesetz, § 8a, zweiter Absatz:<br />
In Vereinbarungen mit den Trägern<br />
von Einrichtungen und Diensten,<br />
die Leistungen nach diesem Buch erbringen,<br />
ist sicherzustellen, dass deren<br />
Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz<br />
1 in entsprechender Weise wahrnehmen<br />
und bei der Abschätzung des<br />
Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene<br />
Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere<br />
ist die Verpflichtung aufzunehmen,<br />
dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten<br />
oder den Erziehungsberechtigen<br />
auf die Inanspruchnahme<br />
von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für<br />
erforderlich halten, und das Jugendamtinformieren,<br />
falls die angenommenen<br />
Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um<br />
die Gefährdung abzuwenden.<br />
- Die MitarbeiterInnen sind verpflichtet, sich fachkundige Fachberatung<br />
zu holen, wenn ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung<br />
besteht. Es ist vom Jugendhilfeträger im Vorfeld festzulegen,<br />
wer im Ernstfall zur Fachberatung zu kontaktieren ist.<br />
- Der § 8a macht das Jugendamt nicht zur Meldebehörde und<br />
die Leistungserbringer nicht zu Meldern. Es ist darauf zu achten,<br />
dass das bestehende Arbeitsbündnis mit der Familie nach Möglichkeit<br />
nicht verloren geht.<br />
- Der Träger von Einrichtungen und Diensten ist zur Informationsweitergabe<br />
an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe<br />
verpflichtet, wenn die Eltern/die Sor-<br />
geberechtigten nicht im erforderlichen<br />
Maße mitwirken bzw. wenn vom Jugendhilfeträger<br />
keine zur Sicherung des<br />
Kindeswohls geeignete Maßnahmen<br />
eingeleitet werden können.<br />
Folgende Handlungsschritte plant<br />
die <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> für ihre<br />
MitarbeiterInnen:<br />
- Die Krisenintervention wird in Absprache<br />
mit den Erziehungsberechtigten<br />
gestaltet und gegebenenfalls der<br />
verantwortlichen CasemanagerIn mit<br />
einem Formblatt gemeldet. Das voraussichtliche<br />
Ende des von uns in eigener<br />
Verantwortung durchgeführte Krisenmanagement<br />
wird angekündigt, mit der<br />
Bitte um Einberufung einer Hilfekonferenz<br />
spätestens nach 14 Tagen.<br />
- Nach 28 Tagen wird die Krisenintervention<br />
von der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
beendet.<br />
- Die <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> hat vier<br />
qualifizierte MitarbeiterInnen für die<br />
Beratung benannt. Sie unterstützen die<br />
Einschätzung der Gefährdung und klären,<br />
welche Maßnahmen erforderlich<br />
sind. Sie und die MitarbeiterIn entscheiden,<br />
unter welchen Bedingungen die<br />
<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> die Ausführung<br />
des Auftrages weiterhin verantworten<br />
kann.<br />
- Ist keine Hilfekonferenz einberufen<br />
worden und ist das Kindeswohl weiterhin<br />
nicht gesichert, wird der CasemanagerIn<br />
schriftlich mitgeteilt, dass die<br />
Krise weiterhin besteht.<br />
Hardmuth Groß, 56,<br />
Diplom-Psychologe,<br />
seit 1993 Vorstand der<br />
<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
- Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen zur Abwendung<br />
der Kindeswohlgefährdung werden darin formuliert. (Formblatt)<br />
Dies sind erste Schritte hin zu einem konstruktiven Krisenmanagement<br />
in der Zusammenarbeit mit dem Amt für Soziale<br />
Dienste und stärken die Handlungssicherheit der MitarbeiterInnen<br />
der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>.<br />
6 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />
die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 7<br />
POLITIK
BERICHTE BERICHTE<br />
Haus und Hof<br />
Ein Arbeitsprojekt der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> zur Betreuung von sozial benachteiligten,<br />
schulpflichtigen jungen Menschen in Kooperation mit der Allgemeinen Berufsschule<br />
<strong>Bremen</strong><br />
TExT: MICHAEl KUSE FoToS: MATTHIAS HAUN<br />
Montags, dienstags und donnerstags beginnt es morgens 10 Minuten<br />
vor 9.00 Uhr im Betriebsratsbüro unserer <strong>Stiftung</strong> lebhaft<br />
zu werden. Jugendliche, die noch ein Jahr schulpflichtig sind,<br />
versammeln sich zur Arbeitsbesprechung mit Blitzlicht und der<br />
Planung: Was liegt an, wer macht was, was benötigt man dazu.<br />
9.00 Uhr: die Arbeit beginnt pünktlich mit dem Ankleiden der<br />
