FBM / Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?
Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?
Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?
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Niedrigzinszeiten:<br />
Stiftungen auf dem Weg<br />
zu <strong>neue</strong>n Anlageformen<br />
Nur jeder fünfte<br />
Banken-Firmenkunde ist<br />
profitabel<br />
Run auf Büroimmobilien<br />
hält weiter an<br />
<strong>Kryptowährungsfonds</strong>:<br />
<strong>Eine</strong> <strong>neue</strong> <strong>Assetklasse</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>?<br />
SONDERTHEMA<br />
Stefan Klaile<br />
Vorstand<br />
XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG<br />
Kryptowährungen als Oberbegriff der digitalen<br />
Währungen, haben bereits mehr Akzeptanz, als<br />
viele sich dies heute vorstellen können“<br />
Ausgabe September/2017<br />
www.FinanzBusinessMagazin.de<br />
1
Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />
Liebe Leserinnen und Leser:<br />
Vielen Dank <strong>für</strong> 15 Jahre!
EDITORIAL I FinanzBusinessMagazin<br />
EDITORIAL<br />
Niedrigzinsphase sorgt <strong>für</strong> deutliche Verschiebungen in Portfolien<br />
<strong>institutionelle</strong>r <strong>Investoren</strong><br />
Die anhaltende Niedrigzinsphase setzt deutsche Stiftungen immer stärker unter Druck. Wie eine<br />
aktuelle Befragung des Stiftungspanels des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zeigt, gestaltet<br />
sich der reale Kapitalerhalt <strong>für</strong> viele Stiftungen immer schwieriger.<br />
Nach Einschätzung der befragten Stiftungen wird es 2017 nur noch knapp zwei Dritteln gelingen,<br />
eine Rendite oberhalb der zu Jahresanfang prognostizierten Jahresinflationsrate von 1,5 Prozent zu<br />
erwirtschaften.<br />
Die Niedrigzinsphase führt europaweit auch zu deutlichen Verschiebungen in den Portfolios der <strong>institutionelle</strong>n<br />
Anleger. Seit 2010 sinkt der Anteil der Anleihen, während neben Aktien und Immobilien<br />
vor allem alternative Anlagen zulegen. Dies zeigt der Mercer European Asset Allocation Survey 2017,<br />
in dessen Rahmen mehr als 1.200 <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong> in Europa mit einem Anlagevolumen von<br />
insgesamt über 1,1 Billionen Euro analysiert wurden.<br />
Um ihre Garantiezinsversprechen einzuhalten, wollen deutsche Versicherungen in diesem Jahr<br />
weiterhin deutlich in Immobilien investieren. Die geplanten Käufe könnten damit bis Ende 2017<br />
eine Rekordquote von 10,7 Prozent an der Kapitalanlage der Assekuranz erreichen. Dies zeigt das<br />
jährliche Trendbarometer Assekuranz von EY Real Estate, <strong>für</strong> das 35 Unternehmen der Versicherungswirtschaft<br />
Auskunft über ihre Pläne gaben.<br />
Kapitalerhöhungen, Teilverkäufe, Abbau von Risiken und Personal: Die europäischen Banken haben<br />
in den vergangenen zehn Jahren viele Register gezogen, um die Finanzkrise hinter sich zu lassen.<br />
Doch nur 38 Prozent der größeren Institute in Europa stehen gut da. Dagegen ist der Zustand<br />
von mehr als einem Viertel äußerst besorgniserregend, so eine aktuelle Studie der internationalen<br />
Managementberatung Bain & Company.<br />
Mit der Diskussion um Kryptowährungen und Initial Coin Offerings hat die Digitalisierung längst auch<br />
Geld und Währungen erfasst. Bitcoins, Litcoins, Peercoins, Dogecoins, Mastercoins und zahlreiche<br />
andere um Nutzer buhlende Crypto Currencies geistern durch das Netz. Dabei geben sich Jubel- und<br />
Horrormeldungen die Klinke in die Hand – kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zugleich Meldungen<br />
zu lesen sind, wonach ein Start-up binnen weniger Stunden mehrere 100 Mio. Dollar über ein ICO<br />
aufgebracht hat und zugleich eine Aufsichtsbehörde einen Anbieter einer virtuellen Währung aus<br />
dem Verkehr gezogen hat. Haben wir es nur mit einer digitalen Wildwest- Spielwiese <strong>für</strong> moderne<br />
Glücksritter zu tun oder verbirgt sich hinter dem Hype um Kryptowährungen eventuell eine ernstzunehmende<br />
Alternative <strong>für</strong> Kapitalanleger?<br />
Das Redaktionsteam<br />
Ausgabe September/2017<br />
3
FinanzBusinessMagazin I INHALTSVERZEICHNIS<br />
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
6 <strong>Kryptowährungsfonds</strong> – eine <strong>neue</strong> <strong>Assetklasse</strong> <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>?<br />
von Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt, Partner / SERNETZ · SCHÄFER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />
9 Sollte man in die Blockchain-Technologie, in Bitcoins oder andere Kryptowährungen investieren?<br />
von Prof. Dr. Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Center<br />
12 Deshalb sind Kryptowährungen <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> Anleger interessant<br />
Interview mit Stefan Klaile, Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG<br />
14 Ertragssteuerliche Behandlung von Crypto Tokens<br />
von Dr. jur. Julian Albrecht, Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partner<br />
17 Blockchain im Asset Management<br />
von Dr. Khanh Dang Ngo, Rechtsanwalt, Finance & Blockchain, Simmons & Simmons LLP<br />
20 Besteuerung der Geschäfte mit virtuellen Währungen – sog. Kryptowährungen<br />
von Alexander Lehnen und Marcel Bailänder, ARNECKE SIBETH<br />
24 Warum Bitcoin kein Betrug ist und wie sich Kryptowährungen als Investment eignen können<br />
Interview mit Kryptowährungsexperte Jörg Molt, Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker,<br />
CEO Satoshi School<br />
28 Neue Trend-Anlageklasse Kryptowährung reif <strong>für</strong> professionelle <strong>Investoren</strong>?<br />
29 Schweiz: Falcon Private Bank erweitert Krypto-Asset-Management in Zusammenarbeit<br />
mit der Bitcoin Suisse AG um Ether, Litecoin und Bitcoin Cash<br />
30 Zentralbanken heizen die Nachfrage nach Kryptowährungen an<br />
31 Kryptowährungen im Kampf mit traditionellen Zahlungsmitteln<br />
33 eToros Crypto CopyFund investiert in Bitcoin, Ethereum, Ripple, LiteCoin, Ethereum Classic und Dash<br />
34 Blockchain in der Finanzdienstleistungsbranche birgt großes Potenzial -<br />
breite Anwendung in drei bis fünf Jahren<br />
36 DXC-Studie "Blockchain": 60 Prozent der Banken prüfen Datenschutz<br />
38 Blockchain macht Entwicklungszusammenarbeit wirksamer<br />
39 EY, Guardtime und Branchenteilnehmer starten die weltweit erste Blockchain-Plattform<br />
<strong>für</strong> Transportversicherer<br />
41 Blockchain – Revolution: Abstraktes Unterfangen mit Zukunft Chance oder<br />
42 Blockchain: In der Automobilbranche weitgehend unbekannt<br />
44 Per Klick zum <strong>neue</strong>n Reisepass: 81 % der Deutschen wünschen sich die digitale Verwaltung<br />
INVESTMENTS<br />
46 Niedrigzinszeiten: Stiftungen auf dem Weg zu <strong>neue</strong>n Anlageformen<br />
48 Studie: Auf der Suche nach Ertrag rücken alternative Investments in den Fokus<br />
50 Coller-Capital-Umfrage: Private-Equity-Anleger rechnen mt Cyber-Angriffen<br />
4 Ausgabe September/2017
INHALTSVERZEICHNIS I FinanzBusinessMagazin<br />
52 KPMG: Fintech-Investitionen nehmen Fahrt auf<br />
53 Forstimmobilienmarkt Deutschland im Fokus<br />
56 Versicherungsgesellschaften investieren vornehmlich in Finanzprodukte aus dem Euroraum<br />
FINANZMÄRKTE<br />
57 McKinsey-Studie: Globalisierung der Finanzmärkte hat sich verändert<br />
59 Zahl der Reichen in China steigt rasant an<br />
BANKEN<br />
60 Deutsche Privatbanken bleiben im europäischen Wettbewerb weiter zurück<br />
62 Nur jeder fünfte Banken-Firmenkunde ist profitabel<br />
64 Private Banking in der Schweiz – eine Branche im Umbruch<br />
66 Schweizer Banking Report 2017: Digitalisiertes Retailbanking <strong>für</strong> zukunftsfeste Ertrags- und<br />
Kostenstrukturen<br />
68 Luxemburger Privatbanken müssen sich konsequent neu ausrichten<br />
70 World Retail Banking Report 2017: Open Banking verspricht attraktives Ertragspotenzial <strong>für</strong> Banken<br />
72 Jede vierte Bank kämpft ums Überleben<br />
74 Bankenregulierung: Institute entdecken Sparpotenzial<br />
75 Studie: Banken gehen FinTech-Kooperationen im Kreditgeschäft aus dem Weg<br />
76 Finanzplatz Frankfurt: In der Pole-Position <strong>für</strong> Brexit-Banker<br />
76 IT-Sicherheit: Banken kämpfen unter erschwerten Bedingungen<br />
78 Studie: Jede vierte Bank ist Fintech-Gründer<br />
IMMOBILIEN<br />
79 Versicherungen: Einzelhandel und Sicherheit wieder top<br />
81 Run auf Büroimmobilien hält weiter an<br />
82 Mehrheit der Immobilieninvestoren möchte kaufen<br />
83 Deutschland wohnt zur Miete<br />
84 Mails im Minutentakt - wenn <strong>für</strong> Manager digital zur Qual wird<br />
IMPRESSUM<br />
86 Impressum<br />
Ausgabe September/2017<br />
5
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
<strong>Kryptowährungsfonds</strong> –<br />
eine <strong>neue</strong> <strong>Assetklasse</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>?<br />
von Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt, Partner<br />
SERNETZ · SCHÄFER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />
Mit der Diskussion um Kryptowährungen<br />
und Initial Coin Offerings<br />
hat die Digitalisierung längst auch<br />
Geld und Währungen erfasst. Bitcoins, Litcoins,<br />
Peercoins, Dogecoins, Mastercoins<br />
und zahlreiche andere um Nutzer buhlende<br />
Crypto Currencies geistern durch<br />
das Netz. Dabei geben sich Jubel- und<br />
Horrormeldungen die Klinke in die Hand<br />
– kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zugleich<br />
Meldungen zu lesen sind, wonach ein<br />
Start-up binnen weniger Stunden mehrere<br />
100 Mio. Dollar über ein ICO aufgebracht<br />
hat und zugleich eine Aufsichtsbehörde<br />
einen Anbieter einer virtuellen Währung<br />
aus dem Verkehr gezogen hat. Haben wir<br />
es nur mit einer digitalen Wildwest-Spielwiese<br />
<strong>für</strong> moderne Glücksritter zu tun<br />
oder verbirgt sich hinter dem Hype um<br />
Kryptowährungen eventuell eine ernstzunehmende<br />
Alternative <strong>für</strong> Kapitalanleger?<br />
Quelle: © nyul - Fotolia.com<br />
Wie jeder Debatte tut auch dieser eine<br />
Versachlichung gut und erscheint unbedingt<br />
notwendig. Zunächst sei festgehalten,<br />
dass Kryptowährungen – wie jede<br />
<strong>neue</strong> Technologie – einer rechtlichen Einordnung<br />
zugänglich sind und dass sich so<br />
beinahe automatisch die Leitplanken aufstellen<br />
werden, innerhalb derer sich Teilnehmer<br />
auf dem Kapitalmarkt bewegen<br />
können und dürfen. Erinnert sei etwa an<br />
die Klarstellung der US-amerikanischen<br />
Börsenaufsicht Securities und Exchange<br />
Commission (SEC), wonach auf Coins –<br />
unabhängig von deren Ausgestaltung im<br />
Detail – durchaus wertpapier(handels)<br />
rechtliche Vorschriften anwendbar sein<br />
können. Allein dieses sehr prominente<br />
Beispiel zeigt, dass es sich bei Kryptowährungen<br />
keineswegs um einen (bislang)<br />
ungeregelten Markt handelt.<br />
Auch der deutsche Regulator war fleißig<br />
und hat sich im Hinblick auf Kryptowährungen<br />
erfreulich klar geäußert: So sind<br />
nach Auffassung der BaFin, Bitcoins in der<br />
Tatbestandsalternative der Rechnungseinheiten<br />
gemäß § 1 Absatz 11 Satz 1 Kreditwesengesetz<br />
(KWG) rechtlich verbindlich<br />
als Finanzinstrumente einzuordnen. Und<br />
weiter heißt es auf der BaFin-Homepage<br />
wörtlich: „Diese rechtliche Einordnung gilt<br />
grundsätzlich <strong>für</strong> alle VC. Auf die zugrundeliegende<br />
Software oder Verschlüsselungstechnik<br />
kommt es hierbei nicht an.“<br />
Danach sind VC aber auch kein gesetzliches<br />
Zahlungsmittel und daher weder<br />
Devisen noch Sorten. Sie sind auch kein<br />
E-Geld im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes<br />
(ZAG), da es keinen Emittenten<br />
gibt, der sie, unter Begründung<br />
einer Forderung gegen sich, ausgibt. Bei<br />
digitalen Zahlungsmitteln ist dies gerade<br />
anders, da hinter diesen stets eine zentrale<br />
Stelle steht, welche die Ausgabe und<br />
6 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Verwaltung der Einheiten tätigt. Derartige<br />
Unternehmen betreiben in aller Regel das<br />
E-Geld Geschäft nach § 1 a ZAG.<br />
Mit dieser wichtigen und zentralen Grundaussage<br />
lässt sich <strong>für</strong> die Konzeption von<br />
Kapitalanlageprodukten gut arbeiten. Insbesondere<br />
wird so klar, dass insbesondere<br />
Prospektpflichten, Erlaubnispflichten<br />
<strong>für</strong> Intermediäre und die Einhaltung von<br />
wertpapierhandelsrechtlichen und geldwäscherechtlichen<br />
Vorschriften eine erhebliche<br />
Rolle spielen können. Im Fokus<br />
des Interesses standen bislang bei einer<br />
Ansprache breiterer <strong>Investoren</strong>kreise<br />
die Internetplattformen,<br />
auf denen Emittenten<br />
und Anleger zusammengeführt<br />
werden und die u.U. einer Erlaubnispflicht<br />
unterfallen (z.B.<br />
wegen Betreiben des Finanzkommissionsgeschäfts).<br />
Nunmehr wendet sich der Markt<br />
immer stärker einer professionellen<br />
Konzeption <strong>für</strong> professionelle<br />
Anleger zu, die durch ein<br />
reguliertes Produkt bei allen<br />
wohlverstandenen Risiken und<br />
Volatilitäten eine interessante<br />
Rendite zu erzielen versuchen<br />
– und wer könnte dies im anhaltenden<br />
Niedrigzinsumfeld<br />
verdenken?<br />
Das Augenmerk des Konzeptionärs<br />
fällt hierbei schnell auf<br />
das Kapitalanlagegesetzbuch, das sinnhafterweise<br />
bei den Vorschriften über<br />
Spezial-AIF aufgeschlagen wird. <strong>Eine</strong> Lektüre<br />
macht schnell deutlich, dass hier ein<br />
konsistentes Regelwerk existiert, dass<br />
ursprünglich nicht auf Kryptowährungen<br />
zugeschnitten gewesen sein mag, diese<br />
aber gleichwohl sachgerecht erfassen<br />
kann. So sind etwa die Produktregeln <strong>für</strong><br />
einen offenen Spezial-AIF im KAGB auf den<br />
Umstand maßgeschneidert, dass die Anteile<br />
bzw. die Aktien an einem Spezial-AIF<br />
(je nach Rechtsform des Emittenten) von<br />
Spezial-AIF ausschließlich von professionellen<br />
und semi-professionellen Anlegern<br />
gehalten werden. Der Spezial-AIF (früher:<br />
Spezialfonds) ist im Unterschied zum Publikumsinvestmentvermögen<br />
das „klassische“<br />
Vehikel, mit dem <strong>institutionelle</strong><br />
<strong>Investoren</strong> ihre Investmentpolitik maßgeschneidert<br />
umsetzen können. Spezial-AIF<br />
sind im KAGB geregelte Sondervermögen,<br />
die aufsichtsrechtlich vollreguliert sind<br />
und dabei Absicherungsmöglichkeiten gegen<br />
eine eventuelle Insolvenz vorsehen<br />
Daher gibt es <strong>für</strong> offene inländische Spezial-<br />
AIF auch keinen Katalog von zulässigen Vermögensgegenständen,<br />
der eine Anlage in<br />
Kryptowährungen ausschließen würde (anders<br />
als etwa bei geschlossenen Publi-<br />
Ausgabe September/2017<br />
7
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Quelle: © Wit - Fotolia.com<br />
kums-AIF iSd §§ 261 ff KAGB). Verlangt<br />
wird als Instrument der Produktregulierung<br />
die Einhaltung des Grundsatzes der<br />
Risikomischung (§ 282 Abs. 1 und Abs.<br />
2 KAGB). Danach darf nur in solche Verkehrswerte<br />
investiert werden,<br />
(1) deren Verkehrswert ermittelt werden<br />
kann;<br />
(2) zudem muss die Zusammensetzung<br />
der Vermögensgegenstände bei offenen<br />
Spezial-AIF die vertraglichen Abreden des<br />
AIF zur Rücknahme der Anteile oder Aktien<br />
Rechnung tragen.<br />
(3) insbesondere müssen die Vermögensgegenstände<br />
in ihrer Zusammensetzung<br />
so liquide sein, dass sie die von dem offenen<br />
Spezial-AIF vorgesehene Rücknahme<br />
der Anteile oder Aktien erlauben.<br />
Das sind aber Punkte, die sich bei Kryptowährungen<br />
handhaben lassen. Vor diesem<br />
Hintergrund ist es nur eine Frage<br />
der Zeit, bevor innovationsfreudige wie<br />
kompetente Marktteilnehmer ein entsprechendes<br />
Investitionsvehikel auflegen<br />
werden. Ein professionelles Produkt <strong>für</strong><br />
professionelle Anleger beaufsichtigt von<br />
einem professionellen Regulator – viel<br />
besseres könnte der Alternatives-Branche<br />
kaum passieren.<br />
Zum Autor: Dr. Thorsten Voß, Bankkaufmann, vormals<br />
BaFin, ist Rechtsanwalt und Partner im Düsseldorfer Büro<br />
der Sozietät Sernetz Schäfer mit Tätigkeitsschwerpunkten<br />
im Bank-, Kapitalmarkt-, Investment- und Aufsichtsrecht.<br />
Er ist Mitherausgeber des Kommentars „Recht der Alternativen Investments“<br />
im Verlag C.H.Beck sowie zahlreicher anderer kapitalmarktrechtlicher<br />
Kommentare (ua zum KWG, WpHG und WpPG). Voß ist<br />
Lehrbeauftragter an der Frankfurt School of Finance <strong>für</strong> Internationales<br />
Bankaufsichtsrecht.<br />
www.sernetz-schaefer.de<br />
Dr. Thorsten Voß ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />
am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
8 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Sollte man in die Blockchain-Technologie,<br />
in Bitcoins oder andere Kryptowährungen<br />
investieren?<br />
von Prof. Dr. Philipp Sandner,<br />
Leiter des Frankfurt School Blockchain Center<br />
Bitcoin ist der Ursprung der Blockchain-Technologie,<br />
die viel verändern<br />
wird; auch die Bereiche Investment,<br />
Vermögensanlage und Venture<br />
Capital. Mit Kryptowährungen existieren<br />
zudem <strong>neue</strong> Investitionsobjekte, die jedoch<br />
als hochspekulativ einzustufen sind.<br />
Bitcoin wird derzeit sehr kontrovers<br />
diskutiert. Es handelt sich um eine so<br />
genannte Kryptowährung, die seit 2008<br />
existiert. Mit dem Konzept <strong>für</strong> Bitcoin<br />
wurde damals auch die Blockchain-Architektur<br />
erfunden. Teilweise wird von<br />
„digitalem Gold“ gesprochen. Warum<br />
Bitcoin? Wer heute von Deutschland aus<br />
nach Indonesien 1000 Euro überweist,<br />
weiß nicht nach wie vielen Tagen oder<br />
gar Wochen der Betrag ankommt; zudem<br />
werden Gebühren erhoben, so dass<br />
etwa nur 900 Euro das Ziel erreichen. Mit<br />
Bitcoin kann ein solcher Wert (1) binnen<br />
Minuten weltweit versandt werden (2)<br />
ohne nennenswerte Transaktionskosten.<br />
Blockchain-Technologie:<br />
Digitale Verwaltung von<br />
Eigentumsverhältnissen<br />
Die Blockchain-Technologie eignet sich zur<br />
Verwaltung aller Arten von Eigentumsverhältnissen<br />
und zur Automatisierung von<br />
Geschäftsprozessen. So lassen sich Werte<br />
übermitteln, ohne Intermediäre und ohne<br />
Finanzinfrastruktur. Direkt von einem Absender<br />
zum Empfänger. Daher müssen sich<br />
Intermediäre wie Banken, Börsen, Vermögensverwalter<br />
oder Venture Capital-Funds<br />
mit der Technologie beschäftigen, um ihr<br />
Geschäftsmodell auf <strong>neue</strong> Chancen aber<br />
auch auf die Risiken auszurichten.<br />
Kryptowährungen als Investitionsobjekt<br />
Bitcoin hat sich inzwischen signifikant weiterentwickelt.<br />
Es existieren nunmehr über<br />
700 so genannte Kryptowährungen mit<br />
teilweise sehr unterschiedlichen Profilen,<br />
die interessante aber auch sehr spekulative<br />
Investitionsobjekte sein können. Herausragend<br />
ist sicherlich der Ansatz von<br />
Ethereum, der die Abbildung von weltweiten<br />
Geschäftsprozessen und -logiken<br />
erlaubt. Funds, die in Kryptowährungen<br />
investieren, sind derzeit in der Entwicklung.<br />
Damit könnten auch traditionelle<br />
<strong>Investoren</strong> in Kryptowährungen investieren.<br />
Der Investor muss sich jedoch genau<br />
mit der Materie auskennen, da regulato-<br />
Ausgabe September/2017<br />
9
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
rische Veränderungen wie im September<br />
zu erheblichen Kursschwankungen führen<br />
können. Hackerangriffe können zudem zu<br />
Totalverlusten führen.<br />
Veränderungen von Venture Capital<br />
Auch Venture Capital-Geber sind Intermediäre.<br />
Venture Capital-Geber sind seit<br />
Jahrzehnten wichtige Financiers <strong>für</strong> Innovationen;<br />
ohne derartige Kapitalgeber<br />
gäbe es Unternehmen wie Google oder<br />
Dropbox heutzutage nicht. Es waren exakt<br />
diese Kapitalgeber, die in frühen Phasen<br />
Start-ups kurz nach deren Gründung finanziert<br />
haben, so dass diese dann zu großen<br />
Unternehmen heranwachsen konnten. Mit<br />
der Blockchain-Technologie müssen auch<br />
Venture Capital-Geber ihr Geschäftsmodell<br />
überdenken. Im Jahr 2017 sind weit<br />
mehr als 1 Milliarde Euro von <strong>Investoren</strong><br />
via Blockchain-Technologie direkt an<br />
Start-ups geflossen – ohne dass diese<br />
Investitionen durch Venture Capital-<br />
Geber vermittelt werden mussten. Dieses<br />
Phänomen nennt sich im „digitalen<br />
Volksmund“ Initial Coin Offering (ICO)<br />
um sich bewusst und provokant an den<br />
Begriff des Initial Public Offering (IPO)<br />
von börsennotierten Unternehmen anzulehnen.<br />
Natürlich ist hier ein gewisser<br />
Hype zu beobachten und auch die regulatorischen<br />
Anforderungen werden oftmals<br />
nicht oder nur unzureichend beachtet.<br />
Aber dennoch ist hier eine Veränderung<br />
im Gange, auf die Venture Capital-Geber<br />
achtgeben müssen, um übermorgen noch<br />
Zugang zu herausragenden Start-ups zu<br />
haben.<br />
Iconiq Lab:<br />
Blockchain-basierte<br />
Unternehmensgründungen<br />
Bei Iconiq Lab mit Sitz in Berlin und Frankfurt<br />
handelt sich um ein Unternehmen,<br />
das blockchain-basierte Start-ups unterstützt,<br />
Gelder mittels Blockchain-Technologie<br />
zu akquirieren. Iconiq Lab erfährt<br />
großes Interesse von Start-ups aber auch<br />
von Venture Capital-Gebern. Venture<br />
Capital-Funds äußern Interesse, weil sie<br />
merken, dass sich interessante Start-ups<br />
direkt an Blockchain-<strong>Investoren</strong> wenden,<br />
und nicht mehr an „traditionelle“ Venture<br />
Capital-Geber. Dies zeigt, dass sich das<br />
Thema Gründungsfinanzierung und Vermögensverwaltung<br />
durch die Blockchain-<br />
Technologie verändern wird.<br />
10 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
W2B: Effiziente<br />
Immobilienfinanzierung mittels<br />
Blockchain-Technologie<br />
Zuletzt ist W2B noch ein interessanter<br />
blockchain-basierter Ansatz. Die Idee ist<br />
hier, zum Beispiel Gewerbeimmobilien zu<br />
erwerben, diese dann weiterzuentwickeln<br />
und sich das Investment durch Mieter<br />
über die Folgejahre refinanzieren zu lassen.<br />
Diese Investitionsmöglichkeiten gibt<br />
es bereits <strong>für</strong> Großinvestoren; seit Jahrzehnten.<br />
Mit der Blockchain-Technologie<br />
wäre es jedoch möglich, einen zuverlässigen<br />
und effizienten Mechanismus zu<br />
entwickeln, so dass auch kleinere <strong>Investoren</strong><br />
vom deutschen Immobilienmarkt<br />
partizipieren könnten. Interessant wird<br />
dies vor allem dann, wenn man auf diese<br />
Weise ausländische <strong>Investoren</strong> eine Möglichkeit<br />
bereit stellen würde, in Deutschland<br />
zu investieren – ohne dass Intermediäre<br />
hohe Kosten und übermäßig viel<br />
Papierlast erzeugen.<br />
Regulatorik als Herausforderung und<br />
Treiber <strong>für</strong> Digitalisierung<br />
Natürlich ist es nicht einfach, diese <strong>neue</strong>n<br />
Geschäftsansätze regulatorisch korrekt<br />
abzubilden, aber es ist möglich. Und damit<br />
entstehen durch die Blockchain-Technologie<br />
gänzlich <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle, die zumeist<br />
vollautomatische Geschäfts- und Zahlungsprozesse<br />
beinhalten. Die Zeit wird zeigen,<br />
inwiefern derartige Geschäftsideen erfolgreich<br />
werden können. Aber in jedem Falle<br />
lässt sich festhalten, dass die Blockchain-<br />
Technologie nicht mehr verschwinden<br />
wird, sondern zahlreiche Branchen und<br />
Geschäftsmodelle signifikant beeinflussen<br />
wird.<br />
Zum Autor : Prof. Dr. Philipp Sandner leitet das<br />
Frankfurt School Blockchain Center an der Frankfurt<br />
School of Finance & Management, welches im Februar<br />
2017 initiiert wurde.<br />
Zu den Themengebieten von Herrn Prof. Dr. Sandner gehören<br />
Blockchain, Kryptowährungen, Digitalisierung und Entrepreneurship.<br />
Herr Prof. Dr. Sandner ist im FinTechRat des Bundesministerium der<br />
Finanzen.<br />
www.fs.de/blockchain<br />
Prof. Dr. Philipp Sandner ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß<br />
Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
11
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Deshalb sind Kryptowährungen<br />
<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> Anleger interessant<br />
Interview mit Stefan Klaile,<br />
Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG<br />
<strong>FBM</strong>: Warum sind Kryptowährungen<br />
<strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong> Anleger interessant?<br />
Stefan Klaile: Kryptowährungen als<br />
Oberbegriff der digitalen Währungen, haben<br />
bereits mehr Akzeptanz, als viele sich<br />
dies heute vorstellen können. Selbst Zahlungen<br />
des täglichen Bedarfes lassen sich<br />
teilweise bereits darstellen. Auch einige<br />
Länder haben bereits; andere wollen kurzfristig,<br />
digitale Währungen als Währung<br />
akzeptieren, sodass es auch hier zu mehr<br />
Akzeptanz dieser Währungen in unserem<br />
täglichen Leben kommen wird. Aus diesem<br />
Grund handelt es sich bei den Kryptowährungen<br />
um potentielle Assets in die<br />
investiert werden kann. Wenn man sich<br />
den historischen Verlauf ansieht, dann<br />
kann man die enormen Schwankungen<br />
der verschiedenen Währungen erkennen,<br />
sodass es sich zweifelsohne um high risk<br />
investments handelt, die gleichzeitig aber<br />
auch einen enormen Wertzuwachs haben<br />
können. Aus diesem Grund kann eine Investition<br />
in Kryptowährungen <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong><br />
Anleger interessant sein, wenn diese<br />
in der jetzigen Zinsphase in spekulative<br />
Anlagen mit einem überdurchschnittlichen<br />
Rendite-/Risikoprofil investieren wollen.<br />
<strong>FBM</strong>: Was sind die Herausforderungen<br />
<strong>für</strong> Finanzprodukte?<br />
Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com<br />
Stefan Klaile: Die Herausforderung<br />
<strong>für</strong> Finanzprodukte bestehen aus einer<br />
Vielzahl verschiedener Punkte. Wichtig ist<br />
die Auswahl der richtigen Geschäftspartner,<br />
damit diese auch nachhaltig in der Lage<br />
sind, von einer Kryptowährung die jeweiligen<br />
Mengen selbst herzustellen oder diese<br />
ggf. auch am Markt kaufen zu können.<br />
Daneben ist wichtig zu entscheiden ob man<br />
sich auf eine spezielle Währung beschränken<br />
will und wenn ja auf welche oder ob man<br />
einen Multi-Asset-Ansatz aufbaut. Zeitgleich<br />
muss man sich die Frage stellen,<br />
ob eine Investition sinnvoll ist oder ob<br />
man sich nicht besser an den Mining-<br />
Farmen beteiligt, die notwendig sind,<br />
um die Währungen zu produzieren.<br />
Zum Schluss stellt sich noch die Frage<br />
nach der geeigneten Struktur bzw. der<br />
Konzeption des Produktes.<br />
12 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
<strong>FBM</strong>: Wie ist Ihr Unternehmen hier<br />
aufgestellt?<br />
Stefan Klaile: Als XOLARIS beschäftigen<br />
wir uns schon seit mehr als einem Jahr<br />
mit dem Thema. Dies hängt auch damit<br />
zusammen, dass wir Anfragen zur Auflage<br />
eines Produktes sowohl von Kunden als<br />
auch von Anbieterseite hatten und haben.<br />
Derzeit sind wir in der Prüfung eines <strong>neue</strong>n<br />
Projektes.<br />
<strong>FBM</strong>: Welche Kunden wollen Sie mit<br />
zukünftigen Angeboten ansprechen?<br />
Stefan Klaile: Wenn wir als Service KVG<br />
gemeinsam mit einem Kunden ein solches<br />
Projekt aufsetzen, dann können aus unserer<br />
Sicht damit nur Kunden angesprochen<br />
werden, die sich selbst mit dem Thema<br />
bereits intensiv beschäftigt haben. Dies<br />
ist die Voraussetzung, damit das Risiko auf<br />
Kundenseite selbst eingeschätzt und bewertet<br />
und gleichzeitig auch die Konzeption und<br />
der Inhalt des Produktes analysiert werden<br />
kann. Insofern kann es sich aus unserer<br />
Sicht nur um <strong>institutionelle</strong> Anleger<br />
handeln, die Kryptowährungen selbst<br />
als <strong>Assetklasse</strong> definiert haben.<br />
Das Interview führte Friedrich Andreas Wanschka<br />
<strong>für</strong> FinanzBusinessMagazin.de<br />
Zum Interview-Partner: Stefan Klaile gründete<br />
2010 die XOLARIS Gruppe und 2013 gemeinsam<br />
mit der xpecto AG die XOLARIS Service KVAG in<br />
München, deren Portfoliomanagement er seitdem<br />
als Vorstand verantwortet.<br />
Darüber hinaus ist er Aufsichtsrat der ADREALIS Service KVG<br />
in Hamburg. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im<br />
Bereich liquider und illiquider Finanzprodukte und bekleidete<br />
Führungspositionen bei internationalen Finanzhäusern, unter<br />
anderem als COO eines Emissionshauses. Stefan Klaile<br />
entwickelte als Dozent an der Frankfurt School of Finance<br />
& Management den Studiengang „Certified Closed End<br />
Funds Advisor / Manager“<br />
www.xolaris-kvg.de<br />
Stefan Klaile ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />
am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
13
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Ertragssteuerliche Behandlung von<br />
Crypto Tokens<br />
von Dr. jur. Julian Albrecht,<br />
Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partner<br />
Die Begriffe „Crypto Token“, „Blockchain“<br />
und „ICO“ sind inzwischen<br />
in aller Munde. Die im Rahmen von<br />
Initial Coin Offerings (ICOs) eingesammelten<br />
finanziellen Mittel werden immer größer,<br />
Crypto Tokens wie Bitcoin, Ether,<br />
Litecoin oder Ripple (dies sind nur einige<br />
der bekanntesten) erreichen wöchentlich<br />
<strong>neue</strong>, wenn auch volatile, Höchststände.<br />
In ebenso schneller Folge werden <strong>neue</strong>,<br />
vielversprechende Anwendungsgebiete<br />
<strong>für</strong> die dahinterstehende Technologie der<br />
Blockchain ausgemacht.<br />
Die langfristige Perspektive <strong>für</strong> Crypto Tokens<br />
wird – zumindest <strong>für</strong> den Standort<br />
Deutschland – auch dadurch beeinflusst,<br />
wie Gewinne aus Token-Geschäften<br />
steuerlich behandelt werden,<br />
denn Marktteilnehmer richten erfahrungsgemäß<br />
ihre Investitionstätigkeit<br />
auch nach der zu erwartenden Abgabenlast<br />
aus. Dieser Beitrag wirft die<br />
wichtigsten steuerlichen Fragen auf<br />
und fasst den aktuellen Diskussionsstand<br />
zusammen.<br />
I. Steuerfrei vs. voll steuerpflichtig<br />
Nach ersten Äußerungen der Bundesregierung<br />
sind Bitcoin, die bekanntesten<br />
und gemessen an der Marktkapitalisierung<br />
(noch) wichtigsten Crypto Tokens, im<br />
Ausgangspunkt Wirtschaftsgüter und als<br />
solche in ihrer steuerlichen Behandlung<br />
zunächst vergleichbar mit Münzen, Oldtimern<br />
oder Briefmarken. Für Privatanleger<br />
hat das folgende Konsequenzen: Gewinne<br />
aus Bitcoin, die durch Kapitaleinsatz (nicht<br />
„Mining“) erworben und später veräußert<br />
werden, sind steuerfrei, sofern zwischen<br />
Erwerb und Veräußerung ein Zeitraum von<br />
mindestens einem Jahr (zehn Jahre, falls<br />
ein Token als laufende Einkunftsquelle genutzt<br />
werden kann) liegt – ein durchaus<br />
interessantes Ergebnis, wenn man sich<br />
vergegenwärtigt, dass nach Einführung<br />
der sog. Abgeltungsteuer Veräußerungsgewinne<br />
nur noch sehr selten steuerfrei erzielt<br />
werden können.<br />
Veräußerungen innerhalb eines Jahres<br />
nach Erwerb sind hingegen voll steuerpflichtig.<br />
Ein steuerbarer Vorgang ist dabei<br />
nicht nur anzunehmen, wenn erworbene<br />
Tokens <strong>für</strong> einen Preis in Euro veräußert<br />
werden, sondern auch beim Eintausch von<br />
Tokens gegen andere Wirtschaftsgüter.<br />
„Anderes Wirtschaftsgut“ kann in diesem<br />
Zusammenhang z.B. ein anderer Crypto<br />
Token sein, bei dessen ICO man mit Bitcoin<br />
zahlt (viele kleinere Token können nur gegen<br />
andere, bekanntere Token, nicht aber<br />
gegen sog. Fiat-Währungen eingetauscht<br />
werden). Der Moment des Eintauschs ist<br />
ein steuerlicher Realisationsvorgang, so<br />
dass etwaige Kurserhöhungen innerhalb<br />
eines Jahres zwischen dem Zeitpunkt des<br />
Bitcoinerwerbs und des Eintauschs steuerpflichtige<br />
Veräußerungsgewinne sind.<br />
Um zu ermitteln, ob ein veräußerter Token<br />
länger als ein Jahr gehalten wurde, dürfte<br />
das sog. FIFO-Verfahren (first in - first out)<br />
anzuwenden und häufig auch von Vorteil<br />
sein. In tatsächlich-technischer Hinsicht<br />
hilft die Blockchain-Technologie, die sämtliche<br />
Transaktionen irreversibel festhält. Es<br />
gilt an dieser Stelle, die steuerrechtliche<br />
Beratung mit der technischen zu verknüpfen,<br />
denn es gibt Maßnahmen, die sicherstellen,<br />
dass die „richtigen“ Tokens ver-<br />
14 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
äußert werden. Da<strong>für</strong> ist ein technisches<br />
Grundverständnis (u.a.) über die Arbeitsund<br />
Wirkungsweisen von Blockchain-Transaktionen<br />
und Wallets notwendig.<br />
(Deutsche) Kapitalgesellschaften profitieren<br />
von der Steuerfreiheit nicht. Im Gegenteil:<br />
Für sie sind die Erträge beim direkten<br />
Halten und Veräußern von Tokens<br />
steuerpflichtig, und zwar im Gegensatz zu<br />
Veräußerungserträgen bei Kapitalgesellschaftsanteilen<br />
zu 100 %.<br />
II. Besonderheiten<br />
<strong>für</strong> Fonds-Investments in Crypto Tokens<br />
Die Gewinnphantasien, die die Kursentwicklungen<br />
