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FBM / Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?

Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?

Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?

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Niedrigzinszeiten:<br />

Stiftungen auf dem Weg<br />

zu <strong>neue</strong>n Anlageformen<br />

Nur jeder fünfte<br />

Banken-Firmenkunde ist<br />

profitabel<br />

Run auf Büroimmobilien<br />

hält weiter an<br />

<strong>Kryptowährungsfonds</strong>:<br />

<strong>Eine</strong> <strong>neue</strong> <strong>Assetklasse</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>?<br />

SONDERTHEMA<br />

Stefan Klaile<br />

Vorstand<br />

XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG<br />

Kryptowährungen als Oberbegriff der digitalen<br />

Währungen, haben bereits mehr Akzeptanz, als<br />

viele sich dies heute vorstellen können“<br />

Ausgabe September/2017<br />

www.FinanzBusinessMagazin.de<br />

1


Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />

Liebe Leserinnen und Leser:<br />

Vielen Dank <strong>für</strong> 15 Jahre!


EDITORIAL I FinanzBusinessMagazin<br />

EDITORIAL<br />

Niedrigzinsphase sorgt <strong>für</strong> deutliche Verschiebungen in Portfolien<br />

<strong>institutionelle</strong>r <strong>Investoren</strong><br />

Die anhaltende Niedrigzinsphase setzt deutsche Stiftungen immer stärker unter Druck. Wie eine<br />

aktuelle Befragung des Stiftungspanels des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zeigt, gestaltet<br />

sich der reale Kapitalerhalt <strong>für</strong> viele Stiftungen immer schwieriger.<br />

Nach Einschätzung der befragten Stiftungen wird es 2017 nur noch knapp zwei Dritteln gelingen,<br />

eine Rendite oberhalb der zu Jahresanfang prognostizierten Jahresinflationsrate von 1,5 Prozent zu<br />

erwirtschaften.<br />

Die Niedrigzinsphase führt europaweit auch zu deutlichen Verschiebungen in den Portfolios der <strong>institutionelle</strong>n<br />

Anleger. Seit 2010 sinkt der Anteil der Anleihen, während neben Aktien und Immobilien<br />

vor allem alternative Anlagen zulegen. Dies zeigt der Mercer European Asset Allocation Survey 2017,<br />

in dessen Rahmen mehr als 1.200 <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong> in Europa mit einem Anlagevolumen von<br />

insgesamt über 1,1 Billionen Euro analysiert wurden.<br />

Um ihre Garantiezinsversprechen einzuhalten, wollen deutsche Versicherungen in diesem Jahr<br />

weiterhin deutlich in Immobilien investieren. Die geplanten Käufe könnten damit bis Ende 2017<br />

eine Rekordquote von 10,7 Prozent an der Kapitalanlage der Assekuranz erreichen. Dies zeigt das<br />

jährliche Trendbarometer Assekuranz von EY Real Estate, <strong>für</strong> das 35 Unternehmen der Versicherungswirtschaft<br />

Auskunft über ihre Pläne gaben.<br />

Kapitalerhöhungen, Teilverkäufe, Abbau von Risiken und Personal: Die europäischen Banken haben<br />

in den vergangenen zehn Jahren viele Register gezogen, um die Finanzkrise hinter sich zu lassen.<br />

Doch nur 38 Prozent der größeren Institute in Europa stehen gut da. Dagegen ist der Zustand<br />

von mehr als einem Viertel äußerst besorgniserregend, so eine aktuelle Studie der internationalen<br />

Managementberatung Bain & Company.<br />

Mit der Diskussion um Kryptowährungen und Initial Coin Offerings hat die Digitalisierung längst auch<br />

Geld und Währungen erfasst. Bitcoins, Litcoins, Peercoins, Dogecoins, Mastercoins und zahlreiche<br />

andere um Nutzer buhlende Crypto Currencies geistern durch das Netz. Dabei geben sich Jubel- und<br />

Horrormeldungen die Klinke in die Hand – kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zugleich Meldungen<br />

zu lesen sind, wonach ein Start-up binnen weniger Stunden mehrere 100 Mio. Dollar über ein ICO<br />

aufgebracht hat und zugleich eine Aufsichtsbehörde einen Anbieter einer virtuellen Währung aus<br />

dem Verkehr gezogen hat. Haben wir es nur mit einer digitalen Wildwest- Spielwiese <strong>für</strong> moderne<br />

Glücksritter zu tun oder verbirgt sich hinter dem Hype um Kryptowährungen eventuell eine ernstzunehmende<br />

Alternative <strong>für</strong> Kapitalanleger?<br />

Das Redaktionsteam<br />

Ausgabe September/2017<br />

3


FinanzBusinessMagazin I INHALTSVERZEICHNIS<br />

KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

6 <strong>Kryptowährungsfonds</strong> – eine <strong>neue</strong> <strong>Assetklasse</strong> <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>?<br />

von Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt, Partner / SERNETZ · SCHÄFER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

9 Sollte man in die Blockchain-Technologie, in Bitcoins oder andere Kryptowährungen investieren?<br />

von Prof. Dr. Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Center<br />

12 Deshalb sind Kryptowährungen <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> Anleger interessant<br />

Interview mit Stefan Klaile, Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG<br />

14 Ertragssteuerliche Behandlung von Crypto Tokens<br />

von Dr. jur. Julian Albrecht, Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partner<br />

17 Blockchain im Asset Management<br />

von Dr. Khanh Dang Ngo, Rechtsanwalt, Finance & Blockchain, Simmons & Simmons LLP<br />

20 Besteuerung der Geschäfte mit virtuellen Währungen – sog. Kryptowährungen<br />

von Alexander Lehnen und Marcel Bailänder, ARNECKE SIBETH<br />

24 Warum Bitcoin kein Betrug ist und wie sich Kryptowährungen als Investment eignen können<br />

Interview mit Kryptowährungsexperte Jörg Molt, Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker,<br />

CEO Satoshi School<br />

28 Neue Trend-Anlageklasse Kryptowährung reif <strong>für</strong> professionelle <strong>Investoren</strong>?<br />

29 Schweiz: Falcon Private Bank erweitert Krypto-Asset-Management in Zusammenarbeit<br />

mit der Bitcoin Suisse AG um Ether, Litecoin und Bitcoin Cash<br />

30 Zentralbanken heizen die Nachfrage nach Kryptowährungen an<br />

31 Kryptowährungen im Kampf mit traditionellen Zahlungsmitteln<br />

33 eToros Crypto CopyFund investiert in Bitcoin, Ethereum, Ripple, LiteCoin, Ethereum Classic und Dash<br />

34 Blockchain in der Finanzdienstleistungsbranche birgt großes Potenzial -<br />

breite Anwendung in drei bis fünf Jahren<br />

36 DXC-Studie "Blockchain": 60 Prozent der Banken prüfen Datenschutz<br />

38 Blockchain macht Entwicklungszusammenarbeit wirksamer<br />

39 EY, Guardtime und Branchenteilnehmer starten die weltweit erste Blockchain-Plattform<br />

<strong>für</strong> Transportversicherer<br />

41 Blockchain – Revolution: Abstraktes Unterfangen mit Zukunft Chance oder<br />

42 Blockchain: In der Automobilbranche weitgehend unbekannt<br />

44 Per Klick zum <strong>neue</strong>n Reisepass: 81 % der Deutschen wünschen sich die digitale Verwaltung<br />

INVESTMENTS<br />

46 Niedrigzinszeiten: Stiftungen auf dem Weg zu <strong>neue</strong>n Anlageformen<br />

48 Studie: Auf der Suche nach Ertrag rücken alternative Investments in den Fokus<br />

50 Coller-Capital-Umfrage: Private-Equity-Anleger rechnen mt Cyber-Angriffen<br />

4 Ausgabe September/2017


INHALTSVERZEICHNIS I FinanzBusinessMagazin<br />

52 KPMG: Fintech-Investitionen nehmen Fahrt auf<br />

53 Forstimmobilienmarkt Deutschland im Fokus<br />

56 Versicherungsgesellschaften investieren vornehmlich in Finanzprodukte aus dem Euroraum<br />

FINANZMÄRKTE<br />

57 McKinsey-Studie: Globalisierung der Finanzmärkte hat sich verändert<br />

59 Zahl der Reichen in China steigt rasant an<br />

BANKEN<br />

60 Deutsche Privatbanken bleiben im europäischen Wettbewerb weiter zurück<br />

62 Nur jeder fünfte Banken-Firmenkunde ist profitabel<br />

64 Private Banking in der Schweiz – eine Branche im Umbruch<br />

66 Schweizer Banking Report 2017: Digitalisiertes Retailbanking <strong>für</strong> zukunftsfeste Ertrags- und<br />

Kostenstrukturen<br />

68 Luxemburger Privatbanken müssen sich konsequent neu ausrichten<br />

70 World Retail Banking Report 2017: Open Banking verspricht attraktives Ertragspotenzial <strong>für</strong> Banken<br />

72 Jede vierte Bank kämpft ums Überleben<br />

74 Bankenregulierung: Institute entdecken Sparpotenzial<br />

75 Studie: Banken gehen FinTech-Kooperationen im Kreditgeschäft aus dem Weg<br />

76 Finanzplatz Frankfurt: In der Pole-Position <strong>für</strong> Brexit-Banker<br />

76 IT-Sicherheit: Banken kämpfen unter erschwerten Bedingungen<br />

78 Studie: Jede vierte Bank ist Fintech-Gründer<br />

IMMOBILIEN<br />

79 Versicherungen: Einzelhandel und Sicherheit wieder top<br />

81 Run auf Büroimmobilien hält weiter an<br />

82 Mehrheit der Immobilieninvestoren möchte kaufen<br />

83 Deutschland wohnt zur Miete<br />

84 Mails im Minutentakt - wenn <strong>für</strong> Manager digital zur Qual wird<br />

IMPRESSUM<br />

86 Impressum<br />

Ausgabe September/2017<br />

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FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

<strong>Kryptowährungsfonds</strong> –<br />

eine <strong>neue</strong> <strong>Assetklasse</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>?<br />

von Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt, Partner<br />

SERNETZ · SCHÄFER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

Mit der Diskussion um Kryptowährungen<br />

und Initial Coin Offerings<br />

hat die Digitalisierung längst auch<br />

Geld und Währungen erfasst. Bitcoins, Litcoins,<br />

Peercoins, Dogecoins, Mastercoins<br />

und zahlreiche andere um Nutzer buhlende<br />

Crypto Currencies geistern durch<br />

das Netz. Dabei geben sich Jubel- und<br />

Horrormeldungen die Klinke in die Hand<br />

– kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zugleich<br />

Meldungen zu lesen sind, wonach ein<br />

Start-up binnen weniger Stunden mehrere<br />

100 Mio. Dollar über ein ICO aufgebracht<br />

hat und zugleich eine Aufsichtsbehörde<br />

einen Anbieter einer virtuellen Währung<br />

aus dem Verkehr gezogen hat. Haben wir<br />

es nur mit einer digitalen Wildwest-Spielwiese<br />

<strong>für</strong> moderne Glücksritter zu tun<br />

oder verbirgt sich hinter dem Hype um<br />

Kryptowährungen eventuell eine ernstzunehmende<br />

Alternative <strong>für</strong> Kapitalanleger?<br />

Quelle: © nyul - Fotolia.com<br />

Wie jeder Debatte tut auch dieser eine<br />

Versachlichung gut und erscheint unbedingt<br />

notwendig. Zunächst sei festgehalten,<br />

dass Kryptowährungen – wie jede<br />

<strong>neue</strong> Technologie – einer rechtlichen Einordnung<br />

zugänglich sind und dass sich so<br />

beinahe automatisch die Leitplanken aufstellen<br />

werden, innerhalb derer sich Teilnehmer<br />

auf dem Kapitalmarkt bewegen<br />

können und dürfen. Erinnert sei etwa an<br />

die Klarstellung der US-amerikanischen<br />

Börsenaufsicht Securities und Exchange<br />

Commission (SEC), wonach auf Coins –<br />

unabhängig von deren Ausgestaltung im<br />

Detail – durchaus wertpapier(handels)<br />

rechtliche Vorschriften anwendbar sein<br />

können. Allein dieses sehr prominente<br />

Beispiel zeigt, dass es sich bei Kryptowährungen<br />

keineswegs um einen (bislang)<br />

ungeregelten Markt handelt.<br />

Auch der deutsche Regulator war fleißig<br />

und hat sich im Hinblick auf Kryptowährungen<br />

erfreulich klar geäußert: So sind<br />

nach Auffassung der BaFin, Bitcoins in der<br />

Tatbestandsalternative der Rechnungseinheiten<br />

gemäß § 1 Absatz 11 Satz 1 Kreditwesengesetz<br />

(KWG) rechtlich verbindlich<br />

als Finanzinstrumente einzuordnen. Und<br />

weiter heißt es auf der BaFin-Homepage<br />

wörtlich: „Diese rechtliche Einordnung gilt<br />

grundsätzlich <strong>für</strong> alle VC. Auf die zugrundeliegende<br />

Software oder Verschlüsselungstechnik<br />

kommt es hierbei nicht an.“<br />

Danach sind VC aber auch kein gesetzliches<br />

Zahlungsmittel und daher weder<br />

Devisen noch Sorten. Sie sind auch kein<br />

E-Geld im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes<br />

(ZAG), da es keinen Emittenten<br />

gibt, der sie, unter Begründung<br />

einer Forderung gegen sich, ausgibt. Bei<br />

digitalen Zahlungsmitteln ist dies gerade<br />

anders, da hinter diesen stets eine zentrale<br />

Stelle steht, welche die Ausgabe und<br />

6 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Verwaltung der Einheiten tätigt. Derartige<br />

Unternehmen betreiben in aller Regel das<br />

E-Geld Geschäft nach § 1 a ZAG.<br />

Mit dieser wichtigen und zentralen Grundaussage<br />

lässt sich <strong>für</strong> die Konzeption von<br />

Kapitalanlageprodukten gut arbeiten. Insbesondere<br />

wird so klar, dass insbesondere<br />

Prospektpflichten, Erlaubnispflichten<br />

<strong>für</strong> Intermediäre und die Einhaltung von<br />

wertpapierhandelsrechtlichen und geldwäscherechtlichen<br />

Vorschriften eine erhebliche<br />

Rolle spielen können. Im Fokus<br />

des Interesses standen bislang bei einer<br />

Ansprache breiterer <strong>Investoren</strong>kreise<br />

die Internetplattformen,<br />

auf denen Emittenten<br />

und Anleger zusammengeführt<br />

werden und die u.U. einer Erlaubnispflicht<br />

unterfallen (z.B.<br />

wegen Betreiben des Finanzkommissionsgeschäfts).<br />

Nunmehr wendet sich der Markt<br />

immer stärker einer professionellen<br />

Konzeption <strong>für</strong> professionelle<br />

Anleger zu, die durch ein<br />

reguliertes Produkt bei allen<br />

wohlverstandenen Risiken und<br />

Volatilitäten eine interessante<br />

Rendite zu erzielen versuchen<br />

– und wer könnte dies im anhaltenden<br />

Niedrigzinsumfeld<br />

verdenken?<br />

Das Augenmerk des Konzeptionärs<br />

fällt hierbei schnell auf<br />

das Kapitalanlagegesetzbuch, das sinnhafterweise<br />

bei den Vorschriften über<br />

Spezial-AIF aufgeschlagen wird. <strong>Eine</strong> Lektüre<br />

macht schnell deutlich, dass hier ein<br />

konsistentes Regelwerk existiert, dass<br />

ursprünglich nicht auf Kryptowährungen<br />

zugeschnitten gewesen sein mag, diese<br />

aber gleichwohl sachgerecht erfassen<br />

kann. So sind etwa die Produktregeln <strong>für</strong><br />

einen offenen Spezial-AIF im KAGB auf den<br />

Umstand maßgeschneidert, dass die Anteile<br />

bzw. die Aktien an einem Spezial-AIF<br />

(je nach Rechtsform des Emittenten) von<br />

Spezial-AIF ausschließlich von professionellen<br />

und semi-professionellen Anlegern<br />

gehalten werden. Der Spezial-AIF (früher:<br />

Spezialfonds) ist im Unterschied zum Publikumsinvestmentvermögen<br />

das „klassische“<br />

Vehikel, mit dem <strong>institutionelle</strong><br />

<strong>Investoren</strong> ihre Investmentpolitik maßgeschneidert<br />

umsetzen können. Spezial-AIF<br />

sind im KAGB geregelte Sondervermögen,<br />

die aufsichtsrechtlich vollreguliert sind<br />

und dabei Absicherungsmöglichkeiten gegen<br />

eine eventuelle Insolvenz vorsehen<br />

Daher gibt es <strong>für</strong> offene inländische Spezial-<br />

AIF auch keinen Katalog von zulässigen Vermögensgegenständen,<br />

der eine Anlage in<br />

Kryptowährungen ausschließen würde (anders<br />

als etwa bei geschlossenen Publi-<br />

Ausgabe September/2017<br />

7


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Quelle: © Wit - Fotolia.com<br />

kums-AIF iSd §§ 261 ff KAGB). Verlangt<br />

wird als Instrument der Produktregulierung<br />

die Einhaltung des Grundsatzes der<br />

Risikomischung (§ 282 Abs. 1 und Abs.<br />

2 KAGB). Danach darf nur in solche Verkehrswerte<br />

investiert werden,<br />

(1) deren Verkehrswert ermittelt werden<br />

kann;<br />

(2) zudem muss die Zusammensetzung<br />

der Vermögensgegenstände bei offenen<br />

Spezial-AIF die vertraglichen Abreden des<br />

AIF zur Rücknahme der Anteile oder Aktien<br />

Rechnung tragen.<br />

(3) insbesondere müssen die Vermögensgegenstände<br />

in ihrer Zusammensetzung<br />

so liquide sein, dass sie die von dem offenen<br />

Spezial-AIF vorgesehene Rücknahme<br />

der Anteile oder Aktien erlauben.<br />

Das sind aber Punkte, die sich bei Kryptowährungen<br />

handhaben lassen. Vor diesem<br />

Hintergrund ist es nur eine Frage<br />

der Zeit, bevor innovationsfreudige wie<br />

kompetente Marktteilnehmer ein entsprechendes<br />

Investitionsvehikel auflegen<br />

werden. Ein professionelles Produkt <strong>für</strong><br />

professionelle Anleger beaufsichtigt von<br />

einem professionellen Regulator – viel<br />

besseres könnte der Alternatives-Branche<br />

kaum passieren.<br />

Zum Autor: Dr. Thorsten Voß, Bankkaufmann, vormals<br />

BaFin, ist Rechtsanwalt und Partner im Düsseldorfer Büro<br />

der Sozietät Sernetz Schäfer mit Tätigkeitsschwerpunkten<br />

im Bank-, Kapitalmarkt-, Investment- und Aufsichtsrecht.<br />

Er ist Mitherausgeber des Kommentars „Recht der Alternativen Investments“<br />

im Verlag C.H.Beck sowie zahlreicher anderer kapitalmarktrechtlicher<br />

Kommentare (ua zum KWG, WpHG und WpPG). Voß ist<br />

Lehrbeauftragter an der Frankfurt School of Finance <strong>für</strong> Internationales<br />

Bankaufsichtsrecht.<br />

www.sernetz-schaefer.de<br />

Dr. Thorsten Voß ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />

am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

8 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Sollte man in die Blockchain-Technologie,<br />

in Bitcoins oder andere Kryptowährungen<br />

investieren?<br />

von Prof. Dr. Philipp Sandner,<br />

Leiter des Frankfurt School Blockchain Center<br />

Bitcoin ist der Ursprung der Blockchain-Technologie,<br />

die viel verändern<br />

wird; auch die Bereiche Investment,<br />

Vermögensanlage und Venture<br />

Capital. Mit Kryptowährungen existieren<br />

zudem <strong>neue</strong> Investitionsobjekte, die jedoch<br />

als hochspekulativ einzustufen sind.<br />

Bitcoin wird derzeit sehr kontrovers<br />

diskutiert. Es handelt sich um eine so<br />

genannte Kryptowährung, die seit 2008<br />

existiert. Mit dem Konzept <strong>für</strong> Bitcoin<br />

wurde damals auch die Blockchain-Architektur<br />

erfunden. Teilweise wird von<br />

„digitalem Gold“ gesprochen. Warum<br />

Bitcoin? Wer heute von Deutschland aus<br />

nach Indonesien 1000 Euro überweist,<br />

weiß nicht nach wie vielen Tagen oder<br />

gar Wochen der Betrag ankommt; zudem<br />

werden Gebühren erhoben, so dass<br />

etwa nur 900 Euro das Ziel erreichen. Mit<br />

Bitcoin kann ein solcher Wert (1) binnen<br />

Minuten weltweit versandt werden (2)<br />

ohne nennenswerte Transaktionskosten.<br />

Blockchain-Technologie:<br />

Digitale Verwaltung von<br />

Eigentumsverhältnissen<br />

Die Blockchain-Technologie eignet sich zur<br />

Verwaltung aller Arten von Eigentumsverhältnissen<br />

und zur Automatisierung von<br />

Geschäftsprozessen. So lassen sich Werte<br />

übermitteln, ohne Intermediäre und ohne<br />

Finanzinfrastruktur. Direkt von einem Absender<br />

zum Empfänger. Daher müssen sich<br />

Intermediäre wie Banken, Börsen, Vermögensverwalter<br />

oder Venture Capital-Funds<br />

mit der Technologie beschäftigen, um ihr<br />

Geschäftsmodell auf <strong>neue</strong> Chancen aber<br />

auch auf die Risiken auszurichten.<br />

Kryptowährungen als Investitionsobjekt<br />

Bitcoin hat sich inzwischen signifikant weiterentwickelt.<br />

Es existieren nunmehr über<br />

700 so genannte Kryptowährungen mit<br />

teilweise sehr unterschiedlichen Profilen,<br />

die interessante aber auch sehr spekulative<br />

Investitionsobjekte sein können. Herausragend<br />

ist sicherlich der Ansatz von<br />

Ethereum, der die Abbildung von weltweiten<br />

Geschäftsprozessen und -logiken<br />

erlaubt. Funds, die in Kryptowährungen<br />

investieren, sind derzeit in der Entwicklung.<br />

Damit könnten auch traditionelle<br />

<strong>Investoren</strong> in Kryptowährungen investieren.<br />

Der Investor muss sich jedoch genau<br />

mit der Materie auskennen, da regulato-<br />

Ausgabe September/2017<br />

9


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

rische Veränderungen wie im September<br />

zu erheblichen Kursschwankungen führen<br />

können. Hackerangriffe können zudem zu<br />

Totalverlusten führen.<br />

Veränderungen von Venture Capital<br />

Auch Venture Capital-Geber sind Intermediäre.<br />

Venture Capital-Geber sind seit<br />

Jahrzehnten wichtige Financiers <strong>für</strong> Innovationen;<br />

ohne derartige Kapitalgeber<br />

gäbe es Unternehmen wie Google oder<br />

Dropbox heutzutage nicht. Es waren exakt<br />

diese Kapitalgeber, die in frühen Phasen<br />

Start-ups kurz nach deren Gründung finanziert<br />

haben, so dass diese dann zu großen<br />

Unternehmen heranwachsen konnten. Mit<br />

der Blockchain-Technologie müssen auch<br />

Venture Capital-Geber ihr Geschäftsmodell<br />

überdenken. Im Jahr 2017 sind weit<br />

mehr als 1 Milliarde Euro von <strong>Investoren</strong><br />

via Blockchain-Technologie direkt an<br />

Start-ups geflossen – ohne dass diese<br />

Investitionen durch Venture Capital-<br />

Geber vermittelt werden mussten. Dieses<br />

Phänomen nennt sich im „digitalen<br />

Volksmund“ Initial Coin Offering (ICO)<br />

um sich bewusst und provokant an den<br />

Begriff des Initial Public Offering (IPO)<br />

von börsennotierten Unternehmen anzulehnen.<br />

Natürlich ist hier ein gewisser<br />

Hype zu beobachten und auch die regulatorischen<br />

Anforderungen werden oftmals<br />

nicht oder nur unzureichend beachtet.<br />

Aber dennoch ist hier eine Veränderung<br />

im Gange, auf die Venture Capital-Geber<br />

achtgeben müssen, um übermorgen noch<br />

Zugang zu herausragenden Start-ups zu<br />

haben.<br />

Iconiq Lab:<br />

Blockchain-basierte<br />

Unternehmensgründungen<br />

Bei Iconiq Lab mit Sitz in Berlin und Frankfurt<br />

handelt sich um ein Unternehmen,<br />

das blockchain-basierte Start-ups unterstützt,<br />

Gelder mittels Blockchain-Technologie<br />

zu akquirieren. Iconiq Lab erfährt<br />

großes Interesse von Start-ups aber auch<br />

von Venture Capital-Gebern. Venture<br />

Capital-Funds äußern Interesse, weil sie<br />

merken, dass sich interessante Start-ups<br />

direkt an Blockchain-<strong>Investoren</strong> wenden,<br />

und nicht mehr an „traditionelle“ Venture<br />

Capital-Geber. Dies zeigt, dass sich das<br />

Thema Gründungsfinanzierung und Vermögensverwaltung<br />

durch die Blockchain-<br />

Technologie verändern wird.<br />

10 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

W2B: Effiziente<br />

Immobilienfinanzierung mittels<br />

Blockchain-Technologie<br />

Zuletzt ist W2B noch ein interessanter<br />

blockchain-basierter Ansatz. Die Idee ist<br />

hier, zum Beispiel Gewerbeimmobilien zu<br />

erwerben, diese dann weiterzuentwickeln<br />

und sich das Investment durch Mieter<br />

über die Folgejahre refinanzieren zu lassen.<br />

Diese Investitionsmöglichkeiten gibt<br />

es bereits <strong>für</strong> Großinvestoren; seit Jahrzehnten.<br />

Mit der Blockchain-Technologie<br />

wäre es jedoch möglich, einen zuverlässigen<br />

und effizienten Mechanismus zu<br />

entwickeln, so dass auch kleinere <strong>Investoren</strong><br />

vom deutschen Immobilienmarkt<br />

partizipieren könnten. Interessant wird<br />

dies vor allem dann, wenn man auf diese<br />

Weise ausländische <strong>Investoren</strong> eine Möglichkeit<br />

bereit stellen würde, in Deutschland<br />

zu investieren – ohne dass Intermediäre<br />

hohe Kosten und übermäßig viel<br />

Papierlast erzeugen.<br />

Regulatorik als Herausforderung und<br />

Treiber <strong>für</strong> Digitalisierung<br />

Natürlich ist es nicht einfach, diese <strong>neue</strong>n<br />

Geschäftsansätze regulatorisch korrekt<br />

abzubilden, aber es ist möglich. Und damit<br />

entstehen durch die Blockchain-Technologie<br />

gänzlich <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle, die zumeist<br />

vollautomatische Geschäfts- und Zahlungsprozesse<br />

beinhalten. Die Zeit wird zeigen,<br />

inwiefern derartige Geschäftsideen erfolgreich<br />

werden können. Aber in jedem Falle<br />

lässt sich festhalten, dass die Blockchain-<br />

Technologie nicht mehr verschwinden<br />

wird, sondern zahlreiche Branchen und<br />

Geschäftsmodelle signifikant beeinflussen<br />

wird.<br />

Zum Autor : Prof. Dr. Philipp Sandner leitet das<br />

Frankfurt School Blockchain Center an der Frankfurt<br />

School of Finance & Management, welches im Februar<br />

2017 initiiert wurde.<br />

Zu den Themengebieten von Herrn Prof. Dr. Sandner gehören<br />

Blockchain, Kryptowährungen, Digitalisierung und Entrepreneurship.<br />

Herr Prof. Dr. Sandner ist im FinTechRat des Bundesministerium der<br />

Finanzen.<br />

www.fs.de/blockchain<br />

Prof. Dr. Philipp Sandner ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß<br />

Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

11


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Deshalb sind Kryptowährungen<br />

<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> Anleger interessant<br />

Interview mit Stefan Klaile,<br />

Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG<br />

<strong>FBM</strong>: Warum sind Kryptowährungen<br />

<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> Anleger interessant?<br />

Stefan Klaile: Kryptowährungen als<br />

Oberbegriff der digitalen Währungen, haben<br />

bereits mehr Akzeptanz, als viele sich<br />

dies heute vorstellen können. Selbst Zahlungen<br />

des täglichen Bedarfes lassen sich<br />

teilweise bereits darstellen. Auch einige<br />

Länder haben bereits; andere wollen kurzfristig,<br />

digitale Währungen als Währung<br />

akzeptieren, sodass es auch hier zu mehr<br />

Akzeptanz dieser Währungen in unserem<br />

täglichen Leben kommen wird. Aus diesem<br />

Grund handelt es sich bei den Kryptowährungen<br />

um potentielle Assets in die<br />

investiert werden kann. Wenn man sich<br />

den historischen Verlauf ansieht, dann<br />

kann man die enormen Schwankungen<br />

der verschiedenen Währungen erkennen,<br />

sodass es sich zweifelsohne um high risk<br />

investments handelt, die gleichzeitig aber<br />

auch einen enormen Wertzuwachs haben<br />

können. Aus diesem Grund kann eine Investition<br />

in Kryptowährungen <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong><br />

Anleger interessant sein, wenn diese<br />

in der jetzigen Zinsphase in spekulative<br />

Anlagen mit einem überdurchschnittlichen<br />

Rendite-/Risikoprofil investieren wollen.<br />

<strong>FBM</strong>: Was sind die Herausforderungen<br />

<strong>für</strong> Finanzprodukte?<br />

Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com<br />

Stefan Klaile: Die Herausforderung<br />

<strong>für</strong> Finanzprodukte bestehen aus einer<br />

Vielzahl verschiedener Punkte. Wichtig ist<br />

die Auswahl der richtigen Geschäftspartner,<br />

damit diese auch nachhaltig in der Lage<br />

sind, von einer Kryptowährung die jeweiligen<br />

Mengen selbst herzustellen oder diese<br />

ggf. auch am Markt kaufen zu können.<br />

Daneben ist wichtig zu entscheiden ob man<br />

sich auf eine spezielle Währung beschränken<br />

will und wenn ja auf welche oder ob man<br />

einen Multi-Asset-Ansatz aufbaut. Zeitgleich<br />

muss man sich die Frage stellen,<br />

ob eine Investition sinnvoll ist oder ob<br />

man sich nicht besser an den Mining-<br />

Farmen beteiligt, die notwendig sind,<br />

um die Währungen zu produzieren.<br />

Zum Schluss stellt sich noch die Frage<br />

nach der geeigneten Struktur bzw. der<br />

Konzeption des Produktes.<br />

12 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

<strong>FBM</strong>: Wie ist Ihr Unternehmen hier<br />

aufgestellt?<br />

Stefan Klaile: Als XOLARIS beschäftigen<br />

wir uns schon seit mehr als einem Jahr<br />

mit dem Thema. Dies hängt auch damit<br />

zusammen, dass wir Anfragen zur Auflage<br />

eines Produktes sowohl von Kunden als<br />

auch von Anbieterseite hatten und haben.<br />

Derzeit sind wir in der Prüfung eines <strong>neue</strong>n<br />

Projektes.<br />

<strong>FBM</strong>: Welche Kunden wollen Sie mit<br />

zukünftigen Angeboten ansprechen?<br />

Stefan Klaile: Wenn wir als Service KVG<br />

gemeinsam mit einem Kunden ein solches<br />

Projekt aufsetzen, dann können aus unserer<br />

Sicht damit nur Kunden angesprochen<br />

werden, die sich selbst mit dem Thema<br />

bereits intensiv beschäftigt haben. Dies<br />

ist die Voraussetzung, damit das Risiko auf<br />

Kundenseite selbst eingeschätzt und bewertet<br />

und gleichzeitig auch die Konzeption und<br />

der Inhalt des Produktes analysiert werden<br />

kann. Insofern kann es sich aus unserer<br />

Sicht nur um <strong>institutionelle</strong> Anleger<br />

handeln, die Kryptowährungen selbst<br />

als <strong>Assetklasse</strong> definiert haben.<br />

Das Interview führte Friedrich Andreas Wanschka<br />

<strong>für</strong> FinanzBusinessMagazin.de<br />

Zum Interview-Partner: Stefan Klaile gründete<br />

2010 die XOLARIS Gruppe und 2013 gemeinsam<br />

mit der xpecto AG die XOLARIS Service KVAG in<br />

München, deren Portfoliomanagement er seitdem<br />

als Vorstand verantwortet.<br />

Darüber hinaus ist er Aufsichtsrat der ADREALIS Service KVG<br />

in Hamburg. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im<br />

Bereich liquider und illiquider Finanzprodukte und bekleidete<br />

Führungspositionen bei internationalen Finanzhäusern, unter<br />

anderem als COO eines Emissionshauses. Stefan Klaile<br />

entwickelte als Dozent an der Frankfurt School of Finance<br />

& Management den Studiengang „Certified Closed End<br />

Funds Advisor / Manager“<br />

www.xolaris-kvg.de<br />

Stefan Klaile ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />

am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

13


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Ertragssteuerliche Behandlung von<br />

Crypto Tokens<br />

von Dr. jur. Julian Albrecht,<br />

Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partner<br />

Die Begriffe „Crypto Token“, „Blockchain“<br />

und „ICO“ sind inzwischen<br />

in aller Munde. Die im Rahmen von<br />

Initial Coin Offerings (ICOs) eingesammelten<br />

finanziellen Mittel werden immer größer,<br />

Crypto Tokens wie Bitcoin, Ether,<br />

Litecoin oder Ripple (dies sind nur einige<br />

der bekanntesten) erreichen wöchentlich<br />

<strong>neue</strong>, wenn auch volatile, Höchststände.<br />

In ebenso schneller Folge werden <strong>neue</strong>,<br />

vielversprechende Anwendungsgebiete<br />

<strong>für</strong> die dahinterstehende Technologie der<br />

Blockchain ausgemacht.<br />

Die langfristige Perspektive <strong>für</strong> Crypto Tokens<br />

wird – zumindest <strong>für</strong> den Standort<br />

Deutschland – auch dadurch beeinflusst,<br />

wie Gewinne aus Token-Geschäften<br />

steuerlich behandelt werden,<br />

denn Marktteilnehmer richten erfahrungsgemäß<br />

ihre Investitionstätigkeit<br />

auch nach der zu erwartenden Abgabenlast<br />

aus. Dieser Beitrag wirft die<br />

wichtigsten steuerlichen Fragen auf<br />

und fasst den aktuellen Diskussionsstand<br />

zusammen.<br />

I. Steuerfrei vs. voll steuerpflichtig<br />

Nach ersten Äußerungen der Bundesregierung<br />

sind Bitcoin, die bekanntesten<br />

und gemessen an der Marktkapitalisierung<br />

(noch) wichtigsten Crypto Tokens, im<br />

Ausgangspunkt Wirtschaftsgüter und als<br />

solche in ihrer steuerlichen Behandlung<br />

zunächst vergleichbar mit Münzen, Oldtimern<br />

oder Briefmarken. Für Privatanleger<br />

hat das folgende Konsequenzen: Gewinne<br />

aus Bitcoin, die durch Kapitaleinsatz (nicht<br />

„Mining“) erworben und später veräußert<br />

werden, sind steuerfrei, sofern zwischen<br />

Erwerb und Veräußerung ein Zeitraum von<br />

mindestens einem Jahr (zehn Jahre, falls<br />

ein Token als laufende Einkunftsquelle genutzt<br />

werden kann) liegt – ein durchaus<br />

interessantes Ergebnis, wenn man sich<br />

vergegenwärtigt, dass nach Einführung<br />

der sog. Abgeltungsteuer Veräußerungsgewinne<br />

nur noch sehr selten steuerfrei erzielt<br />

werden können.<br />

Veräußerungen innerhalb eines Jahres<br />

nach Erwerb sind hingegen voll steuerpflichtig.<br />

Ein steuerbarer Vorgang ist dabei<br />

nicht nur anzunehmen, wenn erworbene<br />

Tokens <strong>für</strong> einen Preis in Euro veräußert<br />

werden, sondern auch beim Eintausch von<br />

Tokens gegen andere Wirtschaftsgüter.<br />

„Anderes Wirtschaftsgut“ kann in diesem<br />

Zusammenhang z.B. ein anderer Crypto<br />

Token sein, bei dessen ICO man mit Bitcoin<br />

zahlt (viele kleinere Token können nur gegen<br />

andere, bekanntere Token, nicht aber<br />

gegen sog. Fiat-Währungen eingetauscht<br />

werden). Der Moment des Eintauschs ist<br />

ein steuerlicher Realisationsvorgang, so<br />

dass etwaige Kurserhöhungen innerhalb<br />

eines Jahres zwischen dem Zeitpunkt des<br />

Bitcoinerwerbs und des Eintauschs steuerpflichtige<br />

Veräußerungsgewinne sind.<br />

Um zu ermitteln, ob ein veräußerter Token<br />

länger als ein Jahr gehalten wurde, dürfte<br />

das sog. FIFO-Verfahren (first in - first out)<br />

anzuwenden und häufig auch von Vorteil<br />

sein. In tatsächlich-technischer Hinsicht<br />

hilft die Blockchain-Technologie, die sämtliche<br />

Transaktionen irreversibel festhält. Es<br />

gilt an dieser Stelle, die steuerrechtliche<br />

Beratung mit der technischen zu verknüpfen,<br />

denn es gibt Maßnahmen, die sicherstellen,<br />

dass die „richtigen“ Tokens ver-<br />

14 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

äußert werden. Da<strong>für</strong> ist ein technisches<br />

Grundverständnis (u.a.) über die Arbeitsund<br />

Wirkungsweisen von Blockchain-Transaktionen<br />

und Wallets notwendig.<br />

(Deutsche) Kapitalgesellschaften profitieren<br />

von der Steuerfreiheit nicht. Im Gegenteil:<br />

Für sie sind die Erträge beim direkten<br />

Halten und Veräußern von Tokens<br />

steuerpflichtig, und zwar im Gegensatz zu<br />

Veräußerungserträgen bei Kapitalgesellschaftsanteilen<br />

zu 100 %.<br />

II. Besonderheiten<br />

<strong>für</strong> Fonds-Investments in Crypto Tokens<br />

Die Gewinnphantasien, die die Kursentwicklungen<br />

von Bitcoin und anderen Crypto<br />

Tokens ausgelöst haben, stellen auch<br />

Manager von Tech-affinen Venture Capital-<br />

Fonds vor die Frage, ob sie nicht einen Teil<br />

des von ihnen verwalteten Geldes <strong>für</strong> den<br />

Erwerb solcher Tokens einsetzen sollen.<br />

Dabei ergeben sich einige steuerliche Besonderheiten,<br />

die Manager vor einer Kaufentscheidung<br />

beachten sollten.<br />

a) Besteuerung von Fonds-<strong>Investoren</strong><br />

Venture Capital Fonds sind typischerweise<br />

vermögensverwaltend tätig. Ein vermögensverwaltender<br />

Fonds ist ein materiellsteuerliches<br />

Nullum, denn aufgrund der<br />

sog. Bruchteilsbetrachtung werden den<br />

<strong>Investoren</strong> steuerlich keine Fondsanteile,<br />

sondern anteilig die vom Fonds gehaltenen<br />

Wirtschaftsgüter zugerechnet. Es ändert<br />

sich gegenüber dem oben Gesagten also<br />

nichts:<br />

Natürliche Personen, die (ggf. über eine weitere<br />

vermögensverwaltende Personengesellschaft)<br />

in einen Fonds investieren, können<br />

von der Steuerfreiheit nach Ablauf der Spekulationsfrist<br />

profitieren. Das kann ein ganz<br />

erheblicher selling point im Fundraising sein!<br />

Kapitalgesellschaften sind mit Token-Gewinnen,<br />

die auf sie aus einer Fondsbeteiligung<br />

entfallen, voll steuerpflichtig. Daran<br />

ändert natürlich auch die Zwischenschaltung<br />

einer (deutschen) Kapitalgesellschaft<br />

nichts – zwar kann dann je nach<br />

konkreter Ausgestaltung die Investor-<br />

Kapitalgesellschaft von der 95 %igen<br />

Steuerfreiheit profitieren, auf Ebene der<br />

Zwischengesellschaft tritt aber eine Körperschaft-<br />

und Gewerbesteuerbelastung<br />

ein.<br />

Hier zeigt sich, dass sich je nach <strong>Investoren</strong>struktur<br />

unterschiedliche Haltestrukturen<br />

anbieten können. Reine Token-Fonds<br />

werden über Parallelfonds-Strukturen<br />

nachdenken können, um jedem Investor<br />

eine steueroptimierte Behandlung der<br />

Rückflüsse zu gewährleisten.<br />

b) Vermögensverwaltender Status eines<br />

Crypto Fonds<br />

Der originäre (durch ICOs, nicht durch<br />

Mining) oder derivative (Handelsplattformen)<br />

Erwerb von Crypto Tokens führt<br />

nicht zwingend zur Gewerblichkeit eines<br />

Fonds. Es sind bei der Beurteilung u.E. –<br />

und hier scheinen uns erste Finanzämter<br />

zuzustimmen – vielmehr die allgemeinen<br />

Grundsätze anwendbar, die sich – bei<br />

Venture Capital-ähnlichen Fonds – insbesondere<br />

aus den Kriterien des sog. PE-<br />

Erlasses des BMF ergeben. Das bedeutet,<br />

dass es auf die Umstände des konkreten<br />

Einzelfalls, vor allem aber auf die beabsichtigte<br />

Haltedauer ankommt. Ein häufiges,<br />

„händlertypisches“ Umschlagen<br />

von Token und Ansprüchen sowie wiederkehrende<br />

Reinvestitionen könnten zu einer<br />

Gewerblichkeit des Fonds führen. Bei<br />

ICOs, in denen zunächst nur Ansprüche<br />

Ausgabe September/2017<br />

15


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

auf die spätere Übereignung erworben<br />

werden, ist daher besondere Aufmerksamkeit<br />

geboten; ebenso bei ICOs, in denen<br />

nur mit anderen Token, nicht aber mit Fiat-<br />

Währungen gezahlt werden kann.<br />

c) „Infizierung“ des carried interest?<br />

Der „VC-typische“ Teil des carried interest<br />

bleibt (sofern die Anforderungen des § 18<br />

Abs. 1 Nr. 4 EStG ansonsten grundsätzlich<br />

erfüllt sind) steuerlich jedenfalls dann privilegiert,<br />

wenn die Token-Rückflüsse kein<br />

erhebliches Ausmaß annehmen. Dies wäre,<br />

so sich diese Meinung durchsetzt, eine erhebliche<br />

Erleichterung <strong>für</strong> Fondsmanager:<br />

Sie könnten, nach Klärung weiterer gesellschaftsrechtlicher<br />

und aufsichtsrechtlicher<br />

Fragen, kleinere Testinvestitionen in<br />

Tokens tätigen, ohne um ihren Steuervorteil<br />

<strong>für</strong>chten zu müssen.<br />

d) Carry-Privileg <strong>für</strong> Token-Rückflüsse<br />

Bei diesem Thema zeigt sich die Finanzverwaltung<br />

aktuell noch zurückhaltend. Und<br />

tatsächlich scheint der Wortlaut des § 18<br />

Abs. 1 Nr. 4 EStG gegen eine Anwendung<br />

der Norm auf Crypto-Carry zu sprechen. Wir<br />

sind anderer Meinung: Das Privileg sollte<br />

laut der Gesetzesbegründung eine steuerliche<br />

Aufteilung des Carrys gerade entbehrlich<br />

machen. Überdies wird in der Begründung<br />

als Kernvoraussetzung die vorherige<br />

Rückzahlung des Kapitaleinsatzes der <strong>Investoren</strong><br />

– und gerade nicht die Mittelherkunft<br />

– identifiziert. Dass der Wortlaut gegen<br />

die Anwendung spricht, ist übrigens nicht<br />

verwunderlich: Die Norm wurde ca. fünf<br />

Jahre vor „Geburt“ der Bitcoin erlassen.<br />

Auch ein noch so vorausschauend handelnder<br />

Gesetzgeber hätte schlicht nicht antizipieren<br />

können, dass er, um „Wagniskapital“<br />

zu fördern, nicht ausschließlich „Anteile<br />

an Kapitalgesellschaften“, sondern auch<br />

„digital-kryptografische Werteinheiten“ als<br />

Carry-Quelle hätte nennen müssen.<br />

Diese Einschätzungen geben unsere Ansichten<br />

zum Thema wieder, die in konkreten<br />

Einzelfällen von zuständigen Finanzämtern<br />

auch geteilt wurden. Dennoch müssen wir<br />

darauf hinweisen, dass umfassende verlässliche<br />

Äußerungen der Finanzverwaltung<br />

oder der Finanzgerichtsbarkeit fehlen. Wir<br />

raten deshalb dazu, vor einem Investment<br />

in Crypto Tokens die steuerlichen Folgen im<br />

Vorwege abzuklären, vorzugsweise in einer<br />

vom zuständigen Finanzamt erteilten verbindlichen<br />

Auskunft.<br />

Der Beitrag ist eine gekürzte und aktualisierte Fassung eines Briefings, das Mandanten von<br />

