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physio-Journal I 2/2017

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TITELTHEMA<br />

© blobbotronic - Fotolia.com<br />

Text: Tim Bumb<br />

SCHWINDEL –<br />

DIFFERENTIALDIAGNOSTIK<br />

Herr Vertigo und Frau Dizziness kommen<br />

zum ersten Mal in die Praxis. Sie waren<br />

zuvor beim Orthopäden und haben<br />

Krankengymnastik bei HWS-Syndrom verordnet<br />

bekommen. Beide geben Schulter-<br />

Nacken-Beschwerden an, klagen aber zusätzlich<br />

über regelmäßigen »Schwindel«.<br />

Beide Patienten haben keine Begleiterkrankungen<br />

und geben einen sonst guten Allgemeinzustand<br />

an. Sie haben beide überwie-<br />

gend sitzende Arbeitsplätze mit einseitigen<br />

Bürotätigkeiten. Dies könnte schnell den<br />

Schluss zulassen, dass der »Schwindel« ein<br />

reines Begleitsymptom der HWS-Beschwerden<br />

ist. Die erste Hürde, um zur genauen<br />

Ursache des Symptoms Schwindel zu gelangen,<br />

stellt die unscharfe Bedeutung des<br />

deutschen Wortes dar und was vom Patienten<br />

darunter verstanden werden kann. Bevor<br />

im Weiteren auf die Patientenbeispiele<br />

eingegangen wird, sind darum Grundlagen<br />

über die häufigsten Schwindelarten essentiell.<br />

Generell lässt sich sagen, dass Schwindel<br />

neben Kopfschmerz eines der häufigsten<br />

Leitsymptome nicht nur in der Neurologie<br />

darstellt. Die Lebenszeitprävalenz beträgt<br />

etwa 20–30 %. Bei BPPV (gutartiger Lagerungsschwindel)<br />

liegt diese bei 2,4 % und<br />

bei Morbus Menière bei ca. 0,5 %. [Strupp u.<br />

Brandt 2008, zitiert nach Neuhauser 2007]<br />

Grundlagen<br />

GLEICHGEWICHTSSINN<br />

Cochlea<br />

Helikotrema<br />

Amboss<br />

Hammer<br />

Vestibuläres System<br />

Propriozeption<br />

Visuelles System<br />

ovales<br />

Fenster<br />

Abb. 1: Gleichgewichtssinn<br />

Gleichgewicht und Körperwahrnehmung<br />

werden durch ein komplexes Zusammenspiel<br />

der vestibulären, visuellen und propriozeptiven<br />

Systeme sichergestellt. Wird eines<br />

dieser Systeme gestört, muss der Körper<br />

mithilfe der übrigen Systeme Kompensation<br />

betreiben. Diese Kompensation zu forcieren,<br />

stellt den Hauptbestandteil der vestibulären<br />

Rehabilitation (VRT) und damit auch<br />

der Physiotherapie dar.<br />

Anatomisch befindet sich das Gleichgewichtsorgan<br />

im Innenohr, geschützt durch<br />

den starken Knochen des Felsenbeins. Es<br />

besteht aus dem Labyrinth mit den drei<br />

Bogengängen (hinterer, vorderer und horizontaler)<br />

und Vestibulum mit Utriculus und<br />

Sacculus.<br />

Die Bogengänge dienen zur Erfassung<br />

der Bewegung des Kopfes in allen Ebenen<br />

und die Makulaorgane im Vestibulum zur<br />

Erfassung translatorischer Beschleunigung.<br />

Nach Reizung der entsprechenden Zilien geben<br />

diese, über mechanoelektrische Transduktion,<br />

ihre Afferenzen an den N. vesti-<br />

Trommelfell<br />

Äußeres Ohr<br />

Steigbügel<br />

rundes<br />

Fenster<br />

Tuba auditiva<br />

iva<br />

Mittelohr<br />

Scala<br />

tympani<br />

Anatomischer Aufbau vom Ohr<br />

Basalmembran<br />

& Corti-Organ<br />

Scala<br />

media<br />

Innenohr<br />

bularis ab. Als N. vestibulocochlearis (der<br />

N. cochlearis ist der eigentliche Hörnerv)<br />

werden die Signale über den Hirnstamm<br />

zum Kleinhirn weitergeleitet.<br />

4 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>

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