von Bitcoin und anderen Crypto<br />
Tokens ausgelöst haben, stellen auch<br />
Manager von Tech-affinen Venture Capital-<br />
Fonds vor die Frage, ob sie nicht einen Teil<br />
des von ihnen verwalteten Geldes <strong>für</strong> den<br />
Erwerb solcher Tokens einsetzen sollen.<br />
Dabei ergeben sich einige steuerliche Besonderheiten,<br />
die Manager vor einer Kaufentscheidung<br />
beachten sollten.<br />
a) Besteuerung von Fonds-<strong>Investoren</strong><br />
Venture Capital Fonds sind typischerweise<br />
vermögensverwaltend tätig. Ein vermögensverwaltender<br />
Fonds ist ein materiellsteuerliches<br />
Nullum, denn aufgrund der<br />
sog. Bruchteilsbetrachtung werden den<br />
<strong>Investoren</strong> steuerlich keine Fondsanteile,<br />
sondern anteilig die vom Fonds gehaltenen<br />
Wirtschaftsgüter zugerechnet. Es ändert<br />
sich gegenüber dem oben Gesagten also<br />
nichts:<br />
Natürliche Personen, die (ggf. über eine weitere<br />
vermögensverwaltende Personengesellschaft)<br />
in einen Fonds investieren, können<br />
von der Steuerfreiheit nach Ablauf der Spekulationsfrist<br />
profitieren. Das kann ein ganz<br />
erheblicher selling point im Fundraising sein!<br />
Kapitalgesellschaften sind mit Token-Gewinnen,<br />
die auf sie aus einer Fondsbeteiligung<br />
entfallen, voll steuerpflichtig. Daran<br />
ändert natürlich auch die Zwischenschaltung<br />
einer (deutschen) Kapitalgesellschaft<br />
nichts – zwar kann dann je nach<br />
konkreter Ausgestaltung die Investor-<br />
Kapitalgesellschaft von der 95 %igen<br />
Steuerfreiheit profitieren, auf Ebene der<br />
Zwischengesellschaft tritt aber eine Körperschaft-<br />
und Gewerbesteuerbelastung<br />
ein.<br />
Hier zeigt sich, dass sich je nach <strong>Investoren</strong>struktur<br />
unterschiedliche Haltestrukturen<br />
anbieten können. Reine Token-Fonds<br />
werden über Parallelfonds-Strukturen<br />
nachdenken können, um jedem Investor<br />
eine steueroptimierte Behandlung der<br />
Rückflüsse zu gewährleisten.<br />
b) Vermögensverwaltender Status eines<br />
Crypto Fonds<br />
Der originäre (durch ICOs, nicht durch<br />
Mining) oder derivative (Handelsplattformen)<br />
Erwerb von Crypto Tokens führt<br />
nicht zwingend zur Gewerblichkeit eines<br />
Fonds. Es sind bei der Beurteilung u.E. –<br />
und hier scheinen uns erste Finanzämter<br />
zuzustimmen – vielmehr die allgemeinen<br />
Grundsätze anwendbar, die sich – bei<br />
Venture Capital-ähnlichen Fonds – insbesondere<br />
aus den Kriterien des sog. PE-<br />
Erlasses des BMF ergeben. Das bedeutet,<br />
dass es auf die Umstände des konkreten<br />
Einzelfalls, vor allem aber auf die beabsichtigte<br />
Haltedauer ankommt. Ein häufiges,<br />
„händlertypisches“ Umschlagen<br />
von Token und Ansprüchen sowie wiederkehrende<br />
Reinvestitionen könnten zu einer<br />
Gewerblichkeit des Fonds führen. Bei<br />
ICOs, in denen zunächst nur Ansprüche<br />
Ausgabe September/2017<br />
15
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
auf die spätere Übereignung erworben<br />
werden, ist daher besondere Aufmerksamkeit<br />
geboten; ebenso bei ICOs, in denen<br />
nur mit anderen Token, nicht aber mit Fiat-<br />
Währungen gezahlt werden kann.<br />
c) „Infizierung“ des carried interest?<br />
Der „VC-typische“ Teil des carried interest<br />
bleibt (sofern die Anforderungen des § 18<br />
Abs. 1 Nr. 4 EStG ansonsten grundsätzlich<br />
erfüllt sind) steuerlich jedenfalls dann privilegiert,<br />
wenn die Token-Rückflüsse kein<br />
erhebliches Ausmaß annehmen. Dies wäre,<br />
so sich diese Meinung durchsetzt, eine erhebliche<br />
Erleichterung <strong>für</strong> Fondsmanager:<br />
Sie könnten, nach Klärung weiterer gesellschaftsrechtlicher<br />
und aufsichtsrechtlicher<br />
Fragen, kleinere Testinvestitionen in<br />
Tokens tätigen, ohne um ihren Steuervorteil<br />
<strong>für</strong>chten zu müssen.<br />
d) Carry-Privileg <strong>für</strong> Token-Rückflüsse<br />
Bei diesem Thema zeigt sich die Finanzverwaltung<br />
aktuell noch zurückhaltend. Und<br />
tatsächlich scheint der Wortlaut des § 18<br />
Abs. 1 Nr. 4 EStG gegen eine Anwendung<br />
der Norm auf Crypto-Carry zu sprechen. Wir<br />
sind anderer Meinung: Das Privileg sollte<br />
laut der Gesetzesbegründung eine steuerliche<br />
Aufteilung des Carrys gerade entbehrlich<br />
machen. Überdies wird in der Begründung<br />
als Kernvoraussetzung die vorherige<br />
Rückzahlung des Kapitaleinsatzes der <strong>Investoren</strong><br />
– und gerade nicht die Mittelherkunft<br />
– identifiziert. Dass der Wortlaut gegen<br />
die Anwendung spricht, ist übrigens nicht<br />
verwunderlich: Die Norm wurde ca. fünf<br />
Jahre vor „Geburt“ der Bitcoin erlassen.<br />
Auch ein noch so vorausschauend handelnder<br />
Gesetzgeber hätte schlicht nicht antizipieren<br />
können, dass er, um „Wagniskapital“<br />
zu fördern, nicht ausschließlich „Anteile<br />
an Kapitalgesellschaften“, sondern auch<br />
„digital-kryptografische Werteinheiten“ als<br />
Carry-Quelle hätte nennen müssen.<br />
Diese Einschätzungen geben unsere Ansichten<br />
zum Thema wieder, die in konkreten<br />
Einzelfällen von zuständigen Finanzämtern<br />
auch geteilt wurden. Dennoch müssen wir<br />
darauf hinweisen, dass umfassende verlässliche<br />
Äußerungen der Finanzverwaltung<br />
oder der Finanzgerichtsbarkeit fehlen. Wir<br />
raten deshalb dazu, vor einem Investment<br />
in Crypto Tokens die steuerlichen Folgen im<br />
Vorwege abzuklären, vorzugsweise in einer<br />
vom zuständigen Finanzamt erteilten verbindlichen<br />
Auskunft.<br />
Der Beitrag ist eine gekürzte und aktualisierte Fassung eines Briefings, das Mandanten von<br />
Schnittker Möllmann Partners zu diesem Thema zur Verfügung gestellt wurde.<br />
Zum Autor: Dr. jur. Julian Albrecht,<br />
ist Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partners in<br />
Hamburg<br />
Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Bucerius Law<br />
School in Hamburg und einem Auslandsstudium an der University<br />
of Cambridge erfolgte nach dem 1.Staatsexamen eine Tätigkeit am<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Steuerrecht von Prof. Dr. Birgit Weitemeyer an der<br />
Bucerius Law School und ein Referendariat mit Stationen u.a. beim<br />
Finanzgericht Hamburg, der Finanzbehörde Hamburg, Latham &<br />
Watkins LLP in Hamburg sowie Flick Gocke Schaumburg in Berlin.<br />
Nach dem 2.Staatsexamen, der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />
und der Promotion zum Dr.jur. folgte eine Tätigkeit als Associate<br />
bei Flick Gocke Schaumburg in Berlin/Hamburg.<br />
www.smp.law<br />
Dr. jur. Julian Albrecht ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />
am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
16 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Blockchain im Asset Management<br />
von Dr. Khanh Dang Ngo, Rechtsanwalt, Finance & Blockchain,<br />
Simmons & Simmons LLP<br />
Die Blockchain Technologie hat das<br />
Potential das Asset Management<br />
nachhaltig zu verändern. Blockchain<br />
bietet eine Alternative zu vielen<br />
aufzeichnungs-basierten Transaktionen.<br />
Insbesondere der Zahlungsverkehr, die<br />
Verwahrung von Vermögensgegenständen<br />
und die Fondsberechnung lassen sich mit<br />
Hilfe dieser vielversprechenden Technologie<br />
effektiver gestalten, weil der Abgleich von<br />
Daten schneller und weniger fehleranfällig<br />
in einem digitalen Netzwerk vollzogen<br />
werden kann. Blockchain behandelt<br />
Assets wie das Internet Informationen<br />
behandelt: sie dezentralisiert die Kontrolle<br />
über Informationen, beseitigt Informationsasymmetrien<br />
und allgemein<br />
verändert die Art, wie wir mit Informationen,<br />
Assets und Dingen umgehen und<br />
mit ihnen interagieren. Die Blockchain<br />
Technologie läutet einen Paradigmenwechsel<br />
im Asset Management ein, das<br />
nicht nur die Prozesse der Vermögensverwaltung<br />
neukonzeptioniert, sondern<br />
auch das Verhältnis zu Vermögensgegenständen<br />
fundamental verändert.<br />
Blockchain by Design bedeutet verteilte<br />
Verwahrung von Daten. Statt Daten zentral<br />
an einer Stelle zu erfassen, speichert<br />
die Blockchain Daten in einem Verbund von<br />
Computern. Jeder Computer in dem Netzwerk<br />
ist ein Knotenpunkt und speichert<br />
den gesamten Datensatz. Mit Hilfe von<br />
Verschlüsselungstechniken und Algorithmen<br />
gewährleistet Blockchain, dass jeder<br />
einzelne Computer auch nur diejenigen<br />
Daten lesen und bearbeiten kann, die ihm<br />
zugeordnet sind. Gleichzeitig erhält der<br />
einzelne Computer die Gewissheit, dass<br />
er über den vollständigen, verschlüsselten<br />
Datensatz verfügt. Blockchain schafft damit<br />
Vertrauen über die Richtigkeit und Vollständigkeit<br />
von Informationen, ohne dass<br />
man sämtliche Informationen vollständig<br />
lesen kann. Blockchain löst damit ein Kernproblem<br />
der verteilten Datenverarbeitung.<br />
Mit diesem Grundkonzept der dezentralen<br />
Datenerfassung sind eine Fülle von Anwendungsfelder<br />
im Asset Management<br />
denkbar. Die gesamte Wertschöpfungskette<br />
einer Wertpapiertransaktion dient<br />
als Spielwiese einer Blockchain-basierten<br />
Plattform, auf der jeder Teilnehmer zu<br />
jeder Zeit alle Daten in nahezu Echtzeit<br />
erfassen kann. Betrachtet man die Wertschöpfungskette<br />
von der ersten Aufnahme<br />
einer Order über das Erfassen des jeweiligen<br />
Assets, der Ausführung der Transaktion<br />
und der abschließenden Übertragung<br />
der Vermögensgegenstände, so lassen<br />
sich mit Hilfe von Blockchain-basierten<br />
Plattformen viele veraltete Prozesse der<br />
Datenüberprüfung, die teilweise derzeit<br />
sogar noch manuell durchgeführt werden,<br />
ersetzen und modernisieren.<br />
Blockchain betrifft grundlegend zunächst<br />
das Asset an sich. Blockchain-basierte Assets<br />
werden auf der Grundlage von Wertmarken,<br />
so genannten "Tokens" aufgezeichnet.<br />
Tokens sind digitale Einheiten,<br />
denen ein Wert gutgeschrieben wird.<br />
Der erste Anwendungsfall der Blockchain<br />
Technologie ist der bekannte Bitcoin. Bitcoin<br />
ist eine Kryptowährung, die auf einer<br />
öffentlichen Blockchain, auf die jedermann<br />
im Internet Zugriff hat, gespeichert<br />
wird. Genaugenommen werden die ein-<br />
Ausgabe September/2017<br />
17
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
zelnen Transaktionen der Bitcoin Wertmarke<br />
auf der Blockchain gespeichert. Die Bitcoin<br />
Blockchain erfasst also die Übertragung<br />
eines Bitcoin bzw. Teileinheiten eines<br />
Bitcoin (kleinste Einheit ist ein Satoshi)<br />
von einem Teilnehmer auf einen anderen<br />
im Netzwerk. Mittlerweile gibt es eine Fülle<br />
von Alternativen Wertmarken, so genannten<br />
Altcoins, die auf dem Prinzip der<br />
verteilten Datenerfassung der Blockchain<br />
basieren. Es war lange Zeit unklar, welchen<br />
rechtlichen Status eine solche Wertmarke<br />
wie der Bitcoin hat. Die deutsche<br />
Aufsichtsbehörde betrachtet Bitcoin jedenfalls<br />
als Finanzinstrument in Form<br />
einer Rechnungseinheit, sodass die aufsichtsrechtlichen<br />
Vorschriften auf Bitcoin<br />
Anwendung finden. Nahezu alle maßgeblichen<br />
Aufsichtsbehörden überwachen<br />
die Entwicklung der Kryptowährungen und<br />
Tokenemissionen streng, um systemischen<br />
Wirkungen rechtzeitig schützend begegnen<br />
zu können. Gerade die Venture Capital<br />
Finanzierung mit eigens emittierten<br />
Tokens durch so genannte Initial Coin<br />
Offerings steht derzeit aufgrund der<br />
Größe der erzielten Kapitalaufnahme<br />
im Fokus der Aufsichtsbehörden.<br />
Auf einer Blockchain-basierten Plattform<br />
erhalten alle Teilnehmer Zugriff zu allen<br />
wesentlichen Daten von Wertpapieren.<br />
Während bei der Aufnahme von Order<br />
zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren<br />
und anderen Vermögensgegenständen<br />
derzeit noch Broker und andere Intermediäre<br />
eingeschaltet werden müssen,<br />
stellt die Blockchain jedem Anleger den<br />
direkten Zugriff auf den jeweiligen Vermögensgegenstand<br />
her. Überflüssige Überprüfungen,<br />
widerholende Bewertungen<br />
und wiederkehrende Compliance Dokumentationen<br />
können auf der Blockchainbasierten<br />
Plattform eliminiert werden, weil<br />
alle Daten auf einem einzelnen Datensatz<br />
- dem "Block" bzw. der Blockkette- erfasst<br />
werden, den alle Teilnehmer als einzige<br />
Aufzeichnung der Wahrheit beurkunden<br />
und beglaubigen. Nicht nur das Erfassen<br />
der einzelnen Order ließe sich dezentral<br />
dokumentieren. Auch die einzelnen Orderdaten<br />
wie etwa Kaufpreis, Devisenkurs<br />
und Ausführungszeitpunkt ließen sich auf<br />
einer Blockchain allgemeingültig und von<br />
jedermann verifiziert speichern. Das dezentrale<br />
Design der Blockchain wirft aber<br />
grundlegende Fragen der Sicherheit und<br />
des Datenschutzes auf. Diese Fragen lassen<br />
sich nicht ganz allgemein durch Algorithmen<br />
und mathematische Formeln beantworten.<br />
Darüber hinaus im Bereich der Haftung und<br />
der Corporate Governance bleibt es bei den<br />
konventionellen rechtlichen Grundsätzen,<br />
die in einer Blockchainstruktur mitberücksichtigt<br />
werden müssen.<br />
Blockchain geht zudem über die "simple"<br />
Aufzeichnung einzelner Transaktionen<br />
hinaus. Die als Blockchain 2.0 bezeichnete<br />
Weiterentwicklung ermöglicht nicht<br />
nur die Aufzeichnung von Transaktionen<br />
von Wertmarken ("tokens") wie<br />
18 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
etwa Bitcoin, Ether oder anderen Altcoins,<br />
sie bietet die Möglichkeit ganze<br />
Programmierzeilen auf der Blockchain<br />
abzuspeichern, die Smart Contracts genannt<br />
werden. Hierunter versteht man<br />
allgemein Wenn-Dann-Bedingungen, die<br />
die Parteien vorzeitig vereinbaren und in<br />
Computersprache schreiben. Treten die<br />
vordefinierten Bedingungen eines Smart<br />
Contracts ein, werden bestimmte Befehle<br />
ausgeführt wie etwa die Übertragung<br />
einer Wertmarke oder der Tausch<br />
von Assets. Die derzeitige Entwicklung<br />
von Smart Contracts ist rasant und viele<br />
Standardtransaktionen insbesondere im<br />
Derivate Bereich lassen sich zumindest<br />
in der Konzeptionierungsphase darstellen.<br />
Man arbeitet verstärkt etwa an das<br />
Collateral Management von Derivaten,<br />
bei denen etwa Margin Calls automatisch<br />
ausgeübt werden und die erforderlichen<br />
Sicherheiten automatisch übertragen<br />
werden können.<br />
Die Entwicklung von Blockchain scheint<br />
unaufhaltbar. Im Bereich Asset Management<br />
bietet die Blockchain Technologie<br />
durch ihr dezentrales Design Effizienzsteigerung,<br />
mit denen sich Daten<br />
schneller und kostengünstiger abgleichen<br />
lassen. Durch Tokens lassen sich<br />
Assets oder jedenfalls Repräsentanzen<br />
von Assets in nahezu Echtzeit übertragen.<br />
Unabhängig von der Wertentwicklung<br />
einzelner Tokens wird der Einsatz<br />
von Blockchain viele Prozesse im Asset<br />
Management grundlegend verändern<br />
und die Evolution der Digitalisierung und<br />
Automatisierung in bisher ungeahnte<br />
Dimensionen vorantreiben.<br />
Zum Autor: Dr. Khanh Dang Ngo ist Mitglied des<br />
Internationalen FinTech Teams der Wirtschaftskanzlei<br />
Simmons & Simmons.<br />
Er ist spezialisiert auf die Beratung von Blockchain-basierten<br />
Projekten und der Anlage in Kryptowährungen. Zuvor war er<br />
lange Zeit als In-house Counsel <strong>für</strong> eine US-amerikanische<br />
Bank tätig, <strong>für</strong> die er die Derivate-Clearing Abteilung aufgebaut<br />
und betreut hat. Er hat an den Universitäten in Heidelberg,<br />
Boston und Münster studiert und auf dem Gebiet der Finanzmarktinnovationen<br />
rechtsvergleichend promoviert. Darüber<br />
hinaus forschte er im Committee on Capital Markets Regulation<br />
an der Harvard Law School.<br />
www.simmons-simmons.com<br />
Dr. Khanh Dang Ngo ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />
am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
19
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Besteuerung der Geschäfte mit virtuellen<br />
Währungen – sog. Kryptowährungen<br />
von Alexander Lehnen und Marcel Bailänder, ARNECKE SIBETH<br />
Kryptowährungen erfreuen sich zunehmender<br />
Beliebtheit. Aufgrund<br />
des ansteigenden Investitionsvolumens<br />
von deutschen Private Equity bzw.<br />
<strong>institutionelle</strong>n <strong>Investoren</strong> treten vermehrt<br />
Fragestellungen hinsichtlich deren<br />
Besteuerung auf. Überwiegend werden Investitionen<br />
in Bitcon und Ethereum vorgenommen.<br />
Im Folgenden möchten wir die<br />
wesentlichen steuerlichen Fragestellungen<br />
näher beleuchten.<br />
Ertragsteuerrechtliche Qualifizierung<br />
von Kryptowährungen<br />
Die deutsche Finanzverwaltung hat sich<br />
bei der Frage der ertragsteuerlichen Einordnung<br />
der Ansicht der Bundesanstalt <strong>für</strong><br />
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angeschlossen.<br />
Diese hat virtuelle Währungen<br />
am Beispiel Bitcoin als Rechnungseinheiten<br />
gemäß § 1 des Kreditwesengesetz (KWG)<br />
rechtlich verbindlich als Finanzinstrumente<br />
qualifiziert. Die BaFin hat auch klargestellt,<br />
dass es sich um kein gesetzliches Zahlungsmittel<br />
handelt und daher weder um Devisen<br />
noch Sorten. Steuerlich sind Kryptowährungen<br />
somit nicht als Währungen, sondern<br />
als immaterielle Wirtschaftsgüter zu<br />
qualifizieren.<br />
Besteuerung bei Investitionen<br />
aus dem Privatvermögen<br />
Grundsätzlich handelt es sich bei der<br />
Veräußerung von Kryptowährungen um<br />
private Veräußerungsgeschäfte. Diese<br />
stellen sonstige Einkünfte dar und sind<br />
steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen<br />
Anschaffung und Veräußerung nicht<br />
mehr als ein Jahr beträgt. Nur wenn der<br />
Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger<br />
als € 600 beträgt, bleiben auch diese Gewinne<br />
steuerfrei. Zu beachten ist, dass<br />
sich der Zeitraum von einem Jahr auf zehn<br />
Jahre prolongiert, wenn aus der Nutzung<br />
der Kryptowährung zumindest in einem<br />
Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden. Die<br />
ist beispielsweise dann der Fall, wenn die<br />
Kryptowährungen gegen eine Verzinsung<br />
an Unternehmen verliehen werden, die auf<br />
den Handel mit Kryptowährungen spezialisiert<br />
sind.<br />
<strong>Eine</strong> Verlustverrechnung ist nur eingeschränkt<br />
möglich. Verluste aus Veräußerungen<br />
von Kryptowährungen mindern<br />
nur die Einkünfte, die in dem unmittelbar<br />
vorangegangenen Veranlagungszeitraum<br />
oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen<br />
aus ebensolchen Veräußerungen erzielt<br />
werden.<br />
Beispielfall:<br />
X erwirbt am 01.01.2017 einen Bitcoin zum<br />
Kurs in Höhe von € 930. Am 01.09.2017 erwirbt<br />
X Waren mit diesem Bitcoin im Wert<br />
von € 4.000.<br />
Ergebnis:<br />
Mit dem Erwerb der Waren realisierte X ein<br />
steuerbares und steuerpflichtiges privates<br />
Veräußerungsgeschäft. X ist verpflichtet<br />
eine Einkommensteuererklärung abzu-<br />
20 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
geben und hat den realisierten Gewinn in<br />
Höhe von € 3.070 zu versteuern.<br />
Abwandlung:<br />
X erwirbt die Waren erst am 01.01.2018.<br />
Ergebnis Abwandlung:<br />
Da der Zeitraum zwischen Anschaffung und<br />
Veräußerung mehr als ein Jahr beträgt,<br />
handelt es sich um ein nicht steuerbares<br />
privates Veräußerungsgeschäft. Es besteht<br />
weiterhin eine Verpflichtung zur Abgabe einer<br />
Steuererklärung, der Gewinn unterliegt<br />
jedoch nicht der Besteuerung.<br />
Hierbei ist festzuhalten, dass jeder Erwerb<br />
eines Vermögensgegenstandes mit einer<br />
Kryptowährung einen Tauschvorgang und<br />
damit einen Veräußerungstatbestand darstellt.<br />
Gewerbliche Einkünfte<br />
mit Kryptowährungen<br />
Gewerbliche Einkünfte liegen vor, soweit<br />
durch den Handel mit Kryptowährungen<br />
eine selbständige nachhaltige Tätigkeit mit<br />
der Absicht, Gewinn zu erzielen unternommen<br />
wird und diese eine Beteiligung am<br />
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.<br />
Die bislang bekannteste als gewerblich<br />
zu qualifizierende Einkunftsquelle im Hinblick<br />
auf Kryptowährungen ist das sog.<br />
Mining von Kryptowährungen. Daneben<br />
sind bislang auch der Betrieb einer<br />
Online-Börse <strong>für</strong> Kryptowährungen, das<br />
Betreiben von Kryptowährungs-Geldautomaten<br />
und die zinsbringende Anlage<br />
von Kryptowährungen als gewerbliche<br />
Einkünfte bekannt. Die gewerblichen<br />
Einkünfte unterliegen – je nach Ort der<br />
Betriebsstätte – zwischen 7% und 17%<br />
Gewerbesteuer sowie dem persönlichen<br />
Einkommensteuersatz. Die Gewerbesteuer<br />
kann bei natürlichen Personen (teilweise) auf<br />
die Einkommensteuer angerechnet werden.<br />
Die Bilanzierung von<br />
Kryptowährungen im Betriebsvermögen<br />
Spätestens nach der ersten Investition in<br />
Kryptowährungen aus einem Betriebsvermögen<br />
heraus stellt sich Frage der handels-<br />
und steuerrechtlichen Bilanzierung<br />
von Kryptowährungen.<br />
Für Kryptowährungen, die beispielsweise<br />
auf einer Handelsplattform erworben<br />
wurden, besteht die Möglichkeit der<br />
Bilanzierung im Umlaufvermögen nach<br />
HGB. Die Bewertung erfolgt handels- und<br />
steuerrechtlich mit den tatsächlichen Anschaffungskosten.<br />
Hierzu gehören auch die<br />
jeweiligen Marktplatzgebühren, die beim<br />
Erwerb vom Marktplatzbetreiber einbehalten<br />
werden. Die Bewertung am Bilanzstichtag<br />
erfolgt beim Umlaufvermögen mit den<br />
jeweiligen Börsen- oder Marktpreis, jedoch<br />
Quelle: © Massimo Cavallo - Fotolia.com<br />
maximal mit den Anschaffungskosten. Oftmals<br />
bestehen auf den verschiedenen Handelsplattformen<br />
unterschiedliche Kurse mit<br />
bis zu 15% Abweichung (eigene Beobachtung).<br />
Hier stellt sich die Frage, welcher<br />
Ausgabe September/2017<br />
21
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Kurs <strong>für</strong> die Bilanzierung maßgeblich ist.<br />
Unter Anwendung des Vorsichtsprinzips<br />
schlagen wir eine Selektion der fünf bedeutendsten<br />
Handelsplattformen sowie<br />
die Wahl des auf diesen Plattformen<br />
niedrigsten Umrechnungskurses <strong>für</strong> die<br />
Bewertung vor.<br />
Bevor wir näher auf die Bilanzierung von<br />
selbst geschürften Kryptowährungen eingehen<br />
wollen, möchten wir noch einmal<br />
den Herstellungsprozess verdeutlichen:<br />
Beim Mining von Kryptowährungen handelt<br />
es sich um einen Prozess, bei dem Rechenleistung<br />
zur Transaktionsverarbeitung,<br />
Datensynchronisierung und Sicherung allen<br />
Netzwerknutzern zur Verfügung gestellt<br />
wird. Für das Mining von beispielweise<br />
Bitcoins werden professionelle Bitcoin-Miner<br />
benötigt. Diese haben spezielle ASIC-Chips<br />
verbaut, die nur <strong>für</strong> das Minen von Bitcoins<br />
geeignet sind. Da die angeschafften Rechner<br />
sich nicht dem einzelnen Bitcoin direkt zuordnen<br />
lassen, ist es nicht möglich, den erstellten<br />
Bitcoins direkte Herstellungskosten zuordnen.<br />
Die erstmalige Bilanzierung von selbst geminten<br />
Bitcoins erfolgt in der Handelsbilanz<br />
daher zum Umrechnungskurs im Erstellungszeitpunkt.<br />
Steuerlich besteht <strong>für</strong><br />
die Bilanzierung von selbstgeschaffenen<br />
immateriellen Wirtschaftsgütern im Anlagevermögen<br />
ein Aktivierungsverbot, leider<br />
jedoch nicht <strong>für</strong> immaterielle Wirtschaftsgüter<br />
des Umlaufvermögens. Dies bedeutet,<br />
dass selbst geminte Bitcoins, die zum<br />
Handel bzw. Verkauf bestimmt sind, mit<br />
ihren Herstellungskosten steuerlich anzusetzen<br />
sind. Der Gewinn aus dem Mining<br />
entsteht steuerlich jedoch in beiden Fällen<br />
erst mit der Veräußerung bzw. anderweitigen<br />
Verwendung der Bitcoins.<br />
Besteuerung von Mining-Aktivitäten<br />
am Standort Island<br />
Aufgrund des enormen Energiebedarfs<br />
der zum Mining verwendeten Rechner ist<br />
Deutschland aufgrund seiner Strompreise<br />
als Miningstandort nur bedingt attraktiv.<br />
Der Standort Island, bei dem die Energiegewinnung<br />
durch Geothermie betrieben<br />
wird, hat sich bereits als ein weltweit anerkannter<br />
Standort etabliert. Mining stellt<br />
unseres Erachtens eine aktive Tätigkeit im<br />
Sinne des deutschen Außensteuergesetzes<br />
dar, weshalb Einkünfte aus einer isländischen<br />
Kapitalgesellschaft oder dortigen<br />
Betriebsstätte nicht der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung<br />
unterliegen sollten.<br />
In Island werden Gewinne einer isländischen<br />
LLC begünstigt mit 20% besteuert.<br />
Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen<br />
Deutschland/Island beträgt der Quellensteuereinbehalt<br />
auf Dividendenzahlungen<br />
nach Deutschland bei einer Beteiligungsquote<br />
von mehr als 10% grundsätzlich 5%.<br />
Ansonsten beträgt der Steuersatz in Island<br />
dagegen 36%.<br />
Umsatzsteuerliche Qualifizierung von<br />
Kryptowährungen<br />
Die Frage hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen<br />
Einordnung wurde bereits vom<br />
Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache<br />
22 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Hedquist geklärt. In dem besagten Fall<br />
ging es darum, ob es sich bei der Dienstleistung<br />
in Form des An- und Verkaufs und<br />
somit der Umtausch einer Kryptowährung<br />
(hier Bitcoins) in eine anerkannte Währung<br />
und umgekehrt um eine Dienstleistung<br />
gegen Entgelt handelt und diese<br />
von der Umsatzsteuer befreit ist. Der Kläger<br />
vertrat die Ansicht, dass es sich aus<br />
umsatzsteuerlicher Sicht um einen umsatzsteuerpflichtigen<br />
Umtausch handelt.<br />
Im Gegenzug machte der Unternehmer<br />
den Vorsteuererstattungsanspruch geltend.<br />
Der Europäische Gerichtshof urteilte,<br />
dass es sich bei der Dienstleitung<br />
um einen Umsatz handelt, der mit einem<br />
herkömmlichen Währungsumtausch vergleichbar<br />
ist. Daraus resultierend greift die<br />
umsatzsteuerliche Befreiungsvorschrift<br />
nach Art. 135 MwStSystRL. Final ist somit<br />
festzustellen, dass Kryptowährungen (hier<br />
Bitcoins) umsatzsteuerlich wie gesetzliche<br />
Zahlungsmittel zu behandeln sind und <strong>für</strong><br />
damit zusammenhängende Betriebsausgaben<br />
der Vorsteuerabzug versagt wird.<br />
Im nationalen Umsatzsteuergesetz ist somit<br />
die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8b<br />
UStG anwendbar.<br />
Fazit<br />
Die umsatzsteuerliche Behandlung von<br />
Kryptowährungen wurde bereits mit dem<br />
Urteil des EuGH klargestellt. Ertragsteuerlich<br />
handelt es sich bei Investitionen aus<br />
dem Privatvermögen um private Veräußerungsgeschäfte.<br />
Beim Mining handelt es<br />
sich um gewerbliche Einkünfte. Das BMF<br />
hat uns die steuerliche Qualifizierung bestätigt.<br />
Mining in Island ist nicht nur unter<br />
energetischen, sondern auch unter steuerlichen<br />
Aspekten attraktiv.<br />
Zum Autor: Alexander Lehnen, Wirtschaftsprüfer,<br />
Steuerberater, Equity Partner bei ARNECKE SIBETH<br />
Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft<br />
mbB, ist auf die steuerliche Strukturierung von<br />
Immobilieninvestitionen sowie die steuerliche und<br />
aufsichtsrechtliche Fondsstrukturierung spezialisiert.<br />
Tax Due Diligence bzw. Transaktionsberatung gehören<br />
genauso zu seinem Spezialgebiet wie die umfassende<br />
steuerliche Beratung von nationalen und internationalen<br />
Immobilieninvestoren.<br />
Marcel Bailänder, Diplom-Finanzwirt (FH), Steuerberater<br />
bei ARNECKE SIBETH Rechtsanwälte Steuerberater<br />
Partnerschaftsgesellschaft mbB, berät nationale und<br />
internationale Mandanten im Steuerrecht. Ein Schwerpunkt<br />
seiner Tätigkeit ist das Immobiliensteuerrecht.<br />
Seine Tätigkeit erstreckt sich auf die steuerliche<br />
Betreuung von Immobilientransaktionen und sowie<br />
die laufende steuerliche Beratung von Unternehmen.<br />
Herr Bailänder kommt ursprünglich von der Finanzverwaltung<br />
und war <strong>für</strong> ein große internationale<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.<br />
www.arneckesibeth.com<br />
Alexander Lehnen ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen<br />
am 23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
23
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Warum Bitcoin kein Betrug ist und wie<br />
sich Kryptowährungen als Investment<br />
eignen können<br />
Interview mit Kryptowährungsexperte Jörg Molt,<br />
Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker,<br />
CEO Satoshi School<br />
<strong>FBM</strong>: Herr Molt, was macht Sie so<br />
sicher, dass Kryptowährungen wie<br />
Bitcoin und Co., die Finanzwelt nachhaltig<br />
verändern werden und es sich<br />
nicht um einen Hype handelt oder gar<br />
Betrug ist, wie der Chef von JP Morgan<br />
kürzlich äußerte?<br />
Jörg Molt: Sehen Sie, der Bitcoin und die<br />
darunter liegende Blockchain-Technologie<br />
stellen <strong>für</strong> viele eine Bedrohung dar. Die<br />
heutige Technologie ermöglicht es mir dezentral,<br />
unverfälschlich Werte und Besitz<br />
zu übertragen. Die sog. Smart Contract<br />
Technologie ist bahnbrechend. Sie können<br />
in einem dezentralen, unabhängigen<br />
Netzwerk Wahrheit schaffen. Sie brauchen<br />
kein Vertrauen. Keine dritte Instanz. Überall,<br />
wo Menschen praktisch einen Eintrag<br />
vornehmen, kann es der Computer, ohne<br />
den Mensch als Schwachstelle.<br />
JP Morgan war hauptverantwortlich <strong>für</strong><br />
den Crash 2008. Die Erlaubnis auf Kreditausfall<br />
zu wetten, hat Benzin ins Feuer<br />
gegossen. JP Morgan hält selber an die<br />
10000 Bitcoins nach dem der Kurs einbrach,<br />
wurde eingekauft. In der Aktienwelt<br />
sind Spekulationen zur Marktmanipulation<br />
business as usal. Warum also nicht<br />
bei Bitcoin, wenn man ihn als Asset sieht.<br />
Viele Trader verstehen den Bitcoin nicht.<br />
Der Bitcoin hat einen sog. Realmarktwert,<br />
der bei ungefähr 2000 Dollar steht.<br />
Dieser Wert entsteht aus der Tatsache,<br />
dass der Bitcoin als Zahlmittel verwendet<br />
wird, insbesondere in strukturschwachen<br />
Regionen. Wenn Sie heute in Argentinien,<br />
Venezuela oder Afrika sind und den<br />
Werteverfall und die Inflation betrachten,<br />
werden sie schnell verstehen, dass der<br />
Bitcoin dort nicht spekulativ gehandelt<br />
wird, sondern Warenwert erzeugt. Diesen<br />
Menschen ist es egal, welche Umrechnung<br />
der Bitcoin hat. <strong>Eine</strong> Cola kostet beispielsweise<br />
0,0025 Bitcoin. Das kostet sie auch,<br />
wenn der Dollarwert des Bitcoin Null ist.<br />
Rechnen Sie heute Euros in DM um oder<br />
anders gefragt ist der Euro instabil, weil<br />
der DM Wert auf null ist?<br />
Der Bitcoin ist eine Währung, die nicht<br />
verfälscht werden kann und nicht gehacked.<br />
Der Eintrag in einem öffentlichen<br />
Verzeichnis, welches nicht verfälscht werden<br />
kann durch eine zentrale Stelle, wie<br />
beispielsweise bei Ethereum, bedeutet<br />
letztendlich die reine Wahrheit.<br />
Auf diesen Wert besinnt sich das ganze<br />
System. Sie können nicht den Bitcoin<br />
von der Blockchain trennen. Er hat eine<br />
politische Komponente die man nicht<br />
neutralisieren kann. Deshalb wird er<br />
überleben. Nach dem die Bank MT. Gox<br />
damals den „Private Key“, die „PIN/TAN“<br />
ihrer Kunden benutzt hat, da die Kunden<br />
die Schlüssel in der Bank lagerten und<br />
650 Millionen US-Dollar in Bitcoins geklaut<br />
hatten, ist der Kurs von 250 US-Dollar<br />
24 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
innerhalb von 2,5 Jahren zurückgekehrt<br />
auf über 3000 US-Dollar.<br />
Es bedarf nur dem Glauben der Menschen<br />
an den Wert. Nichts weiter. Denken Sie an<br />
die Zigarettenwährung im 2. Weltkrieg. Es<br />
gibt keine Blase und keinen Betrug. Ich<br />
gehöre zu den wenigen Menschen, die das<br />
Glück haben, seit 1995 an der Umsetzung<br />
von freiem digitalen Geld zu arbeiten und<br />
daher die Entwicklung des Bitcoins bis zur<br />
Vollendung durch Satoshi Nakamoto begleiten<br />
konnte. Dann weiß man, dass es<br />
real ist und muss es nicht „glauben“.<br />
<strong>FBM</strong>: Nun hat China ICOs und auch<br />
den Handel von Kryptowährungen<br />
eingeschränkt, bzw. verboten, was<br />
den Kurs von Bitcoins postwendend<br />
stark gedrückt hat. Wie sehen Sie die<br />
Situation in der Auswirkung auf die<br />
Zukunft in China, der asiatischen<br />
Region und weltweit?<br />
Jörg Molt: China hat konsequent umgesetzt,<br />
was ich seit langem fordere: Die Regulation<br />
von ICOs - in diesem Fall etwas<br />
überspitzter. ICOs waren ein guter Motor<br />
um Finanzierungen <strong>für</strong> Projekte anzustoßen.<br />
Crowdfunding auf eine andere Art<br />
und Weise. Wie beim IPO, dem Pendant<br />
der Aktienwelt, ist es eine feine Sache eine<br />
digitale Vorzugsaktie zu erwerben. Das<br />
Problem liegt in der Natur des Menschen.<br />
Wir leben in einer Zeit, wo Werte wenig<br />
hinterfragt werden. Sie rufen in den Markt<br />
„Kryptowährung“ oder „Blockchain“ und<br />
schon spenden die Leute Millionen. Menschen<br />
die die Technik und das Whitepaper<br />
nicht annähernd verstehen und somit den<br />
Verkaufstricks zum Opfer fallen.<br />
80 Prozent dieser Projekte werden nie das<br />
Licht der Welt erblicken. Wir reden von<br />
100 Prozent Risikokapital. Was nun passiert<br />
ist, dass es nicht die trifft, die seit<br />
