Lymphödem-Verbände in der Praxis - Lymphologic GmbH
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EWMA FOKUS-DOKUMENT<br />
Das <strong>Lymphödem</strong> ist e<strong>in</strong>e<br />
Erkrankung des<br />
Lymphgefäßsystems, die<br />
zu e<strong>in</strong>er Akkumulation<br />
von Flüssigkeit im<br />
Gewebe führt. Die<br />
Behandlung muss<br />
lebenslang erfolgen und<br />
erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e<br />
Erhaltungstherapie, um<br />
e<strong>in</strong>e Neubildung des<br />
Ödems und Folgekomplikationen<br />
zu<br />
verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. In dieser<br />
Arbeit werden mögliche<br />
Wirkmechanismen von<br />
Kompressionsverbänden<br />
mit hohem Anpressdruck<br />
(„high pressure<br />
bandag<strong>in</strong>g“) diskutiert.<br />
1. Chefarzt <strong>der</strong> Földikl<strong>in</strong>ik,<br />
H<strong>in</strong>terzarten, Deutschland<br />
2. Professor für Dermatologie,<br />
Ernst-Moritz-Arndt-Universität,<br />
Greifswald, Deutschland<br />
3. Professor für Dermatologie,<br />
Mediz<strong>in</strong>ischen Universität Wien,<br />
Österreich.<br />
2<br />
Wissenschaftliche Aspekte zum<br />
<strong>Lymphödem</strong>-Verband<br />
E Földi 1 , M Jünger 2 , H Partsch 3<br />
EINLEITUNG<br />
Das primäre <strong>Lymphödem</strong> ist erblich bed<strong>in</strong>gt o<strong>der</strong> wird durch angborene Missbildungen o<strong>der</strong><br />
Funktionsstörungen des Lymphgefäßsystems hervorgerufen, während das sekundäre <strong>Lymphödem</strong><br />
von Schädigungen <strong>der</strong> Lymphbahnen durch maligne Erkrankungen, Verletzungen, Operationen o<strong>der</strong><br />
Bestrahlungen verursacht wird 1 . Für e<strong>in</strong>e angemessene und wirksame Behandlung ist die exakte<br />
mediz<strong>in</strong>ische Diagnosestellung entscheidend. Grundlage für die erfolgreiche Behandlung dieses<br />
chronischen Krankheitsbildes ist die Entstauungstherapie (DLT=Decongestive Lymphatic Therapy<br />
o<strong>der</strong> Komplexe physikalische Therapi=KPT), die auf <strong>der</strong> von W<strong>in</strong>iwarter im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t 2<br />
beschriebenen Behandlung aufbaut. Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong> komplexes Behandlungsregime,<br />
bei dem e<strong>in</strong>e sanfte Massage mit zentrifugalen Streichbewegungen (manuelle Lymphdra<strong>in</strong>age),<br />
Kompressionstherapie und Bewegungsübungen (Heilgymnastik/Physiotherapie) <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit<br />
e<strong>in</strong>er adäquaten Hautpflege Anwendung f<strong>in</strong>den. Obwohl dieser Therapieansatz schon seit über<br />
e<strong>in</strong>em Jahrhun<strong>der</strong>t mit klarem Erfolg praktiziert wird, ist über den jeweiligen Wirkmechanismus <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>zelkomponenten <strong>der</strong> komplexen Entstauungstherapie bislang nur wenig bekannt.<br />
BAU UND FUNKTION DES LYMPHATISCHEN SYSTEMS<br />
Die Hauptfunktion des lymphatischen Systems liegt im Abtransport von Flüssigkeit aus dem<br />
<strong>in</strong>terstitiellen Gewebe und <strong>der</strong>en Rückleitung <strong>in</strong> den venösen Blutkreislauf. Die Lymphe tritt aus dem<br />
Gewebe <strong>in</strong> bl<strong>in</strong>d endende <strong>in</strong>itiale Lymphgefäße e<strong>in</strong> und wird über Netzwerke von Lymphkapillaren <strong>in</strong><br />
klappenhaltige Sammelgefäße (Lymphkollektoren) weitertransportiert, die <strong>in</strong> drei Untergruppen<br />
e<strong>in</strong>geteilt werden:<br />