Schnittker Möllmann Partners zu diesem Thema zur Verfügung gestellt wurde.<br />

Zum Autor: Dr. jur. Julian Albrecht,<br />

ist Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partners in<br />

Hamburg<br />

Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Bucerius Law<br />

School in Hamburg und einem Auslandsstudium an der University<br />

of Cambridge erfolgte nach dem 1.Staatsexamen eine Tätigkeit am<br />

Lehrstuhl <strong>für</strong> Steuerrecht von Prof. Dr. Birgit Weitemeyer an der<br />

Bucerius Law School und ein Referendariat mit Stationen u.a. beim<br />

Finanzgericht Hamburg, der Finanzbehörde Hamburg, Latham &<br />

Watkins LLP in Hamburg sowie Flick Gocke Schaumburg in Berlin.<br />

Nach dem 2.Staatsexamen, der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />

und der Promotion zum Dr.jur. folgte eine Tätigkeit als Associate<br />

bei Flick Gocke Schaumburg in Berlin/Hamburg.<br />

www.smp.law<br />

Dr. jur. Julian Albrecht ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />

am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

16 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Blockchain im Asset Management<br />

von Dr. Khanh Dang Ngo, Rechtsanwalt, Finance & Blockchain,<br />

Simmons & Simmons LLP<br />

Die Blockchain Technologie hat das<br />

Potential das Asset Management<br />

nachhaltig zu verändern. Blockchain<br />

bietet eine Alternative zu vielen<br />

aufzeichnungs-basierten Transaktionen.<br />

Insbesondere der Zahlungsverkehr, die<br />

Verwahrung von Vermögensgegenständen<br />

und die Fondsberechnung lassen sich mit<br />

Hilfe dieser vielversprechenden Technologie<br />

effektiver gestalten, weil der Abgleich von<br />

Daten schneller und weniger fehleranfällig<br />

in einem digitalen Netzwerk vollzogen<br />

werden kann. Blockchain behandelt<br />

Assets wie das Internet Informationen<br />

behandelt: sie dezentralisiert die Kontrolle<br />

über Informationen, beseitigt Informationsasymmetrien<br />

und allgemein<br />

verändert die Art, wie wir mit Informationen,<br />

Assets und Dingen umgehen und<br />

mit ihnen interagieren. Die Blockchain<br />

Technologie läutet einen Paradigmenwechsel<br />

im Asset Management ein, das<br />

nicht nur die Prozesse der Vermögensverwaltung<br />

neukonzeptioniert, sondern<br />

auch das Verhältnis zu Vermögensgegenständen<br />

fundamental verändert.<br />

Blockchain by Design bedeutet verteilte<br />

Verwahrung von Daten. Statt Daten zentral<br />

an einer Stelle zu erfassen, speichert<br />

die Blockchain Daten in einem Verbund von<br />

Computern. Jeder Computer in dem Netzwerk<br />

ist ein Knotenpunkt und speichert<br />

den gesamten Datensatz. Mit Hilfe von<br />

Verschlüsselungstechniken und Algorithmen<br />

gewährleistet Blockchain, dass jeder<br />

einzelne Computer auch nur diejenigen<br />

Daten lesen und bearbeiten kann, die ihm<br />

zugeordnet sind. Gleichzeitig erhält der<br />

einzelne Computer die Gewissheit, dass<br />

er über den vollständigen, verschlüsselten<br />

Datensatz verfügt. Blockchain schafft damit<br />

Vertrauen über die Richtigkeit und Vollständigkeit<br />

von Informationen, ohne dass<br />

man sämtliche Informationen vollständig<br />

lesen kann. Blockchain löst damit ein Kernproblem<br />

der verteilten Datenverarbeitung.<br />

Mit diesem Grundkonzept der dezentralen<br />

Datenerfassung sind eine Fülle von Anwendungsfelder<br />

im Asset Management<br />

denkbar. Die gesamte Wertschöpfungskette<br />

einer Wertpapiertransaktion dient<br />

als Spielwiese einer Blockchain-basierten<br />

Plattform, auf der jeder Teilnehmer zu<br />

jeder Zeit alle Daten in nahezu Echtzeit<br />

erfassen kann. Betrachtet man die Wertschöpfungskette<br />

von der ersten Aufnahme<br />

einer Order über das Erfassen des jeweiligen<br />

Assets, der Ausführung der Transaktion<br />

und der abschließenden Übertragung<br />

der Vermögensgegenstände, so lassen<br />

sich mit Hilfe von Blockchain-basierten<br />

Plattformen viele veraltete Prozesse der<br />

Datenüberprüfung, die teilweise derzeit<br />

sogar noch manuell durchgeführt werden,<br />

ersetzen und modernisieren.<br />

Blockchain betrifft grundlegend zunächst<br />

das Asset an sich. Blockchain-basierte Assets<br />

werden auf der Grundlage von Wertmarken,<br />

so genannten "Tokens" aufgezeichnet.<br />

Tokens sind digitale Einheiten,<br />

denen ein Wert gutgeschrieben wird.<br />

Der erste Anwendungsfall der Blockchain<br />

Technologie ist der bekannte Bitcoin. Bitcoin<br />

ist eine Kryptowährung, die auf einer<br />

öffentlichen Blockchain, auf die jedermann<br />

im Internet Zugriff hat, gespeichert<br />

wird. Genaugenommen werden die ein-<br />

Ausgabe September/2017<br />

17


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

zelnen Transaktionen der Bitcoin Wertmarke<br />

auf der Blockchain gespeichert. Die Bitcoin<br />

Blockchain erfasst also die Übertragung<br />

eines Bitcoin bzw. Teileinheiten eines<br />

Bitcoin (kleinste Einheit ist ein Satoshi)<br />

von einem Teilnehmer auf einen anderen<br />

im Netzwerk. Mittlerweile gibt es eine Fülle<br />

von Alternativen Wertmarken, so genannten<br />

Altcoins, die auf dem Prinzip der<br />

verteilten Datenerfassung der Blockchain<br />

basieren. Es war lange Zeit unklar, welchen<br />

rechtlichen Status eine solche Wertmarke<br />

wie der Bitcoin hat. Die deutsche<br />

Aufsichtsbehörde betrachtet Bitcoin jedenfalls<br />

als Finanzinstrument in Form<br />

einer Rechnungseinheit, sodass die aufsichtsrechtlichen<br />

Vorschriften auf Bitcoin<br />

Anwendung finden. Nahezu alle maßgeblichen<br />

Aufsichtsbehörden überwachen<br />

die Entwicklung der Kryptowährungen und<br />

Tokenemissionen streng, um systemischen<br />

Wirkungen rechtzeitig schützend begegnen<br />

zu können. Gerade die Venture Capital<br />

Finanzierung mit eigens emittierten<br />

Tokens durch so genannte Initial Coin<br />

Offerings steht derzeit aufgrund der<br />

Größe der erzielten Kapitalaufnahme<br />

im Fokus der Aufsichtsbehörden.<br />

Auf einer Blockchain-basierten Plattform<br />

erhalten alle Teilnehmer Zugriff zu allen<br />

wesentlichen Daten von Wertpapieren.<br />

Während bei der Aufnahme von Order<br />

zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren<br />

und anderen Vermögensgegenständen<br />

derzeit noch Broker und andere Intermediäre<br />

eingeschaltet werden müssen,<br />

stellt die Blockchain jedem Anleger den<br />

direkten Zugriff auf den jeweiligen Vermögensgegenstand<br />

her. Überflüssige Überprüfungen,<br />

widerholende Bewertungen<br />

und wiederkehrende Compliance Dokumentationen<br />

können auf der Blockchainbasierten<br />

Plattform eliminiert werden, weil<br />

alle Daten auf einem einzelnen Datensatz<br />

- dem "Block" bzw. der Blockkette- erfasst<br />

werden, den alle Teilnehmer als einzige<br />

Aufzeichnung der Wahrheit beurkunden<br />

und beglaubigen. Nicht nur das Erfassen<br />

der einzelnen Order ließe sich dezentral<br />

dokumentieren. Auch die einzelnen Orderdaten<br />

wie etwa Kaufpreis, Devisenkurs<br />

und Ausführungszeitpunkt ließen sich auf<br />

einer Blockchain allgemeingültig und von<br />

jedermann verifiziert speichern. Das dezentrale<br />

Design der Blockchain wirft aber<br />

grundlegende Fragen der Sicherheit und<br />

des Datenschutzes auf. Diese Fragen lassen<br />

sich nicht ganz allgemein durch Algorithmen<br />

und mathematische Formeln beantworten.<br />

Darüber hinaus im Bereich der Haftung und<br />

der Corporate Governance bleibt es bei den<br />

konventionellen rechtlichen Grundsätzen,<br />

die in einer Blockchainstruktur mitberücksichtigt<br />

werden müssen.<br />

Blockchain geht zudem über die "simple"<br />

Aufzeichnung einzelner Transaktionen<br />

hinaus. Die als Blockchain 2.0 bezeichnete<br />

Weiterentwicklung ermöglicht nicht<br />

nur die Aufzeichnung von Transaktionen<br />

von Wertmarken ("tokens") wie<br />

18 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

etwa Bitcoin, Ether oder anderen Altcoins,<br />

sie bietet die Möglichkeit ganze<br />

Programmierzeilen auf der Blockchain<br />

abzuspeichern, die Smart Contracts genannt<br />

werden. Hierunter versteht man<br />

allgemein Wenn-Dann-Bedingungen, die<br />

die Parteien vorzeitig vereinbaren und in<br />

Computersprache schreiben. Treten die<br />

vordefinierten Bedingungen eines Smart<br />

Contracts ein, werden bestimmte Befehle<br />

ausgeführt wie etwa die Übertragung<br />

einer Wertmarke oder der Tausch<br />

von Assets. Die derzeitige Entwicklung<br />

von Smart Contracts ist rasant und viele<br />

Standardtransaktionen insbesondere im<br />

Derivate Bereich lassen sich zumindest<br />

in der Konzeptionierungsphase darstellen.<br />

Man arbeitet verstärkt etwa an das<br />

Collateral Management von Derivaten,<br />

bei denen etwa Margin Calls automatisch<br />

ausgeübt werden und die erforderlichen<br />

Sicherheiten automatisch übertragen<br />

werden können.<br />

Die Entwicklung von Blockchain scheint<br />

unaufhaltbar. Im Bereich Asset Management<br />

bietet die Blockchain Technologie<br />

durch ihr dezentrales Design Effizienzsteigerung,<br />

mit denen sich Daten<br />

schneller und kostengünstiger abgleichen<br />

lassen. Durch Tokens lassen sich<br />

Assets oder jedenfalls Repräsentanzen<br />

von Assets in nahezu Echtzeit übertragen.<br />

Unabhängig von der Wertentwicklung<br />

einzelner Tokens wird der Einsatz<br />

von Blockchain viele Prozesse im Asset<br />

Management grundlegend verändern<br />

und die Evolution der Digitalisierung und<br />

Automatisierung in bisher ungeahnte<br />

Dimensionen vorantreiben.<br />

Zum Autor: Dr. Khanh Dang Ngo ist Mitglied des<br />

Internationalen FinTech Teams der Wirtschaftskanzlei<br />

Simmons & Simmons.<br />

Er ist spezialisiert auf die Beratung von Blockchain-basierten<br />

Projekten und der Anlage in Kryptowährungen. Zuvor war er<br />

lange Zeit als In-house Counsel <strong>für</strong> eine US-amerikanische<br />

Bank tätig, <strong>für</strong> die er die Derivate-Clearing Abteilung aufgebaut<br />

und betreut hat. Er hat an den Universitäten in Heidelberg,<br />

Boston und Münster studiert und auf dem Gebiet der Finanzmarktinnovationen<br />

rechtsvergleichend promoviert. Darüber<br />

hinaus forschte er im Committee on Capital Markets Regulation<br />

an der Harvard Law School.<br />

www.simmons-simmons.com<br />

Dr. Khanh Dang Ngo ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />

am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

19


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Besteuerung der Geschäfte mit virtuellen<br />

Währungen – sog. Kryptowährungen<br />

von Alexander Lehnen und Marcel Bailänder, ARNECKE SIBETH<br />

Kryptowährungen erfreuen sich zunehmender<br />

Beliebtheit. Aufgrund<br />

des ansteigenden Investitionsvolumens<br />

von deutschen Private Equity bzw.<br />

<strong>institutionelle</strong>n <strong>Investoren</strong> treten vermehrt<br />

Fragestellungen hinsichtlich deren<br />

Besteuerung auf. Überwiegend werden Investitionen<br />

in Bitcon und Ethereum vorgenommen.<br />

Im Folgenden möchten wir die<br />

wesentlichen steuerlichen Fragestellungen<br />

näher beleuchten.<br />

Ertragsteuerrechtliche Qualifizierung<br />

von Kryptowährungen<br />

Die deutsche Finanzverwaltung hat sich<br />

bei der Frage der ertragsteuerlichen Einordnung<br />

der Ansicht der Bundesanstalt <strong>für</strong><br />

Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angeschlossen.<br />

Diese hat virtuelle Währungen<br />

am Beispiel Bitcoin als Rechnungseinheiten<br />

gemäß § 1 des Kreditwesengesetz (KWG)<br />

rechtlich verbindlich als Finanzinstrumente<br />

qualifiziert. Die BaFin hat auch klargestellt,<br />

dass es sich um kein gesetzliches Zahlungsmittel<br />

handelt und daher weder um Devisen<br />

noch Sorten. Steuerlich sind Kryptowährungen<br />

somit nicht als Währungen, sondern<br />

als immaterielle Wirtschaftsgüter zu<br />

qualifizieren.<br />

Besteuerung bei Investitionen<br />

aus dem Privatvermögen<br />

Grundsätzlich handelt es sich bei der<br />

Veräußerung von Kryptowährungen um<br />

private Veräußerungsgeschäfte. Diese<br />

stellen sonstige Einkünfte dar und sind<br />

steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen<br />

Anschaffung und Veräußerung nicht<br />

mehr als ein Jahr beträgt. Nur wenn der<br />

Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger<br />

als € 600 beträgt, bleiben auch diese Gewinne<br />

steuerfrei. Zu beachten ist, dass<br />

sich der Zeitraum von einem Jahr auf zehn<br />

Jahre prolongiert, wenn aus der Nutzung<br />

der Kryptowährung zumindest in einem<br />

Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden. Die<br />

ist beispielsweise dann der Fall, wenn die<br />

Kryptowährungen gegen eine Verzinsung<br />

an Unternehmen verliehen werden, die auf<br />

den Handel mit Kryptowährungen spezialisiert<br />

sind.<br />

<strong>Eine</strong> Verlustverrechnung ist nur eingeschränkt<br />

möglich. Verluste aus Veräußerungen<br />

von Kryptowährungen mindern<br />

nur die Einkünfte, die in dem unmittelbar<br />

vorangegangenen Veranlagungszeitraum<br />

oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen<br />

aus ebensolchen Veräußerungen erzielt<br />

werden.<br />

Beispielfall:<br />

X erwirbt am 01.01.2017 einen Bitcoin zum<br />

Kurs in Höhe von € 930. Am 01.09.2017 erwirbt<br />

X Waren mit diesem Bitcoin im Wert<br />

von € 4.000.<br />

Ergebnis:<br />

Mit dem Erwerb der Waren realisierte X ein<br />

steuerbares und steuerpflichtiges privates<br />

Veräußerungsgeschäft. X ist verpflichtet<br />

eine Einkommensteuererklärung abzu-<br />

20 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

geben und hat den realisierten Gewinn in<br />

Höhe von € 3.070 zu versteuern.<br />

Abwandlung:<br />

X erwirbt die Waren erst am 01.01.2018.<br />

Ergebnis Abwandlung:<br />

Da der Zeitraum zwischen Anschaffung und<br />

Veräußerung mehr als ein Jahr beträgt,<br />

handelt es sich um ein nicht steuerbares<br />

privates Veräußerungsgeschäft. Es besteht<br />

weiterhin eine Verpflichtung zur Abgabe einer<br />

Steuererklärung, der Gewinn unterliegt<br />

jedoch nicht der Besteuerung.<br />

Hierbei ist festzuhalten, dass jeder Erwerb<br />

eines Vermögensgegenstandes mit einer<br />

Kryptowährung einen Tauschvorgang und<br />

damit einen Veräußerungstatbestand darstellt.<br />

Gewerbliche Einkünfte<br />

mit Kryptowährungen<br />

Gewerbliche Einkünfte liegen vor, soweit<br />

durch den Handel mit Kryptowährungen<br />

eine selbständige nachhaltige Tätigkeit mit<br />

der Absicht, Gewinn zu erzielen unternommen<br />

wird und diese eine Beteiligung am<br />

allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.<br />

Die bislang bekannteste als gewerblich<br />

zu qualifizierende Einkunftsquelle im Hinblick<br />

auf Kryptowährungen ist das sog.<br />

Mining von Kryptowährungen. Daneben<br />

sind bislang auch der Betrieb einer<br />

Online-Börse <strong>für</strong> Kryptowährungen, das<br />

Betreiben von Kryptowährungs-Geldautomaten<br />

und die zinsbringende Anlage<br />

von Kryptowährungen als gewerbliche<br />

Einkünfte bekannt. Die gewerblichen<br />

Einkünfte unterliegen – je nach Ort der<br />

Betriebsstätte – zwischen 7% und 17%<br />

Gewerbesteuer sowie dem persönlichen<br />

Einkommensteuersatz. Die Gewerbesteuer<br />

kann bei natürlichen Personen (teilweise) auf<br />

die Einkommensteuer angerechnet werden.<br />

Die Bilanzierung von<br />

Kryptowährungen im Betriebsvermögen<br />

Spätestens nach der ersten Investition in<br />

Kryptowährungen aus einem Betriebsvermögen<br />

heraus stellt sich Frage der handels-<br />

und steuerrechtlichen Bilanzierung<br />

von Kryptowährungen.<br />

Für Kryptowährungen, die beispielsweise<br />

auf einer Handelsplattform erworben<br />

wurden, besteht die Möglichkeit der<br />

Bilanzierung im Umlaufvermögen nach<br />

HGB. Die Bewertung erfolgt handels- und<br />

steuerrechtlich mit den tatsächlichen Anschaffungskosten.<br />

Hierzu gehören auch die<br />

jeweiligen Marktplatzgebühren, die beim<br />

Erwerb vom Marktplatzbetreiber einbehalten<br />

werden. Die Bewertung am Bilanzstichtag<br />

erfolgt beim Umlaufvermögen mit den<br />

jeweiligen Börsen- oder Marktpreis, jedoch<br />

Quelle: © Massimo Cavallo - Fotolia.com<br />

maximal mit den Anschaffungskosten. Oftmals<br />

bestehen auf den verschiedenen Handelsplattformen<br />

unterschiedliche Kurse mit<br />

bis zu 15% Abweichung (eigene Beobachtung).<br />

Hier stellt sich die Frage, welcher<br />

Ausgabe September/2017<br />

21


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Kurs <strong>für</strong> die Bilanzierung maßgeblich ist.<br />

Unter Anwendung des Vorsichtsprinzips<br />

schlagen wir eine Selektion der fünf bedeutendsten<br />

Handelsplattformen sowie<br />

die Wahl des auf diesen Plattformen<br />

niedrigsten Umrechnungskurses <strong>für</strong> die<br />

Bewertung vor.<br />

Bevor wir näher auf die Bilanzierung von<br />

selbst geschürften Kryptowährungen eingehen<br />

wollen, möchten wir noch einmal<br />

den Herstellungsprozess verdeutlichen:<br />

Beim Mining von Kryptowährungen handelt<br />

es sich um einen Prozess, bei dem Rechenleistung<br />

zur Transaktionsverarbeitung,<br />

Datensynchronisierung und Sicherung allen<br />

Netzwerknutzern zur Verfügung gestellt<br />

wird. Für das Mining von beispielweise<br />

Bitcoins werden professionelle Bitcoin-Miner<br />

benötigt. Diese haben spezielle ASIC-Chips<br />

verbaut, die nur <strong>für</strong> das Minen von Bitcoins<br />

geeignet sind. Da die angeschafften Rechner<br />

sich nicht dem einzelnen Bitcoin direkt zuordnen<br />

lassen, ist es nicht möglich, den erstellten<br />

Bitcoins direkte Herstellungskosten zuordnen.<br />

Die erstmalige Bilanzierung von selbst geminten<br />

Bitcoins erfolgt in der Handelsbilanz<br />

daher zum Umrechnungskurs im Erstellungszeitpunkt.<br />

Steuerlich besteht <strong>für</strong><br />

die Bilanzierung von selbstgeschaffenen<br />

immateriellen Wirtschaftsgütern im Anlagevermögen<br />

ein Aktivierungsverbot, leider<br />

jedoch nicht <strong>für</strong> immaterielle Wirtschaftsgüter<br />

des Umlaufvermögens. Dies bedeutet,<br />

dass selbst geminte Bitcoins, die zum<br />

Handel bzw. Verkauf bestimmt sind, mit<br />

ihren Herstellungskosten steuerlich anzusetzen<br />

sind. Der Gewinn aus dem Mining<br />

entsteht steuerlich jedoch in beiden Fällen<br />

erst mit der Veräußerung bzw. anderweitigen<br />

Verwendung der Bitcoins.<br />

Besteuerung von Mining-Aktivitäten<br />

am Standort Island<br />

Aufgrund des enormen Energiebedarfs<br />

der zum Mining verwendeten Rechner ist<br />

Deutschland aufgrund seiner Strompreise<br />

als Miningstandort nur bedingt attraktiv.<br />

Der Standort Island, bei dem die Energiegewinnung<br />

durch Geothermie betrieben<br />

wird, hat sich bereits als ein weltweit anerkannter<br />

Standort etabliert. Mining stellt<br />

unseres Erachtens eine aktive Tätigkeit im<br />

Sinne des deutschen Außensteuergesetzes<br />

dar, weshalb Einkünfte aus einer isländischen<br />

Kapitalgesellschaft oder dortigen<br />

Betriebsstätte nicht der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung<br />

unterliegen sollten.<br />

In Island werden Gewinne einer isländischen<br />

LLC begünstigt mit 20% besteuert.<br />

Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen<br />

Deutschland/Island beträgt der Quellensteuereinbehalt<br />

auf Dividendenzahlungen<br />

nach Deutschland bei einer Beteiligungsquote<br />

von mehr als 10% grundsätzlich 5%.<br />

Ansonsten beträgt der Steuersatz in Island<br />

dagegen 36%.<br />

Umsatzsteuerliche Qualifizierung von<br />

Kryptowährungen<br />

Die Frage hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen<br />

Einordnung wurde bereits vom<br />

Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache<br />

22 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Hedquist geklärt. In dem besagten Fall<br />

ging es darum, ob es sich bei der Dienstleistung<br />

in Form des An- und Verkaufs und<br />

somit der Umtausch einer Kryptowährung<br />

(hier Bitcoins) in eine anerkannte Währung<br />

und umgekehrt um eine Dienstleistung<br />

gegen Entgelt handelt und diese<br />

von der Umsatzsteuer befreit ist. Der Kläger<br />

vertrat die Ansicht, dass es sich aus<br />

umsatzsteuerlicher Sicht um einen umsatzsteuerpflichtigen<br />

Umtausch handelt.<br />

Im Gegenzug machte der Unternehmer<br />

den Vorsteuererstattungsanspruch geltend.<br />

Der Europäische Gerichtshof urteilte,<br />

dass es sich bei der Dienstleitung<br />

um einen Umsatz handelt, der mit einem<br />

herkömmlichen Währungsumtausch vergleichbar<br />

ist. Daraus resultierend greift die<br />

umsatzsteuerliche Befreiungsvorschrift<br />

nach Art. 135 MwStSystRL. Final ist somit<br />

festzustellen, dass Kryptowährungen (hier<br />

Bitcoins) umsatzsteuerlich wie gesetzliche<br />

Zahlungsmittel zu behandeln sind und <strong>für</strong><br />

damit zusammenhängende Betriebsausgaben<br />

der Vorsteuerabzug versagt wird.<br />

Im nationalen Umsatzsteuergesetz ist somit<br />

die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8b<br />

UStG anwendbar.<br />

Fazit<br />

Die umsatzsteuerliche Behandlung von<br />

Kryptowährungen wurde bereits mit dem<br />

Urteil des EuGH klargestellt. Ertragsteuerlich<br />

handelt es sich bei Investitionen aus<br />

dem Privatvermögen um private Veräußerungsgeschäfte.<br />

Beim Mining handelt es<br />

sich um gewerbliche Einkünfte. Das BMF<br />

hat uns die steuerliche Qualifizierung bestätigt.<br />

Mining in Island ist nicht nur unter<br />

energetischen, sondern auch unter steuerlichen<br />

Aspekten attraktiv.<br />

Zum Autor: Alexander Lehnen, Wirtschaftsprüfer,<br />

Steuerberater, Equity Partner bei ARNECKE SIBETH<br />

Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft<br />

mbB, ist auf die steuerliche Strukturierung von<br />

Immobilieninvestitionen sowie die steuerliche und<br />

aufsichtsrechtliche Fondsstrukturierung spezialisiert.<br />

Tax Due Diligence bzw. Transaktionsberatung gehören<br />

genauso zu seinem Spezialgebiet wie die umfassende<br />

steuerliche Beratung von nationalen und internationalen<br />

Immobilieninvestoren.<br />

Marcel Bailänder, Diplom-Finanzwirt (FH), Steuerberater<br />

bei ARNECKE SIBETH Rechtsanwälte Steuerberater<br />

Partnerschaftsgesellschaft mbB, berät nationale und<br />

internationale Mandanten im Steuerrecht. Ein Schwerpunkt<br />

seiner Tätigkeit ist das Immobiliensteuerrecht.<br />

Seine Tätigkeit erstreckt sich auf die steuerliche<br />

Betreuung von Immobilientransaktionen und sowie<br />

die laufende steuerliche Beratung von Unternehmen.<br />

Herr Bailänder kommt ursprünglich von der Finanzverwaltung<br />

und war <strong>für</strong> ein große internationale<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.<br />

www.arneckesibeth.com<br />

Alexander Lehnen ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />

am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

23


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Warum Bitcoin kein Betrug ist und wie<br />

sich Kryptowährungen als Investment<br />

eignen können<br />

Interview mit Kryptowährungsexperte Jörg Molt,<br />

Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker,<br />

CEO Satoshi School<br />

<strong>FBM</strong>: Herr Molt, was macht Sie so<br />

sicher, dass Kryptowährungen wie<br />

Bitcoin und Co., die Finanzwelt nachhaltig<br />

verändern werden und es sich<br />

nicht um einen Hype handelt oder gar<br />

Betrug ist, wie der Chef von JP Morgan<br />

kürzlich äußerte?<br />

Jörg Molt: Sehen Sie, der Bitcoin und die<br />

darunter liegende Blockchain-Technologie<br />

stellen <strong>für</strong> viele eine Bedrohung dar. Die<br />

heutige Technologie ermöglicht es mir dezentral,<br />

unverfälschlich Werte und Besitz<br />

zu übertragen. Die sog. Smart Contract<br />

Technologie ist bahnbrechend. Sie können<br />

in einem dezentralen, unabhängigen<br />

Netzwerk Wahrheit schaffen. Sie brauchen<br />

kein Vertrauen. Keine dritte Instanz. Überall,<br />

wo Menschen praktisch einen Eintrag<br />

vornehmen, kann es der Computer, ohne<br />

den Mensch als Schwachstelle.<br />

JP Morgan war hauptverantwortlich <strong>für</strong><br />

den Crash 2008. Die Erlaubnis auf Kreditausfall<br />

zu wetten, hat Benzin ins Feuer<br />

gegossen. JP Morgan hält selber an die<br />

10000 Bitcoins nach dem der Kurs einbrach,<br />

wurde eingekauft. In der Aktienwelt<br />

sind Spekulationen zur Marktmanipulation<br />

business as usal. Warum also nicht<br />

bei Bitcoin, wenn man ihn als Asset sieht.<br />

Viele Trader verstehen den Bitcoin nicht.<br />

Der Bitcoin hat einen sog. Realmarktwert,<br />

der bei ungefähr 2000 Dollar steht.<br />

Dieser Wert entsteht aus der Tatsache,<br />

dass der Bitcoin als Zahlmittel verwendet<br />

wird, insbesondere in strukturschwachen<br />

Regionen. Wenn Sie heute in Argentinien,<br />

Venezuela oder Afrika sind und den<br />

Werteverfall und die Inflation betrachten,<br />

werden sie schnell verstehen, dass der<br />

Bitcoin dort nicht spekulativ gehandelt<br />

wird, sondern Warenwert erzeugt. Diesen<br />

Menschen ist es egal, welche Umrechnung<br />

der Bitcoin hat. <strong>Eine</strong> Cola kostet beispielsweise<br />

0,0025 Bitcoin. Das kostet sie auch,<br />

wenn der Dollarwert des Bitcoin Null ist.<br />

Rechnen Sie heute Euros in DM um oder<br />

anders gefragt ist der Euro instabil, weil<br />

der DM Wert auf null ist?<br />

Der Bitcoin ist eine Währung, die nicht<br />

verfälscht werden kann und nicht gehacked.<br />

Der Eintrag in einem öffentlichen<br />

Verzeichnis, welches nicht verfälscht werden<br />

kann durch eine zentrale Stelle, wie<br />

beispielsweise bei Ethereum, bedeutet<br />

letztendlich die reine Wahrheit.<br />

Auf diesen Wert besinnt sich das ganze<br />

System. Sie können nicht den Bitcoin<br />

von der Blockchain trennen. Er hat eine<br />

politische Komponente die man nicht<br />

neutralisieren kann. Deshalb wird er<br />

überleben. Nach dem die Bank MT. Gox<br />

damals den „Private Key“, die „PIN/TAN“<br />

ihrer Kunden benutzt hat, da die Kunden<br />

die Schlüssel in der Bank lagerten und<br />

650 Millionen US-Dollar in Bitcoins geklaut<br />

hatten, ist der Kurs von 250 US-Dollar<br />

24 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

innerhalb von 2,5 Jahren zurückgekehrt<br />

auf über 3000 US-Dollar.<br />

Es bedarf nur dem Glauben der Menschen<br />

an den Wert. Nichts weiter. Denken Sie an<br />

die Zigarettenwährung im 2. Weltkrieg. Es<br />

gibt keine Blase und keinen Betrug. Ich<br />

gehöre zu den wenigen Menschen, die das<br />

Glück haben, seit 1995 an der Umsetzung<br />

von freiem digitalen Geld zu arbeiten und<br />

daher die Entwicklung des Bitcoins bis zur<br />

Vollendung durch Satoshi Nakamoto begleiten<br />

konnte. Dann weiß man, dass es<br />

real ist und muss es nicht „glauben“.<br />

<strong>FBM</strong>: Nun hat China ICOs und auch<br />

den Handel von Kryptowährungen<br />

eingeschränkt, bzw. verboten, was<br />

den Kurs von Bitcoins postwendend<br />

stark gedrückt hat. Wie sehen Sie die<br />

Situation in der Auswirkung auf die<br />

Zukunft in China, der asiatischen<br />

Region und weltweit?<br />

Jörg Molt: China hat konsequent umgesetzt,<br />

was ich seit langem fordere: Die Regulation<br />

von ICOs - in diesem Fall etwas<br />

überspitzter. ICOs waren ein guter Motor<br />

um Finanzierungen <strong>für</strong> Projekte anzustoßen.<br />

Crowdfunding auf eine andere Art<br />

und Weise. Wie beim IPO, dem Pendant<br />

der Aktienwelt, ist es eine feine Sache eine<br />

digitale Vorzugsaktie zu erwerben. Das<br />

Problem liegt in der Natur des Menschen.<br />

Wir leben in einer Zeit, wo Werte wenig<br />

hinterfragt werden. Sie rufen in den Markt<br />

„Kryptowährung“ oder „Blockchain“ und<br />

schon spenden die Leute Millionen. Menschen<br />

die die Technik und das Whitepaper<br />

nicht annähernd verstehen und somit den<br />

Verkaufstricks zum Opfer fallen.<br />

80 Prozent dieser Projekte werden nie das<br />

Licht der Welt erblicken. Wir reden von<br />

100 Prozent Risikokapital. Was nun passiert<br />

ist, dass es nicht die trifft, die seit<br />

Jahren im Finanzmarkt unterwegs sind.<br />

ICOs sind gesellschaftsfähig. Die digitale<br />

Hausfrau sozusagen kauft Tokens. Der<br />

Nerd von nebenan. Schließlich, wo <strong>neue</strong><br />

unabhängige digitale Welt draufsteht, will<br />

man ja vorne dabei sein, den nächsten<br />

„großen Wurf“ nicht verpassen. Man hat<br />

ja auch das Internet verschlafen. Wer hat<br />

heute Apple Aktien?<br />

Quelle: © Syda Productions - Fotolia.com<br />

Dieser Hype treibt die Menschen in zwei<br />

Fallen. Der Traum von passiven Einkommen<br />

und den Traum Dezentralität zu unterstützen.<br />

ICOs sind aber das Gegenteil,<br />

wie beispielsweise Ten X. Sie sind der Versuch<br />

die alte Welt ins digitale Zeitalter zu<br />

holen, aber Bitteschön voll kontrollierbar.<br />

Ten X will die Kreditkarte <strong>für</strong> Ethereum<br />

bauen. Das Pendant zu Visa auf Kryptogeldbasis,<br />

allerdings können die Kunden<br />

kontrolliert werden.<br />

Deswegen wird meiner Meinung nach das<br />

Projekt nicht akzeptiert. Die Angst davor<br />

ein gesperrtes Konto zu haben, in Zeiten,<br />

wo die Regierung ein Gesetz gegen den<br />

„Bankrun“ erlässt, ist größer als der Verlockung<br />

nachzugeben. Und so sind viele<br />

Coin- und Blockchain Projekte eigentlich<br />

nur Sammelsysteme, um irgendwann in<br />

der FinTec-Welt ein Adäquat zu produzieren,<br />

welches es von der Sicherheit mit der<br />

Ausgabe September/2017<br />

25


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Bitcoin Blockchain aufnehmen kann. Bis<br />

jetzt sind nahezu alle tausend Blockchain<br />

Projekte hackbar. Schlimmer noch, sie<br />

sind allesamt auf der Bitcoin Blockchain<br />

ohne Aufwand, umsetzbar.<br />

China hat konsequent gehandelt, den<br />

verschleierten Betrug beendet. Denn die<br />

echten Projekte haben, durch den Missbrauch,<br />

kaum Chancen noch gefördert zu<br />

werden. Die Asiaten und Chinesen sind<br />

nicht gegen die <strong>neue</strong> Welt. Sie wollen es<br />

nur langsam angehen. ICOs sind rein kapitalistische<br />

Systeme, die in das Konzept<br />

des Kommunismus nicht passen. Es bedarf<br />

weitreichender Regulierungen. Die<br />

Chinesen warten ab. Es wird auch m. E.<br />

kein Exchange Verbot geben. Die Chinesen<br />

stehen vor den Wahlen. Sie wollen<br />

Ordnung übergeben.<br />

<strong>FBM</strong>: In einem Artikel von Ihnen,<br />

prognostizieren Sie einen Kurs von<br />

50.000 Dollar <strong>für</strong> einen Bitcoin in<br />

5 Jahren. Wie kommen Sie auf diese<br />

Zahl?<br />

Jörg Molt: Der Bitcoin lebt durch Krisen<br />

und der Tatsache, dass er beispielsweise<br />

in Japan bewiesen hat, welchen Wohlstand<br />

er generieren kann. Die japanische Regierung<br />

ist zum Vorreiter einer modernen<br />

Gesellschaft geworden, auch wenn Menschenrechte<br />

abgebaut werden. Trotzdem<br />

ist das Ökosystem auf Bitcoin ausgerichtet<br />

und wir sehen, dass es funktioniert.<br />

Viele Nationen werden folgen: Österreich,<br />

Schweiz, Australien, Südkorea, Schweden,<br />

Norwegen usw.<br />

Die Akzeptanz und der Realmarktwert<br />

steigt beachtlich, jeden Tag, somit auch<br />

die Spekulationsspanne, die oberhalb aufbaut.<br />

Richard Branson, Bill Gates u.v.m<br />

sehen den Wert dort. Wir stehen kurz vor<br />

einer Krise, die insbesondere Europa treffen<br />

wird in 2019. Daher die Gesetzesnovellierung<br />

zum Bank-run.<br />

Im Jahr 2020 wird die Ausgabemenge der<br />

Bitcoins von derzeit 12.5 BTC auf 6.25 BTC,<br />

alle zehn Minuten, reduziert. Dieser deflationäre<br />

Charakter lässt den Kurs weiter<br />

ansteigen, die Nachfrage <strong>für</strong> Bitcoins ist<br />

gigantisch. Wir haben allerdings nur<br />

6,5 Millionen Bitcoins im Umlauf. Die<br />

restlichen 10 Millionen werden gehalten.<br />

Das führt zu einem enormen Wertzuwachs.<br />

Des Weiteren betreiben viele Menschen<br />

wie eben McAffee und Branson, Inkassa<br />

und Forextrading. Sie wetten also auf diesen<br />

Preis. Wenn man bedenkt, dass diese<br />

Menschen jedes Jahr 450 Millionen US-<br />

Dollar in die Entwicklung des Bitcoins setzen<br />

und auf der anderen Seite ähnlich in<br />

die FinTec Branche investieren, dann werden<br />

sie da<strong>für</strong> sorgen, dass die Strukturmaßnahmen<br />

diesen Wert erreichen lassen,<br />

das ist der Motor des Fortschritts.<br />

Daneben werden wir erleben, wie im<br />

1. Quartal 2018 die Welt vor der Kontrollierbarkeit<br />

des Bitcoins kapituliert. Durch<br />

SegWit und Tumblebit, MimbleWimble,<br />

Dandelion wird der Bitcoin de facto unsichtbar.<br />

Es wird nie wieder möglich sein,<br />

Transaktionen von außerhalb zu verfolgen.<br />

Diese merkwürdig klingenden Systeme<br />

sind bereits im Beta Stadium. Die Weltgemeinschaft<br />

wird lernen, dass man den<br />

Bitcoin den Menschen nicht verbieten<br />

kann. Plattformen wie Localbitcoins, ermöglichen<br />

es Bitcoins, wie Bargeld, auf<br />

der Straße zu erwerben.<br />

Wir werden neben der dezentralen Börse<br />

Bisq viele weitere sehen. Ich kann darüber<br />

per Sepa Bitcons kaufen. Hier gibt es keine<br />

Menschen mehr, nur Smart Contracts.<br />

Die abwickelnde Bank ist ein Computer.<br />

Diesen Fortschritt wird man nicht mehr<br />

aufhalten können. Er ist bereits fertig programmiert<br />

und im Einsatz.<br />

Kim Schmitz aka Kim Dotcom wird sein<br />

Projekt BitCache (Mega Upload2) veröffentlichen<br />

und somit den Massenmarkt <strong>für</strong><br />

Bitcoins öffnen. Das Recht am digitalen<br />

Gut speichere ich in Zukunft direkt in der<br />

Blockchain und kann <strong>für</strong> Benutzer festlegen,<br />

dass sie bei Nutzung eine Gebühr in<br />

26 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Bitcoins zahlen. Man kann alles hochladen<br />

auch Raubkopien. Der Unterschied ist:<br />

Sollte der Eigentümer sein Recht einfordern,<br />

wird der Content gelöscht, aber der<br />

Einsteller bleibt unberührt. Das wird das<br />

Copyright-Recht revolutionieren. Sie sehen,<br />

all das sind Auswirkungen, die man<br />

nicht verhindern kann und den Bitcoin auf<br />

50.000 Euro bringen.<br />

<strong>FBM</strong>: Ist das Thema Kryptowährungen<br />

aus Ihrer Sicht auch schon <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong><br />