Jahren im Finanzmarkt unterwegs sind.<br />
ICOs sind gesellschaftsfähig. Die digitale<br />
Hausfrau sozusagen kauft Tokens. Der<br />
Nerd von nebenan. Schließlich, wo <strong>neue</strong><br />
unabhängige digitale Welt draufsteht, will<br />
man ja vorne dabei sein, den nächsten<br />
„großen Wurf“ nicht verpassen. Man hat<br />
ja auch das Internet verschlafen. Wer hat<br />
heute Apple Aktien?<br />
Quelle: © Syda Productions - Fotolia.com<br />
Dieser Hype treibt die Menschen in zwei<br />
Fallen. Der Traum von passiven Einkommen<br />
und den Traum Dezentralität zu unterstützen.<br />
ICOs sind aber das Gegenteil,<br />
wie beispielsweise Ten X. Sie sind der Versuch<br />
die alte Welt ins digitale Zeitalter zu<br />
holen, aber Bitteschön voll kontrollierbar.<br />
Ten X will die Kreditkarte <strong>für</strong> Ethereum<br />
bauen. Das Pendant zu Visa auf Kryptogeldbasis,<br />
allerdings können die Kunden<br />
kontrolliert werden.<br />
Deswegen wird meiner Meinung nach das<br />
Projekt nicht akzeptiert. Die Angst davor<br />
ein gesperrtes Konto zu haben, in Zeiten,<br />
wo die Regierung ein Gesetz gegen den<br />
„Bankrun“ erlässt, ist größer als der Verlockung<br />
nachzugeben. Und so sind viele<br />
Coin- und Blockchain Projekte eigentlich<br />
nur Sammelsysteme, um irgendwann in<br />
der FinTec-Welt ein Adäquat zu produzieren,<br />
welches es von der Sicherheit mit der<br />
Ausgabe September/2017<br />
25
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Bitcoin Blockchain aufnehmen kann. Bis<br />
jetzt sind nahezu alle tausend Blockchain<br />
Projekte hackbar. Schlimmer noch, sie<br />
sind allesamt auf der Bitcoin Blockchain<br />
ohne Aufwand, umsetzbar.<br />
China hat konsequent gehandelt, den<br />
verschleierten Betrug beendet. Denn die<br />
echten Projekte haben, durch den Missbrauch,<br />
kaum Chancen noch gefördert zu<br />
werden. Die Asiaten und Chinesen sind<br />
nicht gegen die <strong>neue</strong> Welt. Sie wollen es<br />
nur langsam angehen. ICOs sind rein kapitalistische<br />
Systeme, die in das Konzept<br />
des Kommunismus nicht passen. Es bedarf<br />
weitreichender Regulierungen. Die<br />
Chinesen warten ab. Es wird auch m. E.<br />
kein Exchange Verbot geben. Die Chinesen<br />
stehen vor den Wahlen. Sie wollen<br />
Ordnung übergeben.<br />
<strong>FBM</strong>: In einem Artikel von Ihnen,<br />
prognostizieren Sie einen Kurs von<br />
50.000 Dollar <strong>für</strong> einen Bitcoin in<br />
5 Jahren. Wie kommen Sie auf diese<br />
Zahl?<br />
Jörg Molt: Der Bitcoin lebt durch Krisen<br />
und der Tatsache, dass er beispielsweise<br />
in Japan bewiesen hat, welchen Wohlstand<br />
er generieren kann. Die japanische Regierung<br />
ist zum Vorreiter einer modernen<br />
Gesellschaft geworden, auch wenn Menschenrechte<br />
abgebaut werden. Trotzdem<br />
ist das Ökosystem auf Bitcoin ausgerichtet<br />
und wir sehen, dass es funktioniert.<br />
Viele Nationen werden folgen: Österreich,<br />
Schweiz, Australien, Südkorea, Schweden,<br />
Norwegen usw.<br />
Die Akzeptanz und der Realmarktwert<br />
steigt beachtlich, jeden Tag, somit auch<br />
die Spekulationsspanne, die oberhalb aufbaut.<br />
Richard Branson, Bill Gates u.v.m<br />
sehen den Wert dort. Wir stehen kurz vor<br />
einer Krise, die insbesondere Europa treffen<br />
wird in 2019. Daher die Gesetzesnovellierung<br />
zum Bank-run.<br />
Im Jahr 2020 wird die Ausgabemenge der<br />
Bitcoins von derzeit 12.5 BTC auf 6.25 BTC,<br />
alle zehn Minuten, reduziert. Dieser deflationäre<br />
Charakter lässt den Kurs weiter<br />
ansteigen, die Nachfrage <strong>für</strong> Bitcoins ist<br />
gigantisch. Wir haben allerdings nur<br />
6,5 Millionen Bitcoins im Umlauf. Die<br />
restlichen 10 Millionen werden gehalten.<br />
Das führt zu einem enormen Wertzuwachs.<br />
Des Weiteren betreiben viele Menschen<br />
wie eben McAffee und Branson, Inkassa<br />
und Forextrading. Sie wetten also auf diesen<br />
Preis. Wenn man bedenkt, dass diese<br />
Menschen jedes Jahr 450 Millionen US-<br />
Dollar in die Entwicklung des Bitcoins setzen<br />
und auf der anderen Seite ähnlich in<br />
die FinTec Branche investieren, dann werden<br />
sie da<strong>für</strong> sorgen, dass die Strukturmaßnahmen<br />
diesen Wert erreichen lassen,<br />
das ist der Motor des Fortschritts.<br />
Daneben werden wir erleben, wie im<br />
1. Quartal 2018 die Welt vor der Kontrollierbarkeit<br />
des Bitcoins kapituliert. Durch<br />
SegWit und Tumblebit, MimbleWimble,<br />
Dandelion wird der Bitcoin de facto unsichtbar.<br />
Es wird nie wieder möglich sein,<br />
Transaktionen von außerhalb zu verfolgen.<br />
Diese merkwürdig klingenden Systeme<br />
sind bereits im Beta Stadium. Die Weltgemeinschaft<br />
wird lernen, dass man den<br />
Bitcoin den Menschen nicht verbieten<br />
kann. Plattformen wie Localbitcoins, ermöglichen<br />
es Bitcoins, wie Bargeld, auf<br />
der Straße zu erwerben.<br />
Wir werden neben der dezentralen Börse<br />
Bisq viele weitere sehen. Ich kann darüber<br />
per Sepa Bitcons kaufen. Hier gibt es keine<br />
Menschen mehr, nur Smart Contracts.<br />
Die abwickelnde Bank ist ein Computer.<br />
Diesen Fortschritt wird man nicht mehr<br />
aufhalten können. Er ist bereits fertig programmiert<br />
und im Einsatz.<br />
Kim Schmitz aka Kim Dotcom wird sein<br />
Projekt BitCache (Mega Upload2) veröffentlichen<br />
und somit den Massenmarkt <strong>für</strong><br />
Bitcoins öffnen. Das Recht am digitalen<br />
Gut speichere ich in Zukunft direkt in der<br />
Blockchain und kann <strong>für</strong> Benutzer festlegen,<br />
dass sie bei Nutzung eine Gebühr in<br />
26 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Bitcoins zahlen. Man kann alles hochladen<br />
auch Raubkopien. Der Unterschied ist:<br />
Sollte der Eigentümer sein Recht einfordern,<br />
wird der Content gelöscht, aber der<br />
Einsteller bleibt unberührt. Das wird das<br />
Copyright-Recht revolutionieren. Sie sehen,<br />
all das sind Auswirkungen, die man<br />
nicht verhindern kann und den Bitcoin auf<br />
50.000 Euro bringen.<br />
<strong>FBM</strong>: Ist das Thema Kryptowährungen<br />
aus Ihrer Sicht auch schon <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong><br />
<strong>Investoren</strong> interessant und<br />
wenn ja, welche Investmentprodukte<br />
würden Sie da aktuell sehen?<br />
Jörg Molt: Auf jeden Fall. <strong>Investoren</strong><br />
sollten nur lernen in Monatsabschnitten zu<br />
denken. Day-Trader werden auf Grund der<br />
Volatilität nicht glücklich. Investitionen<br />
sind vor allem im Bereich Education und<br />
in Miningfarmen zu sehen. Dabei sollte<br />
man aber darauf achten, dass man direkt<br />
in Miningfarmen investiert und nicht in<br />
Multi-Level-Marketing (MLM). Wir benötigen<br />
noch sehr viel Aufklärung. Ein gewinnbringendes<br />
Vehikel wird die Investition in<br />
die Entwicklung der Handhabung sein. An<br />
digitale Währungen zu kommen und diese<br />
dann zu nutzen ist eine Herausforderung,<br />
die man ohne Hilfe kaum bewältigt. Der<br />
Bitcoin ist von der Handhabung her noch<br />
nicht „das IPhone“. KYC, Beschränkungen<br />
und letztendlich komplizierte Software<br />
machen es schwierig <strong>für</strong> Einsteiger mittleren<br />
und späten Alters.<br />
Mobile Wallets sind eine gute Sache, doch<br />
<strong>für</strong> viele schwer in der Handhabung. QR<br />
Code, Copy and Paste erreichen meist<br />
nicht die 50-70 jährigen, die mit Abstand<br />
größte Bevölkerungsgruppe, welche die finanzielle<br />
Mittel hat, den BitCoin zu erwerben<br />
oder die permanente Wertsteigerung<br />
zur Absicherung zu nutzen.<br />
Auch wird diese Welt zu kompliziert „vermarktet“,<br />
dazu die Angst der etablierten<br />
Institutionen, die dann falsche Wahrheiten<br />
verbreiten, wie das Darknet Syndrom<br />
oder zuletzt JP Morgan. Daher werden<br />
die Wachstumsmärkte sich in Education<br />
und Usability Projekte verschieben, dazu<br />
braucht man nichts <strong>neue</strong>s, das beste System,<br />
der Bitcoin, muss massentauglich gemacht<br />
werden.<br />
Das Interview führte Friedrich Andreas Wanschka<br />
<strong>für</strong> FinanzBusinessMagazin.de<br />
Zum Interview-Partner: Jörg Molt,<br />
Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker<br />
Als Trainer, Fachreferent und Consultant zählt er<br />
zu den renommiertesten Spezialisten <strong>für</strong> Blockchain<br />
und Kryptowährungen in Europa.<br />
Branchenübergreifend berät er weltweit namhafte Firmen<br />
und Institutionen bei der Implementierung von Digitalisierungsprozessen.<br />
Als Solominer, sowie Mitglied im Verbund<br />
bei Antmine, hat er wesentliche Strukturen mitgeschaffen. Er<br />
baute von Anfang an Kapital- und Anlagevermögen in Bitcoin<br />
auf. Durch die allgemeine Entwicklung von Smart Contracts, auf Grundlage der dezentralen<br />
Blockchain, gründete er eine Beteiligungsgesellschaft zur Vermittlung zwischen Nutzern<br />
und Herstellern. Zusammen mit weiteren Experten entstand daraus die „Satoshi Competence<br />
School“. Er ist ein Bitcoin-Experte und bereits seit Beginn in Bitcoins investiert und involviert.<br />
www. joerg-molt.de<br />
Jörg Molt ist Referent beim 1.<strong>Investoren</strong>kongreß Kryptowährungen am<br />
23. Januar 2018 in München www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
27
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Neue Trend-Anlageklasse<br />
Kryptowährung reif <strong>für</strong> professionelle<br />
<strong>Investoren</strong>?<br />
Erstmals stattfindender <strong>Investoren</strong>kongress Kryptowährungen 2018<br />
beschäftigt sich mit den wichtigsten Fragen von professionellen<br />
<strong>Investoren</strong><br />
Kryptowährungen wie Bitcoin & Co.<br />
beherrschen aktuell die Schlagzeilen<br />
nicht nur der Wirtschafts- und<br />
Finanzpresse. Kein Tag vergeht ohne <strong>neue</strong><br />
Meldungen. Die Kurse explodieren, sind<br />
extrem volatil, was immer mehr Spekulanten<br />
anzieht. Aber sind Kryptowährungen<br />
nur eine Zeiterscheinung, ein<br />
Hype oder werden Bitcoin & Co. mit der<br />
dahinterstehenden Blockchain-Technologie,<br />
die Finanzwelt doch in sehr naher Zukunft<br />
nachhaltig verändern? Nicht wenige<br />
Finanz-Experten trauen den <strong>neue</strong>n Kryptowährungen<br />
eine entscheidende Rolle im<br />
zukünftigen weltweiten Zahlungsverkehr<br />
zu. So hat als erste Nation Japan, Kryptowährungen<br />
bereits als offizielles Zahlungsmittel<br />
anerkannt. Der Markt ist in<br />
Bewegung. Die ersten Finanzprodukte zu<br />
diesem Thema sind auf dem Markt. Nicht<br />
nur Privatbanken und weltweit renommierte<br />
Fondsanbieter entwickeln aktuell<br />
<strong>neue</strong> Angebote. Deshalb ist genau zum<br />
Jahresanfang 2018 der richtige Zeitpunkt<br />
den jetzt so stark prosperierenden Markt <strong>für</strong><br />
• <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong><br />
• semi-professionelle Anleger<br />
• Assetmanager<br />
• Vermögensverwalter<br />
• Banken<br />
• Produktentwickler<br />
• Anbieter<br />
• Berater<br />
• Fach-Juristen<br />
• Wirtschaftsprüfer<br />
• Kapitalanlage- und Kapitalverwaltungsgesellschaften<br />
• Family Offices und<br />
• Wirtschafts- und Finanz-Medien,<br />
erstmals aus <strong>Investoren</strong>-Sicht darzustellen<br />
und zu diskutieren. Dies passiert<br />
am 23. Januar 2018 am Flughafen München,<br />
Veranstaltungsort Municon, von 10:00 bis<br />
17:30 Uhr beim ersten "<strong>Investoren</strong>kongress<br />
Kryptowährungen 2018".<br />
Der <strong>Investoren</strong>kongress Kryptowährungen<br />
2018 präsentiert ausführlich 3 große<br />
Themenbereiche:<br />
Marktentwicklung<br />
• Weltweiter Marktüberblick, Zukunftsausblick,<br />
Chancen und Risiken von<br />
Kryptowährungen.<br />
Recht und Steuern<br />
• Internationale und nationale rechtliche<br />
Einschätzung, steuerliche Betrachtungen<br />
sowie Regulierungen von Finanzanlagen<br />
in Kryptowährungen.<br />
Investitionsmöglichkeiten<br />
• Investmentangebote <strong>für</strong> semi-professionelle<br />
und <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong>.<br />
Überblick, Konzeptionen, Hintergründe<br />
und Produktvorstellungen.<br />
Top-Referenten und Diskussionsteilnehmer<br />
aus den verschiedenen Themenbereichen<br />
bieten exklusives Hintergrundwissen,<br />
Markteinschätzungen, Rechtsgrundlagen,<br />
Angebotsüberblick und Vorstellung einzelner<br />
Investmentmöglichkeiten.<br />
Autor:www.<strong>Investoren</strong>kongress.de<br />
28 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Schweiz:<br />
Falcon Private Bank erweitert<br />
Krypto-Asset-Management<br />
in Zusammenarbeit<br />
mit der Bitcoin Suisse AG um Ether,<br />
Litecoin und Bitcoin Cash<br />
Die Falcon Private Bank hat in Kooperation<br />
mit der Bitcoin Suisse AG<br />
vom 22. August an ihr Blockchain-<br />
Asset-Management-Angebot um die Kryptowährungen<br />
Ether (ETH), Litecoin (LTC)<br />
und Bitcoin Cash (BCH) erweitert. Damit<br />
ist sie die erste Bank weltweit, die vermögenden<br />
Privatkunden (High Net Worth Individuals)<br />
Zugang zu einer ganzen Reihe<br />
der am höchsten kapitalisierten Krypto-<br />
Assets neben Bitcoin bietet.<br />
Bereits im Juli hatte die Falcon Bank als<br />
erste Schweizer Privatbank überhaupt<br />
eine Krypto-Asset-Management-Lösung<br />
in ihr Angebot aufgenommen, indem sie<br />
es ihren Kunden ermöglichte Bitcoin direkt<br />
über die Bank zu kaufen, verkaufen<br />
und zu halten. Die im schweizerischen<br />
Zug ansässige Bitcoin Suisse AG ist ein<br />
weltweit führender Krypto-Asset-Broker<br />
und Krypto-Asset-Manager, unterliegt<br />
den Anti-Money-Laundering-Regularien<br />
(AML) der Schweizer Bankenaufsichtsbehörde<br />
FINMA, fungiert als Broker <strong>für</strong> die<br />
Falcon Private Bank und stellt die Infrastruktur<br />
<strong>für</strong> deren Krypto-Asset-Angebot<br />
zur Verfügung. Das Unternehmen ist ein<br />
führender Dienstleister <strong>für</strong> Crowdfunding-Projekte<br />
(ICOs) und unterstützte<br />
Projekte wie Bancor, Status, TokenCard,<br />
Tezos, aeternity, OmiseGo, Melonport,<br />
Matchpool, Decentraland, Moeda und<br />
andere.<br />
„Bitcoin Suisse ist stolz, das Produktangebot<br />
der Falcon Private Bank im Bereich<br />
der Krypto-Assets weiterhin zu unterstützen“,<br />
sagt Niklas Nikolajsen, CEO<br />
der Bitcoin Suisse AG. „Die Falcon Private<br />
Bank war das erste Bankhaus, das<br />
seinen Kunden einen direkten Zugang zu<br />
Bitcoin geboten hat und hat damit Geschichte<br />
geschrieben. Die Entscheidung,<br />
dieses Angebot nun um Ether und andere<br />
Krypto-Assets zu erweitern, macht<br />
die Bank zur ersten Anlaufstelle <strong>für</strong> Besitzer<br />
von Krypto-Assets und <strong>Investoren</strong><br />
in diesem Bereich.“<br />
Die Falcon Private Bank ist ein Schweizer<br />
Bankhaus, das <strong>für</strong> seine Kunden im Jahr<br />
2016 14,6 Milliarden Schweizer Franken<br />
verwaltete. Der Hauptsitz der Bank ist<br />
Zürich. Daneben bestehen Filialen und Repräsentanzen<br />
in Abu Dhabi, Dubai, London<br />
und Luxembourg. Als Krypto-Broker<br />
und Infrastrukturpartner hat die Bitcoin<br />
Suisse AG die Bank dabei unterstützt,<br />
alle Produkte und Dienstleistungen anzubieten,<br />
die nötig sind, damit vermögende<br />
Privatkunden und <strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong><br />
Krypto-Assets kaufen, sichern, nachverfolgen<br />
und handeln können.<br />
Die im August 2013 gegründete Bitcoin<br />
Suisse AG bietet ein Spektrum von Finanzdienstleistungen<br />
und Produkten <strong>für</strong> Privatkunden,<br />
Unternehmen und Institutionen<br />
im noch jungen Bereich Krypto-Finanzen<br />
und dezentralisierte Märkte an. Dazu gehören<br />
Brokerage, Trading, Asset Management,<br />
ICO-Dienstleistungen, Softwareintegration<br />
und Beratungslösungen,<br />
Ausgabe September/2017<br />
29
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
die auf Krypto-Assets und Blockchain-<br />
Technologie basieren.<br />
Das Unternehmen ist unter anderem<br />
da<strong>für</strong> bekannt, dass es die Krypto-Zahlungs-Infrastruktur<br />
<strong>für</strong> die Stadt Zug zur<br />
Verfügung stellt. Seit dem 1. Juli 2016<br />
ist Zug die weltweit erste Stadt, deren<br />
öffentliche Stellen Bitcoin und andere<br />
Kryptowährungen als Zahlungsmittel akzeptieren.<br />
Als ältestes Schweizer Unternehmen<br />
in seinem Marktsegment war die<br />
Bitcoin Suisse AG, die seit 2014 AML-reguliert<br />
ist, unter anderem als Broker <strong>für</strong><br />
Krypto-Asset-Institutionen wie die Ethereum<br />
Foundation und die Lisk Foundation<br />
tätig. Darüber hinaus bietet das Unternehmen<br />
Krypto-Asset-Dienstleistungen<br />
und -Lösungen <strong>für</strong> eine Reihe von Banken<br />
und Asset Managern an.<br />
Autor: www.bitcoinsuisse.ch<br />
www.falconpb.com/de/<br />
Zentralbanken heizen die Nachfrage nach<br />
Kryptowährungen an<br />
Ludwig von Mises Institut Deutschland e. V.<br />
"Noch vor etwa zwei Jahren wurde Bitcoin<br />
als Randtechnologie <strong>für</strong> Computer-Freaks<br />
betrachtet. Inzwischen gewinnen Bitcoin<br />
und Co. auch im Mainstream immer mehr<br />
an Popularität", stellt Demelza Haysin in<br />
ihrem jüngsten Beitrag auf www.misesde.org<br />
fest. Den Grund hier<strong>für</strong> sieht die<br />
Doktorandin der Universität von Liechtenstein<br />
allerdings weniger in der gestiegenen<br />
Nachfrage nach einem privaten und<br />
deflationären Tauschmittel, sondern primär<br />
in der Geldpolitik der Notenbanken.<br />
Es sind in erster Linie die niedrigen Zinsen,<br />
die den Preis der Bitcoins treiben.<br />
Die scharfe Korrektur des Bitcoinpreises<br />
auf die Ankündigung der Fed-Chefin Janet<br />
Yellen, die Zinsen in den USA weiter erhöhen<br />
zu wollen, zeigte dies. Ein weiterer<br />
Preistreiber ist die Demonetisierung von<br />
Fiat-Währungen, beispielsweise in Indien<br />
oder Venezuela.<br />
Anders als allgemein wahrgenommen,<br />
sind Bitcoins - gemäß der Definition der<br />
österreichischen Schule - eine inflationäre<br />
Währung: Das Angebot an Bitcoins<br />
steigt pro Jahr um ca. 4%. Weil aber die<br />
Nachfrage nach Bitcoins deutlich höher ist<br />
als deren Zuwachsrate, steigt deren Preis<br />
weiter an. Hierdurch können sie, trotz<br />
ihres eigentlich inflationären Charakters,<br />
als Schutz gegen die expansive Geldpolitik<br />
der Zentralbanken dienen.<br />
Dass die Preise auch weiter steigen werden,<br />
hält Demelza Haysin <strong>für</strong> sehr wahrscheinlich.<br />
Denn mit der Zeit werden die<br />
Menschen im Umgang mit Bitcoins "erfahrener",<br />
wodurch das Risiko und damit<br />
verbunden der Preisabschlag auf das <strong>neue</strong><br />
Medium sinkt. Zum anderen erfahren die<br />
USA ungefähr alle zehn Jahre einen wirtschaftlichen<br />
Abschwung. Der letzte liegt<br />
nun ziemlich genau eine Dekade zurück.<br />
In der nächsten, unweigerlich kommen-<br />
30 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
den Rezession wird die Fed die Anhebung<br />
der Zinsen nicht durchhalten können. Mit<br />
den entsprechenden Folgen <strong>für</strong> die Kryptowährungen.<br />
Haysin konstatiert: "Negative<br />
Zinsen in Europa und die Abschaffung<br />
von Banknoten in Entwicklungsländern<br />
sind treibende Faktoren <strong>für</strong> die Nachfrage<br />
nach Bitcoin und anderen Kryptowährungen.<br />
<strong>Investoren</strong> beginnen, das<br />
Potenzial der Technologie als integralen<br />
Bestandteil des Vermögensmanagements<br />
aus der Perspektive der Portfolio-Diversifizierung<br />
zu erkennen."<br />
"Vor unseren Augen spielt sich im Bereich<br />
der Kryptowährungen gerade etwas Historisches<br />
ab", fügt Prof. Thorsten Polleit,<br />
Präsident des Ludwig von Mises Instituts<br />
Deutschland, an. "Wir erleben, wie sich in<br />
einem marktwirtschaftlichen Prozess ein<br />
<strong>neue</strong>s Geldsystem zu etablieren versucht.<br />
Welche 'Coins' am Ende überleben werden,<br />
ist dabei noch genauso ungewiss wie<br />
die Frage, ob sich Kryptowährungen tatsächlich<br />
auch als Tauschmittel und nicht<br />
nur als ein alternatives Anlageobjekt etablieren<br />
werden können. Der Wettbewerb<br />
wird es am Ende zeigen.<br />
Autor: www.misesde.org<br />
Kryptowährungen im Kampf<br />
mit traditionellen Zahlungsmitteln<br />
Kryptowährungen erfreuen sich großer<br />
Bekanntheit. Über 70 Prozent<br />
der Verbraucher kennen die innovativen<br />
Zahlungsmittel oder haben davon<br />
schon mal gehört. Allerdings gibt es nach<br />
wie vor eine große Kluft zwischen Bekanntheit<br />
und tatsächlicher Nutzung. Zudem<br />
werden Kryptowährungen im Wettbewerb<br />
mit staatlichen Währungen und Gold<br />
in der Erfüllung der einzelnen Geldfunktionalitäten<br />
weiterhin eher als Außenseiter<br />
gesehen. Zu diesem Ergebnis kommt<br />
eine repräsentative Studie der Unternehmensberatung<br />
BearingPoint. Im Rahmen<br />
der Online-Erhebung wurden über 1.000<br />
Verbraucher aus ganz Deutschland befragt.<br />
Die Studie beschäftigt sich mit den<br />
grundlegenden Eigenschaften von Kryptowährungen<br />
im Vergleich zu staatlichen<br />
Zahlungsmitteln und Gold.<br />
Kryptowährungen - Vertrauen und<br />
Rahmenbedingungen vielfach nicht<br />
vorhanden<br />
Im Vergleich zu staatlichen Währungen<br />
und Gold werden Kryptowährungen von<br />
einem eher kleineren Anteil der Nutzer<br />
als wettbewerbsfähig bezeichnet, wenn<br />
auch mit steigender Tendenz. Laut der<br />
aktuellen Studie halten immerhin 34<br />
Prozent eine Ablösung durch virtuelle<br />
Zahlungsmittel <strong>für</strong> wahrscheinlich. In<br />
der Vorgängerstudie von BearingPoint<br />
aus dem Jahr 2016 waren es lediglich<br />
elf Prozent, die eine Durchsetzung und<br />
damit frühzeitige Verdrängung traditioneller<br />
Zahlungstechnologien erwarteten.<br />
Allerdings hält nur etwa ein Drittel der<br />
Befragten (32 Prozent) virtuelle Zahlungsmittel<br />
<strong>für</strong> vertrauenswürdig hinsichtlich<br />
ihrer Preisstabilität. Verbraucher<br />
vertrauen am stärksten der Preisstabilität<br />
des Goldes (81 Prozent), gefolgt von<br />
staatlichen Währungen (69 Prozent).<br />
"Die Digitalisierung der Finanzwirtschaft<br />
führt zur Beschleunigung im Ablauf der<br />
Finanzprozesse, um Verbraucherbedürfnisse<br />
immer und jederzeit befriedigen zu<br />
können. So ermöglichen es Kryptowährungen<br />
beispielsweise, Zahlungen nahezu<br />
in Lichtgeschwindigkeit zu beauftragen<br />
und abzuwickeln. Daher ist ihr<br />
Einsatz aus Verbrauchersicht zukünftig<br />
sicherlich eine mögliche Alternative<br />
zu staatlichen Währungen und Gold als<br />
Ausgabe September/2017<br />
31
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Zahlungsmittel oder Anlageform. Hier<strong>für</strong><br />
muss in Bezug auf die Geldfunktionen<br />
aber noch einiges passieren, um das<br />
Entwicklungspotenzial von Kryptowährungen<br />
auch wirklich auszuschöpfen.<br />
Das erfordert vor allem entsprechende<br />
technische und gesetzliche Rahmenbedingungen,<br />
die grundlegende Veränderungen<br />
im gesamten Finanzsystem nach<br />
sich ziehen. Themen wie Sicherheit, Werterhaltung<br />
und Zweckmäßigkeit spielen<br />
dabei eine entscheidende Rolle", kommentiert<br />
Dr. Robert Bosch, Partner bei Bearing-<br />
Point im Bereich Financial Services.<br />
Staatliche Währungen und Gold<br />
weiter führend<br />
Die noch fehlende Entwicklung zeigt sich<br />
auch in Bezug auf die Geldfunktionalitäten.<br />
Laut Studie gibt es hier weiterhin<br />
signifikante Unterschiede zwischen<br />
staatlichen Währungen, Gold und Kryptowährungen.<br />
Gold wird mit 79 Prozent<br />
als die beste Anlageform zur Werterhaltung<br />
wahrgenommen. Die Hälfte der Nutzer<br />
(53 Prozent) nimmt staatliche Währungen<br />
als geeignete Anlageform wahr<br />
und nur ein Drittel (31 Prozent) würde<br />
<strong>für</strong> Anlagen virtuelle Währungen nutzen.<br />
Wenn es um den Preisvergleich von Produkten<br />
und Dienstleistungen geht, neigen<br />
Verbraucher eher zu staatlichen Währungen<br />
- <strong>für</strong> 77 Prozent der Befragten sind<br />
diese am besten zum Preisvergleich geeignet.<br />
Gold (48 Prozent) genauso wie Kryptowährungen<br />
(36 Prozent) werden eher<br />
weniger als Recheneinheit empfunden.<br />
Auch wenn in absehbarer Zeit keine Ablösung<br />
traditioneller Zahlungsmittel zu<br />
erwarten ist, sollte die Finanzwelt Kryptowährungen<br />
jedoch mehr Beachtung<br />
schenken. Während 2016 nur fünf Prozent<br />
die <strong>neue</strong> Zahlungsform bereits benutzt<br />
haben, sind es laut der aktuellen<br />
Studie mit elf Prozent immerhin schon<br />
doppelt so viele. Und auch die Digitalisierung<br />
trägt ihren Teil zur Weiterentwicklung<br />
bei.<br />
Über die Studie<br />
Im Rahmen der Online-Befragung nahmen<br />
1.006 Deutsche teil. Die Studie<br />
beschreibt die grundlegenden Eigenschaften<br />
von Kryptowährungen, staatlichen<br />
Zahlungsmitteln und Gold. Virtuelle<br />
Währungen (z.B. Bitcoins) sind<br />
Geld in Form digitaler Zahlungsmittel,<br />
bei denen die Prinzipien der Kryptographie<br />
(Verschlüsselung) angewandt werden.<br />
Als staatliche Währungen (z.B. der<br />
Euro) werden Tausch- / Zahlungsmittel<br />
und Anlageformen (z.B. Bar, Anleihen,<br />
Tagesgelder) bezeichnet. Gold als Edelmetall<br />
beinhaltet neben der industriellen<br />
Nutzung die Funktionen der Tausch- und<br />
Werterhaltung (z.B. Münzen, Goldzertifikate,<br />
Goldfonds).<br />
Autor: www.bearingpoint.com<br />
32 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
eToros Crypto CopyFund investiert<br />
in Bitcoin, Ethereum, Ripple, LiteCoin,<br />
Ethereum Classic und Dash<br />
eToro lancierte den Crypto CopyFund,<br />
mit dem Anleger in sechs verschiedene<br />
Kryptowährungen investieren<br />
können. Der <strong>neue</strong> CopyFund deckt neben<br />
Bitcoin und Ethereum auch Ripple, Lite-<br />
Coin, Ethereum Classic sowie Dash ab und<br />
umfasst damit die sechs aktuell größten<br />
Kryptowährungen.<br />
Durch die Zusammensetzung aus sechs<br />
Kryptowährungen entsteht ein breit diversifiziertes<br />
Portfolio. Bitcoin und Ethereum<br />
machen derzeit zusammen etwa 70<br />
Prozent des Gesamtmarktes aus. Zusammen<br />
mit den vier nächstgrößten Kryptowährungen<br />
deckt der <strong>neue</strong> CopyFund<br />
aber sogar über 85 Prozent des Marktes<br />
ab (Stand 11. Juli 2017). Die Kryptowährungen<br />
werden im Portfolio gemäß ihrer<br />
Marktkapitalisierung gewichtet. Ein Rebalancing<br />
erfolgt auf monatlicher Basis. Zudem<br />
analysiert das Investment-Komitee<br />
von eToro das Portfolio fortlaufend.<br />
"2017 ist ein entscheidendes Jahr <strong>für</strong><br />
Kryptowährungen. Der globale Markt hat<br />
die Marke von 100 Milliarden US-Dollar<br />
geknackt", sagt Yoni Assia, Mitbegründer<br />
und CEO von eToro. "Unserer Ansicht<br />
nach markiert dies einen Meilenstein auf<br />
dem Weg hin zu einem Billionen-Dollar-<br />
Markt. Mit einer nach Marktkapitalisierung<br />
ausgerichteten Investment-Strategie ermöglichen<br />
wir es <strong>Investoren</strong>, auf dieses<br />
Wachstumspotenzial zu setzen."<br />
Mit CopyFunds können Trader und <strong>Investoren</strong><br />
in vordefinierte Marktstrategien<br />
investieren und gleichzeitig vom kumulierten<br />
Wissen der Masse profitieren:<br />
Top-Trader CopyFunds bieten Zugang auf<br />
die am besten performenden Strategien<br />
innerhalb der globalen Community von<br />
eToro - sie vereinen die Strategien mehrerer<br />
Top-Trader in ein Portfolio. Market<br />
CopyFunds hingegen verfolgen fest definierte<br />
Anlagestrategien. Mithilfe dieser<br />
Produkte können <strong>Investoren</strong> ihr langfristiges<br />
Risiko minimieren und dank diversifizierter<br />
Investments Wachstumschancen<br />
nutzen.<br />
Quelle: © monsitj - Fotolia.com<br />
Mit dem Crypto CopyFund erweitert eToro<br />
sein Angebot im Bereich der Kryptowährungen<br />
- Trader können bereits über den<br />
Crypto Currency CopyFund nur in Bitcoin<br />
und Ethereum investieren. Neben der<br />
Möglichkeit, in die beiden CopyFunds <strong>für</strong><br />
Kryptowährungen zu investieren, können<br />
Nutzer auf der eToro-Tradingplattform<br />
auch direkt mit einzelnen Kryptowährungen<br />
handeln. Der Schwerpunkt hierbei<br />
liegt auf Bitcoin und Ethereum. Zudem<br />
können sie die Trading-Strategien von<br />
Kryptowährungs-Experten nachahmen,<br />
beispielsweise Liam Davies, Alex Plesk<br />
oder Jay Smith. Letzterer hat in den vergangenen<br />
zwölf Monaten mehr als 171<br />
Prozent Gewinn eingefahren. Rund zwei<br />
Millionen US-Dollar sind derzeit auf der<br />
eToro-Plattform auf seine Strategie angelegt.<br />
eToro bietet eine Vielzahl verschiedener<br />
CopyFunds an, die ab einem Mindestinvestment<br />
von 5.000 US-Dollar zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Autor: www.etoro.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
33
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Blockchain in der Finanzdienstleistungsbranche<br />
birgt großes Potenzial -<br />
breite Anwendung in drei bis fünf Jahren<br />
Roland Berger-Studie:<br />
Durch Blockchain werden schnell <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle entstehen<br />
Die Technologie hilft Finanzdienstleistern,<br />
Kosten zu sparen - Breite<br />
Marktreife voraussichtlich in drei<br />
bis fünf Jahren - erste Anwendungen sind<br />
schon auf dem Markt - Banken und Versicherungen<br />
sollten sich schrittweise auf<br />
Blockchain und daraus entstehende Möglichkeiten<br />
vorbereiten<br />
Blockchain, die innovative Technologie, die<br />
als Rückgrat der digitalen Währung Bitcoin<br />
entstanden ist, wird in den kommenden<br />
Jahren verstärkt Einzug in die Finanzbrache<br />
halten und die digitale Transformation<br />
der Geschäftsmodelle zusätzlich verstärken.<br />
Denn durch Blockchain erhalten<br />
viele Nutzer Transaktionsmöglichkeiten<br />
mit Netzwerken, in denen sie Informationen<br />
austauschen und Geschäfte abwickeln<br />
können. Finanztransaktionen, die<br />
bislang über Intermediäre liefen, können<br />
künftig direkt zwischen den Beteiligten<br />
abgewickelt werden. Das World Economic<br />
Forum geht davon aus, dass bis 2025 insgesamt<br />
10 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts<br />
mithilfe dieser Technologie<br />
abgewickelt wird.<br />
"Blockchain wird die Art, wie weltweit<br />
Geschäfte gemacht werden, verändern",<br />
prognostiziert Wolfgang Hach, Partner von<br />
Roland Berger. "Die Technologie und ihre<br />
breiten Einsatzmöglichkeiten erlauben es,<br />
etwa bei Handelstransaktionen oder Vertragsabschlüssen<br />
auf vermittelnde Institutionen<br />
oder Treuhänder zu verzichten.<br />
Dadurch können Finanzinstitute Kosten<br />
sparen und <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle entwickeln."<br />
In der <strong>neue</strong>n Studie "Enabling decentralized,<br />
digital and trusted transactions<br />
- Why blockchain will transform the financial<br />
services industry" analysieren die Roland<br />
Berger-Experten Chancen und Risiken der<br />
Blockchain-Technologie.<br />
Blockchain: dezentrale Transaktionen<br />
und Kosteneinsparungen Die Blockchain-<br />
Technologie nutzt eine Vielzahl vernetzter<br />
Teilnehmer, um den Verlauf von Transaktionen<br />
lückenlos, sicher und rückverfolgbar<br />
dezentral abzuspeichern. Außerdem ist<br />
die Anwendung automatisierter Vertragsabwicklungen<br />
(Smart Contracts) möglich.<br />
"Gerade in der Finanzbranche mit ihren<br />
großen Datenmengen, zahlreichen Intermediären<br />
und Dienstleistungen, die abgesichert<br />
und verifiziert werden müssen,<br />
ergeben sich <strong>für</strong> Blockchain viele Anwendungsmöglichkeiten",<br />
erklärt Roland Berger-<br />
Partner Sebastian Steger.<br />
Durch den Einsatz dieser Technologie kann<br />
die Finanzindustrie zudem erheblich Kosten<br />
sparen - nicht nur durch den Verzicht auf<br />
verschiedene Intermediäre, sondern auch<br />
durch die hohe Automatisierung der<br />
Prozesse.<br />
Spannende Chancen <strong>für</strong> die Finanzindustrie:<br />
kundenzentrierte Geschäftsmodelle,<br />
<strong>neue</strong> Produktangebote<br />
Hinzu kommt die Möglichkeit, <strong>neue</strong> Geschäftsmodelle<br />
zu entwickeln. "Auf den<br />
ersten Blick sieht es so aus, als ob Finanzdienstleister<br />
ihr eigenes Geschäft kannibalisieren,<br />
wenn sie Transaktionen über<br />
Blockchain anbieten", erklärt Hach. "Doch<br />
34 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Quelle: © monsitj - Fotolia.com<br />
mit dieser Technologie können Finanzdienstleister<br />
zum Beispiel auch weltweit<br />
<strong>neue</strong> Kunden gewinnen, die bislang keine<br />
Bankkonten oder Versicherungen hatten."<br />
Außerdem bietet die Technologie hohe<br />
Sicherheitsstandards. Und schließlich<br />
sind Blockchain-Transaktionen schneller<br />
als traditionelle Vertragsabschlüsse und<br />
Transfers. Dadurch können Finanzdienstleister<br />
zusätzliche Kunden gewinnen und<br />
<strong>neue</strong>s Geschäft generieren.<br />
Zum Beispiel bei der Finanzierung von<br />
Handelstransaktionen, oder bei der Absicherung<br />
von Transportrisiken, etwa beim<br />
Schiffstransport im Fernhandel: Bisher<br />
müssen Verkäufer und Käufer über ihre<br />
Banken zahlreiche Dokumente organisieren,<br />
die festhalten, welchen Wert die<br />
Ware hat, wie sie verladen und transportiert<br />
wird und wer bis zu welchem Zeitpunkt<br />
haftet. Solche Unterlagen müssen<br />
allen Beteiligten im Original vorliegen. Mit<br />
