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Eule - Hans-Wendt-Stiftung Bremen

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POLITIK<br />

TExT: HArDMUTH GroSS FoToS: MATTHIAS HAUN<br />

§ 8a SGB VIII<br />

Konkretisierung des Schutzauftrages<br />

Das Thema Kindeswohlsicherung ist nichts Neues. In den vergangenen Jahren haben traurige<br />

Ereignisse unter anderem zu Strafverfahren gegen MitarbeiterInnen der Jugendhilfe geführt.<br />

Der Bundesgesetzgeber wurde veranlasst, die besondere Verantwortung der MitarbeiterInnen<br />

der öffentlichen und freien Jugendhilfeträger für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu<br />

konkretisieren.<br />

Der § 8a „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“ ist durch<br />

das KICK zum 01.10.2005 in das SGB VIII neu eingeführt worden.<br />

Der Schutzauftrag ist integraler Bestandteil jeder Hilfegewährung<br />

nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII).<br />

Für die MitarbeiterInnen eines freien Jugendhilfeträgers ist der<br />

zweite Absatz im § 8a SGB VIII von besonderer Bedeutung (siehe<br />

Kasten S. 7).<br />

Der § 8a fordert die freien Jugendhilfeträger auf, ihren Teil<br />

zum Schutze des Wohls von Kindern und Jugendlichen beizutragen.<br />

Die Hilfe zum Schutz bedeutet zum einen die Sicherung<br />

des Kindeswohls vor etwas wie Kälte, Hunger, anderen gefährlichen<br />

Situationen. Der Schutzauftrag bezieht sich vor allem auf<br />

den Schutz vor gefährdenden Personen. Dies können Eltern, Geschwister<br />

und andere Bezugspersonen sein. In diesem Kontext<br />

einer potenziellen Kindeswohlgefährdung ist Helfen regelmäßig<br />

mit Eingriffen in die Grundrechte von Beteiligten verbunden.<br />

Was ist vom Gesetzgeber vorgegeben und was ist davon vom<br />

öffentlichen Jugendhilfeträger (hier in <strong>Bremen</strong> das Amt für Soziale<br />

Dienste (AfSD)) und dem freien Jugendhilfeträger wie uns,<br />

der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>, bisher getan worden, damit die MitarbeiterInnen<br />

der <strong>Stiftung</strong> in diesem Aufgabenbereich sicher handeln<br />

können?<br />

1. Vereinbarung mit Trägern von Einrichtungen und<br />

Diensten<br />

Der vom AfSD mit den freien Jugendhilfeträgern abzuschließende<br />

Schutz-Auftrag liegt im August 2006 erst im Entwurf vor<br />

und muss noch in den entsprechenden Gremien bearbeitet bzw.<br />

genehmigt werden. Dieser soll sicherstellen, dass die Fachkräfte<br />

der freien Träger ihre Aufgabe zum Schutz von Kindern und Jugendlichen<br />

im Sinne des Gesetzes wahrnehmen.<br />

In der Praxis haben sich Probleme aufgetan, die noch gemeinsam<br />

gelöst werden müssen:<br />

- Besteht der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung, haben<br />

die MitarbeiterInnen des freien Jugendhilfeträgers umgehend zu<br />

handeln. Sind umfangreichere Interventionen erforderlich als die<br />

bisher genehmigten und damit bezahlten Erziehungshilfen, sind<br />

diese vom freien Jugendhilfeträger zu erbringen. Ungeklärt ist,<br />

wie lange dieser zusätzliche Aufwand zu erbringen ist.<br />

- In dem oben beschriebenen Zusammenhang besteht ebenfalls<br />

kein Einvernehmen darüber, wie schnell eine vom Maßnahmeträger<br />

gewünschte außerordentliche Hilfekonferenz einberufen<br />

werden muss. In der Vergangenheit sind schon Terminwünsche<br />

mit dem Hinweis auf einen hohen Kran-<br />

kenstand in einzelnen Sozialzentren abgelehnt<br />

worden.<br />

- Die Verantwortung über die endgültige<br />

Einschätzung, ob eine Kindeswohlgefährdung<br />

vorliegt und welche Maßnahmen zur<br />

Begegnung der Gefährdung ausreichend<br />

sind, liegt bei der CasemanagerIn. Falls im<br />

gegebenen Einzelfall die MitarbeiterIn des<br />

freien Jugendhilfeträgers die genehmigte<br />

Hilfe für nicht ausreichend hält, besteht<br />

für den Träger keine Möglichkeit, eine umfassendere<br />

Hilfe zu erwirken. Er kann den<br />

Auftrag nur an das Amt zurückgeben.<br />

2. Arbeitshilfe zur Bewertung einer<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

Im Rahmen der Evaluation der Sozialpädagogischen<br />

Familienhilfe haben die<br />

MitarbeiterInnen der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />

und des Caritas-Verbandes <strong>Bremen</strong> eine für<br />

sechs Altersgruppen differenzierte Arbeitshilfe<br />

entwickelt. Diese macht es den MitarbeiterInnen<br />

möglich, Gefährdungsmomente<br />

konkreter zu identifizieren. Die Arbeitshilfe wurde dem<br />

AfSD zur Verfügung gestellt.<br />

3. Meldung der Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt<br />

– Verpflichtung, Beratung einzuholen, Verpflichtung<br />

zu Kooperation mit den Hilfeempfängern<br />

Wird eine Kindeswohlgefährdung vermutet oder ist sie bereits<br />

eingetreten, haben die MitarbeiterInnen der freien Jugendhilfe<br />

tätig zu werden:<br />

- Die Fachkräfte des Trägers von Einrichtungen haben die Personensorgeberechtigen,<br />

