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Onlineversion September 2017 Spanien aktuell

Spanien aktuell, das deutsche Magazin an der Costa del Sol, bietet Infos, Berichte und vieles vieles mehr

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DER KOMMENTAR<br />

Mitte August war ich für ein verlängertes<br />

Wochenende mit spanischen Freunden in<br />

Roquetas de Mar. Wie überall zur diesjährigen<br />

Hauptreisezeit war auch in Roquetas de Mar alles<br />

brechend voll, was die Lokale und Restaurants an der<br />

Strandpromenade und in der unmittelbaren Umgebung<br />

betrifft. Am Samstagabend wollten wir zum<br />

Abendessen. Wir bedeutet: 10 Personen. 9 Spanier 1<br />

Deutscher (ich). Aus Erfahrung klug, hatten wir beschlossen,<br />

ein Lokal etwas abseits der Touristen-Lokale<br />

zu suchen, um auch einen Parkplatz in der Nähe<br />

eines Restaurants zu bekommen. Wir fuhren also los<br />

und hatten nach einer guten halben Stunde, in einer<br />

Region in der mehrere Restaurants waren, Parkplätze<br />

bekommen und machten uns auf den Weg. Das erste<br />

Lokal, das uns begegnete, war das „Cortijo alemán“,<br />

was grob übersetzt „Deutsches Bauernhaus“ heißt.<br />

So sah es auch tatsächlich von außen aus. Werbung<br />

von verschiedenen deutschen Biermarken an der<br />

Außenfassade, die auf Fachwerkhaus getrimmt war<br />

und die Terrasse voll mit Gästen. Aus der Eingangstür<br />

kamen zwei spanische Gäste, um eine Zigarette zu<br />

rauchen. Ich fragte sie kurzerhand, wie es denn so<br />

im „Cortijo alemán“ schmeckt. „Ohhhh super lecker,<br />

tolle Bratwürste, Sauerkraut und Püree etc., alles total<br />

deutsch und das Bier ist klasse“. Sechs Jahre würden<br />

sie schon hierherkommen und der Besitzer wäre ein<br />

Deutscher. Hier lohnt es sich zu essen, sagten mir die<br />

Beiden, die Ihre Zigarette aufgeraucht hatten und die<br />

Tür zum Restaurant öffneten, um wieder hineinzugehen.<br />

Ich nutzte die Gelegenheit, um mir das Lokal<br />

von innen anzuschauen. Es sah wirklich wie in einem<br />

deutschen Gasthof aus und es war drinnen genauso<br />

voll wie auf der Terrasse. Deutsche Gäste konnte ich<br />

nicht ausmachen. Dieses Restaurant schien ein echter<br />

Geheimtipp zu sein. Wir beschlossen, dort aufgrund<br />

der Empfehlung der Gäste vor der Tür und mit mir<br />

als Deutschem, der das Ambiente für authentisch<br />

befand, zu essen. Voller Vorfreude gingen wir hinein<br />

ins „Cortijo alemán“ und ich begrüßte den Chef<br />

auf Deutsch. Er stand hinter dem Tresen und zapfte<br />

fleißig Bier. Ich erkundigte mich nach einem Tisch für<br />

10 Personen, worauf er etwas gestresst antwortete:<br />

„wenn ich etwas Zeit hätte, würde er einen Tisch<br />

draußen fertigmachen lassen“. “Ja, wir hätten Zeit“.<br />

„Ob wir schon mal eines dieser leckeren deutschen<br />

Biere bekommen könnten, während wir warten, hier<br />

am Tresen?“<br />

Der Chef: „Sie hatten doch gesagt das Sie Zeit hätten“<br />

Ich: „ähm ja haben wir“ – also warten bis der Tisch<br />

fertig ist und dann gibt’s Bier,<br />

so der Chef.<br />

Nach gefühlten 15 Minuten<br />

(ohne Bier) war der Tisch<br />

fertig. Ich freute mich darauf,<br />

meinen Freunden original<br />

deutsches Essen präsentieren<br />

zu können. Der Kellner,<br />

ein Spanier und ebenso<br />

gestresst, um nicht zu sagen,<br />

unfreundlich wie sein Chef,<br />

kam mit der Speisekarte.<br />

Unser Tisch lag etwas abseits<br />

und somit im Halbdunkel.<br />

Kai Ertel Deshalb konnten wir die<br />

Speisekarte nur schemenhaft<br />

erkennen und wollten erst einmal Bier bestellen. Ich<br />

wollte vom Kellner wissen, welche deutschen Biere/<br />