Blockchain ließen sich die Dokumente unveränderbar,<br />
mit Zeitstempel und nachverfolgbar<br />
digital speichern, so dass die<br />
Handelspartner schnell und kostengünstig<br />
darauf zugreifen können. Dadurch können<br />
Zahlungen schneller angestoßen und die<br />
Warenlieferung beschleunigt werden.<br />
Ebenso effizient lassen sich auch Versicherungsfälle<br />
regeln. Denn mithilfe der Blockhain-Technologie<br />
können auch sensible<br />
Kunden- und Objektdaten sicher gespeichert<br />
und aktualisiert werden. Zum Beispiel<br />
bei Kfz-Versicherungen: Dank Blockchain<br />
können Versicherungen anhand der<br />
Fahrer- und Fahrzeugdaten maßgeschneiderte<br />
Policen anbieten und schnell zu Hilfe<br />
eilen, wenn Unfälle bzw. Pannen passieren.<br />
Das Fahrersystem meldet den Vorfall<br />
in Echtzeit bei der Versicherung - Reparaturdienst,<br />
Taxi oder andere Dienstleister<br />
werden sofort benachrichtigt, um dem<br />
Fahrer zu helfen. Über intelligente Sensoren<br />
werden Autoschäden sofort erfasst<br />
und der Versicherung gemeldet. "All das<br />
erhöht die Kundenzufriedenheit, senkt die<br />
Kosten, die den Versicherern <strong>für</strong> verschiedene<br />
Dienstleister entstehen, und lässt<br />
sich gut mit anderen digitalen Lösungen,<br />
die heute schon entstehen, kombinieren",<br />
sagt Wolfgang Hach.<br />
Quelle: © Jakub Jirsák - Fotolia.com<br />
Breite Marktreife beginnt in drei bis<br />
fünf Jahren<br />
Allerdings hält die <strong>neue</strong> Technologie auch<br />
Hürden bereit, die noch zu überwinden<br />
sind. Dazu zählen die Roland Berger-Experten<br />
unter anderem einheitliche Standards<br />
als Voraussetzung <strong>für</strong> die Kooperation über<br />
Länder-, Branchen- und Unternehmensgrenzen<br />
hinweg. Zudem sind auch rechtliche<br />
Grundlagen und Sicherheitsaspekte<br />
wesentliche Faktoren, damit sich die Blockchain<br />
etablieren kann.<br />
"Sowohl Politik, Regulatoren und Blockchain-Aktivisten<br />
als auch die Industrie arbeiten<br />
an diesen Aspekten, und weitere<br />
Lösungen werden bald bereitstehen", ist<br />
sich Sebastian Steger sicher. "Momentan<br />
befindet sich die Blockchain-Technologie<br />
in der Finanzbranche noch in einer Testphase;<br />
marktfähige Anwendungen zeichnen<br />
sich aber jetzt schon ab." Mit einer<br />
breiteren Nutzung der Technologie rechnen<br />
die Roland Berger-Experten in drei bis fünf<br />
Jahren. Entsprechend sollten sich<br />
Finanzdienstleister jetzt schon vorbereiten,<br />
um sich frühzeitig Wettbewerbsvorteile<br />
zu sichern.<br />
Autor: www.rolandberger.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
35
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
DXC-Studie "Blockchain":<br />
60 Prozent der Banken prüfen Datenschutz<br />
Sechs von zehn Banken in Deutschland<br />
setzen bei der Zukunftstechnologie<br />
Blockchain spezielle Sicherheitsfragen<br />
bei Datenschutz und Nutzeridentifikation<br />
auf die Agenda. Wichtiger Grund: Verbraucher,<br />
die mit Hilfe der <strong>neue</strong>n Technik<br />
bezahlen wollen, gilt es gegen den Verlust<br />
persönlichen Daten gesondert abzusichern.<br />
Banken müssen da<strong>für</strong> die Kontrolle über<br />
vormals zentral abgelegte Kundendaten<br />
auf die Blockchain anpassen. Das sind Ergebnisse<br />
der Studie "Blockchain - Evolution<br />
oder Revolution", die im Auftrag von DXC<br />
Technology über ein Marktforschungsinstitut<br />
in Deutschland durchgeführt wurde.<br />
Die Mehrheit der Institute sieht Handlungsbedarf,<br />
die Zuverlässigkeit der Daten<br />
innerhalb der Blockchain zu verbessern.<br />
Zwar gelten einmal in der Blockchain gespeicherte<br />
Daten als manipulationssicher.<br />
Doch die relevanten Informationen verstecken<br />
sich hinter anonymen Zahlenkolonnen.<br />
"Die Blockchain funktioniert wie<br />
ein digitales Grundbuch, das öffentlich alle<br />
getätigten Transaktionen festhält", sagt<br />
Jens-Thorsten Rauer, Director Banking<br />
and Capital Markets bei DXC Technology.<br />
"Welche Personen hinter einer abgewickelten<br />
Zahlung stecken, lässt sich jedoch<br />
nicht ohne weiteres überprüfen."<br />
Grundsätzlich verspricht das System eine<br />
hohe Sicherheit <strong>für</strong> die eigenen Daten. Es<br />
gilt jedoch die besonderen Risiken rund<br />
um die <strong>neue</strong> Technologie zu beachten.<br />
Denn Blockchain-Nutzer hinterlassen Spuren,<br />
ähnlich wie beim Verlauf eines Internet-Browsers,<br />
der besuchte Webseiten auflistet.<br />
Wer digital Geld überweist, wird mit<br />
seiner anonymen Kennung in der Blockchain<br />
gespeichert. Diese Daten lassen sich<br />
mit anderen Informationen beispielsweise<br />
von Online-Geschäften abgleichen, um die<br />
Person hinter einer Blockchain-Adresse zu<br />
ermitteln. Damit werden anonyme Zahlungen<br />
gefährdet: "Mit ausreichend Daten<br />
lässt sich jeder im Internet eindeutig identifizieren",<br />
erläutert Rauer. "Das gilt auch<br />
<strong>für</strong> die Blockchain."<br />
Gibt es Probleme, benötigen Verbraucher<br />
speziellen Schutz. Denn gerade bei öffentlich<br />
betriebenen Blockchains fehlt den<br />
Instituten ein direkter Zugriff. Selbst bei<br />
schwerwiegenden Versehen ist eine manuelle<br />
Korrektur explizit ausgeschlossen.<br />
Daraus ergeben sich <strong>für</strong> Banken vollkommen<br />
<strong>neue</strong> Compliance-Risiken. "Die Idee<br />
hinter einer öffentlichen Blockchain besteht<br />
darin, eine zusätzliche Regulierung<br />
überflüssig zu machen, da Transaktionen<br />
elektronisch durch die Beteiligten freigegeben<br />
werden.", sagt Rauer.<br />
Der Gesetzgeber ist bereits aktiv, um<br />
Transaktionen in der Blockchain abzusichern.<br />
Die deutsche Finanzaufsicht BaFin<br />
sowie die Landeszentralbanken sind dabei,<br />
sich mit dem Thema intensiv zu beschäftigen.<br />
Konkrete Handlungsempfehlungen<br />
im Sinne rechtlicher Vorgaben liegen allerdings<br />
noch nicht vor. "In unseren Projektund<br />
Kundensituationen haben wir die Erfahrung<br />
gemacht, dass Banken sich nicht<br />
nur aus Technologiesicht sondern auch<br />
aus rechtlicher und Compliance-Sicht mit<br />
dem Thema Blockchain befassen sollten.<br />
Die Durchführung eines Pilotprojektes zusammen<br />
mit dem Regulator hilft beiden<br />
Seiten das Thema besser in den Griff zu<br />
bekommen."<br />
Um das Vertrauen in die <strong>neue</strong> Technologie<br />
zu gewährleisten sollten Banken mit hohen<br />
Transaktionsvolumen entsprechende tech-<br />
36 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Quelle: © denisismagilov - Fotolia.com<br />
nische "Proof of Concepts" durchführen, um<br />
verschiedene Blockchain-Technologien in Bezug<br />
auf das benötigte Transaktionsvolumen<br />
zu evaluieren. Die verschiedenen Blockchain-<br />
Protokolle weisen große Unterschiede in ihrer<br />
Eignung vor allem bezüglich Performance<br />
oder Protokoll-Reifegrade <strong>für</strong> Banken auf.<br />
Aufgrund noch unterschiedlicher Blockchain-Plattformen<br />
und -Implementierungen<br />
ist es empfehlenswert, Anwendungen<br />
auf ihre Eignung zur Integration<br />
in ein spezifisches Blockchain-System<br />
zu bewerten. "Beim Aufbau einer Blockchain<br />
empfehlen wir unseren Kunden<br />
einen risikobasierten Ansatz, indem die<br />
Sicherheitskontrollen die Geschäftsanforderungen<br />
und Prozesse mit berücksichtigen",<br />
sagt Rauer. Dies bedeutet, dass<br />
man zum einen die Daten kennt welche in<br />
der Blockchain gespeichert und verarbeitet<br />
werden sollen. Es bedeutet aber auch,<br />
dass man Lösungen aufbaut, beispielsweise<br />
zur Verschlüsselung, Codeüberprüfung<br />
oder Identity Access Management,<br />
um klassische Bedrohungen wie die Kompromittierung<br />
der Public Key Infrastruktur<br />
und der Anwendungsentwicklung zu<br />
verhindern. Wichtig ist zudem eine effiziente<br />
Governancestruktur aufzubauen,<br />
um Cyberangriffe effizient abzuwehren.<br />
"Wir erwarten, dass sich Cyberangriffe<br />
künftig auf die Software richten, die einen<br />
vereinfachten Zugang zur Blockchain<br />
ermöglichen soll", sagt Rauer. "Hier gilt<br />
es den Fokus auf die Implementierung zu<br />
setzen und der Security-Level im Application-Bereich<br />
sollte erhöht werden - beziehungsweise<br />
bereits bei der Software-<br />
Entwicklung inhärent enthalten sein."<br />
Über die Studie<br />
DXC Technology hat <strong>für</strong> die Studie "Blockchain:<br />
Evolution oder Revolution?" im<br />
Februar 2017 insgesamt 100 Fach- und<br />
Führungskräfte deutscher Banken über<br />
ein Marktforschungsinstitut befragt. 50<br />
Vorstände, Geschäftsführer und leitende<br />
Angestellte sowie 50 Mitarbeiter aus Fachabteilungen<br />
haben an der Erhebung teilgenommen.<br />
Autor: www.dxc.technology/de<br />
Ausgabe September/2017<br />
37
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Blockchain macht<br />
Entwicklungszusammenarbeit wirksamer<br />
KfW verwendet erstmals Blockchaintechnologie<br />
<strong>für</strong> den transparenten Einsatz von Haushaltsmitteln<br />
Die KfW testet im Auftrag des Bundesministeriums<br />
<strong>für</strong> wirtschaftliche<br />
Entwicklung und Zusammenarbeit<br />
(BMZ) den Einsatz der sogenannten<br />
Blockchaintechnologie. Diese ermöglicht<br />
es, sämtliche Arbeits- und Genehmigungsschritte<br />
im Rahmen der Beschaffung, der<br />
Vertragsgestaltung, der Ausschreibungen<br />
und Auszahlungsprozesse bei der Durchführung<br />
eines Projekts zuverlässig abzubilden.<br />
Um die Verwendung öffentlicher<br />
Mittel transparent und nachvollziehbar zu<br />
gestalten, hat die KfW Entwicklungsbank<br />
zusammen mit dem KfW Digital Office die<br />
Software TruBudget (Trusted Budget Expenditure<br />
Regime) auf Basis dieser innovativen<br />
Technologie entwickelt. Alle beteiligten<br />
Parteien können auf dieser Plattform<br />
zusammenarbeiten und verfolgen, wer<br />
welche Änderungen vornimmt. Dank der<br />
Blockchaintechnologie sind die Vorgänge<br />
nicht nur transparenter nachvollziehbar,<br />
sondern können vor allem nicht nachträglich<br />
oder unbefugt manipuliert werden.<br />
Das minimiert die Risiken einer Mittelfehlverwendung<br />
auf Seiten der Institutionen,<br />
an die ausgezahlt wird.<br />
"Mängel im Management öffentlicher Finanzen<br />
gehören zu den größten Hemmnissen <strong>für</strong><br />
wirtschaftliche Entwicklung und gefährden<br />
regelmäßig auch die Wirksamkeit der Finanziellen<br />
Zusammenarbeit. Mit TruBudget hat<br />
die KfW eine innovative digitale Anwendung<br />
entwickelt, von deren Nutzen auch andere<br />
Entwicklungsbanken profitieren könnten.<br />
Mit dieser Software ist Deutschland weltweit<br />
Vorreiter bei der Anwendung digitaler<br />
Lösungen in der Armutsbekämpfung", sagte<br />
Dr. Norbert Kloppenburg, Mitglied des Vorstands<br />
der KfW Bankengruppe.<br />
In Entwicklungsländern besteht das Risiko,<br />
dass öffentliche Mittel fehlgeleitet werden<br />
anstatt dem Gemeinwohl (z. B. bei Krankenhäusern<br />
und Schulen) zu dienen. Internationale<br />
Geber reagieren auf diese<br />
Risiken und die schwachen Umsetzungskapazitäten<br />
in den Partnerländern, indem<br />
parallele Strukturen aufgesetzt werden.<br />
Die damit verbundenen Transaktionskosten<br />
sind jedoch <strong>für</strong> beide Seiten hoch. Mit<br />
der Umgehung der Systeme der Partnerinstitutionen<br />
des jeweiligen Entwicklungsoder<br />
Schwellenlandes erschweren die Geber<br />
zudem ihre eigentliche Aufgabe, nämlich<br />
die Partnerländer in die Lage zu versetzen,<br />
Projekte eigenständig zu planen<br />
und umzusetzen.<br />
In einer Pilotphase, die durch das BMZ in<br />
Höhe von 1 Mio. EUR finanziert wird, soll<br />
der existierende Prototyp der Software<br />
zunächst bei laufenden Investitionsprojekten<br />
getestet und weiterentwickelt werden.<br />
Die KfW ist bereits mit mehreren afrikanischen<br />
Ländern <strong>für</strong> eine Pilotphase im<br />
Gespräch.<br />
Autor www.kfw.de<br />
38 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
EY, Guardtime und Branchenteilnehmer<br />
starten die weltweit erste Blockchain-<br />
Plattform <strong>für</strong> Transportversicherer<br />
Blockchain-Technologie verbindet Kunden, Makler und Versicherer<br />
EY und Guardtime präsentieren die weltweit<br />
erste Blockchain-Plattform <strong>für</strong> die<br />
Transportversicherungsbranche.<br />
Die Blockchain-Plattform bringt der Versicherungsbranche<br />
enorme Vorteile: Sie<br />
sieht sich einem komplexen internationalen<br />
Umfeld gegenüber, das viele Beteiligte,<br />
Bürokratie, große Transaktionsvolumen<br />
und länderübergreifende Abstimmungsprozesse<br />
mit sich bringt. Dies kann dazu<br />
führen, dass die Anforderungen im Hinblick<br />
auf Transparenz, Compliance und ein<br />
sorgfältiges Risikomanagement nicht erfüllt<br />
werden können. Die Blockchain-Plattform<br />
führt getrennt gespeicherte Daten<br />
und Prozesse zusammen, um das Risiko<br />
von Abstimmungsdifferenzen und Fehlern<br />
zu minimieren.<br />
Versicherer können dank der <strong>für</strong> die Branche<br />
bisher einmaligen Blockchain-Plattform<br />
außerdem ihre Kapitalausstattung verbessern<br />
und Effizienzvorteile erzielen, da die<br />
Transparenz erhöht und Verwaltungskosten<br />
verringert werden.<br />
Dem Start der Plattform, die von A.P.<br />
Møller-Maersk A/S, ACORD, Microsoft, MS<br />
Amlin, Willis Towers Watson und XL Catlin<br />
gemeinschaftlich initiiert wurde, ging eine<br />
20-wöchige Proof-of-Concept-Phase voraus.<br />
Die Plattform basiert auf der Global<br />
Cloud-Technologie von Microsoft Azure.<br />
Die weltweite Blockchain-Plattform verbindet<br />
Kunden, Makler, Versicherer und<br />
Dritte. Die Plattform kann Daten über Vermögenswerte<br />
von mehreren Parteien erzeugen<br />
und pflegen, Daten mit Versicherungsverträgen<br />
verknüpfen, Informationen<br />
empfangen und darauf reagieren (z. B. in<br />
Form einer Tarifänderung oder Änderung<br />
eines Geschäftsprozesses), Kundenvermögen,<br />
Transaktionen und Zahlungen<br />
miteinander verbinden sowie erstmalige<br />
und weitergehende Schadenmeldungen<br />
erfassen und auswerten.<br />
Teilnehmer sind sich einig, dass die<br />
Blockchain die Versicherungsbranche<br />
grundlegend verändern wird<br />
„Es war immer klar, dass die Blockchain<br />
das Potenzial hat, das gesamte Versicherungswesen<br />
zu transformieren. Mit unserer<br />
Arbeit haben wir dazu beigetragen,<br />
dass aus dem Potenzial Realität wird. Mit<br />
der von uns erprobten Lösung, die bereit<br />
<strong>für</strong> den kommerziellen Einsatz ist,<br />
kann die Transportversicherungsbranche<br />
erstmals von der Transparenz, Sicherheit<br />
und Standardisierung der Blockchain<br />
profitieren. Wir freuen uns darauf, diese<br />
Technologie in der Schiffsversicherung<br />
einzusetzen und herauszufinden, wie die<br />
Erfahrungen und Erkenntnisse in anderen<br />
Märkten <strong>für</strong> Spezialversicherungen und in<br />
anderen Bereichen angewendet werden<br />
können“, EY-Partner Oliver Netz.<br />
Lars Henneberg, A.P. Head of Risk<br />
and Insurance bei A.P. Møller-Maersk<br />
A/S, erklärt dazu:<br />
„Der Einsatz von Technologie zur Verschlankung<br />
und Automatisierung unserer<br />
Interaktionen mit dem Versicherungsmarkt<br />
hat <strong>für</strong> uns oberste<br />
Priorität. Versicherungsgeschäfte sind<br />
bislang viel zu langwierig und umständlich.<br />
Der Abstand zwischen Risiko<br />
und Kapital ist einfach zu groß. Die<br />
Blockchain-Technologie hat das Potenzial,<br />
die gewünschte und längst fällige<br />
Entwicklung zu erleichtern.“<br />
Ausgabe September/2017<br />
39
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Mike Gault, CEO von Guardtime,<br />
erläutert:<br />
„Die KSI® Blockchain Stack ist eine bewährte<br />
Technologie zur Sicherung der<br />
physischen Lieferketten sowie der Software-<br />
und Informations-Lieferketten, auf<br />
die sich Unternehmen stützen, um die Integrität<br />
ihrer Geschäftsaktivitäten sicherzustellen.<br />
Durch die Zusammenarbeit mit<br />
EY können wir den Einsatz unserer Technologie<br />
zur Lösung praktischer Probleme<br />
von Kunden weiter ausdehnen. Die Technologie<br />
von Guardtime und die Fachkompetenz<br />
von EY ist eine starke Kombination<br />
<strong>für</strong> Kunden, die schwierige Probleme mit<br />
der Blockchain-Technologie lösen wollen.“<br />
„Es ist großartig, dass wir bei dieser innovativen<br />
Blockchain-Lösung <strong>für</strong> die Versicherungsindustrie<br />
mit EY zusammenarbeiten<br />
können. Unser Pionierprojekt<br />
hat das Potenzial, den Zeitaufwand, die<br />
Kosten und die Risiken entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungskette der Versicherungsbranche<br />
deutlich zu reduzieren.<br />
ACORD freut sich auf die weitere Zusammenarbeit,<br />
denn wir wollen, dass unsere<br />
Mitglieder von den Vorteilen aus der Nutzung<br />
der Blockchain profitieren können“,<br />
betont Bill Pieroni, President und CEO von<br />
ACORD, einer weltweiten Organisation,<br />
die internationale Standards <strong>für</strong> die Versicherungsbranche<br />
entwickelt.<br />
Mark Russinovich, Chief Technology<br />
Officer von Microsoft Azure, erklärt:<br />
„Microsoft ist davon überzeugt, dass die<br />
Blockchain eine Transformationstechnologie<br />
ist, die Reibungsverluste im Geschäftsverkehr<br />
deutlich verringern kann, insbesondere<br />
durch die Verschlankung von Geschäftsprozessen,<br />
die von mehreren Unternehmen<br />
geteilt werden. Die Transportversicherung<br />
ist ein Paradebeispiel <strong>für</strong> einen komplexen<br />
Geschäftsprozess, der mit der Blockchain<br />
optimiert werden kann. Wir werden uns<br />
weiterhin da<strong>für</strong> einsetzen, dass Unternehmen<br />
von der Blockchain profitieren können.<br />
Wir freuen uns, gemeinsam mit EY,<br />
Guardtime und anderen Branchenkenner<br />
an der Entwicklung und Einführung von<br />
Blockchain-Lösungen, die auf Technologien<br />
von Microsoft Azure aufbauen, arbeiten zu<br />
können.“<br />
„Wir begannen mit dieser Arbeit im Jahr<br />
2016, weil wir davon überzeugt waren,<br />
dass die Blockchain-Technologie den<br />
Transportversicherungsmarkt revolutionieren<br />
könnte. Es ist ein großartiger Erfolg,<br />
dass wir bereits in der Lage sind, eine<br />
konkrete Plattform zu testen, über die wir<br />
Transaktionen auf ganz <strong>neue</strong> Weise abwickeln<br />
werden. Mit unserem MS Amlin<br />
EDGE-Programm verfolgen wir das Ziel,<br />
die Chancen zu nutzen, die sich aus strategischen<br />
und radikaleren Möglichkeiten<br />
der digitalen Disruption und Geschäftsmodellinnovation<br />
ergeben“, erklärt Dr. Paul<br />
Taffinder, Director of Strategy and Innovation<br />
bei MS Amlin.<br />
„Für die Weiterentwicklung der Versicherungsbranche<br />
ist es unabdingbar, den Versicherungsprozess<br />
völlig neu zu gestalten.<br />
Diese Initiative kann Versicherungsgeschäfte<br />
dank neuartiger Technologien<br />
straffen und vereinfachen und dadurch effizienter<br />
gestalten – ein wichtiger Entwicklungsschritt<br />
<strong>für</strong> die Versicherungsbranche“,<br />
betont Simon Gaffney, Chief Data Officer<br />
von Willis Towers Watson.<br />
„Dieses erfolgreiche Proof of Concept ist<br />
wegweisend. Während die Versicherungsindustrie<br />
die Blockchain bislang als Möglichkeit<br />
betrachtet hat, einige Prozesse zu<br />
revolutionieren und die Effizienz zu steigern,<br />
wird unsere Lösung zu praxisrelevanten<br />
Innovationen führen. Die Erfahrungen<br />
und Erkenntnisse, die wir dabei<br />
gewinnen, werden wir in anderen Versicherungssparten<br />
anwenden können und<br />
so <strong>für</strong> unsere Kunden in der ganzen Branche<br />
einen Mehrwert schaffen,“ stellt Martin<br />
Henley, Chief Information Officer von<br />
XL Catlin, fest. Nähere Informationen unter<br />
ey.com/insurance_blockchain<br />
Autor: www.ey.com<br />
40 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Blockchain – Revolution:<br />
Abstraktes Unterfangen mit Zukunft<br />
Chance oder Risiko? Die <strong>neue</strong> Transaktions-Technologie<br />
hat das Potenzial <strong>für</strong> eine branchenübergreifende Revolution<br />
Blockchains revolutionieren die Geschäftswelt.<br />
Für sämtliche Branchen<br />
von Logistik über Tourismus<br />
und die Energiewirtschaft bis hin zur Finanzbranche<br />
ist das Thema relevant.<br />
Bislang wissen nur wenige in Deutschland<br />
(11 Prozent) was dieser Begriff „in<br />
etwa“ bedeutet, auch wenn jeder Fünfte<br />
(22 Prozent) ihn schon einmal gehört hat.<br />
Doch besonders die traditionellen Banken<br />
sollten sich umgehend mit dieser Technologie<br />
auseinandersetzen, um nicht überrollt<br />
zu werden. Denn was Kunden bei<br />
Bankgeschäften (Überweisungen) wichtig<br />
ist, das sind zugleich die Vorteile der<br />
Blockchain-Technologie, wie die aktuelle<br />
Studie „Blockchain – Revolution“ des internationalen<br />
Marktforschungs- und Beratungsinstituts<br />
YouGov belegt.<br />
Hohe Schnelligkeit, Transparenz und Sicherheit<br />
sowie niedrige Transaktionskosten sind<br />
die Pluspunkte von Blockchain. Vereinfacht<br />
ausgedrückt ist darunter eine Software-<br />
Architektur zu verstehen, die Prozesse<br />
in einer neuartigen Infrastruktur programmiert<br />
und automatisiert verarbeitet.<br />
Zahlungsabwicklungen sind ein prädestiniertes<br />
Anwendungsfeld <strong>für</strong> Blockchain.<br />
Schließlich ist 84 Prozent der Deutschen<br />
bei Überweisungen der Schutz vor Angriffen<br />
Dritter wichtig, gefolgt von geringen<br />
Kosten und der Bestimmung über<br />
Datenverwendung (je 70 Prozent) sowie<br />
Schnelligkeit (60 Prozent).<br />
„Sobald die Technologie aufgrund ihrer<br />
Vorteile immer mehr Anwendung und Anwender<br />
findet, kommt eine Revolution ins<br />
Rollen, die möglicherweise etablierte Anbieter<br />
in ihrer Existenz bedroht“, betont<br />
Quelle: © flydragon - Fotolia.com<br />
Markus Braun, Head of Business Unit Reports<br />
bei YouGov. Veränderungen gehen<br />
stets einher mit Widerstand und Verunsicherung<br />
– ein Punkt, den sich die etablierten<br />
Player auf zwei Arten zu Nutze<br />
machen können.<br />
<strong>Eine</strong>rseits indem sie ihre Rolle als verlässlicher,<br />
vertrauter Partner nutzen, um die<br />
Zukunftstechnologie leicht verständlich<br />
zu kommunizieren und den Verbraucher<br />
wirklich abzuholen statt ihn zu überfordern.<br />
Schließlich wollen 48 Prozent der<br />
Deutschen möglichst wenig technisches<br />
Know-how bei Überweisungen anwenden<br />
müssen. Gleichzeitig ist es jedem Zweiten<br />
wichtig, zu wissen, was hinter den Transaktionen<br />
passiert. Zudem setzt mehr als jeder<br />
dritte Blockchain-Kenner auf bekannte<br />
Finanzdienstleister, was den Markteinstieg<br />
<strong>für</strong> Start-Ups erschwert.<br />
Andererseits können die traditionellen Finanzinstitute<br />
die Nachteile der Blockchain-<br />
Technologie als eigene Vorteile nutzen. So<br />
ist beispielsweise gerade bei der Altersgruppe<br />
55plus der persönliche Kontakt<br />
wichtig. Ein Wunsch, der mehr <strong>für</strong> eine Filialbank<br />
spricht.<br />
Ausgabe September/2017<br />
41
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
„Die Blockchain-Entwicklung steht noch<br />
ganz am Anfang und es ist schwer abschätzbar,<br />
wie sich Geschäftsfelder entwickeln<br />
werden. Die Ergebnisse zeigen<br />
jedoch, dass Unternehmen sich schon<br />
heute mit dem Thema befassen und das<br />
Informationsdefizit in der Kommunikation<br />
angehen sollten“, fasst Braun zusammen.<br />
Die YouGov-Studie zeigt aus Marktsicht<br />
attraktive Merkmale der Blockchain-Ken-<br />
ner. So werden sie häufig von Freunden<br />
und Bekannten um Rat gefragt, bevor diese<br />
bestimmte Produkte kaufen. Dadurch<br />
wirken die Early Adopter als Multiplikator<br />
<strong>für</strong> die Blockchain-Technologie. Außerdem<br />
verfügen sie eher über ein hohes Einkommen<br />
und eine größere Risikofreude bei Investitionen.<br />
Autor: www.yougov.de<br />
Blockchain:<br />
In der Automobilbranche<br />
weitgehend unbekannt<br />
<strong>Eine</strong>r der wichtigsten Tech-Trends ist<br />
in der deutschen Automobilindustrie<br />
weitgehend unbekannt. Gerade einmal<br />
ein Drittel der Automobilhersteller und<br />
–zulieferer (34 Prozent) hat bislang von der<br />
Blockchain als Technologie <strong>für</strong> den Unternehmenseinsatz<br />
gehört. Zum Vergleich:<br />
Bei Big Data (96 Prozent), 3D-Druck (92<br />
Prozent) oder Internet of Things (73 Prozent)<br />
liegen die Anteile deutlich darüber.<br />
Das ist das Ergebnis einer Umfrage im<br />
Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter<br />
177 Vorständen und Geschäftsführern von<br />
Unternehmen der Automobilindustrie mit<br />
20 und mehr Mitarbeitern in Deutschland.<br />
„Blockchain wird nicht nur die Finanzoder<br />
Energiewirtschaft verändern, Verwaltungsvorgänge<br />
oder etwa die Logistik<br />
Quelle: © cherezoff - Fotolia.com<br />
revolutionieren“, sagt Bitkom-Präsident<br />
Achim Berg. „Gerade im Verkehrssektor<br />
gibt es faszinierende Einsatzszenarien.<br />
Viele der aktuellen Herausforderungen<br />
der Automobilindustrie können mit Blockchain<br />
leichter bewältigt werden. Jedes Unternehmen<br />
sollte ,digital first‘ denken und<br />
handeln. Die Entscheidungsträger in der<br />
Automobilindustrie sollten die Chancen<br />
der Blockchain-Technologie <strong>für</strong> ihre jeweiligen<br />
Unternehmen ausloten.“<br />
Aktuell wird die Blockchain-Technologie<br />
häufig auf ihren Einsatz bei sogenannten<br />
Kryptowährungen wie Bitcoin reduziert.<br />
Der dezentrale Ansatz der Blockchain-<br />
Technologie ermöglicht aber Transaktionen<br />
ohne zentrale Vertrauensinstanz in vielen<br />
anderen Bereichen. So können<br />
damit nicht nur Finanztransaktionen<br />
sicher gestaltet werden,<br />
sondern künftig zum Beispiel<br />
Beurkundungen ohne Notar<br />
erfolgen, Verträge als Smart<br />
Contracts abgewickelt werden<br />
oder die komplette Lieferkette<br />
eines Produkts transparent<br />
dargestellt und ins Internet of<br />
Things (IoT) eingebunden werden.<br />
Mit Blockchain lässt sich<br />
der Parkraum in Innenstädten<br />
42 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Quelle: © buchachon - Fotolia.com<br />
bewirtschaften, Fahrzeugflotten verwalten<br />
und das Elektrofahrzeug bezahlt autonom<br />
den Strom mit der eignen digitalen Brieftasche.<br />
In der Produktion von Fahrzeugen<br />
macht Blockchain-Technologie im Zusammenspiel<br />
mit KI-Lösungen genauere Fehleranalysen<br />
möglich. Im Service lassen<br />
sich Schäden oder Materialermüdung festhalten,<br />
es kann punktgenau vorausschauend<br />
gewartet und eine Unfallhistorie nachgehalten<br />
werden.<br />
Die Automobilunternehmen, die bereits<br />
von der Blockchain gehört haben, sehen<br />
die größten Anwendungschancen in der<br />
Logistik und Warenwirtschaft (62 Prozent)<br />
und in der Produktion (61 Prozent). Dahinter<br />
folgen Forschung und Entwicklung<br />
(50 Prozent), Einkauf (29 Prozent) und die<br />
Personalabteilung (26 Prozent). Größter<br />
Hinderungsgrund <strong>für</strong> eine Einführung im<br />
eigenen Unternehmen sind die Kosten (60<br />
Prozent), die unklare rechtliche Situation<br />
(43 Prozent), etwa beim Datenschutz, sowie<br />
das fehlende Know-how im Unternehmen<br />
(29 Prozent). Gut jedes vierte Unternehmen<br />
(27 Prozent) sieht bislang auch<br />
keine Notwendigkeit, die Technik zu nutzen.<br />
8 Prozent gehen davon aus, dass die<br />
Blockchain ihnen keinen Mehrwert liefern<br />
werde.<br />
Nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom<br />
sollte die nächste Bundesregierung da<strong>für</strong><br />
sorgen, dass sich Deutschland weltweit<br />
führend in der Blockchain-Technologien<br />
positioniert. Dazu gehört die Aufnahme<br />
von Blockchain-Projekten in geeignete<br />
Förderprogramme und die Etablierung von<br />
entsprechenden Bildungs- und Weiterbildungsangeboten<br />
ebenso wie ein aktives<br />
Vorangehen der öffentlichen Verwaltung,<br />
die Blockchain-Technologien einsetzen und<br />
ausprobieren sollte. Unternehmen und<br />
Verbraucher benötigen zudem Rechtssicherheit,<br />
wenn sie Blockchain-Technologien<br />
nutzen wollen. In der kommenden<br />
Legislaturperiode muss daher ein geeigneter<br />
Rechtsrahmen geschaffen werden.<br />
„Blockchain ist eine der wichtigsten<br />
Basistechnologien des Digitalzeitalters“,<br />
so Berg. „Wer hier bei der Entwicklung<br />
vorne mit dabei ist, kann sich enorme<br />
Wettbewerbsvorteile verschaffen.“<br />
Autor: www.bitkom.org<br />
Ausgabe September/2017<br />
43
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN<br />
Per Klick zum <strong>neue</strong>n Reisepass:<br />
81 % der Deutschen wünschen sich<br />
die digitale Verwaltung<br />
PwC-Umfrage: Online-Verwaltungen, wie sie in anderen Ländern<br />
bereits üblich sind, würden hierzulande auf große Zustimmung treffen<br />
Auch in einem digitalen Bürgerkonto<br />
sehen die meisten Befragten viele<br />
Vorteile / Voraussetzung allerdings<br />
ist: Die persönlichen Daten müssen sicher<br />
sein / PwC-Experte Hauke-Thiemian: „Im<br />
Zeitalter von E-Commerce und Online-<br />
Banking gehören lästige Behördengänge<br />
zur Vergangenheit. Das hilft Verwaltung<br />
und Bürgern gleichermaßen.“<br />
In Ländern wie Dänemark, Österreich<br />
oder Estland gibt es sie bereits – die digitale<br />
Verwaltung, die den Bürgern eine<br />
Vielzahl mühevoller Behördengänge erspart.<br />
Auch in Deutschland würde sich die<br />
große Mehrheit der Menschen diesen Service<br />
wünschen. Dies zeigt eine repräsentative<br />
Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und<br />
Beratungsgesellschaft PwC. So zeigen sich<br />
91 Prozent offen <strong>für</strong> die Idee, zum Beispiel<br />
den Antrag auf Kindergeld oder die<br />
Ausstellung eines Reisepasses in Zukunft<br />
komplett online zu erledigen. Das Alter<br />
der Befragten spielt dabei erstaunlicherweise<br />
kaum eine Rolle: Selbst bei den<br />
Über-64-Jährigen liegt die Zustimmung<br />
bei rund 83 Prozent.<br />
15 Minuten online<br />
statt sechsmal zum Amt<br />
Acht von zehn Befragten können sich zudem<br />
vorstellen, sämtliche Verwaltungsvorgänge<br />
über ein digitales Bürgerkonto<br />
abzuwickeln. Damit ist ein Tool gemeint,<br />
über das die komplette Interaktion zwischen<br />
Bürger und Verwaltung zentral und<br />
transparent abgewickelt werden kann.<br />
„Ein solches Bürgerkonto hätte beispielsweise<br />
zur Folge, dass sich der frischgebackene<br />
Vater nicht nur online die Geburtsurkunde<br />
ausstellen lassen kann, sondern<br />
auch weitere Schritte wie der Antrag auf<br />
Elterngeld ausgelöst werden können. Momentan<br />
ist die Geburt eines Kindes mit<br />
einem halben Dutzend Behördengängen<br />
verbunden. Durch das Bürgerkonto ließe<br />
sich das Procedere mit einem gesamten<br />
Zeitaufwand von vielleicht 15 bis 30 Minuten<br />
online erledigen“, sagt Borries Hauke-<br />
Thiemian, Experte <strong>für</strong> Public Management<br />
Consulting bei PwC in Deutschland.<br />
Tablet statt Wartemarke –<br />
das sollte die Vision sein<br />
„Digitale Technologien sind heutzutage<br />
selbstverständlicher Bestandteil unseres<br />
täglichen Lebens. Immer mehr Menschen<br />
betreiben Online-Banking, shoppen im Internet<br />
oder nutzen Dienstleistungen wie<br />
Car-Sharing. Vor diesem Hintergrund ist<br />
den Menschen nur noch schwer begreiflich<br />
zu machen, warum sie sich <strong>für</strong> einfache<br />
Urkunden oder Dokumente einen halben<br />
Vormittag ins Amt setzen sollen“, so Hauke-<br />
Thiemian.<br />
Wo es schon digitale Services gibt,<br />
werden diese auch genutzt<br />
Dabei ist es natürlich nicht so, dass die<br />
deutschen Verwaltungen noch komplett in<br />
der Offline-Welt leben. Bei vielen Stadtverwaltungen<br />
können die Bürger inzwischen<br />
online Termine ausmachen. Dadurch reduzieren<br />
sich mögliche Wartezeiten. Zudem<br />
wird die Gefahr gebannt, dass sich<br />
44 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin<br />
Menschen sogar umsonst auf den Weg<br />
zum Amt machen. Bemerkenswerterweise<br />
nutzen die Deutschen solche Angebote<br />
der PwC-Umfrage zufolge bereits relativ<br />
intensiv. So gaben 67 Prozent der Befragten<br />
an, digitale Dienstleistungen ihrer<br />
Verwaltung in Anspruch zu nehmen. „Die<br />
Politik sollte darin einen Ansporn sehen,<br />
nicht auf halber Strecke stehen zu bleiben“,<br />
sagt Alfred Höhn, Leiter Öffentlicher<br />
Sektor bei PwC. „Denn einerseits ist es<br />
zwar erfreulich, dass die Online-Absprache<br />
von Verwaltungsterminen allmählich zum<br />
Standard wird. Andererseits kann dies gemessen<br />
an Ländern wie Dänemark allerdings<br />
nur ein Anfang sein. Denn dort können<br />
die Bürger von Steuerangelegenheit<br />
über Wohnkostenzuschüsse bis hin zur<br />
Scheidung nahezu alles online regeln. Ein<br />
solcher digitaler Rundum-Service sollte<br />
auch <strong>für</strong> Deutschland die Vision sein.“<br />
Viel Vertrauen in die Stadtverwaltung<br />
– wenig in die Arbeitsagentur<br />
Aus Sicht der potenziellen Nutzer gehört<br />
zu den großen Vorteilen des digitalen Bürgerkontos,<br />
dass sie damit Zeit sparen (68<br />
Prozent Zustimmung) und Kosten reduzieren<br />
(64 Prozent Zustimmung). Darüber<br />
hinaus werden „Bequemlichkeit“, „Zuverlässigkeit“<br />
und „Umweltverträglichkeit“<br />
als positive Faktoren genannt. Auf der<br />
anderen Seite hegen viele Menschen allerdings<br />
datenschutzrechtliche Bedenken.<br />
