BÜHNEN// RUHR 36 Ab 20. September in der Gladbecker Maschinenhalle Zweckel: Mathilde Monniers Tanzstück „Twin paradox“ bei der Ruhrtriennale. Foto: Marc Coudrais
Kultur//Ruhr: Herr Goebbels, bei vielen Kulturschaffenden fällt es schwer, sie mit einer best<strong>im</strong>mten Stadt zu identifizieren. Bei Ihnen habe ich da gar kein Problem: Sie gehören eindeutig nach Frankfurt. Was verbindet Sie mit dem Ruhrgebiet? Heiner Goebbels: Mit Frankfurt verbindet mich vor allem der Flughafen, der mich schnell ohne Umsteigen überall hinbringt. Im Ruhrgebiet … habe ich 1980 angefangen, am Bochumer Schauspielhaus Theatermusik zu komponieren. Später war ich Composer in Residence bei den Bochumer Symphonikern – und habe schon vor der Ruhrtriennale zwei meiner größten Arbeiten in der damals noch nicht renovierten Bochumer Jahrhunderthalle gezeigt: „Schwarz auf weiß“ und „Surrogate Cities“. Das waren Arbeiten, die zum Teil aus dem industriellen Raum heraus entstanden sind, ihn deswegen auch nutzen konnten, weil die Realität und die Materialität solcher Räume den Kompositionen inhärent ist. Von daher hatte ich auch eine Geschichte mit den Räumen. Kultur//Ruhr: Ich frage, weil alle bisherigen Ruhrtriennale-Intendanten von außen kamen. Ist das eine Voraussetzung dafür, diese durchaus zersplitterte Region zu einen: der Blick des Außenstehenden? Goebbels: Der ist zumindest kein Makel. Und es ist ohnehin für ein Festival eine sinnvolle Voraussetzung, mit Abstand auf die Gegebenheiten, auf die Chancen einer Region zu gucken. Heiner Müller hat gesagt: „Wer auf dem Gegenstand liegt, sieht ihn nicht.“ Distanz ist generell eine sehr fruchtbare Haltung, die ich übrigens auch in meiner künstlerischen Arbeit <strong>im</strong>mer einzunehmen versuche. Wenn man sich in seiner eigenen Materie – und das kann eben auch eine Region sein – zu sehr wohl fühlt und einrichtet, dann entsteht nichts Neues. Kultur//Ruhr: Bei der ersten Ruhrtriennale 2002 gab es Vorwürfe, dass da ein elitäres Highclass-Festival installiert werden solle, ohne direkte Anbindung an die Region. Diese Vorwürfe hört man jetzt nicht mehr, obwohl sich die dramaturgische Haltung der Triennale gar nicht so wahnsinnig geändert hat. Daraus schließe ich, dass sich stattdessen das Ruhrgebiet verändert haben muss. Avantgarde für alle Ab dieser Saison leitet Heiner Goebbels die Ruhrtriennale. Und punktet dabei mit Distanz. Interview: Falk Schreiber BÜHNEN// RUHR Heiner Goebbels (*1952 in Neustadt/Weinstraße) ist Komponist und Theaterregisseur. Neben seinen Arbeiten an der Grenze zwischen Musik, Theater und Bergmann Bildender Kunst leitet er den Studiengang Angewandte Theaterwissenschaften an der Universität Gießen. Ab Wonge dieser Saison ist Goebbels Intendant der Ruhrtriennale, die am 17. August 2012 startet. Foto: Goebbels: In der Kunst darf man nicht regional denken, in der Kunst braucht man Impulse von außen. Wir stellen ja auch nicht nur die he<strong>im</strong>ischen Maler aus, sondern sind froh, wenn wir mal einen Rothko oder Cy Twombly sehen können – wir brauchen das als Lebensmittel, als starke Injektion. Und „Highclass“? Das ist eine Frage der Perspektive. Wir versuchen, in unserem Programm zwar auf international höchstem Niveau die besten Künstler einzuladen, wir achten aber zugleich darauf, dass das, was da entsteht, unmittelbar zugänglich ist. Avantgarde für alle – ohne den bildungsbürgerlichen Vorlauf, auf dem viele Theater- und Opernpro- gramme basieren. Dann verkürzt sich plötzlich dieser Highclass- Vorwurf auf eine ganz unmittelbare Erfahrung, die jedem möglich ist. Und darüber hinaus liegt es offenbar <strong>im</strong> Zug der Zeit, dass viele Künstler, die wir eingeladen haben, mit Menschen aus der Region arbeiten wollen. Kultur//Ruhr: Mit Leuten aus der Region wird gearbeitet, aber die, die vorn auf dem Programmheft stehen, kommen nicht aus der Region. Provokativ gesagt: In Berlin hat man es geschafft, der Realität eines wirtschaftlichen Niedergangs die Alternative einer blühenden Kunst- und Kreativszene gegenüberzustellen. Im Ruhrgebiet gibt es zwar eine gute Kulturinfrastruktur – aber sobald ein Künstler einen gewissen Erfolg hat, zieht er weg aus dem Ruhrgebiet. Dieses „Arm, aber sexy“, das in Berlin als Slogan funktioniert, funktioniert <strong>im</strong> Ruhrgebiet nur bedingt. Goebbels: Ich weiß nicht, ob diejenigen, die sich in Berlin als Künstler bezeichnen, es wirklich so sexy finden, dass es da einen großen Überhang gibt. Ich verstehe diesen Einwand aber auch nicht, denn es kommen große Künstler ins Ruhrgebiet, zeigen zum ersten Mal in Deutschland hier ihre neuen Arbeiten, und da kann das Ruhrgebiet stolz drauf sein: auf die Palette derer, die aus aller Welt auf der Ruhrtriennale, aber auch auf den anderen großen Festivals zu sehen und zu hören sind. Es kann doch nie darum gehen, dass eine Region sich selbst genügt. 37
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