<strong>Investoren</strong> interessant und<br />

wenn ja, welche Investmentprodukte<br />

würden Sie da aktuell sehen?<br />

Jörg Molt: Auf jeden Fall. <strong>Investoren</strong><br />

sollten nur lernen in Monatsabschnitten zu<br />

denken. Day-Trader werden auf Grund der<br />

Volatilität nicht glücklich. Investitionen<br />

sind vor allem im Bereich Education und<br />

in Miningfarmen zu sehen. Dabei sollte<br />

man aber darauf achten, dass man direkt<br />

in Miningfarmen investiert und nicht in<br />

Multi-Level-Marketing (MLM). Wir benötigen<br />

noch sehr viel Aufklärung. Ein gewinnbringendes<br />

Vehikel wird die Investition in<br />

die Entwicklung der Handhabung sein. An<br />

digitale Währungen zu kommen und diese<br />

dann zu nutzen ist eine Herausforderung,<br />

die man ohne Hilfe kaum bewältigt. Der<br />

Bitcoin ist von der Handhabung her noch<br />

nicht „das IPhone“. KYC, Beschränkungen<br />

und letztendlich komplizierte Software<br />

machen es schwierig <strong>für</strong> Einsteiger mittleren<br />

und späten Alters.<br />

Mobile Wallets sind eine gute Sache, doch<br />

<strong>für</strong> viele schwer in der Handhabung. QR<br />

Code, Copy and Paste erreichen meist<br />

nicht die 50-70 jährigen, die mit Abstand<br />

größte Bevölkerungsgruppe, welche die finanzielle<br />

Mittel hat, den BitCoin zu erwerben<br />

oder die permanente Wertsteigerung<br />

zur Absicherung zu nutzen.<br />

Auch wird diese Welt zu kompliziert „vermarktet“,<br />

dazu die Angst der etablierten<br />

Institutionen, die dann falsche Wahrheiten<br />

verbreiten, wie das Darknet Syndrom<br />

oder zuletzt JP Morgan. Daher werden<br />

die Wachstumsmärkte sich in Education<br />

und Usability Projekte verschieben, dazu<br />

braucht man nichts <strong>neue</strong>s, das beste System,<br />

der Bitcoin, muss massentauglich gemacht<br />

werden.<br />

Das Interview führte Friedrich Andreas Wanschka<br />

<strong>für</strong> FinanzBusinessMagazin.de<br />

Zum Interview-Partner: Jörg Molt,<br />

Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker<br />

Als Trainer, Fachreferent und Consultant zählt er<br />

zu den renommiertesten Spezialisten <strong>für</strong> Blockchain<br />

und Kryptowährungen in Europa.<br />

Branchenübergreifend berät er weltweit namhafte Firmen<br />

und Institutionen bei der Implementierung von Digitalisierungsprozessen.<br />

Als Solominer, sowie Mitglied im Verbund<br />

bei Antmine, hat er wesentliche Strukturen mitgeschaffen. Er<br />

baute von Anfang an Kapital- und Anlagevermögen in Bitcoin<br />

auf. Durch die allgemeine Entwicklung von Smart Contracts, auf Grundlage der dezentralen<br />

Blockchain, gründete er eine Beteiligungsgesellschaft zur Vermittlung zwischen Nutzern<br />

und Herstellern. Zusammen mit weiteren Experten entstand daraus die „Satoshi Competence<br />

School“. Er ist ein Bitcoin-Experte und bereits seit Beginn in Bitcoins investiert und involviert.<br />

www. joerg-molt.de<br />

Jörg Molt ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen am<br />

23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

27


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Neue Trend-Anlageklasse<br />

Kryptowährung reif <strong>für</strong> professionelle<br />

<strong>Investoren</strong>?<br />

Erstmals stattfindender <strong>Investoren</strong>kongress Kryptowährungen 2018<br />

beschäftigt sich mit den wichtigsten Fragen von professionellen<br />

<strong>Investoren</strong><br />

Kryptowährungen wie Bitcoin & Co.<br />

beherrschen aktuell die Schlagzeilen<br />

nicht nur der Wirtschafts- und<br />

Finanzpresse. Kein Tag vergeht ohne <strong>neue</strong><br />

Meldungen. Die Kurse explodieren, sind<br />

extrem volatil, was immer mehr Spekulanten<br />

anzieht. Aber sind Kryptowährungen<br />

nur eine Zeiterscheinung, ein<br />

Hype oder werden Bitcoin & Co. mit der<br />

dahinterstehenden Blockchain-Technologie,<br />

die Finanzwelt doch in sehr naher Zukunft<br />

nachhaltig verändern? Nicht wenige<br />

Finanz-Experten trauen den <strong>neue</strong>n Kryptowährungen<br />

eine entscheidende Rolle im<br />

zukünftigen weltweiten Zahlungsverkehr<br />

zu. So hat als erste Nation Japan, Kryptowährungen<br />

bereits als offizielles Zahlungsmittel<br />

anerkannt. Der Markt ist in<br />

Bewegung. Die ersten Finanzprodukte zu<br />

diesem Thema sind auf dem Markt. Nicht<br />

nur Privatbanken und weltweit renommierte<br />

Fondsanbieter entwickeln aktuell<br />

<strong>neue</strong> Angebote. Deshalb ist genau zum<br />

Jahresanfang 2018 der richtige Zeitpunkt<br />

den jetzt so stark prosperierenden Markt <strong>für</strong><br />

• <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong><br />

• semi-professionelle Anleger<br />

• Assetmanager<br />

• Vermögensverwalter<br />

• Banken<br />

• Produktentwickler<br />

• Anbieter<br />

• Berater<br />

• Fach-Juristen<br />

• Wirtschaftsprüfer<br />

• Kapitalanlage- und Kapitalverwaltungsgesellschaften<br />

• Family Offices und<br />

• Wirtschafts- und Finanz-Medien,<br />

erstmals aus <strong>Investoren</strong>-Sicht darzustellen<br />

und zu diskutieren. Dies passiert<br />

am 23. Januar 2018 am Flughafen München,<br />

Veranstaltungsort Municon, von 10:00 bis<br />

17:30 Uhr beim ersten "<strong>Investoren</strong>kongress<br />

Kryptowährungen 2018".<br />

Der <strong>Investoren</strong>kongress Kryptowährungen<br />

2018 präsentiert ausführlich 3 große<br />

Themenbereiche:<br />

Marktentwicklung<br />

• Weltweiter Marktüberblick, Zukunftsausblick,<br />

Chancen und Risiken von<br />

Kryptowährungen.<br />

Recht und Steuern<br />

• Internationale und nationale rechtliche<br />

Einschätzung, steuerliche Betrachtungen<br />

sowie Regulierungen von Finanzanlagen<br />

in Kryptowährungen.<br />

Investitionsmöglichkeiten<br />

• Investmentangebote <strong>für</strong> semi-professionelle<br />

und <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>.<br />

Überblick, Konzeptionen, Hintergründe<br />

und Produktvorstellungen.<br />

Top-Referenten und Diskussionsteilnehmer<br />

aus den verschiedenen Themenbereichen<br />

bieten exklusives Hintergrundwissen,<br />

Markteinschätzungen, Rechtsgrundlagen,<br />

Angebotsüberblick und Vorstellung einzelner<br />

Investmentmöglichkeiten.<br />

Autor:www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />

28 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Schweiz:<br />

Falcon Private Bank erweitert<br />

Krypto-Asset-Management<br />

in Zusammenarbeit<br />

mit der Bitcoin Suisse AG um Ether,<br />

Litecoin und Bitcoin Cash<br />

Die Falcon Private Bank hat in Kooperation<br />

mit der Bitcoin Suisse AG<br />

vom 22. August an ihr Blockchain-<br />

Asset-Management-Angebot um die Kryptowährungen<br />

Ether (ETH), Litecoin (LTC)<br />

und Bitcoin Cash (BCH) erweitert. Damit<br />

ist sie die erste Bank weltweit, die vermögenden<br />

Privatkunden (High Net Worth Individuals)<br />

Zugang zu einer ganzen Reihe<br />

der am höchsten kapitalisierten Krypto-<br />

Assets neben Bitcoin bietet.<br />

Bereits im Juli hatte die Falcon Bank als<br />

erste Schweizer Privatbank überhaupt<br />

eine Krypto-Asset-Management-Lösung<br />

in ihr Angebot aufgenommen, indem sie<br />

es ihren Kunden ermöglichte Bitcoin direkt<br />

über die Bank zu kaufen, verkaufen<br />

und zu halten. Die im schweizerischen<br />

Zug ansässige Bitcoin Suisse AG ist ein<br />

weltweit führender Krypto-Asset-Broker<br />

und Krypto-Asset-Manager, unterliegt<br />

den Anti-Money-Laundering-Regularien<br />

(AML) der Schweizer Bankenaufsichtsbehörde<br />

FINMA, fungiert als Broker <strong>für</strong> die<br />

Falcon Private Bank und stellt die Infrastruktur<br />

<strong>für</strong> deren Krypto-Asset-Angebot<br />

zur Verfügung. Das Unternehmen ist ein<br />

führender Dienstleister <strong>für</strong> Crowdfunding-Projekte<br />

(ICOs) und unterstützte<br />

Projekte wie Bancor, Status, TokenCard,<br />

Tezos, aeternity, OmiseGo, Melonport,<br />

Matchpool, Decentraland, Moeda und<br />

andere.<br />

„Bitcoin Suisse ist stolz, das Produktangebot<br />

der Falcon Private Bank im Bereich<br />

der Krypto-Assets weiterhin zu unterstützen“,<br />

sagt Niklas Nikolajsen, CEO<br />

der Bitcoin Suisse AG. „Die Falcon Private<br />

Bank war das erste Bankhaus, das<br />

seinen Kunden einen direkten Zugang zu<br />

Bitcoin geboten hat und hat damit Geschichte<br />

geschrieben. Die Entscheidung,<br />

dieses Angebot nun um Ether und andere<br />

Krypto-Assets zu erweitern, macht<br />

die Bank zur ersten Anlaufstelle <strong>für</strong> Besitzer<br />

von Krypto-Assets und <strong>Investoren</strong><br />

in diesem Bereich.“<br />

Die Falcon Private Bank ist ein Schweizer<br />

Bankhaus, das <strong>für</strong> seine Kunden im Jahr<br />

2016 14,6 Milliarden Schweizer Franken<br />

verwaltete. Der Hauptsitz der Bank ist<br />

Zürich. Daneben bestehen Filialen und Repräsentanzen<br />

in Abu Dhabi, Dubai, London<br />

und Luxembourg. Als Krypto-Broker<br />

und Infrastrukturpartner hat die Bitcoin<br />

Suisse AG die Bank dabei unterstützt,<br />

alle Produkte und Dienstleistungen anzubieten,<br />

die nötig sind, damit vermögende<br />

Privatkunden und <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong><br />

Krypto-Assets kaufen, sichern, nachverfolgen<br />

und handeln können.<br />

Die im August 2013 gegründete Bitcoin<br />

Suisse AG bietet ein Spektrum von Finanzdienstleistungen<br />

und Produkten <strong>für</strong> Privatkunden,<br />

Unternehmen und Institutionen<br />

im noch jungen Bereich Krypto-Finanzen<br />

und dezentralisierte Märkte an. Dazu gehören<br />

Brokerage, Trading, Asset Management,<br />

ICO-Dienstleistungen, Softwareintegration<br />

und Beratungslösungen,<br />

Ausgabe September/2017<br />

29


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

die auf Krypto-Assets und Blockchain-<br />

Technologie basieren.<br />

Das Unternehmen ist unter anderem<br />

da<strong>für</strong> bekannt, dass es die Krypto-Zahlungs-Infrastruktur<br />

<strong>für</strong> die Stadt Zug zur<br />

Verfügung stellt. Seit dem 1. Juli 2016<br />

ist Zug die weltweit erste Stadt, deren<br />

öffentliche Stellen Bitcoin und andere<br />

Kryptowährungen als Zahlungsmittel akzeptieren.<br />

Als ältestes Schweizer Unternehmen<br />

in seinem Marktsegment war die<br />

Bitcoin Suisse AG, die seit 2014 AML-reguliert<br />

ist, unter anderem als Broker <strong>für</strong><br />

Krypto-Asset-Institutionen wie die Ethereum<br />

Foundation und die Lisk Foundation<br />

tätig. Darüber hinaus bietet das Unternehmen<br />

Krypto-Asset-Dienstleistungen<br />

und -Lösungen <strong>für</strong> eine Reihe von Banken<br />

und Asset Managern an.<br />

Autor: www.bitcoinsuisse.ch<br />

www.falconpb.com/de/<br />

Zentralbanken heizen die Nachfrage nach<br />

Kryptowährungen an<br />

Ludwig von Mises Institut Deutschland e. V.<br />

"Noch vor etwa zwei Jahren wurde Bitcoin<br />

als Randtechnologie <strong>für</strong> Computer-Freaks<br />

betrachtet. Inzwischen gewinnen Bitcoin<br />

und Co. auch im Mainstream immer mehr<br />

an Popularität", stellt Demelza Haysin in<br />

ihrem jüngsten Beitrag auf www.misesde.org<br />

fest. Den Grund hier<strong>für</strong> sieht die<br />

Doktorandin der Universität von Liechtenstein<br />

allerdings weniger in der gestiegenen<br />

Nachfrage nach einem privaten und<br />

deflationären Tauschmittel, sondern primär<br />

in der Geldpolitik der Notenbanken.<br />

Es sind in erster Linie die niedrigen Zinsen,<br />

die den Preis der Bitcoins treiben.<br />

Die scharfe Korrektur des Bitcoinpreises<br />

auf die Ankündigung der Fed-Chefin Janet<br />

Yellen, die Zinsen in den USA weiter erhöhen<br />

zu wollen, zeigte dies. Ein weiterer<br />

Preistreiber ist die Demonetisierung von<br />

Fiat-Währungen, beispielsweise in Indien<br />

oder Venezuela.<br />

Anders als allgemein wahrgenommen,<br />

sind Bitcoins - gemäß der Definition der<br />

österreichischen Schule - eine inflationäre<br />

Währung: Das Angebot an Bitcoins<br />

steigt pro Jahr um ca. 4%. Weil aber die<br />

Nachfrage nach Bitcoins deutlich höher ist<br />

als deren Zuwachsrate, steigt deren Preis<br />

weiter an. Hierdurch können sie, trotz<br />

ihres eigentlich inflationären Charakters,<br />

als Schutz gegen die expansive Geldpolitik<br />

der Zentralbanken dienen.<br />

Dass die Preise auch weiter steigen werden,<br />

hält Demelza Haysin <strong>für</strong> sehr wahrscheinlich.<br />

Denn mit der Zeit werden die<br />

Menschen im Umgang mit Bitcoins "erfahrener",<br />

wodurch das Risiko und damit<br />

verbunden der Preisabschlag auf das <strong>neue</strong><br />

Medium sinkt. Zum anderen erfahren die<br />

USA ungefähr alle zehn Jahre einen wirtschaftlichen<br />

Abschwung. Der letzte liegt<br />

nun ziemlich genau eine Dekade zurück.<br />

In der nächsten, unweigerlich kommen-<br />

30 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

den Rezession wird die Fed die Anhebung<br />

der Zinsen nicht durchhalten können. Mit<br />

den entsprechenden Folgen <strong>für</strong> die Kryptowährungen.<br />

Haysin konstatiert: "Negative<br />

Zinsen in Europa und die Abschaffung<br />

von Banknoten in Entwicklungsländern<br />

sind treibende Faktoren <strong>für</strong> die Nachfrage<br />

nach Bitcoin und anderen Kryptowährungen.<br />

<strong>Investoren</strong> beginnen, das<br />

Potenzial der Technologie als integralen<br />

Bestandteil des Vermögensmanagements<br />

aus der Perspektive der Portfolio-Diversifizierung<br />

zu erkennen."<br />

"Vor unseren Augen spielt sich im Bereich<br />

der Kryptowährungen gerade etwas Historisches<br />

ab", fügt Prof. Thorsten Polleit,<br />

Präsident des Ludwig von Mises Instituts<br />

Deutschland, an. "Wir erleben, wie sich in<br />

einem marktwirtschaftlichen Prozess ein<br />

<strong>neue</strong>s Geldsystem zu etablieren versucht.<br />

Welche 'Coins' am Ende überleben werden,<br />

ist dabei noch genauso ungewiss wie<br />

die Frage, ob sich Kryptowährungen tatsächlich<br />

auch als Tauschmittel und nicht<br />

nur als ein alternatives Anlageobjekt etablieren<br />

werden können. Der Wettbewerb<br />

wird es am Ende zeigen.<br />

Autor: www.misesde.org<br />

Kryptowährungen im Kampf<br />

mit traditionellen Zahlungsmitteln<br />

Kryptowährungen erfreuen sich großer<br />

Bekanntheit. Über 70 Prozent<br />

der Verbraucher kennen die innovativen<br />

Zahlungsmittel oder haben davon<br />

schon mal gehört. Allerdings gibt es nach<br />

wie vor eine große Kluft zwischen Bekanntheit<br />

und tatsächlicher Nutzung. Zudem<br />

werden Kryptowährungen im Wettbewerb<br />

mit staatlichen Währungen und Gold<br />

in der Erfüllung der einzelnen Geldfunktionalitäten<br />

weiterhin eher als Außenseiter<br />

gesehen. Zu diesem Ergebnis kommt<br />

eine repräsentative Studie der Unternehmensberatung<br />

BearingPoint. Im Rahmen<br />

der Online-Erhebung wurden über 1.000<br />

Verbraucher aus ganz Deutschland befragt.<br />

Die Studie beschäftigt sich mit den<br />

grundlegenden Eigenschaften von Kryptowährungen<br />

im Vergleich zu staatlichen<br />

Zahlungsmitteln und Gold.<br />

Kryptowährungen - Vertrauen und<br />

Rahmenbedingungen vielfach nicht<br />

vorhanden<br />

Im Vergleich zu staatlichen Währungen<br />

und Gold werden Kryptowährungen von<br />

einem eher kleineren Anteil der Nutzer<br />

als wettbewerbsfähig bezeichnet, wenn<br />

auch mit steigender Tendenz. Laut der<br />

aktuellen Studie halten immerhin 34<br />

Prozent eine Ablösung durch virtuelle<br />

Zahlungsmittel <strong>für</strong> wahrscheinlich. In<br />

der Vorgängerstudie von BearingPoint<br />

aus dem Jahr 2016 waren es lediglich<br />

elf Prozent, die eine Durchsetzung und<br />

damit frühzeitige Verdrängung traditioneller<br />

Zahlungstechnologien erwarteten.<br />

Allerdings hält nur etwa ein Drittel der<br />

Befragten (32 Prozent) virtuelle Zahlungsmittel<br />

<strong>für</strong> vertrauenswürdig hinsichtlich<br />

ihrer Preisstabilität. Verbraucher<br />

vertrauen am stärksten der Preisstabilität<br />

des Goldes (81 Prozent), gefolgt von<br />

staatlichen Währungen (69 Prozent).<br />

"Die Digitalisierung der Finanzwirtschaft<br />

führt zur Beschleunigung im Ablauf der<br />

Finanzprozesse, um Verbraucherbedürfnisse<br />

immer und jederzeit befriedigen zu<br />

können. So ermöglichen es Kryptowährungen<br />

beispielsweise, Zahlungen nahezu<br />

in Lichtgeschwindigkeit zu beauftragen<br />

und abzuwickeln. Daher ist ihr<br />

Einsatz aus Verbrauchersicht zukünftig<br />

sicherlich eine mögliche Alternative<br />

zu staatlichen Währungen und Gold als<br />

Ausgabe September/2017<br />

31


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Zahlungsmittel oder Anlageform. Hier<strong>für</strong><br />

muss in Bezug auf die Geldfunktionen<br />

aber noch einiges passieren, um das<br />

Entwicklungspotenzial von Kryptowährungen<br />

auch wirklich auszuschöpfen.<br />

Das erfordert vor allem entsprechende<br />

technische und gesetzliche Rahmenbedingungen,<br />

die grundlegende Veränderungen<br />

im gesamten Finanzsystem nach<br />

sich ziehen. Themen wie Sicherheit, Werterhaltung<br />

und Zweckmäßigkeit spielen<br />

dabei eine entscheidende Rolle", kommentiert<br />

Dr. Robert Bosch, Partner bei Bearing-<br />

Point im Bereich Financial Services.<br />

Staatliche Währungen und Gold<br />

weiter führend<br />

Die noch fehlende Entwicklung zeigt sich<br />

auch in Bezug auf die Geldfunktionalitäten.<br />

Laut Studie gibt es hier weiterhin<br />

signifikante Unterschiede zwischen<br />

staatlichen Währungen, Gold und Kryptowährungen.<br />

Gold wird mit 79 Prozent<br />

als die beste Anlageform zur Werterhaltung<br />

wahrgenommen. Die Hälfte der Nutzer<br />

(53 Prozent) nimmt staatliche Währungen<br />

als geeignete Anlageform wahr<br />

und nur ein Drittel (31 Prozent) würde<br />

<strong>für</strong> Anlagen virtuelle Währungen nutzen.<br />

Wenn es um den Preisvergleich von Produkten<br />

und Dienstleistungen geht, neigen<br />

Verbraucher eher zu staatlichen Währungen<br />

- <strong>für</strong> 77 Prozent der Befragten sind<br />

diese am besten zum Preisvergleich geeignet.<br />

Gold (48 Prozent) genauso wie Kryptowährungen<br />

(36 Prozent) werden eher<br />

weniger als Recheneinheit empfunden.<br />

Auch wenn in absehbarer Zeit keine Ablösung<br />

traditioneller Zahlungsmittel zu<br />

erwarten ist, sollte die Finanzwelt Kryptowährungen<br />

jedoch mehr Beachtung<br />

schenken. Während 2016 nur fünf Prozent<br />

die <strong>neue</strong> Zahlungsform bereits benutzt<br />

haben, sind es laut der aktuellen<br />

Studie mit elf Prozent immerhin schon<br />

doppelt so viele. Und auch die Digitalisierung<br />

trägt ihren Teil zur Weiterentwicklung<br />

bei.<br />

Über die Studie<br />

Im Rahmen der Online-Befragung nahmen<br />

1.006 Deutsche teil. Die Studie<br />

beschreibt die grundlegenden Eigenschaften<br />

von Kryptowährungen, staatlichen<br />

Zahlungsmitteln und Gold. Virtuelle<br />

Währungen (z.B. Bitcoins) sind<br />

Geld in Form digitaler Zahlungsmittel,<br />

bei denen die Prinzipien der Kryptographie<br />

(Verschlüsselung) angewandt werden.<br />

Als staatliche Währungen (z.B. der<br />

Euro) werden Tausch- / Zahlungsmittel<br />

und Anlageformen (z.B. Bar, Anleihen,<br />

Tagesgelder) bezeichnet. Gold als Edelmetall<br />

beinhaltet neben der industriellen<br />

Nutzung die Funktionen der Tausch- und<br />

Werterhaltung (z.B. Münzen, Goldzertifikate,<br />

Goldfonds).<br />

Autor: www.bearingpoint.com<br />

32 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

eToros Crypto CopyFund investiert<br />

in Bitcoin, Ethereum, Ripple, LiteCoin,<br />

Ethereum Classic und Dash<br />

eToro lancierte den Crypto CopyFund,<br />

mit dem Anleger in sechs verschiedene<br />

Kryptowährungen investieren<br />

können. Der <strong>neue</strong> CopyFund deckt neben<br />

Bitcoin und Ethereum auch Ripple, Lite-<br />

Coin, Ethereum Classic sowie Dash ab und<br />

umfasst damit die sechs aktuell größten<br />

Kryptowährungen.<br />

Durch die Zusammensetzung aus sechs<br />

Kryptowährungen entsteht ein breit diversifiziertes<br />

Portfolio. Bitcoin und Ethereum<br />

machen derzeit zusammen etwa 70<br />

Prozent des Gesamtmarktes aus. Zusammen<br />

mit den vier nächstgrößten Kryptowährungen<br />

deckt der <strong>neue</strong> CopyFund<br />

aber sogar über 85 Prozent des Marktes<br />

ab (Stand 11. Juli 2017). Die Kryptowährungen<br />

werden im Portfolio gemäß ihrer<br />

Marktkapitalisierung gewichtet. Ein Rebalancing<br />

erfolgt auf monatlicher Basis. Zudem<br />

analysiert das Investment-Komitee<br />

von eToro das Portfolio fortlaufend.<br />

"2017 ist ein entscheidendes Jahr <strong>für</strong><br />

Kryptowährungen. Der globale Markt hat<br />

die Marke von 100 Milliarden US-Dollar<br />

geknackt", sagt Yoni Assia, Mitbegründer<br />

und CEO von eToro. "Unserer Ansicht<br />

nach markiert dies einen Meilenstein auf<br />

dem Weg hin zu einem Billionen-Dollar-<br />

Markt. Mit einer nach Marktkapitalisierung<br />

ausgerichteten Investment-Strategie ermöglichen<br />

wir es <strong>Investoren</strong>, auf dieses<br />

Wachstumspotenzial zu setzen."<br />

Mit CopyFunds können Trader und <strong>Investoren</strong><br />

in vordefinierte Marktstrategien<br />

investieren und gleichzeitig vom kumulierten<br />

Wissen der Masse profitieren:<br />

Top-Trader CopyFunds bieten Zugang auf<br />

die am besten performenden Strategien<br />

innerhalb der globalen Community von<br />

eToro - sie vereinen die Strategien mehrerer<br />

Top-Trader in ein Portfolio. Market<br />

CopyFunds hingegen verfolgen fest definierte<br />

Anlagestrategien. Mithilfe dieser<br />

Produkte können <strong>Investoren</strong> ihr langfristiges<br />

Risiko minimieren und dank diversifizierter<br />

Investments Wachstumschancen<br />

nutzen.<br />

Quelle: © monsitj - Fotolia.com<br />

Mit dem Crypto CopyFund erweitert eToro<br />

sein Angebot im Bereich der Kryptowährungen<br />

- Trader können bereits über den<br />

Crypto Currency CopyFund nur in Bitcoin<br />

und Ethereum investieren. Neben der<br />

Möglichkeit, in die beiden CopyFunds <strong>für</strong><br />

Kryptowährungen zu investieren, können<br />

Nutzer auf der eToro-Tradingplattform<br />

auch direkt mit einzelnen Kryptowährungen<br />

handeln. Der Schwerpunkt hierbei<br />

liegt auf Bitcoin und Ethereum. Zudem<br />

können sie die Trading-Strategien von<br />

Kryptowährungs-Experten nachahmen,<br />

beispielsweise Liam Davies, Alex Plesk<br />

oder Jay Smith. Letzterer hat in den vergangenen<br />

zwölf Monaten mehr als 171<br />

Prozent Gewinn eingefahren. Rund zwei<br />

Millionen US-Dollar sind derzeit auf der<br />

eToro-Plattform auf seine Strategie angelegt.<br />

eToro bietet eine Vielzahl verschiedener<br />

CopyFunds an, die ab einem Mindestinvestment<br />

von 5.000 US-Dollar zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Autor: www.etoro.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

33


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Blockchain in der Finanzdienstleistungsbranche<br />

birgt großes Potenzial -<br />

breite Anwendung in drei bis fünf Jahren<br />

Roland Berger-Studie:<br />

Durch Blockchain werden schnell <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle entstehen<br />

Die Technologie hilft Finanzdienstleistern,<br />

Kosten zu sparen - Breite<br />

Marktreife voraussichtlich in drei<br />

bis fünf Jahren - erste Anwendungen sind<br />

schon auf dem Markt - Banken und Versicherungen<br />

sollten sich schrittweise auf<br />

Blockchain und daraus entstehende Möglichkeiten<br />

vorbereiten<br />

Blockchain, die innovative Technologie, die<br />

als Rückgrat der digitalen Währung Bitcoin<br />

entstanden ist, wird in den kommenden<br />

Jahren verstärkt Einzug in die Finanzbrache<br />

halten und die digitale Transformation<br />

der Geschäftsmodelle zusätzlich verstärken.<br />

Denn durch Blockchain erhalten<br />

viele Nutzer Transaktionsmöglichkeiten<br />

mit Netzwerken, in denen sie Informationen<br />

austauschen und Geschäfte abwickeln<br />

können. Finanztransaktionen, die<br />

bislang über Intermediäre liefen, können<br />

künftig direkt zwischen den Beteiligten<br />

abgewickelt werden. Das World Economic<br />

Forum geht davon aus, dass bis 2025 insgesamt<br />

10 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts<br />

mithilfe dieser Technologie<br />

abgewickelt wird.<br />

"Blockchain wird die Art, wie weltweit<br />

Geschäfte gemacht werden, verändern",<br />

prognostiziert Wolfgang Hach, Partner von<br />

Roland Berger. "Die Technologie und ihre<br />

breiten Einsatzmöglichkeiten erlauben es,<br />

etwa bei Handelstransaktionen oder Vertragsabschlüssen<br />

auf vermittelnde Institutionen<br />

oder Treuhänder zu verzichten.<br />

Dadurch können Finanzinstitute Kosten<br />

sparen und <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle entwickeln."<br />

