13.12.2012 Aufrufe

Eule - Hans-Wendt-Stiftung Bremen

Eule - Hans-Wendt-Stiftung Bremen

Eule - Hans-Wendt-Stiftung Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BERICHTE BERICHTE<br />

Haus und Hof<br />

Ein Arbeitsprojekt der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> zur Betreuung von sozial benachteiligten,<br />

schulpflichtigen jungen Menschen in Kooperation mit der Allgemeinen Berufsschule<br />

<strong>Bremen</strong><br />

TExT: MICHAEl KUSE FoToS: MATTHIAS HAUN<br />

Montags, dienstags und donnerstags beginnt es morgens 10 Minuten<br />

vor 9.00 Uhr im Betriebsratsbüro unserer <strong>Stiftung</strong> lebhaft<br />

zu werden. Jugendliche, die noch ein Jahr schulpflichtig sind,<br />

versammeln sich zur Arbeitsbesprechung mit Blitzlicht und der<br />

Planung: Was liegt an, wer macht was, was benötigt man dazu.<br />

9.00 Uhr: die Arbeit beginnt pünktlich mit dem Ankleiden der<br />

Arbeitsbekleidung. Wir legen Wert darauf, dass alle MitarbeiterInnen<br />

im „Blaumann“ arbeiten. Das macht Sinn für das Vermeiden<br />

von Verschmutzung der Straßenbekleidung und macht uns,<br />

zumindest der Kleidung nach, gleich.<br />

8<br />

die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />

Im ersten Jahr bestand die Hauptaufgabe darin, uns eine Werkstatt<br />

einzurichten. Unsere <strong>Stiftung</strong> stellte uns den Schuppen des<br />