So <strong>für</strong>chten 60 Prozent, beim digitalen<br />
Bürgerkonto könnten personenbezogene<br />
Informationen in falsche Hände geraten.<br />
Entsprechend differenzieren viele Teilnehmer<br />
bei der Frage, welche Behörden Zugriff<br />
auf das Bürgerkonto erhalten sollen.<br />
Bei der Stadtverwaltung haben 82 Prozent<br />
der potenziellen Nutzer kein Problem damit.<br />
Den Sozialversicherungsträgern bringen<br />
immerhin 74 Prozent das nötige Vertrauen<br />
entgegen. Dagegen wäre nur eine<br />
Minderheit bereit, das Finanzamt (46 %),<br />
die Justiz (41 %) oder die Bundesagentur<br />
<strong>für</strong> Arbeit (28 %) Zugang zum digitalen<br />
Nutzerprofil zu gewähren.<br />
„Unterm Strich lässt sich sagen: Die meisten<br />
Deutschen sind eindeutig <strong>für</strong> das digitale<br />
Bürgerkonto – allerdings nur, wenn<br />
die zu findende Lösung sicher ist und der<br />
Bürger die Hoheit über seine persönlichen<br />
Daten behält.“ Borries Hauke-Thiemian,<br />
Experte <strong>für</strong> Public Management Consulting<br />
bei PwC in Deutschland<br />
Quelle: © Artur Marciniec - Fotolia.com<br />
Das Stichwort „E-Partizipation“ sagt<br />
erst wenigen etwas<br />
Zurückhaltender zeigen sich die Deutschen<br />
bei einem weiteren Thema, das das Verhältnis<br />
zwischen Bürger und öffentlicher<br />
Hand im Online-Zeitalter betrifft – nämlich<br />
bei der sogenannten E-Partizipation.<br />
Mit dem Stichwort wird eine Steigerung<br />
der demokratischen Teilhabe durch die<br />
Nutzung digitaler Tools beschrieben; das<br />
wohl bekannteste Instrument in dieser<br />
Hinsicht ist bislang die Online-Petition.<br />
Nur 17 Prozent der Befragten zeigten in<br />
der Umfrage ein klares Verständnis, was<br />
mit E-Partizipation und Online-Beteiligung<br />
genau gemeint ist. 49 Prozent gaben an,<br />
die Begriffe zwar schon einmal gehört zu<br />
haben, sich ihrer Bedeutung allerdings<br />
nicht sicher zu sein.<br />
Immerhin: Nachdem sie aufgeklärt wurden,<br />
gaben 57 Prozent der Befragten<br />
an, sie würden mehr Möglichkeiten von<br />
Online-Beteiligungen grundsätzlich begrüßen.<br />
PwC-Direktor Hauke-Thiemian<br />
meint: „Die Digitalisierung eröffnet ganz<br />
<strong>neue</strong> Möglichkeiten <strong>für</strong> die Einbindung von<br />
Bürgern in demokratische Prozesse. Dabei<br />
können breitere Zielgruppen erreicht, Prozesse<br />
beschleunigt, Meinungstendenzen<br />
einfacher erfasst und Informationen besser<br />
vermittelt werden.“<br />
Autor: www.pwc.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
45
FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />
Niedrigzinszeiten:<br />
Stiftungen auf dem Weg<br />
zu <strong>neue</strong>n Anlageformen<br />
Aktuelle Befragung des Bundesverbandes<br />
Deutscher Stiftungen zeigt:<br />
Nur zwei Drittel der Stiftungen erwarten<br />
<strong>für</strong> 2017 Renditen oberhalb der<br />
Inflationsrate. Bundesverband vermutet<br />
steigende Nachfrage nach ertragsstarken,<br />
einfach zugänglichen und wirkungsorientierten<br />
Angeboten. Bundesverband fordert<br />
Reform des Stiftungsrechts mit bundeseinheitlicher<br />
Praxis.<br />
Die anhaltende Niedrigzinsphase setzt<br />
deutsche Stiftungen immer stärker unter<br />
Druck. Wie eine aktuelle Befragung des<br />
Stiftungspanels des Bundesverbandes<br />
Deutscher Stiftungen zeigt, gestaltet sich<br />
der reale Kapitalerhalt <strong>für</strong> viele Stiftungen<br />
immer schwieriger.<br />
Nach Einschätzung der befragten Stiftungen<br />
wird es 2017 nur noch knapp zwei<br />
Dritteln gelingen, eine Rendite oberhalb<br />
der zu Jahresanfang prognostizierten Jahresinflationsrate<br />
von 1,5 Prozent zu erwirtschaften.<br />
Gerade kleinere Stiftungen<br />
und solche, die nach Beginn der Niedrigzinsphase<br />
2009 gegründet wurden, sind<br />
davon betroffen. Fast ein Viertel der letztgenannten<br />
rechnet mit Renditen unterhalb<br />
der zu erwartenden Inflationsrate.<br />
„Die negative Ertragsentwicklung birgt<br />
aber auch eine Chance <strong>für</strong> den Stiftungssektor<br />
mit einem geschätzten Vermögen<br />
von 100 Milliarden Euro“, erklärt Felix Oldenburg,<br />
Generalsekretär des Bundesverbandes<br />
Deutscher Stiftungen, betont<br />
aber: „Das Interesse an nachhaltigen<br />
und wirkungsorientierten Vermögensanlagen<br />
bei Stiftungen ist deutlich vorhanden,<br />
ebenso die Nachfrage nach ‚anfassbaren‘<br />
Sachwerten wie Immobilien. Doch<br />
die meisten Finanzdienstleiter und Banken<br />
sind auf diese Veränderungen bisher noch<br />
unzureichend eingestellt. Klassische Standardlösungen<br />
wie Stiftungsfonds werden<br />
den Wettbewerb um zunehmend mobiles<br />
Stiftungskapital nicht gewinnen.“<br />
Nachfrage verändert sich<br />
Neben ertragsstarken Produkten sind<br />
auch Anlagen mit positiver gesellschaftlicher<br />
Wirkung gefragt: Schon heute legen<br />
über ein Fünftel der befragten Stiftungen<br />
Teile ihres Stiftungskapitals entsprechend<br />
an. Ob mit der Verpachtung landwirtschaftlicher<br />
Flächen, Anteilen an sozialen<br />
Einrichtungen, der Vermietung von Sozialimmobilien<br />
oder wirkungsorientierten<br />
Finanzmarktprodukten. Immobilien stehen<br />
dabei besonders im Fokus. 37 Prozent<br />
der befragten Stiftungen legen derzeit ihr<br />
Geld in Immobilien, rund ein Drittel auch<br />
in Immobilienfonds an. Die Immobilienanlage<br />
kommt allerdings meist nur <strong>für</strong> kapitalstarke<br />
Stiftungen in Frage. „Kleine<br />
Stiftungen haben <strong>für</strong> Direktinvestments<br />
vielfach keinen finanziellen Spielraum“,<br />
erläutert Dr. Antje Bischoff, die den Forschungsbereich<br />
des Bundesverbandes<br />
leitet. Stiftungen, die auch künftig in Immobilien<br />
investieren wollen, sehen sich<br />
aktuell allerdings mit dem Problem kon-<br />
46 Ausgabe September/2017
INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />
frontiert, ein geeignetes Anlageobjekt zu<br />
finden. Hier tun sich selbst 37 Prozent der<br />
Stiftungen mit über einer Million Euro<br />
Kapital schwer.<br />
Finanzdienstleister sind<br />
gefordert <strong>neue</strong> Angebote zu schaffen<br />
Jahrelang war es <strong>für</strong> Anbieter von Finanzprodukten<br />
verhältnismäßig einfach,<br />
Stiftungen ertragsstarke Angebote zu<br />
machen. Die Niedrigzinsphase fordert<br />
sie heraus, stellt Felix Oldenburg fest:<br />
„Stiftungen wurden lange wie große, risikoscheue<br />
Sparer gesehen. Doch sie<br />
sind und können weit mehr sein. Stiftungskapital<br />
ist immer auch Wirkungskapital.<br />
Banken, Finanzdienstleister und<br />
Vermögensverwalter, aber auch der Gesetzgeber<br />
sind aufgefordert, sich auf die<br />
veränderten Zeiten und Ansprüche von<br />
Stiftungen einzustellen. Wir haben weder<br />
einfach zugängliche Angebote noch klare<br />
rechtliche Haftungsmaßstäbe, um mehr<br />
aus dem Geld zu machen. Andere Länder<br />
sind hier bereits weiter. Aber Themen<br />
wie Impact und Mission Related Investing,<br />
Genossenschaftsmodelle, Erbbaurechte<br />
sind auch hierzulande nicht länger<br />
Nischenthemen.“ Der Bundesverband reagiert<br />
mit der Initiative „Kapital und Wirkung“<br />
und zeigt mit guten Beispielen den<br />
großen Werkzeugkasten, den Stiftungen<br />
zur Verfügung haben. Dabei helfen auch<br />
<strong>neue</strong> Partner wie oekom research, CSSP,<br />
die Kanzlei PSP und weitere.<br />
Bundesverband fordert<br />
Stiftungsrechtsreform<br />
Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com<br />
„Jetzt müssen zusätzlich auch die rechtlichen<br />
Reformen folgen, damit Stiftungen<br />
sich besser auf die sich verändernden<br />
Rahmenbedingungen einstellen können<br />
und Rechtssicherheit haben“, erklärt Felix<br />
Oldenburg. Handlungsspielräume bei der<br />
Vermögensanlage müssen dazu klarer im<br />
Gesetz verankert werden, wie z.B. durch<br />
die Kodifizierung der Business Judgement<br />
Rule und Regelungen zur ‚Geschäftsführung‘<br />
der Stiftung. Ergänzend dazu ist<br />
die Etablierung rechtlicher Rahmenbedingungen<br />
auf Bundesebene erforderlich,<br />
damit die höchst unterschiedliche Verwaltungspraxis<br />
auch in Bezug auf Fragen zur<br />
Vermögensanlage vereinheitlicht wird. Autor<br />
Bundesverband Deutscher Stiftungen<br />
Autor: www.stiftungen.org<br />
Ausgabe September/2017<br />
47
FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />
Studie:<br />
Auf der Suche nach Ertrag rücken<br />
alternative Investments in den Fokus<br />
Institutionelle <strong>Investoren</strong> kaufen<br />
immer weniger klassische Anleihen<br />
Deutsche unregulierte <strong>Investoren</strong><br />
weisen mit 40% höchsten Aktienanteil<br />
in Europa auf<br />
Steigende US-Zinsen machen Absolute-<br />
Return-Strategien wieder interessant<br />
Angeführt wird der Rückzug aus den<br />
klassischen Anleihen im europaweiten<br />
Vergleich von den regulierten deutschen<br />
<strong>Investoren</strong>, zu denen zum Beispiel die<br />
Pensionskassen gehören. Diese <strong>Investoren</strong><br />
haben ihren Portfolioanteil an Anleihen<br />
in den letzten sechs Jahren mehr<br />
als halbiert, von 85 Prozent im Jahr 2010<br />
auf inzwischen nur noch 41 Prozent. Da<strong>für</strong><br />
stieg der Anteil der Immobilien und<br />
alternativen Anlagen in ihren Portfolios<br />
auf 46 Prozent.<br />
Die Niedrigzinsphase führt europaweit zu<br />
deutlichen Verschiebungen in den Portfolios<br />
der <strong>institutionelle</strong>n Anleger. Seit 2010<br />
sinkt der Anteil der Anleihen, während neben<br />
Aktien und Immobilien vor allem alternative<br />
Anlagen zulegen. Dies zeigt der<br />
Mercer European Asset Allocation Survey<br />
2017, in dessen Rahmen mehr als 1.200<br />
<strong>institutionelle</strong> <strong>Investoren</strong> in Europa mit<br />
einem Anlagevolumen von insgesamt<br />
über 1,1 Billionen Euro analysiert wurden.<br />
Die Studie wurde dieses Jahr zum 15. Mal<br />
durchgeführt.<br />
„Der Trend zu alternativen Investitionen<br />
liegt nicht ausschließlich in den extrem<br />
niedrigen Zinsen <strong>für</strong> europäische Staatsanleihen<br />
begründet“, sagt Herwig Kinzler,<br />
Chief Investment Officer bei Mercer<br />
in Deutschland. „Es sind auch die reiferen<br />
Märkte <strong>für</strong> Private Debt, Private Equity<br />
und Infrastrukturinvestitionen, die aktiv<br />
Kapital an sich ziehen und da<strong>für</strong> attraktive<br />
Renditen versprechen.“<br />
Die Deutschen sind Vorreiter<br />
der Entwicklung<br />
Diese Entwicklung zeigt sich auch bei den<br />
unregulierten deutschen <strong>Investoren</strong>, also<br />
CTAs (Contractual Trust Arrangements):<br />
In diesem Segment waren Aktien schon<br />
immer ein wichtiger Teil des Portfolios,<br />
doch Immobilien und alternative Anlagen<br />
kommen auch hier inzwischen auf<br />
zusammen 21 Prozent. Die unregulierten<br />
deutschen <strong>Investoren</strong> haben zudem ihren<br />
Aktienanteil erhöht, allein im letzten Jahr<br />
von 35 Prozent auf 40 Prozent. Die Mehrheit<br />
der europäischen <strong>Investoren</strong> hat ihr<br />
Aktienengagement dagegen zurückge-<br />
48 Ausgabe September/2017
INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />
schraubt, in Großbritannien beispielsweise<br />
von 31 Prozent auf 29 Prozent. Die unregulierten<br />
deutschen <strong>Investoren</strong> sind jetzt<br />
noch vor den Iren mit der höchsten Aktienexposition<br />
in Europa vertreten.<br />
„Insgesamt ist die Portfolio-Komposition<br />
bei den regulierten und den unregulierten<br />
<strong>Investoren</strong> ähnlich“, kommentiert Kinzler.<br />
„Obwohl ihr Anteil deutlich gesunken<br />
ist, machen bei beiden Gruppen Zinspapiere<br />
noch immer einen großen Teil des<br />
Portfolios aus. Der Unterschied besteht<br />
hauptsächlich in deutlich höheren Aktienanteilen<br />
der unregulierten <strong>Investoren</strong>, den<br />
die regulierten insbesondere durch Privatmarktanlagen<br />
wie Private Debt, Private<br />
Equity, Infrastruktur und Holzplantagen<br />
ausgleichen.“<br />
Integration von<br />
Nachhaltigkeitskriterien ist noch<br />
ausbaufähig<br />
Laut Studie spielt das Thema Nachhaltigkeit<br />
<strong>für</strong> <strong>Investoren</strong> zunehmend eine Rolle.<br />
So berücksichtigen mittlerweile 28%<br />
der befragten <strong>institutionelle</strong>n Anleger in<br />
Europa ESG-Faktoren in der Kapitalanlage,<br />
weil sie ein finanzielles Risiko <strong>für</strong>chten,<br />
wenn sie es nicht tun. 2016 waren es<br />
noch 20 Prozent. „Während einige wenige<br />
deutsche <strong>Investoren</strong> Vorreiter im Bereich<br />
Nachhaltigkeitsintegration in die Kapitalanlage<br />
sind, ist die ESG-Integration in<br />
Deutschland insgesamt weniger fortgeschritten<br />
als in manchen Nachbarländern<br />
wie Frankreich, den Niederlanden oder<br />
Großbritannien“, erläutert Kinzler. „Ein<br />
Hindernisgrund ist die wahrgenommene<br />
konzeptuelle Unschärfe zwischen ethischen<br />
Investments und der ESG-Integration.<br />
Häufig wird auch fälschlicherweise<br />
angenommen, dass die Berücksichtigung<br />
von Nachhaltigkeitskriterien zwingend zu<br />
einem eingeschränkten Investment Universum<br />
und somit zu niedrigeren Erträgen<br />
führt.“<br />
Hedge-Fonds sind wieder im Kommen<br />
Der Mercer Asset Allocation Survey zeigt<br />
auch, dass die Allokationen in Absolute-<br />
Return-Strategien, wie z. B. Hedgefonds,<br />
wieder zunehmen. Waren im Vorjahr noch<br />
33 Prozent der befragten <strong>Investoren</strong> in<br />
Hedge-Fonds engagiert, so sind es jetzt<br />
37 Prozent. „Der US-Basiszins steigt und<br />
die Gebühren sind gesunken. Zudem steigen<br />
mehr und mehr <strong>Investoren</strong> direkt<br />
bei einzelnen Hedgefonds ein, statt über<br />
Dachfonds zu gehen, und sparen sich so<br />
den Großteil der Gebühren komplett. Damit<br />
sind Hedgefonds-Investments als liquide<br />
Alternatives wieder interessant geworden“,<br />
so Kinzler.<br />
Über Alternative Investments<br />
Alternative Investments bestehen meist<br />
mehrheitlich aus sogenannten Growth<br />
Fixed Income-Anlagen. Diese sind in der<br />
Regel eine Kombination von Staatsanleihen<br />
aus Schwellenländern (Emerging<br />
Markts Debt) und Unternehmens-Schuldverschreibungen<br />
(High-Yield Bonds und<br />
klassische Bonds). Dazu kommen sogenannte<br />
Privatmarkt-Anlagen, d. h. Beteiligungen<br />
an Private Equity-Fonds, Private<br />
Debt-Fonds oder privat finanzierten<br />
Infrastruktur-Projekten wie Häfen, Straßen,<br />
Brücken oder Krankenhäuser. Auch<br />
Hedge-Fonds-Beteiligungen und Rohstoff-<br />
Geschäfte zählen zu den alternativen Investments.<br />
Autor: www.mercer.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
49
FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />
Coller-Capital-Umfrage:<br />
Private-Equity-Anleger rechnen<br />
mt Cyber-Angriffen<br />
Mehr als die Hälfte der <strong>institutionelle</strong>n<br />
Private-Equity-Anleger<br />
(Limited Partners, LPs) rechnet<br />
damit, innerhalb der nächsten fünf Jahre<br />
Ziel einer ernsten Cyber-Attacke zu<br />
werden, obwohl in den letzten Jahren nur<br />
einer von zwanzig LPs tatsächlich angegriffen<br />
wurde. Dies geht aus dem jüngsten<br />
Global Private Equity Barometer von<br />
Coller Capital hervor. Die zunehmenden<br />
Sicherheitsbedenken wirken sich auch<br />
auf die Beziehungen zwischen den LPs<br />
und ihren Fondsmanagern (General Partners,<br />
GPs) aus: Etwa die Hälfte der Anleger<br />
fordert, dass in den nächsten Jahren<br />
eine Beurteilung von Cyber-Risiken<br />
sowohl bei den GPs selbst als auch bei<br />
ihren Portfoliounternehmen vorgenommen<br />
wird.<br />
Die meisten LPs räumen ein, dass<br />
ihre Private-Equity-Renditen durch<br />
Änderungen in ihren eigenen Organisationen<br />
gesteigert werden könnten:<br />
- Zwei Drittel der LPs glauben, dass Änderungen<br />
bei der Rekrutierung von Personal<br />
und bei der Beschaffung zu höheren<br />
Renditen führen würden. - Drei Fünftel<br />
denken, dass eine Neugestaltung ihrer<br />
Investitionsentscheidungsprozesse die<br />
Renditen steigern würde. - Und die Hälfte<br />
ist der Ansicht, dass die Renditen durch<br />
Änderungen an ihren Governance- und<br />
Managementstrukturen erhöht werden<br />
könnten.<br />
Drei Viertel der Anleger glauben zudem,<br />
dass ihre Private-Equity-Programme durch<br />
die bessere Nutzung von Daten externer<br />
Anbieter optimiert werden könnten.<br />
"Private Equity bleibt eine renditestarke<br />
Anlageklasse", so Jeremy Coller, CIO von<br />
Coller Capital. "Es zeigt sich jedoch, dass<br />
die Ergebnisse der Limited Partners stark<br />
davon abhängen, wie sie am Markt agieren.<br />
<strong>Investoren</strong>, deren Strukturen oder<br />
Beschaffungsmodelle nicht zeitgemäß<br />
sind, werden nicht in der Lage sein, die<br />
Private-Equity-Renditen <strong>für</strong> die Begünstigten<br />
der Fonds zu optimieren."<br />
Michael Schad, Partner bei Coller Capital,<br />
merkt an: "Die Anlageklasse Private Equity<br />
ist weiterhin im Wachstumsmodus und<br />
die Renditen sind nach wie vor sehr stark.<br />
In einem insgesamt sehr positiven Marktumfeld<br />
ist es interessant zu sehen, dass<br />
LPs in den nächsten Jahren attraktive Investitionsmöglichkeiten<br />
unter anderem<br />
in Special Situations und Distressed Debt<br />
sehen - Marktbereiche, die von Volatilität<br />
und Problemen einzelner Unternehmen<br />
profitieren."<br />
Chancen und Risiken<br />
Die Anleger erwarten, dass sich die Aussichten<br />
<strong>für</strong> Private Equity sowohl kurz- als<br />
auch mittelfristig weltweit weiter verbessern<br />
werden. Die einzige Ausnahme ist<br />
der Private-Equity-Sektor in Nordamerika,<br />
dessen Aussichten kurzfristig als unsicherer<br />
eingeschätzt werden, was zum Teil<br />
auf Ungewissheit über mögliche steuerliche<br />
und regulatorische Änderungen sowie<br />
deren Folgen <strong>für</strong> den Sektor zurückzuführen<br />
ist. Der zuversichtliche Ausblick<br />
spiegelt die insgesamt positive Einschätzung<br />
der Anleger hinsichtlich der Aktienmärkte<br />
wider. Die Hälfte der LPs ist der<br />
Auffassung, dass sich das Verhältnis von<br />
Private Equity zu börsengehandeltem Beteiligungskapital<br />
in den nächsten Jahren<br />
zugunsten von Private Equity ändern wird<br />
50 Ausgabe September/2017
INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />
- nur 6 Prozent der LPs gehen von einer<br />
entgegengesetzten Entwicklung aus.<br />
Die optimistische Einschätzung der Limited<br />
Partners bedeutet aber nicht, dass<br />
sie blind gegenüber den Risiken der Anlageklasse<br />
sind. Neun von zehn LPs halten<br />
hohe Preise bei Investitionen <strong>für</strong> ein Risiko<br />
<strong>für</strong> die Private-Equity-Renditen - und weit<br />
mehr als die Hälfte (60 Prozent) sehen im<br />
Protektionismus eine echte Bedrohung.<br />
Fast alle Anleger rechnen mit weiterhin<br />
guten Chancen <strong>für</strong> Private-Equity-Investitionen<br />
im Bereich der Fintechs; so gehen<br />
etwa zwei Drittel der LPs von einem weiteren<br />
Wachstum des Marktsegments aus. Die<br />
Aussichten <strong>für</strong> Blockchain-Anwendungen<br />
werden hingegen als weniger sicher eingeschätzt.<br />
Nur ein Viertel der LPs ist überzeugt,<br />
dass diese Technologie in den nächsten<br />
fünf Jahren gute Perspektiven <strong>für</strong><br />
Private-Equity-Investitionen bietet.<br />
Plattformstrategien dürften weiterhin die<br />
Unterstützung von Anlegern erhalten.<br />
Zwei Drittel der LPs geben an, dass der<br />
erkennbare Einsatz dieser Strategien die<br />
zunehmende Fähigkeit der GPs widerspiegelt,<br />
Wert durch operative Verbesserungen<br />
zu schaffen, indem sie ihren Portfoliounternehmen<br />
mehr als nur finanzielle<br />
Unterstützung geben und weniger auf die<br />
Exzesse eines überhitzten Marktes setzen.<br />
Die Präferenzen der Anleger bei Investitionen<br />
im Energiesektor gehen regional<br />
stark auseinander, wobei LPs in Nordamerika<br />
Öl- und Gasinvestitionen gegenüber<br />
er<strong>neue</strong>rbaren Energien vorziehen und <strong>Investoren</strong><br />
in Europa und Asien-Pazifik er<strong>neue</strong>rbare<br />
Energien gegenüber fossilen<br />
Energiequellen bevorzugen.<br />
Quelle: © FotolEdhar - Fotolia.com<br />
An den Kreditmärkten sind die Anleger<br />
besonders an Special Situations und<br />
Distressed Debt interessiert - drei Viertel<br />
der LPs erwarten, dass diese Strategien in<br />
den nächsten Jahren attraktive Chancen<br />
bieten.<br />
Die meisten Limited Partners setzen weiterhin<br />
stark auf Private-Equity-Investitionen<br />
im asiatisch-pazifischen Raum, obwohl<br />
die bisherigen Renditen schwächer<br />
ausgefallen sind als in Nordamerika und<br />
Europa. Trotz des anhaltenden Engagements<br />
gibt mehr als die Hälfte der LPs an,<br />
bei der Wahl der GPs, Länder und Anlagestrategien<br />
in der Region selektiver vorzugehen.<br />
Viele Limited Partners erwarten, dass sich<br />
durch die jüngsten Veränderungen im ge-<br />
Ausgabe September/2017<br />
51
FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />
schäftlichen und wirtschaftlichen Umfeld<br />
Japans in den nächsten drei Jahren mehr<br />
Chancen <strong>für</strong> Private Equity ergeben werden.<br />
Mehr als 70 Prozent der LPs in der<br />
Region Asien-Pazifik sind dieser Ansicht,<br />
ebenso wie mehr als zwei Fünftel der LPs<br />
in Nordamerika und Europa.<br />
Beziehungen zwischen LPs und GPs<br />
Obwohl die Hurdle-Rates, also der vereinbarte<br />
Minimalerfolg eines Fonds, nach<br />
Ansicht der meisten Anleger derzeit auf<br />
einem angemessenen Niveau liegen, wären<br />
zwei von fünf LPs unter bestimmten<br />
Umständen bereit, eine geringere Hurdle-<br />
Rate in Kauf zu nehmen - zum Beispiel<br />
als Reaktion auf Renditeänderungen oder<br />
wenn im Gegenzug andere Bedingungen<br />
des Fonds angepasst werden.<br />
Die Transaktionsgebühren scheinen ein<br />
wichtiger, aber nicht entscheidender Faktor<br />
<strong>für</strong> die Fondsauswahl der LPs zu sein.<br />
Für Pensionsfonds hat das Thema offenbar<br />
die größte Bedeutung, wobei ein Drittel<br />
dieser Fonds Transaktionsgebühren als<br />
einen entscheidenden Faktor <strong>für</strong> <strong>neue</strong> Kapitalzusagen<br />
nennt.<br />
Autor: www.collercapital.com<br />
KPMG:<br />
Fintech-Investitionen nehmen Fahrt auf<br />
In Fintechs ist im zweiten Quartal dieses<br />
Jahres weltweit mehr als doppelt<br />
so viel Geld geflossen wie noch<br />
in den ersten drei Monaten 2017. Insgesamt<br />
wurden in Form von Venture Capital<br />
und Private Equity oder im Rahmen von<br />
Fusionen und Übernahmen umgerechnet<br />
rund 8,4 Milliarden Dollar in Start-ups der<br />
Finanzdienstleistungsbranche investiert<br />
(Q1: 3,6 Mrd. $). Europa liegt dabei im<br />
Trend: hier stiegen die Investitionen vom<br />
ersten zum zweiten Quartal von 880 Millionen<br />
auf über 2 Milliarden Dollar. Das<br />
zeigt der aktuelle „Pulse of Fintech“ von<br />
Quelle: © fotogestoeber - Fotolia.com<br />
KPMG, <strong>für</strong> den die weltweiten Investitionen<br />
in diesem Start-up-Segment regelmäßig<br />
analysiert werden.<br />
Trend geht hin zu B2B-Anwendungen<br />
Vor allem in den USA und in Europa zeichnet<br />
sich inzwischen ein <strong>neue</strong>r Trend ab.<br />
Fokussierten sich Fintechs bisher meist<br />
um Kundenanwendungen, widmen sie<br />
sich inzwischen immer mehr der Frage,<br />
wie sich Middle- und Backoffice-Prozesse<br />
bei Finanzdienstleistern effizienter gestalten<br />
lassen. Und so befinden sich unter den<br />
Top 10 Fintech-Deals im zweiten Quartal<br />
bereits drei aus dem B2B-Segment: CCH<br />
Tagetik (Italien/USA, 321 Mio. $), Pos<br />
Portal (USA, 158 Mio. $) und ITRS Group<br />
(England, 140 Mio. $). KPMG-Partner Sven<br />
Korschinowski: „Der Trend hin zu B2B-<br />
Anwendungen dürfte sich künftig noch<br />
verstärken, weil Banken gemerkt haben,<br />
dass sie ihre Kosten drastisch reduzieren<br />
müssen. Denn als Wettbewerber treten<br />
zunehmend auch Fintechs mit Banklizenz<br />
auf den Plan, bei denen das Verhältnis von<br />
52 Ausgabe September/2017
INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />
Aufwand und Ertrag nur ein Drittel von<br />
dem bei einer klassischen Bank beträgt.“<br />
Auch regulatorische Themen treiben<br />
den Markt<br />
Weiter im Aufwind befinden sich auch<br />
Start-ups, die sich Lösungen auf regulatorische<br />
Fragen widmen („Regtechs“).<br />
Hier flossen im ersten Halbjahr 2017 bereits<br />
591 Millionen Dollar im Rahmen von<br />
60 Deals. Zum Vergleich: Im gesamten<br />
Vorjahr waren es 91 Deals und 994 Millionen<br />
Dollar investiertes Kapital. Sven Korschinowski:<br />
„Die anhaltenden Aktivitäten<br />
deuten auf ein reges drittes Quartal 2017<br />
hin, zumal PSD2 und die <strong>neue</strong> EU-Datenschutz-Grundverordnung<br />
<strong>für</strong> zusätzliche<br />
Aufmerksamkeit in diesem Bereich sorgen.<br />
Auch bei Themen wie Blockchain, digitalen<br />
Währungen und rund um den Versicherungssektor<br />
dürfte sich bis Ende des<br />
Jahres noch einiges tun.“<br />
Autor: www.kpmg.com<br />
Forstimmobilienmarkt<br />
Deutschland im Fokus<br />
Der deutsche Wald als wertstabiles Investment<br />
Der deutsche Forstimmobilienmarkt<br />
rückt auf der Suche nach<br />
alternativen Anlagemöglichkeiten<br />
bei immer mehr <strong>Investoren</strong> ins<br />
Blickfeld. Mit mehr als 11 Mio. ha nehmen<br />
Wälder flächenmäßig etwa ein<br />
Drittel der Bundesrepublik ein und rangieren<br />
damit auf dem zweiten Platz –<br />
hinter der Landwirtschaft mit einem Flächenanteil<br />
von 52 %. Der Bestand von<br />
schätzungsweise 90 Mrd. Bäumen wird<br />
zukünftig aber noch wachsen: Zwischen<br />
2002 und 2012 nahm die Waldfläche um<br />
50.000 ha bzw. 0,4 % zu. Nichtsdestotrotz<br />
bilden Forstimmobilien ein kleines Marktsegment.<br />
Laut Savills sind die Wälder<br />
auf eine Vielzahl von Eigentümern verstreut.<br />
Ebenso kleinteilig ist auch der<br />
Transaktionsmarkt, der zusammen mit<br />
der Intransparenz eine Hürde <strong>für</strong> <strong>Investoren</strong><br />
darstellt. Zukünftig könnte die<br />
<strong>Assetklasse</strong> aber eine Institutionalisierung<br />
erfahren: Die Zusammenführung<br />
kleiner Flächen birgt ein großes Konsolidierungspotenzial<br />
und könnte Ertragssowie<br />
Wertsteigerungen mit sich bringen,<br />
da neben der Lage und der Qualität<br />
des Baumbestands die Grundstücksgröße<br />
maßgeblich preisbestimmend ist.<br />
Vom Betongold zur Holztruhe<br />
Die deutsche Immobilienlandschaft ist <strong>für</strong><br />
<strong>Investoren</strong> ein guter Nährboden <strong>für</strong> attraktive<br />
Investments. Doch trauen sich<br />
viele – vor allem <strong>institutionelle</strong> – Anleger<br />
meist nicht an alternative <strong>Assetklasse</strong>n<br />
heran. Während der Forstimmobilienmarkt<br />
in anderen Ländern bereits einen<br />
vergleichsweise hohen Stellenwert hat,<br />
bleibt er hierzulande eher die Ausnahme<br />
in den Portfolios. Dem vergleichsweise<br />
schweren Zugang zu diesem Immobiliensektor,<br />
begründet in dessen Kleinteiligkeit<br />
und Intransparenz, stehen Wertstabilität,<br />
eine Ertragsrendite von durchschnittlich<br />
2 % und ein großes Wachstumspotenzial<br />
gegenüber. Neben rund 5 % aus Fischerei<br />
und Jagd spielen auch die sonstigen Erträge<br />
nur eine untergeordnete Rolle, während<br />
mit 90 % ein Großteil des laufenden<br />
Einkommens mit dem Holzverkauf erwirtschaftet<br />
wird.<br />
„Diese regelmäßigen Erträge sind vorhersehbar<br />
und machen Forstimmobilien zusammen<br />
mit dem stabilen Bodenwert zu<br />
einer beständigen Anlageklasse“, erklärt<br />
Dr. Frank Urfer, Director Investment Ger-<br />
Ausgabe September/2017<br />
53
FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />
many und bei Savills verantwortlich <strong>für</strong><br />
Forestry & Agricultural Investment. „Zudem<br />
eignen sich Waldflächen gut <strong>für</strong> die<br />
Portfoliodiversifikation, da sie nur gering<br />
mit Aktien oder anderen <strong>Assetklasse</strong>n<br />
korrelieren.“<br />
Hochadel als dominierender<br />
Bestandshalter<br />
Mit etwa 2 Mio. Waldbesitzern ist die hiesige<br />
Eigentümerstruktur jedoch stark fragmentiert.<br />
Während insgesamt ein Drittel (33 %)<br />
der Forstflächen dem Staat sowie knapp<br />
ein Fünftel (19 %) verschiedenen Körperschaften<br />
zugeschrieben wird, befindet sich<br />
fast die Hälfte (48 % bzw. 5,5 Mio. ha) im<br />
Privatbesitz. Hier dominieren wiederum<br />
Adelsfamilien wie die Familie Hohenzollern<br />
mit circa 15.000 ha. In Bezug auf die<br />
Flächengrößen sind die Privatwälder gegenüber<br />
den Staats- und Körperschaftswäldern<br />
sehr kleinteilig. Im Schnitt sind<br />
diese lediglich 3 ha groß – nur 13 % des<br />
Privatwaldes übertreffen einen Wert von<br />
1.000 ha.<br />
Die gemeinnützige DBU Naturerbe GmbH<br />
führt mit 69.000 ha die Liste der Privatwaldeigentümer<br />
an. Zum Vergleich: Der<br />
Freistaat Bayern nennt als größter Waldbesitzer<br />
insgesamt 780.000 ha sein eigen.<br />
Baumbestand wächst –<br />
Das Transaktionsvolumen auch<br />
„Die zersplitterte Eigentümerschaft, das<br />
ausgeprägte Vertraulichkeitsinteresse vieler<br />
größerer Waldeigentümer und unzureichende<br />
Zahlen der Gutachterausschüsse<br />
machen den Forstimmobilienmarkt wesentlich<br />
intransparenter als andere Segmente“,<br />
erklärt Matthias Pink, Director<br />
/ Head of Research Germany bei Savills.<br />
Zwischen 2007 und 2014 wurden pro Jahr<br />
in etwa 22.000 Kauffällen rund 41.000 ha<br />
bzw. 320 Mio. Euro umgesetzt. Alle Werte<br />
waren im Betrachtungszeitraum sehr stabil<br />
und schwankten lediglich um etwa 10 % um<br />
den langjährigen Mittelwert, was <strong>für</strong> ein<br />
sehr konstantes Marktgeschehen spricht.<br />
Pro Transaktion wechselten in den letzten<br />
Jahren im Durchschnitt weniger als 2 ha<br />
<strong>für</strong> knapp 15.000 Euro den Eigentümer.<br />
Die größten Flächen pro Transaktion wurden<br />
in Brandenburg gehandelt. Während<br />
die Durchschnittsgröße hier bei 5,7 ha lag,<br />
wurde in Baden-Württemberg lediglich ein<br />
Wert von 0,22 ha erzielt. Das hängt zum<br />
einen damit zusammen, dass in den alten<br />
Bundesländern deutlich mehr kleinteilige<br />
Verkäufe stattfanden. In Baden-Württemberg<br />
wurden 2014 mit etwa 5.700 Kauffällen<br />
beispielsweise dreimal mehr Forstimmobilien<br />
gehandelt als in Brandenburg.<br />
54 Ausgabe September/2017
INVESTMENTS I FinanzBusinessMagazin<br />
Zum anderen liegt das Preisniveau in den<br />
<strong>neue</strong>n Bundesländern deutlich unter dem<br />
der alten Bundesländer. <strong>Investoren</strong> bezahlten<br />
z. B. in Sachsen-Anhalt im Schnitt<br />
2.500 Euro/ha – im teuersten Flächenland<br />
Baden-Württemberg hingegen 30.100<br />
Euro/ha. „Dies ist im Allgemeinen auf die<br />
generell hohen Grundstückspreise, die<br />
dichte Besiedelung, die positiven ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen sowie die<br />
relativ hohe Bodenmasse des Bundeslandes<br />
zurückzuführen. Am Bodensee<br />
wird beispielsweise viel Waldgrund von<br />
Schweizer <strong>Investoren</strong> aufgekauft. Zudem<br />
spielt auch die hiesige Bodenqualität<br />
eine gewichtige Rolle“, so Pink. „Die<br />
durchschnittlich deutlich geringere Fläche<br />
der Transaktionen in Baden-Württemberg<br />
spricht <strong>für</strong> ein starkes Engagement von<br />
Privatinvestoren und eine deutlich kleinteiligere<br />
Eigentümerstruktur, die es in dieser<br />
Form in Sachsen-Anhalt nicht geben<br />
dürfte.“<br />
Größe, Lage und Qualität des<br />
Baumbestands bestimmen Anlagewert<br />
Der Standort ist demnach eine stark preisbeeinflussende<br />
Variable. Während der Markt<br />
insgesamt wertstabil blieb, gibt es große<br />
Preisdifferenzen auf Ebene der Bundesländer.<br />
Spitzenreiter sind mit 42.900 Euro/ha<br />
Bremen und Hamburg. Hier war der Flächenumsatz<br />
mit nur 7 ha entsprechend gering,<br />
was aber auch auf die hohe Bevölkerungsdichte<br />
sowie die begrenzte Flächenkapazität<br />
zurückzuführen ist. In den Stadtstaaten<br />
steht logischerweise weniger Produkt zur<br />
Verfügung als in Baden-Württemberg und<br />
Bayern, die mit 1,4 Mio. ha bzw. 2,6 Mio.<br />
ha die absolut größte Waldfläche aufweisen.<br />
Rheinland-Pfalz und Hessen sind mit<br />
einem Anteil von 42 % am dichtesten bewaldet.<br />
Außerdem bestimmen die Nähe zu<br />
Großstädten sowie Art, Qualität und Alter<br />
der Bestockung wesentlich den Kaufpreis.<br />
Der Preis einer Forstimmobilie wird dementsprechend<br />
durch Größe, Lage und Qualität<br />
des Baumbestands bestimmt. Größere Flächen<br />
sind meist attraktiver <strong>für</strong> <strong>institutionelle</strong><br />
Anleger. Je nach Preisniveau rechnete sich<br />
ein Investment <strong>für</strong> sie im Jahr 2014 erst ab<br />
30 ha in Baden-Württemberg bzw. 400 ha<br />
in Sachsen-Anhalt – auf Basis der aktuellen<br />
Zahlen stiegen diese Werte allerdings noch<br />
weiter an. Nur ab einer bestimmten Fläche<br />
werden auch die Erträge durch Holz, Jagd<br />
und Fischerei attraktiv – Eigenjagden sind<br />
zum Beispiel erst ab einer Grundstücksgröße<br />
von 75 ha möglich.<br />
Zusammenlegung von Flächen<br />
als Hebel <strong>für</strong> Ertrags- und<br />
Wertsteigerungen<br />
Da sowohl die Waldfläche als auch der<br />
Holzvorrat weltweit abnimmt, versprechen<br />
Forstimmobilien ein langfristiges<br />
Wertwachstum – Grund und Boden sowie<br />
Baumbestand sind gute Wertspeicher. „Die<br />