Marken es gab, worauf er mir sagte, dass es ein helles<br />

und ein dunkles deutsches Bier gäbe. Komische „Marke“<br />

dachte ich so, aber nun gut... Ich nahm die dunkle,<br />

meine Freunde die helle Marke. Das dunkle Bier<br />

schmeckte schon etwas eigenartig nach Lakritz (wir<br />

probierten alle davon). Wäre dies kein deutsches Lokal<br />

gewesen, hätte ich gesagt: „hier kommt mir etwas<br />

spanisch vor“. Beim Lesen der Speisekarte bestellte<br />

ich ein weiteres Bier der Marke „dunkel“. Es gab dort<br />

Pommes mit Bratwurst, Curry-Wurst, einen Teller mit<br />

verschiedenen deutschen Spezialitäten, Kartoffelsalat,<br />

und Grillschinken aus dem Ofen, Krakauer viel<br />

mehr war auf der Speisekarte nicht zu finden. Komisch,<br />

deutsches Pommesbuden-Gasthaus?! Kein<br />

Püree, kein Sauerkraut oder andere deutsche Spezialitäten?!<br />

Also gut, wir bestellten Curry-Würste, die<br />

Gerichte mit verschiedenen deutschen Spezialitäten,<br />

Kartoffelsalat und Krakauer und den Grillschinken.<br />

Was dann kam, ist kaum zu überbieten: Curry-Wurst<br />

aus dem Lidl (eine Art Bockwurst, die mit einer deutschen<br />

Curry-Wurst nichts zu tun hat und noch nicht<br />

mal gebraten war) ohne Curry aber mit Ketchup oben<br />

drauf, ein Kartoffelsalat der nur aus Kartoffeln, Mayonnaise<br />

und Essig bestand und mich stark an minderwertigen<br />

Eimersalat erinnerte. Die „verschiedenen<br />

deutschen Spezialitäten“ waren die billigsten spanischen<br />

Frankfurter-Würstchen, die man sich vorstellen<br />

kann, die als Gipfel des schlechten Geschmacks auch<br />

noch frittiert waren und einfach ekelig schmeckten,<br />

dann war da noch etwas Bauchspeck und undefinierbarere<br />

Würste. Alles war auf einem Berg von Pommes<br />

angerichtet. Die Krakauer war einigermaßen OK. Auch<br />

der Krautsalat, der irgendwo als Beilage gereicht wurde,<br />

war passabel. Alles andere war „Mist“. Lange Gesichter<br />

umrahmten den Tisch - alle waren enttäuscht.<br />

Typisches deutsches Essen war das nicht. Jede<br />

Pommesbude in Deutschland ist um Klassen besser.<br />

Wer so etwas in Deutschland seinen Gästen anbietet,<br />

macht das garantiert kein zweites Mal! Die Krönung<br />

des ganzen war das dunkle Bier. Ich bin drauf gekommen,<br />

was das war, fragte aber, um sicher zu gehen,<br />

den immer noch gestressten Kellner beiläufig, ob es<br />

sich hierbei um ein normales Bier handelt in das Jägermeister<br />

gekippt wurde? „Si exacto“, antwortete mir<br />

der Kellner. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Da wird<br />

mir ein normales Bier als „deutsches dunkles Bier, in<br />

das Jägermeister gekippt wurde“ verkauft. Ich war im<br />

wahrsten Sinne des Wortes bedient und entschuldigte<br />

mich bei meinen Freunden für das schlechte deutsche<br />

Essen, das wir in diesem Restaurant bekommen<br />

hatten. Ich beteuerte, dass dies nicht die „Deutsche<br />

Esskultur“ widerspiegelt. Ich bestellte die Rechnung<br />

und der Chef kam persönlich zum Kassieren. Er fragte<br />

mich auf Deutsch doch tatsächlich, ob es uns geschmeckt<br />

hätte und wir zufrieden gewesen seien? Ich<br />

denke, er wusste genau, was er mir da aus der Küche<br />

und vom Tresen an den Tisch hat bringen lassen.<br />

Mittlerweile war es 0,30 Uhr am Morgen. Ich überlegte<br />

einen Moment, was ich ihm antworten sollte und<br />

entschied mich, um unnötige Debatten zu vermeiden,<br />

dass alles prima war. Denn über Geschmack lässt sich<br />

ja bekanntlich streiten.<br />

Über guten Geschmack nicht !!!<br />

6<br />

www.spanien<strong>aktuell</strong>.es - <strong>September</strong> <strong>2017</strong>

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