In der <strong>neue</strong>n Studie "Enabling decentralized,<br />

digital and trusted transactions<br />

- Why blockchain will transform the financial<br />

services industry" analysieren die Roland<br />

Berger-Experten Chancen und Risiken der<br />

Blockchain-Technologie.<br />

Blockchain: dezentrale Transaktionen<br />

und Kosteneinsparungen Die Blockchain-<br />

Technologie nutzt eine Vielzahl vernetzter<br />

Teilnehmer, um den Verlauf von Transaktionen<br />

lückenlos, sicher und rückverfolgbar<br />

dezentral abzuspeichern. Außerdem ist<br />

die Anwendung automatisierter Vertragsabwicklungen<br />

(Smart Contracts) möglich.<br />

"Gerade in der Finanzbranche mit ihren<br />

großen Datenmengen, zahlreichen Intermediären<br />

und Dienstleistungen, die abgesichert<br />

und verifiziert werden müssen,<br />

ergeben sich <strong>für</strong> Blockchain viele Anwendungsmöglichkeiten",<br />

erklärt Roland Berger-<br />

Partner Sebastian Steger.<br />

Durch den Einsatz dieser Technologie kann<br />

die Finanzindustrie zudem erheblich Kosten<br />

sparen - nicht nur durch den Verzicht auf<br />

verschiedene Intermediäre, sondern auch<br />

durch die hohe Automatisierung der<br />

Prozesse.<br />

Spannende Chancen <strong>für</strong> die Finanzindustrie:<br />

kundenzentrierte Geschäftsmodelle,<br />

<strong>neue</strong> Produktangebote<br />

Hinzu kommt die Möglichkeit, <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle<br />

zu entwickeln. "Auf den<br />

ersten Blick sieht es so aus, als ob Finanzdienstleister<br />

ihr eigenes Geschäft kannibalisieren,<br />

wenn sie Transaktionen über<br />

Blockchain anbieten", erklärt Hach. "Doch<br />

34 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © monsitj - Fotolia.com<br />

mit dieser Technologie können Finanzdienstleister<br />

zum Beispiel auch weltweit<br />

<strong>neue</strong> Kunden gewinnen, die bislang keine<br />

Bankkonten oder Versicherungen hatten."<br />

Außerdem bietet die Technologie hohe<br />

Sicherheitsstandards. Und schließlich<br />

sind Blockchain-Transaktionen schneller<br />

als traditionelle Vertragsabschlüsse und<br />

Transfers. Dadurch können Finanzdienstleister<br />

zusätzliche Kunden gewinnen und<br />

<strong>neue</strong>s Geschäft generieren.<br />

Zum Beispiel bei der Finanzierung von<br />

Handelstransaktionen, oder bei der Absicherung<br />

von Transportrisiken, etwa beim<br />

Schiffstransport im Fernhandel: Bisher<br />

müssen Verkäufer und Käufer über ihre<br />

Banken zahlreiche Dokumente organisieren,<br />

die festhalten, welchen Wert die<br />

Ware hat, wie sie verladen und transportiert<br />

wird und wer bis zu welchem Zeitpunkt<br />

haftet. Solche Unterlagen müssen<br />

allen Beteiligten im Original vorliegen. Mit<br />

Blockchain ließen sich die Dokumente unveränderbar,<br />

mit Zeitstempel und nachverfolgbar<br />

digital speichern, so dass die<br />

Handelspartner schnell und kostengünstig<br />

darauf zugreifen können. Dadurch können<br />

Zahlungen schneller angestoßen und die<br />

Warenlieferung beschleunigt werden.<br />

Ebenso effizient lassen sich auch Versicherungsfälle<br />

regeln. Denn mithilfe der Blockhain-Technologie<br />

können auch sensible<br />

Kunden- und Objektdaten sicher gespeichert<br />

und aktualisiert werden. Zum Beispiel<br />

bei Kfz-Versicherungen: Dank Blockchain<br />

können Versicherungen anhand der<br />

Fahrer- und Fahrzeugdaten maßgeschneiderte<br />

Policen anbieten und schnell zu Hilfe<br />

eilen, wenn Unfälle bzw. Pannen passieren.<br />

Das Fahrersystem meldet den Vorfall<br />

in Echtzeit bei der Versicherung - Reparaturdienst,<br />

Taxi oder andere Dienstleister<br />

werden sofort benachrichtigt, um dem<br />

Fahrer zu helfen. Über intelligente Sensoren<br />

werden Autoschäden sofort erfasst<br />

und der Versicherung gemeldet. "All das<br />

erhöht die Kundenzufriedenheit, senkt die<br />

Kosten, die den Versicherern <strong>für</strong> verschiedene<br />

Dienstleister entstehen, und lässt<br />

sich gut mit anderen digitalen Lösungen,<br />

die heute schon entstehen, kombinieren",<br />

sagt Wolfgang Hach.<br />

Quelle: © Jakub Jirsák - Fotolia.com<br />

Breite Marktreife beginnt in drei bis<br />

fünf Jahren<br />

Allerdings hält die <strong>neue</strong> Technologie auch<br />

Hürden bereit, die noch zu überwinden<br />

sind. Dazu zählen die Roland Berger-Experten<br />

unter anderem einheitliche Standards<br />

als Voraussetzung <strong>für</strong> die Kooperation über<br />

Länder-, Branchen- und Unternehmensgrenzen<br />

hinweg. Zudem sind auch rechtliche<br />

Grundlagen und Sicherheitsaspekte<br />

wesentliche Faktoren, damit sich die Blockchain<br />

etablieren kann.<br />

"Sowohl Politik, Regulatoren und Blockchain-Aktivisten<br />

als auch die Industrie arbeiten<br />

an diesen Aspekten, und weitere<br />

Lösungen werden bald bereitstehen", ist<br />

sich Sebastian Steger sicher. "Momentan<br />

befindet sich die Blockchain-Technologie<br />

in der Finanzbranche noch in einer Testphase;<br />

marktfähige Anwendungen zeichnen<br />

sich aber jetzt schon ab." Mit einer<br />

breiteren Nutzung der Technologie rechnen<br />

die Roland Berger-Experten in drei bis fünf<br />

Jahren. Entsprechend sollten sich<br />

Finanzdienstleister jetzt schon vorbereiten,<br />

um sich frühzeitig Wettbewerbsvorteile<br />

zu sichern.<br />

Autor: www.rolandberger.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

35


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

DXC-Studie "Blockchain":<br />

60 Prozent der Banken prüfen Datenschutz<br />

Sechs von zehn Banken in Deutschland<br />

setzen bei der Zukunftstechnologie<br />

Blockchain spezielle Sicherheitsfragen<br />

bei Datenschutz und Nutzeridentifikation<br />

auf die Agenda. Wichtiger Grund: Verbraucher,<br />

die mit Hilfe der <strong>neue</strong>n Technik<br />

bezahlen wollen, gilt es gegen den Verlust<br />

persönlichen Daten gesondert abzusichern.<br />

Banken müssen da<strong>für</strong> die Kontrolle über<br />

vormals zentral abgelegte Kundendaten<br />

auf die Blockchain anpassen. Das sind Ergebnisse<br />

der Studie "Blockchain - Evolution<br />

oder Revolution", die im Auftrag von DXC<br />

Technology über ein Marktforschungsinstitut<br />

in Deutschland durchgeführt wurde.<br />

Die Mehrheit der Institute sieht Handlungsbedarf,<br />

die Zuverlässigkeit der Daten<br />

innerhalb der Blockchain zu verbessern.<br />

Zwar gelten einmal in der Blockchain gespeicherte<br />

Daten als manipulationssicher.<br />

Doch die relevanten Informationen verstecken<br />

sich hinter anonymen Zahlenkolonnen.<br />

"Die Blockchain funktioniert wie<br />

ein digitales Grundbuch, das öffentlich alle<br />

getätigten Transaktionen festhält", sagt<br />

Jens-Thorsten Rauer, Director Banking<br />

and Capital Markets bei DXC Technology.<br />

"Welche Personen hinter einer abgewickelten<br />

Zahlung stecken, lässt sich jedoch<br />

nicht ohne weiteres überprüfen."<br />

Grundsätzlich verspricht das System eine<br />

hohe Sicherheit <strong>für</strong> die eigenen Daten. Es<br />

gilt jedoch die besonderen Risiken rund<br />

um die <strong>neue</strong> Technologie zu beachten.<br />

Denn Blockchain-Nutzer hinterlassen Spuren,<br />

ähnlich wie beim Verlauf eines Internet-Browsers,<br />

der besuchte Webseiten auflistet.<br />

Wer digital Geld überweist, wird mit<br />

seiner anonymen Kennung in der Blockchain<br />

gespeichert. Diese Daten lassen sich<br />

mit anderen Informationen beispielsweise<br />

von Online-Geschäften abgleichen, um die<br />

Person hinter einer Blockchain-Adresse zu<br />

ermitteln. Damit werden anonyme Zahlungen<br />

gefährdet: "Mit ausreichend Daten<br />

lässt sich jeder im Internet eindeutig identifizieren",<br />

erläutert Rauer. "Das gilt auch<br />

<strong>für</strong> die Blockchain."<br />

Gibt es Probleme, benötigen Verbraucher<br />

speziellen Schutz. Denn gerade bei öffentlich<br />

betriebenen Blockchains fehlt den<br />

Instituten ein direkter Zugriff. Selbst bei<br />

schwerwiegenden Versehen ist eine manuelle<br />

Korrektur explizit ausgeschlossen.<br />

Daraus ergeben sich <strong>für</strong> Banken vollkommen<br />

<strong>neue</strong> Compliance-Risiken. "Die Idee<br />

hinter einer öffentlichen Blockchain besteht<br />

darin, eine zusätzliche Regulierung<br />

überflüssig zu machen, da Transaktionen<br />

elektronisch durch die Beteiligten freigegeben<br />

werden.", sagt Rauer.<br />

Der Gesetzgeber ist bereits aktiv, um<br />

Transaktionen in der Blockchain abzusichern.<br />

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin<br />

sowie die Landeszentralbanken sind dabei,<br />

sich mit dem Thema intensiv zu beschäftigen.<br />

Konkrete Handlungsempfehlungen<br />

im Sinne rechtlicher Vorgaben liegen allerdings<br />

noch nicht vor. "In unseren Projektund<br />

Kundensituationen haben wir die Erfahrung<br />

gemacht, dass Banken sich nicht<br />

nur aus Technologiesicht sondern auch<br />

aus rechtlicher und Compliance-Sicht mit<br />

dem Thema Blockchain befassen sollten.<br />

Die Durchführung eines Pilotprojektes zusammen<br />

mit dem Regulator hilft beiden<br />

Seiten das Thema besser in den Griff zu<br />

bekommen."<br />

Um das Vertrauen in die <strong>neue</strong> Technologie<br />

zu gewährleisten sollten Banken mit hohen<br />

Transaktionsvolumen entsprechende tech-<br />

36 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © denisismagilov - Fotolia.com<br />

nische "Proof of Concepts" durchführen, um<br />

verschiedene Blockchain-Technologien in Bezug<br />

auf das benötigte Transaktionsvolumen<br />

zu evaluieren. Die verschiedenen Blockchain-<br />

Protokolle weisen große Unterschiede in ihrer<br />

Eignung vor allem bezüglich Performance<br />

oder Protokoll-Reifegrade <strong>für</strong> Banken auf.<br />

Aufgrund noch unterschiedlicher Blockchain-Plattformen<br />

und -Implementierungen<br />

ist es empfehlenswert, Anwendungen<br />

auf ihre Eignung zur Integration<br />

in ein spezifisches Blockchain-System<br />

zu bewerten. "Beim Aufbau einer Blockchain<br />

empfehlen wir unseren Kunden<br />

einen risikobasierten Ansatz, indem die<br />

Sicherheitskontrollen die Geschäftsanforderungen<br />

und Prozesse mit berücksichtigen",<br />

sagt Rauer. Dies bedeutet, dass<br />

man zum einen die Daten kennt welche in<br />

der Blockchain gespeichert und verarbeitet<br />

werden sollen. Es bedeutet aber auch,<br />

dass man Lösungen aufbaut, beispielsweise<br />

zur Verschlüsselung, Codeüberprüfung<br />

oder Identity Access Management,<br />

um klassische Bedrohungen wie die Kompromittierung<br />

der Public Key Infrastruktur<br />

und der Anwendungsentwicklung zu<br />

verhindern. Wichtig ist zudem eine effiziente<br />

Governancestruktur aufzubauen,<br />

um Cyberangriffe effizient abzuwehren.<br />

"Wir erwarten, dass sich Cyberangriffe<br />

künftig auf die Software richten, die einen<br />

vereinfachten Zugang zur Blockchain<br />

ermöglichen soll", sagt Rauer. "Hier gilt<br />

es den Fokus auf die Implementierung zu<br />

setzen und der Security-Level im Application-Bereich<br />

sollte erhöht werden - beziehungsweise<br />

bereits bei der Software-<br />

Entwicklung inhärent enthalten sein."<br />

Über die Studie<br />

DXC Technology hat <strong>für</strong> die Studie "Blockchain:<br />

Evolution oder Revolution?" im<br />

Februar 2017 insgesamt 100 Fach- und<br />

Führungskräfte deutscher Banken über<br />

ein Marktforschungsinstitut befragt. 50<br />

Vorstände, Geschäftsführer und leitende<br />

Angestellte sowie 50 Mitarbeiter aus Fachabteilungen<br />

haben an der Erhebung teilgenommen.<br />

Autor: www.dxc.technology/de<br />

Ausgabe September/2017<br />

37


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Blockchain macht<br />

Entwicklungszusammenarbeit wirksamer<br />

KfW verwendet erstmals Blockchaintechnologie<br />

<strong>für</strong> den transparenten Einsatz von Haushaltsmitteln<br />

Die KfW testet im Auftrag des Bundesministeriums<br />

<strong>für</strong> wirtschaftliche<br />

Entwicklung und Zusammenarbeit<br />

(BMZ) den Einsatz der sogenannten<br />

Blockchaintechnologie. Diese ermöglicht<br />

es, sämtliche Arbeits- und Genehmigungsschritte<br />

im Rahmen der Beschaffung, der<br />

Vertragsgestaltung, der Ausschreibungen<br />

und Auszahlungsprozesse bei der Durchführung<br />

eines Projekts zuverlässig abzubilden.<br />

Um die Verwendung öffentlicher<br />

Mittel transparent und nachvollziehbar zu<br />

gestalten, hat die KfW Entwicklungsbank<br />

zusammen mit dem KfW Digital Office die<br />

Software TruBudget (Trusted Budget Expenditure<br />

Regime) auf Basis dieser innovativen<br />

Technologie entwickelt. Alle beteiligten<br />

Parteien können auf dieser Plattform<br />

zusammenarbeiten und verfolgen, wer<br />

welche Änderungen vornimmt. Dank der<br />

Blockchaintechnologie sind die Vorgänge<br />

nicht nur transparenter nachvollziehbar,<br />

sondern können vor allem nicht nachträglich<br />

oder unbefugt manipuliert werden.<br />

Das minimiert die Risiken einer Mittelfehlverwendung<br />

auf Seiten der Institutionen,<br />

an die ausgezahlt wird.<br />

"Mängel im Management öffentlicher Finanzen<br />

gehören zu den größten Hemmnissen <strong>für</strong><br />

wirtschaftliche Entwicklung und gefährden<br />

regelmäßig auch die Wirksamkeit der Finanziellen<br />

Zusammenarbeit. Mit TruBudget hat<br />

die KfW eine innovative digitale Anwendung<br />

entwickelt, von deren Nutzen auch andere<br />

Entwicklungsbanken profitieren könnten.<br />

Mit dieser Software ist Deutschland weltweit<br />

Vorreiter bei der Anwendung digitaler<br />

Lösungen in der Armutsbekämpfung", sagte<br />

Dr. Norbert Kloppenburg, Mitglied des Vorstands<br />

der KfW Bankengruppe.<br />

In Entwicklungsländern besteht das Risiko,<br />

dass öffentliche Mittel fehlgeleitet werden<br />

anstatt dem Gemeinwohl (z. B. bei Krankenhäusern<br />

und Schulen) zu dienen. Internationale<br />

Geber reagieren auf diese<br />

Risiken und die schwachen Umsetzungskapazitäten<br />

in den Partnerländern, indem<br />

parallele Strukturen aufgesetzt werden.<br />

Die damit verbundenen Transaktionskosten<br />

sind jedoch <strong>für</strong> beide Seiten hoch. Mit<br />

der Umgehung der Systeme der Partnerinstitutionen<br />

des jeweiligen Entwicklungsoder<br />

Schwellenlandes erschweren die Geber<br />

zudem ihre eigentliche Aufgabe, nämlich<br />

die Partnerländer in die Lage zu versetzen,<br />

Projekte eigenständig zu planen<br />

und umzusetzen.<br />

In einer Pilotphase, die durch das BMZ in<br />

Höhe von 1 Mio. EUR finanziert wird, soll<br />

der existierende Prototyp der Software<br />

zunächst bei laufenden Investitionsprojekten<br />

getestet und weiterentwickelt werden.<br />

Die KfW ist bereits mit mehreren afrikanischen<br />

Ländern <strong>für</strong> eine Pilotphase im<br />

Gespräch.<br />

Autor www.kfw.de<br />

38 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

EY, Guardtime und Branchenteilnehmer<br />

starten die weltweit erste Blockchain-<br />

Plattform <strong>für</strong> Transportversicherer<br />

Blockchain-Technologie verbindet Kunden, Makler und Versicherer<br />

EY und Guardtime präsentieren die weltweit<br />

erste Blockchain-Plattform <strong>für</strong> die<br />

Transportversicherungsbranche.<br />

Die Blockchain-Plattform bringt der Versicherungsbranche<br />

enorme Vorteile: Sie<br />

sieht sich einem komplexen internationalen<br />

Umfeld gegenüber, das viele Beteiligte,<br />

Bürokratie, große Transaktionsvolumen<br />

und länderübergreifende Abstimmungsprozesse<br />

mit sich bringt. Dies kann dazu<br />

führen, dass die Anforderungen im Hinblick<br />

auf Transparenz, Compliance und ein<br />

sorgfältiges Risikomanagement nicht erfüllt<br />

werden können. Die Blockchain-Plattform<br />

führt getrennt gespeicherte Daten<br />

und Prozesse zusammen, um das Risiko<br />

von Abstimmungsdifferenzen und Fehlern<br />

zu minimieren.<br />

Versicherer können dank der <strong>für</strong> die Branche<br />

bisher einmaligen Blockchain-Plattform<br />

außerdem ihre Kapitalausstattung verbessern<br />

und Effizienzvorteile erzielen, da die<br />

Transparenz erhöht und Verwaltungskosten<br />

verringert werden.<br />

Dem Start der Plattform, die von A.P.<br />

Møller-Maersk A/S, ACORD, Microsoft, MS<br />

Amlin, Willis Towers Watson und XL Catlin<br />

gemeinschaftlich initiiert wurde, ging eine<br />

20-wöchige Proof-of-Concept-Phase voraus.<br />

Die Plattform basiert auf der Global<br />

Cloud-Technologie von Microsoft Azure.<br />

Die weltweite Blockchain-Plattform verbindet<br />

Kunden, Makler, Versicherer und<br />

Dritte. Die Plattform kann Daten über Vermögenswerte<br />

von mehreren Parteien erzeugen<br />

und pflegen, Daten mit Versicherungsverträgen<br />

verknüpfen, Informationen<br />

empfangen und darauf reagieren (z. B. in<br />

Form einer Tarifänderung oder Änderung<br />

eines Geschäftsprozesses), Kundenvermögen,<br />

Transaktionen und Zahlungen<br />

miteinander verbinden sowie erstmalige<br />

und weitergehende Schadenmeldungen<br />

erfassen und auswerten.<br />

Teilnehmer sind sich einig, dass die<br />

Blockchain die Versicherungsbranche<br />

grundlegend verändern wird<br />

„Es war immer klar, dass die Blockchain<br />

das Potenzial hat, das gesamte Versicherungswesen<br />

zu transformieren. Mit unserer<br />

Arbeit haben wir dazu beigetragen,<br />

dass aus dem Potenzial Realität wird. Mit<br />

der von uns erprobten Lösung, die bereit<br />

<strong>für</strong> den kommerziellen Einsatz ist,<br />

kann die Transportversicherungsbranche<br />

erstmals von der Transparenz, Sicherheit<br />

und Standardisierung der Blockchain<br />

profitieren. Wir freuen uns darauf, diese<br />

Technologie in der Schiffsversicherung<br />

einzusetzen und herauszufinden, wie die<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse in anderen<br />

Märkten <strong>für</strong> Spezialversicherungen und in<br />

anderen Bereichen angewendet werden<br />

können“, EY-Partner Oliver Netz.<br />

Lars Henneberg, A.P. Head of Risk<br />

and Insurance bei A.P. Møller-Maersk<br />

A/S, erklärt dazu:<br />

„Der Einsatz von Technologie zur Verschlankung<br />

und Automatisierung unserer<br />

Interaktionen mit dem Versicherungsmarkt<br />

hat <strong>für</strong> uns oberste<br />

Priorität. Versicherungsgeschäfte sind<br />

bislang viel zu langwierig und umständlich.<br />

Der Abstand zwischen Risiko<br />

und Kapital ist einfach zu groß. Die<br />

Blockchain-Technologie hat das Potenzial,<br />

die gewünschte und längst fällige<br />

Entwicklung zu erleichtern.“<br />

Ausgabe September/2017<br />

39


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Mike Gault, CEO von Guardtime,<br />

erläutert:<br />

„Die KSI® Blockchain Stack ist eine bewährte<br />

Technologie zur Sicherung der<br />

physischen Lieferketten sowie der Software-<br />

und Informations-Lieferketten, auf<br />

die sich Unternehmen stützen, um die Integrität<br />

ihrer Geschäftsaktivitäten sicherzustellen.<br />

Durch die Zusammenarbeit mit<br />

EY können wir den Einsatz unserer Technologie<br />

zur Lösung praktischer Probleme<br />

von Kunden weiter ausdehnen. Die Technologie<br />

von Guardtime und die Fachkompetenz<br />

von EY ist eine starke Kombination<br />

<strong>für</strong> Kunden, die schwierige Probleme mit<br />

der Blockchain-Technologie lösen wollen.“<br />

„Es ist großartig, dass wir bei dieser innovativen<br />

Blockchain-Lösung <strong>für</strong> die Versicherungsindustrie<br />

mit EY zusammenarbeiten<br />

können. Unser Pionierprojekt<br />

hat das Potenzial, den Zeitaufwand, die<br />

Kosten und die Risiken entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette der Versicherungsbranche<br />

deutlich zu reduzieren.<br />

ACORD freut sich auf die weitere Zusammenarbeit,<br />

denn wir wollen, dass unsere<br />

Mitglieder von den Vorteilen aus der Nutzung<br />

der Blockchain profitieren können“,<br />

betont Bill Pieroni, President und CEO von<br />

ACORD, einer weltweiten Organisation,<br />

die internationale Standards <strong>für</strong> die Versicherungsbranche<br />

entwickelt.<br />

Mark Russinovich, Chief Technology<br />

Officer von Microsoft Azure, erklärt:<br />

„Microsoft ist davon überzeugt, dass die<br />

Blockchain eine Transformationstechnologie<br />

ist, die Reibungsverluste im Geschäftsverkehr<br />

deutlich verringern kann, insbesondere<br />

durch die Verschlankung von Geschäftsprozessen,<br />

die von mehreren Unternehmen<br />

geteilt werden. Die Transportversicherung<br />

ist ein Paradebeispiel <strong>für</strong> einen komplexen<br />

Geschäftsprozess, der mit der Blockchain<br />

optimiert werden kann. Wir werden uns<br />

weiterhin da<strong>für</strong> einsetzen, dass Unternehmen<br />

von der Blockchain profitieren können.<br />

Wir freuen uns, gemeinsam mit EY,<br />

Guardtime und anderen Branchenkenner<br />

an der Entwicklung und Einführung von<br />

Blockchain-Lösungen, die auf Technologien<br />

von Microsoft Azure aufbauen, arbeiten zu<br />

können.“<br />

„Wir begannen mit dieser Arbeit im Jahr<br />

2016, weil wir davon überzeugt waren,<br />

dass die Blockchain-Technologie den<br />

Transportversicherungsmarkt revolutionieren<br />

könnte. Es ist ein großartiger Erfolg,<br />

dass wir bereits in der Lage sind, eine<br />

konkrete Plattform zu testen, über die wir<br />

Transaktionen auf ganz <strong>neue</strong> Weise abwickeln<br />

werden. Mit unserem MS Amlin<br />

EDGE-Programm verfolgen wir das Ziel,<br />

die Chancen zu nutzen, die sich aus strategischen<br />

und radikaleren Möglichkeiten<br />

der digitalen Disruption und Geschäftsmodellinnovation<br />

ergeben“, erklärt Dr. Paul<br />

Taffinder, Director of Strategy and Innovation<br />

bei MS Amlin.<br />

„Für die Weiterentwicklung der Versicherungsbranche<br />

ist es unabdingbar, den Versicherungsprozess<br />

völlig neu zu gestalten.<br />

Diese Initiative kann Versicherungsgeschäfte<br />

dank neuartiger Technologien<br />

straffen und vereinfachen und dadurch effizienter<br />

gestalten – ein wichtiger Entwicklungsschritt<br />

<strong>für</strong> die Versicherungsbranche“,<br />

betont Simon Gaffney, Chief Data Officer<br />

von Willis Towers Watson.<br />

„Dieses erfolgreiche Proof of Concept ist<br />

wegweisend. Während die Versicherungsindustrie<br />

die Blockchain bislang als Möglichkeit<br />

betrachtet hat, einige Prozesse zu<br />

revolutionieren und die Effizienz zu steigern,<br />

wird unsere Lösung zu praxisrelevanten<br />

Innovationen führen. Die Erfahrungen<br />

und Erkenntnisse, die wir dabei<br />

gewinnen, werden wir in anderen Versicherungssparten<br />

anwenden können und<br />

so <strong>für</strong> unsere Kunden in der ganzen Branche<br />

einen Mehrwert schaffen,“ stellt Martin<br />

Henley, Chief Information Officer von<br />

XL Catlin, fest. Nähere Informationen unter<br />

ey.com/insurance_blockchain<br />

Autor: www.ey.com<br />

40 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Blockchain – Revolution:<br />

Abstraktes Unterfangen mit Zukunft<br />

Chance oder Risiko? Die <strong>neue</strong> Transaktions-Technologie<br />

hat das Potenzial <strong>für</strong> eine branchenübergreifende Revolution<br />

Blockchains revolutionieren die Geschäftswelt.<br />

Für sämtliche Branchen<br />

von Logistik über Tourismus<br />

und die Energiewirtschaft bis hin zur Finanzbranche<br />

ist das Thema relevant.<br />

Bislang wissen nur wenige in Deutschland<br />

(11 Prozent) was dieser Begriff „in<br />

etwa“ bedeutet, auch wenn jeder Fünfte<br />

(22 Prozent) ihn schon einmal gehört hat.<br />

Doch besonders die traditionellen Banken<br />

sollten sich umgehend mit dieser Technologie<br />

auseinandersetzen, um nicht überrollt<br />

zu werden. Denn was Kunden bei<br />

Bankgeschäften (Überweisungen) wichtig<br />

ist, das sind zugleich die Vorteile der<br />

Blockchain-Technologie, wie die aktuelle<br />

Studie „Blockchain – Revolution“ des internationalen<br />

Marktforschungs- und Beratungsinstituts<br />

YouGov belegt.<br />

Hohe Schnelligkeit, Transparenz und Sicherheit<br />

sowie niedrige Transaktionskosten sind<br />

die Pluspunkte von Blockchain. Vereinfacht<br />

ausgedrückt ist darunter eine Software-<br />

Architektur zu verstehen, die Prozesse<br />

in einer neuartigen Infrastruktur programmiert<br />

und automatisiert verarbeitet.<br />

Zahlungsabwicklungen sind ein prädestiniertes<br />

Anwendungsfeld <strong>für</strong> Blockchain.<br />

Schließlich ist 84 Prozent der Deutschen<br />

bei Überweisungen der Schutz vor Angriffen<br />

Dritter wichtig, gefolgt von geringen<br />

Kosten und der Bestimmung über<br />

Datenverwendung (je 70 Prozent) sowie<br />

Schnelligkeit (60 Prozent).<br />

„Sobald die Technologie aufgrund ihrer<br />

Vorteile immer mehr Anwendung und Anwender<br />

findet, kommt eine Revolution ins<br />

Rollen, die möglicherweise etablierte Anbieter<br />

in ihrer Existenz bedroht“, betont<br />

Quelle: © flydragon - Fotolia.com<br />

Markus Braun, Head of Business Unit Reports<br />

bei YouGov. Veränderungen gehen<br />

stets einher mit Widerstand und Verunsicherung<br />

– ein Punkt, den sich die etablierten<br />

Player auf zwei Arten zu Nutze<br />

machen können.<br />

<strong>Eine</strong>rseits indem sie ihre Rolle als verlässlicher,<br />

vertrauter Partner nutzen, um die<br />

Zukunftstechnologie leicht verständlich<br />

zu kommunizieren und den Verbraucher<br />

wirklich abzuholen statt ihn zu überfordern.<br />

Schließlich wollen 48 Prozent der<br />

Deutschen möglichst wenig technisches<br />

Know-how bei Überweisungen anwenden<br />

müssen. Gleichzeitig ist es jedem Zweiten<br />

wichtig, zu wissen, was hinter den Transaktionen<br />

passiert. Zudem setzt mehr als jeder<br />

dritte Blockchain-Kenner auf bekannte<br />

Finanzdienstleister, was den Markteinstieg<br />

<strong>für</strong> Start-Ups erschwert.<br />

Andererseits können die traditionellen Finanzinstitute<br />

die Nachteile der Blockchain-<br />

Technologie als eigene Vorteile nutzen. So<br />

ist beispielsweise gerade bei der Altersgruppe<br />

55plus der persönliche Kontakt<br />

wichtig. Ein Wunsch, der mehr <strong>für</strong> eine Filialbank<br />

spricht.<br />

Ausgabe September/2017<br />

41


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

„Die Blockchain-Entwicklung steht noch<br />

ganz am Anfang und es ist schwer abschätzbar,<br />

wie sich Geschäftsfelder entwickeln<br />

werden. Die Ergebnisse zeigen<br />

jedoch, dass Unternehmen sich schon<br />

heute mit dem Thema befassen und das<br />

Informationsdefizit in der Kommunikation<br />

angehen sollten“, fasst Braun zusammen.<br />

Die YouGov-Studie zeigt aus Marktsicht<br />

attraktive Merkmale der Blockchain-Ken-<br />

ner. So werden sie häufig von Freunden<br />

und Bekannten um Rat gefragt, bevor diese<br />

bestimmte Produkte kaufen. Dadurch<br />

wirken die Early Adopter als Multiplikator<br />

<strong>für</strong> die Blockchain-Technologie. Außerdem<br />

verfügen sie eher über ein hohes Einkommen<br />

und eine größere Risikofreude bei Investitionen.<br />

Autor: www.yougov.de<br />

Blockchain:<br />

In der Automobilbranche<br />

weitgehend unbekannt<br />

<strong>Eine</strong>r der wichtigsten Tech-Trends ist<br />

in der deutschen Automobilindustrie<br />

weitgehend unbekannt. Gerade einmal<br />

ein Drittel der Automobilhersteller und<br />

–zulieferer (34 Prozent) hat bislang von der<br />

Blockchain als Technologie <strong>für</strong> den Unternehmenseinsatz<br />

gehört. Zum Vergleich:<br />

Bei Big Data (96 Prozent), 3D-Druck (92<br />

Prozent) oder Internet of Things (73 Prozent)<br />

liegen die Anteile deutlich darüber.<br />

Das ist das Ergebnis einer Umfrage im<br />

Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter<br />

177 Vorständen und Geschäftsführern von<br />

Unternehmen der Automobilindustrie mit<br />

20 und mehr Mitarbeitern in Deutschland.<br />

„Blockchain wird nicht nur die Finanzoder<br />

Energiewirtschaft verändern, Verwaltungsvorgänge<br />

oder etwa die Logistik<br />

Quelle: © cherezoff - Fotolia.com<br />

revolutionieren“, sagt Bitkom-Präsident<br />

Achim Berg. „Gerade im Verkehrssektor<br />

gibt es faszinierende Einsatzszenarien.<br />

Viele der aktuellen Herausforderungen<br />

der Automobilindustrie können mit Blockchain<br />

leichter bewältigt werden. Jedes Unternehmen<br />

sollte ,digital first‘ denken und<br />

handeln. Die Entscheidungsträger in der<br />

Automobilindustrie sollten die Chancen<br />

der Blockchain-Technologie <strong>für</strong> ihre jeweiligen<br />

Unternehmen ausloten.“<br />

Aktuell wird die Blockchain-Technologie<br />

häufig auf ihren Einsatz bei sogenannten<br />

Kryptowährungen wie Bitcoin reduziert.<br />

Der dezentrale Ansatz der Blockchain-<br />

Technologie ermöglicht aber Transaktionen<br />

ohne zentrale Vertrauensinstanz in vielen<br />

anderen Bereichen. So können<br />

damit nicht nur Finanztransaktionen<br />

sicher gestaltet werden,<br />

sondern künftig zum Beispiel<br />

Beurkundungen ohne Notar<br />

erfolgen, Verträge als Smart<br />

Contracts abgewickelt werden<br />

oder die komplette Lieferkette<br />

eines Produkts transparent<br />

dargestellt und ins Internet of<br />

Things (IoT) eingebunden werden.<br />

Mit Blockchain lässt sich<br />

der Parkraum in Innenstädten<br />

42 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © buchachon - Fotolia.com<br />

bewirtschaften, Fahrzeugflotten verwalten<br />

und das Elektrofahrzeug bezahlt autonom<br />

den Strom mit der eignen digitalen Brieftasche.<br />

In der Produktion von Fahrzeugen<br />

macht Blockchain-Technologie im Zusammenspiel<br />

mit KI-Lösungen genauere Fehleranalysen<br />

möglich. Im Service lassen<br />

sich Schäden oder Materialermüdung festhalten,<br />

es kann punktgenau vorausschauend<br />

gewartet und eine Unfallhistorie nachgehalten<br />

werden.<br />

Die Automobilunternehmen, die bereits<br />

von der Blockchain gehört haben, sehen<br />

die größten Anwendungschancen in der<br />

Logistik und Warenwirtschaft (62 Prozent)<br />

und in der Produktion (61 Prozent). Dahinter<br />

folgen Forschung und Entwicklung<br />

(50 Prozent), Einkauf (29 Prozent) und die<br />

Personalabteilung (26 Prozent). Größter<br />

Hinderungsgrund <strong>für</strong> eine Einführung im<br />

eigenen Unternehmen sind die Kosten (60<br />

Prozent), die unklare rechtliche Situation<br />

(43 Prozent), etwa beim Datenschutz, sowie<br />

das fehlende Know-how im Unternehmen<br />

(29 Prozent). Gut jedes vierte Unternehmen<br />

(27 Prozent) sieht bislang auch<br />

keine Notwendigkeit, die Technik zu nutzen.<br />

8 Prozent gehen davon aus, dass die<br />

Blockchain ihnen keinen Mehrwert liefern<br />

werde.<br />

Nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom<br />

sollte die nächste Bundesregierung da<strong>für</strong><br />

sorgen, dass sich Deutschland weltweit<br />

führend in der Blockchain-Technologien<br />

positioniert. Dazu gehört die Aufnahme<br />

von Blockchain-Projekten in geeignete<br />

Förderprogramme und die Etablierung von<br />

entsprechenden Bildungs- und Weiterbildungsangeboten<br />

ebenso wie ein aktives<br />

Vorangehen der öffentlichen Verwaltung,<br />

die Blockchain-Technologien einsetzen und<br />

ausprobieren sollte. Unternehmen und<br />

Verbraucher benötigen zudem Rechtssicherheit,<br />

wenn sie Blockchain-Technologien<br />

nutzen wollen. In der kommenden<br />

Legislaturperiode muss daher ein geeigneter<br />

Rechtsrahmen geschaffen werden.<br />

„Blockchain ist eine der wichtigsten<br />

Basistechnologien des Digitalzeitalters“,<br />

so Berg. „Wer hier bei der Entwicklung<br />

vorne mit dabei ist, kann sich enorme<br />

Wettbewerbsvorteile verschaffen.“<br />

Autor: www.bitkom.org<br />

Ausgabe September/2017<br />

43


FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />

Per Klick zum <strong>neue</strong>n Reisepass:<br />

81 % der Deutschen wünschen sich<br />

die digitale Verwaltung<br />

PwC-Umfrage: Online-Verwaltungen, wie sie in anderen Ländern<br />

bereits üblich sind, würden hierzulande auf große Zustimmung treffen<br />

Auch in einem digitalen Bürgerkonto<br />

sehen die meisten Befragten viele<br />

Vorteile / Voraussetzung allerdings<br />

ist: Die persönlichen Daten müssen sicher<br />

sein / PwC-Experte Hauke-Thiemian: „Im<br />

Zeitalter von E-Commerce und Online-<br />

Banking gehören lästige Behördengänge<br />

zur Vergangenheit. Das hilft Verwaltung<br />

und Bürgern gleichermaßen.“<br />

In Ländern wie Dänemark, Österreich<br />

oder Estland gibt es sie bereits – die digitale<br />

Verwaltung, die den Bürgern eine<br />

Vielzahl mühevoller Behördengänge erspart.<br />

Auch in Deutschland würde sich die<br />

große Mehrheit der Menschen diesen Service<br />

wünschen. Dies zeigt eine repräsentative<br />

Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und<br />

Beratungsgesellschaft PwC. So zeigen sich<br />

91 Prozent offen <strong>für</strong> die Idee, zum Beispiel<br />

den Antrag auf Kindergeld oder die<br />

Ausstellung eines Reisepasses in Zukunft<br />

komplett online zu erledigen. Das Alter<br />

der Befragten spielt dabei erstaunlicherweise<br />

kaum eine Rolle: Selbst bei den<br />

Über-64-Jährigen liegt die Zustimmung<br />

bei rund 83 Prozent.<br />

15 Minuten online<br />

statt sechsmal zum Amt<br />

Acht von zehn Befragten können sich zudem<br />

vorstellen, sämtliche Verwaltungsvorgänge<br />

über ein digitales Bürgerkonto<br />

abzuwickeln. Damit ist ein Tool gemeint,<br />

über das die komplette Interaktion zwischen<br />

Bürger und Verwaltung zentral und<br />

transparent abgewickelt werden kann.<br />

„Ein solches Bürgerkonto hätte beispielsweise<br />

zur Folge, dass sich der frischgebackene<br />

Vater nicht nur online die Geburtsurkunde<br />

ausstellen lassen kann, sondern<br />

auch weitere Schritte wie der Antrag auf<br />

Elterngeld ausgelöst werden können. Momentan<br />

ist die Geburt eines Kindes mit<br />

einem halben Dutzend Behördengängen<br />

verbunden. Durch das Bürgerkonto ließe<br />

sich das Procedere mit einem gesamten<br />

Zeitaufwand von vielleicht 15 bis 30 Minuten<br />

online erledigen“, sagt Borries Hauke-<br />

Thiemian, Experte <strong>für</strong> Public Management<br />

Consulting bei PwC in Deutschland.<br />

Tablet statt Wartemarke –<br />

das sollte die Vision sein<br />

„Digitale Technologien sind heutzutage<br />

selbstverständlicher Bestandteil unseres<br />

täglichen Lebens. Immer mehr Menschen<br />

betreiben Online-Banking, shoppen im Internet<br />

oder nutzen Dienstleistungen wie<br />

Car-Sharing. Vor diesem Hintergrund ist<br />

den Menschen nur noch schwer begreiflich<br />

zu machen, warum sie sich <strong>für</strong> einfache<br />

Urkunden oder Dokumente einen halben<br />

Vormittag ins Amt setzen sollen“, so Hauke-<br />

Thiemian.<br />

Wo es schon digitale Services gibt,<br />

werden diese auch genutzt<br />

Dabei ist es natürlich nicht so, dass die<br />

deutschen Verwaltungen noch komplett in<br />

der Offline-Welt leben. Bei vielen Stadtverwaltungen<br />

können die Bürger inzwischen<br />

online Termine ausmachen. Dadurch reduzieren<br />

sich mögliche Wartezeiten. Zudem<br />

wird die Gefahr gebannt, dass sich<br />

44 Ausgabe September/2017


KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />

Menschen sogar umsonst auf den Weg<br />

zum Amt machen. Bemerkenswerterweise<br />

nutzen die Deutschen solche Angebote<br />

der PwC-Umfrage zufolge bereits relativ<br />

intensiv. So gaben 67 Prozent der Befragten<br />

an, digitale Dienstleistungen ihrer<br />

Verwaltung in Anspruch zu nehmen. „Die<br />

Politik sollte darin einen Ansporn sehen,<br />

nicht auf halber Strecke stehen zu bleiben“,<br />

sagt Alfred Höhn, Leiter Öffentlicher<br />

Sektor bei PwC. „Denn einerseits ist es<br />

zwar erfreulich, dass die Online-Absprache<br />

von Verwaltungsterminen allmählich zum<br />

Standard wird. Andererseits kann dies gemessen<br />

an Ländern wie Dänemark allerdings<br />

nur ein Anfang sein. Denn dort können<br />

die Bürger von Steuerangelegenheit<br />

über Wohnkostenzuschüsse bis hin zur<br />

Scheidung nahezu alles online regeln. Ein<br />

solcher digitaler Rundum-Service sollte<br />

auch <strong>für</strong> Deutschland die Vision sein.“<br />

Viel Vertrauen in die Stadtverwaltung<br />

– wenig in die Arbeitsagentur<br />

Aus Sicht der potenziellen Nutzer gehört<br />

zu den großen Vorteilen des digitalen Bürgerkontos,<br />

dass sie damit Zeit sparen (68<br />

Prozent Zustimmung) und Kosten reduzieren<br />

(64 Prozent Zustimmung). Darüber<br />

hinaus werden „Bequemlichkeit“, „Zuverlässigkeit“<br />

und „Umweltverträglichkeit“<br />

als positive Faktoren genannt. Auf der<br />

anderen Seite hegen viele Menschen allerdings<br />

datenschutzrechtliche Bedenken.<br />

So <strong>für</strong>chten 60 Prozent, beim digitalen<br />

Bürgerkonto könnten personenbezogene<br />

Informationen in falsche Hände geraten.<br />

Entsprechend differenzieren viele Teilnehmer<br />

bei der Frage, welche Behörden Zugriff<br />

auf das Bürgerkonto erhalten sollen.<br />

Bei der Stadtverwaltung haben 82 Prozent<br />

der potenziellen Nutzer kein Problem damit.<br />

Den Sozialversicherungsträgern bringen<br />

immerhin 74 Prozent das nötige Vertrauen<br />

entgegen. Dagegen wäre nur eine<br />

Minderheit bereit, das Finanzamt (46 %),<br />

die Justiz (41 %) oder die Bundesagentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit (28 %) Zugang zum digitalen<br />

Nutzerprofil zu gewähren.<br />

„Unterm Strich lässt sich sagen: Die meisten<br />

Deutschen sind eindeutig <strong>für</strong> das digitale<br />

Bürgerkonto – allerdings nur, wenn<br />

die zu findende Lösung sicher ist und der<br />

Bürger die Hoheit über seine persönlichen<br />

Daten behält.“ Borries Hauke-Thiemian,<br />

Experte <strong>für</strong> Public Management Consulting<br />

bei PwC in Deutschland<br />

Quelle: © Artur Marciniec - Fotolia.com<br />

Das Stichwort „E-Partizipation“ sagt<br />

erst wenigen etwas<br />

Zurückhaltender zeigen sich die Deutschen<br />

bei einem weiteren Thema, das das Verhältnis<br />

zwischen Bürger und öffentlicher<br />

Hand im Online-Zeitalter betrifft – nämlich<br />

bei der sogenannten E-Partizipation.<br />

Mit dem Stichwort wird eine Steigerung<br />

der demokratischen Teilhabe durch die<br />

Nutzung digitaler Tools beschrieben; das<br />

wohl bekannteste Instrument in dieser<br />

Hinsicht ist bislang die Online-Petition.<br />

Nur 17 Prozent der Befragten zeigten in<br />

der Umfrage ein klares Verständnis, was<br />

mit E-Partizipation und Online-Beteiligung<br />

genau gemeint ist. 49 Prozent gaben an,<br />

die Begriffe zwar schon einmal gehört zu<br />

haben, sich ihrer Bedeutung allerdings<br />

nicht sicher zu sein.<br />

Immerhin: Nachdem sie aufgeklärt wurden,<br />

gaben 57 Prozent der Befragten<br />

an, sie würden mehr Möglichkeiten von<br />

Online-Beteiligungen grundsätzlich begrüßen.<br />

PwC-Direktor Hauke-Thiemian<br />

meint: „Die Digitalisierung eröffnet ganz<br />

<strong>neue</strong> Möglichkeiten <strong>für</strong> die Einbindung von<br />