Arbeitsbekleidung. Wir legen Wert darauf, dass alle MitarbeiterInnen<br />
im „Blaumann“ arbeiten. Das macht Sinn für das Vermeiden<br />
von Verschmutzung der Straßenbekleidung und macht uns,<br />
zumindest der Kleidung nach, gleich.<br />
8<br />
die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />
Im ersten Jahr bestand die Hauptaufgabe darin, uns eine Werkstatt<br />
einzurichten. Unsere <strong>Stiftung</strong> stellte uns den Schuppen des<br />
Kindes- und Jugendgästehauses zur Verfügung. Werkzeug wurde<br />
zum Teil von der allgemeinen Berufsschule gestellt.<br />
Den Jugendlichen macht es in der Regel Spaß - wenn denn das<br />
Wetter nicht allzu schlecht ist - im Freien zu arbeiten. Zu lernen,<br />
sich der Witterung gemäß zu kleiden kann aber nicht sofort jeder.<br />
Einige lernen es bereits nach dem ersten Regenschauer, bei<br />
einigen dauert es etwas länger. Der wichtigste Lernerfolg ist aber,<br />
dass sie lernen, dass sie niemanden für ihre Fehler verantwortlich<br />
machen können. Jeder sorgt zunächst einmal für sich selbst. Erst<br />
wenn diese Lektion gelernt ist, sind die Jugendlichen in der Lage,<br />
über eine notwendige Kooperation auch für den Arbeitskollegen<br />
mitzudenken.<br />
Aufgaben werden vorgegeben, Lösungen nicht. Die gilt es<br />
selbst zu erarbeiten. Daher dauert es manchmal etwas länger, bis<br />
bei uns alles „rund“ läuft und manch Außenstehender wird hinter<br />
der scheinbaren Unorganisiertheit kein Konzept vermuten. Es<br />
geht aber in erster Linie um das Erfahren der eigenen Stärken,<br />
Fähigkeiten, Schwächen, Selbstwirksamkeit, Kreativität, Stärke,<br />
Schwäche, Ungeschicklichkeit und so weiter.<br />
So ganz nebenbei entdecken wir die Natur und lernen: Was ist<br />
der Unterschied zwischen einem Frosch und einer Kröte, brennt<br />
Eiche oder Birke besser, was macht die Spinne in ihrem Netz?<br />
Gelernt wird direkt am Objekt und durch das eigene Tun.<br />
Aber auch und gerade die Erweiterung der sozialen Kompetenz<br />
wird direkt und manchmal schmerzhaft erlernt. Alleine arbeiten<br />
erfordert weniger Kompromisse, ist aber weniger unterhaltsam<br />
und meist wesentlich anstrengender.<br />
Es gibt für alle pro Stunde ca. 10 Minuten Pause. Das ist auch<br />
nötig, da die meisten körperliches Arbeiten und eine Leistungs-<br />
und Anstrengungsbereitschaft nicht kennen. Das Ganze geht bis<br />
13.00 Uhr.<br />
Den Abschluss bildet die tägliche Abschlussbesprechung: Was<br />
war gut, was war schlecht, was war lustig, was war interessant,<br />
was machen wir morgen…<br />
Der lehrer der Allgemeinen Berufsschule, Stefan Kettler (rechts),<br />
ist bei der praktischen Arbeit dabei<br />
Wie kam es zu Haus und Hof?<br />
Vor ca. drei Jahren kamen immer mehr SchulvermeiderInnen in<br />
die Jugendwohngemeinschaft. Es war schwierig bis unmöglich,<br />
die jungen Menschen in eine Regelschule zu integrieren, zumal<br />
sie bereits viele Schulabbrüche aus disziplinarischen Gründen<br />
erlebt hatten.<br />
Wir benötigten tagesstrukturierende Maßnahmen mit gleichzeitigem<br />
erzieherischem und arbeitsorientierendem Charakter.<br />
Wir nahmen Kontakt zur Allgemeinen Berufsschule auf. Die von<br />
dort aus initiierten Programme hatten allerdings alle die Rückführung<br />
in das Regelschulsystem zum Ziel.<br />
Wir wollten etwas anderes:<br />
1. Soziales Training wie „Fit For Life“, aber nicht am Tisch, sondern<br />
im wahren Leben.<br />
2. Tagesstruktur für junge Menschen.<br />
3. Möglichkeiten, Taschengeld auch zu verdienen.<br />
4. Vorbereitung auf das Arbeitsleben durch Beschäftigung und<br />
eingestreute Praktika.<br />
Diese Idee wurde mit dem damaligen Einrichtungsleiter Hardmuth<br />
Groß diskutiert und mit Beginn des Schuljahres 2004/2005<br />
umgesetzt. Seitdem finanziert der Betriebsrat diese Stelle, indem<br />
er auf 21 Stunden Freistellung verzichtet.<br />
Wir gehen nun in unser drittes Jahr. Denn es hat sich herausgestellt:<br />
unsere Ideen sind absolut richtig und die Praxis funktioniert.<br />
Weitere Hilfestellungen wurden vermittelt und alle Jugendlichen,<br />
die die Kooperationsmaßnahmen durchliefen, wurden in<br />
Beschäftigung oder Folgemaßnahmen vermittelt. Wir freuen uns<br />
darüber, dass es nur wenige Abbrüche gab in den letzten Jahren;<br />
Michael Kuse, seit Mitte 1998 Mitarbeiter in<br />
der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> (Jugendwohngemeinschaft).<br />
Bis 1998 ehrenamtlicher Aufbau der Kinder-<br />