● Das oberflächliche (subkutane o<strong>der</strong> präfasziale) Kollektorensystem, das die Haut e<strong>in</strong>schließlich<br />
<strong>der</strong> Unterhaut (Subkutis) dra<strong>in</strong>iert.<br />
● Das tiefe (subfasziale) Kollektorensystem, das Lymphe aus tiefer gelegenen Strukturen wie den<br />
Gelenken, Synovia, Nerven und Muskeln abtransportiert.<br />
● Das viszerale Lymphgefäßsystem besteht aus Sammelgefäßen (e<strong>in</strong>er Untergruppe <strong>der</strong> tiefen<br />
Lymphkollektoren), die parallel zu den Blutgefäßen <strong>der</strong> Organe verlaufen.<br />
Die oberflächlichen und tiefen Kollektorensysteme s<strong>in</strong>d über Perforansgefäße mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
verbunden, von denen die meisten Lymphe aus dem tiefen <strong>in</strong> das oberflächliche System beför<strong>der</strong>n.<br />
Das Segment e<strong>in</strong>es Kollektors zwischen zwei Klappen wird als Lymphangion bezeichnet, das sich<br />
vergleichbar mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Herzen, spontan kontrahiert. Wenn sich die Klappens<strong>in</strong>us mit Lymphe<br />
füllen, bewirkt dies e<strong>in</strong>e Öffnung <strong>der</strong> proximalen Klappen während sich die distalen schließen. Dies<br />
verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e retrograde Strömungsrichtung (Reflux). Kontraktionen des Lymphangion werden<br />
angeregt durch Bewegung, Pulsationen <strong>der</strong> arteriellen Blutgefäße, durch Atmung, Massage und<br />
Kompression 3 .<br />
PATHOPHYSIOLOGIE DES LYMPHÖDEMS<br />
Morphologische und funktionelle Schädigungen <strong>der</strong> <strong>in</strong>itialen Lymphgefäße und Lymphkollektoren<br />
führen zu e<strong>in</strong>er Stagnation des Lymphflusses, wodurch es zu e<strong>in</strong>er Akkumulation von Eiweiß,<br />
Hyaluronsäure, Wasser und Zelltrümmern im Interstitialgewebe sowie zu e<strong>in</strong>em Überdruck <strong>in</strong> den<br />
noch funktionierenden Lymphgefäßen kommt 3 . Dies wie<strong>der</strong>um führt zu e<strong>in</strong>em Anschwellen <strong>der</strong><br />
Gliedmaßen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen auch des Körperstamms, <strong>der</strong> Genitalien o<strong>der</strong> distaler<br />
anatomischer Strukturen wie <strong>der</strong> Zehen. Der e<strong>in</strong>geschränkte Abtransport <strong>der</strong> Immunzellen för<strong>der</strong>t<br />
chronisch-entzündliche Prozesse (wie z.B. rezidivierende Erysipele sowie venöse Geschwüre) und<br />
kann zu Umbauprozessen im Gewebe mit <strong>der</strong> Bildung e<strong>in</strong>er Fibrosklerose (Verdickung und<br />
Verhärtung <strong>der</strong> Haut) sowie zu e<strong>in</strong>er Ablagerung von Fett führen, die den Lymphfluss weiter<br />
bee<strong>in</strong>trächtigen.<br />
WIRKUNGEN DER KOMPRESSION<br />
Verschiedene Studien haben e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>druckende Reduktion des Ödems als Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />
Kompressionsbehandlung gezeigt 4,5 , jedoch wurde nur <strong>in</strong> wenigen Fällen <strong>der</strong> Versuch unternommen,<br />
den zugrundeliegenden Mechanismus für diesen Behandlungserfolg aufzudecken. Folgende<br />
Wirkmechanismen können erklären, wie durch Kompression e<strong>in</strong>e Volumenreduktion e<strong>in</strong>er<br />
lymphödematösen Gliedmaße erreicht wird:<br />
● Reduktion <strong>der</strong> kapillären Filtration<br />
● Umverteilung von Flüssigkeit <strong>in</strong> nicht komprimierte Körperabschnitte<br />
● Steigerung <strong>der</strong> lymphatischen Rückresorption und Anregung des Lymphtransports