Erziehungsberechtigten, Kinder und<br />

Jugendliche zu beraten und darauf hinzuwirken, dass sie die<br />

geeigneten Hilfen annehmen. Die MitarbeiterInnen des Jugendhilfeträgers<br />

haben gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten<br />

zu entscheiden, ob geeignete Maßnahmen zur Abwehr der Gefährdung<br />

getroffen werden können oder ob das Jugendamt informiert<br />

wird. Kann gemeinsam kein Einvernehmen hergestellt<br />

werden, entscheidet die MitarbeiterIn der <strong>Stiftung</strong>.<br />

- Der Schutzauftrag ist integraler Bestandteil jeder Hilfegewährung<br />

nach dem SGB VIII. Die MitarbeiterInnen des Jugendhilfeträgers<br />

sind verpflichtet, bei der Übernahme von Aufträgen die<br />

besonderen Risiken für die Kinder/Jugendlichen in Erfahrung zu<br />

bringen.<br />

Sozialgesetzbuch VIII, Kinder- und<br />

Jugendhilfegesetz, § 8a, zweiter Absatz:<br />

In Vereinbarungen mit den Trägern<br />

von Einrichtungen und Diensten,<br />

die Leistungen nach diesem Buch erbringen,<br />

ist sicherzustellen, dass deren<br />

Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz<br />

1 in entsprechender Weise wahrnehmen<br />

und bei der Abschätzung des<br />

Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene<br />

Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere<br />

ist die Verpflichtung aufzunehmen,<br />

dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten<br />

oder den Erziehungsberechtigen<br />

auf die Inanspruchnahme<br />

von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für<br />

erforderlich halten, und das Jugendamtinformieren,<br />

falls die angenommenen<br />

Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um<br />

die Gefährdung abzuwenden.<br />

- Die MitarbeiterInnen sind verpflichtet, sich fachkundige Fachberatung<br />

zu holen, wenn ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung<br />

besteht. Es ist vom Jugendhilfeträger im Vorfeld festzulegen,<br />

wer im Ernstfall zur Fachberatung zu kontaktieren ist.<br />

- Der § 8a macht das Jugendamt nicht zur Meldebehörde und<br />

die Leistungserbringer nicht zu Meldern. Es ist darauf zu achten,<br />

dass das bestehende Arbeitsbündnis mit der Familie nach Möglichkeit<br />

nicht verloren geht.<br />

- Der Träger von Einrichtungen und Diensten ist zur Informationsweitergabe<br />

an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe<br />

verpflichtet, wenn die Eltern/die Sor-<br />

geberechtigten nicht im erforderlichen<br />

Maße mitwirken bzw. wenn vom Jugendhilfeträger<br />

keine zur Sicherung des<br />

Kindeswohls geeignete Maßnahmen<br />

eingeleitet werden können.<br />

Folgende Handlungsschritte plant<br />

die <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> für ihre<br />

MitarbeiterInnen:<br />

- Die Krisenintervention wird in Absprache<br />

mit den Erziehungsberechtigten<br />

gestaltet und gegebenenfalls der<br />

verantwortlichen CasemanagerIn mit<br />

einem Formblatt gemeldet. Das voraussichtliche<br />

Ende des von uns in eigener<br />

Verantwortung durchgeführte Krisenmanagement<br />

wird angekündigt, mit der<br />

Bitte um Einberufung einer Hilfekonferenz<br />

spätestens nach 14 Tagen.<br />

- Nach 28 Tagen wird die Krisenintervention<br />

von der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />

beendet.<br />

- Die <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> hat vier<br />

qualifizierte MitarbeiterInnen für die<br />

Beratung benannt. Sie unterstützen die<br />

Einschätzung der Gefährdung und klären,<br />

welche Maßnahmen erforderlich<br />

sind. Sie und die MitarbeiterIn entscheiden,<br />

unter welchen Bedingungen die<br />

<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> die Ausführung<br />

des Auftrages weiterhin verantworten<br />

kann.<br />

- Ist keine Hilfekonferenz einberufen<br />

worden und ist das Kindeswohl weiterhin<br />

nicht gesichert, wird der CasemanagerIn<br />

schriftlich mitgeteilt, dass die<br />

Krise weiterhin besteht.<br />

Hardmuth Groß, 56,<br />

Diplom-Psychologe,<br />

seit 1993 Vorstand der<br />

<strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />

- Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen zur Abwendung<br />

der Kindeswohlgefährdung werden darin formuliert. (Formblatt)<br />

Dies sind erste Schritte hin zu einem konstruktiven Krisenmanagement<br />

in der Zusammenarbeit mit dem Amt für Soziale<br />

Dienste und stärken die Handlungssicherheit der MitarbeiterInnen<br />

der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong>.<br />

6 die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />

die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006 7<br />

POLITIK

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