und Jugendfarm unserer <strong>Stiftung</strong>.<br />
Interessante Stationen seiner beruflichen<br />
Tätigkeit:<br />
- In Israel Kibbuzerziehung studiert und prak-<br />
tiziert. Erste Erfahrungen in tiergestützter<br />
Pädagogik (Kühe, Hühner, Hunde)<br />
- Aufbau erster Abenteuer- und Bauspielplätze<br />
in Berlin-Neukölln<br />
- Gründung des ersten Kinderbauernhofes in<br />
Berlin-Kreuzberg<br />
- In England Aufbau einer Schulfarm für verhaltensgestörte Kinder und<br />
Jugendliche<br />
Aufgaben werden vorgegeben,<br />
Lösungen nicht.<br />
Die gilt es selbst zu erarbeiten<br />
Abbrüche, die von den Jugendlichen selbst vorgenommen und<br />
von ihnen so gewünscht wurden.<br />
Der Bedarf ist auch weiterhin groß, denn es gibt ausreichend<br />
BewerberInnen für eine zweite Klasse. Da jedoch bisher die Finanzierung<br />
nicht geregelt ist, wird es auch zurzeit keine zweite<br />
Klasse geben können. Der Betriebsrat sieht sich außerstande,<br />
weiterhin für eine Finanzierung aufzukommen. Somit ist auch<br />
die Kooperation mit der allgemeinen Berufsschule gefährdet.<br />
Doch es gibt bereits neue und weiterreichende Ideen. Es gibt nun<br />
diese Ideen für unsere <strong>Stiftung</strong> unter der Überschrift „Hal över“<br />
neu und voll finanziert umzusetzen. Unseren Vorstellungen entsprechend,<br />
soll Beschäftigung auf dem Zentralgelände der <strong>Stiftung</strong><br />
nicht nur auf dem Gebiet der Geländepflege, sondern auch<br />
in der Tierzucht und -pflege angeboten werden.<br />
Die damit verbundene tiergestützte Pädagogik wäre ein neues<br />
und attraktives Angebot an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
sozialpädagogische Unterstützung zu nutzen, um<br />
gesellschaftlichen Anforderungen besser entsprechen und die<br />
eigenen Fähig- und Fertigkeiten besser erkennen und trainieren<br />
zu können.<br />
- In den USA Arbeit in einem Correction Camp. Tiergestützte Pädagogik<br />
mit Hunden (Ausbildung von Blindenführhunden)<br />
die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />
9
PORTRAIT<br />
<strong>Hans</strong>-Jörg Wieder im Interview<br />
INTErVIEW: GüNTEr MüllEr FoToS: MATTHIAS HAUN<br />
Herr Wieder, was interessiert Sie am<br />
Hausmeisterjob?<br />
Am meisten hat mich die Vielseitigkeit<br />
der Aufgaben, die Arbeit im Team und<br />
das selbstbestimmte Arbeiten nach Absprache<br />
interessiert. Ich kannte die <strong>Stiftung</strong><br />
ja von meiner Frau, die im Sekretariat<br />
arbeitet und was sie so erzählte, hat<br />
mir gut gefallen. Als dann im Januar eine<br />
Stelle frei wurde, habe ich mich sofort beworben<br />
und es hat geklappt.<br />
Hatten Sie keine Angst vor dem Hausmeister-Klischee?<br />
Doch, nach dem Motto: „Das ist ja nur<br />
der Hausmeister.“ Allerdings bin ich schon<br />
dabei, dieses Image aufzupolieren. Ich bin<br />
nicht der Typ, der meckert oder immer<br />
schimpft, alles schlecht macht oder gar<br />
der verschrobene Einzelgänger. Die meisten<br />
Aufgaben werden gelöst, indem man<br />
mit anderen die Sache anpackt, im Team.<br />
Kennen Sie Hausmeister Krause aus<br />
dem Fernsehen?<br />
Ja, das ist es. Da wird ein Klischee aufgebaut:<br />
Kordhut, Kittel und Dackel habe ich<br />
nicht und das wird es bei mir auch nicht<br />
geben, bis jetzt jedenfalls nicht (lacht).<br />
Viele sagen, als Hausmeister hast du deine<br />
Ruhe. Was denken die eigentlich: Meinen<br />
die, ich spann mich den ganzen Tag mit<br />
der Jacke in den Schraubstock ein, damit<br />
ich nicht umfalle und zum Feierabend<br />
löse ich den Schraubstock und geh nach<br />
Hause?<br />
Wer gehört denn zur Hausmeisterei<br />
in der <strong>Stiftung</strong>?<br />
Das sind Wilfried Hünemörder und ich,<br />
als gleichberechtigte Hausmeister. Wir<br />
werden unterstützt durch einen Zivi und<br />
zwei In-Jobber.<br />
Wie planen Sie Ihre Arbeit?<br />
Montagsmorgens in der Frührunde besprechen<br />
wir im Team mit Frau Niederau<br />
die Tätigkeiten der Woche. Was liegt neu<br />
an? Was lag an? Was ist abgearbeitet?<br />
Gibt es Schwierigkeiten?<br />
Darüber hinaus gibt es regelmäßige<br />
Monatstermine in den Einrichtungen, für<br />
die ich zuständig bin. In den Kindertagesheimen<br />
muss alles in Ordnung sein für die<br />
Sicherheit der Kinder. Außerdem sollen<br />
die Gebäude auch gut aussehen. Die Eltern<br />
sehen sich die Einrichtungen an und<br />
das ist Werbung, wenn alles gut aussieht,<br />
<strong>Hans</strong>-Jörg Wieder, geboren 1958 nahe der polnischen<br />
