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Claudia Mende/Mele Brink: Tom und der Waldschrat – Der Rat der Tiere

Der neunjährige Tom kann seine Gummistiefel nicht finden, die Mülltonnen vor dem Haus sind durchwühlt, der Hausmeister grummelt vor sich hin und schmiedet offensichtlich finstere Pläne und Toms Eltern streiten oft in letzter Zeit. Kein Wunder, dass Tom erst ein mal Detektiv spielt und nach seinem Stiefel sucht. Hilfe bekommt er dabei von seinem Freund, dem Waldschrat. Zusammen mit den Waldtieren finden sie nicht nur den Stiefel, sondern vereiteln auch die finsteren Pläne des Hausmeisters. Endlich die Fortsetzung des Buches „Tom und der Waldschrat“ von Claudia Mende. Dabei erfahren wir auch, wie Waldtiere ihre Jungen groß ziehen und dass das Zusammenleben in Familien auch im Wald nicht immer einfach ist. Zum Vorlesen für Kinder ab 5 Jahren, zum Selberlesen ab 8 Jahren.

Der neunjährige Tom kann seine Gummistiefel nicht finden, die Mülltonnen vor dem Haus sind durchwühlt, der Hausmeister grummelt vor sich hin und schmiedet offensichtlich finstere Pläne und Toms Eltern streiten oft in letzter Zeit. Kein Wunder, dass Tom erst ein mal Detektiv spielt und nach seinem Stiefel sucht. Hilfe bekommt er dabei von seinem Freund, dem Waldschrat. Zusammen mit den Waldtieren finden sie nicht nur den Stiefel, sondern vereiteln auch die finsteren Pläne des Hausmeisters.

Endlich die Fortsetzung des Buches „Tom und der Waldschrat“ von Claudia Mende. Dabei erfahren wir auch, wie Waldtiere ihre Jungen groß ziehen und dass das Zusammenleben in Familien auch im Wald nicht immer einfach ist.
Zum Vorlesen für Kinder ab 5 Jahren, zum Selberlesen ab 8 Jahren.

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<strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong> | <strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong><br />

<strong>Tom</strong> <strong>und</strong><strong>der</strong><br />

<strong>Waldschrat</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Rat</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong><br />

EDITION PASTORPLATZ<br />

20


<strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong> | <strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong><br />

<strong>Tom</strong><br />

<strong>und</strong><strong>der</strong><br />

<strong>Waldschrat</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Rat</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>


2<br />

Wo<br />

ist nur <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Gummistiefel hin? <strong>Tom</strong><br />

versteht das nicht. Gestern hatte er sie beide<br />

unten vor <strong>der</strong> Haustür abgestellt. Doch! Ganz<br />

sicher: Am Abend war er ziemlich schmutzig<br />

nach Hause gekommen. „Mach bitte deine<br />

Stiefel sauber!“, rief seine Mama noch aus dem<br />

Küchenfenster, als er unten durch die Tür wollte.<br />

Doch <strong>Tom</strong> hatte gar keine Lust, sie zu putzen:<br />

Ist doch auch total überflüssig, Gummistiefel<br />

werden sowieso wie<strong>der</strong> dreckig!


<strong>Tom</strong> hatte gestern Nachmittag mit Julius<br />

hinter <strong>der</strong> Hecke vor dem Haus ein tolles<br />

Geheimversteck gebaut. Da sind ganz viele<br />

Büsche <strong>und</strong> Sträucher. Und das Schönste daran<br />

ist, dass kein Erwachsener Lust hat, in dem<br />

Gestrüpp hinter dem Spielplatz rumzukriechen.<br />

Das ist den Großen viel zu dreckig <strong>und</strong> zu<br />

unbequem.<br />

gemacht? Ist dein Zimmer aufgeräumt? Pack<br />

sofort deinen Ranzen! <strong>–</strong> Warum verstehen<br />

Erwachsene nicht, dass es wichtigere Dinge<br />

gibt? Das Eichhörnchen mit Nüssen füttern, den<br />

Fuchs beobachten, wie er um einen verlassenen<br />

Grill im Hof streicht, o<strong>der</strong> über das Wildschwein<br />

lachen, das Frau Brunners Blumenbeet umgräbt.<br />

3<br />

Für <strong>Tom</strong> aber ist das <strong>der</strong> beste Ort, um<br />

einfach mal weg zu sein. Ohne die ständigen<br />

Ermahnungen: Sind deine Hausaufgaben<br />

3


<strong>Tom</strong><br />

<strong>und</strong> Julius hatten gestern die perfekte Bude gebaut. Doch als sie<br />

dann mit heruntergefallenen Ästen das Dach abgedeckt hatten, kam<br />

<strong>der</strong> Hausmeister Grummel. Und schrie die beiden an: „Ihr verdammten<br />