jährliche Ertragsrendite liegt bereits seit<br />
Jahren bei rund 2 %. Kalkuliert man die<br />
Bodenwertsteigerungen mit ein, könnte in<br />
den kommenden Jahren eine Gesamtrendite<br />
von mindestens 4 % erzielt werden.<br />
Der Rohstoff Holz gewinnt auch als Energieträger<br />
wieder mehr an Bedeutung, sodass<br />
die Erträge weiter steigen werden“,<br />
so Urfer. „Auch hier heißt es ,Lage, Lage,<br />
Lage‘, da die Nähe zu Hauptabnehmern<br />
wie Sägewerken als maßgeblicher Standortfaktor<br />
fungieren wird.“ Matthias Pink<br />
ergänzt: „Werfen wir einen Blick in die<br />
USA, nach Finnland oder Schottland fällt<br />
auf, dass der dortige Handel mit Forstimmobilien<br />
weitaus aktiver ist. Grund hier<strong>für</strong><br />
ist, dass die dortigen Märkte transparenter<br />
und bei weitem nicht so kleinteilig sind wie<br />
die Forstlandschaft hierzulande. Durch die<br />
Zusammenfügung kleiner Flächen könnte<br />
neben Ertrags- und Wertsteigerungen<br />
auch die Rendite erhöht werden, was auch<br />
den deutschen Markt <strong>für</strong> Institutionelle<br />
attraktiv machen würde.“<br />
Autor: www.savills.de<br />
Quelle: © duncanandison - Fotolia.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
55
FinanzBusinessMagazin I INVESTMENTS<br />
Versicherungsgesellschaften investieren<br />
vornehmlich in Finanzprodukte aus dem<br />
Euroraum<br />
Statistik über Versicherungsgesellschaften im Euro-Währungsgebiet<br />
Der von Versicherungsgesellschaften<br />
im Euroraum gehaltene Gesamtbestand<br />
an Schuldverschreibungen<br />
verringerte sich von 3 339 Mrd € im ersten<br />
Vierteljahr auf 3 325 Mrd € im zweiten<br />
Quartal 2017, was einem Anteil von<br />
43 % der gesamten Aktiva dieses Sektors<br />
entsprach. Der Rückgang des Bestands an<br />
Schuldverschreibungen war hauptsächlich<br />
durch Nettoveräußerungen im Umfang<br />
von 17 Mrd € begründet, die durch Preisänderungen<br />
und sonstige Veränderungen<br />
im Umfang von 4 Mrd € teilweise kompensiert<br />
wurden.<br />
Den zweitgrößten Anteil an den Gesamtaktiva<br />
machten Investmentfondsanteile einschließlich<br />
Geldmarktfondsanteilen (25 %)<br />
aus. Der Wert dieser gehaltenen Anteile stieg<br />
im zweiten Quartal 2017 auf 1 961 Mrd € nach<br />
1 902 Mrd € im Vorquartal, was auf Transaktionen<br />
im Volumen von 50 Mrd € sowie Preisänderungen<br />
und sonstige Veränderungen im<br />
Umfang von 11 Mrd € zurückzuführen war.<br />
Die gebietsansässigen Versicherungsgesellschaften<br />
investieren vornehmlich in<br />
Finanzprodukte aus dem Euroraum. So<br />
stammten im Berichtsquartal 81 % der<br />
von ihnen gehaltenen Schuldverschreibungen,<br />
92 % der Investmentfondsanteile<br />
und 73 % der börsennotierten Aktien von<br />
Institutionen mit Sitz im EuroWährungsgebiet.<br />
Die versicherungstechnischen Rückstellungen<br />
beliefen sich im zweiten Vierteljahr<br />
2017 auf insgesamt 5 911 Mrd €,<br />
verglichen mit 5 915 Mrd € im vorangegangenen<br />
Quartal; davon waren 91 % den<br />
Lebensversicherungen zuzuschreiben.<br />
Der Bestand an fondsgebundenen Produkten<br />
lag bei 1 110 Mrd € und entsprach<br />
19 % aller versicherungstechnischen<br />
Rückstellungen im Bereich Leben.<br />
Autor www.Bundesbank.de<br />
Quelle: © Mustafa Sen - Fotolia.com<br />
56 Ausgabe September/2017
FINANZMÄRKTE I FinanzBusinessMagazin<br />
McKinsey-Studie: Globalisierung<br />
der Finanzmärkte hat sich verändert<br />
Weltweit haben Banken immer<br />
weniger Interesse an Kreditgeschäften<br />
im Ausland und konzentrieren<br />
sich stattdessen auf ihre Heimmärkte.<br />
Die globalen grenzüberschreitenden<br />
Kapitalflüsse sind seit dem Höchststand<br />
2007 um 65% zurückgegangen, von damals<br />
12,4 Bio. auf 4,3 Bio. US-Dollar im<br />
Jahr 2016. In Deutschland sind die Auslandsforderungen<br />
im gleichen Zeitraum<br />
um 52% gesunken. Bei den größten deutschen<br />
Banken haben sich ausländische<br />
Vermögenswerte von 1,9 Bio. auf 0,8 Bio.<br />
Dollar mehr als halbiert. Anders sieht es<br />
bei den globalen Auslandsinvestitionen<br />
aus: Sie sind im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung<br />
(BIP) heute auf dem Niveau von<br />
2007. Weltweit werden aktuell 27% aller<br />
Aktien von ausländischen <strong>Investoren</strong> gehalten,<br />
2000 waren es nur 17%. Auf den<br />
Anleihemärkten liegt der Anteil internationaler<br />
<strong>Investoren</strong> sogar bei 31% (2000:<br />
18%). Dies sind die zentralen Ergebnisse<br />
einer <strong>neue</strong>n Studie des McKinsey Global<br />
Institute (MGI) mit dem Titel "The new<br />
dynamics of financial globalization". Das<br />
MGI hat da<strong>für</strong> die in- und ausländischen<br />
Kapitalströme in 100 Ländern untersucht.<br />
Europäische und globale Banken auf<br />
dem Rückzug<br />
Die Banken der Eurozone waren 2007<br />
weltweit die am stärksten globalisierten<br />
Finanzinstitute. Seither sind ihre Auslandsforderungen<br />
um 45% zurückgegangen.<br />
Insgesamt stießen Banken zwischen<br />
2007 und 2016 weltweit mindestens 2 Bio.<br />
US-Dollar an Vermögenswerten ab, davon<br />
über die Hälfte durch europäische<br />
Institute. Die Gründe <strong>für</strong> diesen Rückzug<br />
Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />
sind dem MGI zufolge vielfältig: neu bewertete<br />
Länderrisiken; die Einsicht, dass<br />
der Heimmarkt mit hohen Marktanteilen<br />
lukrativ ist; nationale Richtlinien, die die<br />
Vergabe von Krediten im Inland befördern;<br />
Kapital- und Liquiditätsvorgaben,<br />
die das komplexe Auslandgeschäft weniger<br />
attraktiv machen. "Die Banken ziehen<br />
sich aus Ländern und Märkten zurück, auf<br />
denen ihnen die Größe oder das Alleinstellungsmerkmal<br />
fehlt. Mehr als die Hälfte<br />
der Korrektur entfällt auf Interbankkredite<br />
und Schuldverschreibungen vor allem in<br />
der Eurozone. Diese waren vor der Krise<br />
exzessiv gewachsen. Es wurde sozusagen<br />
der Reset-Knopf gedrückt", sagt Eckart<br />
Windhagen, Seniorpartner bei McKinsey in<br />
Frankfurt und Co-Autor der Studie. "Dieser<br />
Prozess ist noch nicht abgeschlossen."<br />
Deutschland in der<br />
Finanzverknüpfung auf Platz 5<br />
Auch wenn die Finanzinstitute ihr Auslandsgeschäft<br />
stark zurückgefahren haben,<br />
bleiben die globalen Finanzmärkte<br />
eng verwoben, und es nehmen heute mehr<br />
Länder an den globalen Finanzströmen teil<br />
als jemals zuvor. Aus seiner Analyse der<br />
Ausgabe September/2017<br />
57
FinanzBusinessMagazin I FINANZMÄRKTE<br />
Quelle: © psdesign1 - Fotolia.com<br />
gesamten ausländischen Vermögenswerte<br />
und Verbindlichkeiten von 100 Ländern<br />
hat das MGI ein Financial Connectedness<br />
Ranking entwickelt. Es zeigt: Entwickelte<br />
Volkswirtschaften und internationale Finanzzentren<br />
sind weiterhin am stärksten<br />
ins globale Finanzsystem integriert.<br />
Deutschland belegt in diesem Ranking hinter<br />
den USA, Luxemburg, dem Vereinigten<br />
Königreich und den Niederlanden Rang 5<br />
und steht <strong>für</strong> 6% der ausländischen Investitionen<br />
weltweit. Knapp die Hälfte davon<br />
entfällt auf die Eurozone, 16% auf Großbritannien<br />
und 11% auf die USA. Global<br />
gesehen war Deutschland 2016 mit 8 Mrd.<br />
US-Dollar Investitionen im Ausland und<br />
Investitionen aus dem Ausland in Höhe<br />
von 6,6 Mrd. Dollar ein Nettozahler. Aufstrebende<br />
Volkswirtschaften holen jedoch<br />
auf: Sie halten mittlerweile 15% aller<br />
ausländischer Anlagewerte (2007: 8%).<br />
China stieg von Rang 15 2005 auf jetzt<br />
Rang 8. Die Auslandskredite, Direktinvestitionen<br />
und Aktien- und Bondportfolios<br />
Chinas zusammengenommen überstiegen<br />
2016 zum ersten Mal die ausländischen Devisenreserven<br />
der chinesischen Zentralbank.<br />
Mehr Stabilität im weltweiten<br />
Finanzsystem - Risiken bleiben<br />
"Die Globalisierung der Finanzmärkte verspricht<br />
<strong>für</strong> die Zukunft mehr Stabilität,<br />
wesentliche Indikatoren haben sich verbessert",<br />
so Windhagen. So ist der Anteil<br />
der wenig volatilen Direktinvestitionen<br />
und Eigenkapitalströme an den grenzüberschreitenden<br />
Finanzflüssen von 36% auf<br />
69% gestiegen. Zudem sind die globalen<br />
Ungleichgewichte in den Leistungs-, Kapital-<br />
und Vermögensbilanzen von 2,5% des<br />
globalen BIP im Jahr 2007 auf 1,7% 2016<br />
zurückgegangen. Die Studie zeigt auch:<br />
Heute tragen mehr Länder zur Allokation<br />
von Kapital bei als 2007. Damals hatten<br />
die USA noch 67% des globalen Kapitals<br />
absorbiert, heute hat sich dieser Anteil<br />
halbiert. Aufstrebende Volkswirtschaften<br />
sind dagegen zum ersten Mal seit zehn<br />
Jahren wieder zu Nettoempfänger der globalen<br />
Kapitalströme geworden.<br />
"Die Risiken sind heute vorwiegend im<br />
ausländischen Kreditgeschäft zu orten.<br />
Dessen Volatilität kann große Auswirkungen<br />
auf Volkswirtschaften und Wechselkurse<br />
haben", beschreibt Windhagen<br />
die aktuelle Entwicklung. Weitere Risiken<br />
lägen in den stark erhitzten Aktienmärkten<br />
sowie im Aufstieg von <strong>neue</strong>n Finanzzentren,<br />
denen es zum Teil an Transparenz<br />
mangele. "Neue digitale Plattformen, die<br />
Blockchain-Technologie und das Machine<br />
Learning können in Zukunft <strong>für</strong> grenzüberschreitende<br />
Kapitalströme <strong>neue</strong> Kanäle<br />
und Möglichkeiten eröffnen, bergen aber<br />
auch unbekannte und schwer einschätzbare<br />
Risiken."<br />
Autor: www.mckinsey.de<br />
58 Ausgabe September/2017
FINANZMÄRKTE I FinanzBusinessMagazin<br />
Zahl der Reichen in China steigt rasant an<br />
In China wächst der Reichtum mit<br />
atemberaubendem Tempo. Die Privatvermögen<br />
der Chinesen werden<br />
dieses Jahr um 14 Prozent auf insgesamt<br />
188 Billionen Renminbi (rund 28 Billionen<br />
US-Dollar) steigen. Das prognostiziert der<br />
aktuelle "China Private Wealth Report",<br />
den die internationale Managementberatung<br />
Bain & Company gemeinsam mit der<br />
China Merchants Bank bereits zum fünften<br />
Mal herausgibt. Im Rahmen der Studie<br />
wurden in diesem Jahr rund 3.300 Personen<br />
befragt.<br />
Demnach hat sich der Wert des Privatbesitzes<br />
in China zwischen 2006 und 2016<br />
versechsfacht - auf nunmehr 165 Billionen<br />
Renminbi (rund 24 Billionen US-Dollar).<br />
Zugleich stieg die Zahl der Hochvermögenden,<br />
die über mindestens 10 Millionen<br />
Renminbi (rund 1,5 Millionen US-Dollar)<br />
verfügen, von 180.000 auf gut 1,6 Millionen<br />
Chinesen. Auf ein Vermögen von mehr<br />
als 100 Millionen Renminbi (rund 15 Millionen<br />
US-Dollar) kommen etwa 116.000<br />
Chinesen. Diese Gruppe der Superreichen<br />
hatte 2006 gerade einmal 7.000 Menschen<br />
umfasst.<br />
Der Reichtum verteilt sich heute gleichmäßiger<br />
über das Land als noch vor zehn<br />
Jahren. Zwar finden sich die Hochvermögenden<br />
weiterhin vor allem in den Megastädten<br />
und in den Küstenregionen. Doch<br />
leben inzwischen in 22 der 34 Provinzen<br />
der Volksrepublik jeweils mindestens<br />
20.000 Reiche. "Der immense Zuwachs an<br />
Vermögenden in China und deren Vertrauen<br />
in Vermögensverwalter bietet einheimischen,<br />
aber auch ausländischen Finanzdienstleistern<br />
große Geschäftschancen",<br />
betont Dr. Nikola Glusac, Bain-Partner und<br />
Wealth-Management-Experte.<br />
Tatsächlich verlassen sich nahezu zwei<br />
Drittel der reichen Chinesen bei ihrer<br />
Geldanlage auf professionelle Vermögensverwalter.<br />
Dabei haben sich die Prioritäten<br />
verschoben: Stand <strong>für</strong> die Hochvermögenden<br />
2009 noch die Vermehrung ihres<br />
Besitzes im Vordergrund, konzentrieren<br />
sie sich heute vor allem auf dessen Erhalt<br />
und möchten ihr Erbe ordnen. Da<strong>für</strong> wollen<br />
40 Prozent der Superreichen ein Family<br />
Office nutzen. Auch Geldanlagen im Ausland<br />
halten sie zunehmend <strong>für</strong> attraktiv.<br />
Bereits 56 Prozent der reichen Chinesen<br />
besitzen Assets in Übersee. Im Jahr 2011<br />
waren es lediglich 19 Prozent gewesen.<br />
Vermögende Chinesen setzen <strong>neue</strong><br />
Prioritäten<br />
Chinas Reiche sind höchst anspruchsvolle<br />
Kunden<br />
Bei der Wahl ihres Vermögensverwalters<br />
zählt <strong>für</strong> 61 Prozent die Reputation eines<br />
Finanzinstituts. Dessen Expertise nennen<br />
58 Prozent als entscheidendes Kri-<br />
Ausgabe September/2017<br />
59
FinanzBusinessMagazin I FINANZMÄRKTE / BANKEN<br />
terium. Wollen Finanzdienstleister die extrem<br />
wohlhabenden Chinesen als Kunden<br />
<strong>für</strong> sich gewinnen, genügt es allerdings<br />
nicht, sich allein auf ihren guten Ruf und<br />
Standardangebote zu verlassen. Die Herausforderungen<br />
<strong>für</strong> in- wie ausländische<br />
Finanzinstitute sind enorm. "Jeder einzelne<br />
Kunde ist ausgesprochen anspruchsvoll",<br />
stellt Bain-Experte Glusac fest. Und er fügt<br />
hinzu: "Auf die besonderen Bedürfnisse gehen<br />
die besten Vermögensverwalter ebenso<br />
gezielt ein wie auf die individuellen Lebenswege.<br />
Gleichzeitig sind sie in der Lage,<br />
mit modernster Technologie schnell und in<br />
höchster Qualität immer <strong>neue</strong> Angebote zu<br />
machen, die diese Klientel einfordert."<br />
China Merchants Bank<br />
Die in Shenzhen ansässige Geschäftsbank<br />
wurde 1987 gegründet und zählt mittlerweile<br />
zu den führenden Finanzinstituten in<br />
China. Das Filialnetz deckt in erster Linie<br />
die hoch entwickelten Regionen wie das<br />
Yangtze-Delta und das Perlflussdelta ab.<br />
Die China Merchants Bank ist zudem in bedeutenden<br />
Städten anderer chinesischer<br />
Provinzen sowie im Ausland vertreten. Sie<br />
bedient neben zahlreichen Firmenkunden<br />
auch gut 91 Millionen Privatkunden. Rund<br />
60.000 Vermögende nehmen ihre Angebote<br />
im Private-Banking wahr.<br />
Autor: www.bain.com<br />
Deutsche Privatbanken bleiben im<br />
europäischen Wettbewerb weiter zurück<br />
aktuelles Ranking unter Europas Retail Banken:<br />
Deutschland und Österreich bei Kosten Schlusslicht<br />
"Die europäischen Banken haben immer<br />
noch stark mit dem Niedrigzinsumfeld zu<br />
kämpfen und leiden unter dem gedämpften<br />
realwirtschaftlichen Aufschwung. Entsprechend<br />
belastet ist ihre Performance",<br />
resümiert Mischa Koller, Manager <strong>für</strong> Financial<br />
Services bei A.T. Kearney und Co-<br />
Autor der Studie, die Ergebnisse des aktuellen<br />
"Retail Banking Radar".<br />
Der Retail Banking Radar der Managementberatung<br />
untersucht seit 2007 jährlich<br />
die Performance europäischer Retail<br />
Banken und erlaubt damit einen umfassenden<br />
und einzigartigen Einblick in die<br />
Stärken und Schwächen der Privatkundenbanken<br />
in Europa - und in die Position<br />
der deutschen Institute im europäischen<br />
Wettbewerb. Für die aktuelle Studie wurden<br />
die Daten von fast 100 Privatkundenbanken<br />
und Bankengruppen in 22 europäischen<br />
Ländern hinsichtlich der Kriterien<br />
Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter, Gewinn<br />
pro Kunde, Cost-Income-Ratio und Kreditrisikovorsorgequote<br />
untersucht.<br />
Europaweit verbucht die Branche erstmals<br />
seit 2011 einen Ertragsrückgang Koller:<br />
"Obwohl das Einlagen- und Kreditvolumen<br />
weitergewachsen ist, konnte dies den anhaltenden<br />
Margenverfall nicht kompensieren.<br />
Erschwerend kommen in Ländern wie<br />
Italien und Portugal erneut faule Kredite<br />
hinzu." Die Fortschritte, so Koller, die die<br />
Banken im vergangenen Jahr erzielt hätten,<br />
seien wieder verloren.<br />
Deutschlands Profitabilität liegt mit 153 Euro<br />
Gewinn pro Kunde weiter unter dem europäischen<br />
Durchschnitt. "Denn", so merkt Koller<br />
an, "die deutschen Privatkundenbanken<br />
haben immer noch nicht zur Genüge die<br />
Gelegenheit einer strukturellen Bereinigung<br />
genutzt". Die Achillesferse der deutschen<br />
(wie auch österreichischen) Privatkundenbanken<br />
sei weiterhin die Kosteneffizienz<br />
60 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
- mittlerweile die schlechteste in Europa.<br />
Die deutschen Institute hätten zwar in den<br />
letzten Jahren den Filialabbau (14 Prozent)<br />
vorangetrieben, doch andere europäischen<br />
Banken, beispielsweise in Großbritannien,<br />
seien effektiver (30 Prozent).<br />
Trotz insgesamt positiven wirtschaftlichem<br />
Umfeld bleibt das europäische Privatkundensegment<br />
weiterhin stark unter Druck.<br />
Aufgrund der niedrigen Zinsmarge sank der<br />
durchschnittliche jährliche Ertrag pro Kunde<br />
um drei Prozent auf 633 Euro. Zusätzlich<br />
stieg die Risikovorsorge um 20 Prozent, insbesondere<br />
in Portugal und Österreich. Dies<br />
konnte durch eine um zwei Prozent höhere<br />
Produktivität pro Mitarbeiter nicht ausgeglichen<br />
werden, so dass der Gewinn je<br />
Kunde sich um 14 Prozent verschlechterte.<br />
Das Ergebnis der deutschen Privatkundenbanken<br />
ist im Vergleich zu westeuropäischen<br />
Instituten besser, wenn auch nicht<br />
zufriedenstellend. Den deutschen Instituten<br />
ist es trotz Interchange-Regulierung<br />
unter anderem durch leistungsgerechte<br />
Bepreisung von Basisprodukten gelungen,<br />
die Provisionserlöse um 0,7 Prozent zu<br />
steigern - was allerdings nicht ausreichend<br />
war, um die weiter erodierende Zinsmarge<br />
wettzumachen. Obwohl der Ertrag zurückgegangen<br />
ist, konnten die deutschen Retail<br />
Banken mit Kosteneinsparungen und Bewertungseffekten<br />
die Gewinne stabil halten.<br />
Das bessere Abschneiden im westeuropäischen<br />
Vergleich verdanken die deutschen<br />
Privatkundenbanken auch den besseren<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.<br />
Der Anstieg des Geschäftsvolumens (Einlagen<br />
und Kredite) im letzten Jahr lag in<br />
Deutschland mit 3,9 Prozent deutlich über<br />
dem westeuropäischen Durchschnitt von<br />
3,1 Prozent. Dennoch rutschten die deutschen<br />
Institute bei der Kosteneffizienz<br />
weiter ab und liegen auch unter Berücksichtigung<br />
der historisch niedrigen deutschen<br />
Risikovorsorgequoten nur im letzten<br />
Drittel.<br />
Als Best Champion wurde in diesem Jahr die<br />
BAWAG <strong>für</strong> den deutschsprachigen Raum<br />
ausgezeichnet. Seit ihrer Akquisition durch<br />
Cerberus hat sie ihre Produkt- und Vertriebskomplexität<br />
reduziert, die Nutzung<br />
digitaler Kanäle intensiviert und die Mitarbeiterproduktivität<br />
verbessert. Das Ergebnis:<br />
Senkung der Kosten in den vergangenen<br />
zwei Jahren um 16 Prozent. Auch die<br />
ING-DiBa fällt im deutschsprachigen Raum<br />
durch eine überdurchschnittliche Performance<br />
(mehr als 10 Prozent) beim Ertrag<br />
pro Kunde auf. Die Gründe: überdurchschnittliches<br />
Wachstum im Geschäftsvolumen,<br />
steigende Erträge aus dem Depotgeschäft<br />
und die Vernetzung mit einer stark<br />
wachsenden Wholesale-Banking-Division.<br />
Ferner können auch Zukäufe ein Erfolgsrezept<br />
sein, wie das Beispiel der Banca<br />
Transilvania aus Rumänien, ebenfalls ein<br />
europäischer Musterschüler, zeigt: Mit der<br />
Übernahme der Volksbank Romania, die<br />
sie in Rekordzeit von acht Monaten nach<br />
Closing in das operative Geschäft integriert<br />
hat, ist sie zum Marktführer im hochprofitablen<br />
und wachstumsstarken Segment <strong>für</strong><br />
klein- und mittelständische Unternehmen<br />
aufgestiegen. Das Ergebnis: Steigerung<br />
des Ertrags pro Kunde um 23 Prozent in<br />
nur zwei Jahren.<br />
Quelle: © alswart - Fotolia.com<br />
"Die deutschen Privatkundenbanken müssen<br />
sich noch stärker auf strukturelle Verbesserungen<br />
konzentrieren und die Chancen<br />
ihres positiven Wirtschaftsumfelds<br />
nutzen", empfiehlt Koller: "Da sie kaum<br />
Spielraum auf der Zinsseite haben, gilt die<br />
Devise: Provisionserlöse um fast 30 Prozent<br />
steigern und die Kosten um nahezu<br />
20 Prozent senken, um eine Cost-Income-<br />
Ratio von 60 Prozent zu erzielen: <strong>Eine</strong><br />
große Herausforderung."<br />
Autor: www.atkearney.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
61
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Nur jeder fünfte Banken-Firmenkunde<br />
ist profitabel<br />
Die anhaltend niedrigen Zinsen decken<br />
die Schwächen der Banken<br />
im bisher noch profitablen Corporate-<br />
Banking auf. Weltweit tragen laut der<br />
Studie "How Banks Can Turn Around Unprofitable<br />
Corporate Clients" der internationalen<br />
Managementberatung Bain & Company<br />
derzeit lediglich rund 20 Prozent der<br />
Firmenkunden zum Gewinn einer multinationalen<br />
Bank bei. 50 Prozent kreisen um<br />
den Break-Even, 30 Prozent sind Verlustbringer.<br />
Der Gewinn könnte indes schon<br />
deutlich steigen, würde eine Bank bei ihren<br />
unprofitabelsten Kunden, dies sind<br />
etwa 1 Prozent, kostendeckende Preise<br />
erheben oder sich von ihnen trennen.<br />
"Die meisten Banken haben ihre Kostenstruktur<br />
bereits erfolgreich gestrafft<br />
oder sind gerade dabei. Sie können<br />
also bei anziehender Weltkonjunktur<br />
mit höheren Gewinnen rechnen", stellt<br />
Dr. Jan-Alexander Huber fest, Bain-<br />
Partner und Co-Autor der Studie. "Allerdings<br />
verdeckt diese Entwicklung das<br />
Problem unprofitabler Firmenkunden, die<br />
auch bei steigenden Zinsen ein Klotz<br />
am Bein der Banken bleiben." Kosten<br />
und Risiken in einem Geflecht von Geschäftseinheiten,<br />
IT-Systemen und Datenbanken<br />
einzelnen Kunden korrekt<br />
zuzurechnen, ist nicht einfach. Doch<br />
der Aufwand lohnt sich. "<strong>Eine</strong> solide<br />
Datenbasis ist in Preisverhandlungen<br />
eine deutlich bessere Gesprächsgrundlage",<br />
so Huber. Darüber hinaus lässt<br />
sich durch die Trennung von unprofitablen<br />
Kunden das freiwerdende Kapital<br />
anderswo effizienter einsetzen.<br />
Hoffnungsträger<br />
schwächelt<br />
Provisionsgeschäft<br />
Den besonders bei deutschen Banken<br />
großen Handlungsbedarf unterstreicht<br />
die jüngste Ausgabe des Bain-Corporate-Banking-Index.<br />
Er ging im zweiten<br />
Halbjahr 2016 in den beiden Dimensionen<br />
Ertrag und Profitabilität erneut<br />
leicht zurück. Die Erträge im Firmenkundengeschäft<br />
verharren damit bereits<br />
seit vier Jahren mehr oder minder<br />
auf dem gleichen Niveau. Die Profitabilität<br />
sank in diesem Zeitraum um gut<br />
30 Prozent (Abb. 1). Zwar profitierten<br />
die Institute bei den Erträgen zuletzt<br />
von einer regen Kreditnachfrage. Mit<br />
1.036 Milliarden Euro erreichten die<br />
Darlehen an Firmenkunden im zweiten<br />
Halbjahr 2016 ein <strong>neue</strong>s Rekordniveau<br />
(Abb. 2). Doch da<strong>für</strong> schwächelte der<br />
Hoffnungsträger Provisionsgeschäft -<br />
und hier vor allem das Cross-Selling.<br />
73 Prozent der Erträge der Banken resultieren<br />
damit nach wie vor aus dem<br />
Zinsüberschuss.<br />
Die Kreditmarge der Finanzinstitute stabilisierte<br />
sich mit 1,4 Prozent zumindest<br />
temporär. "Doch eine Trendwende ist nicht<br />
in Sicht", betont Branchenkenner Dr. Chri-<br />
62 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
stian Graf, Principal bei Bain & Company.<br />
Dessen ungeachtet konzentrieren<br />
sich einzelne Banken mit Erfolg auf bestimmte<br />
Kunden und Produkte. "Wer<br />
sich intensiv mit der Profitabilität<br />
seiner Kunden auseinandersetzt,<br />
kann selbst im hart umkämpften<br />
Kreditgeschäft attraktive Margen<br />
erzielen", so Graf. Positiv beeinflusst<br />
hat die Profitabilität zuletzt auch die<br />
unter den historischen Durchschnittswerten<br />
liegende Kreditrisikovorsorge.<br />
Bei den Kosten zahlen sich die Anstrengungen<br />
der vergangenen Jahre langsam<br />
aus. Der Verwaltungsaufwand ist im zweiten<br />
Halbjahr 2016 gesunken und hat damit<br />
zu einer Stabilisierung der Cost-Income-Ratio<br />
beigetragen. Da jedoch die<br />
Eigenkapitalanforderungen weiter gestiegen<br />
sind, fiel die Eigenkapitalrendite vor<br />
Steuern um einen weiteren Punkt auf 13<br />
Prozent. Damit liegt sie zwar weiter über<br />
den Kapitalkosten, bleibt jedoch unter<br />
ihren Möglichkeiten. "Die Konzentration<br />
auf profitable Kunden kann das Firmenkundengeschäft<br />
wieder zu einer echten<br />
Ertragsperle machen", ist Bankenexperte<br />
Huber überzeugt.<br />
Profitabilität pro Kunde wird zur<br />
wichtigen Entscheidungsgrundlage<br />
Genau diesen Weg beschreiten Vorreiter<br />
in der Finanzwelt. Sie segmentieren ihre<br />
Kunden nach Profitabilität und berücksichtigen<br />
dabei auch Faktoren wie Unternehmensgröße<br />
und zukünftiges Geschäftspotenzial.<br />
Diese Segmentierung bestimmt<br />
das Handeln der Bank über den gesamten<br />
Lebenszyklus des Kunden hinweg:<br />
- Onboarding. Das zukünftige Ertragspotenzial<br />
eines Kunden fließt bereits<br />
Quelle: © arsdigital - Fotolia.com<br />
in die Entscheidung über die Aufnahme<br />
einer Geschäftsbeziehung ein.<br />
- Deal-Pricing. Kennt die Bank die Profitabilität<br />
eines Firmenkunden, fällt es ihr<br />
im konkreten Fall leichter zu entscheiden,<br />
ob sie gegen Dumping-Angebote der Konkurrenz<br />
mitbietet und so die Kundenbeziehung<br />
vertieft - oder nicht.<br />
- Budgetplanung. Bei den Vorreitern<br />
basieren Planungsprozesse unter anderem<br />
auf individuellen Kundenprofilen<br />
und Prognosen über zukünftige Ertragschancen<br />
eines Kunden.<br />
- Kundenmanagement. Je nach Konjunktur-<br />
und Branchenzyklus kann die Profitabilität<br />
von Firmenkunden erheblich<br />
schwanken. <strong>Eine</strong> Zwei- oder sogar Vierjahresperspektive<br />
glättet Verwerfungen<br />
und erleichtert fundierte Entscheidungen.<br />
Autor: www.bain.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
63
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Private Banking in der Schweiz –<br />
eine Branche im Umbruch<br />
Kostensteigerungen führen zu kritischer Profitabilität |<br />
Anzahl der Privatbanken in zehn Jahren um 30 % geschrumpft |<br />
„Weiter so“ keine Lösung<br />
Die Private-Banking-Industrie in der<br />
Schweiz befindet sich im Umbruch.<br />
Zwar können die Schweizer Institute<br />
nach wie vor auf ihre traditionellen Alleinstellungsmerkmale<br />
wie Sicherheit, Stabilität,<br />
Vertrauen und Tradition setzen. Auch ist<br />
es den Banken gelungen, den aussergewöhnlichen<br />
Boomzyklus der Wirtschaft<br />
in den letzten Jahren <strong>für</strong> sich zu nutzen.<br />
Dennoch hat sich die Ertragssituation im<br />
Schweizer Private Banking deutlich zugespitzt.<br />
So hat die Kombination aus konstant<br />
fallenden Bruttomargen und einem<br />
«teuren» Wachstum der Kundenvermögen,<br />
das mit gleichlaufenden Kostensteigerungen<br />
einhergeht, inzwischen zu einer im<br />
Durchschnitt kritischen Profitabilität der<br />
Institute geführt. Dies ist das zentrale Ergebnis<br />
der aktuell veröffentlichten Schweizer<br />
Private Banking Study von zeb. Die Strategie-<br />
und Managementberatung, spezialisiert<br />
auf die Beratung von Unternehmen<br />
der Financial-Services-Industrie, hat in<br />
den letzten Monaten den Private-Banking-<br />
Sektor in der Schweiz intensiv untersucht<br />
und analysiert, welche Herausforderungen<br />
sich <strong>für</strong> die Zukunft ergeben und wie Banken<br />
diesen gegensteuern können.<br />
Brutto- und Ergebnismargen<br />
sinken weiter<br />
Wie die Studie im Einzelnen ergab, sind<br />
die Assets under Management (AuM) im<br />
Schweizer Private Banking trotz Konsolidierung<br />
in den vergangenen fünf Jahren<br />
um rund 3.2 % pro Jahr gewachsen, wovon<br />
allerdings nur wenige Institute überproportional<br />
profitieren konnten. Beim<br />
untersuchten Bankensample von 24 Instituten<br />
sind rund 70 % des gesteigerten<br />
Kundenvermögens der letzten Jahre auf<br />
M&A oder Marktperformance zurückzuführen.<br />
Das eigentliche Net New Money, also die<br />
reine Vertriebsleistung der Banken, fiel<br />
vergleichsweise gering aus.<br />
Die Profitabilität der Privatbanken geriet<br />
damit stark unter Druck. Mittlerweile<br />
ist die Bruttomarge im Schweizer<br />
Private-Banking-Markt auf rund 82 bps<br />
gesunken. Ein Grund hier<strong>für</strong> war das<br />
weitere Abschmelzen bzw. vollständige<br />
Auflösen des „Offshore-Premiums“.<br />
Auch konnten trotz steigender AuM<br />
kaum Skaleneffekte realisiert werden,<br />
was in einer proportional mitwachsenden<br />
Kostenbasis resultierte. Insgesamt<br />
wiesen die untersuchten Institute eine<br />
durchschnittliche Ergebnismarge von<br />
rund 20 bps auf – aus Sicht von zeb ein<br />
kritischer Wert. <strong>Eine</strong> Abhängigkeit des<br />
Margenverfalls von der Grösse der Institute<br />
konnte die Studie nicht belegen.<br />
Betrachtet man die strukturelle Marktentwicklung,<br />
zeigt sich, dass die Konsolidierung<br />
der Schweizer Private-Banking-Industrie<br />
weiter anhält: So ist die<br />
Zahl Privatbanken im Zehnjahresvergleich<br />
um 30 % Prozent von 186 auf<br />
130 Institute geschrumpft. 39 der 56<br />
geschlossenen Banken sind der Bankengruppe<br />
der „ausländisch beherrschten“<br />
Institute zuzurechnen.<br />
64 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
Ausblick –<br />
Weiter wie bisher ist keine Lösung<br />
zeb hat im Rahmen einer Szenariorechnung<br />
analysiert, wie „wetterfest“ die<br />
aktuellen Geschäftsmodelle im Schweizer<br />
Private Banking sind. Basierend auf<br />
einem Sample von 24 Banken, die ca.<br />
40 % der AuM des gesamten Markts<br />
repräsentieren, wurde der Einfluss von<br />
drei potenziell realistisch erwartbaren<br />
Zukunftsszenarien auf die Ergebnissituation<br />
der Banken abgeschätzt. Die Studienautoren<br />
legten dabei eine statische<br />
Fortschreibung der PB-Aktivitäten ohne<br />
sofortiges Gegensteuern durch gezielte<br />
Massnahmen zugrunde.<br />
Szenarioannahmen <strong>für</strong> Simulation<br />
bis 2021:<br />
Szenario 0 – „Fortschreibung der aktuellen<br />
Entwicklung“: Weitere Steigerung<br />
von AuM (+6.3 % p. a.) und Kostensteigerungen<br />
fast im Gleichschritt (+5<br />
% p. a.). Gleichzeitig weiteres Absinken<br />
der Bruttomargen auf 76 bps im<br />
Jahre 2021.<br />
Szenario 1 – „Positives Szenario“: Steigerung<br />
der AuM (+5 % p. a.) vor allem<br />
getrieben durch Vertriebsleistungen<br />
und dadurch geringere Kostensteigerung<br />
(+2 % p. a.), Stabilisierung der<br />
Bruttomarge auf aktuellem Niveau.<br />
Szenario 2 – „Negatives Szenario“:<br />
Einbruch der AuM (-2 % p. a.), eingeschränkte<br />
Möglichkeiten zum Kostensparen<br />
(+-0 %) und weiteres Absinken<br />
der Bruttomargen auf 75 bps bis 2021.<br />
Bei allen drei Szenarien wurde ein negativer<br />
Einmaleffekt von 2 bps auf die<br />
Ergebnismarge aufgrund FIDLEG/MiFID<br />
II berücksichtigt.<br />
Die Resultate der Simulationen zeigen,<br />
dass die Ergebnismarge bei Fortschreibung<br />
der aktuellen Entwicklung (Szenario<br />
0) im Jahre 2021 im Durchschnitt<br />
bei 17 bps läge. Damit wären fünf Banken<br />
nicht mehr profitabel, weitere 15<br />
Banken lägen unter dem kritischen Wert<br />
von 20 bps. Diese Rechnung verdeutlicht,<br />
dass ein Festhalten an aktuellen<br />
Geschäfts- und Organisationsmodellen<br />
keine nachhaltige Lösung <strong>für</strong> die Zukunft<br />
sein kann. Im „positiv“ gerechneten<br />
Szenario 1 lägen zwar mehr als die<br />
Hälfte der Ergebnisse im „gesunden“<br />
Bereich. Dennoch würden auch hier<br />
zwei Institute unprofitabel arbeiten.<br />
Bei Zugrundelegung des Negativszenarios<br />
würde kein Institut im „gesunden“<br />
Bereich verbleiben. Rund die Hälfte der<br />
Samplebanken wäre in einer Krisensituation<br />
unprofitabel, die andere Hälfte<br />
läge im kritischen Bereich.<br />
Heinz Rubin,<br />
geschäftsführender Partner zeb.<br />
Schweiz, bemerkt abschliessend:<br />
«Die diesjährige Studie verdeutlicht,<br />
dass trotz insgesamt freundlicher wirtschaftlicher<br />
Rahmenbedingungen die<br />
Ergebnisse der Banken auf einer zerbrechlichen<br />
Basis stehen. Ohne Einleiten wirkungsvoller<br />
Gegenmassnahmen wird<br />
sich der Konsolidierungsprozess im Private<br />
Banking in der Schweiz unvermindert<br />
fortsetzen. Manager vieler Banken<br />
sind gefordert, ihre Visionen <strong>für</strong> das<br />
Private Banking in der Schweiz neu zu<br />
skizzieren und darauf ausgerichtet das<br />
Business- und Operating Modell anzupassen.<br />
Ein ‘Weiter wie bisher’ ist <strong>für</strong><br />
die meisten Private-Banking-Anbieter<br />
keine Option.»<br />
Axel Sarnitz, Partner und Leiter der<br />
Practice Group Private Banking bei<br />
zeb, ergänzt:<br />
»Schweizer Banken besitzen gute Voraussetzungen,<br />
um sich international<br />
im Private Banking zu behaupten – der<br />
Standort Schweiz ist und bleibt <strong>für</strong> Privatanleger<br />
attraktiv. Das heisst jedoch<br />
nicht, dass alles so bleiben kann wie<br />
bisher. Aus unserer Sicht werden 2021<br />
vor allem jene Institute erfolgreich<br />
sein, denen es gelingt, ihre Vertriebsleistung<br />
über einen tatsächlichen Mehrwert<br />
<strong>für</strong> Kunden zu steigern. Digitalisierung<br />
und Innovationsfähigkeit sind<br />
dabei wichtige Voraussetzungen, um<br />
dieses Ziel zu erreichen.»<br />
Autor: www.zeb.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
65
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Schweizer Banking Report 2017:<br />
Digitalisiertes Retailbanking<br />
<strong>für</strong> zukunftsfeste Ertrags- und<br />
Kostenstrukturen<br />
Noch ist die Lage der Schweizer<br />
Inlandsbanken zufriedenstellend<br />