Bürgern in demokratische Prozesse. Dabei<br />

können breitere Zielgruppen erreicht, Prozesse<br />

beschleunigt, Meinungstendenzen<br />

einfacher erfasst und Informationen besser<br />

vermittelt werden.“<br />

Autor: www.pwc.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

45


FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />

Niedrigzinszeiten:<br />

Stiftungen auf dem Weg<br />

zu <strong>neue</strong>n Anlageformen<br />

Aktuelle Befragung des Bundesverbandes<br />

Deutscher Stiftungen zeigt:<br />

Nur zwei Drittel der Stiftungen erwarten<br />

<strong>für</strong> 2017 Renditen oberhalb der<br />

Inflationsrate. Bundesverband vermutet<br />

steigende Nachfrage nach ertragsstarken,<br />

einfach zugänglichen und wirkungsorientierten<br />

Angeboten. Bundesverband fordert<br />

Reform des Stiftungsrechts mit bundeseinheitlicher<br />

Praxis.<br />

Die anhaltende Niedrigzinsphase setzt<br />

deutsche Stiftungen immer stärker unter<br />

Druck. Wie eine aktuelle Befragung des<br />

Stiftungspanels des Bundesverbandes<br />

Deutscher Stiftungen zeigt, gestaltet sich<br />

der reale Kapitalerhalt <strong>für</strong> viele Stiftungen<br />

immer schwieriger.<br />

Nach Einschätzung der befragten Stiftungen<br />

wird es 2017 nur noch knapp zwei<br />

Dritteln gelingen, eine Rendite oberhalb<br />

der zu Jahresanfang prognostizierten Jahresinflationsrate<br />

von 1,5 Prozent zu erwirtschaften.<br />

Gerade kleinere Stiftungen<br />

und solche, die nach Beginn der Niedrigzinsphase<br />

2009 gegründet wurden, sind<br />

davon betroffen. Fast ein Viertel der letztgenannten<br />

rechnet mit Renditen unterhalb<br />

der zu erwartenden Inflationsrate.<br />

„Die negative Ertragsentwicklung birgt<br />

aber auch eine Chance <strong>für</strong> den Stiftungssektor<br />

mit einem geschätzten Vermögen<br />

von 100 Milliarden Euro“, erklärt Felix Oldenburg,<br />

Generalsekretär des Bundesverbandes<br />

Deutscher Stiftungen, betont<br />

aber: „Das Interesse an nachhaltigen<br />

und wirkungsorientierten Vermögensanlagen<br />

bei Stiftungen ist deutlich vorhanden,<br />

ebenso die Nachfrage nach ‚anfassbaren‘<br />

Sachwerten wie Immobilien. Doch<br />

die meisten Finanzdienstleiter und Banken<br />

sind auf diese Veränderungen bisher noch<br />

unzureichend eingestellt. Klassische Standardlösungen<br />

wie Stiftungsfonds werden<br />

den Wettbewerb um zunehmend mobiles<br />

Stiftungskapital nicht gewinnen.“<br />

Nachfrage verändert sich<br />

Neben ertragsstarken Produkten sind<br />

auch Anlagen mit positiver gesellschaftlicher<br />

Wirkung gefragt: Schon heute legen<br />

über ein Fünftel der befragten Stiftungen<br />

Teile ihres Stiftungskapitals entsprechend<br />

an. Ob mit der Verpachtung landwirtschaftlicher<br />

Flächen, Anteilen an sozialen<br />

Einrichtungen, der Vermietung von Sozialimmobilien<br />

oder wirkungsorientierten<br />

Finanzmarktprodukten. Immobilien stehen<br />

dabei besonders im Fokus. 37 Prozent<br />

der befragten Stiftungen legen derzeit ihr<br />

Geld in Immobilien, rund ein Drittel auch<br />

in Immobilienfonds an. Die Immobilienanlage<br />

kommt allerdings meist nur <strong>für</strong> kapitalstarke<br />

Stiftungen in Frage. „Kleine<br />

Stiftungen haben <strong>für</strong> Direktinvestments<br />

vielfach keinen finanziellen Spielraum“,<br />

erläutert Dr. Antje Bischoff, die den Forschungsbereich<br />

des Bundesverbandes<br />

leitet. Stiftungen, die auch künftig in Immobilien<br />

investieren wollen, sehen sich<br />

aktuell allerdings mit dem Problem kon-<br />

46 Ausgabe September/2017


INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />

frontiert, ein geeignetes Anlageobjekt zu<br />

finden. Hier tun sich selbst 37 Prozent der<br />

Stiftungen mit über einer Million Euro<br />

Kapital schwer.<br />

Finanzdienstleister sind<br />

gefordert <strong>neue</strong> Angebote zu schaffen<br />

Jahrelang war es <strong>für</strong> Anbieter von Finanzprodukten<br />

verhältnismäßig einfach,<br />

Stiftungen ertragsstarke Angebote zu<br />

machen. Die Niedrigzinsphase fordert<br />

sie heraus, stellt Felix Oldenburg fest:<br />

„Stiftungen wurden lange wie große, risikoscheue<br />

Sparer gesehen. Doch sie<br />

sind und können weit mehr sein. Stiftungskapital<br />

ist immer auch Wirkungskapital.<br />

Banken, Finanzdienstleister und<br />

Vermögensverwalter, aber auch der Gesetzgeber<br />

sind aufgefordert, sich auf die<br />

veränderten Zeiten und Ansprüche von<br />

Stiftungen einzustellen. Wir haben weder<br />

einfach zugängliche Angebote noch klare<br />

rechtliche Haftungsmaßstäbe, um mehr<br />

aus dem Geld zu machen. Andere Länder<br />

sind hier bereits weiter. Aber Themen<br />

wie Impact und Mission Related Investing,<br />

Genossenschaftsmodelle, Erbbaurechte<br />

sind auch hierzulande nicht länger<br />

Nischenthemen.“ Der Bundesverband reagiert<br />

mit der Initiative „Kapital und Wirkung“<br />

und zeigt mit guten Beispielen den<br />

großen Werkzeugkasten, den Stiftungen<br />

zur Verfügung haben. Dabei helfen auch<br />

<strong>neue</strong> Partner wie oekom research, CSSP,<br />

die Kanzlei PSP und weitere.<br />

Bundesverband fordert<br />

Stiftungsrechtsreform<br />

Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com<br />

„Jetzt müssen zusätzlich auch die rechtlichen<br />

Reformen folgen, damit Stiftungen<br />

sich besser auf die sich verändernden<br />

Rahmenbedingungen einstellen können<br />

und Rechtssicherheit haben“, erklärt Felix<br />

Oldenburg. Handlungsspielräume bei der<br />

Vermögensanlage müssen dazu klarer im<br />

Gesetz verankert werden, wie z.B. durch<br />

die Kodifizierung der Business Judgement<br />

Rule und Regelungen zur ‚Geschäftsführung‘<br />

der Stiftung. Ergänzend dazu ist<br />

die Etablierung rechtlicher Rahmenbedingungen<br />

auf Bundesebene erforderlich,<br />

damit die höchst unterschiedliche Verwaltungspraxis<br />

auch in Bezug auf Fragen zur<br />

Vermögensanlage vereinheitlicht wird. Autor<br />

Bundesverband Deutscher Stiftungen<br />

Autor: www.stiftungen.org<br />

Ausgabe September/2017<br />

47


FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />

Studie:<br />

Auf der Suche nach Ertrag rücken<br />

alternative Investments in den Fokus<br />

Institutionelle <strong>Investoren</strong> kaufen<br />

immer weniger klassische Anleihen<br />

Deutsche unregulierte <strong>Investoren</strong><br />

weisen mit 40% höchsten Aktienanteil<br />

in Europa auf<br />

Steigende US-Zinsen machen Absolute-<br />

Return-Strategien wieder interessant<br />

Angeführt wird der Rückzug aus den<br />

klassischen Anleihen im europaweiten<br />

Vergleich von den regulierten deutschen<br />

<strong>Investoren</strong>, zu denen zum Beispiel die<br />

Pensionskassen gehören. Diese <strong>Investoren</strong><br />

haben ihren Portfolioanteil an Anleihen<br />

in den letzten sechs Jahren mehr<br />

als halbiert, von 85 Prozent im Jahr 2010<br />

auf inzwischen nur noch 41 Prozent. Da<strong>für</strong><br />

stieg der Anteil der Immobilien und<br />

alternativen Anlagen in ihren Portfolios<br />

auf 46 Prozent.<br />

Die Niedrigzinsphase führt europaweit zu<br />

deutlichen Verschiebungen in den Portfolios<br />

der <strong>institutionelle</strong>n Anleger. Seit 2010<br />

sinkt der Anteil der Anleihen, während neben<br />

Aktien und Immobilien vor allem alternative<br />

Anlagen zulegen. Dies zeigt der<br />

Mercer European Asset Allocation Survey<br />

2017, in dessen Rahmen mehr als 1.200<br />

<strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong> in Europa mit<br />

einem Anlagevolumen von insgesamt<br />

über 1,1 Billionen Euro analysiert wurden.<br />

Die Studie wurde dieses Jahr zum 15. Mal<br />

durchgeführt.<br />

„Der Trend zu alternativen Investitionen<br />

liegt nicht ausschließlich in den extrem<br />

niedrigen Zinsen <strong>für</strong> europäische Staatsanleihen<br />

begründet“, sagt Herwig Kinzler,<br />

Chief Investment Officer bei Mercer<br />

in Deutschland. „Es sind auch die reiferen<br />

Märkte <strong>für</strong> Private Debt, Private Equity<br />

und Infrastrukturinvestitionen, die aktiv<br />

Kapital an sich ziehen und da<strong>für</strong> attraktive<br />

Renditen versprechen.“<br />

Die Deutschen sind Vorreiter<br />

der Entwicklung<br />

Diese Entwicklung zeigt sich auch bei den<br />

unregulierten deutschen <strong>Investoren</strong>, also<br />

CTAs (Contractual Trust Arrangements):<br />

In diesem Segment waren Aktien schon<br />

immer ein wichtiger Teil des Portfolios,<br />

doch Immobilien und alternative Anlagen<br />

kommen auch hier inzwischen auf<br />

zusammen 21 Prozent. Die unregulierten<br />

deutschen <strong>Investoren</strong> haben zudem ihren<br />

Aktienanteil erhöht, allein im letzten Jahr<br />

von 35 Prozent auf 40 Prozent. Die Mehrheit<br />

der europäischen <strong>Investoren</strong> hat ihr<br />

Aktienengagement dagegen zurückge-<br />

48 Ausgabe September/2017


INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />

schraubt, in Großbritannien beispielsweise<br />

von 31 Prozent auf 29 Prozent. Die unregulierten<br />

deutschen <strong>Investoren</strong> sind jetzt<br />

noch vor den Iren mit der höchsten Aktienexposition<br />

in Europa vertreten.<br />

„Insgesamt ist die Portfolio-Komposition<br />

bei den regulierten und den unregulierten<br />

<strong>Investoren</strong> ähnlich“, kommentiert Kinzler.<br />

„Obwohl ihr Anteil deutlich gesunken<br />

ist, machen bei beiden Gruppen Zinspapiere<br />

noch immer einen großen Teil des<br />

Portfolios aus. Der Unterschied besteht<br />

hauptsächlich in deutlich höheren Aktienanteilen<br />

der unregulierten <strong>Investoren</strong>, den<br />

die regulierten insbesondere durch Privatmarktanlagen<br />

wie Private Debt, Private<br />

Equity, Infrastruktur und Holzplantagen<br />

ausgleichen.“<br />

Integration von<br />

Nachhaltigkeitskriterien ist noch<br />

ausbaufähig<br />

Laut Studie spielt das Thema Nachhaltigkeit<br />

<strong>für</strong> <strong>Investoren</strong> zunehmend eine Rolle.<br />

So berücksichtigen mittlerweile 28%<br />

der befragten <strong>institutionelle</strong>n Anleger in<br />

Europa ESG-Faktoren in der Kapitalanlage,<br />

weil sie ein finanzielles Risiko <strong>für</strong>chten,<br />

wenn sie es nicht tun. 2016 waren es<br />

noch 20 Prozent. „Während einige wenige<br />

deutsche <strong>Investoren</strong> Vorreiter im Bereich<br />

Nachhaltigkeitsintegration in die Kapitalanlage<br />

sind, ist die ESG-Integration in<br />

Deutschland insgesamt weniger fortgeschritten<br />

als in manchen Nachbarländern<br />

wie Frankreich, den Niederlanden oder<br />

Großbritannien“, erläutert Kinzler. „Ein<br />

Hindernisgrund ist die wahrgenommene<br />

konzeptuelle Unschärfe zwischen ethischen<br />

Investments und der ESG-Integration.<br />

Häufig wird auch fälschlicherweise<br />

angenommen, dass die Berücksichtigung<br />

von Nachhaltigkeitskriterien zwingend zu<br />

einem eingeschränkten Investment Universum<br />

und somit zu niedrigeren Erträgen<br />

führt.“<br />

Hedge-Fonds sind wieder im Kommen<br />

Der Mercer Asset Allocation Survey zeigt<br />

auch, dass die Allokationen in Absolute-<br />

Return-Strategien, wie z. B. Hedgefonds,<br />

wieder zunehmen. Waren im Vorjahr noch<br />

33 Prozent der befragten <strong>Investoren</strong> in<br />

Hedge-Fonds engagiert, so sind es jetzt<br />

37 Prozent. „Der US-Basiszins steigt und<br />

die Gebühren sind gesunken. Zudem steigen<br />

mehr und mehr <strong>Investoren</strong> direkt<br />

bei einzelnen Hedgefonds ein, statt über<br />

Dachfonds zu gehen, und sparen sich so<br />

den Großteil der Gebühren komplett. Damit<br />

sind Hedgefonds-Investments als liquide<br />

Alternatives wieder interessant geworden“,<br />

so Kinzler.<br />

Über Alternative Investments<br />

Alternative Investments bestehen meist<br />

mehrheitlich aus sogenannten Growth<br />

Fixed Income-Anlagen. Diese sind in der<br />

Regel eine Kombination von Staatsanleihen<br />

aus Schwellenländern (Emerging<br />

Markts Debt) und Unternehmens-Schuldverschreibungen<br />

(High-Yield Bonds und<br />

klassische Bonds). Dazu kommen sogenannte<br />

Privatmarkt-Anlagen, d. h. Beteiligungen<br />

an Private Equity-Fonds, Private<br />

Debt-Fonds oder privat finanzierten<br />

Infrastruktur-Projekten wie Häfen, Straßen,<br />

Brücken oder Krankenhäuser. Auch<br />

Hedge-Fonds-Beteiligungen und Rohstoff-<br />

Geschäfte zählen zu den alternativen Investments.<br />

Autor: www.mercer.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

49


FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />

Coller-Capital-Umfrage:<br />

Private-Equity-Anleger rechnen<br />

mt Cyber-Angriffen<br />

Mehr als die Hälfte der <strong>institutionelle</strong>n<br />

Private-Equity-Anleger<br />

(Limited Partners, LPs) rechnet<br />

damit, innerhalb der nächsten fünf Jahre<br />

Ziel einer ernsten Cyber-Attacke zu<br />

werden, obwohl in den letzten Jahren nur<br />

einer von zwanzig LPs tatsächlich angegriffen<br />

wurde. Dies geht aus dem jüngsten<br />

Global Private Equity Barometer von<br />

Coller Capital hervor. Die zunehmenden<br />

Sicherheitsbedenken wirken sich auch<br />

auf die Beziehungen zwischen den LPs<br />

und ihren Fondsmanagern (General Partners,<br />

GPs) aus: Etwa die Hälfte der Anleger<br />

fordert, dass in den nächsten Jahren<br />

eine Beurteilung von Cyber-Risiken<br />

sowohl bei den GPs selbst als auch bei<br />

ihren Portfoliounternehmen vorgenommen<br />

wird.<br />

Die meisten LPs räumen ein, dass<br />

ihre Private-Equity-Renditen durch<br />

Änderungen in ihren eigenen Organisationen<br />

gesteigert werden könnten:<br />

- Zwei Drittel der LPs glauben, dass Änderungen<br />

bei der Rekrutierung von Personal<br />

und bei der Beschaffung zu höheren<br />

Renditen führen würden. - Drei Fünftel<br />

denken, dass eine Neugestaltung ihrer<br />

Investitionsentscheidungsprozesse die<br />

Renditen steigern würde. - Und die Hälfte<br />

ist der Ansicht, dass die Renditen durch<br />

Änderungen an ihren Governance- und<br />

Managementstrukturen erhöht werden<br />

könnten.<br />

Drei Viertel der Anleger glauben zudem,<br />

dass ihre Private-Equity-Programme durch<br />

die bessere Nutzung von Daten externer<br />

Anbieter optimiert werden könnten.<br />

"Private Equity bleibt eine renditestarke<br />

Anlageklasse", so Jeremy Coller, CIO von<br />

Coller Capital. "Es zeigt sich jedoch, dass<br />

die Ergebnisse der Limited Partners stark<br />

davon abhängen, wie sie am Markt agieren.<br />

<strong>Investoren</strong>, deren Strukturen oder<br />

Beschaffungsmodelle nicht zeitgemäß<br />

sind, werden nicht in der Lage sein, die<br />

Private-Equity-Renditen <strong>für</strong> die Begünstigten<br />

der Fonds zu optimieren."<br />

Michael Schad, Partner bei Coller Capital,<br />

merkt an: "Die Anlageklasse Private Equity<br />

ist weiterhin im Wachstumsmodus und<br />

die Renditen sind nach wie vor sehr stark.<br />

In einem insgesamt sehr positiven Marktumfeld<br />

ist es interessant zu sehen, dass<br />

LPs in den nächsten Jahren attraktive Investitionsmöglichkeiten<br />

unter anderem<br />

in Special Situations und Distressed Debt<br />

sehen - Marktbereiche, die von Volatilität<br />

und Problemen einzelner Unternehmen<br />

profitieren."<br />

Chancen und Risiken<br />

Die Anleger erwarten, dass sich die Aussichten<br />

<strong>für</strong> Private Equity sowohl kurz- als<br />

auch mittelfristig weltweit weiter verbessern<br />

werden. Die einzige Ausnahme ist<br />

der Private-Equity-Sektor in Nordamerika,<br />

dessen Aussichten kurzfristig als unsicherer<br />

eingeschätzt werden, was zum Teil<br />

auf Ungewissheit über mögliche steuerliche<br />

und regulatorische Änderungen sowie<br />

deren Folgen <strong>für</strong> den Sektor zurückzuführen<br />

ist. Der zuversichtliche Ausblick<br />

spiegelt die insgesamt positive Einschätzung<br />

der Anleger hinsichtlich der Aktienmärkte<br />

wider. Die Hälfte der LPs ist der<br />

Auffassung, dass sich das Verhältnis von<br />

Private Equity zu börsengehandeltem Beteiligungskapital<br />

in den nächsten Jahren<br />

zugunsten von Private Equity ändern wird<br />

50 Ausgabe September/2017


INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />

- nur 6 Prozent der LPs gehen von einer<br />

entgegengesetzten Entwicklung aus.<br />

Die optimistische Einschätzung der Limited<br />

Partners bedeutet aber nicht, dass<br />

sie blind gegenüber den Risiken der Anlageklasse<br />

sind. Neun von zehn LPs halten<br />

hohe Preise bei Investitionen <strong>für</strong> ein Risiko<br />

<strong>für</strong> die Private-Equity-Renditen - und weit<br />

mehr als die Hälfte (60 Prozent) sehen im<br />

Protektionismus eine echte Bedrohung.<br />

Fast alle Anleger rechnen mit weiterhin<br />

guten Chancen <strong>für</strong> Private-Equity-Investitionen<br />

im Bereich der Fintechs; so gehen<br />

etwa zwei Drittel der LPs von einem weiteren<br />

Wachstum des Marktsegments aus. Die<br />

Aussichten <strong>für</strong> Blockchain-Anwendungen<br />

werden hingegen als weniger sicher eingeschätzt.<br />

Nur ein Viertel der LPs ist überzeugt,<br />

dass diese Technologie in den nächsten<br />

fünf Jahren gute Perspektiven <strong>für</strong><br />

Private-Equity-Investitionen bietet.<br />

Plattformstrategien dürften weiterhin die<br />

Unterstützung von Anlegern erhalten.<br />

Zwei Drittel der LPs geben an, dass der<br />

erkennbare Einsatz dieser Strategien die<br />

zunehmende Fähigkeit der GPs widerspiegelt,<br />

Wert durch operative Verbesserungen<br />

zu schaffen, indem sie ihren Portfoliounternehmen<br />

mehr als nur finanzielle<br />

Unterstützung geben und weniger auf die<br />

Exzesse eines überhitzten Marktes setzen.<br />

Die Präferenzen der Anleger bei Investitionen<br />

im Energiesektor gehen regional<br />

stark auseinander, wobei LPs in Nordamerika<br />

Öl- und Gasinvestitionen gegenüber<br />

er<strong>neue</strong>rbaren Energien vorziehen und <strong>Investoren</strong><br />

in Europa und Asien-Pazifik er<strong>neue</strong>rbare<br />

Energien gegenüber fossilen<br />

Energiequellen bevorzugen.<br />

Quelle: © FotolEdhar - Fotolia.com<br />

An den Kreditmärkten sind die Anleger<br />

besonders an Special Situations und<br />

Distressed Debt interessiert - drei Viertel<br />

der LPs erwarten, dass diese Strategien in<br />

den nächsten Jahren attraktive Chancen<br />

bieten.<br />

Die meisten Limited Partners setzen weiterhin<br />

stark auf Private-Equity-Investitionen<br />

im asiatisch-pazifischen Raum, obwohl<br />

die bisherigen Renditen schwächer<br />

ausgefallen sind als in Nordamerika und<br />

Europa. Trotz des anhaltenden Engagements<br />

gibt mehr als die Hälfte der LPs an,<br />

bei der Wahl der GPs, Länder und Anlagestrategien<br />

in der Region selektiver vorzugehen.<br />

Viele Limited Partners erwarten, dass sich<br />

durch die jüngsten Veränderungen im ge-<br />

Ausgabe September/2017<br />

51


FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />

schäftlichen und wirtschaftlichen Umfeld<br />

Japans in den nächsten drei Jahren mehr<br />

Chancen <strong>für</strong> Private Equity ergeben werden.<br />

Mehr als 70 Prozent der LPs in der<br />

Region Asien-Pazifik sind dieser Ansicht,<br />

ebenso wie mehr als zwei Fünftel der LPs<br />

in Nordamerika und Europa.<br />

Beziehungen zwischen LPs und GPs<br />

Obwohl die Hurdle-Rates, also der vereinbarte<br />

Minimalerfolg eines Fonds, nach<br />

Ansicht der meisten Anleger derzeit auf<br />

einem angemessenen Niveau liegen, wären<br />

zwei von fünf LPs unter bestimmten<br />

Umständen bereit, eine geringere Hurdle-<br />

Rate in Kauf zu nehmen - zum Beispiel<br />

als Reaktion auf Renditeänderungen oder<br />

wenn im Gegenzug andere Bedingungen<br />

des Fonds angepasst werden.<br />

Die Transaktionsgebühren scheinen ein<br />

wichtiger, aber nicht entscheidender Faktor<br />

<strong>für</strong> die Fondsauswahl der LPs zu sein.<br />

Für Pensionsfonds hat das Thema offenbar<br />

die größte Bedeutung, wobei ein Drittel<br />

dieser Fonds Transaktionsgebühren als<br />

einen entscheidenden Faktor <strong>für</strong> <strong>neue</strong> Kapitalzusagen<br />

nennt.<br />

Autor: www.collercapital.com<br />

KPMG:<br />

Fintech-Investitionen nehmen Fahrt auf<br />

In Fintechs ist im zweiten Quartal dieses<br />

Jahres weltweit mehr als doppelt<br />

so viel Geld geflossen wie noch<br />

in den ersten drei Monaten 2017. Insgesamt<br />

wurden in Form von Venture Capital<br />

und Private Equity oder im Rahmen von<br />

Fusionen und Übernahmen umgerechnet<br />

rund 8,4 Milliarden Dollar in Start-ups der<br />

Finanzdienstleistungsbranche investiert<br />

(Q1: 3,6 Mrd. $). Europa liegt dabei im<br />

Trend: hier stiegen die Investitionen vom<br />

ersten zum zweiten Quartal von 880 Millionen<br />

auf über 2 Milliarden Dollar. Das<br />

zeigt der aktuelle „Pulse of Fintech“ von<br />

Quelle: © fotogestoeber - Fotolia.com<br />

KPMG, <strong>für</strong> den die weltweiten Investitionen<br />

in diesem Start-up-Segment regelmäßig<br />

analysiert werden.<br />

Trend geht hin zu B2B-Anwendungen<br />

Vor allem in den USA und in Europa zeichnet<br />

sich inzwischen ein <strong>neue</strong>r Trend ab.<br />

Fokussierten sich Fintechs bisher meist<br />

um Kundenanwendungen, widmen sie<br />

sich inzwischen immer mehr der Frage,<br />

wie sich Middle- und Backoffice-Prozesse<br />

bei Finanzdienstleistern effizienter gestalten<br />

lassen. Und so befinden sich unter den<br />

Top 10 Fintech-Deals im zweiten Quartal<br />

bereits drei aus dem B2B-Segment: CCH<br />

Tagetik (Italien/USA, 321 Mio. $), Pos<br />

Portal (USA, 158 Mio. $) und ITRS Group<br />

(England, 140 Mio. $). KPMG-Partner Sven<br />

Korschinowski: „Der Trend hin zu B2B-<br />

Anwendungen dürfte sich künftig noch<br />

verstärken, weil Banken gemerkt haben,<br />

dass sie ihre Kosten drastisch reduzieren<br />

müssen. Denn als Wettbewerber treten<br />

zunehmend auch Fintechs mit Banklizenz<br />

auf den Plan, bei denen das Verhältnis von<br />

52 Ausgabe September/2017


INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />

Aufwand und Ertrag nur ein Drittel von<br />

dem bei einer klassischen Bank beträgt.“<br />

Auch regulatorische Themen treiben<br />

den Markt<br />

Weiter im Aufwind befinden sich auch<br />

Start-ups, die sich Lösungen auf regulatorische<br />

Fragen widmen („Regtechs“).<br />

Hier flossen im ersten Halbjahr 2017 bereits<br />

591 Millionen Dollar im Rahmen von<br />

60 Deals. Zum Vergleich: Im gesamten<br />

Vorjahr waren es 91 Deals und 994 Millionen<br />

Dollar investiertes Kapital. Sven Korschinowski:<br />

„Die anhaltenden Aktivitäten<br />

deuten auf ein reges drittes Quartal 2017<br />

hin, zumal PSD2 und die <strong>neue</strong> EU-Datenschutz-Grundverordnung<br />

<strong>für</strong> zusätzliche<br />

Aufmerksamkeit in diesem Bereich sorgen.<br />

Auch bei Themen wie Blockchain, digitalen<br />

Währungen und rund um den Versicherungssektor<br />

dürfte sich bis Ende des<br />

Jahres noch einiges tun.“<br />

Autor: www.kpmg.com<br />

Forstimmobilienmarkt<br />

Deutschland im Fokus<br />

Der deutsche Wald als wertstabiles Investment<br />

Der deutsche Forstimmobilienmarkt<br />

rückt auf der Suche nach<br />

alternativen Anlagemöglichkeiten<br />

bei immer mehr <strong>Investoren</strong> ins<br />

Blickfeld. Mit mehr als 11 Mio. ha nehmen<br />

Wälder flächenmäßig etwa ein<br />

Drittel der Bundesrepublik ein und rangieren<br />

damit auf dem zweiten Platz –<br />

hinter der Landwirtschaft mit einem Flächenanteil<br />

von 52 %. Der Bestand von<br />

schätzungsweise 90 Mrd. Bäumen wird<br />

zukünftig aber noch wachsen: Zwischen<br />

2002 und 2012 nahm die Waldfläche um<br />

50.000 ha bzw. 0,4 % zu. Nichtsdestotrotz<br />

bilden Forstimmobilien ein kleines Marktsegment.<br />

Laut Savills sind die Wälder<br />

auf eine Vielzahl von Eigentümern verstreut.<br />

Ebenso kleinteilig ist auch der<br />

Transaktionsmarkt, der zusammen mit<br />

der Intransparenz eine Hürde <strong>für</strong> <strong>Investoren</strong><br />

darstellt. Zukünftig könnte die<br />

<strong>Assetklasse</strong> aber eine Institutionalisierung<br />

erfahren: Die Zusammenführung<br />

kleiner Flächen birgt ein großes Konsolidierungspotenzial<br />

und könnte Ertragssowie<br />

Wertsteigerungen mit sich bringen,<br />

da neben der Lage und der Qualität<br />

des Baumbestands die Grundstücksgröße<br />

maßgeblich preisbestimmend ist.<br />

Vom Betongold zur Holztruhe<br />

Die deutsche Immobilienlandschaft ist <strong>für</strong><br />

<strong>Investoren</strong> ein guter Nährboden <strong>für</strong> attraktive<br />

Investments. Doch trauen sich<br />

viele – vor allem <strong>institutionelle</strong> – Anleger<br />

meist nicht an alternative <strong>Assetklasse</strong>n<br />

heran. Während der Forstimmobilienmarkt<br />

in anderen Ländern bereits einen<br />

vergleichsweise hohen Stellenwert hat,<br />

bleibt er hierzulande eher die Ausnahme<br />

in den Portfolios. Dem vergleichsweise<br />

schweren Zugang zu diesem Immobiliensektor,<br />

begründet in dessen Kleinteiligkeit<br />

und Intransparenz, stehen Wertstabilität,<br />

eine Ertragsrendite von durchschnittlich<br />

2 % und ein großes Wachstumspotenzial<br />

gegenüber. Neben rund 5 % aus Fischerei<br />

und Jagd spielen auch die sonstigen Erträge<br />

nur eine untergeordnete Rolle, während<br />

mit 90 % ein Großteil des laufenden<br />

Einkommens mit dem Holzverkauf erwirtschaftet<br />

wird.<br />

„Diese regelmäßigen Erträge sind vorhersehbar<br />

und machen Forstimmobilien zusammen<br />

mit dem stabilen Bodenwert zu<br />

einer beständigen Anlageklasse“, erklärt<br />

Dr. Frank Urfer, Director Investment Ger-<br />

Ausgabe September/2017<br />

53


FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />

many und bei Savills verantwortlich <strong>für</strong><br />

Forestry & Agricultural Investment. „Zudem<br />

eignen sich Waldflächen gut <strong>für</strong> die<br />

Portfoliodiversifikation, da sie nur gering<br />

mit Aktien oder anderen <strong>Assetklasse</strong>n<br />

korrelieren.“<br />

Hochadel als dominierender<br />

Bestandshalter<br />

Mit etwa 2 Mio. Waldbesitzern ist die hiesige<br />

Eigentümerstruktur jedoch stark fragmentiert.<br />

Während insgesamt ein Drittel (33 %)<br />

der Forstflächen dem Staat sowie knapp<br />

ein Fünftel (19 %) verschiedenen Körperschaften<br />

zugeschrieben wird, befindet sich<br />

fast die Hälfte (48 % bzw. 5,5 Mio. ha) im<br />

Privatbesitz. Hier dominieren wiederum<br />

Adelsfamilien wie die Familie Hohenzollern<br />

mit circa 15.000 ha. In Bezug auf die<br />

Flächengrößen sind die Privatwälder gegenüber<br />

den Staats- und Körperschaftswäldern<br />

sehr kleinteilig. Im Schnitt sind<br />

diese lediglich 3 ha groß – nur 13 % des<br />

Privatwaldes übertreffen einen Wert von<br />

1.000 ha.<br />

Die gemeinnützige DBU Naturerbe GmbH<br />

führt mit 69.000 ha die Liste der Privatwaldeigentümer<br />

an. Zum Vergleich: Der<br />

Freistaat Bayern nennt als größter Waldbesitzer<br />

insgesamt 780.000 ha sein eigen.<br />

Baumbestand wächst –<br />

Das Transaktionsvolumen auch<br />

„Die zersplitterte Eigentümerschaft, das<br />

ausgeprägte Vertraulichkeitsinteresse vieler<br />

größerer Waldeigentümer und unzureichende<br />

Zahlen der Gutachterausschüsse<br />

machen den Forstimmobilienmarkt wesentlich<br />

intransparenter als andere Segmente“,<br />

erklärt Matthias Pink, Director<br />

/ Head of Research Germany bei Savills.<br />

Zwischen 2007 und 2014 wurden pro Jahr<br />

in etwa 22.000 Kauffällen rund 41.000 ha<br />

bzw. 320 Mio. Euro umgesetzt. Alle Werte<br />

waren im Betrachtungszeitraum sehr stabil<br />

und schwankten lediglich um etwa 10 % um<br />

den langjährigen Mittelwert, was <strong>für</strong> ein<br />

sehr konstantes Marktgeschehen spricht.<br />

Pro Transaktion wechselten in den letzten<br />

Jahren im Durchschnitt weniger als 2 ha<br />

<strong>für</strong> knapp 15.000 Euro den Eigentümer.<br />

Die größten Flächen pro Transaktion wurden<br />

in Brandenburg gehandelt. Während<br />

die Durchschnittsgröße hier bei 5,7 ha lag,<br />

wurde in Baden-Württemberg lediglich ein<br />

Wert von 0,22 ha erzielt. Das hängt zum<br />

einen damit zusammen, dass in den alten<br />

Bundesländern deutlich mehr kleinteilige<br />

Verkäufe stattfanden. In Baden-Württemberg<br />

wurden 2014 mit etwa 5.700 Kauffällen<br />

beispielsweise dreimal mehr Forstimmobilien<br />

gehandelt als in Brandenburg.<br />

54 Ausgabe September/2017


INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />

Zum anderen liegt das Preisniveau in den<br />

<strong>neue</strong>n Bundesländern deutlich unter dem<br />

der alten Bundesländer. <strong>Investoren</strong> bezahlten<br />

z. B. in Sachsen-Anhalt im Schnitt<br />

2.500 Euro/ha – im teuersten Flächenland<br />

Baden-Württemberg hingegen 30.100<br />

Euro/ha. „Dies ist im Allgemeinen auf die<br />

generell hohen Grundstückspreise, die<br />

dichte Besiedelung, die positiven ökonomischen<br />

Rahmenbedingungen sowie die<br />

relativ hohe Bodenmasse des Bundeslandes<br />

zurückzuführen. Am Bodensee<br />

wird beispielsweise viel Waldgrund von<br />

Schweizer <strong>Investoren</strong> aufgekauft. Zudem<br />

spielt auch die hiesige Bodenqualität<br />

eine gewichtige Rolle“, so Pink. „Die<br />

durchschnittlich deutlich geringere Fläche<br />

der Transaktionen in Baden-Württemberg<br />

spricht <strong>für</strong> ein starkes Engagement von<br />

Privatinvestoren und eine deutlich kleinteiligere<br />

Eigentümerstruktur, die es in dieser<br />

Form in Sachsen-Anhalt nicht geben<br />

dürfte.“<br />

Größe, Lage und Qualität des<br />

Baumbestands bestimmen Anlagewert<br />

Der Standort ist demnach eine stark preisbeeinflussende<br />

Variable. Während der Markt<br />

insgesamt wertstabil blieb, gibt es große<br />

Preisdifferenzen auf Ebene der Bundesländer.<br />

Spitzenreiter sind mit 42.900 Euro/ha<br />

Bremen und Hamburg. Hier war der Flächenumsatz<br />

mit nur 7 ha entsprechend gering,<br />

was aber auch auf die hohe Bevölkerungsdichte<br />

sowie die begrenzte Flächenkapazität<br />

zurückzuführen ist. In den Stadtstaaten<br />

steht logischerweise weniger Produkt zur<br />

Verfügung als in Baden-Württemberg und<br />

Bayern, die mit 1,4 Mio. ha bzw. 2,6 Mio.<br />

ha die absolut größte Waldfläche aufweisen.<br />

Rheinland-Pfalz und Hessen sind mit<br />

einem Anteil von 42 % am dichtesten bewaldet.<br />

Außerdem bestimmen die Nähe zu<br />

Großstädten sowie Art, Qualität und Alter<br />

der Bestockung wesentlich den Kaufpreis.<br />

Der Preis einer Forstimmobilie wird dementsprechend<br />

durch Größe, Lage und Qualität<br />

des Baumbestands bestimmt. Größere Flächen<br />

sind meist attraktiver <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong><br />

Anleger. Je nach Preisniveau rechnete sich<br />

ein Investment <strong>für</strong> sie im Jahr 2014 erst ab<br />

30 ha in Baden-Württemberg bzw. 400 ha<br />

in Sachsen-Anhalt – auf Basis der aktuellen<br />

Zahlen stiegen diese Werte allerdings noch<br />

weiter an. Nur ab einer bestimmten Fläche<br />

werden auch die Erträge durch Holz, Jagd<br />

und Fischerei attraktiv – Eigenjagden sind<br />

zum Beispiel erst ab einer Grundstücksgröße<br />

von 75 ha möglich.<br />

Zusammenlegung von Flächen<br />

als Hebel <strong>für</strong> Ertrags- und<br />

Wertsteigerungen<br />

Da sowohl die Waldfläche als auch der<br />

Holzvorrat weltweit abnimmt, versprechen<br />

Forstimmobilien ein langfristiges<br />

Wertwachstum – Grund und Boden sowie<br />

Baumbestand sind gute Wertspeicher. „Die<br />

jährliche Ertragsrendite liegt bereits seit<br />

Jahren bei rund 2 %. Kalkuliert man die<br />

Bodenwertsteigerungen mit ein, könnte in<br />

den kommenden Jahren eine Gesamtrendite<br />

von mindestens 4 % erzielt werden.<br />

Der Rohstoff Holz gewinnt auch als Energieträger<br />

wieder mehr an Bedeutung, sodass<br />

die Erträge weiter steigen werden“,<br />

so Urfer. „Auch hier heißt es ,Lage, Lage,<br />

Lage‘, da die Nähe zu Hauptabnehmern<br />

wie Sägewerken als maßgeblicher Standortfaktor<br />

fungieren wird.“ Matthias Pink<br />

ergänzt: „Werfen wir einen Blick in die<br />

USA, nach Finnland oder Schottland fällt<br />

auf, dass der dortige Handel mit Forstimmobilien<br />

weitaus aktiver ist. Grund hier<strong>für</strong><br />

ist, dass die dortigen Märkte transparenter<br />

und bei weitem nicht so kleinteilig sind wie<br />

die Forstlandschaft hierzulande. Durch die<br />

Zusammenfügung kleiner Flächen könnte<br />

neben Ertrags- und Wertsteigerungen<br />

auch die Rendite erhöht werden, was auch<br />

den deutschen Markt <strong>für</strong> Institutionelle<br />

attraktiv machen würde.“<br />

Autor: www.savills.de<br />

Quelle: © duncanandison - Fotolia.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