Lausejungs! Ich gebe mir so viel Mühe, hier alles in Ordnung zu halten −<br />

<strong>und</strong> ihr? Macht das alles wie<strong>der</strong> kaputt! Wenn ich euch erwische, dann …“<br />

<strong>Tom</strong> dachte noch beim Weglaufen, was sein Papa immer sagt: „Bei dem ist<br />

<strong>der</strong> Name Programm!“ Papa meint nämlich, dass <strong>der</strong> Hausmeister nicht nur<br />

so heißt, son<strong>der</strong>n sich auch grummelig benimmt. Ständig meckert er wegen<br />

allem rum <strong>und</strong> freut sich über gar nichts.<br />

4<br />

Nach <strong>der</strong> Flucht waren sie außer Atem an <strong>Tom</strong>s Haustür angekommen.<br />

Aus dem offenen Küchenfenster hörte <strong>Tom</strong> seine Eltern streiten. Schon<br />

wie<strong>der</strong>! <strong>Tom</strong> verdrehte die Augen. In letzter Zeit stritten sich die beiden<br />

immer öfter.


Julius streckte ihm die Hand zum<br />

Abschied hin: „Da bist du wohl <strong>der</strong> Nächste!“<br />

<strong>Tom</strong> bekam plötzlich einen ganz trockenen<br />

M<strong>und</strong> <strong>und</strong> stammelte: „Wie meinst du das?“<br />

Und das, obwohl ihm die Antwort schon<br />

längst klar war: Die Eltern von Julius sind<br />

nämlich geschieden <strong>und</strong> sein Papa wohnt<br />

jetzt im Nachbarort. <strong>Tom</strong> findet das richtig<br />

schlimm, doch Julius sagt ihm immer wie<strong>der</strong>,<br />

dass das völlig in Ordnung ist. Besser, als<br />

wenn sich seine Eltern ständig streiten. Julius<br />

meint, seine Eltern verbringen jetzt viel mehr<br />

Zeit mit ihm, wenn auch je<strong>der</strong> für sich.<br />

5


6<br />

Als <strong>Tom</strong> zur Tür reinkam, schrie Mama gerade<br />

Papa an, dass er ihr nie zuhören würde. <strong>Tom</strong><br />

überlegte noch, dass sie bei <strong>der</strong> Lautstärke ja<br />

wohl kaum zu überhören sei, <strong>und</strong> schlich sich<br />

in sein Zimmer. Das Zähneputzen konnte er<br />

wenigstens ausfallen lassen!<br />

Am nächsten Morgen ist alles still, als <strong>Tom</strong><br />

aufwacht. Mama schläft allein im Schlafzimmer<br />

<strong>und</strong> Papa schnarcht auf <strong>der</strong> Couch im<br />

Wohnzimmer. <strong>Tom</strong> geht in die Küche, schnappt<br />

sich die Cornflakes, gießt Milch dazu <strong>und</strong> streut<br />

extra Zucker drüber, denn heute meckert ja


keiner mit ihm. Während er sein<br />

Frühstück in sich reinschaufelt,<br />

fliegt <strong>der</strong> Spatz durch das<br />

geöffnete Fenster <strong>und</strong> mopst<br />

ihm Cornflakes, die neben die<br />

Schüssel gefallen sind. Verblüfft<br />

starrt <strong>Tom</strong> dem Spatz nach:<br />

<strong>Der</strong> wird immer frecher! <strong>Tom</strong><br />

beschließt, die Bude allein<br />

weiterzubauen, da Julius dieses<br />

Wochenende bei seinem Papa im<br />

Nachbarort ist.<br />

<strong>und</strong> entdeckt drei Meter weiter<br />

einen <strong>der</strong> Stiefel. <strong>Der</strong> liegt<br />

mitten auf dem Rasen. Doch<br />

den an<strong>der</strong>en kann er einfach<br />

nicht finden! <strong>Tom</strong> versteht das<br />

nicht: Wenn jemand die Stiefel<br />

klauen würde, dann würde er<br />