- obwohl das durchschnittliche<br />
Aufwand-Ertrag-Verhältnis in den letzten<br />
fünf Jahren um etwa 6 Prozentpunkte<br />
stieg und die Eigenkapitalrendite um fast<br />
ein Fünftel auf 5,7 Prozent sank. Damit<br />
die Situation stabil bleibt, müssen die<br />
Banken strukturelle Schwächen sowohl auf der<br />
Kosten- als auch der Ertragsseite beheben,<br />
die durch Markttrends wie die Digitalisierung<br />
aktuell zusätzlich verstärkt werden.<br />
Dies erfordert in den nächsten Jahren eine<br />
Reihe taktischer Optimierungen und strategische<br />
Transformationen der Geschäftsmodelle.<br />
Zu diesen Ergebnissen kommt die<br />
Strategieberatung Oliver Wyman in ihrem<br />
grossangelegten Schweizer Banking Report<br />
2017, der die Situation und Perspektiven<br />
des inländischen Bankenmarktes der<br />
Schweiz analysiert. Für die Studie untersuchten<br />
die Berater mehr als 300 ausgewählte<br />
Inlandsbanken.<br />
Expandierendes Kredit- und Einlagevolumen<br />
förderte in den letzten Jahren das Wachstum<br />
der im Schweizer Inlandsgeschäft<br />
tätigen Banken. Trotz sinkender Margen<br />
konnten sie den Gesamtertrag durch die<br />
Erhöhung der Bilanzsummen und der damit<br />
verbundenen Risiken stabil halten.<br />
Dazu wurde das Hypothekengeschäft um<br />
jährlich 4,5 Prozent im Zeitraum von 2011<br />
bis 2016 ausgeweitet. Allerdings sinkt das<br />
Kreditwachstum bereits seit einiger Zeit,<br />
so dass Geschäftsmodelle und Strategien<br />
nicht mehr auf weiteres Wachstum des<br />
Kreditvolumens über der Rate des BIPs<br />
setzen können.<br />
Die derzeitige Abhängigkeit der Banken<br />
vom Zinsgeschäft ist ein Klumpenrisiko.<br />
Der Ertragsanteil liegt aktuell bei 55 Prozent,<br />
bei kleineren Instituten macht er sogar<br />
bis zu 80 Prozent der Gesamterträge<br />
aus. Doch langfristig prognostiziert Oliver<br />
Wyman bis 2022 nur noch ein Minimalwachstum<br />
der Zinserträge von einem Prozent<br />
pro Jahr. Alternative Ertragsquellen<br />
müssen viele Banken jedoch erst aktiv<br />
ausbauen oder neu erschliessen, um zusätzliches<br />
Wachstum generieren zu können.<br />
Zu solchen möglichen Ertragsquellen<br />
zählen Provisionen und Handelserträge,<br />
Erträge aus dem Wealth und Asset Management,<br />
dem Geschäft mit kleinen und<br />
mittelständischen Unternehmen, sowie<br />
dem Verkauf von Versicherungsprodukten.<br />
Steigende Kosten erzwingen<br />
Investitionen zur Verbesserung<br />
des Bankbetriebes<br />
Während im europäischen Bankensektor<br />
insgesamt ein Beschäftigungsabbau statt-<br />
66 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
fand, diagnostizieren die Oliver Wyman-<br />
Berater bei den betrachteten Schweizer<br />
Banken hohe Personalkostenblöcke durch<br />
jährlich um 0,4 Prozent wachsende Beschäftigtenzahlen<br />
sowie Personalkosten,<br />
die pro Mitarbeiter jedes Jahr um 1,7 Prozent<br />
steigen. Die Kosten wachsen damit<br />
deutlich schneller als die Erträge. Dies erfordert<br />
ein aktives Management, um die<br />
negative Entwicklung des Aufwand-Ertrag-<br />
Verhältnisses zu stoppen. Hier sind Investitionen<br />
notwendig, um die strukturelle<br />
Kostenspirale nachhaltig zu durchbrechen.<br />
Insbesondere muss in die End-to-End-<br />
Automatisierung sowie die Standardisierung<br />
der Kernbetriebsprozesse sowie das<br />
Back- und Middle-Office investiert werden.<br />
"Retailbanken müssen jetzt Wege finden,<br />
die Stagnation ihres Zinsgeschäfts mit<br />
Provisions-, Handels- und sonstigen Erträgen<br />
zu kompensieren. Paradoxerweise<br />
bedeutet das zunächst mehr Ausgaben <strong>für</strong><br />
Digitalisierung, um langfristig die Kosten<br />
im operativen Betrieb senken zu können",<br />
umreisst Tobias Würgler, Partner bei Oliver<br />
Wyman und Leiter der Schweizer Banking<br />
Practice, die Aufgaben der Banken. Mut<br />
zu unkonventionellen Strategien, um die<br />
Kostenstrukturen zu verbessern? Schweizer<br />
Retailbanken werden als Ergebnis der<br />
Studie ihre Strategien grundlegend überdenken<br />
müssen. Dazu gehören folgende<br />
Massnahmen:<br />
• Verschlankung des Serviceangebots<br />
über Filialen: Bisher leisten sich die<br />
Schweizer Banken ein sehr dichtes<br />
Filialnetz. Doch bereits die jährlichen<br />
Kosten <strong>für</strong> kleine Filialen mit Bargeldverkehr<br />
summieren sich schnell zu<br />
Beträgen im mittleren sechsstelligen<br />
Bereich. In Skandinavien und den Benelux-Ländern<br />
dagegen bieten Banken<br />
nicht einmal mehr halb so viele<br />
Filialen pro Einwohner an. Die Zukunft<br />
liegt in bargeldlosen Filialen an guter<br />
Passantenlage, wo Kunden primär beraten<br />
werden.<br />
• Zukünftig werden ausserdem häufiger<br />
Kooperationen zwischen Retailbanken<br />
zu beobachten sein: Dies umfasst beispielsweise<br />
die Nutzung von Shared<br />
Services, wie gemeinsame Netzwerke<br />
von Geldautomaten, Hypothekarprozessen,<br />
Abwicklungsplattformen oder<br />
das Teilen von sonstigen Kostenblöcken,<br />
die nicht zum Kerngeschäft gehören.<br />
Selbst gemeinsam betriebene<br />
Filialen sind denkbar.<br />
Am Ende geht es um die Kunden -<br />
Digitale Zugänge und personalisierte<br />
Lösungen<br />
Die Kundenbeziehungen der Banken sind<br />
bedroht: <strong>Eine</strong>rseits drängen Versicherungen<br />
und Pensionskassen in das bisher<br />
zu 95 Prozent bankendominierte Hypothekargeschäft,<br />
andererseits versuchen Nichtbanken-Aggregatoren<br />
und Drittanbieter<br />
Kundeninteraktionskanäle zu besetzen und<br />
damit die Banken von ihren Kunden abzukoppeln.<br />
Daher investieren Retailbanken<br />
massiv in die Digitalisierung der Kommunikations-<br />
und Interaktionsschnittstellen.<br />
Allerdings bergen <strong>neue</strong> digitale Angebote<br />
und Zugangsmöglichkeiten <strong>für</strong> die Kunden<br />
die Gefahr, lediglich die Kosten der Banken<br />
zu steigern. Daher ist eine zeitgleiche,<br />
grundlegende Transformation des Bankengeschäftsmodells<br />
wichtig. "Schweizer<br />
Banken müssen vermeiden, die Kostenstruktur<br />
mit einer zusätzlichen 'digitalen<br />
Kostenschicht' dauerhaft aufzublähen und<br />
so noch mehr Komplexität in ihre Prozesse<br />
zu bringen", warnt Roger Stettler, Principal<br />
und Retailbanking-Experte bei Oliver Wyman<br />
in Zürich.<br />
Der Schweizer Banking Report kommt daher<br />
zu dem Schluss, dass schweizerische<br />
Retailbanken dringend ein digitales "Target<br />
Operating Model" entwickeln müssen. Dieses<br />
sollte eigene Omni-Channel-Schnittstellen<br />
zur Kundeninteraktion umfassen,<br />
sowie einen zentralen Datenpool, von<br />
dem ausgehend automatisch individuelle<br />
Lösungen <strong>für</strong> Kunden entwickelt werden<br />
können. "Solche Veränderungen sind ein<br />
Neuanfang' auf der "grünen Wiese" im<br />
Banking: mühsam, zunächst kostenintensiv,<br />
aber langfristig strukturell ertragssteigernd<br />
und kostensenkend", fasst Würgler<br />
die Aufgabe der Banken zusammen.<br />
Autor: www.oliverwyman.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
67
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Luxemburger Privatbanken müssen sich<br />
konsequent neu ausrichten<br />
zeb. Private-Banking-Studie Luxemburg<br />
Der Private-Banking-Sektor im Großherzogtum<br />
Luxemburg befindet sich<br />
in einer entscheidenden Umbruchphase.<br />
Gelingt es den dortigen hoch spezialisierten<br />
Privatbanken nicht, sich rechtzeitig<br />
auf die <strong>neue</strong>n Rahmenbedingungen<br />
einzustellen, müssen sie trotz partiell guten<br />
Krisenmanagements in den letzten<br />
Jahren mit empfindlichen Ertragsrückgängen<br />
rechnen. Dies sind die zentralen Ergebnisse<br />
der <strong>neue</strong>n Private-Banking-Studie<br />
von zeb <strong>für</strong> den Standort Luxemburg.<br />
Die Strategie- und Managementberatung,<br />
führend in der europäischen Financial-Services-Industrie,<br />
hatte Anfang des Jahres<br />
detailliert untersucht, welche Herausforderungen<br />
die Luxemburger Privatbanken<br />
im Private-Banking-Geschäft zu erwarten<br />
haben und wie sie gezielt darauf reagieren<br />
können.<br />
Die erstmals durchgeführte Studie zeigt<br />
auf, wie marktseitige und vor allem regulatorische<br />
Veränderungen um den Wegfall<br />
des Bankgeheimnisses den Luxemburger<br />
Private-Banking-Sektor bereits in den<br />
vergangenen Jahren vor große Herausforderungen<br />
gestellt haben. „Auf den ersten<br />
Blick haben die Institute gut darauf<br />
reagiert und den Abzug von Geldern aus<br />
dem Affluent-Segment durch die Akquise<br />
hochvermögender Neukunden kompensieren<br />
können. Auf den zweiten Blick jedoch<br />
wird deutlich, dass das erzielte Wachstum<br />
der Assets under Management (AuM) mit<br />
deutlichen Margenrückgängen bezahlt<br />
werden musste“, so zeb-Partner und Studieninitiator<br />
Axel Oliver Sarnitz.<br />
Insgesamt dürften die Ergebnisse der Institute<br />
bei Fortschreibung aktueller Trends<br />
oder auch nur einer leichten Verschlechterung<br />
weiter unter Druck geraten. „Setzen<br />
sich die Entwicklungen der letzten<br />
Jahre fort, sinkt die durchschnittliche Ergebnismarge<br />
im Jahr 2020 auf nur noch<br />
etwas über 20 Basispunkte – das ist <strong>für</strong><br />
externe <strong>Investoren</strong> eine kritische Schwelle“,<br />
unterstreicht Studienleiter Arnd Heßeler,<br />
Executive Manager Luxemburg bei<br />
zeb. „Und weitere Aufgaben warten. So<br />
müssen die Luxemburger Institute klare<br />
Antworten auf die Digitalisierung und die<br />
dadurch dramatisch veränderten Kundenanforderungen<br />
finden.“<br />
Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />
Fortsetzung des Status quo ist keine<br />
Option<br />
Im Einzelnen ergab die Studie, dass<br />
Luxemburgs Private-Banking-Sektor zwischen<br />
2011 und 2015 trotz hoher regulatorischer<br />
und marktseitiger Herausforderungen<br />
nahezu konstante Ergebnisse<br />
erzielen konnte. Der Ergebnisrückgang<br />
von lediglich 5 % in diesem Zeitraum lässt<br />
nach Ansicht von zeb bei einem AuM-<br />
Wachstum von etwa 21 % jedoch auf eine<br />
deutliche Margenerosion schließen, die<br />
Banken im Wettbewerb um ihre <strong>neue</strong> Zielgruppe<br />
hochvermögender Kunden in Kauf<br />
nehmen mussten.<br />
Auf Basis eines Banken-Samples errechneten<br />
die Studienautoren, wie sich die Ergebnismargen<br />
in drei Szenarien bis 2020<br />
68 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
verändern werden. Das Kernergebnis: Nur<br />
bei einer äußerst positiven Entwicklung<br />
werden die Institute ihre Ergebnismargen<br />
ausbauen können – selbst bei Fortschreibung<br />
der aktuellen Rahmenbedingungen<br />
ohne aktives Gegensteuern wird es zu<br />
einem Margenrückgang kommen, im negativsten<br />
Fall sogar in Richtung Null.<br />
Neue Herausforderungen warten<br />
Aktuell laufen die Luxemburger Private-<br />
Banking-Institute im Wettbewerb um die<br />
wenigen hochvermögenden Kunden Gefahr,<br />
zu verwechselbar zu werden. „Wollen<br />
die Banken weiterhin ihre Margen erwirtschaften,<br />
müssen sie sich mit einem klaren<br />
USP am Markt positionieren“, so Sarnitz.<br />
Zusätzlich sind die Banken gefordert,<br />
wesentlich konsequenter<br />
auf veränderte Kundenanforderungen<br />
zu reagieren.<br />
„Echte Kundenbindung<br />
wird vor allem durch herausragende<br />
Kundenerlebnisse<br />
geschaffen, die den<br />
Einsatz digitaler Tools und<br />
Lösungen erfordern“, führt<br />
Sarnitz weiter aus.<br />
Vor diesem Hintergrund<br />
werden digitale Wettbewerber<br />
wie etwa Robo-Advisors <strong>für</strong> Kunden<br />
immer attraktiver. Ein Hybridmodell aus<br />
persönlicher Beratung und automatisierten<br />
Anlageentscheidungen bietet nach Ansicht<br />
von zeb echte Chancen, auch in höheren<br />
Vermögenssegmenten Marktanteile zu gewinnen.<br />
Daneben werden unvermeidliche<br />
Investitionen <strong>für</strong> Regulatorik und IT nach<br />
Ansicht der Autoren auch zukünftig das Ergebnis<br />
belasten und allein <strong>für</strong> sich große<br />
Herausforderungen darstellen.<br />
Luxemburg mit guten<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> die strategische<br />
Weiterentwicklung<br />
Grundsätzlich bietet Luxemburg nach Ansicht<br />
der Studienautoren gute Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> den Private-Banking-Sektor.<br />
So verfügt das Großherzogtum über eine<br />
hervorragende technische Infrastruktur,<br />
gut ausgebildetes Personal, EU-Zugang<br />
sowie den Euro als Landeswährung. Hinzu<br />
kommen die Abdeckung mehrerer Zeitzonen,<br />
hohe Datenschutzstandards sowie<br />
ein mehrsprachiges Umfeld.<br />
Die Autoren zeigen vor diesem Hintergrund<br />
drei strategische Stoßrichtungen<br />
<strong>für</strong> Privatbanken in Luxemburg auf: Zunächst<br />
können Institute den eingeschlagenen<br />
Weg in Richtung internationales<br />
Wealth Management weiter beschreiten,<br />
wenn sie sich konsequent auf die Besonderheiten<br />
des Segments mit einem individualisierten<br />
Geschäftsmodell fokussieren.<br />
Hierzu gehört u. a. ein Fokus auf klar definierte<br />
Märkte und Kundengruppen sowie<br />
eine Ansprache der Kunden durch Relationship<br />
Manager auf Augenhöhe. Alternativ<br />
ist aus Sicht von zeb die Nutzung der bestehenden<br />
Infrastruktur<br />
in Luxemburg<br />
zum Aufbau<br />
eines EU Hub <strong>für</strong><br />
digitales Private<br />
Banking primär<br />
im Affluent-Segment<br />
erfolgversprechend.<br />
Nicht<br />
zuletzt können<br />
gerade international<br />
aufgestellte<br />
Privatbanken die<br />
skizzierten Standortvorteile nutzen, um<br />
Luxemburg als eine von wenigen global<br />
verteilten Buchungsplattformen zu etablieren<br />
und dabei in hohem Maße Synergieeffekte<br />
und Einsparpotenziale zu realisieren.<br />
Quelle: © Photographee.eu - Fotolia.com<br />
Die Unternehmensgruppe zeb ist an 17<br />
Standorten in 13 Ländern tätig und bietet<br />
maßgeschneiderte und flexible Beratungskompetenz<br />
über die gesamte Wertschöpfungskette<br />
von Finanzdienstleistern – von<br />
der Strategie über die Restrukturierung<br />
und den Vertrieb bis hin zur Unternehmenssteuerung,<br />
dem Human Capital und<br />
der IT. Mit nahezu 1.000 Mitarbeitern und<br />
über 190 Millionen Euro Umsatz in 2016<br />
ist zeb inzwischen die Nr. 1 der Strategieund<br />
Managementberatungen <strong>für</strong> Banken,<br />
Sparkassen, Versicherer und andere Finanzdienstleister<br />
in Europa.<br />
Autor: www.zeb.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
69
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
World Retail Banking Report 2017:<br />
Open Banking verspricht<br />
attraktives Ertragspotenzial <strong>für</strong> Banken<br />
Die Open-Banking-Entwicklung ist<br />
kaum noch aufzuhalten. Banken<br />
riskieren dabei den Verlust ihrer<br />
bedeutenden Rolle als Finanzintermediär,<br />
wenn sie nicht ein eigenes Modell zur zukünftigen<br />
Kundeninteraktion finden und<br />
sich dabei auch Drittangeboten von Fin-<br />
Techs sowie weiterer Partnern öffnen. Die<br />
Finanzinstitute könnten gemeinsam mit<br />
FinTechs die Open-Banking-Bewegung<br />
anführen, indem sie ihren Kunden innovative<br />
und personalisierte Dienstleistungen<br />
anbieten, die sowohl <strong>neue</strong>s Ertragspotenzial<br />
bieten als auch einen Mehrwert <strong>für</strong> die<br />
Kunden darstellen. Das zeigt der World<br />
Retail Banking Report 2017 von Capgemini<br />
und der Efma.<br />
"Open Banking bietet Banken die Gelegenheit,<br />
ihren Kunden attraktive, individuelle<br />
Produkte und Dienstleistungen von<br />
Drittanbietern zu offerieren. Sie können<br />
so die Kundenbindung steigern und sind<br />
darüber hinaus attraktiv <strong>für</strong> potenzielle<br />
Neukunden. Doch sie brauchen eine strategische<br />
Weitsicht, um nicht langfristig<br />
von den FinTechs aus dem Markt gedrängt<br />
zu werden", sagt Klaus-Georg Meyer, Leiter<br />
Business & Technology Consulting<br />
<strong>für</strong> Finanzdienstleister bei Capgemini in<br />
Deutschland.<br />
API eröffnet den Weg zur<br />
Open Banking Transformation<br />
Die Zusammenarbeit von Banken und Fin-<br />
Techs beim Open Banking ist <strong>für</strong> beide Seiten<br />
ein Gewinn. Insbesondere <strong>für</strong> die Banken<br />
gilt dabei: Obwohl die bereitgestellten<br />
Programmierschnittstellen (Application<br />
Programming Interfaces - API) einige Herausforderungen<br />
in Sachen Sicherheit und<br />
Quelle: © Rawpixel - Fotolia.com<br />
Datenschutz bergen, sind sie der zentrale<br />
Erfolgsfaktor, da sie den Kreditinstituten<br />
ermöglichen, vom Erfindungsreichtum der<br />
FinTechs zu profitieren, ohne ihre eigene<br />
komplexe Infrastruktur anzutasten.<br />
"Die erfolgreichsten Banken werden auf<br />
der Basis von API <strong>neue</strong> Ertragspotenziale<br />
generieren und mehr Informationen über<br />
ihre Kunden erhalten, während sie gleichzeitig<br />
das Kundenerlebnis verbessern";<br />
sagt Vincent Bastid, Generalsekretär der<br />
Efma. "Bereits heute setzen viele Banken<br />
API <strong>für</strong> einen besseren Informationsfluss<br />
zwischen ihren internen IT-Systemen ein.<br />
Und wir sehen auch schon einige frühe<br />
Nutzer, die ihre Rolle im Open Banking abstecken,<br />
indem sie proaktiv ihre Systeme<br />
und Datenbestände <strong>für</strong> Drittanbieter öffnen<br />
und <strong>neue</strong> Umsatzerlöse generieren."<br />
Zusammenarbeit ist der Schlüssel<br />
zum Erfolg beim Open Banking<br />
Wie genau die Entwicklung zum Open Banking<br />
vonstattengehen wird, ist noch ungewiss.<br />
<strong>Eine</strong> knappe Mehrheit von FinTech-<br />
Unternehmen (53,8 Prozent) aber auch<br />
viele Banken (43,5 Prozent) prognostizieren<br />
eine Zukunft, in der beide gemeinsam<br />
branchenübergreifende Plattformen entwickeln,<br />
auf der sich ergänzende Dienst-<br />
70 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
leistungen angeboten werden. Etwas weniger<br />
wahrscheinlich, aber immer noch<br />
realistisch ist das Szenario, dass Banken<br />
weiterhin Produkte und Services anbieten,<br />
den Vertrieb aber FinTechs, sogenannten<br />
BigTechs wie Apple oder Amazon oder<br />
auch anderen <strong>neue</strong>n offenen Plattformen<br />
überlassen. Das hat den Vorteil der sinkenden<br />
Vertriebskosten, birgt aber das<br />
Risiko, Markensichtbarkeit und auch Kundenzugang<br />
zu verlieren. Dieses Zukunftsszenario<br />
wird von etwas weniger als der<br />
Hälfte der Fintechs (47,8 Prozent) gesehen<br />
und von nur 28,8 Prozent der Banken.<br />
Der Wille zur Zusammenarbeit zwischen<br />
FinTechs und Banken steht dabei außer<br />
Frage. Fast alle Banken (91,3 Prozent) sowie<br />
ein Großteil der FinTechs (75,3 Prozent)<br />
gehen davon <strong>für</strong> die Zukunft aus. Die<br />
Banken werfen dabei den Zugang zu ihren<br />
Quelle: © ArchMen - Fotolia.com<br />
Ressourcen, Erfahrung und Know-how in<br />
die Waagschale. FinTechs hingegen bieten<br />
Agilität, Schnelligkeit im Marktauftritt und<br />
einen unvergleichlichen Ansatz der Kundenzentrierung.<br />
Der Kauf von FinTechs<br />
durch Banken spielt jedoch fast keine Rolle<br />
(4,3 Prozent), andersherum schon gar<br />
nicht (0 Prozent). Durch die Zusammenarbeit<br />
und mit Hilfe der API können Banken<br />
und Fintechs ihre jeweilige Stärke ausspielen<br />
und damit die Kundenbedürfnisse<br />
weit besser abdecken als jeder <strong>für</strong> sich.<br />
"Viele Unternehmen am Markt verstehen,<br />
dass Open Banking die <strong>neue</strong> Realität ist.<br />
Aber sie wissen nicht, wie sie damit umgehen<br />
sollen", erläutert Klaus-Georg Meyer<br />
von Capgemini.<br />
FinTechs erzielen bessere Werte bei<br />
der Kundenerfahrung<br />
Die FinTechs verstehen sehr gut, was genau<br />
Kunden wollen. Das ist eine Bedrohung<br />
<strong>für</strong> die etablierte Bank-Kunden-Beziehung.<br />
Amazon, Apple oder Facebook<br />
haben mit ihren Dienstleistungen den Maßstab<br />
<strong>für</strong> Kundenerfahrung gesetzt - etwas,<br />
das Kunden nun auch von ihrer Bankbeziehung<br />
erwarten. Aus diesem Grund nehmen<br />
Kunden auch die Dienstleistungen von Fin-<br />
Techs an: 40,3 Prozent sagen, die <strong>neue</strong>n<br />
Anbieter bieten eine positive Erfahrung, im<br />
Vergleich dazu tun dies 37,1 Prozent bei<br />
Banken. Der Abstand ist dabei in Nordamerika<br />
am größten (57,8 Prozent gegenüber<br />
49,5 Prozent), gleiches gilt <strong>für</strong> die Antworten<br />
junger, techologieaffiner Kunden: Sie<br />
würden am ehesten FinTechs nutzen.<br />
"APIs machen Innovationen wie auch positive<br />
Kundenerfahrungen einfacher, indem<br />
sie das Wissen von Banken und FinTech<br />
zusammenbringen. Um Open Banking<br />
<strong>für</strong> alle Beteiligten zum Erfolg zu führen,<br />
müssen Banken und FinTechs frühzeitig<br />
einheitliche Governance und Technologie-<br />
Standards definieren. Hinzu kommt, dass<br />
viele Banken auch noch ihre Rolle im Open<br />
Banking finden müssen", so Meyer abschließend.<br />
Autor: www.capgemini.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
71
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Jede vierte Bank kämpft ums Überleben<br />
Bain-Studie zur Lage der Kreditinstitute in Europa<br />
Kapitalerhöhungen, Teilverkäufe, Abbau<br />
von Risiken und Personal: Die<br />
europäischen Banken haben in den<br />
vergangenen zehn Jahren viele Register<br />
gezogen, um die Finanzkrise hinter sich zu<br />
lassen. Doch nur 38 Prozent der größeren<br />
Institute in Europa stehen gut da. Dagegen<br />
ist der Zustand von mehr als einem<br />
Viertel äußerst besorgniserregend. Das<br />
zeigt die Studie "Battle of the Banks: The<br />
Fight for Profitable Business Models in Europe"<br />
der internationalen Managementberatung<br />
Bain & Company, <strong>für</strong> die insgesamt<br />
111 Kreditinstitute analysiert wurden.<br />
"Die Krise der europäischen Banken ist<br />
längst noch nicht ausgestanden", erklärt<br />
Dr. Dirk Vater, Bain-Partner und Leiter<br />
der Praxisgruppe Banken in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz. Er warnt jedoch<br />
davor, die Sorgenkinder der Branche<br />
vorschnell abzuschreiben: "Unsere Analyse<br />
zeigt, dass Banken mit einer klaren<br />
Strategie und mutigen Entscheidungen innerhalb<br />
von drei bis fünf Jahren gesunden<br />
können."<br />
Profitabilität deutscher Banken<br />
zu gering<br />
Der bereits zum vierten Mal durchgeführte<br />
Gesundheitscheck von Bain ordnet<br />
die Banken in einem Scoring-Modell vier<br />
Kategorien zu: entlang der beiden Achsen<br />
Profitabilität und Effizienz sowie Bilanz<br />
und Finanzierung (Abb. 1). Genutzt werden<br />
dazu sowohl die Abschlüsse der Institute<br />
selbst als auch Daten von Anbietern<br />
wie SNL Financial und Moody's. Folgende<br />
Ergebnisse sind in den einzelnen Kategorien<br />
zutage getreten:<br />
• Gewinner: Immerhin 38 Prozent der<br />
Banken befinden sich in einer komfortablen<br />
Position, darunter vor allem Institute<br />
aus Belgien, den Niederlanden<br />
und Skandinavien. Bei nahezu allen<br />
Kennzahlen lassen sie den Wettbewerb<br />
hinter sich.<br />
• Schwächen im Geschäftsmodell: Rund<br />
17 Prozent haben zwar ihre Bilanz<br />
weitgehend in Ordnung gebracht, leiden<br />
aber noch unter Schwächen im<br />
Geschäftsmodell. Zu dieser Gruppe<br />
zählen fast alle an der Studie beteiligten<br />
deutschen Institute. Ihre Profitabilität<br />
und Effizienz bewegen sich auf<br />
dem niedrigen Niveau der griechischen<br />
Wettbewerber.<br />
• Schwächen in der Bilanz: Ebenfalls 17<br />
Prozent hinken bei den Bilanzkennzahlen<br />
hinterher, vor vier Jahren waren<br />
es noch 21 Prozent. Solche Schwächen<br />
machen Banken verwundbar und<br />
sie nähern sich der Kategorie "Sorgenkinder"<br />
an.<br />
• Sorgenkinder: Die Zahl der Banken in<br />
kritischem Zustand ist seit 2013 um<br />
zwei Prozentpunkte auf 28 Prozent<br />
gestiegen. Hier finden sich vor allem<br />
Institute aus Griechenland, Italien,<br />
Spanien und Portugal. Sämtliche gescheiterte<br />
Banken in den vergangenen<br />
zehn Jahren sowie zahlreiche Beteiligte<br />
an Zusammenschlüssen, dazu zählen<br />
die spanischen Sparkassen, waren zuvor<br />
in dieser Kategorie angesiedelt.<br />
Der Kapitalmarkt straft diese Sorgenkinder<br />
ab. Ihr Kurs-Buchwert-Verhältnis<br />
(KBV) liegt bei 0,31 und damit bei nicht<br />
72 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
einmal einem Viertel des Werts von Gewinnerbanken,<br />
die auf 1,31 kommen.<br />
Schwächen in der Bilanz führen zu einem<br />
durchschnittlichen KBV von 0,72. Schwächen<br />
im Geschäftsmodell haben einen KBV<br />
von 0,60 zur Folge. Nur mit einer klaren<br />
Strategie und entschlossenem Handeln<br />
können Banken diese Bewertungslücke<br />
schließen.<br />
4. Veränderte Finanzierung: Die Passivseite<br />
von Banken, die zu den Gewinnern<br />
aufgeschlossen haben, veränderte sich<br />
grundlegend. Die Spareinlagen stiegen<br />
um 20 bis 25 Prozent, der Anteil der<br />
Wholesale-Finanzierung sank um 70<br />
bis 80 Prozent.<br />
Halbierung der risikogewichteten<br />
Aktiva und Erhöhung der Spareinlagen<br />
Einigen europäischen Banken gelang in<br />
den vergangenen Jahren der Sprung in die<br />
Gewinnerkategorie. Aus ihrem Handeln<br />
lassen sich vier Stellhebel ableiten:<br />
1. Drastische Bilanzkürzung: Banken, die<br />
auf die Erfolgsspur zurückgekehrt sind,<br />
haben ihre risikogewichteten Aktiva<br />
um rund 50 Prozent reduziert, ihr Kreditvolumen<br />
um 25 bis 30 Prozent und<br />
das Volumen der sogenannten notleidenden<br />
Kredite um 70 bis 75 Prozent.<br />
2. Höhere Kundenloyalität im digitalen<br />
Zeitalter: Konzentrieren sich Banken<br />
auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder<br />
und die konsequente Digitalisierung,<br />
können sie Privat- und Geschäftskunden<br />
begeistern und letztendlich ihre<br />
Nettozinsmarge bezogen auf die risikogewichteten<br />
Aktiva verdoppeln.<br />
3. Radikaler Neuanfang bei den Kosten:<br />
Die Erfolgsformel heißt "Zero-based<br />
Redesign". Wer Jahr <strong>für</strong> Jahr seine Kosten<br />
von Grund auf neu plant und nicht<br />
nur fortschreibt, deckt Einsparpotenziale<br />
auf und schafft Freiräume <strong>für</strong> Investitionen<br />
in <strong>neue</strong> Geschäftsfelder.<br />
Quelle: © yexela - Fotolia.com<br />
"Grundsätzlich wissen die meisten Kreditinstitute,<br />
welche Themen sie angehen<br />
müssen", stellt Bain-Partner Vater fest.<br />
"Doch viele agieren nach wie vor zu vorsichtig<br />
und scheuen den nötigen radikalen<br />
Wandel." <strong>Eine</strong> entschlossene Herangehensweise<br />
ist angesichts der veränderten<br />
Kundenerwartungen, des harten Wettbewerbs<br />
sowie der verschärften Regulierung<br />
unerlässlich. "Für die Banken gilt es<br />
jetzt zu handeln. Sie müssen vor allem<br />
die Schwächen in ihren Bilanzen ausmerzen<br />
und sich auf zukunfts- und margenträchtige<br />
Geschäftsfelder konzentrieren",<br />
betont Vater.<br />
Autor: www.bain.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
73
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Bankenregulierung:<br />
Institute entdecken Sparpotenzial<br />
Die Banken in Deutschland kämpfen<br />
weiterhin gegen die Regulierung<br />
der Branche. 70 Prozent der<br />
Entscheider stufen die Belastung als zu<br />
hoch ein. Das ergibt der Branchenkompass<br />
Banking 2017 von Sopra Steria Consulting.<br />
Viele Institute suchen allerdings<br />
inzwischen nach Wegen, einen möglichst<br />
großen Nutzen <strong>für</strong> das eigene Unternehmen<br />
aus dem Erfüllen der Vorschriften<br />
zu ziehen. Die Commerzbank nutzt den<br />
Anlass einer Regulierung im Zahlungsverkehr,<br />
um ihr Liquiditätsmanagement<br />
noch effizienter zu gestalten. <strong>Eine</strong> zentral<br />
organisierte IT-Plattform auf Basis einer<br />
Standardsoftware von Sopra Steria Consulting<br />
ermöglicht ein Echtzeitmonitoring<br />
zur Überwachung untertägiger Liquiditätsrisiken.<br />
Das Institut erfüllt mit der <strong>neue</strong>n Lösung<br />
die regulatorischen Vorgaben zur<br />
quantitativen Messung des untertägigen<br />
Liquiditätsrisikos, implizit vom Basler<br />
Ausschuss <strong>für</strong> Bankenaufsicht in der Konkretisierung<br />
BCBS248 gefordert. Die Regelung<br />
enthält die Erwartung, dass Banken<br />
ihre Liquidität während des Tages<br />
laufend überwachen und steuern können.<br />
"<strong>Eine</strong> Meldung von Kennzahlen als<br />
reine Rückschau wird der Bankenaufsicht<br />
künftig nicht mehr genügen. BCBS248<br />
fordert im Prinzip ein aktives Management<br />
der untertägigen Liquidität und der<br />
sich hieraus ergebenden Risiken", verdeutlicht<br />
Dirk Rath, verantwortlich <strong>für</strong><br />
den Bereich Liquidity Management bei<br />
Sopra Steria Consulting.<br />
Da<strong>für</strong> benötigen die Banken allerdings<br />
hochaktuelle Transaktions- und Liquiditätsdaten,<br />
die - wo immer möglich - in<br />
Echtzeit aus unterschiedlichsten Systemen<br />
extrahiert und bereitgestellt werden<br />
müssen. "Hier stoßen viele Banken<br />
mit ihrer bestehenden heterogenen Anwendungslandschaft<br />
an ihre Grenzen",<br />
so Rath. <strong>Eine</strong>n möglichen Lösungsansatz<br />
bietet der Aufbau einer zentralen<br />
Architekturplattform <strong>für</strong> das Liquiditätsmanagement,<br />
das in Echtzeit alle liquiditätsrelevanten<br />
Informationen in der benötigten<br />
Menge, Qualität und Detailtiefe<br />
bereitstellt. "Je genauer Banken ihre Zahlungsflüsse<br />
kennen, desto dosierter können<br />
sie bei sich abzeichnenden Risiken<br />
handeln und müssen im Ergebnis weniger<br />
Liquidität als Reserve einplanen", erklärt<br />
Bankenexperte Dirk Rath.<br />
Commerzbank verbessert<br />
Liquiditätsmanagement<br />
mit integrierter Standardsoftware<br />
Die Commerzbank ist mit einer derartigen<br />
Umstellung auf eine <strong>neue</strong> Softwarelandschaft<br />
schon weit fortgeschritten.<br />
Das Institut modernisiert sein Intraday-<br />
Liquiditätsmanagement mit der integrierten<br />
IT-Lösung "Steria Liquidity Suite"<br />
von Sopra Steria Consulting. Bis Mitte<br />
2018 soll das gesamte Cash- und Liquiditätsmanagement<br />
schrittweise auf eine<br />
Echtzeitsteuerung umgestellt werden.<br />
"Das Zauberwort <strong>für</strong> uns lautet Integration",<br />
sagt Dr. Bernd Leinert, Projektmanager<br />
im Bereich Group Management<br />
Treasury der Commerzbank. "Unsere IT-<br />
Infrastruktur und die fachlichen Abläufe<br />
im Liquiditätsmanagement sind bereits<br />
heute deutlich weniger komplex, das<br />
spart Kosten. Künftig wollen wir in der<br />
Lage sein, die nötigen Reserven an Liquidität<br />
zu optimieren, und uns so Vorteile<br />
im Wettbewerb verschaffen", so Leinert.<br />
Autor: www.soprasteria.de<br />
74 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
Studie: Banken gehen<br />
FinTech-Kooperationen im Kreditgeschäft<br />
aus dem Weg<br />
FinTechs spielen <strong>für</strong> Banken bei der<br />
Digitalisierung des Kreditgeschäfts<br />
kaum eine Rolle. Nicht einmal jedes<br />
zehnte Institut setzt auf strategische Kooperationen<br />
mit einem FinTech. 14 Prozent<br />
der Institute haben FinTechs zumindest<br />
teilweise in ihre Digitalstrategie <strong>für</strong> das<br />
Privatkundengeschäft einbezogen. Im Firmenkundengeschäft<br />
scheinen die Banken<br />
etwas weiter zu sein. Dort setzt immerhin<br />
ein Drittel teilweise auf Kooperationen<br />
mit den Start-Ups. Dies sind Ergebnisse<br />
einer detaillierten Befragung von 43 deutschen<br />
Universalbanken, Sparkassen,<br />
Volksbanken und Spezialbanken durch die<br />
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft<br />
PwC.<br />
Die Institute sehen laut Studie bisher auch<br />
wenig Veranlassung, mit FinTechs zu kooperieren.<br />
Stärkere Impulse durch eine Zusammenarbeit<br />
werden höchstens <strong>für</strong> die<br />
Vertriebskanäle erwartet: Im Bereich Konsumentenkredit<br />
sieht das ein Drittel der<br />
Befragten so, im Bereich Baufinanzierung<br />
rechnet die Hälfte damit. Insgesamt entstehen<br />
aber aus Sicht der Banken keine<br />
wesentlichen Potenziale aus der Zusammenarbeit<br />
mit FinTechs. So erwarten drei<br />
Viertel der Institute im Konsumentenkreditgeschäft<br />
explizit keine Auswirkungen<br />
auf Marketing und Image und auf Schnittstellen.<br />
Die Hälfte der Befragten verneint<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> das Produktportfolio. 60<br />
Prozent halten die Prozesse <strong>für</strong> unberührt<br />
von möglichen FinTech-Kooperationen.<br />
"Die Banken gehen das Thema FinTech-<br />
Kooperationen bislang kaum strategisch<br />
an. Sie sehen offenbar keinen Mehrwert<br />
darin, von den Kernkompetenzen des Gegenübers<br />
zu lernen. Damit vergeben die<br />
Institute aber die Chance, sich noch gezielter<br />
mit innovativen Produktangeboten<br />
am Markt hervorzuheben", sagt Tomas<br />
Rederer, Partner bei PwC im Bereich Financial<br />
Services.<br />
Wettbewerbsdruck: Banken sehen<br />
keinen Zwang zur Kooperation<br />
Quelle: © kasto - Fotolia.com<br />
Keine wesentlichen Impulse erwartet<br />
Dabei sehen die Kreditinstitute durchaus<br />
einen erhöhten Wettbewerbsdruck aufgrund<br />
des Markteintritts <strong>neue</strong>r Konkurrenz<br />
- vor allem spezialisierter FinTechs,<br />
die bisher nur begrenzt regulatorischen<br />
Anforderungen unterliegen. Knapp jeder<br />
zehnte Befragte geht davon aus, dass dieser<br />
Druck in den kommenden drei Jahren<br />