Grenze, DDr; Ausbildung zum Elektrosignalmechaniker<br />
(bei der Deutschen reichsbahn); Ausreise aus der DDr<br />
im Juli 1989; 16 Jahre bei Daimler in <strong>Bremen</strong>, Erwerb<br />
des Meisterbriefes; seit Januar 2006 Hausmeister der<br />
<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>.<br />
Freizeitbeschäftigungen: rennradfahren, Schwimmen,<br />
reisen, Angeln, tüfteln am und im Haus, Gartenarbeiten.<br />
gut organisiert ist und alles funktioniert.<br />
Wir machen Reklame mit dem Zustand<br />
des Geländes und des Gebäudes.<br />
Haben Sie Beispiele?<br />
Ja. Im KTH Fin-Kids musste der Abstand<br />
der Treppenstufen verringert bzw.<br />
verengt werden, damit Kinder dort nicht<br />
mit dem Kopf hineingeraten oder stecken<br />
bleiben. Dies kostengünstig zu lösen, war<br />
eine kniffelige Aufgabe, die mich forderte.<br />
Oder der Schutz der Hauswanddämmung<br />
vor Abschürfungen durch Dreiräder oder<br />
Roller. Eine Aufgabe, in die ich mich erst<br />
hineindenken musste. Das macht aber<br />
dann auch besonders Spaß.<br />
Auch am eigenen Haus erledige ich die<br />
meisten Arbeiten selbst, ich mache das<br />
einfach gerne.<br />
Es macht Ihnen Freude eigene handwerkliche<br />
Lösungen zu finden, würden<br />
Sie sich als Tüftler bezeichnen?<br />
Ja, im positiven Sinne. Ich versuche immer,<br />
die beste Lösung für ein Problem zu<br />
finden.<br />
Ich schaffe aber auch gerne Ordnung<br />
oder überlege mir Ordnungssysteme für<br />
Abstell- oder Lagerräume. Dann freu` ich<br />
mich auch, wenn ich sehe, dass die Ordnung<br />
gut funktioniert und das Arbeiten in<br />
den KTHs dadurch erleichtert wird.<br />
Kennen die Kinder der KTHs Sie<br />
schon? Wollen sie Ihnen nicht öfter<br />
mal helfen?<br />
Anfangs war ich der Neue. Wer bist<br />
denn du? Jetzt kennen mich viele schon.<br />
„Hallo Hausmeister, wie geht`s? Was<br />
machst du da?“ Diese Fragen werden<br />
ständig gestellt.<br />
Viele Kinder interessieren sich sehr<br />
dafür und wollen gleich helfen. Dann erzähle<br />
ich auch, was ich mache und kleine<br />
Aufträge, die sich für Kinder eignen, sind<br />
auch drin, mehr geht aber nicht.<br />
Einmal habe ich einem Kind, das mit<br />
anpacken wollte, einen Hammer in die<br />
Hand gegeben. Es war sich gar nicht bewusst,<br />
wie schwer so ein Hammer ist.<br />
Das war nett und sah lustig aus. Die Bereitschaft<br />
der Kinder, zu helfen, ist groß.<br />
Das ist schön, aber manchmal weise ich<br />
sie in ihre Grenzen, da es zu gefährlich<br />
ist.<br />
Spielen Sie auch mit den Kindern?<br />
Dass ich mit Kindern spiele, ist bisher<br />
noch nicht vorgekommen und auch kaum<br />
vorstellbar. Wenn mir jedoch ein Ball vor<br />
die Füße rollt, trete ich auch mal dagegen,<br />
das ist klar.<br />
Haben Sie selber auch Kinder?<br />
Ja, wir haben einen Sohn. Er ist jetzt 26<br />
und arbeitet bei Airbus.<br />
Nun sind Sie ja auch für das Betreuungsprojekt<br />
für psychisch kranke<br />
Jugendliche in der Utbremer Straße<br />
zuständig - wie ist dort die Kommunikation<br />
mit den Jugendlichen?<br />
Die Jugendlichen nehmen natürlich<br />
auch Kontakt zu mir auf, darauf stelle ich<br />
mich ein. Das ist nicht immer einfach,<br />
manchmal ist es anstrengend und ich bin<br />
froh, wenn ich meine Arbeit fertig habe.<br />
Ich bin ein Mensch, der das gut kompensieren<br />
kann durch handwerkliches Arbeiten.<br />
Wurden Sie auch schon mal von<br />
den Jugendlichen belästigt?<br />
Das kam auch schon vor. Da wurde ich<br />
barsch angeredet, aber darauf kann ich<br />
nicht eingehen und ich konzentriere mich<br />
auf meine Arbeit. Im Nachhinein spreche<br />
ich dann aber mit den Pädagogen.<br />
Ich habe es schon erlebt, dass in der Ut-<br />
bremer Straße Sachen kaputt<br />
getreten und kaputt<br />
gebrochen waren. Das<br />
wird dann eben repariert<br />
und ein paar Tage später<br />
ist es wieder kaputt. Das<br />
ist ärgerlich, aber lässt<br />
sich nicht ändern. Sie gehen<br />
eben mit den Dingen<br />
anders um, als ich das tun<br />
würde.<br />
Sprechen Sie mit den<br />
Pädagogen und denken<br />
Sie dann nicht, dass die<br />
Betreuer darauf achten<br />
sollten?<br />
(ernst) Ja, sicherlich gibt<br />
es da verschiedene Gedanken,<br />
dafür ist man ja<br />
schließlich ein in Anführungszeichen<br />
normaler<br />
Mensch und die Pädagogen<br />
denken da anders drüber,<br />
das ist nun mal so.<br />
Doch vieles ist eben<br />
nicht vorprogrammierbar<br />
