vorschau-herbst_2016
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In Ihrem Roman gibt es einen Kulturjournalisten,<br />
der fürs Fernsehen<br />
arbeitet … Ist das Carlos Del Amor<br />
in der Geschichte?<br />
Die Menschen, die mich kennen, identifizieren<br />
viele Aspekte des Buches mit<br />
mir. Man hat mich sogar schon gefragt,<br />
ob ich wirklich heimlich in die leeren<br />
Wohnungen meiner Nachbarn gehe oder<br />
ob ich diesen Schlüsselbund tatsächlich<br />
gefunden habe, aber das verrate ich nicht.<br />
Ich möchte mit der Ungewissheit und<br />
dem Zweifel des Lesers spielen ...<br />
Zu Ihnen selbst passt Ungewissheit ja<br />
weniger, oder?<br />
Allerdings. Wir Journalisten sind von Natur<br />
aus neugierig, und wenn wir nur eine<br />
ungewöhnliche Geste sehen, möchten<br />
wir wissen, was dahintersteckt und was<br />
uns daran verwirrt.<br />
Es sind die Wohnungen, über die der<br />
Leser die Menschen in Ihrem Roman<br />
kennenlernt. Was würde man finden,<br />
wenn man Ihre Wohnung betritt?<br />
Im Moment würde man die ersten Spuren<br />
eines neuen Lebens darin finden (der<br />
Autor ist vor kurzem Vater geworden).<br />
Ich glaube, wenn man genau hinsieht,<br />
könnte man Spuren entdecken, die verraten,<br />
dass in dieser Wohnung wichtige<br />
Dinge passiert sind.<br />
Es ist die Verwegenheit des Schriftstellers,<br />
in die Wohnungen seiner Nachbarn<br />
einzudringen, die diesem Buch Leben<br />
einhaucht. Was war die größte Verwegenheit<br />
in Ihrem Leben?<br />
Einen Roman zu schreiben ist eine<br />
unerhörte Verwegenheit. Das war ein<br />
großes Wagnis für mich, weil ich eigent-<br />
lich Journalist bin. Der Welt der Verlage<br />
begegnete ich mit großem Respekt.<br />
Das Leben ist für Sie auch wie ein Buch,<br />
wie in Ihrem Roman zu lesen ist …<br />
Für mich kann aus allem Literatur entstehen.<br />
Unser eigenes Leben kann ein<br />
Roman sein, wenn jemand es gut erzählt.<br />
Wir sind von Romanfiguren umgeben,<br />
und sie müssen nicht unbedingt alle Helden<br />
sein, die die Welt retten.<br />
Wird das, was uns täglich passiert, als<br />
Stoff für eine bewegende Geschichte<br />
unterschätzt?<br />
Ja, ich bin ein großer Verfechter von den<br />
Helden des Alltags.<br />
Und ziemlich nostalgisch, oder? In Ihrem<br />
Buch sind die Briefe und Briefkästen<br />
beinah so etwas wie Protagonisten …<br />
Angeblich soll mein Roman auch sehr<br />
nostalgisch sein. Mir gefällt es einfach,<br />
in die Vergangenheit zurückzublicken.<br />
Außerdem bin ich in einer Welt aufgewachsen,<br />
in der Briefe eine wichtige<br />
Rolle gespielt haben. Das Gefühl, den<br />
Briefkasten zu öffnen und einen Umschlag<br />
herauszunehmen, auf den jemand<br />
mit Hand deinen Namen geschrieben<br />
hat, hatte beinah etwas Magisches.<br />
Was hat Sie zu diesem Buch inspiriert?<br />
Wenn ich durch die Straßen gehe, erfinde<br />
ich Geschichten. Wenn ich jemanden<br />
weinen sehe, überlege ich, was der<br />
Grund dafür ist. Wenn bei einer Wohnung<br />
lange Zeit die Rolläden heruntergelassen<br />
sind, denke ich mir dazu eine<br />
Handlung aus. Es sind diese kleinen<br />
Funken, die das tägliche Leben zu etwas<br />
Besonderem machen.<br />
»Einen Roman zu<br />
schreiben ist eine<br />
unerhörte Verwegenheit.«<br />
11<br />
Carlos del Amor, vielgerühmter »Poet des<br />
spanischen Fernsehens«, hat seinen ersten<br />
Roman vorgelegt. Die einzig wahre Liebe<br />
ist ein literarisches Spiel zwischen Wahrheit<br />
und Phantasie. Und hat viel mit der Neugier<br />
des Protagonisten zu tun. Oder mit der<br />
Neugier des Autors? Es bleibt ein Geheimnis.<br />
»Wenn ich durch die Straßen gehe, erfinde ich<br />
Geschichten. Wenn ich jemanden weinen sehe, überlege<br />
ich, was der Grund dafür sein könnte.«