Kindes- und Jugendgästehauses zur Verfügung. Werkzeug wurde<br />

zum Teil von der allgemeinen Berufsschule gestellt.<br />

Den Jugendlichen macht es in der Regel Spaß - wenn denn das<br />

Wetter nicht allzu schlecht ist - im Freien zu arbeiten. Zu lernen,<br />

sich der Witterung gemäß zu kleiden kann aber nicht sofort jeder.<br />

Einige lernen es bereits nach dem ersten Regenschauer, bei<br />

einigen dauert es etwas länger. Der wichtigste Lernerfolg ist aber,<br />

dass sie lernen, dass sie niemanden für ihre Fehler verantwortlich<br />

machen können. Jeder sorgt zunächst einmal für sich selbst. Erst<br />

wenn diese Lektion gelernt ist, sind die Jugendlichen in der Lage,<br />

über eine notwendige Kooperation auch für den Arbeitskollegen<br />

mitzudenken.<br />

Aufgaben werden vorgegeben, Lösungen nicht. Die gilt es<br />

selbst zu erarbeiten. Daher dauert es manchmal etwas länger, bis<br />

bei uns alles „rund“ läuft und manch Außenstehender wird hinter<br />

der scheinbaren Unorganisiertheit kein Konzept vermuten. Es<br />

geht aber in erster Linie um das Erfahren der eigenen Stärken,<br />

Fähigkeiten, Schwächen, Selbstwirksamkeit, Kreativität, Stärke,<br />

Schwäche, Ungeschicklichkeit und so weiter.<br />

So ganz nebenbei entdecken wir die Natur und lernen: Was ist<br />

der Unterschied zwischen einem Frosch und einer Kröte, brennt<br />

Eiche oder Birke besser, was macht die Spinne in ihrem Netz?<br />

Gelernt wird direkt am Objekt und durch das eigene Tun.<br />

Aber auch und gerade die Erweiterung der sozialen Kompetenz<br />

wird direkt und manchmal schmerzhaft erlernt. Alleine arbeiten<br />

erfordert weniger Kompromisse, ist aber weniger unterhaltsam<br />

und meist wesentlich anstrengender.<br />

Es gibt für alle pro Stunde ca. 10 Minuten Pause. Das ist auch<br />

nötig, da die meisten körperliches Arbeiten und eine Leistungs-<br />

und Anstrengungsbereitschaft nicht kennen. Das Ganze geht bis<br />

13.00 Uhr.<br />

Den Abschluss bildet die tägliche Abschlussbesprechung: Was<br />

war gut, was war schlecht, was war lustig, was war interessant,<br />

was machen wir morgen…<br />

Der lehrer der Allgemeinen Berufsschule, Stefan Kettler (rechts),<br />

ist bei der praktischen Arbeit dabei<br />

Wie kam es zu Haus und Hof?<br />

Vor ca. drei Jahren kamen immer mehr SchulvermeiderInnen in<br />

die Jugendwohngemeinschaft. Es war schwierig bis unmöglich,<br />

die jungen Menschen in eine Regelschule zu integrieren, zumal<br />

sie bereits viele Schulabbrüche aus disziplinarischen Gründen<br />

erlebt hatten.<br />

Wir benötigten tagesstrukturierende Maßnahmen mit gleichzeitigem<br />

erzieherischem und arbeitsorientierendem Charakter.<br />

Wir nahmen Kontakt zur Allgemeinen Berufsschule auf. Die von<br />

dort aus initiierten Programme hatten allerdings alle die Rückführung<br />

in das Regelschulsystem zum Ziel.<br />

Wir wollten etwas anderes:<br />

1. Soziales Training wie „Fit For Life“, aber nicht am Tisch, sondern<br />

im wahren Leben.<br />

2. Tagesstruktur für junge Menschen.<br />

3. Möglichkeiten, Taschengeld auch zu verdienen.<br />

4. Vorbereitung auf das Arbeitsleben durch Beschäftigung und<br />

eingestreute Praktika.<br />

Diese Idee wurde mit dem damaligen Einrichtungsleiter Hardmuth<br />

Groß diskutiert und mit Beginn des Schuljahres 2004/2005<br />

umgesetzt. Seitdem finanziert der Betriebsrat diese Stelle, indem<br />

er auf 21 Stunden Freistellung verzichtet.<br />

Wir gehen nun in unser drittes Jahr. Denn es hat sich herausgestellt:<br />

unsere Ideen sind absolut richtig und die Praxis funktioniert.<br />

Weitere Hilfestellungen wurden vermittelt und alle Jugendlichen,<br />

die die Kooperationsmaßnahmen durchliefen, wurden in<br />

Beschäftigung oder Folgemaßnahmen vermittelt. Wir freuen uns<br />

darüber, dass es nur wenige Abbrüche gab in den letzten Jahren;<br />

Michael Kuse, seit Mitte 1998 Mitarbeiter in<br />

der <strong>Hans</strong>-<strong>Wendt</strong>-<strong>Stiftung</strong> (Jugendwohngemeinschaft).<br />

Bis 1998 ehrenamtlicher Aufbau der Kinder-<br />

und Jugendfarm unserer <strong>Stiftung</strong>.<br />

Interessante Stationen seiner beruflichen<br />

Tätigkeit:<br />

- In Israel Kibbuzerziehung studiert und prak-<br />

tiziert. Erste Erfahrungen in tiergestützter<br />

Pädagogik (Kühe, Hühner, Hunde)<br />

- Aufbau erster Abenteuer- und Bauspielplätze<br />

in Berlin-Neukölln<br />

- Gründung des ersten Kinderbauernhofes in<br />

Berlin-Kreuzberg<br />

- In England Aufbau einer Schulfarm für verhaltensgestörte Kinder und<br />

Jugendliche<br />

Aufgaben werden vorgegeben,<br />

Lösungen nicht.<br />

Die gilt es selbst zu erarbeiten<br />

Abbrüche, die von den Jugendlichen selbst vorgenommen und<br />

von ihnen so gewünscht wurden.<br />

Der Bedarf ist auch weiterhin groß, denn es gibt ausreichend<br />

BewerberInnen für eine zweite Klasse. Da jedoch bisher die Finanzierung<br />

nicht geregelt ist, wird es auch zurzeit keine zweite<br />

Klasse geben können. Der Betriebsrat sieht sich außerstande,<br />

weiterhin für eine Finanzierung aufzukommen. Somit ist auch<br />

die Kooperation mit der allgemeinen Berufsschule gefährdet.<br />

Doch es gibt bereits neue und weiterreichende Ideen. Es gibt nun<br />

diese Ideen für unsere <strong>Stiftung</strong> unter der Überschrift „Hal över“<br />

neu und voll finanziert umzusetzen. Unseren Vorstellungen entsprechend,<br />

soll Beschäftigung auf dem Zentralgelände der <strong>Stiftung</strong><br />

nicht nur auf dem Gebiet der Geländepflege, sondern auch<br />

in der Tierzucht und -pflege angeboten werden.<br />

Die damit verbundene tiergestützte Pädagogik wäre ein neues<br />

und attraktives Angebot an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />

sozialpädagogische Unterstützung zu nutzen, um<br />

gesellschaftlichen Anforderungen besser entsprechen und die<br />

eigenen Fähig- und Fertigkeiten besser erkennen und trainieren<br />

zu können.<br />

- In den USA Arbeit in einem Correction Camp. Tiergestützte Pädagogik<br />

mit Hunden (Ausbildung von Blindenführhunden)<br />

die <strong>Eule</strong> . Herbst 2006<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!