doch gleich beide mitnehmen?<br />

7<br />

<strong>Tom</strong> geht die Treppe auf<br />

Strümpfen hinunter zur Haustür.<br />

Doch seine Gummistiefel stehen<br />

nicht mehr da, wo er sie gestern<br />

abgestellt hat. <strong>Tom</strong> sieht sich um


<strong>Tom</strong><br />

geht wie<strong>der</strong> hoch <strong>und</strong> macht seine Eltern munter. Doch statt mit <strong>Tom</strong> zu überlegen,<br />

wohin <strong>der</strong> Stiefel verschw<strong>und</strong>en ist, fangen die beiden gleich wie<strong>der</strong> an zu streiten. Papa wirft<br />

Mama vor, dass sie nicht genug auf <strong>Tom</strong> aufpasst, <strong>und</strong> Mama schreit Papa an, dass er sich<br />

um überhaupt nichts kümmert. <strong>Tom</strong> reicht’s! Was hat er denn nun wie<strong>der</strong> verkehrt gemacht?<br />

Er steckt sich seine Finger in die Ohren <strong>und</strong> singt irgendein Lalalala. Am besten ist, er sucht<br />

8


jetzt allein seinen Stiefel. Vielleicht hören die<br />

beiden dann auf, sich zu anzubrüllen. Im Flur<br />

zieht er sich seine Turnschuhe an <strong>und</strong> schnappt<br />

sich seinen Detektiv-Koffer. <strong>Tom</strong> kriegt jetzt fast<br />

gute Laune. Spannende Krimis mag er sehr <strong>und</strong><br />

er spielt für sein Leben gern Detektiv.<br />

<strong>Tom</strong> sieht sich die Umgebung genauer an<br />

<strong>und</strong> entdeckt Schleifspuren. Eine Spur führt<br />

direkt von <strong>der</strong> Haustür bis zum Stiefel. <strong>Tom</strong><br />

misst genau nach <strong>und</strong> notiert sich die Strecke:<br />

drei Meter <strong>und</strong> vierzig Zentimeter. Die an<strong>der</strong>e<br />

Spur führt parallel dazu vom ehemaligen<br />

Abstellort an dem Stiefel vorbei.<br />

9<br />

Unten sieht sich <strong>Tom</strong> erst einmal den<br />

Tatort an. Wieso nur hat <strong>der</strong> Dieb den einen<br />

Stiefel zurückgelassen? <strong>Tom</strong> überlegt: Vielleicht<br />

wollte <strong>der</strong> ja beide mitnehmen <strong>und</strong> hat diesen<br />

aus Versehen verloren? Doch das wäre dem<br />

Dieb sicher aufgefallen, wenn er nur einen<br />

weggeschleppt hätte!


<strong>Tom</strong><br />

überlegt, warum <strong>der</strong> Dieb die Stiefel wohl<br />

geschleift hat. Es wäre doch viel praktischer,<br />

10<br />

sie zu tragen! Er bückt sich <strong>und</strong> versucht, den<br />

Stiefel ein Stück hinter sich herzuziehen. Wie<br />

umständlich! „Na klar!“, ruft <strong>Tom</strong> laut <strong>und</strong> greift<br />

sich mit <strong>der</strong> Hand an die Stirn: <strong>Der</strong> Dieb muss<br />

so schwach <strong>und</strong> klein sein, dass ihm die Stiefel<br />

viel zu schwer sind! Da kommt nur ein Kleinkind<br />

infrage! <strong>Tom</strong> denkt dabei an Lucas von den<br />

Brunners, die auch im Haus wohnen. <strong>Der</strong> ist<br />

ein Jahr alt, krabbelt noch über die Wiese <strong>und</strong><br />

versucht Sachen vor sich herzuschubsen. Aber<br />

gestern Abend war es schon fast dunkel <strong>und</strong><br />

Lucas bestimmt schon im Bett. Und selbst wenn<br />

er mit den Stiefeln gespielt hätte, seine Mutter<br />

hätte sie bestimmt wie<strong>der</strong> zurückgestellt.