und wenn es geknallt hat, ist es zu spät.<br />
Die Pädagogen wirken darauf ein, davon<br />
gehe ich aus. Vieles braucht auch eben<br />
Zeit und Entwicklung. Es ist gut, sich<br />
mit den Pädagogen abzustimmen, wie<br />
der beste Umgang mit den Jugendlichen<br />
und solchen Sachen ist, wir arbeiten dann<br />
im Team und verfolgen ein gemeinsames<br />
Ziel.<br />
Was macht für Sie ein gutes Team<br />
aus?<br />
In einem Team arbeitet man Hand in<br />
Hand. Jeder bringt seine Ideen ein und<br />
man legt sich auf ein gemeinsames Vorgehen<br />
fest. Dann muss jeder die Bereitschaft<br />
haben, mit anzupacken und das Projekt<br />
auch zu Ende bringen. Gute Idee gehabt<br />
und dann merkt man plötzlich: Ach, das<br />
läuft nicht und dann macht man die Hände<br />
auf, lässt alles fallen und dann gammelt<br />
es irgendwo vor sich hin und das war´s.<br />
Gibt es Beispiele für gute Zusammenarbeit?<br />
Die Zusammenarbeit mit den KTHs<br />
funktioniert gut. Wir stimmen das Vorgehen<br />
gemeinsam ab und das wirkt dann<br />
auch auf die Arbeitsatmosphäre.<br />
Die Jugendlichen aus dem Projekt<br />
„Haus und Hof“ haben der Hausmeisterei<br />
bei der Vorbereitung und Durchführung<br />
der Sommerfeste in den KTHs sehr geholfen.<br />
Wenn wir größere Arbeiten haben,<br />
die wir nicht schaffen, können wir auf die<br />
Zusammenarbeit mit den Jugendlichen<br />
aus dem Projekt zählen. Da wächst was<br />
zusammen. Zum Beispiel wurden Bäume<br />
gefällt, das Laub kompostiert, die Stämme<br />
zu Brennholz verarbeitet. Das lief wunderbar.<br />
Sie haben ja vorher bei der Reichsbahn<br />
und bei Daimler gearbeitet - was<br />
war Ihr größter beruflicher Erfolg?<br />
Die Mitarbeit bei der Erprobung von<br />
neuen Modellen in der Fertigung vor der<br />
Serienproduktion, sogenannte Nullserien.<br />
Da hatte ich das Gefühl, man trägt was<br />
zur Entwicklung bei. Die Ideen und Vorschläge<br />
wurden gehört und umgesetzt,<br />
das brachte Anerkennung. An diesem Teil<br />
habe ich mitgearbeitet, das ist auch mir<br />
zu verdanken, dass es so aussieht und gut<br />
funktioniert. Das macht mich stolz.<br />
Und hier in der <strong>Stiftung</strong> ist es natürlich<br />
genauso. Wenn wir was bauen oder verändern,<br />
dann kann ich sagen, das habe<br />
ich mitgemacht. Das ist schon eine tolle<br />
Sache.<br />
10 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 11<br />
PORTRAIT
PROFIL PROFIL<br />
Ferienfreizeiten<br />
im neu eröffneten Gästehaus<br />
der Kinder- und Jugendfarm<br />
TExT: KArIN JärlEBy FoToS: WolFGANG KEPPlEr<br />
Im Rahmen einer Feierstunde wurde am 14.07.2006 das Gästehaus der Kinder- und Jugendfarm<br />
neu eröffnet. Zahlreiche Gäste konnten sich von der modernen Atmosphäre<br />
und kindgerechten und attraktiven Gestaltung der Räumlichkeiten bei Kaffee und Kuchen<br />
überzeugen. Neue Lichtquellen, farbige Wände, ansprechend und bunt bedruckte<br />
Dekostoffe, aber auch Fotos mit Farmmotiven runden das neue und geschmackvolle<br />
Ambiente des Gästehauses ab. Um jedoch auch zukünftig weiterhin ein marktgerechtes<br />
Angebot mit dem Gästehaus vorhalten zu können, werden im Zuge des stiftungsinternen<br />
Qualitätsmanagements die Einrichtung, aber auch die pädagogischen Angebote<br />
und Inhalte ständig überprüft und weiterentwickelt.<br />
Das Gästehaus wird von stiftungseigenen Einrich-<br />
tungen, aber auch von externen Gästen gebucht. Besonders<br />
gerne kommen die Kinder der Kindergärten<br />
der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> zu Besuch, da sie die pädagogischen<br />
Angebote, wie Treckerführerschein, Fotogruppe,<br />
aber vor allem die Tiere schätzen. Reiten,<br />
Füttern, Streicheln, Ausmisten der Ställe etc. sind die<br />
absoluten Highlights. So werden aus „Großstadtpflanzen“<br />
die Naturliebhaber von morgen.<br />
So werden aus<br />
„Großstadtpflanzen“<br />
die Naturliebhaber<br />
von morgen<br />
Entsprechend des <strong>Stiftung</strong>szweckes bietet die <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> bereits seit Jahren<br />
Ferienfreizeiten für überwiegend sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sowohl<br />
in den Sommer- als auch in den Herbstferien an. Die Schnackenberg-<strong>Stiftung</strong><br />
unterstützt mit einer jährlich zu beantragenden Zuwendung dieses pädagogische Angebot<br />
und die <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> trägt die Differenz aus dem <strong>Stiftung</strong>svermögen.<br />