55


FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />

Versicherungsgesellschaften investieren<br />

vornehmlich in Finanzprodukte aus dem<br />

Euroraum<br />

Statistik über Versicherungsgesellschaften im Euro-Währungsgebiet<br />

Der von Versicherungsgesellschaften<br />

im Euroraum gehaltene Gesamtbestand<br />

an Schuldverschreibungen<br />

verringerte sich von 3 339 Mrd € im ersten<br />

Vierteljahr auf 3 325 Mrd € im zweiten<br />

Quartal 2017, was einem Anteil von<br />

43 % der gesamten Aktiva dieses Sektors<br />

entsprach. Der Rückgang des Bestands an<br />

Schuldverschreibungen war hauptsächlich<br />

durch Nettoveräußerungen im Umfang<br />

von 17 Mrd € begründet, die durch Preisänderungen<br />

und sonstige Veränderungen<br />

im Umfang von 4 Mrd € teilweise kompensiert<br />

wurden.<br />

Den zweitgrößten Anteil an den Gesamtaktiva<br />

machten Investmentfondsanteile einschließlich<br />

Geldmarktfondsanteilen (25 %)<br />

aus. Der Wert dieser gehaltenen Anteile stieg<br />

im zweiten Quartal 2017 auf 1 961 Mrd € nach<br />

1 902 Mrd € im Vorquartal, was auf Transaktionen<br />

im Volumen von 50 Mrd € sowie Preisänderungen<br />

und sonstige Veränderungen im<br />

Umfang von 11 Mrd € zurückzuführen war.<br />

Die gebietsansässigen Versicherungsgesellschaften<br />

investieren vornehmlich in<br />

Finanzprodukte aus dem Euroraum. So<br />

stammten im Berichtsquartal 81 % der<br />

von ihnen gehaltenen Schuldverschreibungen,<br />

92 % der Investmentfondsanteile<br />

und 73 % der börsennotierten Aktien von<br />

Institutionen mit Sitz im EuroWährungsgebiet.<br />

Die versicherungstechnischen Rückstellungen<br />

beliefen sich im zweiten Vierteljahr<br />

2017 auf insgesamt 5 911 Mrd €,<br />

verglichen mit 5 915 Mrd € im vorangegangenen<br />

Quartal; davon waren 91 % den<br />

Lebensversicherungen zuzuschreiben.<br />

Der Bestand an fondsgebundenen Produkten<br />

lag bei 1 110 Mrd € und entsprach<br />

19 % aller versicherungstechnischen<br />

Rückstellungen im Bereich Leben.<br />

Autor www.Bundesbank.de<br />

Quelle: © Mustafa Sen - Fotolia.com<br />

56 Ausgabe September/2017


FINANZMÄRKTE I FinanzBusinessMagazin<br />

McKinsey-Studie: Globalisierung<br />

der Finanzmärkte hat sich verändert<br />

Weltweit haben Banken immer<br />

weniger Interesse an Kreditgeschäften<br />

im Ausland und konzentrieren<br />

sich stattdessen auf ihre Heimmärkte.<br />

Die globalen grenzüberschreitenden<br />

Kapitalflüsse sind seit dem Höchststand<br />

2007 um 65% zurückgegangen, von damals<br />

12,4 Bio. auf 4,3 Bio. US-Dollar im<br />

Jahr 2016. In Deutschland sind die Auslandsforderungen<br />

im gleichen Zeitraum<br />

um 52% gesunken. Bei den größten deutschen<br />

Banken haben sich ausländische<br />

Vermögenswerte von 1,9 Bio. auf 0,8 Bio.<br />

Dollar mehr als halbiert. Anders sieht es<br />

bei den globalen Auslandsinvestitionen<br />

aus: Sie sind im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung<br />

(BIP) heute auf dem Niveau von<br />

2007. Weltweit werden aktuell 27% aller<br />

Aktien von ausländischen <strong>Investoren</strong> gehalten,<br />

2000 waren es nur 17%. Auf den<br />

Anleihemärkten liegt der Anteil internationaler<br />

<strong>Investoren</strong> sogar bei 31% (2000:<br />

18%). Dies sind die zentralen Ergebnisse<br />

einer <strong>neue</strong>n Studie des McKinsey Global<br />

Institute (MGI) mit dem Titel "The new<br />

dynamics of financial globalization". Das<br />

MGI hat da<strong>für</strong> die in- und ausländischen<br />

Kapitalströme in 100 Ländern untersucht.<br />

Europäische und globale Banken auf<br />

dem Rückzug<br />

Die Banken der Eurozone waren 2007<br />

weltweit die am stärksten globalisierten<br />

Finanzinstitute. Seither sind ihre Auslandsforderungen<br />

um 45% zurückgegangen.<br />

Insgesamt stießen Banken zwischen<br />

2007 und 2016 weltweit mindestens 2 Bio.<br />

US-Dollar an Vermögenswerten ab, davon<br />

über die Hälfte durch europäische<br />

Institute. Die Gründe <strong>für</strong> diesen Rückzug<br />

Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />

sind dem MGI zufolge vielfältig: neu bewertete<br />

Länderrisiken; die Einsicht, dass<br />

der Heimmarkt mit hohen Marktanteilen<br />

lukrativ ist; nationale Richtlinien, die die<br />

Vergabe von Krediten im Inland befördern;<br />

Kapital- und Liquiditätsvorgaben,<br />

die das komplexe Auslandgeschäft weniger<br />

attraktiv machen. "Die Banken ziehen<br />

sich aus Ländern und Märkten zurück, auf<br />

denen ihnen die Größe oder das Alleinstellungsmerkmal<br />

fehlt. Mehr als die Hälfte<br />

der Korrektur entfällt auf Interbankkredite<br />

und Schuldverschreibungen vor allem in<br />

der Eurozone. Diese waren vor der Krise<br />

exzessiv gewachsen. Es wurde sozusagen<br />

der Reset-Knopf gedrückt", sagt Eckart<br />

Windhagen, Seniorpartner bei McKinsey in<br />

Frankfurt und Co-Autor der Studie. "Dieser<br />

Prozess ist noch nicht abgeschlossen."<br />

Deutschland in der<br />

Finanzverknüpfung auf Platz 5<br />

Auch wenn die Finanzinstitute ihr Auslandsgeschäft<br />

stark zurückgefahren haben,<br />

bleiben die globalen Finanzmärkte<br />

eng verwoben, und es nehmen heute mehr<br />

Länder an den globalen Finanzströmen teil<br />

als jemals zuvor. Aus seiner Analyse der<br />

Ausgabe September/2017<br />

57


FinanzBusinessMagazin I FINANZMÄRKTE<br />

Quelle: © psdesign1 - Fotolia.com<br />

gesamten ausländischen Vermögenswerte<br />

und Verbindlichkeiten von 100 Ländern<br />

hat das MGI ein Financial Connectedness<br />

Ranking entwickelt. Es zeigt: Entwickelte<br />

Volkswirtschaften und internationale Finanzzentren<br />

sind weiterhin am stärksten<br />

ins globale Finanzsystem integriert.<br />

Deutschland belegt in diesem Ranking hinter<br />

den USA, Luxemburg, dem Vereinigten<br />

Königreich und den Niederlanden Rang 5<br />

und steht <strong>für</strong> 6% der ausländischen Investitionen<br />

weltweit. Knapp die Hälfte davon<br />

entfällt auf die Eurozone, 16% auf Großbritannien<br />

und 11% auf die USA. Global<br />

gesehen war Deutschland 2016 mit 8 Mrd.<br />

US-Dollar Investitionen im Ausland und<br />

Investitionen aus dem Ausland in Höhe<br />

von 6,6 Mrd. Dollar ein Nettozahler. Aufstrebende<br />

Volkswirtschaften holen jedoch<br />

auf: Sie halten mittlerweile 15% aller<br />

ausländischer Anlagewerte (2007: 8%).<br />

China stieg von Rang 15 2005 auf jetzt<br />

Rang 8. Die Auslandskredite, Direktinvestitionen<br />

und Aktien- und Bondportfolios<br />

Chinas zusammengenommen überstiegen<br />

2016 zum ersten Mal die ausländischen Devisenreserven<br />

der chinesischen Zentralbank.<br />

Mehr Stabilität im weltweiten<br />

Finanzsystem - Risiken bleiben<br />

"Die Globalisierung der Finanzmärkte verspricht<br />

<strong>für</strong> die Zukunft mehr Stabilität,<br />

wesentliche Indikatoren haben sich verbessert",<br />

so Windhagen. So ist der Anteil<br />

der wenig volatilen Direktinvestitionen<br />

und Eigenkapitalströme an den grenzüberschreitenden<br />

Finanzflüssen von 36% auf<br />

69% gestiegen. Zudem sind die globalen<br />

Ungleichgewichte in den Leistungs-, Kapital-<br />

und Vermögensbilanzen von 2,5% des<br />

globalen BIP im Jahr 2007 auf 1,7% 2016<br />

zurückgegangen. Die Studie zeigt auch:<br />

Heute tragen mehr Länder zur Allokation<br />

von Kapital bei als 2007. Damals hatten<br />

die USA noch 67% des globalen Kapitals<br />

absorbiert, heute hat sich dieser Anteil<br />

halbiert. Aufstrebende Volkswirtschaften<br />

sind dagegen zum ersten Mal seit zehn<br />

Jahren wieder zu Nettoempfänger der globalen<br />

Kapitalströme geworden.<br />

"Die Risiken sind heute vorwiegend im<br />

ausländischen Kreditgeschäft zu orten.<br />

Dessen Volatilität kann große Auswirkungen<br />

auf Volkswirtschaften und Wechselkurse<br />

haben", beschreibt Windhagen<br />

die aktuelle Entwicklung. Weitere Risiken<br />

lägen in den stark erhitzten Aktienmärkten<br />

sowie im Aufstieg von <strong>neue</strong>n Finanzzentren,<br />

denen es zum Teil an Transparenz<br />

mangele. "Neue digitale Plattformen, die<br />

Blockchain-Technologie und das Machine<br />

Learning können in Zukunft <strong>für</strong> grenzüberschreitende<br />

Kapitalströme <strong>neue</strong> Kanäle<br />

und Möglichkeiten eröffnen, bergen aber<br />

auch unbekannte und schwer einschätzbare<br />

Risiken."<br />

Autor: www.mckinsey.de<br />

58 Ausgabe September/2017


FINANZMÄRKTE I FinanzBusinessMagazin<br />

Zahl der Reichen in China steigt rasant an<br />

In China wächst der Reichtum mit<br />

atemberaubendem Tempo. Die Privatvermögen<br />

der Chinesen werden<br />

dieses Jahr um 14 Prozent auf insgesamt<br />

188 Billionen Renminbi (rund 28 Billionen<br />

US-Dollar) steigen. Das prognostiziert der<br />

aktuelle "China Private Wealth Report",<br />

den die internationale Managementberatung<br />

Bain & Company gemeinsam mit der<br />

China Merchants Bank bereits zum fünften<br />

Mal herausgibt. Im Rahmen der Studie<br />

wurden in diesem Jahr rund 3.300 Personen<br />

befragt.<br />

Demnach hat sich der Wert des Privatbesitzes<br />

in China zwischen 2006 und 2016<br />

versechsfacht - auf nunmehr 165 Billionen<br />

Renminbi (rund 24 Billionen US-Dollar).<br />

Zugleich stieg die Zahl der Hochvermögenden,<br />

die über mindestens 10 Millionen<br />

Renminbi (rund 1,5 Millionen US-Dollar)<br />

verfügen, von 180.000 auf gut 1,6 Millionen<br />

Chinesen. Auf ein Vermögen von mehr<br />

als 100 Millionen Renminbi (rund 15 Millionen<br />

US-Dollar) kommen etwa 116.000<br />

Chinesen. Diese Gruppe der Superreichen<br />

hatte 2006 gerade einmal 7.000 Menschen<br />

umfasst.<br />

Der Reichtum verteilt sich heute gleichmäßiger<br />

über das Land als noch vor zehn<br />

Jahren. Zwar finden sich die Hochvermögenden<br />

weiterhin vor allem in den Megastädten<br />

und in den Küstenregionen. Doch<br />

leben inzwischen in 22 der 34 Provinzen<br />

der Volksrepublik jeweils mindestens<br />

20.000 Reiche. "Der immense Zuwachs an<br />

Vermögenden in China und deren Vertrauen<br />

in Vermögensverwalter bietet einheimischen,<br />

aber auch ausländischen Finanzdienstleistern<br />

große Geschäftschancen",<br />

betont Dr. Nikola Glusac, Bain-Partner und<br />

Wealth-Management-Experte.<br />

Tatsächlich verlassen sich nahezu zwei<br />

Drittel der reichen Chinesen bei ihrer<br />

Geldanlage auf professionelle Vermögensverwalter.<br />

Dabei haben sich die Prioritäten<br />

verschoben: Stand <strong>für</strong> die Hochvermögenden<br />

2009 noch die Vermehrung ihres<br />

Besitzes im Vordergrund, konzentrieren<br />

sie sich heute vor allem auf dessen Erhalt<br />

und möchten ihr Erbe ordnen. Da<strong>für</strong> wollen<br />

40 Prozent der Superreichen ein Family<br />

Office nutzen. Auch Geldanlagen im Ausland<br />

halten sie zunehmend <strong>für</strong> attraktiv.<br />

Bereits 56 Prozent der reichen Chinesen<br />

besitzen Assets in Übersee. Im Jahr 2011<br />

waren es lediglich 19 Prozent gewesen.<br />

Vermögende Chinesen setzen <strong>neue</strong><br />

Prioritäten<br />

Chinas Reiche sind höchst anspruchsvolle<br />

Kunden<br />

Bei der Wahl ihres Vermögensverwalters<br />

zählt <strong>für</strong> 61 Prozent die Reputation eines<br />

Finanzinstituts. Dessen Expertise nennen<br />

58 Prozent als entscheidendes Kri-<br />

Ausgabe September/2017<br />

59


FinanzBusinessMagazin I FINANZMÄRKTE / BANKEN<br />

terium. Wollen Finanzdienstleister die extrem<br />

wohlhabenden Chinesen als Kunden<br />

<strong>für</strong> sich gewinnen, genügt es allerdings<br />

nicht, sich allein auf ihren guten Ruf und<br />

Standardangebote zu verlassen. Die Herausforderungen<br />

<strong>für</strong> in- wie ausländische<br />

Finanzinstitute sind enorm. "Jeder einzelne<br />

Kunde ist ausgesprochen anspruchsvoll",<br />

stellt Bain-Experte Glusac fest. Und er fügt<br />

hinzu: "Auf die besonderen Bedürfnisse gehen<br />

die besten Vermögensverwalter ebenso<br />

gezielt ein wie auf die individuellen Lebenswege.<br />

Gleichzeitig sind sie in der Lage,<br />

mit modernster Technologie schnell und in<br />

höchster Qualität immer <strong>neue</strong> Angebote zu<br />

machen, die diese Klientel einfordert."<br />

China Merchants Bank<br />

Die in Shenzhen ansässige Geschäftsbank<br />

wurde 1987 gegründet und zählt mittlerweile<br />

zu den führenden Finanzinstituten in<br />

China. Das Filialnetz deckt in erster Linie<br />

die hoch entwickelten Regionen wie das<br />

Yangtze-Delta und das Perlflussdelta ab.<br />

Die China Merchants Bank ist zudem in bedeutenden<br />

Städten anderer chinesischer<br />

Provinzen sowie im Ausland vertreten. Sie<br />

bedient neben zahlreichen Firmenkunden<br />

auch gut 91 Millionen Privatkunden. Rund<br />

60.000 Vermögende nehmen ihre Angebote<br />

im Private-Banking wahr.<br />

Autor: www.bain.com<br />

Deutsche Privatbanken bleiben im<br />

europäischen Wettbewerb weiter zurück<br />

aktuelles Ranking unter Europas Retail Banken:<br />

Deutschland und Österreich bei Kosten Schlusslicht<br />

"Die europäischen Banken haben immer<br />

noch stark mit dem Niedrigzinsumfeld zu<br />

kämpfen und leiden unter dem gedämpften<br />

realwirtschaftlichen Aufschwung. Entsprechend<br />

belastet ist ihre Performance",<br />

resümiert Mischa Koller, Manager <strong>für</strong> Financial<br />

Services bei A.T. Kearney und Co-<br />

Autor der Studie, die Ergebnisse des aktuellen<br />

"Retail Banking Radar".<br />

Der Retail Banking Radar der Managementberatung<br />

untersucht seit 2007 jährlich<br />

die Performance europäischer Retail<br />

Banken und erlaubt damit einen umfassenden<br />

und einzigartigen Einblick in die<br />

Stärken und Schwächen der Privatkundenbanken<br />

in Europa - und in die Position<br />

der deutschen Institute im europäischen<br />

Wettbewerb. Für die aktuelle Studie wurden<br />

die Daten von fast 100 Privatkundenbanken<br />

und Bankengruppen in 22 europäischen<br />

Ländern hinsichtlich der Kriterien<br />

Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter, Gewinn<br />

pro Kunde, Cost-Income-Ratio und Kreditrisikovorsorgequote<br />

untersucht.<br />

Europaweit verbucht die Branche erstmals<br />

seit 2011 einen Ertragsrückgang Koller:<br />

"Obwohl das Einlagen- und Kreditvolumen<br />

weitergewachsen ist, konnte dies den anhaltenden<br />

Margenverfall nicht kompensieren.<br />

Erschwerend kommen in Ländern wie<br />

Italien und Portugal erneut faule Kredite<br />

hinzu." Die Fortschritte, so Koller, die die<br />

Banken im vergangenen Jahr erzielt hätten,<br />

seien wieder verloren.<br />

Deutschlands Profitabilität liegt mit 153 Euro<br />

Gewinn pro Kunde weiter unter dem europäischen<br />

Durchschnitt. "Denn", so merkt Koller<br />

an, "die deutschen Privatkundenbanken<br />

haben immer noch nicht zur Genüge die<br />

Gelegenheit einer strukturellen Bereinigung<br />

genutzt". Die Achillesferse der deutschen<br />

(wie auch österreichischen) Privatkundenbanken<br />

sei weiterhin die Kosteneffizienz<br />

60 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

- mittlerweile die schlechteste in Europa.<br />

Die deutschen Institute hätten zwar in den<br />

letzten Jahren den Filialabbau (14 Prozent)<br />

vorangetrieben, doch andere europäischen<br />

Banken, beispielsweise in Großbritannien,<br />

seien effektiver (30 Prozent).<br />

Trotz insgesamt positiven wirtschaftlichem<br />

Umfeld bleibt das europäische Privatkundensegment<br />

weiterhin stark unter Druck.<br />

Aufgrund der niedrigen Zinsmarge sank der<br />

durchschnittliche jährliche Ertrag pro Kunde<br />

um drei Prozent auf 633 Euro. Zusätzlich<br />

stieg die Risikovorsorge um 20 Prozent, insbesondere<br />

in Portugal und Österreich. Dies<br />

konnte durch eine um zwei Prozent höhere<br />

Produktivität pro Mitarbeiter nicht ausgeglichen<br />

werden, so dass der Gewinn je<br />

Kunde sich um 14 Prozent verschlechterte.<br />

Das Ergebnis der deutschen Privatkundenbanken<br />

ist im Vergleich zu westeuropäischen<br />

Instituten besser, wenn auch nicht<br />

zufriedenstellend. Den deutschen Instituten<br />

ist es trotz Interchange-Regulierung<br />

unter anderem durch leistungsgerechte<br />

Bepreisung von Basisprodukten gelungen,<br />

die Provisionserlöse um 0,7 Prozent zu<br />

steigern - was allerdings nicht ausreichend<br />

war, um die weiter erodierende Zinsmarge<br />

wettzumachen. Obwohl der Ertrag zurückgegangen<br />

ist, konnten die deutschen Retail<br />

Banken mit Kosteneinsparungen und Bewertungseffekten<br />

die Gewinne stabil halten.<br />

Das bessere Abschneiden im westeuropäischen<br />

Vergleich verdanken die deutschen<br />

Privatkundenbanken auch den besseren<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.<br />

Der Anstieg des Geschäftsvolumens (Einlagen<br />

und Kredite) im letzten Jahr lag in<br />

Deutschland mit 3,9 Prozent deutlich über<br />

dem westeuropäischen Durchschnitt von<br />

3,1 Prozent. Dennoch rutschten die deutschen<br />

Institute bei der Kosteneffizienz<br />

weiter ab und liegen auch unter Berücksichtigung<br />

der historisch niedrigen deutschen<br />

Risikovorsorgequoten nur im letzten<br />

Drittel.<br />

Als Best Champion wurde in diesem Jahr die<br />

BAWAG <strong>für</strong> den deutschsprachigen Raum<br />

ausgezeichnet. Seit ihrer Akquisition durch<br />

Cerberus hat sie ihre Produkt- und Vertriebskomplexität<br />

reduziert, die Nutzung<br />

digitaler Kanäle intensiviert und die Mitarbeiterproduktivität<br />

verbessert. Das Ergebnis:<br />

Senkung der Kosten in den vergangenen<br />

zwei Jahren um 16 Prozent. Auch die<br />

ING-DiBa fällt im deutschsprachigen Raum<br />

durch eine überdurchschnittliche Performance<br />

(mehr als 10 Prozent) beim Ertrag<br />

pro Kunde auf. Die Gründe: überdurchschnittliches<br />

Wachstum im Geschäftsvolumen,<br />

steigende Erträge aus dem Depotgeschäft<br />

und die Vernetzung mit einer stark<br />

wachsenden Wholesale-Banking-Division.<br />

Ferner können auch Zukäufe ein Erfolgsrezept<br />

sein, wie das Beispiel der Banca<br />

Transilvania aus Rumänien, ebenfalls ein<br />

europäischer Musterschüler, zeigt: Mit der<br />

Übernahme der Volksbank Romania, die<br />

sie in Rekordzeit von acht Monaten nach<br />

Closing in das operative Geschäft integriert<br />

hat, ist sie zum Marktführer im hochprofitablen<br />

und wachstumsstarken Segment <strong>für</strong><br />

klein- und mittelständische Unternehmen<br />

aufgestiegen. Das Ergebnis: Steigerung<br />

des Ertrags pro Kunde um 23 Prozent in<br />

nur zwei Jahren.<br />

Quelle: © alswart - Fotolia.com<br />

"Die deutschen Privatkundenbanken müssen<br />

sich noch stärker auf strukturelle Verbesserungen<br />

konzentrieren und die Chancen<br />

ihres positiven Wirtschaftsumfelds<br />

nutzen", empfiehlt Koller: "Da sie kaum<br />

Spielraum auf der Zinsseite haben, gilt die<br />

Devise: Provisionserlöse um fast 30 Prozent<br />

steigern und die Kosten um nahezu<br />

20 Prozent senken, um eine Cost-Income-<br />

Ratio von 60 Prozent zu erzielen: <strong>Eine</strong><br />

große Herausforderung."<br />

Autor: www.atkearney.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

61


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Nur jeder fünfte Banken-Firmenkunde<br />

ist profitabel<br />

Die anhaltend niedrigen Zinsen decken<br />

die Schwächen der Banken<br />

im bisher noch profitablen Corporate-<br />

Banking auf. Weltweit tragen laut der<br />

Studie "How Banks Can Turn Around Unprofitable<br />

Corporate Clients" der internationalen<br />

Managementberatung Bain & Company<br />

derzeit lediglich rund 20 Prozent der<br />

Firmenkunden zum Gewinn einer multinationalen<br />

Bank bei. 50 Prozent kreisen um<br />

den Break-Even, 30 Prozent sind Verlustbringer.<br />

Der Gewinn könnte indes schon<br />

deutlich steigen, würde eine Bank bei ihren<br />

unprofitabelsten Kunden, dies sind<br />

etwa 1 Prozent, kostendeckende Preise<br />

erheben oder sich von ihnen trennen.<br />

"Die meisten Banken haben ihre Kostenstruktur<br />

bereits erfolgreich gestrafft<br />

oder sind gerade dabei. Sie können<br />

also bei anziehender Weltkonjunktur<br />

mit höheren Gewinnen rechnen", stellt<br />

Dr. Jan-Alexander Huber fest, Bain-<br />

Partner und Co-Autor der Studie. "Allerdings<br />

verdeckt diese Entwicklung das<br />

Problem unprofitabler Firmenkunden, die<br />

auch bei steigenden Zinsen ein Klotz<br />

am Bein der Banken bleiben." Kosten<br />

und Risiken in einem Geflecht von Geschäftseinheiten,<br />

IT-Systemen und Datenbanken<br />

einzelnen Kunden korrekt<br />

zuzurechnen, ist nicht einfach. Doch<br />

der Aufwand lohnt sich. "<strong>Eine</strong> solide<br />

Datenbasis ist in Preisverhandlungen<br />

eine deutlich bessere Gesprächsgrundlage",<br />

so Huber. Darüber hinaus lässt<br />

sich durch die Trennung von unprofitablen<br />

Kunden das freiwerdende Kapital<br />

anderswo effizienter einsetzen.<br />

Hoffnungsträger<br />

schwächelt<br />

Provisionsgeschäft<br />

Den besonders bei deutschen Banken<br />

großen Handlungsbedarf unterstreicht<br />

die jüngste Ausgabe des Bain-Corporate-Banking-Index.<br />

Er ging im zweiten<br />

Halbjahr 2016 in den beiden Dimensionen<br />

Ertrag und Profitabilität erneut<br />

leicht zurück. Die Erträge im Firmenkundengeschäft<br />

verharren damit bereits<br />

seit vier Jahren mehr oder minder<br />

auf dem gleichen Niveau. Die Profitabilität<br />

sank in diesem Zeitraum um gut<br />

30 Prozent (Abb. 1). Zwar profitierten<br />

die Institute bei den Erträgen zuletzt<br />

von einer regen Kreditnachfrage. Mit<br />

1.036 Milliarden Euro erreichten die<br />

Darlehen an Firmenkunden im zweiten<br />

Halbjahr 2016 ein <strong>neue</strong>s Rekordniveau<br />

(Abb. 2). Doch da<strong>für</strong> schwächelte der<br />

Hoffnungsträger Provisionsgeschäft -<br />

und hier vor allem das Cross-Selling.<br />

73 Prozent der Erträge der Banken resultieren<br />

damit nach wie vor aus dem<br />

Zinsüberschuss.<br />

Die Kreditmarge der Finanzinstitute stabilisierte<br />

sich mit 1,4 Prozent zumindest<br />

temporär. "Doch eine Trendwende ist nicht<br />

in Sicht", betont Branchenkenner Dr. Chri-<br />

62 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

stian Graf, Principal bei Bain & Company.<br />

Dessen ungeachtet konzentrieren<br />

sich einzelne Banken mit Erfolg auf bestimmte<br />

Kunden und Produkte. "Wer<br />

sich intensiv mit der Profitabilität<br />

seiner Kunden auseinandersetzt,<br />

kann selbst im hart umkämpften<br />

Kreditgeschäft attraktive Margen<br />

erzielen", so Graf. Positiv beeinflusst<br />

hat die Profitabilität zuletzt auch die<br />

unter den historischen Durchschnittswerten<br />

liegende Kreditrisikovorsorge.<br />

Bei den Kosten zahlen sich die Anstrengungen<br />

der vergangenen Jahre langsam<br />

aus. Der Verwaltungsaufwand ist im zweiten<br />

Halbjahr 2016 gesunken und hat damit<br />

zu einer Stabilisierung der Cost-Income-Ratio<br />

beigetragen. Da jedoch die<br />

Eigenkapitalanforderungen weiter gestiegen<br />

sind, fiel die Eigenkapitalrendite vor<br />

Steuern um einen weiteren Punkt auf 13<br />

Prozent. Damit liegt sie zwar weiter über<br />

den Kapitalkosten, bleibt jedoch unter<br />

ihren Möglichkeiten. "Die Konzentration<br />

auf profitable Kunden kann das Firmenkundengeschäft<br />

wieder zu einer echten<br />

Ertragsperle machen", ist Bankenexperte<br />

Huber überzeugt.<br />

Profitabilität pro Kunde wird zur<br />

wichtigen Entscheidungsgrundlage<br />

Genau diesen Weg beschreiten Vorreiter<br />

in der Finanzwelt. Sie segmentieren ihre<br />

Kunden nach Profitabilität und berücksichtigen<br />

dabei auch Faktoren wie Unternehmensgröße<br />

und zukünftiges Geschäftspotenzial.<br />

Diese Segmentierung bestimmt<br />

das Handeln der Bank über den gesamten<br />

Lebenszyklus des Kunden hinweg:<br />

- Onboarding. Das zukünftige Ertragspotenzial<br />

eines Kunden fließt bereits<br />

Quelle: © arsdigital - Fotolia.com<br />

in die Entscheidung über die Aufnahme<br />

einer Geschäftsbeziehung ein.<br />

- Deal-Pricing. Kennt die Bank die Profitabilität<br />

eines Firmenkunden, fällt es ihr<br />

im konkreten Fall leichter zu entscheiden,<br />

ob sie gegen Dumping-Angebote der Konkurrenz<br />

mitbietet und so die Kundenbeziehung<br />

vertieft - oder nicht.<br />

- Budgetplanung. Bei den Vorreitern<br />

basieren Planungsprozesse unter anderem<br />

auf individuellen Kundenprofilen<br />

und Prognosen über zukünftige Ertragschancen<br />

eines Kunden.<br />

- Kundenmanagement. Je nach Konjunktur-<br />

und Branchenzyklus kann die Profitabilität<br />

von Firmenkunden erheblich<br />

schwanken. <strong>Eine</strong> Zwei- oder sogar Vierjahresperspektive<br />

glättet Verwerfungen<br />

und erleichtert fundierte Entscheidungen.<br />

Autor: www.bain.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

63


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Private Banking in der Schweiz –<br />

eine Branche im Umbruch<br />

Kostensteigerungen führen zu kritischer Profitabilität |<br />

Anzahl der Privatbanken in zehn Jahren um 30 % geschrumpft |<br />

„Weiter so“ keine Lösung<br />

Die Private-Banking-Industrie in der<br />

Schweiz befindet sich im Umbruch.<br />

Zwar können die Schweizer Institute<br />

nach wie vor auf ihre traditionellen Alleinstellungsmerkmale<br />

wie Sicherheit, Stabilität,<br />

Vertrauen und Tradition setzen. Auch ist<br />

es den Banken gelungen, den aussergewöhnlichen<br />

Boomzyklus der Wirtschaft<br />

in den letzten Jahren <strong>für</strong> sich zu nutzen.<br />

Dennoch hat sich die Ertragssituation im<br />

Schweizer Private Banking deutlich zugespitzt.<br />

So hat die Kombination aus konstant<br />

fallenden Bruttomargen und einem<br />

«teuren» Wachstum der Kundenvermögen,<br />

das mit gleichlaufenden Kostensteigerungen<br />

einhergeht, inzwischen zu einer im<br />

Durchschnitt kritischen Profitabilität der<br />

Institute geführt. Dies ist das zentrale Ergebnis<br />

der aktuell veröffentlichten Schweizer<br />

Private Banking Study von zeb. Die Strategie-<br />

und Managementberatung, spezialisiert<br />

auf die Beratung von Unternehmen<br />

der Financial-Services-Industrie, hat in<br />

den letzten Monaten den Private-Banking-<br />

Sektor in der Schweiz intensiv untersucht<br />

und analysiert, welche Herausforderungen<br />

sich <strong>für</strong> die Zukunft ergeben und wie Banken<br />

diesen gegensteuern können.<br />

Brutto- und Ergebnismargen<br />

sinken weiter<br />

Wie die Studie im Einzelnen ergab, sind<br />

die Assets under Management (AuM) im<br />

Schweizer Private Banking trotz Konsolidierung<br />

in den vergangenen fünf Jahren<br />

um rund 3.2 % pro Jahr gewachsen, wovon<br />

allerdings nur wenige Institute überproportional<br />

profitieren konnten. Beim<br />

untersuchten Bankensample von 24 Instituten<br />

sind rund 70 % des gesteigerten<br />

Kundenvermögens der letzten Jahre auf<br />

M&A oder Marktperformance zurückzuführen.<br />

Das eigentliche Net New Money, also die<br />

reine Vertriebsleistung der Banken, fiel<br />

vergleichsweise gering aus.<br />

Die Profitabilität der Privatbanken geriet<br />

damit stark unter Druck. Mittlerweile<br />

ist die Bruttomarge im Schweizer<br />

Private-Banking-Markt auf rund 82 bps<br />

gesunken. Ein Grund hier<strong>für</strong> war das<br />

weitere Abschmelzen bzw. vollständige<br />

Auflösen des „Offshore-Premiums“.<br />

Auch konnten trotz steigender AuM<br />

kaum Skaleneffekte realisiert werden,<br />

was in einer proportional mitwachsenden<br />

Kostenbasis resultierte. Insgesamt<br />

wiesen die untersuchten Institute eine<br />

durchschnittliche Ergebnismarge von<br />

rund 20 bps auf – aus Sicht von zeb ein<br />

kritischer Wert. <strong>Eine</strong> Abhängigkeit des<br />

Margenverfalls von der Grösse der Institute<br />

konnte die Studie nicht belegen.<br />

Betrachtet man die strukturelle Marktentwicklung,<br />

zeigt sich, dass die Konsolidierung<br />

der Schweizer Private-Banking-Industrie<br />

weiter anhält: So ist die<br />

Zahl Privatbanken im Zehnjahresvergleich<br />

um 30 % Prozent von 186 auf<br />

130 Institute geschrumpft. 39 der 56<br />

geschlossenen Banken sind der Bankengruppe<br />

der „ausländisch beherrschten“<br />

Institute zuzurechnen.<br />

64 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Ausblick –<br />

Weiter wie bisher ist keine Lösung<br />

zeb hat im Rahmen einer Szenariorechnung<br />

analysiert, wie „wetterfest“ die<br />

aktuellen Geschäftsmodelle im Schweizer<br />

Private Banking sind. Basierend auf<br />

einem Sample von 24 Banken, die ca.<br />

40 % der AuM des gesamten Markts<br />

repräsentieren, wurde der Einfluss von<br />

drei potenziell realistisch erwartbaren<br />

Zukunftsszenarien auf die Ergebnissituation<br />

der Banken abgeschätzt. Die Studienautoren<br />

legten dabei eine statische<br />

Fortschreibung der PB-Aktivitäten ohne<br />

sofortiges Gegensteuern durch gezielte<br />

Massnahmen zugrunde.<br />

Szenarioannahmen <strong>für</strong> Simulation<br />

bis 2021:<br />

Szenario 0 – „Fortschreibung der aktuellen<br />

Entwicklung“: Weitere Steigerung<br />

von AuM (+6.3 % p. a.) und Kostensteigerungen<br />

fast im Gleichschritt (+5<br />

% p. a.). Gleichzeitig weiteres Absinken<br />

der Bruttomargen auf 76 bps im<br />

Jahre 2021.<br />

Szenario 1 – „Positives Szenario“: Steigerung<br />

der AuM (+5 % p. a.) vor allem<br />

getrieben durch Vertriebsleistungen<br />

und dadurch geringere Kostensteigerung<br />

(+2 % p. a.), Stabilisierung der<br />

Bruttomarge auf aktuellem Niveau.<br />

Szenario 2 – „Negatives Szenario“:<br />

Einbruch der AuM (-2 % p. a.), eingeschränkte<br />

Möglichkeiten zum Kostensparen<br />

(+-0 %) und weiteres Absinken<br />

der Bruttomargen auf 75 bps bis 2021.<br />

Bei allen drei Szenarien wurde ein negativer<br />

Einmaleffekt von 2 bps auf die<br />

Ergebnismarge aufgrund FIDLEG/MiFID<br />

II berücksichtigt.<br />

Die Resultate der Simulationen zeigen,<br />

dass die Ergebnismarge bei Fortschreibung<br />

der aktuellen Entwicklung (Szenario<br />

0) im Jahre 2021 im Durchschnitt<br />

bei 17 bps läge. Damit wären fünf Banken<br />

nicht mehr profitabel, weitere 15<br />

Banken lägen unter dem kritischen Wert<br />

von 20 bps. Diese Rechnung verdeutlicht,<br />

dass ein Festhalten an aktuellen<br />

Geschäfts- und Organisationsmodellen<br />

keine nachhaltige Lösung <strong>für</strong> die Zukunft<br />

sein kann. Im „positiv“ gerechneten<br />

Szenario 1 lägen zwar mehr als die<br />

Hälfte der Ergebnisse im „gesunden“<br />

Bereich. Dennoch würden auch hier<br />

zwei Institute unprofitabel arbeiten.<br />

Bei Zugrundelegung des Negativszenarios<br />

würde kein Institut im „gesunden“<br />

Bereich verbleiben. Rund die Hälfte der<br />

Samplebanken wäre in einer Krisensituation<br />

unprofitabel, die andere Hälfte<br />

läge im kritischen Bereich.<br />

Heinz Rubin,<br />

geschäftsführender Partner zeb.<br />

Schweiz, bemerkt abschliessend:<br />

«Die diesjährige Studie verdeutlicht,<br />

dass trotz insgesamt freundlicher wirtschaftlicher<br />

Rahmenbedingungen die<br />

Ergebnisse der Banken auf einer zerbrechlichen<br />

Basis stehen. Ohne Einleiten wirkungsvoller<br />

Gegenmassnahmen wird<br />

sich der Konsolidierungsprozess im Private<br />

Banking in der Schweiz unvermindert<br />

fortsetzen. Manager vieler Banken<br />

sind gefordert, ihre Visionen <strong>für</strong> das<br />

Private Banking in der Schweiz neu zu<br />

skizzieren und darauf ausgerichtet das<br />

Business- und Operating Modell anzupassen.<br />

Ein ‘Weiter wie bisher’ ist <strong>für</strong><br />

die meisten Private-Banking-Anbieter<br />

keine Option.»<br />

Axel Sarnitz, Partner und Leiter der<br />

Practice Group Private Banking bei<br />

zeb, ergänzt:<br />

»Schweizer Banken besitzen gute Voraussetzungen,<br />

um sich international<br />

im Private Banking zu behaupten – der<br />

Standort Schweiz ist und bleibt <strong>für</strong> Privatanleger<br />

attraktiv. Das heisst jedoch<br />

nicht, dass alles so bleiben kann wie<br />

bisher. Aus unserer Sicht werden 2021<br />

vor allem jene Institute erfolgreich<br />

sein, denen es gelingt, ihre Vertriebsleistung<br />

über einen tatsächlichen Mehrwert<br />

<strong>für</strong> Kunden zu steigern. Digitalisierung<br />

und Innovationsfähigkeit sind<br />

dabei wichtige Voraussetzungen, um<br />

dieses Ziel zu erreichen.»<br />

Autor: www.zeb.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

65


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Schweizer Banking Report 2017:<br />