Richtung <strong>und</strong> stellt fest, dass die Schleifspur<br />

<strong>der</strong> kürzeste Weg in den Wald ist. <strong>Tom</strong> muss<br />

plötzlich breit grinsen, denn er ahnt jetzt, wo<br />

sein Stiefel ist.<br />

Hm, das kann es nicht sein! Nachdenklich<br />

betrachtet er die Stelle auf <strong>der</strong> Wiese, wo<br />

die erste Schleifspur aufhört. Er holt einen<br />

Stock <strong>und</strong> legt diesen parallel neben die lange<br />

Schleifspur. Dann kniet er sich hin, beugt sich<br />

über den Stock <strong>und</strong> kneift ein Auge zu. Dann<br />

guckt er entlang des Stockes weiter in die<br />

Schnell sagt er noch seinen Eltern Bescheid,<br />

dass er erst in ein paar St<strong>und</strong>en wie<strong>der</strong> da<br />

ist, <strong>und</strong> macht sich dann eilig auf den Weg in<br />

Richtung Wald. Er wird wohl den <strong>Waldschrat</strong><br />

um Hilfe bitten müssen.<br />

11


12<br />

Dem<br />

<strong>Waldschrat</strong> war er im vergangenen<br />

Herbst begegnet, als er sich bei einem<br />

Waldspaziergang verirrt hatte. Wie<br />

aus dem Nichts tauchte das nur einen<br />

Meter hohe Männlein vor ihm auf. Sein<br />

silbergrüner Mantel schlackerte ihm um<br />

die knorrigen Beine. Selbst die Arme<br />

<strong>und</strong> die Hände des <strong>Waldschrat</strong>s sahen<br />

wie Äste <strong>und</strong> Zweige eines Baumes<br />

aus. Fast wäre sein großer Schlapphut<br />

heruntergerutscht, so schief hielt er<br />

seinen Melonenkopf, als er <strong>Tom</strong> damals<br />

verw<strong>und</strong>ert ansah. Er verstand nämlich<br />

überhaupt nicht, warum das kleine<br />

Riesenzweibein weinte.


<strong>Der</strong> <strong>Waldschrat</strong> nahm <strong>Tom</strong> mit in seine<br />

w<strong>und</strong>ersame Höhle. Dort traf er die <strong>Tiere</strong> des<br />

Waldes. Und er konnte mit ihnen sprechen!<br />

Sie erzählten ihm von ihren Sorgen: Dass die<br />

Menschen ihnen immer mehr Platz zum Leben<br />

wegnahmen <strong>und</strong> sich im Wald rücksichtslos<br />

verhielten. <strong>Tom</strong> hatte dann einen genialen<br />

Einfall. Die <strong>Tiere</strong> setzten seine Idee um, <strong>und</strong><br />

viele Menschen hielten sich daraufhin vom Wald<br />

fern. Doch nun braucht <strong>Tom</strong> die Hilfe <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>.<br />

13


<strong>Der</strong><br />

<strong>Waldschrat</strong> geht pfeifend durch den Wald. Singen darf er nicht mehr,<br />

alle <strong>Tiere</strong> haben sich bei ihm beschwert. Es sei ein unerträgliches Geräusch.<br />

Sie sagen, sie würden unter seinem Gesang leiden. Pah, dabei kann er doch<br />

so schön singen! Seinen Kumpel, das Riesenzweibein <strong>Tom</strong>, stört es nämlich<br />

überhaupt nicht, wenn er singt. <strong>Tom</strong> kann seinen Gesang als Mensch zwar<br />

nicht hören − doch das interessiert den <strong>Waldschrat</strong> kein Stück. Trotzdem hat<br />

er sich den <strong>Tiere</strong>n zuliebe aufs Pfeifen verlegt. Die <strong>Tiere</strong> finden sein Gepfeife<br />

zwar auch daneben, doch neulich hat ihm das Kaninchen gesagt, dass<br />

14<br />

es davon wenigstens keine Kopfschmerzen bekommt. Aber irgendwie<br />

muss man doch seine Freude zum<br />

Ausdruck bringen!