So wird auch Kindern aus sozial schwachen Verhältnissen die Teilnahme jederzeit<br />
eröffnet. Gerade Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsrückständen<br />
profitieren in hohem Ausmaß von diesem Angebot. „Außerdem setzen wir damit das<br />
Leitbild der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> um“, so Farmleiter Wolfgang Keppler.<br />
Bilder von der Ferienfreizeit im Sommer 2006<br />
Die erste Ferienfreizeit nach der Neu-Eröffnung des Gästehauses hatte sich zum<br />
Ziel gesetzt, mit den Kindern einen Lehmofen in unmittelbarer Nähe zur Scheune<br />
zu bauen. Dort konnten die ersten kulinarischen Höhepunkte in Form von Pizza<br />
und Brötchen bereits gebacken werden. Der Standort des Lehmofens bietet sich<br />
laut Wolfgang Keppler bestens an. „Wunderschön geformt und zünftig gepflastert,<br />
umrahmt von seltenen, regionstypischen Pflanzenarten lädt dieser Platz zum Verweilen<br />
in gemütlicher, ländlicher Atmosphäre ein.“ Andere attraktive Angebote aus<br />
den Bereichen Sport und Kunst runden das gelungene Ferienprogramm ab.<br />
In der folgenden Ferienfreizeit<br />
wurden im August passende Tische<br />
und Bänke für den Scheunenplatz<br />
gebaut. Die neun bis 13 Jahre alten<br />
Kinder arbeiteten mit viel Freude<br />
und hohem Engagement an diesem<br />
anspruchsvollen Vorhaben. Voller<br />
Stolz stellten sie während der Abschlussfeier<br />
ihren Eltern und den<br />
geladenen Gästen das Ergebnis vor.<br />
Im Sommer 2007 soll<br />
der erste Internationale<br />
Jugendaustausch<br />
stattfinden<br />
Auch der Vorstand zeigte sich bei der anschließenden Feierstunde sehr beeindruckt<br />
und teilte die Freude der Kinder und BetreuerInnen.<br />
Als Ausblick für die Zukunft soll im Sommer 2007 der erste Internationale Jugendaustausch<br />
in Zusammenarbeit mit dem Servicebureau <strong>Bremen</strong> stattfinden.<br />
Kontakte zur ersten Zielregion Spanien sind bereits geknüpft. Der Antrag auf Finanzierung<br />
ist formuliert, so dass ein Austausch für 15- bis 17-jährige Jugendliche<br />
mit besonderem Förderbedarf sehr wahrscheinlich ist. Bremer Jugendliche sollen<br />
als „scouts“ die spanischen Gäste begleiten und mit den Begebenheiten <strong>Bremen</strong>s<br />
bekannt machen.<br />
12 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 13
BÜCHER TERMINE<br />
Bernd Seidenstücker und Barbara Mutke<br />
Praxisratgeber zur Betreuung und Beratung von Kindern und Jugendlichen<br />
Forum Verlag Herkert, Merching, 1. Auflage 2006, ISBN: 3-89827-845-X<br />
Die Presse berichtet immer wieder über erschütternde Fälle von Kindesvernachlässigungen, -misshandlungen und sogar -tötungen.<br />
Wie konnte der Missbrauch unentdeckt bleiben? Warum sind Fachkräfte und Jugendamt nicht eingeschritten? Der Gesetzgeber hat<br />
darauf reagiert. Denn durch den am 01.10.2005 neu eingeführten § 8a erfährt der Schutzauftrag von Kindern und Jugendlichen<br />
nunmehr eine besondere Relevanz. Demnach werden Fachkräfte per Gesetz dazu verpflichtet, ihren „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“<br />
zu leisten. Auch Lehrer und Erzieher müssen nun bei Anzeichen von Missbrauch und Misshandlungen tätig<br />
werden und die Behörde informieren.<br />
In der vorliegenden Arbeitshilfe „Praxisratgeber zur Betreuung und Beratung von Kindern und Jugendlichen“ wird erläutert, wie sich<br />
Fachkräfte diesen neuen Anforderungen stellen, um bei Anzeichen von Kindeswohlgefährdung angemessen reagieren und so ihrer<br />
persönlichen Verpflichtung zum Schutzauftrag nachzukommen.<br />
Zum anderen bietet das Handbuch besondere Hilfestellungen in der praktischen Anwendung, wie z.B. das Erkennen von Auffälligkeiten<br />
bei Schülern und ebenso das Wissen, was in solchen Situationen getan werden kann bzw. getan werden muss.<br />
Ergänzt wird der Ratgeber durch rechtliche Grundlagen wie Gesetzesänderungen zum Kindeswohl.<br />
Günther Deegener und Wilhelm Körner<br />
Kindesmisshandlung und Vernachlässigung – Ein Handbuch<br />
Hogrefe Verlag GmbH & Co., Göttingen, 1.Auflage 2005, ISBN: 3-8017-1746-1<br />
Das Handbuch liefert umfassende Informationen zum gegenwärtigen Kenntnisstand über Formen, Häufigkeiten und Ursachen von<br />
Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung. Ausführlich wird außerdem auf Präventions- und Interventionsmöglichkeiten<br />
eingegangen. Eine kurze Übersicht über die Geschichte der Gewalt gegen Kinder und ein Abriss der jüngeren Kinderschutzarbeit<br />
leiten den Band ein. Weiterhin werden Formen und Folgen von Kindesmisshandlungen beschrieben, u.a. im Zusammenhang mit<br />