Digitalisiertes Retailbanking<br />

<strong>für</strong> zukunftsfeste Ertrags- und<br />

Kostenstrukturen<br />

Noch ist die Lage der Schweizer<br />

Inlandsbanken zufriedenstellend<br />

- obwohl das durchschnittliche<br />

Aufwand-Ertrag-Verhältnis in den letzten<br />

fünf Jahren um etwa 6 Prozentpunkte<br />

stieg und die Eigenkapitalrendite um fast<br />

ein Fünftel auf 5,7 Prozent sank. Damit<br />

die Situation stabil bleibt, müssen die<br />

Banken strukturelle Schwächen sowohl auf der<br />

Kosten- als auch der Ertragsseite beheben,<br />

die durch Markttrends wie die Digitalisierung<br />

aktuell zusätzlich verstärkt werden.<br />

Dies erfordert in den nächsten Jahren eine<br />

Reihe taktischer Optimierungen und strategische<br />

Transformationen der Geschäftsmodelle.<br />

Zu diesen Ergebnissen kommt die<br />

Strategieberatung Oliver Wyman in ihrem<br />

grossangelegten Schweizer Banking Report<br />

2017, der die Situation und Perspektiven<br />

des inländischen Bankenmarktes der<br />

Schweiz analysiert. Für die Studie untersuchten<br />

die Berater mehr als 300 ausgewählte<br />

Inlandsbanken.<br />

Expandierendes Kredit- und Einlagevolumen<br />

förderte in den letzten Jahren das Wachstum<br />

der im Schweizer Inlandsgeschäft<br />

tätigen Banken. Trotz sinkender Margen<br />

konnten sie den Gesamtertrag durch die<br />

Erhöhung der Bilanzsummen und der damit<br />

verbundenen Risiken stabil halten.<br />

Dazu wurde das Hypothekengeschäft um<br />

jährlich 4,5 Prozent im Zeitraum von 2011<br />

bis 2016 ausgeweitet. Allerdings sinkt das<br />

Kreditwachstum bereits seit einiger Zeit,<br />

so dass Geschäftsmodelle und Strategien<br />

nicht mehr auf weiteres Wachstum des<br />

Kreditvolumens über der Rate des BIPs<br />

setzen können.<br />

Die derzeitige Abhängigkeit der Banken<br />

vom Zinsgeschäft ist ein Klumpenrisiko.<br />

Der Ertragsanteil liegt aktuell bei 55 Prozent,<br />

bei kleineren Instituten macht er sogar<br />

bis zu 80 Prozent der Gesamterträge<br />

aus. Doch langfristig prognostiziert Oliver<br />

Wyman bis 2022 nur noch ein Minimalwachstum<br />

der Zinserträge von einem Prozent<br />

pro Jahr. Alternative Ertragsquellen<br />

müssen viele Banken jedoch erst aktiv<br />

ausbauen oder neu erschliessen, um zusätzliches<br />

Wachstum generieren zu können.<br />

Zu solchen möglichen Ertragsquellen<br />

zählen Provisionen und Handelserträge,<br />

Erträge aus dem Wealth und Asset Management,<br />

dem Geschäft mit kleinen und<br />

mittelständischen Unternehmen, sowie<br />

dem Verkauf von Versicherungsprodukten.<br />

Steigende Kosten erzwingen<br />

Investitionen zur Verbesserung<br />

des Bankbetriebes<br />

Während im europäischen Bankensektor<br />

insgesamt ein Beschäftigungsabbau statt-<br />

66 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

fand, diagnostizieren die Oliver Wyman-<br />

Berater bei den betrachteten Schweizer<br />

Banken hohe Personalkostenblöcke durch<br />

jährlich um 0,4 Prozent wachsende Beschäftigtenzahlen<br />

sowie Personalkosten,<br />

die pro Mitarbeiter jedes Jahr um 1,7 Prozent<br />

steigen. Die Kosten wachsen damit<br />

deutlich schneller als die Erträge. Dies erfordert<br />

ein aktives Management, um die<br />

negative Entwicklung des Aufwand-Ertrag-<br />

Verhältnisses zu stoppen. Hier sind Investitionen<br />

notwendig, um die strukturelle<br />

Kostenspirale nachhaltig zu durchbrechen.<br />

Insbesondere muss in die End-to-End-<br />

Automatisierung sowie die Standardisierung<br />

der Kernbetriebsprozesse sowie das<br />

Back- und Middle-Office investiert werden.<br />

"Retailbanken müssen jetzt Wege finden,<br />

die Stagnation ihres Zinsgeschäfts mit<br />

Provisions-, Handels- und sonstigen Erträgen<br />

zu kompensieren. Paradoxerweise<br />

bedeutet das zunächst mehr Ausgaben <strong>für</strong><br />

Digitalisierung, um langfristig die Kosten<br />

im operativen Betrieb senken zu können",<br />

umreisst Tobias Würgler, Partner bei Oliver<br />

Wyman und Leiter der Schweizer Banking<br />

Practice, die Aufgaben der Banken. Mut<br />

zu unkonventionellen Strategien, um die<br />

Kostenstrukturen zu verbessern? Schweizer<br />

Retailbanken werden als Ergebnis der<br />

Studie ihre Strategien grundlegend überdenken<br />

müssen. Dazu gehören folgende<br />

Massnahmen:<br />

• Verschlankung des Serviceangebots<br />

über Filialen: Bisher leisten sich die<br />

Schweizer Banken ein sehr dichtes<br />

Filialnetz. Doch bereits die jährlichen<br />

Kosten <strong>für</strong> kleine Filialen mit Bargeldverkehr<br />

summieren sich schnell zu<br />

Beträgen im mittleren sechsstelligen<br />

Bereich. In Skandinavien und den Benelux-Ländern<br />

dagegen bieten Banken<br />

nicht einmal mehr halb so viele<br />

Filialen pro Einwohner an. Die Zukunft<br />

liegt in bargeldlosen Filialen an guter<br />

Passantenlage, wo Kunden primär beraten<br />

werden.<br />

• Zukünftig werden ausserdem häufiger<br />

Kooperationen zwischen Retailbanken<br />

zu beobachten sein: Dies umfasst beispielsweise<br />

die Nutzung von Shared<br />

Services, wie gemeinsame Netzwerke<br />

von Geldautomaten, Hypothekarprozessen,<br />

Abwicklungsplattformen oder<br />

das Teilen von sonstigen Kostenblöcken,<br />

die nicht zum Kerngeschäft gehören.<br />

Selbst gemeinsam betriebene<br />

Filialen sind denkbar.<br />

Am Ende geht es um die Kunden -<br />

Digitale Zugänge und personalisierte<br />

Lösungen<br />

Die Kundenbeziehungen der Banken sind<br />

bedroht: <strong>Eine</strong>rseits drängen Versicherungen<br />

und Pensionskassen in das bisher<br />

zu 95 Prozent bankendominierte Hypothekargeschäft,<br />

andererseits versuchen Nichtbanken-Aggregatoren<br />

und Drittanbieter<br />

Kundeninteraktionskanäle zu besetzen und<br />

damit die Banken von ihren Kunden abzukoppeln.<br />

Daher investieren Retailbanken<br />

massiv in die Digitalisierung der Kommunikations-<br />

und Interaktionsschnittstellen.<br />

Allerdings bergen <strong>neue</strong> digitale Angebote<br />

und Zugangsmöglichkeiten <strong>für</strong> die Kunden<br />

die Gefahr, lediglich die Kosten der Banken<br />

zu steigern. Daher ist eine zeitgleiche,<br />

grundlegende Transformation des Bankengeschäftsmodells<br />

wichtig. "Schweizer<br />

Banken müssen vermeiden, die Kostenstruktur<br />

mit einer zusätzlichen 'digitalen<br />

Kostenschicht' dauerhaft aufzublähen und<br />

so noch mehr Komplexität in ihre Prozesse<br />

zu bringen", warnt Roger Stettler, Principal<br />

und Retailbanking-Experte bei Oliver Wyman<br />

in Zürich.<br />

Der Schweizer Banking Report kommt daher<br />

zu dem Schluss, dass schweizerische<br />

Retailbanken dringend ein digitales "Target<br />

Operating Model" entwickeln müssen. Dieses<br />

sollte eigene Omni-Channel-Schnittstellen<br />

zur Kundeninteraktion umfassen,<br />

sowie einen zentralen Datenpool, von<br />

dem ausgehend automatisch individuelle<br />

Lösungen <strong>für</strong> Kunden entwickelt werden<br />

können. "Solche Veränderungen sind ein<br />

Neuanfang' auf der "grünen Wiese" im<br />

Banking: mühsam, zunächst kostenintensiv,<br />

aber langfristig strukturell ertragssteigernd<br />

und kostensenkend", fasst Würgler<br />

die Aufgabe der Banken zusammen.<br />

Autor: www.oliverwyman.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

67


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Luxemburger Privatbanken müssen sich<br />

konsequent neu ausrichten<br />

zeb. Private-Banking-Studie Luxemburg<br />

Der Private-Banking-Sektor im Großherzogtum<br />

Luxemburg befindet sich<br />

in einer entscheidenden Umbruchphase.<br />

Gelingt es den dortigen hoch spezialisierten<br />

Privatbanken nicht, sich rechtzeitig<br />

auf die <strong>neue</strong>n Rahmenbedingungen<br />

einzustellen, müssen sie trotz partiell guten<br />

Krisenmanagements in den letzten<br />

Jahren mit empfindlichen Ertragsrückgängen<br />

rechnen. Dies sind die zentralen Ergebnisse<br />

der <strong>neue</strong>n Private-Banking-Studie<br />

von zeb <strong>für</strong> den Standort Luxemburg.<br />

Die Strategie- und Managementberatung,<br />

führend in der europäischen Financial-Services-Industrie,<br />

hatte Anfang des Jahres<br />

detailliert untersucht, welche Herausforderungen<br />

die Luxemburger Privatbanken<br />

im Private-Banking-Geschäft zu erwarten<br />

haben und wie sie gezielt darauf reagieren<br />

können.<br />

Die erstmals durchgeführte Studie zeigt<br />

auf, wie marktseitige und vor allem regulatorische<br />

Veränderungen um den Wegfall<br />

des Bankgeheimnisses den Luxemburger<br />

Private-Banking-Sektor bereits in den<br />

vergangenen Jahren vor große Herausforderungen<br />

gestellt haben. „Auf den ersten<br />

Blick haben die Institute gut darauf<br />

reagiert und den Abzug von Geldern aus<br />

dem Affluent-Segment durch die Akquise<br />

hochvermögender Neukunden kompensieren<br />

können. Auf den zweiten Blick jedoch<br />

wird deutlich, dass das erzielte Wachstum<br />

der Assets under Management (AuM) mit<br />

deutlichen Margenrückgängen bezahlt<br />

werden musste“, so zeb-Partner und Studieninitiator<br />

Axel Oliver Sarnitz.<br />

Insgesamt dürften die Ergebnisse der Institute<br />

bei Fortschreibung aktueller Trends<br />

oder auch nur einer leichten Verschlechterung<br />

weiter unter Druck geraten. „Setzen<br />

sich die Entwicklungen der letzten<br />

Jahre fort, sinkt die durchschnittliche Ergebnismarge<br />

im Jahr 2020 auf nur noch<br />

etwas über 20 Basispunkte – das ist <strong>für</strong><br />

externe <strong>Investoren</strong> eine kritische Schwelle“,<br />

unterstreicht Studienleiter Arnd Heßeler,<br />

Executive Manager Luxemburg bei<br />

zeb. „Und weitere Aufgaben warten. So<br />

müssen die Luxemburger Institute klare<br />

Antworten auf die Digitalisierung und die<br />

dadurch dramatisch veränderten Kundenanforderungen<br />

finden.“<br />

Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />

Fortsetzung des Status quo ist keine<br />

Option<br />

Im Einzelnen ergab die Studie, dass<br />

Luxemburgs Private-Banking-Sektor zwischen<br />

2011 und 2015 trotz hoher regulatorischer<br />

und marktseitiger Herausforderungen<br />

nahezu konstante Ergebnisse<br />

erzielen konnte. Der Ergebnisrückgang<br />

von lediglich 5 % in diesem Zeitraum lässt<br />

nach Ansicht von zeb bei einem AuM-<br />

Wachstum von etwa 21 % jedoch auf eine<br />

deutliche Margenerosion schließen, die<br />

Banken im Wettbewerb um ihre <strong>neue</strong> Zielgruppe<br />

hochvermögender Kunden in Kauf<br />

nehmen mussten.<br />

Auf Basis eines Banken-Samples errechneten<br />

die Studienautoren, wie sich die Ergebnismargen<br />

in drei Szenarien bis 2020<br />

68 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

verändern werden. Das Kernergebnis: Nur<br />

bei einer äußerst positiven Entwicklung<br />

werden die Institute ihre Ergebnismargen<br />

ausbauen können – selbst bei Fortschreibung<br />

der aktuellen Rahmenbedingungen<br />

ohne aktives Gegensteuern wird es zu<br />

einem Margenrückgang kommen, im negativsten<br />

Fall sogar in Richtung Null.<br />

Neue Herausforderungen warten<br />

Aktuell laufen die Luxemburger Private-<br />

Banking-Institute im Wettbewerb um die<br />

wenigen hochvermögenden Kunden Gefahr,<br />

zu verwechselbar zu werden. „Wollen<br />

die Banken weiterhin ihre Margen erwirtschaften,<br />

müssen sie sich mit einem klaren<br />

USP am Markt positionieren“, so Sarnitz.<br />

Zusätzlich sind die Banken gefordert,<br />

wesentlich konsequenter<br />

auf veränderte Kundenanforderungen<br />

zu reagieren.<br />

„Echte Kundenbindung<br />

wird vor allem durch herausragende<br />

Kundenerlebnisse<br />

geschaffen, die den<br />

Einsatz digitaler Tools und<br />

Lösungen erfordern“, führt<br />

Sarnitz weiter aus.<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

werden digitale Wettbewerber<br />

wie etwa Robo-Advisors <strong>für</strong> Kunden<br />

immer attraktiver. Ein Hybridmodell aus<br />

persönlicher Beratung und automatisierten<br />

Anlageentscheidungen bietet nach Ansicht<br />

von zeb echte Chancen, auch in höheren<br />

Vermögenssegmenten Marktanteile zu gewinnen.<br />

Daneben werden unvermeidliche<br />

Investitionen <strong>für</strong> Regulatorik und IT nach<br />

Ansicht der Autoren auch zukünftig das Ergebnis<br />

belasten und allein <strong>für</strong> sich große<br />

Herausforderungen darstellen.<br />

Luxemburg mit guten<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> die strategische<br />

Weiterentwicklung<br />

Grundsätzlich bietet Luxemburg nach Ansicht<br />

der Studienautoren gute Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> den Private-Banking-Sektor.<br />

So verfügt das Großherzogtum über eine<br />

hervorragende technische Infrastruktur,<br />

gut ausgebildetes Personal, EU-Zugang<br />

sowie den Euro als Landeswährung. Hinzu<br />

kommen die Abdeckung mehrerer Zeitzonen,<br />

hohe Datenschutzstandards sowie<br />

ein mehrsprachiges Umfeld.<br />

Die Autoren zeigen vor diesem Hintergrund<br />

drei strategische Stoßrichtungen<br />

<strong>für</strong> Privatbanken in Luxemburg auf: Zunächst<br />

können Institute den eingeschlagenen<br />

Weg in Richtung internationales<br />

Wealth Management weiter beschreiten,<br />

wenn sie sich konsequent auf die Besonderheiten<br />

des Segments mit einem individualisierten<br />

Geschäftsmodell fokussieren.<br />

Hierzu gehört u. a. ein Fokus auf klar definierte<br />

Märkte und Kundengruppen sowie<br />

eine Ansprache der Kunden durch Relationship<br />

Manager auf Augenhöhe. Alternativ<br />

ist aus Sicht von zeb die Nutzung der bestehenden<br />

Infrastruktur<br />

in Luxemburg<br />

zum Aufbau<br />

eines EU Hub <strong>für</strong><br />

digitales Private<br />

Banking primär<br />

im Affluent-Segment<br />

erfolgversprechend.<br />

Nicht<br />

zuletzt können<br />

gerade international<br />

aufgestellte<br />

Privatbanken die<br />

skizzierten Standortvorteile nutzen, um<br />

Luxemburg als eine von wenigen global<br />

verteilten Buchungsplattformen zu etablieren<br />

und dabei in hohem Maße Synergieeffekte<br />

und Einsparpotenziale zu realisieren.<br />

Quelle: © Photographee.eu - Fotolia.com<br />

Die Unternehmensgruppe zeb ist an 17<br />

Standorten in 13 Ländern tätig und bietet<br />

maßgeschneiderte und flexible Beratungskompetenz<br />

über die gesamte Wertschöpfungskette<br />

von Finanzdienstleistern – von<br />

der Strategie über die Restrukturierung<br />

und den Vertrieb bis hin zur Unternehmenssteuerung,<br />

dem Human Capital und<br />

der IT. Mit nahezu 1.000 Mitarbeitern und<br />

über 190 Millionen Euro Umsatz in 2016<br />

ist zeb inzwischen die Nr. 1 der Strategieund<br />

Managementberatungen <strong>für</strong> Banken,<br />

Sparkassen, Versicherer und andere Finanzdienstleister<br />

in Europa.<br />

Autor: www.zeb.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

69


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

World Retail Banking Report 2017:<br />

Open Banking verspricht<br />

attraktives Ertragspotenzial <strong>für</strong> Banken<br />

Die Open-Banking-Entwicklung ist<br />

kaum noch aufzuhalten. Banken<br />

riskieren dabei den Verlust ihrer<br />

bedeutenden Rolle als Finanzintermediär,<br />

wenn sie nicht ein eigenes Modell zur zukünftigen<br />

Kundeninteraktion finden und<br />

sich dabei auch Drittangeboten von Fin-<br />

Techs sowie weiterer Partnern öffnen. Die<br />

Finanzinstitute könnten gemeinsam mit<br />

FinTechs die Open-Banking-Bewegung<br />

anführen, indem sie ihren Kunden innovative<br />

und personalisierte Dienstleistungen<br />

anbieten, die sowohl <strong>neue</strong>s Ertragspotenzial<br />

bieten als auch einen Mehrwert <strong>für</strong> die<br />

Kunden darstellen. Das zeigt der World<br />

Retail Banking Report 2017 von Capgemini<br />

und der Efma.<br />

"Open Banking bietet Banken die Gelegenheit,<br />

ihren Kunden attraktive, individuelle<br />

Produkte und Dienstleistungen von<br />

Drittanbietern zu offerieren. Sie können<br />

so die Kundenbindung steigern und sind<br />

darüber hinaus attraktiv <strong>für</strong> potenzielle<br />

Neukunden. Doch sie brauchen eine strategische<br />

Weitsicht, um nicht langfristig<br />

von den FinTechs aus dem Markt gedrängt<br />

zu werden", sagt Klaus-Georg Meyer, Leiter<br />

Business & Technology Consulting<br />

<strong>für</strong> Finanzdienstleister bei Capgemini in<br />

Deutschland.<br />

API eröffnet den Weg zur<br />

Open Banking Transformation<br />

Die Zusammenarbeit von Banken und Fin-<br />

Techs beim Open Banking ist <strong>für</strong> beide Seiten<br />

ein Gewinn. Insbesondere <strong>für</strong> die Banken<br />

gilt dabei: Obwohl die bereitgestellten<br />

Programmierschnittstellen (Application<br />

Programming Interfaces - API) einige Herausforderungen<br />

in Sachen Sicherheit und<br />

Quelle: © Rawpixel - Fotolia.com<br />

Datenschutz bergen, sind sie der zentrale<br />

Erfolgsfaktor, da sie den Kreditinstituten<br />

ermöglichen, vom Erfindungsreichtum der<br />

FinTechs zu profitieren, ohne ihre eigene<br />

komplexe Infrastruktur anzutasten.<br />

"Die erfolgreichsten Banken werden auf<br />

der Basis von API <strong>neue</strong> Ertragspotenziale<br />

generieren und mehr Informationen über<br />

ihre Kunden erhalten, während sie gleichzeitig<br />

das Kundenerlebnis verbessern";<br />

sagt Vincent Bastid, Generalsekretär der<br />

Efma. "Bereits heute setzen viele Banken<br />

API <strong>für</strong> einen besseren Informationsfluss<br />

zwischen ihren internen IT-Systemen ein.<br />

Und wir sehen auch schon einige frühe<br />

Nutzer, die ihre Rolle im Open Banking abstecken,<br />

indem sie proaktiv ihre Systeme<br />

und Datenbestände <strong>für</strong> Drittanbieter öffnen<br />

und <strong>neue</strong> Umsatzerlöse generieren."<br />

Zusammenarbeit ist der Schlüssel<br />

zum Erfolg beim Open Banking<br />

Wie genau die Entwicklung zum Open Banking<br />

vonstattengehen wird, ist noch ungewiss.<br />

<strong>Eine</strong> knappe Mehrheit von FinTech-<br />

Unternehmen (53,8 Prozent) aber auch<br />

viele Banken (43,5 Prozent) prognostizieren<br />

eine Zukunft, in der beide gemeinsam<br />

branchenübergreifende Plattformen entwickeln,<br />

auf der sich ergänzende Dienst-<br />

70 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

leistungen angeboten werden. Etwas weniger<br />

wahrscheinlich, aber immer noch<br />

realistisch ist das Szenario, dass Banken<br />

weiterhin Produkte und Services anbieten,<br />

den Vertrieb aber FinTechs, sogenannten<br />

BigTechs wie Apple oder Amazon oder<br />

auch anderen <strong>neue</strong>n offenen Plattformen<br />

überlassen. Das hat den Vorteil der sinkenden<br />

Vertriebskosten, birgt aber das<br />

Risiko, Markensichtbarkeit und auch Kundenzugang<br />

zu verlieren. Dieses Zukunftsszenario<br />

wird von etwas weniger als der<br />

Hälfte der Fintechs (47,8 Prozent) gesehen<br />

und von nur 28,8 Prozent der Banken.<br />

Der Wille zur Zusammenarbeit zwischen<br />

FinTechs und Banken steht dabei außer<br />

Frage. Fast alle Banken (91,3 Prozent) sowie<br />

ein Großteil der FinTechs (75,3 Prozent)<br />

gehen davon <strong>für</strong> die Zukunft aus. Die<br />

Banken werfen dabei den Zugang zu ihren<br />

Quelle: © ArchMen - Fotolia.com<br />

Ressourcen, Erfahrung und Know-how in<br />

die Waagschale. FinTechs hingegen bieten<br />

Agilität, Schnelligkeit im Marktauftritt und<br />

einen unvergleichlichen Ansatz der Kundenzentrierung.<br />

Der Kauf von FinTechs<br />

durch Banken spielt jedoch fast keine Rolle<br />

(4,3 Prozent), andersherum schon gar<br />

nicht (0 Prozent). Durch die Zusammenarbeit<br />

und mit Hilfe der API können Banken<br />

und Fintechs ihre jeweilige Stärke ausspielen<br />

und damit die Kundenbedürfnisse<br />

weit besser abdecken als jeder <strong>für</strong> sich.<br />

"Viele Unternehmen am Markt verstehen,<br />

dass Open Banking die <strong>neue</strong> Realität ist.<br />

Aber sie wissen nicht, wie sie damit umgehen<br />

sollen", erläutert Klaus-Georg Meyer<br />

von Capgemini.<br />

FinTechs erzielen bessere Werte bei<br />

der Kundenerfahrung<br />

Die FinTechs verstehen sehr gut, was genau<br />

Kunden wollen. Das ist eine Bedrohung<br />

<strong>für</strong> die etablierte Bank-Kunden-Beziehung.<br />

Amazon, Apple oder Facebook<br />

haben mit ihren Dienstleistungen den Maßstab<br />

<strong>für</strong> Kundenerfahrung gesetzt - etwas,<br />

das Kunden nun auch von ihrer Bankbeziehung<br />

erwarten. Aus diesem Grund nehmen<br />

Kunden auch die Dienstleistungen von Fin-<br />

Techs an: 40,3 Prozent sagen, die <strong>neue</strong>n<br />

Anbieter bieten eine positive Erfahrung, im<br />

Vergleich dazu tun dies 37,1 Prozent bei<br />

Banken. Der Abstand ist dabei in Nordamerika<br />

am größten (57,8 Prozent gegenüber<br />

49,5 Prozent), gleiches gilt <strong>für</strong> die Antworten<br />

junger, techologieaffiner Kunden: Sie<br />

würden am ehesten FinTechs nutzen.<br />

"APIs machen Innovationen wie auch positive<br />

Kundenerfahrungen einfacher, indem<br />

sie das Wissen von Banken und FinTech<br />

zusammenbringen. Um Open Banking<br />

<strong>für</strong> alle Beteiligten zum Erfolg zu führen,<br />

müssen Banken und FinTechs frühzeitig<br />

einheitliche Governance und Technologie-<br />

Standards definieren. Hinzu kommt, dass<br />

viele Banken auch noch ihre Rolle im Open<br />

Banking finden müssen", so Meyer abschließend.<br />

Autor: www.capgemini.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

71


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Jede vierte Bank kämpft ums Überleben<br />

Bain-Studie zur Lage der Kreditinstitute in Europa<br />

Kapitalerhöhungen, Teilverkäufe, Abbau<br />

von Risiken und Personal: Die<br />

europäischen Banken haben in den<br />

vergangenen zehn Jahren viele Register<br />

gezogen, um die Finanzkrise hinter sich zu<br />

lassen. Doch nur 38 Prozent der größeren<br />

Institute in Europa stehen gut da. Dagegen<br />

ist der Zustand von mehr als einem<br />

Viertel äußerst besorgniserregend. Das<br />

zeigt die Studie "Battle of the Banks: The<br />

Fight for Profitable Business Models in Europe"<br />

der internationalen Managementberatung<br />

Bain & Company, <strong>für</strong> die insgesamt<br />

111 Kreditinstitute analysiert wurden.<br />

"Die Krise der europäischen Banken ist<br />

längst noch nicht ausgestanden", erklärt<br />

Dr. Dirk Vater, Bain-Partner und Leiter<br />

der Praxisgruppe Banken in Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz. Er warnt jedoch<br />

davor, die Sorgenkinder der Branche<br />

vorschnell abzuschreiben: "Unsere Analyse<br />

zeigt, dass Banken mit einer klaren<br />

Strategie und mutigen Entscheidungen innerhalb<br />

von drei bis fünf Jahren gesunden<br />

können."<br />

Profitabilität deutscher Banken<br />

zu gering<br />

Der bereits zum vierten Mal durchgeführte<br />

Gesundheitscheck von Bain ordnet<br />

die Banken in einem Scoring-Modell vier<br />

Kategorien zu: entlang der beiden Achsen<br />

Profitabilität und Effizienz sowie Bilanz<br />

und Finanzierung (Abb. 1). Genutzt werden<br />

dazu sowohl die Abschlüsse der Institute<br />

selbst als auch Daten von Anbietern<br />

wie SNL Financial und Moody's. Folgende<br />

Ergebnisse sind in den einzelnen Kategorien<br />

zutage getreten:<br />

• Gewinner: Immerhin 38 Prozent der<br />

Banken befinden sich in einer komfortablen<br />

Position, darunter vor allem Institute<br />

aus Belgien, den Niederlanden<br />

und Skandinavien. Bei nahezu allen<br />

Kennzahlen lassen sie den Wettbewerb<br />

hinter sich.<br />

• Schwächen im Geschäftsmodell: Rund<br />

17 Prozent haben zwar ihre Bilanz<br />

weitgehend in Ordnung gebracht, leiden<br />

aber noch unter Schwächen im<br />

Geschäftsmodell. Zu dieser Gruppe<br />

zählen fast alle an der Studie beteiligten<br />

deutschen Institute. Ihre Profitabilität<br />

und Effizienz bewegen sich auf<br />

dem niedrigen Niveau der griechischen<br />

Wettbewerber.<br />

• Schwächen in der Bilanz: Ebenfalls 17<br />

Prozent hinken bei den Bilanzkennzahlen<br />

hinterher, vor vier Jahren waren<br />

es noch 21 Prozent. Solche Schwächen<br />

machen Banken verwundbar und<br />

sie nähern sich der Kategorie "Sorgenkinder"<br />

an.<br />

• Sorgenkinder: Die Zahl der Banken in<br />

kritischem Zustand ist seit 2013 um<br />

zwei Prozentpunkte auf 28 Prozent<br />

gestiegen. Hier finden sich vor allem<br />

Institute aus Griechenland, Italien,<br />

Spanien und Portugal. Sämtliche gescheiterte<br />

Banken in den vergangenen<br />

zehn Jahren sowie zahlreiche Beteiligte<br />

an Zusammenschlüssen, dazu zählen<br />

die spanischen Sparkassen, waren zuvor<br />

in dieser Kategorie angesiedelt.<br />

Der Kapitalmarkt straft diese Sorgenkinder<br />

ab. Ihr Kurs-Buchwert-Verhältnis<br />

(KBV) liegt bei 0,31 und damit bei nicht<br />

72 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

einmal einem Viertel des Werts von Gewinnerbanken,<br />

die auf 1,31 kommen.<br />

Schwächen in der Bilanz führen zu einem<br />

durchschnittlichen KBV von 0,72. Schwächen<br />

im Geschäftsmodell haben einen KBV<br />

von 0,60 zur Folge. Nur mit einer klaren<br />

Strategie und entschlossenem Handeln<br />

können Banken diese Bewertungslücke<br />

schließen.<br />

4. Veränderte Finanzierung: Die Passivseite<br />

von Banken, die zu den Gewinnern<br />

aufgeschlossen haben, veränderte sich<br />

grundlegend. Die Spareinlagen stiegen<br />

um 20 bis 25 Prozent, der Anteil der<br />

Wholesale-Finanzierung sank um 70<br />

bis 80 Prozent.<br />

Halbierung der risikogewichteten<br />

Aktiva und Erhöhung der Spareinlagen<br />

Einigen europäischen Banken gelang in<br />

den vergangenen Jahren der Sprung in die<br />

Gewinnerkategorie. Aus ihrem Handeln<br />

lassen sich vier Stellhebel ableiten:<br />

1. Drastische Bilanzkürzung: Banken, die<br />

auf die Erfolgsspur zurückgekehrt sind,<br />

haben ihre risikogewichteten Aktiva<br />

um rund 50 Prozent reduziert, ihr Kreditvolumen<br />

um 25 bis 30 Prozent und<br />

das Volumen der sogenannten notleidenden<br />

Kredite um 70 bis 75 Prozent.<br />

2. Höhere Kundenloyalität im digitalen<br />

Zeitalter: Konzentrieren sich Banken<br />

auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder<br />

und die konsequente Digitalisierung,<br />

können sie Privat- und Geschäftskunden<br />

begeistern und letztendlich ihre<br />

Nettozinsmarge bezogen auf die risikogewichteten<br />

Aktiva verdoppeln.<br />

3. Radikaler Neuanfang bei den Kosten:<br />

Die Erfolgsformel heißt "Zero-based<br />

Redesign". Wer Jahr <strong>für</strong> Jahr seine Kosten<br />

von Grund auf neu plant und nicht<br />

nur fortschreibt, deckt Einsparpotenziale<br />

auf und schafft Freiräume <strong>für</strong> Investitionen<br />

in <strong>neue</strong> Geschäftsfelder.<br />

Quelle: © yexela - Fotolia.com<br />

"Grundsätzlich wissen die meisten Kreditinstitute,<br />

welche Themen sie angehen<br />

müssen", stellt Bain-Partner Vater fest.<br />

"Doch viele agieren nach wie vor zu vorsichtig<br />

und scheuen den nötigen radikalen<br />

Wandel." <strong>Eine</strong> entschlossene Herangehensweise<br />

ist angesichts der veränderten<br />

Kundenerwartungen, des harten Wettbewerbs<br />

sowie der verschärften Regulierung<br />

unerlässlich. "Für die Banken gilt es<br />

jetzt zu handeln. Sie müssen vor allem<br />

die Schwächen in ihren Bilanzen ausmerzen<br />

und sich auf zukunfts- und margenträchtige<br />

Geschäftsfelder konzentrieren",<br />

betont Vater.<br />

Autor: www.bain.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

73


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Bankenregulierung:<br />

Institute entdecken Sparpotenzial<br />

Die Banken in Deutschland kämpfen<br />

weiterhin gegen die Regulierung<br />

der Branche. 70 Prozent der<br />

Entscheider stufen die Belastung als zu<br />

hoch ein. Das ergibt der Branchenkompass<br />

Banking 2017 von Sopra Steria Consulting.<br />

Viele Institute suchen allerdings<br />

inzwischen nach Wegen, einen möglichst<br />

großen Nutzen <strong>für</strong> das eigene Unternehmen<br />

aus dem Erfüllen der Vorschriften<br />

zu ziehen. Die Commerzbank nutzt den<br />

Anlass einer Regulierung im Zahlungsverkehr,<br />

um ihr Liquiditätsmanagement<br />

noch effizienter zu gestalten. <strong>Eine</strong> zentral<br />

organisierte IT-Plattform auf Basis einer<br />

Standardsoftware von Sopra Steria Consulting<br />

ermöglicht ein Echtzeitmonitoring<br />

zur Überwachung untertägiger Liquiditätsrisiken.<br />

Das Institut erfüllt mit der <strong>neue</strong>n Lösung<br />

die regulatorischen Vorgaben zur<br />

quantitativen Messung des untertägigen<br />

Liquiditätsrisikos, implizit vom Basler<br />

Ausschuss <strong>für</strong> Bankenaufsicht in der Konkretisierung<br />

BCBS248 gefordert. Die Regelung<br />

enthält die Erwartung, dass Banken<br />

ihre Liquidität während des Tages<br />

laufend überwachen und steuern können.<br />

"<strong>Eine</strong> Meldung von Kennzahlen als<br />

reine Rückschau wird der Bankenaufsicht<br />

künftig nicht mehr genügen. BCBS248<br />

fordert im Prinzip ein aktives Management<br />

der untertägigen Liquidität und der<br />

sich hieraus ergebenden Risiken", verdeutlicht<br />

Dirk Rath, verantwortlich <strong>für</strong><br />

den Bereich Liquidity Management bei<br />

Sopra Steria Consulting.<br />

Da<strong>für</strong> benötigen die Banken allerdings<br />

hochaktuelle Transaktions- und Liquiditätsdaten,<br />

die - wo immer möglich - in<br />

Echtzeit aus unterschiedlichsten Systemen<br />

extrahiert und bereitgestellt werden<br />

müssen. "Hier stoßen viele Banken<br />

mit ihrer bestehenden heterogenen Anwendungslandschaft<br />

an ihre Grenzen",<br />

so Rath. <strong>Eine</strong>n möglichen Lösungsansatz<br />

bietet der Aufbau einer zentralen<br />

Architekturplattform <strong>für</strong> das Liquiditätsmanagement,<br />

das in Echtzeit alle liquiditätsrelevanten<br />

Informationen in der benötigten<br />

Menge, Qualität und Detailtiefe<br />

bereitstellt. "Je genauer Banken ihre Zahlungsflüsse<br />

kennen, desto dosierter können<br />

sie bei sich abzeichnenden Risiken<br />

handeln und müssen im Ergebnis weniger<br />

Liquidität als Reserve einplanen", erklärt<br />

Bankenexperte Dirk Rath.<br />

Commerzbank verbessert<br />

Liquiditätsmanagement<br />

mit integrierter Standardsoftware<br />

Die Commerzbank ist mit einer derartigen<br />

Umstellung auf eine <strong>neue</strong> Softwarelandschaft<br />

schon weit fortgeschritten.<br />

Das Institut modernisiert sein Intraday-<br />

Liquiditätsmanagement mit der integrierten<br />

IT-Lösung "Steria Liquidity Suite"<br />

von Sopra Steria Consulting. Bis Mitte<br />

2018 soll das gesamte Cash- und Liquiditätsmanagement<br />

schrittweise auf eine<br />

Echtzeitsteuerung umgestellt werden.<br />

"Das Zauberwort <strong>für</strong> uns lautet Integration",<br />

sagt Dr. Bernd Leinert, Projektmanager<br />

im Bereich Group Management<br />

Treasury der Commerzbank. "Unsere IT-<br />

Infrastruktur und die fachlichen Abläufe<br />

im Liquiditätsmanagement sind bereits<br />

heute deutlich weniger komplex, das<br />

spart Kosten. Künftig wollen wir in der<br />

Lage sein, die nötigen Reserven an Liquidität<br />

zu optimieren, und uns so Vorteile<br />

im Wettbewerb verschaffen", so Leinert.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

74 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Studie: Banken gehen<br />

FinTech-Kooperationen im Kreditgeschäft<br />

aus dem Weg<br />

FinTechs spielen <strong>für</strong> Banken bei der<br />

Digitalisierung des Kreditgeschäfts<br />

kaum eine Rolle. Nicht einmal jedes<br />

zehnte Institut setzt auf strategische Kooperationen<br />

mit einem FinTech. 14 Prozent<br />

der Institute haben FinTechs zumindest<br />

teilweise in ihre Digitalstrategie <strong>für</strong> das<br />

Privatkundengeschäft einbezogen. Im Firmenkundengeschäft<br />

scheinen die Banken<br />

etwas weiter zu sein. Dort setzt immerhin<br />

ein Drittel teilweise auf Kooperationen<br />

mit den Start-Ups. Dies sind Ergebnisse<br />

einer detaillierten Befragung von 43 deutschen<br />

Universalbanken, Sparkassen,<br />

Volksbanken und Spezialbanken durch die<br />

Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft<br />

PwC.<br />

Die Institute sehen laut Studie bisher auch<br />

wenig Veranlassung, mit FinTechs zu kooperieren.<br />

Stärkere Impulse durch eine Zusammenarbeit<br />

werden höchstens <strong>für</strong> die<br />

Vertriebskanäle erwartet: Im Bereich Konsumentenkredit<br />

sieht das ein Drittel der<br />

Befragten so, im Bereich Baufinanzierung<br />

rechnet die Hälfte damit. Insgesamt entstehen<br />

aber aus Sicht der Banken keine<br />

wesentlichen Potenziale aus der Zusammenarbeit<br />

mit FinTechs. So erwarten drei<br />

Viertel der Institute im Konsumentenkreditgeschäft<br />

explizit keine Auswirkungen<br />

auf Marketing und Image und auf Schnittstellen.<br />

Die Hälfte der Befragten verneint<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> das Produktportfolio. 60<br />

Prozent halten die Prozesse <strong>für</strong> unberührt<br />

von möglichen FinTech-Kooperationen.<br />

"Die Banken gehen das Thema FinTech-<br />

Kooperationen bislang kaum strategisch<br />

an. Sie sehen offenbar keinen Mehrwert<br />

darin, von den Kernkompetenzen des Gegenübers<br />

zu lernen. Damit vergeben die<br />

Institute aber die Chance, sich noch gezielter<br />

mit innovativen Produktangeboten<br />

am Markt hervorzuheben", sagt Tomas<br />

Rederer, Partner bei PwC im Bereich Financial<br />

Services.<br />

Wettbewerbsdruck: Banken sehen<br />

keinen Zwang zur Kooperation<br />

Quelle: © kasto - Fotolia.com<br />

Keine wesentlichen Impulse erwartet<br />

Dabei sehen die Kreditinstitute durchaus<br />

einen erhöhten Wettbewerbsdruck aufgrund<br />

des Markteintritts <strong>neue</strong>r Konkurrenz<br />

- vor allem spezialisierter FinTechs,<br />

die bisher nur begrenzt regulatorischen<br />

Anforderungen unterliegen. Knapp jeder<br />

zehnte Befragte geht davon aus, dass dieser<br />

Druck in den kommenden drei Jahren<br />

noch zunehmen wird. "Umso erstaunlicher,<br />

dass die Banken sich mehrheitlich gegen<br />

Kooperationen mit FinTechs zu sträuben<br />

scheinen", so PwC-Experte Rederer. Sein<br />

Rat: "Die Banken müssen ihre Angebote<br />

weiterentwickeln und ihr digitales Profil<br />

schärfen, etwa durch den Aufbau eines<br />

digitalen Partner-Ökosystems." Von der<br />

Kooperation mit <strong>neue</strong>n Marktteilnehmern<br />

könnten beide Seiten lernen und so das<br />

eigene Geschäftsmodell weiterentwickeln.<br />

Autor: www.pwc.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

75


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Finanzplatz Frankfurt:<br />