Denn es ist Frühling im Wald. <strong>Der</strong> lange<br />

<strong>und</strong> kalte Winter ist endlich vorüber. Es gibt<br />

zwar noch kleine Schneeflecken, wo die Sonne<br />

ihre Strahlen noch nicht hinschicken kann, aber<br />

die kleinen Wiesen zwischen den Bäumen sind<br />

schon richtig grün. Da kann man liegen <strong>und</strong><br />

sich in <strong>der</strong> Sonne rekeln. Und heute ist es schon<br />

richtig warm. Die Vögel, die immer im Herbst<br />

in den Süden fliegen, sind auch wie<strong>der</strong> da <strong>und</strong><br />

spektakeln, lauthals den Frühling begrüßend.<br />

15


Wenn die so einen Krach veranstalten, beschwert als Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Beschützer <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong><br />

sich doch auch keiner! Nur <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> darf Pflanzen im Wald über riesige Kräfte verfügt.<br />

nicht singen. Dennoch lässt er sich seine Laune<br />

nicht ver<strong>der</strong>ben <strong>und</strong> springt sogar in die Wipfel<br />

<strong>der</strong> Bäume hoch. Aus dem Stand! Man muss<br />

nämlich wissen, dass <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong><br />

Obwohl er so klein ist, kann er einen dicken<br />

Baumstamm mit nur einer Hand hochheben.<br />

Und er kann sich so schnell bewegen wie<br />

<strong>der</strong> Wind.<br />

16


Die meisten Menschen wissen nicht einmal,<br />

dass es ihn gibt. Denn <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> kann sich<br />

unsichtbar machen. Aber wenn die Menschen in<br />

<strong>der</strong> Natur genau hinschauen würden, hätten sie<br />

die Chance, ihn trotzdem zu entdecken. Etwas<br />

kann <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> nämlich nicht tarnen: seine<br />

großen Augen. Die sind dunkel <strong>und</strong> kugelr<strong>und</strong>.<br />

Um seine Augen herum sind Ringe, sodass die<br />

Augen wie zwei nebeneinan<strong>der</strong>liegende, gleich<br />

große Astlöcher aussehen. Deswegen stellt sich<br />

<strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> vor Bäume <strong>und</strong> die flüchtigen<br />

Blicke <strong>der</strong> Riesenzweibeiner<br />

sehen nur Astlöcher. Doch<br />

wenn sie nur einmal richtig<br />

hingucken würden, fiele ihnen<br />

auf, dass in <strong>der</strong> Natur nie zwei<br />

komplett gleich große Astlöcher<br />

nebeneinan<strong>der</strong> vorkommen!<br />

Aber Menschen sind meistens<br />

nur mit sich selbst beschäftigt<br />

<strong>und</strong> deshalb ziemlich blind. 17


18<br />

Plötzlich<br />

fährt dem <strong>Waldschrat</strong> ein<br />

ziemlich unangenehmer Geruch in die<br />

große Knollennase. Es riecht nach Gefahr!<br />

Augenblicklich hört er auf zu pfeifen <strong>und</strong><br />

ortet die Richtung. Schnell wie <strong>der</strong> Wind<br />

saust er los.<br />

Als er die Ursache des Gestanks sieht,<br />

traut er seinen Augen nicht! Ein paar<br />

Riesenzweibeiner haben es sich auf seiner<br />

Lieblingslichtung gemütlich gemacht. <strong>Der</strong><br />

<strong>Waldschrat</strong> hat ja nichts dagegen, wenn<br />

Menschen in den Wald kommen. Nur sollten sie<br />

Rücksicht auf die <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> Pflanzen nehmen.<br />