struktureller Gewalt, psychisch kranken und suchtkranken Eltern, Partnerschaftskonflikten, Gewalt in der Schule sowie behinderten<br />
Kindern und Jugendlichen. Zudem wird das Verhältnis von Erziehung, Gewalt und Recht ausführlich erörtert.<br />
Das Handbuch stellt die Bedingungen und Ursachen von Kindesmisshandlungen dar und geht hierbei auf Erziehungsstile, Risiko-<br />
und Schutzfaktoren sowie Ergebnisse der Bindungsforschung ein. Es vermittelt wichtige Handlungskonzepte für Diagnostik und<br />
Intervention. Soziale Frühwarnsysteme und die Stärkung der Erziehungskompetenz sind Wege der Prävention, die im letzten Teil<br />
des Buches ausführlich beschrieben werden.<br />
„… und schuld ist im Ernstfall das Jugendamt“ – Probleme und risiken sozialpädagogischer<br />
Entscheidungen bei Kindeswohlgefährdung zwischen fachlicher Notwendigkeit<br />
und strafrechtlicher Ahndung<br />
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, 1999, Band 17. Verlag Verein für Kommunalwissenschaften<br />
e.V., Berlin, ISBN: 13:978-931418-21-2<br />
Gerichtsverfahren in mehreren Städten gingen der Frage nach, ob sich MitarbeiterInnen von Jugendämtern in den Fällen von Kindesmisshandlungen,<br />
-vernachlässigungen oder gar -tötungen sogar der fahrlässigen Tötung durch Unterlassung strafbar gemacht<br />
haben. Diese Verfahren haben bei vielen Fachkräften sozialer Dienste zu erheblichen Verunsicherungen geführt. Im Mittelpunkt<br />
dieses Bandes wird daher die Garantenpflicht des Jugendamtes für das Kindeswohl und somit auch die Diskussion nach dem Verhältnis<br />
von Sozialarbeit und Strafrecht diskutiert.<br />
Der vorliegende Band richtet sich daher vor allem an leitende Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe sowie an MitarbeiterInnen<br />
Sozialer Dienste.<br />
Verändertes Kinder- und Jugendhilferecht und seine Auswirkungen auf die Praxis – Die<br />
Umsetzung aktueller Gesetzesänderungen im SGB VIII<br />
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, 2005, Band 53, Verlag Verein für Kommunalwissenschaften<br />
e.V., Berlin, ISBN: 13:978-3-931418-57<br />
Veranstaltungen der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Donnerstag, 9. November 2006 - 8.30 bis 17.00 Uhr<br />
Fachtag: Emotionen im Griff, mit Pfiff - Konzepte im<br />
Umgang mit herausfordernden jungen Menschen in<br />
der Jugendhilfe<br />
Ort: <strong>Bremen</strong>, Gemeindehaus der Martin-Luther-Gemeinde,<br />
Veranstalter: <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> in Zusammenarbeit mit<br />
QuQuK<br />
Ausgehend von grundlegenden Einführungen in das Thema<br />
durch Fachvorträge zur Borderline-Symptomatik und Psychotraumatologie<br />
sowie Einblicken in das DBT- und FIT FOR LIFE-<br />
Training, wird die Wohn- und Betreuungseinrichtung der <strong>Hans</strong>-<br />
<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> Ideen und Konzepte zum Thema vorstellen.<br />
ReferentInnen: Prof. Dr. Dietrich Petersen, Dipl.-Phys. Rahel<br />
Schüepp, Dr. Christian Roedl, Dipl.-Phys. Margrit Hohenthal,<br />
Dipl.-Phys. Anke Rehder<br />
Info & Anmeldung: Katharina Knief und Sigrid Wantje, Tel:<br />
0421 / 380 38 70, Mail: jwutbremen@hwst.de<br />
Veranstaltungen anderer Organisationen<br />
Mittwoch, 1. bis Freitag, 3. November 2006<br />
Ganztagsschule – Herausforderungen für ganzheitliches<br />
und anregendes lernen<br />
Ort: <strong>Bremen</strong>, Veranstalter: Ganztagsschulenverband GGT e.V.,<br />
Kassel<br />
Die Schulen mit ganztägigen Konzeptionen im Bundesgebiet<br />
haben sich auf den Weg gemacht, ihre Schulprogramme weiterzuentwickeln<br />
und ihre Lernarrangements umzugestalten<br />
und auszufeilen.<br />
Wenn die schulischen Tage der Kinder und Jugendlichen<br />
zeitlicher ausgedehnt sind, wächst für SozialpädagogInnen,<br />
ErzieherInnen, LehrerInnen und SchulleiterInnen die Verantwortung,<br />
das Lernen in seinen unterschiedlichen Formen<br />
ganzheitlich anzulegen und den „langen Schultag“ mit kinder-<br />
und jugendgemäßen Angeboten auszustatten.<br />
Donnerstag, 9. November 2006 - 19.00 bis 21.30 Uhr<br />
Diskurs: 12. Kinder- und Jugendbericht<br />
Ort: <strong>Bremen</strong>, Gästehaus der Universität, Auf dem Teerhof 58,<br />
Veranstalter: Landesjugendamt <strong>Bremen</strong><br />
Vor einigen Monaten ist der 12. Kinder- und Jugendbericht<br />
erschienen, diesmal mit dem Schwerpunktthema „Bildung,<br />
Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule“. Das<br />