In der Pole-Position <strong>für</strong> Brexit-Banker<br />

Wie die Finanzplatzstudie des Helaba-<br />

Bereichs Volkswirtschaft/Research zeigt,<br />

ist das deutsche Finanzzentrum im Rennen<br />

um die Brexit-Banker in der Pole-Position.<br />

So haben sich bereits zahlreiche<br />

Banken da<strong>für</strong> ausgesprochen, Arbeitsplätze<br />

von der Themse an den Main zu<br />

verlagern, was sich in den Beschäftigtenzahlen<br />

niederschlagen wird: "Wir erwarten,<br />

dass mindestens die Hälfte der<br />

aus London abwandernden Finanzjobs<br />

nach Frankfurt verlegt wird. Dies entspricht<br />

über einen Zeitraum von mehreren<br />

Jahren mindestens 8.000 Mitarbeitern.<br />

Bis Ende 2019 sehen wir deshalb<br />

einen Beschäftigungsanstieg um 4 Prozent<br />

auf rund 65.000 Mitarbeiter in den<br />

Frankfurter Bankentürmen (Ende 2016:<br />

62.400). Und das, obwohl parallel die<br />

Konsolidierung am heimischen Bankenmarkt<br />

anhält", erläutert Dr. Gertrud<br />

Traud, Chefvolkswirtin und Leiterin des<br />

Bereichs Volkswirtschaft/Research bei<br />

der Vorstellung der Studie in Frankfurt.<br />

Autor: www.helaba.de<br />

IT-Sicherheit:<br />

Banken kämpfen unter erschwerten<br />

Bedingungen<br />

Für Banken in Deutschland wird es<br />

schwerer, die gewohnten Standards<br />

an IT-Sicherheit zu gewährleisten.<br />

Sechs von zehn Instituten sprechen von<br />

komplexeren Angriffsszenarien und <strong>neue</strong>n<br />

Anforderungen an den Umgang mit IT-<br />

Risiken. Bei den Retailbanken sind es fast<br />

drei Viertel der Institute, bei denen Digitalisierung,<br />

<strong>neue</strong> Bedrohungsszenarien<br />

sowie Regulierungsvorschriften die Arbeit<br />

der Sicherheitsmanager erschweren. Das<br />

sind die Ergebnisse des Branchenkompass<br />

Banking 2017 von Sopra Steria Consulting<br />

und dem F.A.Z.-Institut.<br />

Die Herausforderungen der Banken steigen<br />

unter anderem durch die zunehmende<br />

Zahl an Lieferanten digitaler Technologien.<br />

Acht von zehn Finanzdienstleistern sind<br />

beispielsweise über digitale Plattformen<br />

oder Softwarelösungen mit Dienstleistern<br />

vernetzt, ergibt die Potenzialanalyse Digital<br />

Security von Sopra Steria Consulting,<br />

<strong>für</strong> die 51 IT-Entscheider von Banken und<br />

Versicherern befragt wurden. Viele Kreditinstitute<br />

sind beispielsweise mit externen<br />

Datenbanken <strong>für</strong> eine schnelle Bonitätsprüfung<br />

bei Onlinekreditanträgen verbunden.<br />

Zudem gibt es Plattformen, auf denen<br />

Finanzierungsvorhaben von Unternehmen<br />

mit Finanzierungsangeboten von Banken<br />

zusammengeführt werden. Durch die EU-<br />

Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 sind Banken<br />

sogar verpflichtet, sich gegenüber<br />

76 Ausgabe September/2017


BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Drittanbietern zu öffnen. Dazu kommt,<br />

dass Banken mit ihrem eigenen Online-<br />

Bezahldienst Paydirect künftig stärker mit<br />

Online-Händlern und dem Einzelhandel<br />

zusammenarbeiten werden.<br />

All diese <strong>neue</strong>n digitalen Lösungen und<br />

Anbieter vergrößern die Angriffsfläche,<br />

und es wird anspruchsvoller, das nötige<br />

IT-Sicherheitslevel zu halten. "Die Institute<br />

müssen sicherstellen, dass auch diese<br />

Partner und ihre Lösungen die hohen<br />

Standards der Banken erfüllen. Das zu<br />

kontrollieren, wird bei einer wachsenden<br />

Zahl an Partnern immer aufwändiger",<br />

sagt Dr. Gerald Spiegel, Leiter Information<br />

Security Solutions bei Sopra Steria Consulting.<br />

Die Institute reagieren, in dem sie<br />

vermehrt Dienstleister-Audits durchführen<br />

und Mindeststandards vertraglich vereinbaren.<br />

Mehr als jeder zweite Finanzdienstleister<br />

führt einen derartigen Lieferanten-<br />

Check durch, andere Institute fordern von<br />

ihren Partnern eine Sicherheitszertifizierung.<br />

WannaCry und seine Nachfolger<br />

erfordern mehr Tempo<br />

Für eine wirksame Bekämpfung von Cybercrime-Attacken<br />

wie WannaCry und Petya<br />

muss das IT-Sicherheitsmanagement<br />

der Banken künftig deutlich schneller reagieren.<br />

Ein Grund: Ransomware wie WannaCry<br />

unterscheidet sich von bisheriger<br />

Malware. Sie sind in der Lage, wie ein<br />

Wurm andere Rechner im gleichen Netz zu<br />

infizieren. Die Reaktionszeit des Opfers ist<br />

dadurch gravierend kürzer, will man eine<br />

Ausbreitung verhindern. Zudem werden<br />

die Angriffe immer undurchschaubarer.<br />

Jüngste Attacken haben gezeigt, dass ein<br />

Angriff deutlich länger dauert und die Angreifer<br />

schlagen in verschiedenen Phasen<br />

an mehreren Stellen zu.<br />

Diese Risiken wirksam einzudämmen, erfordert<br />

ein Sicherheitsmanagement mit<br />

oft unterschätztem Ressourcenbedarf<br />

und Kompetenzerfordernissen. Diese sind<br />

intern schwer zu finden und aufzubauen.<br />

Jeder dritte Finanzdienstleiser sucht<br />

auf dem Arbeitsmarkt nach passenden<br />

Cybersecurity-Spezialisten, um sich den<br />

Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />

<strong>neue</strong>n Bedrohungsszenarien zu stellen.<br />

Parallel suchen die Banken deshalb nach<br />

alternativen Lösungen.<br />

Ein Weg, den Banken gehen können ist,<br />

das IT-Sicherheitsmanagement stärker<br />

zu automatisieren - beispielsweise über<br />

regelbasierte Prozeduren. "Die Institute<br />

sollten darüber hinaus das Thema IT-Sicherheit<br />

und Cybersecurity als Führungsinformation<br />

in ihre Ablauforganisation integrieren<br />

- als eine Art Lagebild <strong>für</strong> das<br />

Management - um Ressourcen besser zu<br />

steuern", sagt Dr. Gerald Spiegel.<br />

Banken sind vorsichtiger<br />

beim Outsourcing<br />

<strong>Eine</strong> weitere Herausforderung der Banken<br />

ist, die strengeren Anforderungen der<br />

Bankenaufsicht an IT- und Informationssicherheit<br />

mit den Zielen einer effizienteren<br />

IT-Landschaft in Einklang zu bringen. Jedes<br />

fünfte Institut nutzt beispielsweise<br />

öffentliche Cloud-Computing-Lösungen,<br />

um Kosten zu sparen. Viele Banken verlagern<br />

zudem Arbeitsprozesse an Spezialisten.<br />

Risiken von Programmierfehlern<br />

und Sicherheitslücken sind damit schwerer<br />

zu kontrollieren. Die Bundesanstalt <strong>für</strong><br />

Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) reagiert<br />

auf wachsende IT-Risiken zum Beispiel<br />

mit den bankaufsichtlichen Anforderungen<br />

an die IT (BAIT). Diese lösen bei<br />

den Banken erheblichen Weiterentwicklungsbedarf<br />

ihrer IT-Sicherheitsprozesse<br />

aus. Als Folge wird Dienstleistern wie<br />

ihren Auftraggebern eine Compliance allerhöchster<br />

Güte abverlangt. Zudem sind<br />

Banken insgesamt vorsichtiger bei ihren<br />

Outsourcing-Vorhaben, so der Branchenkompass<br />

Banking 2017.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

77


FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />

Studie:<br />

Jede vierte Bank ist Fintech-Gründer<br />

Die Banken in Deutschland mischen<br />

sich unter die Fintechs. Jedes vierte<br />

Institut (27 Prozent) hat selbst ein<br />

Fintech gegründet, beispielsweise in Form<br />

einer selbständigen Digitaleinheit unter<br />

dem Konzerndach oder als komplett losgelöste<br />

Marke. 61 Prozent der Institute<br />

arbeiten in irgendeiner Form mit einem Finanztechnologieunternehmen<br />

zusammen.<br />

Übernahmen sind dagegen weniger verbreitet.<br />

Das sind die Ergebnisse des <strong>neue</strong>n<br />

Branchenkompass Banking 2017 von<br />

Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-<br />

Institut.<br />

Die Banken suchen damit eindeutig die<br />

Nähe zu den digitalen Innovatoren. Ziele<br />

sind, Kundenerlebnis und Abläufe zu verbessern<br />

sowie digitale Leistungen<br />

wie im Zahlungsverkehr<br />

durch mobile Verfahren sowie in<br />

der Beratung durch Robo Advisor<br />

voranzutreiben. Je nach Bankentyp<br />

unterscheidet sich die Aufgeschlossenheit<br />

gegenüber der<br />

Zusammenarbeit mit einem Finanz-Startup.<br />

Die Fintech-Affinität<br />

der Banken hängt im Wesentlichen<br />

mit dem Geschäftsmodell<br />

zusammen. Vor allem die Direktbanken<br />

sind aufgeschlossen gegenüber<br />

einer Zusammenarbeit.<br />

Häufige Partner sind Plattformen<br />

wie Lendstar, Moneymeets und Wikifolio.<br />

"Die Großbanken ergänzen Leistungen<br />

eher selektiv, beispielsweise beim Scannen<br />

von Überweisungen per Smartphone.<br />

Zudem entwickeln diese Institute mehr<br />

selbst", sagt Stefan Lamprecht, Division<br />

Director Banking von Sopra Steria Consulting.<br />

Ein inzwischen verbreitetet Weg <strong>für</strong><br />

mehr Inhouse-Innovationen ist die Gründung<br />

eigener Fintechs, wie die von der<br />

Deutschen Bank gegründete Digitalfabrik.<br />

Die Gründung ist inzwischen genauso verbreitet<br />

wie die punktuelle Zusammenarbeit<br />

mit Startups. Weniger attraktiv ist<br />

der Kauf eines Technologieunternehmens.<br />

16 Prozent der Bankentscheider berichten<br />

von umgesetzten Fusionen, wie der Kauf<br />

von Easyfolio durch die Privatbank Hauck<br />

& Aufhäuser.<br />

Fintech-Übernahmen<br />

weniger attraktiv<br />

Die Zurückhaltung an einer Übernahme<br />

hat Gründe: Der Kauf erfolgreich am<br />

Markt tätiger Fintechs verspricht zwar<br />

eine exklusive Nutzung der vom Startup<br />

entwickelten Technologien. <strong>Eine</strong><br />

Akquisition ist jedoch mit großen<br />

finanziellen Belastungen verbunden.<br />

"Viele Fintechs werden<br />

im Markt sehr stark bewertet. Ein<br />

Aufkauf bedeutet hohe Investitionen<br />

zur Weiterentwicklung. Dazu<br />

kommt die schwierige Integration<br />

beider Unternehmenskulturen",<br />

so Stefan Lamprecht. Unklar ist<br />

beispielsweise, ob die Gründer<br />

nach der Übernahme weiter am<br />

Ball bleiben und die digitale Einheit<br />

wie bisher vorantreiben.<br />

Durch Kooperationen lassen sich<br />

dagegen mit wenig Aufwand und Risiko<br />

schnell Leistungen ergänzen. "Der Markt<br />

ist sehr schnell. Es ist ungewiss, welche<br />

Produkte sich letztendlich durchsetzen<br />

und vom Kunden akzeptiert werden. Mit<br />

Kooperationen sind kurzfristige Wechsel<br />

der Anbieter und der Technologien je nach<br />

Marktentwicklung steuerbar", sagt Stefan<br />

Lamprecht von Sopra Steria Consulting.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

78 Ausgabe September/2017


IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Versicherungen:<br />

Einzelhandel und Sicherheit wieder top<br />

EY Real Estate „Trendbarometer Assekuranz“ 2017<br />

Um ihre Garantiezinsversprechen<br />

einzuhalten, wollen deutsche Versicherungen<br />

in diesem Jahr weiterhin<br />

deutlich in Immobilien investieren. Die<br />

geplanten Käufe könnten damit bis Ende<br />

2017 eine Rekordquote von 10,7 Prozent<br />

an der Kapitalanlage der Assekuranz erreichen.<br />

Dies zeigt das jährliche Trendbarometer<br />

Assekuranz von EY Real Estate, <strong>für</strong><br />

das 35 Unternehmen der Versicherungswirtschaft<br />

Auskunft über ihre Pläne gaben.<br />

„Trotz steigender Preise zählen Immobilieninvestments<br />

weiter zu den Anlageklassen,<br />

die in der Assekuranz am stärksten<br />

ausgebaut werden“, sagt Dietmar Fischer.<br />

Er ist Partner bei EY Real Estate und hat die<br />

Studie verantwortet. Fast alle Befragten<br />

(96 Prozent) setzen auf Immobilien innerhalb<br />

Deutschlands – eine Steigerung um<br />

8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.<br />

Nordamerika (38 Prozent) und Asien (27<br />

Prozent) haben in ähnlichem Umfang an<br />

Attraktivität gewonnen, bleiben aber in<br />

ihrer Bedeutung hinter Deutschland sowie<br />

den europäischen Kernregionen auf<br />

Rang drei und vier. „Fast überall stehen<br />

die etablierten Märkte im Fokus. Es ist eine<br />

Rückbesinnung auf mehr Sicherheit“, sagt<br />

Fischer.<br />

Core und Core-Plus an der Spitze<br />

Entsprechend würden B- und C-Lagen<br />

weniger nachgefragt, außerdem stünden<br />

Projektentwicklungen nicht mehr ganz<br />

so oft auf dem Einkaufszettel. Da<strong>für</strong> sind<br />

voll vermietete Core-Immobilien in guten<br />

Lagen in der Gunst der Assekuranz gestiegen:<br />

9 von 10 Befragten (88 Prozent)<br />

wollen hier investieren. Im Vorjahr waren<br />

es nur 63 Prozent. Ebenso beliebt sei das<br />

immer noch vergleichsweise sichere Core-<br />

Plus-Segment (88 Prozent). Die Überraschung<br />

hält sich in Grenzen: „Mehr Risiko,<br />

wie wir es zuletzt vielleicht etwas häufiger<br />

gesehen haben, war im Portfolio ohnehin<br />

immer nur als Ergänzung gedacht“, so Fischer.<br />

Handel stationär und online<br />

Im Vergleich der Nutzungsarten gilt: Die<br />

Einzelhandelsimmobilie, die im vergangenen<br />

Jahr ihren Spitzenplatz eingebüßt hatte,<br />

hat das Bürosegment wieder eingeholt.<br />

Beide werden aktuell von jeweils 72 Prozent<br />

der Befragten favorisiert. „Im Einzelhandelssegment<br />

sehen die Befragten zwar<br />

weiterhin einen gewissen Druck durch den<br />

E-Commerce“, so Fischer. Aber: „Inzwischen<br />

haben sich viele Händler gewandelt<br />

und gut auf den Wettbewerb eingestellt.“<br />

Die Wohnimmobilie ist trotz Sorge vor einer<br />

noch schärferen Mietpreisbremse mit<br />

68 Prozent kaum weniger attraktiv als<br />

das Einzelhandels- und Bürosegment. Auf<br />

Rang vier folgen Logistikimmobilien. Sie<br />

stehen bei 48 Prozent der Versicherungen<br />

auf der Agenda. Im Vorjahr waren es noch<br />

8 Prozentpunkte weniger. „Logistikimmobilien<br />

profitieren vom E-Commerce“, so<br />

Fischer. Die Assekuranz glaube sowohl an<br />

den stationären Handel als auch an den<br />

Online-Shop.<br />

Ausgabe September/2017<br />

79


FinanzBusinessMagazin I IMMOBILIEN<br />

Treiber und getrieben: Digitalisierung<br />

Nicht nur der Einzelhandel, auch die übrigen<br />

Nutzungsarten verändern sich unter<br />

dem Druck des digitalen Fortschritts. Der<br />

Anspruch an Zuschnitt, Flexibilität und Zukunftsfähigkeit<br />

der Flächen wird weiter steigen,<br />

meinen 84 Prozent der Befragten. Über<br />

die Immobilienqualität hinaus gilt: Auch die<br />

Investitionsprozesse der Versicherungen<br />

wandeln sich infolge <strong>neue</strong>r digitaler Technologien.<br />

Jeder zweite Befragte (52 Prozent)<br />

erwartet dies. „Die Unternehmen rechnen<br />

mit mehr Effizienz zum Beispiel bei der Diversifikation<br />

ihrer Immobilien“, so Fischer.<br />

„Stichworte sind hier Big Data und eine bessere<br />

Informationsgrundlage.“<br />

Zur Studie<br />

Das aktuelle Trendbarometer Immobilienanlagen<br />

der Assekuranz ist die zehnte<br />

Ausgabe der jährlich durchgeführten<br />

Studie. An der Befragung teilgenommen<br />

haben ca. 35 führende Versicherungsunternehmen<br />

aus Deutschland. Die teilnehmenden<br />

Unternehmen stellen einen repräsentativen<br />

Querschnitt der Assekuranz<br />

dar. Jedes befragte Unternehmen hält im<br />

Durchschnitt ein Immobilienvermögen<br />

von rund 3,6 Milliarden Euro.<br />

Autor: www.ey.com<br />

80 Ausgabe September/2017


IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Run auf Büroimmobilien hält weiter an<br />

Deutschland ist nach wie vor eine<br />

wichtige Adresse, wenn es um Investitionen<br />

auf dem Büromarkt<br />

geht. Immerhin beansprucht dieses Segment<br />

rund 39 % Anteil an den Gesamtgewerbeinvestitionen<br />

und positioniert sich<br />

damit erneut auf Platz 1.<br />

Insgesamt wurden hier im 1. Halbjahr über<br />

10,1 Mrd. Euro umgesetzt – eine Steigerung<br />

um 35 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.<br />

„Ausschlaggebend <strong>für</strong> dieses<br />

Wachstum sind die Abschlüsse in den Top-<br />

7-Standorten. Mit 81 % entfielen etwa<br />

vier Fünftel des Transaktionsvolumens auf<br />

die Metropolen“, beobachtet Marcus Lemli,<br />

CEO Germany / Head of Investment<br />

Europe bei Savills. „Die Fokussierung der<br />

<strong>Investoren</strong> auf die Großstädte hängt insbesondere<br />

mit der positiven Entwicklung<br />

auf den dortigen Vermietungsmärkten zusammen.“<br />

Im Schnitt stiegen die Spitzenmieten<br />

innerhalb der letzten 12 Monate<br />

um fast 4 %, während die Leerstandsrate<br />

um ganze 70 Basispunkte zurückging. Vor<br />

allem größere Objekte sind angesichts des<br />

Anlagedrucks vieler <strong>Investoren</strong> momentan<br />

besonders gefragt. So lagen die Umsätze<br />

je Bürotransaktion bei fast 48 Mio. Euro,<br />

was einer Steigerung von fast 10 % ggü.<br />

dem Vorjahr entspricht.<br />

Auffallend ist in diesem Jahr, dass im 1.<br />

Halbjahr deutlich mehr Portfolios gehandelt<br />

wurden als im Jahr zuvor. Etwa 30 %<br />

des umgesetzten Transaktionsvolumens<br />

entfielen auf Portfolioverkäufe, während<br />

es im Durchschnitt der vergangenen fünf<br />

Jahre lediglich 24 % waren. „Der Trend<br />

zu mehr Portfoliotransaktionen wird von<br />

zwei Seiten gestützt: Erstens sehen <strong>Investoren</strong>,<br />

die sich in den letzten Jahren Portfolios<br />

aufgebaut haben, jetzt den richtigen<br />

Zeitpunkt zum Ausstieg. Zweitens ist die<br />

Nachfrage nach großen Volumina von zum<br />

Beispiel Staats- und Pensionsfonds sehr<br />

hoch“, konstatiert Matthias Pink, Director<br />

/ Head of Research bei Savills. Mit 35 %<br />

bzw. 22 % am Transaktionsvolumen zählten<br />

Asset-Manager und Spezialfonds im<br />

bisherigen Jahresverlauf zu den aktivsten<br />

Käufergruppen. Private-Equity-Fonds und<br />

Projektentwickler waren mit jeweils 21 %<br />

und 20 % demgegenüber die aktivsten Verkäufer.<br />

„Zwar waren Private-Equity-Fonds<br />

in den letzten 12 Monaten per saldo Nettokäufer,<br />

dies ist jedoch zu einem großen<br />

Teil dem Verkauf der IVG Büroimmobilien-<br />

Sparte an Blackstone zuzuschreiben“, so<br />

Pink. „Insgesamt befinden sich die opportunistischen<br />

Akteure in Deutschland mittlerweile<br />

auch am Büromarkt im Verkaufsmodus.<br />

Risikoaverse Käufergruppen wie<br />

Spezialfonds oder Versicherungen greifen<br />

hingegen weiter gerne zu.“<br />

Im Vergleich zum Jahresauftakt gaben die<br />

Spitzenrenditen in den Top-7-Märkten im<br />

2. Quartal im Schnitt um weitere 20 Basispunkte<br />

nach und fielen auf einen Wert von<br />

3,4 %. „Die Nachfrage nach deutschen<br />

Büroobjekten aus dem In- und Ausland ist<br />

ungebrochen hoch und lässt die Preise in<br />

den oftmals hochkompetitiven Bieterprozessen<br />

weiter steigen“, so Lemli. „Allerdings<br />

dürfte sich die Renditekompression<br />

verlangsamen, da immer mehr Eigentümer<br />

einen Verkauf in Betracht ziehen dürften.<br />

Aufgrund des größeren Angebots bei<br />

einer unverändert hohen Nachfrage wird<br />

die Investmentaktivität in jedem Fall hoch<br />

bleiben.“ Savills rechnet damit, dass das<br />

Transaktionsvolumen des Gesamtjahres<br />

den Vorjahreswert von 24 Mrd. Euro übersteigen<br />

wird.<br />

Autor:www.savills.de<br />

Ausgabe September/2017<br />

81


FinanzBusinessMagazin I IMMOBILIEN<br />

Mehrheit der Immobilieninvestoren<br />

möchte kaufen<br />

45 Prozent der Antwortenden einer von<br />

JLL unter deutschen Immobilieninvestoren<br />

durchgeführten Online-Erhebung<br />

planen in den kommenden zwölf Monaten<br />

per Saldo, ihre Immobilienbestände<br />

zu erhöhen. 38 Prozent wollen ihre Bestände<br />

halten und nur 17 Prozent wollen<br />

per Saldo verkaufen. Die zentrale Frage<br />

der Erhebung im Vorfeld der Bundestagswahl<br />

lautete: Inwiefern beeinflussen<br />

verschiedene politische Ereignisse<br />

die Entscheidungen von Immobilieninvestoren<br />

in Deutschland? Im Blickpunkt<br />

standen dabei ausschließlich die Auswirkungen<br />

auf den Investmentmarkt <strong>für</strong><br />

gewerbliche Immobilien in Deutschland.<br />

Summa summarum lässt sich festhalten,<br />

dass als limitierender Faktor <strong>für</strong><br />

den Handel mit Immobilien weniger die<br />

politischen Einflüsse gesehen werden,<br />

als vielmehr das knappe Angebot an<br />

Objekten. Bei einigen <strong>Investoren</strong> führt<br />

auch das hohe Preisniveau zu Kaufzurückhaltung.<br />

Für 62 Prozent ist der Brexit das aktuelle<br />

politische Ereignis mit dem größten<br />

Einfluss auf den deutschen Immobilieninvestmentmarkt.<br />

Die Zinspolitik<br />

bzw. das aktuelle Zinsniveau wird von<br />

55 Prozent als relevantes Kriterium angesehen.<br />

Hier ist nach Aussage von vielen<br />

Befragten keine Zinswende erkennbar<br />

oder kurzfristig zu erwarten. Die<br />

Bundestagswahl mit 37 Prozent und<br />

die Politik des US-amerikanischen Präsidenten<br />

mit 30 Prozent folgen auf den<br />

Plätzen 3 und 4 der Relevanz-Kriterien.<br />

Bei der konkreten Nachfrage nach dem<br />

Einfluss auf die eigenen Investitionsentscheidungen<br />

dominiert die Zinspolitik<br />

der EZB mit 97 Prozent, gefolgt vom<br />

Brexit mit 84 Prozent sowie der Zinspolitik<br />

der Fed mit 75 Prozent. Lediglich<br />

<strong>für</strong> 48 Prozent der Antwortenden hat<br />

die Bundestagswahl einen Einfluss auf<br />

ihre Investitionsentscheidung. Alles in<br />

allem belegt die Umfrage, dass sich das<br />

stabile politische Umfeld in Deutschland<br />

positiv auf die generelle Konjunktur und<br />

insbesondere auch auf den Immobilieninvestmentmarkt<br />

auswirkt. Die Mehrheit<br />

der befragten <strong>Investoren</strong> möchte<br />

ihre Immobilienbestände in Deutschland<br />

vergrößern, dementsprechend erwarten<br />

sie ein auf sehr hohem Niveau stabiles<br />

oder sogar noch steigendes Transaktionsvolumen<br />

<strong>für</strong> 2017 gegenüber 2016.<br />

Autor: www.jll.de<br />

82 Ausgabe September/2017


IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Deutschland wohnt zur Miete<br />

Deloitte Property Index: hohe Kaufpreise und niedrige Mietrendite<br />

machen Eigentumsbildung <strong>für</strong> die Deutschen unattraktiv<br />

Zwar gelten insbesondere die Schwaben<br />

als eifrige „Häuslebauer“ – auf<br />

ganz Deutschland bezogen ist es<br />

jedoch eher zweifelhaft, ob die Erbauer<br />

auch deren Bewohner sein werden: Laut<br />

des aktuellen Deloitte Property Index bevorzugen<br />

54,3 Prozent der deutschen Bevölkerung<br />

eine Mietwohnung. Zum Vergleich:<br />

Beim Zweitplatzierten Dänemark<br />

liegt der Wert bei 34,4 Prozent. Europaweit<br />

rückt der Erwerb von Wohnraum zum<br />

Zweck der Vermietung zunehmend in den<br />

Fokus. In Deutschland liegen dabei die<br />

Profite der Vermieter unter dem europäischen<br />

Durchschnitt - im dänischen Odense<br />

und drei ungarischen Städten winken<br />

die attraktivsten Renditemöglichkeiten.<br />

Unter den teuersten Städten Deutschlands<br />

behauptet sich München als Spitzenreiter.<br />

Europaweit bleibt London<br />

weiterhin die unangefochtene<br />

Nummer eins, auch<br />

wenn die Preise hier langsam<br />

sinken.<br />

„In den meisten europäischen<br />

Ländern gilt das<br />

selbst genutzte Wohneigentum<br />

als Normalfall.<br />

Deutschland ist europaweit<br />

die große Ausnahme<br />

– trotz vielfältiger Finanzierungsmöglichkeiten,<br />

niedriger Zinsen und einer<br />

insgesamt guten<br />

wirtschaftlichen Lage der<br />

meisten Bürger“, erklärt<br />

Michael Müller, Partner<br />

und Leiter Real Estate &<br />

Construction bei Deloitte.<br />

Trend geht grenzübergreifend<br />

zum Mieten<br />

In der Hauptsache dürften die hohen<br />

Kaufpreise <strong>für</strong> eine allgemeine, grenzübergreifende<br />

Tendenz zum Mieten sorgen.<br />

Auch Angebote wie Airbnb machen<br />

Mieten attraktiv, ebenso wie die hohe, zu<br />

vielen Lebensentwürfen passende Flexibilität.<br />

Anders als in Deutschland – und<br />

mit Abstrichen Dänemark und Österreich<br />

– übersteigt die Mietquote in den übrigen<br />

Ländern derzeit aber noch kaum die<br />

25-Prozent-Marke. In Slowenien und Ungarn<br />

liegt der Mietanteil gar nur bei 2,4<br />

bzw. 3,9 Prozent.<br />

Niedrige Rendite<br />

Entsprechend attraktiv sollten die Perspektiven<br />

<strong>für</strong> Investitionen in Mietwohnungen<br />

sein. Tatsächlich trifft das vor allem <strong>für</strong> polnische<br />

und dänische, nicht aber <strong>für</strong> deutsche<br />

Städte zu: In Odense<br />

können Mietrenditen von<br />

8,9 Prozent realisiert werden,<br />

in Budapest sind es<br />

7,9, in Györ und Debrecen<br />

je 7,8 Prozent. Deutsche<br />

Metropolen wie Hamburg,<br />

Frankfurt, München oder<br />

Berlin finden sich am Ende<br />

der Skala, jedoch noch vor<br />

Inner London und dem<br />

Stadtkern von Paris. Die<br />

Spanne der möglichen<br />

Mietrenditen in den deutschen<br />

Städten liegt zwischen<br />

3,2 (München) und<br />

4,9 Prozent (Berlin).<br />

Berlin legt zu –<br />

London lässt nach<br />

Die Immobilienpreise im<br />

teuersten Stadtgebiet Europas,<br />

Inner London, sind<br />

von 2015 auf 2016 um 8,8<br />

Ausgabe September/2017<br />

83


FinanzBusinessMagazin I IMMOBILIEN<br />

Prozent gefallen, während sie in Berlin um<br />

knappe zehn Prozent auf 3.510 Euro/qm<br />

gestiegen sind. München liegt mit 6.580<br />

Euro/qm in Deutschland zwar noch deutlich<br />

vorn und verzeichnete ein Preiswachstum<br />

von gut acht Prozent. Deutschlandweit<br />

liegen die Preise mit durchschnittlich<br />

2.957 Euro/qm niedriger als in Frankreich,<br />

Dänemark oder Irland. Die Steigerungsrate<br />

von durchschnittlich 8,5 Prozent bewegt<br />

sich jedoch im oberen Mittelfeld – hinter<br />

Polen und Ungarn (je 9,7%) und weit hinter<br />

Slowenien mit einem auffälligen Spitzenwert<br />

von 26,5 Prozent. In Großbritannien<br />

hingegen ist der Markt rückläufig<br />

(-9%).<br />

Intensive Neubau-Tätigkeit<br />

Der Bau <strong>neue</strong>n Wohnraums hat in Deutschland<br />

eine gewisse Priorität – jedenfalls im<br />

Vergleich mit anderen Ländern. So entstanden<br />

2016 hierzulande 3,9 <strong>neue</strong> Wohnungen<br />

pro 1.000 Einwohner – Spitzenreiter<br />

ist Frankreich mit 6,8 Wohnungen,<br />

Schlusslicht Portugal mit 0,6 Wohnungen.<br />

Auch bei den Bauvorhaben liegt Deutschland<br />

mit 4,6 Projekten/1.000 Einwohner<br />

im „oberen Mittelfeld“, Österreich führt<br />

mit 7,6. Deutschland verfügt mit 41,8 Mio.<br />

Wohnungen über den größten Wohnungsbestand<br />

Europas, wird aber dennoch bezogen<br />

auf die Bevölkerungszahl mit nur<br />

513 Wohnungen pro 1.000 Einwohner von<br />

Frankreich, Spanien und Portugal übertroffen.<br />

„Die Studie hat ergeben, dass nur in den<br />

Niederlanden der Immobilienerwerb im<br />

Verhältnis zum Einkommen noch günstiger<br />

ist als in Deutschland. Daher sollten<br />

die Politik und die gesamte Branche daran<br />

arbeiten, dass dieser Vorsprung dauerhaft<br />

beibehalten wird. Denn nur so lässt sich<br />

die Eigentumsquote in Deutschland nachhaltig<br />

verbessern“, resümiert Müller.<br />

Autor: www.Deloitte.com/de<br />

Mails im Minutentakt -<br />

wenn <strong>für</strong> Manager digital zur Qual wird<br />

EY-Studie zur digitalen Kommunikation<br />

Die Vielfalt digitaler Kommunikationsformen<br />

soll das Arbeiten in den<br />

Unternehmen erleichtern, entwickelt<br />

sich jedoch zunehmend vom Segen<br />

zum Fluch. Das ist ein zentrales Ergebnis<br />

der Studie "Renaissance des Analogen"<br />

der Unternehmensberatung EY, <strong>für</strong> die<br />

800 Fach- und Führungskräfte deutscher<br />

Unternehmen befragt wurden. 47 Prozent<br />

der Befragten sind der Ansicht, dass die<br />

beständig fortschreitende Digitalisierung<br />

in der Arbeitswelt <strong>für</strong> sie eher Stress als<br />

eine Bereicherung ist. Jeder zweite Teilnehmer<br />

der Studie erklärt, dass er aufgrund<br />

der ständigen Erreichbarkeit durch<br />

die digitalen Medien vom intensiven Denken<br />

abgehalten wird. Laut Nelson Taapken,<br />

Partner und HR-Experte bei EY, zeigen<br />

diese Ergebnisse: "In entscheidenden<br />

Punkten ist die digitale Kommunikation<br />

zum Effektivitäts- und Effizienzfresser geworden<br />

und wird von Fach- und Führungskräften<br />

auch als solcher empfunden."<br />

Gestiegene Stressbelastung durch<br />

Mails und Chatprogramme<br />

Ein weiteres alarmierendes Resultat der<br />

Studie: Über 40 Prozent der Befragten beklagen<br />

eine gestiegene Stressbelastung<br />

durch die digitalen Medien. Gleichzeitig<br />

tun Fach- und Führungskräfte jedoch wenig,<br />

um sich davor zu schützen. So unterbricht<br />

über alle Altersgruppen hinweg<br />

ein Drittel der Befragten die Arbeit mehr-<br />

84 Ausgabe September/2017


IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />

mals pro Stunde selbst, um E-Mails abzurufen.<br />

Vor allem jedoch neigen die jüngeren<br />

dazu, sich durch die elektronische<br />

Post ständig ablenken zu lassen. So ruft<br />

jeder zweite Befragte unter 30 Jahren seine<br />

Mails mehrmals pro Stunde ab, ebenso<br />

tun dies 46 Prozent der Studienteilnehmer<br />

zwischen 30 und 40 Jahren. "Bei diesem<br />

Rhythmus ist es in der Tat nicht möglich,<br />

tief in ein Thema einzutauchen", mahnt<br />

Taapken. Genau das sei aber wichtig, um<br />

gute Arbeitsergebnisse zu erzielen oder <strong>für</strong><br />

den Unternehmenserfolg wichtige innovative<br />

Lösungen zu finden. Gefragter denn<br />

je sei daher die strukturierte Planung des<br />

Tagesablaufs.<br />

Laut der Studie nehmen sich jedoch nur<br />

27 Prozent der Fach- und Führungskräfte<br />

regelmäßig bewusste Auszeiten von der<br />

digitalen Kommunikation. Nicht unschuldig<br />

daran sind die Unternehmen, die den<br />

Mitarbeitern nicht erklären, wie sie sich<br />

entsprechende Freiräume schaffen können<br />

- und sie im Gegenteil noch zur ständigen<br />

Erreichbarkeit und Sichtbarkeit in<br />

den digitalen Medien drängen. "Gerade in<br />

Konzernen ist häufig der Vorstand selbst<br />

sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. In<br />

der Folge wird Medienpräsenz mit Erfolg<br />

assoziiert", so Laura Jacob, Senior Managerin<br />

und HR-Expertin bei EY. Vergessen<br />

werde dabei jedoch, dass die Vorstände<br />

dieses Pensum nur mit einem ganzen<br />

Stab an Mitarbeitern bewältigen können.<br />

<strong>Eine</strong> wichtige Botschaft an Fach- und Führungskräfte<br />

laute daher: Erreichbarkeit<br />

und Verfügbarkeit sind keinesfalls mit Bedeutung<br />

oder Wirksamkeit gleichzusetzen.<br />

Analog schlägt digital<br />

Neben den kritischen Auswirkungen übermäßiger<br />

digitaler Kommunikation zeigt die<br />

Umfrage die immense Bedeutung analoger<br />

Kommunikationsformen, die durch sie<br />

verdrängt zu werden drohen. So nennen<br />

die befragten Fach- und Führungskräfte<br />

physische Meetings und gemeinsame<br />

Brainstormings als das wichtigste Format<br />

(32 Prozent), um innovative Ideen zu entwickeln,<br />

gefolgt vom schnellen Austausch<br />

auf dem Flur bzw. im Großraumbüro (17<br />

Prozent). Das Nutzen von Internetforen<br />

oder digitalen Innovationsplattformen, die<br />

das Unternehmen eingerichtet hat, wird<br />

mit acht bzw. sechs Prozent hingegen als<br />

kaum hilfreich eingeschätzt. Dennoch haben<br />

50 Prozent der befragten Fach- und<br />

Führungskräfte im vergangenen Jahr nicht<br />

an einem analogen Format zur Ideenfindung<br />

wie einem Abteilungsbrainstorming,<br />

Innovationsworkshop oder Hackathon<br />

teilgenommen. Jacob: "In Anbetracht der<br />

großen Bedeutung von Innovationen ist<br />

das <strong>für</strong> Unternehmen höchst gefährlich."<br />

Auch die wichtigen analogen Treffen sind<br />

jedoch keine Selbstläufer. So erklären 63<br />

Prozent der Befragten auch: "Meetings<br />

sind Zeitfresser, die meine Arbeit unnötig<br />

unterbrechen." 59 Prozent bestätigen,<br />

dass viele Mitarbeiter Meetings nicht ernst<br />

nehmen, schlecht vorbereitet sind oder zu<br />

spät kommen. Gewünscht sind deshalb<br />

klare Kommunikationsregeln, eine strikte<br />

Zeitbegrenzung sowie die bessere Auswahl<br />

der Teilnehmer und der Einsatz von<br />

Moderatoren. An dieser Stelle sind insbesondere<br />

die Führungskräfte gefordert, die<br />

Qualität der Meetings zu erhöhen. Gefragt<br />

sind sie zudem in einer weiteren analogen<br />

Disziplin: der Face-to-Face-Kommunikation<br />

mit ihren Mitarbeitern.<br />

So zeigt die Umfrage: Geht es um den<br />

Austausch mit dem Chef, bevorzugen<br />

auch im digitalen Zeitalter 51 Prozent<br />

der Fach- und Führungskräfte die direkte<br />

Kommunikation (gehen spontan vorbei<br />

oder vereinbaren einen Termin), die von<br />

91 Prozent der Befragten als Zeichen besonderer<br />

Wertschätzung betrachtet wird.<br />

Insgesamt gilt, so Taapken:<br />

"Unternehmen sollten sich wieder stärker<br />

um die erfolgreiche analoge Kommunikation<br />

kümmern, statt permanent <strong>neue</strong> digitale<br />

Tools einzuführen." Dabei handelt<br />

es sich um eine Erkenntnis, die laut dem<br />

Experten im Silicon Valley bereits um sich<br />

gegriffen hat. Hier legen gerade hochinnovative<br />

Startups, die den klassischen Firmen<br />

in Sachen Digitalisierung weit voraus<br />

sind, extremen Wert auf die räumliche<br />

Nähe und den persönlichen Austausch unter<br />

ihrer Mitarbeitern.<br />

Autor: www.ey.com<br />

Ausgabe September/2017<br />

85


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86 Ausgabe September/2017


NOTIZEN I FinanzBusinessMagazin<br />

Ausgabe September/2017<br />

87


NEUE <strong>Assetklasse</strong> Kryptowährungen?<br />

am 23.01.2018<br />

im municon in München<br />

AnmEdlung:<br />

www.investorenkongress.de

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