Doch diese Menschen haben<br />

einen Haufen Holz angezündet<br />

<strong>und</strong> brutzeln Würste. <strong>Der</strong><br />

<strong>Waldschrat</strong> ist fassungslos: Sind<br />

die Riesenzweibeiner vollkommen<br />

übergeschnappt? Wie kann man<br />

im Wald nur Feuer machen? Zwar<br />

ist es noch nicht so trocken wie im<br />

Hochsommer <strong>und</strong> es besteht keine<br />

Waldbrandgefahr. Trotzdem gehört


sich das nicht! Außerdem haben<br />

doch die Riesenzweibeiner selbst<br />

überall im Wald die Schil<strong>der</strong> mit<br />

den durchgestrichenen Flammen<br />

angebracht. <strong>Tom</strong> hat ihm erklärt,<br />

dass das Feuermachverbot<br />

bedeutet.<br />

Alle <strong>Tiere</strong> sind total aufgeregt wegen<br />

des Brandgeruchs. Die Vögel tschilpen<br />

durcheinan<strong>der</strong>, das Reh <strong>und</strong> das Kaninchen<br />

sind schon kilometerweit geflohen. Und<br />

die Ameisen, die ihren Bau fast neben dem<br />

Feuer haben, werden das gar nicht gut finden.<br />

Hoffentlich wird dort niemand verletzt!<br />

Die Riesenzweibeiner können das doch bitte<br />

vor ihren grauen Steinhöhlen machen, die<br />

brennen bestimmt nicht so schnell ab. Zu<br />

allem Überfluss schmeißen die Menschen<br />

auch noch ihren Müll auf die Lichtung.<br />

Den nehmen sie bestimmt nicht wie<strong>der</strong> mit!<br />

19


<strong>Der</strong> <strong>Waldschrat</strong> ist sauer: Wie können die sich<br />

hier nur so benehmen, als ob ihnen alles gehört?<br />

Ohne Rücksicht auf irgendjemand an<strong>der</strong>en! Den<br />

Riesenzweibeinern muss er einfach eine Lektion<br />

erteilen.<br />

Er schleicht sich unsichtbar an die<br />

Menschen ran <strong>und</strong> klaut ihnen eine Wurst.<br />

Schnell saust er damit hinter einen Baum <strong>und</strong><br />

20<br />

verdrückt sie. Mmh, gar nicht so übel, denkt <strong>der</strong><br />

<strong>Waldschrat</strong>. Er kann gut verstehen, warum sich<br />

immer mehr <strong>Tiere</strong> an die Häuser <strong>der</strong> Menschen<br />

herantrauen, um ihnen ihr Essen zu stibitzen.


Doch die Menschen hier auf <strong>der</strong> Lichtung merken<br />

überhaupt nicht, dass eine Wurst fehlt. Also mopst er noch<br />

eine. Wie<strong>der</strong> keine Reaktion! Er holt sich noch eine <strong>und</strong> noch<br />

eine Wurst. Als er die sechste gegessen hat, kommen ihm die<br />

Würste langsam zu den Ohren raus. Nur weil in seinem Bauch<br />

kein Platz mehr ist. Und noch immer merken die Menschen<br />

nicht, dass ihnen Essen fehlt.<br />

21<br />

„Ich muss mir was Neues einfallen lassen! Wenn ich noch<br />

eine Wurst esse, dann platze ich“, murmelt <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> <strong>und</strong><br />

streicht mit <strong>der</strong> Hand über seinen kugelr<strong>und</strong>en Bauch.


74<br />

Bis bald!<br />

Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei Franziska Drache, die die Rechtschreibhexe besiegte,<br />

<strong>und</strong> <strong>Tom</strong> Reichel, <strong>der</strong> meine Gedankenwelt ordnete.<br />

<strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong>


<strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong><br />

<strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong> lebt <strong>und</strong> arbeitet als Redakteurin<br />

in Berlin. Aufgewachsen in Thüringen, ist sie<br />

dem Wald sehr verb<strong>und</strong>en. Oft ist sie mit ihrem<br />

Sohn in <strong>der</strong> Natur unterwegs. Beim Wan<strong>der</strong>n<br />

erzählt sie ihm viele fantastische Geschichten<br />

r<strong>und</strong> um den Wald.<br />

In ihrem zweiten Kin<strong>der</strong>buch erzählt sie, wie<br />

die Geschichte um <strong>Tom</strong> <strong>und</strong> den <strong>Waldschrat</strong><br />

weitergeht.<br />

Teil 1 <strong>der</strong> Geschichte um<br />

<strong>Tom</strong> <strong>und</strong> den <strong>Waldschrat</strong> ist<br />

ebenfalls in <strong>der</strong> EDITION<br />

PASTORPLATZ erschienen:<br />

<strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong>/<strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong><br />