noch zunehmen wird. "Umso erstaunlicher,<br />
dass die Banken sich mehrheitlich gegen<br />
Kooperationen mit FinTechs zu sträuben<br />
scheinen", so PwC-Experte Rederer. Sein<br />
Rat: "Die Banken müssen ihre Angebote<br />
weiterentwickeln und ihr digitales Profil<br />
schärfen, etwa durch den Aufbau eines<br />
digitalen Partner-Ökosystems." Von der<br />
Kooperation mit <strong>neue</strong>n Marktteilnehmern<br />
könnten beide Seiten lernen und so das<br />
eigene Geschäftsmodell weiterentwickeln.<br />
Autor: www.pwc.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
75
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Finanzplatz Frankfurt:<br />
In der Pole-Position <strong>für</strong> Brexit-Banker<br />
Wie die Finanzplatzstudie des Helaba-<br />
Bereichs Volkswirtschaft/Research zeigt,<br />
ist das deutsche Finanzzentrum im Rennen<br />
um die Brexit-Banker in der Pole-Position.<br />
So haben sich bereits zahlreiche<br />
Banken da<strong>für</strong> ausgesprochen, Arbeitsplätze<br />
von der Themse an den Main zu<br />
verlagern, was sich in den Beschäftigtenzahlen<br />
niederschlagen wird: "Wir erwarten,<br />
dass mindestens die Hälfte der<br />
aus London abwandernden Finanzjobs<br />
nach Frankfurt verlegt wird. Dies entspricht<br />
über einen Zeitraum von mehreren<br />
Jahren mindestens 8.000 Mitarbeitern.<br />
Bis Ende 2019 sehen wir deshalb<br />
einen Beschäftigungsanstieg um 4 Prozent<br />
auf rund 65.000 Mitarbeiter in den<br />
Frankfurter Bankentürmen (Ende 2016:<br />
62.400). Und das, obwohl parallel die<br />
Konsolidierung am heimischen Bankenmarkt<br />
anhält", erläutert Dr. Gertrud<br />
Traud, Chefvolkswirtin und Leiterin des<br />
Bereichs Volkswirtschaft/Research bei<br />
der Vorstellung der Studie in Frankfurt.<br />
Autor: www.helaba.de<br />
IT-Sicherheit:<br />
Banken kämpfen unter erschwerten<br />
Bedingungen<br />
Für Banken in Deutschland wird es<br />
schwerer, die gewohnten Standards<br />
an IT-Sicherheit zu gewährleisten.<br />
Sechs von zehn Instituten sprechen von<br />
komplexeren Angriffsszenarien und <strong>neue</strong>n<br />
Anforderungen an den Umgang mit IT-<br />
Risiken. Bei den Retailbanken sind es fast<br />
drei Viertel der Institute, bei denen Digitalisierung,<br />
<strong>neue</strong> Bedrohungsszenarien<br />
sowie Regulierungsvorschriften die Arbeit<br />
der Sicherheitsmanager erschweren. Das<br />
sind die Ergebnisse des Branchenkompass<br />
Banking 2017 von Sopra Steria Consulting<br />
und dem F.A.Z.-Institut.<br />
Die Herausforderungen der Banken steigen<br />
unter anderem durch die zunehmende<br />
Zahl an Lieferanten digitaler Technologien.<br />
Acht von zehn Finanzdienstleistern sind<br />
beispielsweise über digitale Plattformen<br />
oder Softwarelösungen mit Dienstleistern<br />
vernetzt, ergibt die Potenzialanalyse Digital<br />
Security von Sopra Steria Consulting,<br />
<strong>für</strong> die 51 IT-Entscheider von Banken und<br />
Versicherern befragt wurden. Viele Kreditinstitute<br />
sind beispielsweise mit externen<br />
Datenbanken <strong>für</strong> eine schnelle Bonitätsprüfung<br />
bei Onlinekreditanträgen verbunden.<br />
Zudem gibt es Plattformen, auf denen<br />
Finanzierungsvorhaben von Unternehmen<br />
mit Finanzierungsangeboten von Banken<br />
zusammengeführt werden. Durch die EU-<br />
Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 sind Banken<br />
sogar verpflichtet, sich gegenüber<br />
76 Ausgabe September/2017
BANKEN I FinanzBusinessMagazin<br />
Drittanbietern zu öffnen. Dazu kommt,<br />
dass Banken mit ihrem eigenen Online-<br />
Bezahldienst Paydirect künftig stärker mit<br />
Online-Händlern und dem Einzelhandel<br />
zusammenarbeiten werden.<br />
All diese <strong>neue</strong>n digitalen Lösungen und<br />
Anbieter vergrößern die Angriffsfläche,<br />
und es wird anspruchsvoller, das nötige<br />
IT-Sicherheitslevel zu halten. "Die Institute<br />
müssen sicherstellen, dass auch diese<br />
Partner und ihre Lösungen die hohen<br />
Standards der Banken erfüllen. Das zu<br />
kontrollieren, wird bei einer wachsenden<br />
Zahl an Partnern immer aufwändiger",<br />
sagt Dr. Gerald Spiegel, Leiter Information<br />
Security Solutions bei Sopra Steria Consulting.<br />
Die Institute reagieren, in dem sie<br />
vermehrt Dienstleister-Audits durchführen<br />
und Mindeststandards vertraglich vereinbaren.<br />
Mehr als jeder zweite Finanzdienstleister<br />
führt einen derartigen Lieferanten-<br />
Check durch, andere Institute fordern von<br />
ihren Partnern eine Sicherheitszertifizierung.<br />
WannaCry und seine Nachfolger<br />
erfordern mehr Tempo<br />
Für eine wirksame Bekämpfung von Cybercrime-Attacken<br />
wie WannaCry und Petya<br />
muss das IT-Sicherheitsmanagement<br />
der Banken künftig deutlich schneller reagieren.<br />
Ein Grund: Ransomware wie WannaCry<br />
unterscheidet sich von bisheriger<br />
Malware. Sie sind in der Lage, wie ein<br />
Wurm andere Rechner im gleichen Netz zu<br />
infizieren. Die Reaktionszeit des Opfers ist<br />
dadurch gravierend kürzer, will man eine<br />
Ausbreitung verhindern. Zudem werden<br />
die Angriffe immer undurchschaubarer.<br />
Jüngste Attacken haben gezeigt, dass ein<br />
Angriff deutlich länger dauert und die Angreifer<br />
schlagen in verschiedenen Phasen<br />
an mehreren Stellen zu.<br />
Diese Risiken wirksam einzudämmen, erfordert<br />
ein Sicherheitsmanagement mit<br />
oft unterschätztem Ressourcenbedarf<br />
und Kompetenzerfordernissen. Diese sind<br />
intern schwer zu finden und aufzubauen.<br />
Jeder dritte Finanzdienstleiser sucht<br />
auf dem Arbeitsmarkt nach passenden<br />
Cybersecurity-Spezialisten, um sich den<br />
Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />
<strong>neue</strong>n Bedrohungsszenarien zu stellen.<br />
Parallel suchen die Banken deshalb nach<br />
alternativen Lösungen.<br />
Ein Weg, den Banken gehen können ist,<br />
das IT-Sicherheitsmanagement stärker<br />
zu automatisieren - beispielsweise über<br />
regelbasierte Prozeduren. "Die Institute<br />
sollten darüber hinaus das Thema IT-Sicherheit<br />
und Cybersecurity als Führungsinformation<br />
in ihre Ablauforganisation integrieren<br />
- als eine Art Lagebild <strong>für</strong> das<br />
Management - um Ressourcen besser zu<br />
steuern", sagt Dr. Gerald Spiegel.<br />
Banken sind vorsichtiger<br />
beim Outsourcing<br />
<strong>Eine</strong> weitere Herausforderung der Banken<br />
ist, die strengeren Anforderungen der<br />
Bankenaufsicht an IT- und Informationssicherheit<br />
mit den Zielen einer effizienteren<br />
IT-Landschaft in Einklang zu bringen. Jedes<br />
fünfte Institut nutzt beispielsweise<br />
öffentliche Cloud-Computing-Lösungen,<br />
um Kosten zu sparen. Viele Banken verlagern<br />
zudem Arbeitsprozesse an Spezialisten.<br />
Risiken von Programmierfehlern<br />
und Sicherheitslücken sind damit schwerer<br />
zu kontrollieren. Die Bundesanstalt <strong>für</strong><br />
Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) reagiert<br />
auf wachsende IT-Risiken zum Beispiel<br />
mit den bankaufsichtlichen Anforderungen<br />
an die IT (BAIT). Diese lösen bei<br />
den Banken erheblichen Weiterentwicklungsbedarf<br />
ihrer IT-Sicherheitsprozesse<br />
aus. Als Folge wird Dienstleistern wie<br />
ihren Auftraggebern eine Compliance allerhöchster<br />
Güte abverlangt. Zudem sind<br />
Banken insgesamt vorsichtiger bei ihren<br />
Outsourcing-Vorhaben, so der Branchenkompass<br />
Banking 2017.<br />
Autor: www.soprasteria.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
77
FinanzBusinessMagazin I BANKEN<br />
Studie:<br />
Jede vierte Bank ist Fintech-Gründer<br />
Die Banken in Deutschland mischen<br />
sich unter die Fintechs. Jedes vierte<br />
Institut (27 Prozent) hat selbst ein<br />
Fintech gegründet, beispielsweise in Form<br />
einer selbständigen Digitaleinheit unter<br />
dem Konzerndach oder als komplett losgelöste<br />
Marke. 61 Prozent der Institute<br />
arbeiten in irgendeiner Form mit einem Finanztechnologieunternehmen<br />
zusammen.<br />
Übernahmen sind dagegen weniger verbreitet.<br />
Das sind die Ergebnisse des <strong>neue</strong>n<br />
Branchenkompass Banking 2017 von<br />
Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-<br />
Institut.<br />
Die Banken suchen damit eindeutig die<br />
Nähe zu den digitalen Innovatoren. Ziele<br />
sind, Kundenerlebnis und Abläufe zu verbessern<br />
sowie digitale Leistungen<br />
wie im Zahlungsverkehr<br />
durch mobile Verfahren sowie in<br />
der Beratung durch Robo Advisor<br />
voranzutreiben. Je nach Bankentyp<br />
unterscheidet sich die Aufgeschlossenheit<br />
gegenüber der<br />
Zusammenarbeit mit einem Finanz-Startup.<br />
Die Fintech-Affinität<br />
der Banken hängt im Wesentlichen<br />
mit dem Geschäftsmodell<br />
zusammen. Vor allem die Direktbanken<br />
sind aufgeschlossen gegenüber<br />
einer Zusammenarbeit.<br />
Häufige Partner sind Plattformen<br />
wie Lendstar, Moneymeets und Wikifolio.<br />
"Die Großbanken ergänzen Leistungen<br />
eher selektiv, beispielsweise beim Scannen<br />
von Überweisungen per Smartphone.<br />
Zudem entwickeln diese Institute mehr<br />
selbst", sagt Stefan Lamprecht, Division<br />
Director Banking von Sopra Steria Consulting.<br />
Ein inzwischen verbreitetet Weg <strong>für</strong><br />
mehr Inhouse-Innovationen ist die Gründung<br />
eigener Fintechs, wie die von der<br />
Deutschen Bank gegründete Digitalfabrik.<br />
Die Gründung ist inzwischen genauso verbreitet<br />
wie die punktuelle Zusammenarbeit<br />
mit Startups. Weniger attraktiv ist<br />
der Kauf eines Technologieunternehmens.<br />
16 Prozent der Bankentscheider berichten<br />
von umgesetzten Fusionen, wie der Kauf<br />
von Easyfolio durch die Privatbank Hauck<br />
& Aufhäuser.<br />
Fintech-Übernahmen<br />
weniger attraktiv<br />
Die Zurückhaltung an einer Übernahme<br />
hat Gründe: Der Kauf erfolgreich am<br />
Markt tätiger Fintechs verspricht zwar<br />
eine exklusive Nutzung der vom Startup<br />
entwickelten Technologien. <strong>Eine</strong><br />
Akquisition ist jedoch mit großen<br />
finanziellen Belastungen verbunden.<br />
"Viele Fintechs werden<br />
im Markt sehr stark bewertet. Ein<br />
Aufkauf bedeutet hohe Investitionen<br />
zur Weiterentwicklung. Dazu<br />
kommt die schwierige Integration<br />
beider Unternehmenskulturen",<br />
so Stefan Lamprecht. Unklar ist<br />
beispielsweise, ob die Gründer<br />
nach der Übernahme weiter am<br />
Ball bleiben und die digitale Einheit<br />
wie bisher vorantreiben.<br />
Durch Kooperationen lassen sich<br />
dagegen mit wenig Aufwand und Risiko<br />
schnell Leistungen ergänzen. "Der Markt<br />
ist sehr schnell. Es ist ungewiss, welche<br />
Produkte sich letztendlich durchsetzen<br />
und vom Kunden akzeptiert werden. Mit<br />
Kooperationen sind kurzfristige Wechsel<br />
der Anbieter und der Technologien je nach<br />
Marktentwicklung steuerbar", sagt Stefan<br />
Lamprecht von Sopra Steria Consulting.<br />
Autor: www.soprasteria.de<br />
78 Ausgabe September/2017
IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />
Versicherungen:<br />
Einzelhandel und Sicherheit wieder top<br />
EY Real Estate „Trendbarometer Assekuranz“ 2017<br />
Um ihre Garantiezinsversprechen<br />
einzuhalten, wollen deutsche Versicherungen<br />
in diesem Jahr weiterhin<br />
deutlich in Immobilien investieren. Die<br />
geplanten Käufe könnten damit bis Ende<br />
2017 eine Rekordquote von 10,7 Prozent<br />
an der Kapitalanlage der Assekuranz erreichen.<br />
Dies zeigt das jährliche Trendbarometer<br />
Assekuranz von EY Real Estate, <strong>für</strong><br />
das 35 Unternehmen der Versicherungswirtschaft<br />
Auskunft über ihre Pläne gaben.<br />
„Trotz steigender Preise zählen Immobilieninvestments<br />
weiter zu den Anlageklassen,<br />
die in der Assekuranz am stärksten<br />
ausgebaut werden“, sagt Dietmar Fischer.<br />
Er ist Partner bei EY Real Estate und hat die<br />
Studie verantwortet. Fast alle Befragten<br />
(96 Prozent) setzen auf Immobilien innerhalb<br />
Deutschlands – eine Steigerung um<br />
8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.<br />
Nordamerika (38 Prozent) und Asien (27<br />
Prozent) haben in ähnlichem Umfang an<br />
Attraktivität gewonnen, bleiben aber in<br />
ihrer Bedeutung hinter Deutschland sowie<br />
den europäischen Kernregionen auf<br />
Rang drei und vier. „Fast überall stehen<br />
die etablierten Märkte im Fokus. Es ist eine<br />
Rückbesinnung auf mehr Sicherheit“, sagt<br />
Fischer.<br />
Core und Core-Plus an der Spitze<br />
Entsprechend würden B- und C-Lagen<br />
weniger nachgefragt, außerdem stünden<br />
Projektentwicklungen nicht mehr ganz<br />
so oft auf dem Einkaufszettel. Da<strong>für</strong> sind<br />
voll vermietete Core-Immobilien in guten<br />
Lagen in der Gunst der Assekuranz gestiegen:<br />
9 von 10 Befragten (88 Prozent)<br />
wollen hier investieren. Im Vorjahr waren<br />
es nur 63 Prozent. Ebenso beliebt sei das<br />
immer noch vergleichsweise sichere Core-<br />
Plus-Segment (88 Prozent). Die Überraschung<br />
hält sich in Grenzen: „Mehr Risiko,<br />
wie wir es zuletzt vielleicht etwas häufiger<br />
gesehen haben, war im Portfolio ohnehin<br />
immer nur als Ergänzung gedacht“, so Fischer.<br />
Handel stationär und online<br />
Im Vergleich der Nutzungsarten gilt: Die<br />
Einzelhandelsimmobilie, die im vergangenen<br />
Jahr ihren Spitzenplatz eingebüßt hatte,<br />
hat das Bürosegment wieder eingeholt.<br />
Beide werden aktuell von jeweils 72 Prozent<br />
der Befragten favorisiert. „Im Einzelhandelssegment<br />
sehen die Befragten zwar<br />
weiterhin einen gewissen Druck durch den<br />
E-Commerce“, so Fischer. Aber: „Inzwischen<br />
haben sich viele Händler gewandelt<br />
und gut auf den Wettbewerb eingestellt.“<br />
Die Wohnimmobilie ist trotz Sorge vor einer<br />
noch schärferen Mietpreisbremse mit<br />
68 Prozent kaum weniger attraktiv als<br />
das Einzelhandels- und Bürosegment. Auf<br />
Rang vier folgen Logistikimmobilien. Sie<br />
stehen bei 48 Prozent der Versicherungen<br />
auf der Agenda. Im Vorjahr waren es noch<br />
8 Prozentpunkte weniger. „Logistikimmobilien<br />
profitieren vom E-Commerce“, so<br />
Fischer. Die Assekuranz glaube sowohl an<br />
den stationären Handel als auch an den<br />
Online-Shop.<br />
Ausgabe September/2017<br />
79
FinanzBusinessMagazin I IMMOBILIEN<br />
Treiber und getrieben: Digitalisierung<br />
Nicht nur der Einzelhandel, auch die übrigen<br />
Nutzungsarten verändern sich unter<br />
dem Druck des digitalen Fortschritts. Der<br />
Anspruch an Zuschnitt, Flexibilität und Zukunftsfähigkeit<br />
der Flächen wird weiter steigen,<br />
meinen 84 Prozent der Befragten. Über<br />
die Immobilienqualität hinaus gilt: Auch die<br />
Investitionsprozesse der Versicherungen<br />
wandeln sich infolge <strong>neue</strong>r digitaler Technologien.<br />
Jeder zweite Befragte (52 Prozent)<br />
erwartet dies. „Die Unternehmen rechnen<br />
mit mehr Effizienz zum Beispiel bei der Diversifikation<br />
ihrer Immobilien“, so Fischer.<br />
„Stichworte sind hier Big Data und eine bessere<br />
Informationsgrundlage.“<br />
Zur Studie<br />
Das aktuelle Trendbarometer Immobilienanlagen<br />
der Assekuranz ist die zehnte<br />
Ausgabe der jährlich durchgeführten<br />
Studie. An der Befragung teilgenommen<br />
haben ca. 35 führende Versicherungsunternehmen<br />
aus Deutschland. Die teilnehmenden<br />
Unternehmen stellen einen repräsentativen<br />
Querschnitt der Assekuranz<br />
dar. Jedes befragte Unternehmen hält im<br />
Durchschnitt ein Immobilienvermögen<br />
von rund 3,6 Milliarden Euro.<br />
Autor: www.ey.com<br />
80 Ausgabe September/2017
IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />
Run auf Büroimmobilien hält weiter an<br />
Deutschland ist nach wie vor eine<br />
wichtige Adresse, wenn es um Investitionen<br />
auf dem Büromarkt<br />
geht. Immerhin beansprucht dieses Segment<br />
rund 39 % Anteil an den Gesamtgewerbeinvestitionen<br />
und positioniert sich<br />
damit erneut auf Platz 1.<br />
Insgesamt wurden hier im 1. Halbjahr über<br />
10,1 Mrd. Euro umgesetzt – eine Steigerung<br />
um 35 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.<br />
„Ausschlaggebend <strong>für</strong> dieses<br />
Wachstum sind die Abschlüsse in den Top-<br />
7-Standorten. Mit 81 % entfielen etwa<br />
vier Fünftel des Transaktionsvolumens auf<br />
die Metropolen“, beobachtet Marcus Lemli,<br />
CEO Germany / Head of Investment<br />
Europe bei Savills. „Die Fokussierung der<br />
<strong>Investoren</strong> auf die Großstädte hängt insbesondere<br />
mit der positiven Entwicklung<br />
auf den dortigen Vermietungsmärkten zusammen.“<br />
Im Schnitt stiegen die Spitzenmieten<br />
innerhalb der letzten 12 Monate<br />
um fast 4 %, während die Leerstandsrate<br />
um ganze 70 Basispunkte zurückging. Vor<br />
allem größere Objekte sind angesichts des<br />
Anlagedrucks vieler <strong>Investoren</strong> momentan<br />
besonders gefragt. So lagen die Umsätze<br />
je Bürotransaktion bei fast 48 Mio. Euro,<br />
was einer Steigerung von fast 10 % ggü.<br />
dem Vorjahr entspricht.<br />
Auffallend ist in diesem Jahr, dass im 1.<br />
Halbjahr deutlich mehr Portfolios gehandelt<br />
wurden als im Jahr zuvor. Etwa 30 %<br />
des umgesetzten Transaktionsvolumens<br />
entfielen auf Portfolioverkäufe, während<br />
es im Durchschnitt der vergangenen fünf<br />
Jahre lediglich 24 % waren. „Der Trend<br />
zu mehr Portfoliotransaktionen wird von<br />
zwei Seiten gestützt: Erstens sehen <strong>Investoren</strong>,<br />
die sich in den letzten Jahren Portfolios<br />
aufgebaut haben, jetzt den richtigen<br />
Zeitpunkt zum Ausstieg. Zweitens ist die<br />
Nachfrage nach großen Volumina von zum<br />
Beispiel Staats- und Pensionsfonds sehr<br />
hoch“, konstatiert Matthias Pink, Director<br />
/ Head of Research bei Savills. Mit 35 %<br />
bzw. 22 % am Transaktionsvolumen zählten<br />
Asset-Manager und Spezialfonds im<br />
bisherigen Jahresverlauf zu den aktivsten<br />
Käufergruppen. Private-Equity-Fonds und<br />
Projektentwickler waren mit jeweils 21 %<br />
und 20 % demgegenüber die aktivsten Verkäufer.<br />
„Zwar waren Private-Equity-Fonds<br />
in den letzten 12 Monaten per saldo Nettokäufer,<br />
dies ist jedoch zu einem großen<br />
Teil dem Verkauf der IVG Büroimmobilien-<br />
Sparte an Blackstone zuzuschreiben“, so<br />
Pink. „Insgesamt befinden sich die opportunistischen<br />
Akteure in Deutschland mittlerweile<br />
auch am Büromarkt im Verkaufsmodus.<br />
Risikoaverse Käufergruppen wie<br />
Spezialfonds oder Versicherungen greifen<br />
hingegen weiter gerne zu.“<br />
Im Vergleich zum Jahresauftakt gaben die<br />
Spitzenrenditen in den Top-7-Märkten im<br />
2. Quartal im Schnitt um weitere 20 Basispunkte<br />
nach und fielen auf einen Wert von<br />
3,4 %. „Die Nachfrage nach deutschen<br />
Büroobjekten aus dem In- und Ausland ist<br />
ungebrochen hoch und lässt die Preise in<br />
den oftmals hochkompetitiven Bieterprozessen<br />
weiter steigen“, so Lemli. „Allerdings<br />
dürfte sich die Renditekompression<br />
verlangsamen, da immer mehr Eigentümer<br />
einen Verkauf in Betracht ziehen dürften.<br />
Aufgrund des größeren Angebots bei<br />
einer unverändert hohen Nachfrage wird<br />
die Investmentaktivität in jedem Fall hoch<br />
bleiben.“ Savills rechnet damit, dass das<br />
Transaktionsvolumen des Gesamtjahres<br />
den Vorjahreswert von 24 Mrd. Euro übersteigen<br />
wird.<br />
Autor:www.savills.de<br />
Ausgabe September/2017<br />
81
FinanzBusinessMagazin I IMMOBILIEN<br />
Mehrheit der Immobilieninvestoren<br />
möchte kaufen<br />
45 Prozent der Antwortenden einer von<br />
JLL unter deutschen Immobilieninvestoren<br />
durchgeführten Online-Erhebung<br />
planen in den kommenden zwölf Monaten<br />
per Saldo, ihre Immobilienbestände<br />
zu erhöhen. 38 Prozent wollen ihre Bestände<br />
halten und nur 17 Prozent wollen<br />
per Saldo verkaufen. Die zentrale Frage<br />
der Erhebung im Vorfeld der Bundestagswahl<br />
lautete: Inwiefern beeinflussen<br />
verschiedene politische Ereignisse<br />
die Entscheidungen von Immobilieninvestoren<br />
in Deutschland? Im Blickpunkt<br />
standen dabei ausschließlich die Auswirkungen<br />
auf den Investmentmarkt <strong>für</strong><br />
gewerbliche Immobilien in Deutschland.<br />
Summa summarum lässt sich festhalten,<br />
dass als limitierender Faktor <strong>für</strong><br />
den Handel mit Immobilien weniger die<br />
politischen Einflüsse gesehen werden,<br />
als vielmehr das knappe Angebot an<br />
Objekten. Bei einigen <strong>Investoren</strong> führt<br />
auch das hohe Preisniveau zu Kaufzurückhaltung.<br />
Für 62 Prozent ist der Brexit das aktuelle<br />
politische Ereignis mit dem größten<br />
Einfluss auf den deutschen Immobilieninvestmentmarkt.<br />
Die Zinspolitik<br />
bzw. das aktuelle Zinsniveau wird von<br />
55 Prozent als relevantes Kriterium angesehen.<br />
Hier ist nach Aussage von vielen<br />
Befragten keine Zinswende erkennbar<br />
oder kurzfristig zu erwarten. Die<br />
Bundestagswahl mit 37 Prozent und<br />
die Politik des US-amerikanischen Präsidenten<br />
mit 30 Prozent folgen auf den<br />
Plätzen 3 und 4 der Relevanz-Kriterien.<br />
Bei der konkreten Nachfrage nach dem<br />
Einfluss auf die eigenen Investitionsentscheidungen<br />
dominiert die Zinspolitik<br />
der EZB mit 97 Prozent, gefolgt vom<br />
Brexit mit 84 Prozent sowie der Zinspolitik<br />
der Fed mit 75 Prozent. Lediglich<br />
<strong>für</strong> 48 Prozent der Antwortenden hat<br />
die Bundestagswahl einen Einfluss auf<br />
ihre Investitionsentscheidung. Alles in<br />
allem belegt die Umfrage, dass sich das<br />
stabile politische Umfeld in Deutschland<br />
positiv auf die generelle Konjunktur und<br />
insbesondere auch auf den Immobilieninvestmentmarkt<br />
auswirkt. Die Mehrheit<br />
der befragten <strong>Investoren</strong> möchte<br />
ihre Immobilienbestände in Deutschland<br />
vergrößern, dementsprechend erwarten<br />
sie ein auf sehr hohem Niveau stabiles<br />
oder sogar noch steigendes Transaktionsvolumen<br />
<strong>für</strong> 2017 gegenüber 2016.<br />
Autor: www.jll.de<br />
82 Ausgabe September/2017
IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />
Deutschland wohnt zur Miete<br />
Deloitte Property Index: hohe Kaufpreise und niedrige Mietrendite<br />
machen Eigentumsbildung <strong>für</strong> die Deutschen unattraktiv<br />
Zwar gelten insbesondere die Schwaben<br />
als eifrige „Häuslebauer“ – auf<br />
ganz Deutschland bezogen ist es<br />
jedoch eher zweifelhaft, ob die Erbauer<br />
auch deren Bewohner sein werden: Laut<br />
des aktuellen Deloitte Property Index bevorzugen<br />
54,3 Prozent der deutschen Bevölkerung<br />
eine Mietwohnung. Zum Vergleich:<br />
Beim Zweitplatzierten Dänemark<br />
liegt der Wert bei 34,4 Prozent. Europaweit<br />
rückt der Erwerb von Wohnraum zum<br />
Zweck der Vermietung zunehmend in den<br />
Fokus. In Deutschland liegen dabei die<br />
Profite der Vermieter unter dem europäischen<br />
Durchschnitt - im dänischen Odense<br />
und drei ungarischen Städten winken<br />
die attraktivsten Renditemöglichkeiten.<br />
Unter den teuersten Städten Deutschlands<br />
behauptet sich München als Spitzenreiter.<br />
Europaweit bleibt London<br />
weiterhin die unangefochtene<br />
Nummer eins, auch<br />
wenn die Preise hier langsam<br />
sinken.<br />
„In den meisten europäischen<br />
Ländern gilt das<br />
selbst genutzte Wohneigentum<br />
als Normalfall.<br />
Deutschland ist europaweit<br />
die große Ausnahme<br />
– trotz vielfältiger Finanzierungsmöglichkeiten,<br />
niedriger Zinsen und einer<br />
insgesamt guten<br />
wirtschaftlichen Lage der<br />
meisten Bürger“, erklärt<br />
Michael Müller, Partner<br />
und Leiter Real Estate &<br />
Construction bei Deloitte.<br />
Trend geht grenzübergreifend<br />
zum Mieten<br />
In der Hauptsache dürften die hohen<br />
Kaufpreise <strong>für</strong> eine allgemeine, grenzübergreifende<br />
Tendenz zum Mieten sorgen.<br />
Auch Angebote wie Airbnb machen<br />
Mieten attraktiv, ebenso wie die hohe, zu<br />
vielen Lebensentwürfen passende Flexibilität.<br />
Anders als in Deutschland – und<br />
mit Abstrichen Dänemark und Österreich<br />
– übersteigt die Mietquote in den übrigen<br />
Ländern derzeit aber noch kaum die<br />
25-Prozent-Marke. In Slowenien und Ungarn<br />
liegt der Mietanteil gar nur bei 2,4<br />
bzw. 3,9 Prozent.<br />
Niedrige Rendite<br />
Entsprechend attraktiv sollten die Perspektiven<br />
<strong>für</strong> Investitionen in Mietwohnungen<br />
sein. Tatsächlich trifft das vor allem <strong>für</strong> polnische<br />
und dänische, nicht aber <strong>für</strong> deutsche<br />
Städte zu: In Odense<br />
können Mietrenditen von<br />
8,9 Prozent realisiert werden,<br />
in Budapest sind es<br />
7,9, in Györ und Debrecen<br />
je 7,8 Prozent. Deutsche<br />
Metropolen wie Hamburg,<br />
Frankfurt, München oder<br />
Berlin finden sich am Ende<br />
der Skala, jedoch noch vor<br />
Inner London und dem<br />
Stadtkern von Paris. Die<br />
Spanne der möglichen<br />
Mietrenditen in den deutschen<br />
Städten liegt zwischen<br />
3,2 (München) und<br />
4,9 Prozent (Berlin).<br />
Berlin legt zu –<br />
London lässt nach<br />
Die Immobilienpreise im<br />
teuersten Stadtgebiet Europas,<br />
Inner London, sind<br />
von 2015 auf 2016 um 8,8<br />
Ausgabe September/2017<br />
83
FinanzBusinessMagazin I IMMOBILIEN<br />
Prozent gefallen, während sie in Berlin um<br />
knappe zehn Prozent auf 3.510 Euro/qm<br />
gestiegen sind. München liegt mit 6.580<br />
Euro/qm in Deutschland zwar noch deutlich<br />
vorn und verzeichnete ein Preiswachstum<br />
von gut acht Prozent. Deutschlandweit<br />
liegen die Preise mit durchschnittlich<br />
2.957 Euro/qm niedriger als in Frankreich,<br />
Dänemark oder Irland. Die Steigerungsrate<br />
von durchschnittlich 8,5 Prozent bewegt<br />
sich jedoch im oberen Mittelfeld – hinter<br />
Polen und Ungarn (je 9,7%) und weit hinter<br />
Slowenien mit einem auffälligen Spitzenwert<br />
von 26,5 Prozent. In Großbritannien<br />
hingegen ist der Markt rückläufig<br />
(-9%).<br />
Intensive Neubau-Tätigkeit<br />
Der Bau <strong>neue</strong>n Wohnraums hat in Deutschland<br />
eine gewisse Priorität – jedenfalls im<br />
Vergleich mit anderen Ländern. So entstanden<br />
2016 hierzulande 3,9 <strong>neue</strong> Wohnungen<br />
pro 1.000 Einwohner – Spitzenreiter<br />
ist Frankreich mit 6,8 Wohnungen,<br />
Schlusslicht Portugal mit 0,6 Wohnungen.<br />
Auch bei den Bauvorhaben liegt Deutschland<br />
mit 4,6 Projekten/1.000 Einwohner<br />
im „oberen Mittelfeld“, Österreich führt<br />
mit 7,6. Deutschland verfügt mit 41,8 Mio.<br />
Wohnungen über den größten Wohnungsbestand<br />
Europas, wird aber dennoch bezogen<br />
auf die Bevölkerungszahl mit nur<br />
513 Wohnungen pro 1.000 Einwohner von<br />
Frankreich, Spanien und Portugal übertroffen.<br />
„Die Studie hat ergeben, dass nur in den<br />
Niederlanden der Immobilienerwerb im<br />
Verhältnis zum Einkommen noch günstiger<br />
ist als in Deutschland. Daher sollten<br />
die Politik und die gesamte Branche daran<br />
arbeiten, dass dieser Vorsprung dauerhaft<br />
beibehalten wird. Denn nur so lässt sich<br />
die Eigentumsquote in Deutschland nachhaltig<br />
verbessern“, resümiert Müller.<br />
Autor: www.Deloitte.com/de<br />
Mails im Minutentakt -<br />
wenn <strong>für</strong> Manager digital zur Qual wird<br />
EY-Studie zur digitalen Kommunikation<br />
Die Vielfalt digitaler Kommunikationsformen<br />
soll das Arbeiten in den<br />
Unternehmen erleichtern, entwickelt<br />
sich jedoch zunehmend vom Segen<br />
zum Fluch. Das ist ein zentrales Ergebnis<br />
der Studie "Renaissance des Analogen"<br />
der Unternehmensberatung EY, <strong>für</strong> die<br />
800 Fach- und Führungskräfte deutscher<br />
Unternehmen befragt wurden. 47 Prozent<br />
der Befragten sind der Ansicht, dass die<br />
beständig fortschreitende Digitalisierung<br />
in der Arbeitswelt <strong>für</strong> sie eher Stress als<br />
eine Bereicherung ist. Jeder zweite Teilnehmer<br />
der Studie erklärt, dass er aufgrund<br />
der ständigen Erreichbarkeit durch<br />
die digitalen Medien vom intensiven Denken<br />
abgehalten wird. Laut Nelson Taapken,<br />
Partner und HR-Experte bei EY, zeigen<br />
diese Ergebnisse: "In entscheidenden<br />
Punkten ist die digitale Kommunikation<br />
zum Effektivitäts- und Effizienzfresser geworden<br />
und wird von Fach- und Führungskräften<br />
auch als solcher empfunden."<br />
Gestiegene Stressbelastung durch<br />
Mails und Chatprogramme<br />
Ein weiteres alarmierendes Resultat der<br />
Studie: Über 40 Prozent der Befragten beklagen<br />
eine gestiegene Stressbelastung<br />
durch die digitalen Medien. Gleichzeitig<br />
tun Fach- und Führungskräfte jedoch wenig,<br />
um sich davor zu schützen. So unterbricht<br />
über alle Altersgruppen hinweg<br />
ein Drittel der Befragten die Arbeit mehr-<br />
84 Ausgabe September/2017
IMMOBILIEN I FinanzBusinessMagazin<br />
mals pro Stunde selbst, um E-Mails abzurufen.<br />
Vor allem jedoch neigen die jüngeren<br />
dazu, sich durch die elektronische<br />
Post ständig ablenken zu lassen. So ruft<br />
jeder zweite Befragte unter 30 Jahren seine<br />
Mails mehrmals pro Stunde ab, ebenso<br />
tun dies 46 Prozent der Studienteilnehmer<br />
zwischen 30 und 40 Jahren. "Bei diesem<br />
Rhythmus ist es in der Tat nicht möglich,<br />
tief in ein Thema einzutauchen", mahnt<br />
Taapken. Genau das sei aber wichtig, um<br />
gute Arbeitsergebnisse zu erzielen oder <strong>für</strong><br />
den Unternehmenserfolg wichtige innovative<br />
Lösungen zu finden. Gefragter denn<br />
je sei daher die strukturierte Planung des<br />
Tagesablaufs.<br />
Laut der Studie nehmen sich jedoch nur<br />
27 Prozent der Fach- und Führungskräfte<br />
regelmäßig bewusste Auszeiten von der<br />
digitalen Kommunikation. Nicht unschuldig<br />
daran sind die Unternehmen, die den<br />
Mitarbeitern nicht erklären, wie sie sich<br />
entsprechende Freiräume schaffen können<br />
- und sie im Gegenteil noch zur ständigen<br />
Erreichbarkeit und Sichtbarkeit in<br />
den digitalen Medien drängen. "Gerade in<br />
Konzernen ist häufig der Vorstand selbst<br />
sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. In<br />
der Folge wird Medienpräsenz mit Erfolg<br />
assoziiert", so Laura Jacob, Senior Managerin<br />
und HR-Expertin bei EY. Vergessen<br />
werde dabei jedoch, dass die Vorstände<br />
dieses Pensum nur mit einem ganzen<br />
Stab an Mitarbeitern bewältigen können.<br />
<strong>Eine</strong> wichtige Botschaft an Fach- und Führungskräfte<br />
laute daher: Erreichbarkeit<br />
und Verfügbarkeit sind keinesfalls mit Bedeutung<br />
oder Wirksamkeit gleichzusetzen.<br />
Analog schlägt digital<br />
Neben den kritischen Auswirkungen übermäßiger<br />
digitaler Kommunikation zeigt die<br />
Umfrage die immense Bedeutung analoger<br />
Kommunikationsformen, die durch sie<br />
verdrängt zu werden drohen. So nennen<br />
die befragten Fach- und Führungskräfte<br />
physische Meetings und gemeinsame<br />
Brainstormings als das wichtigste Format<br />
(32 Prozent), um innovative Ideen zu entwickeln,<br />
gefolgt vom schnellen Austausch<br />
auf dem Flur bzw. im Großraumbüro (17<br />
Prozent). Das Nutzen von Internetforen<br />
oder digitalen Innovationsplattformen, die<br />
das Unternehmen eingerichtet hat, wird<br />
mit acht bzw. sechs Prozent hingegen als<br />
kaum hilfreich eingeschätzt. Dennoch haben<br />
50 Prozent der befragten Fach- und<br />
Führungskräfte im vergangenen Jahr nicht<br />
an einem analogen Format zur Ideenfindung<br />
wie einem Abteilungsbrainstorming,<br />
Innovationsworkshop oder Hackathon<br />
teilgenommen. Jacob: "In Anbetracht der<br />
großen Bedeutung von Innovationen ist<br />
das <strong>für</strong> Unternehmen höchst gefährlich."<br />
Auch die wichtigen analogen Treffen sind<br />
jedoch keine Selbstläufer. So erklären 63<br />
Prozent der Befragten auch: "Meetings<br />
sind Zeitfresser, die meine Arbeit unnötig<br />
unterbrechen." 59 Prozent bestätigen,<br />
dass viele Mitarbeiter Meetings nicht ernst<br />
nehmen, schlecht vorbereitet sind oder zu<br />
spät kommen. Gewünscht sind deshalb<br />
klare Kommunikationsregeln, eine strikte<br />
Zeitbegrenzung sowie die bessere Auswahl<br />
der Teilnehmer und der Einsatz von<br />
Moderatoren. An dieser Stelle sind insbesondere<br />
die Führungskräfte gefordert, die<br />
Qualität der Meetings zu erhöhen. Gefragt<br />
sind sie zudem in einer weiteren analogen<br />
Disziplin: der Face-to-Face-Kommunikation<br />
mit ihren Mitarbeitern.<br />
So zeigt die Umfrage: Geht es um den<br />
Austausch mit dem Chef, bevorzugen<br />
auch im digitalen Zeitalter 51 Prozent<br />
der Fach- und Führungskräfte die direkte<br />
Kommunikation (gehen spontan vorbei<br />
oder vereinbaren einen Termin), die von<br />
91 Prozent der Befragten als Zeichen besonderer<br />
Wertschätzung betrachtet wird.<br />
Insgesamt gilt, so Taapken:<br />
"Unternehmen sollten sich wieder stärker<br />
um die erfolgreiche analoge Kommunikation<br />
kümmern, statt permanent <strong>neue</strong> digitale<br />
Tools einzuführen." Dabei handelt<br />
es sich um eine Erkenntnis, die laut dem<br />
Experten im Silicon Valley bereits um sich<br />
gegriffen hat. Hier legen gerade hochinnovative<br />
Startups, die den klassischen Firmen<br />
in Sachen Digitalisierung weit voraus<br />
sind, extremen Wert auf die räumliche<br />
Nähe und den persönlichen Austausch unter<br />
ihrer Mitarbeitern.<br />
Autor: www.ey.com<br />
Ausgabe September/2017<br />
85
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86 Ausgabe September/2017
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