Landesjugendamt lädt ein, diesen Bericht zu diskutieren.<br />
Alle vier Jahre erarbeitet eine unabhängige Sachverständigenkommission<br />
im Auftrag der Bundesregierung einen<br />
Kinder- und Jugendhilfebericht. Die Bildungs- und Erziehungsprozesse<br />
im frühen Kindesalter und im Schulalter sowie deren<br />
Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe sind die<br />
zentralen Eckpunkte des aktuellen Berichts. Da Schule eine<br />
zentrale Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen ist,<br />
wird auch ihr zwangsläufig und sachgerecht eine gewisse Aufmerksamkeit<br />
zuteil, ohne das sie selbst einen Kernbestandteil<br />
des Berichtes bildet.<br />
Mittwoch, 8. bis Freitag, 10. November 2006<br />
Zukunftskonferenz: „Ich kann alles – Macht doch mit!“<br />
übergänge gestalten zwischen Kindergarten und Schule<br />
2011<br />
Ort: <strong>Bremen</strong>, Konsul-Hackfeld-Haus, Veranstalter: <strong>Hans</strong>-<br />
<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> in Kooperation mit der Ganztagsgrundschule<br />
an der Oslebshauser Heerstraße<br />
Kinder freuen sich auf die Schule. Sie sind hochmotiviert<br />
endlich lesen, schreiben und rechnen zu lernen und lassen<br />
sich auf den neuen Lebensraum Schule ein. Diese Freude darf<br />
nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Schuleintritt ein Einschnitt,<br />
ein Übergang in ihrem Leben ist, der mit Unsicherheit<br />
einhergeht. Weil die erfolgreiche Bewältigung dieses Übergangs<br />
die Kompetenzen für die Bewältigung nachfolgender<br />
Übergänge schult, muss der pädagogischen Gestaltung des<br />
Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule eine herausragende<br />
Bedeutung beigemessen werden.<br />
Freitag, 3. November 2006<br />
Ständig irgendwie breit…<br />
Ort: <strong>Bremen</strong>, Lidice-Haus, Veranstalter: Fachtag des Lidice-<br />
Hauses<br />
Wie spreche ich in meiner Arbeit Jugendliche an, die einen<br />
problematischen Umgang mit Suchtmitteln haben und was<br />
kann ich diesen Jugendlichen anbieten? Im Mittelpunkt stehen<br />
methodische Fragen der Frühintervention.<br />
Der Fachtag ist eine Kooperationsveranstaltung der Steuerungsstelle<br />
Drogenhilfe des Gesundheitsamtes <strong>Bremen</strong>, des<br />
Lidice-Hauses, des Präventionszentrums <strong>Bremen</strong>-Nord und<br />
der Suchtprävention <strong>Bremen</strong>.<br />
Teilnehmen können alle, die in ihrer beruflichen Tätigkeit mit<br />
suchtmittelkonsumierenden Jugendlichen konfrontiert sind.<br />
14 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />
die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 15<br />
Impressum<br />
die <strong>Eule</strong><br />
Herausgeber: <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>, <strong>Bremen</strong><br />
redaktion: Petra Niederau (verantwortlich), Ulrike<br />
Bahr-Gräber, Karin Järleby, Günter Müller, Burghard<br />
Osterloh, Norbert Süßmann<br />
Bildredaktion und Gestaltung: Matthias Haun<br />
Druck: Merlin Druckerei GmbH, <strong>Bremen</strong><br />
Anschrift: <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>, Redaktion die <strong>Eule</strong>,<br />
Am Lehester Deich 17 - 21, 28357 <strong>Bremen</strong>,<br />
Telefon: 0421 - 24 33 60, Mail: pniederau@hwst.de,<br />
Web: www.<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>.de<br />
Nachdruck und elektronische Verwendung nur mit<br />
schriftlicher Genehmigung der Redaktionsleitung
Wie wird ein Sudoku gelöst?<br />
Viele Wege führen nach rom, ebenso gibt es unterschiedliche Strategien zur lösung eines Sudoku rätsels.<br />
Ziel des Spiels ist, die leeren Felder des Puzzles so zu vervollständigen, dass in jeder der je neun Zeilen, Spalten<br />
und Blöcke jedes „Bild“ genau einmal auftritt.<br />
lösungsweg: einfache Kombination oder Ausschluss<br />
Da in den Spalten und Zeilen die Bilder nur einmal vorkommen dürfen, schaut man sich zu einem Feld die<br />
dazugehörigen Zeilen und die Spalten an. Fehlt beispielsweise das „rote Bild“ noch in einem Block, so schaut<br />
man sich die entsprechenden Spalten und Zeilen an, um zu sehen ob schon andere „rote Bilder“ vorhanden<br />
sind. Falls dieses zutrifft, fällt diese Spalte oder reihe schon aus den möglichen lösungen heraus. Mit dieser<br />
Methode lässt sich Feld für Feld ausschließen. Viel Spaß!<br />
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.<br />
Die Sudoku-Bilder wurden von Kindern der KTH‘s Purzelbaum, Kammerberg und Holler Wichtel gemalt.