„<strong>Tom</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong>“<br />

ISBN 978-3-943833-10-2<br />

<strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong><br />

Geboren 1968 in Ostwestfalen, lebt sie seit<br />

Mitte <strong>der</strong> 80er-Jahre in Aachen. Nach einem<br />

Architekturstudium hat sie sich 1998 völlig <strong>der</strong><br />

Zeichnerei verschrieben <strong>und</strong> produziert seitdem<br />

heitere Bil<strong>der</strong> in Form von Comics („Rucky<br />

Reiselustig“), Cartoons, Porträtkarikaturen,<br />

(Schulbuch-)Illustrationen <strong>und</strong> Wimmelbil<strong>der</strong>n<br />

für Verlage, Firmen, Filme <strong>und</strong> Vereine. Ihre<br />

auftragsfreien Zeichnungen werden seit 2011 bei<br />

<strong>der</strong> Edition Pastorplatz herausgegeben. Wenn<br />

noch Zeit bleibt, macht sie auch gerne große<br />

Messespiele mit kinetischem Kick.<br />

www.melebrink.de<br />

75


„<strong>Tom</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> <strong>–</strong> <strong>Der</strong> <strong>Rat</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>“ wird herausgegeben von <strong>der</strong><br />

Edition Pastorplatz<br />

(<strong>Brink</strong> & Held GbR · Luisenstraße 52 · 52070 Aachen)<br />

www.editionpastorplatz.de<br />

www.facebook.com/edition.pastorplatz<br />

www.twitter.com/ed_pastorplatz<br />

Editionsnummer: 20 (Oktober 2017)<br />

ISBN 978-3-943833-20-1<br />

1. Auflage<br />

Idee + Text: <strong>Claudia</strong> <strong>Mende</strong><br />

Zeichnungen: <strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong><br />

Layout + Umsetzung: Bernd Held<br />

Lektorat + Korrektorat: Angelika Lenz, Steinheim an <strong>der</strong> Murr<br />

76<br />

Druck: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe<br />

Gedruckt auf 170-g-Offsetpapier (FSC ® -zertifiziert),<br />

Umschlag auf 120-g-Offsetpapier (FSC ® -zertifiziert).<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />

ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbeson<strong>der</strong>e für Vervielfältigungen,<br />

Übersetzungen, Mikroverfilmungen <strong>und</strong> die Speicherung <strong>und</strong> Verarbeitung in elektronischen<br />

Systemen.<br />

Bibliografische Information <strong>der</strong> Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek<br />

verzeichnet diese Publikation in <strong>der</strong> Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte<br />

bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.


<strong>Der</strong> neunjährige <strong>Tom</strong> findet seinen zweiten Gummistiefel nicht, <strong>der</strong><br />

Hausmeister grummelt vor sich hin <strong>und</strong> <strong>Tom</strong>s Eltern streiten wie<strong>der</strong><br />

einmal. Zusammen mit seinem Fre<strong>und</strong>, dem <strong>Waldschrat</strong>, geht <strong>Tom</strong> auf<br />

die Suche nach seinem Gummistiefel. Mit <strong>der</strong> Hilfe <strong>der</strong> Waldtiere findet<br />

er nicht nur seinen Stiefel, son<strong>der</strong>n gemeinsam vereiteln sie auch die<br />

finsteren Pläne des Hausmeisters.<br />

Für Groß <strong>und</strong> Klein <strong>–</strong> beson<strong>der</strong>s für Kin<strong>der</strong> zwischen 5 <strong>und</strong> 10 Jahren.<br />

Damit <strong>der</strong> <strong>Waldschrat</strong> <strong>und</strong> die <strong>Tiere</strong> auch weiterhin ungestört im Wald wohnen können, produzieren<br />

wir das Buch mit wasserlöslichen Druckfarben auf FSC-zertifiziertem Papier.<br />

Kann Spuren von Gummistiefeln enthalten.<br />

ISBN 978-3-943833-20-1<br />

€ 17,00 (D)

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