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bull_01_06_Reichtum

Credit Suisse bulletin, 2001/06

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Probleme des <strong>Reichtum</strong>s annehmen. Indem wir die Affluenza<br />

kurieren, können wir den gesunden Geldfluss innerhalb unserer<br />

Gesellschaft wieder herstellen.»<br />

<strong>Reichtum</strong> ist heilbar<br />

Zu den Symptomen der Krankheit gehören geringes Selbstwertgefühl,<br />

Verlust an Produktivität und Motivation, Depression,<br />

Vernachlässigung des persönlichen Innenlebens oder die<br />

Unfähigkeit, mit Frustrationen umzugehen. Mit ihrem «Affluenza<br />

Project» und entsprechenden Kursen und Seminaren möchte<br />

Jessie H. O’Neill Menschen an einen neuen Umgang mit Geld<br />

und <strong>Reichtum</strong> heranführen. Schliesslich sei Affluenza – so die<br />

gute Kunde – heilbar. Wie wichtig ein gesunder Umgang mit<br />

<strong>Reichtum</strong> ist, zeigt die Amerikanerin mit einem Blick in die<br />

Zukunft: «Billionen von Dollar werden in den nächsten 50 Jahren<br />

von einer Generation zur anderen fliessen. Es ist meine Aufgabe<br />

sicherzustellen, dass dieser ungeheure <strong>Reichtum</strong> emotional<br />

gesund weitergegeben wird. Ich helfe anderen, die psychologischen<br />

Konsequenzen zu verstehen, welche Geld auf Menschen<br />

und Organisationen haben kann.»<br />

Irrtum Nummer 2<br />

Chinesisches Sprichwort<br />

Wir leben in einer Welt, in der ein Fünftel der Menschheit Hunger<br />

leidet; ein Viertel hat keinen Zugang zu Basisbedürfnissen wie<br />

sauberes Trinkwasser; ein Drittel lebt in äusserster Armut. «Es<br />

ist unmöglich, in den Genuss von Menschenwürde, Freiheit und<br />

Gleichheit zu kommen, wenn es an Esswaren, Gesundheit und<br />

Schutz fehlt – in der Realität sind diese Bedürfnisse nicht zu<br />

trennen von den grundsätzlichen Menschenrechten», wehrte sich<br />

Mary Robinson, Hochkommissarin für Menschenrechte der<br />

Vereinten Nationen, in einem Leserbrief an den «Economist»,<br />

nachdem das Wirtschaftsmagazin in einem Artikel angezweifelt<br />

hatte, ob Armut als Verletzung der allgemeinen Menschenrechte<br />

zu gelten habe.<br />

Die englische Regierung schrieb letztes Jahr in ihrem Weissbuch<br />

zur Eliminierung der Armut auf der Welt: «Dafür zu sorgen, dass<br />

die Globalisierung auch für die armen Länder zu funktionieren<br />

beginnt, ist die grösste moralische Herausforderung, der sich<br />

unsere Generation zu stellen hat.»<br />

Wie immer, wenn es um Auswege aus dem Elend und um das<br />

Zuschütten des Grabens zwischen Arm und Reich geht, sind<br />

einfache Antworten nicht zu haben. Kritiker sehen in der<br />

Globalisierung den Grund dafür, dass sich der Graben zwischen<br />

Arm und Reich weiter öffnet. Die Gegnerschaft tritt vor allem<br />

gegen die Initiativen der Welthandelsorganisation (WTO) auf<br />

den Plan.<br />

Die Sicht der Befürworter der Globalisierung bringt die<br />

«Financial Times» auf den Punkt: «Der Weg aus der Armut von<br />

Massen führt über die Sicherung von nachhaltigem und schnellem<br />

Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens in den Ländern, wo<br />

die Menschen im Elend leben.» Und dies wiederum wird durch<br />

Länder erreicht, welche die Möglichkeiten des offenen Welthandels<br />

auszuschöpfen wissen. Dazu müssen sich – so die<br />

«Financial Times» – die ärmsten aller Länder aber vor allem selber<br />

verändern. «Es ist hart, den Fortschritt in Ländern zu sichern,<br />

wo Regierungen inkompetent und korrupt sind, die Menschen<br />

schlecht ausgebildet und geschwächt durch Krankheiten, wo<br />

Bürgerkriege wüten und die Wirtschaft entsprechend zerbrechlich<br />

ist.»<br />

Entwicklungsländer brauchen Zugang zu den Märkten<br />

Die Verantwortung liegt auch in den Händen der reichen Länder.<br />

Jüngst forderte ein Bericht der Weltbank die Industrieländer<br />

dazu auf, den Ärmsten dieser Welt vermehrt einen zoll- und<br />

quotenfreien Zugang für deren Produkte zu gewähren. Die<br />

Forderung hat Gründe: Jeden Tag, so schätzt die Weltbank,<br />

subventionieren die Industrienationen ihre Landwirtschaft mit<br />

einer Milliarde Dollar. Der Betrag liege rund sechsmal höher als<br />

der Wert, den diese Länder für die Entwicklungshilfe zugunsten<br />

der armen Länder insgesamt leisten.<br />

Die WTO rechnet der Weltgemeinschaft vor, dass über die<br />

nächsten zehn Jahre das Einkommen in den Industrieländern<br />

um 1,3 Billionen Dollar und das der Entwicklungsstaaten um<br />

1,5 Billionen steigen wird, falls es gelingt, die liberale Welthandelsordnung<br />

durchzusetzen. Damit sich die rosigen Szenarien<br />

aber verwirklichen lassen, bedarf es einer grösseren Bereitschaft<br />

der Industrienationen, Konzessionen zu machen – gerade<br />

in der Landwirtschaft oder im Textilbereich, wo Drittweltländer<br />

den Grossteil ihrer Produkte herstellen. Davon ist das globale<br />

Dorf noch weit entfernt: Nachdem die Weltbank den Bericht<br />

Ende Oktober dieses Jahres veröffentlicht hatte, kommentierte<br />

die «Neue Zürcher Zeitung»: «Die Weltbank versäumte es nicht,<br />

den Industrieländern für ihr wiederholt scheinheiliges Verhalten<br />

gehörig die Leviten zu lesen.»<br />

24 Credit Suisse Bulletin 6|<strong>01</strong>

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