12.10.2017 Aufrufe

Gummersbacher Stadtmagazin Oktober 2017

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

2<br />

Rechtsvon<br />

Rechtsanwälten Jost, Strombach & Beer, Gummersbach<br />

<strong>Gummersbacher</strong> Stadt-Magazin 10-17<br />

MAGAZIN<br />

mit Tipps und<br />

Informationen rund um Ihr gutes Recht<br />

Mitverschulden eines Leichtkraftradfahrers<br />

wegen Tragens<br />

von Turnschuhen?<br />

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Matthias Faulenbach<br />

Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />

An dieser Stelle haben wir<br />

bereits mehrfach thematisiert,<br />

dass sich bei Verkehrsunfällen<br />

Haftungsquoten ergeben<br />

können, aus dem Gesichtspunkt<br />

der Mithaftung<br />

oder des Mitverschuldens<br />

der Unfallbeteiligten. Die<br />

spezielle Frage, ob sich ein<br />

Motorradfahrer ein Mitverschulden<br />

wegen Nichttragens<br />

von Schutzkleidung<br />

anrechnen lassen muss, ist<br />

bereits mehrfach Gegenstand<br />

gerichtlicher Entscheidungen<br />

gewesen. Zuletzt<br />

hatte sich das OLG München<br />

(Urteil vom 19.05.<strong>2017</strong> -10 U<br />

4256/16) mit der Frage zu<br />

befassen, ob sich ein innerorts<br />

verunfallter und am Fuß<br />

verletzter Fahrer eines<br />

Leichtkraftrades ein Mitverschulden<br />

entgegenhalten<br />

lassen muss, da er zum Unfallzeitpunkt<br />

Turnschuhe und<br />

keine Motorradstiefel trug.<br />

Das OLG hat diese Frage im<br />

Ergebnis verneint.<br />

Es existiere gem. § 21a Abs.<br />

2 Satz 1 StVO zwar eine gesetzliche<br />

Helmpflicht, aber<br />

keine darüber hinausgehende<br />

Pflicht, bestimmte Motorradschutzkleidung<br />

wie etwa<br />

Motorradstiefel zu tragen.<br />

Allein deswegen sei eine Anspruchskürzung<br />

wegen des<br />

Einwandes des Mitverschuldens<br />

aber noch nicht ausgeschlossen.<br />

Ein Mitverschulden<br />

sei nämlich bereits dann<br />

anzunehmen, wenn der Verletzte<br />

diejenige Sorgfalt außer<br />

Acht lasse, die ein ordentlicher<br />

und verständiger Mensch zur<br />

Vermeidung eigenen Schadens<br />

anzuwenden pflege. Allerdings<br />

lägen dem Senat keine<br />

belastbaren Zahlen vor,<br />

wonach es hinsichtlich der<br />

hier maßgeblichen Zeit des<br />

gegenständlichen Verkehrsunfalls<br />

– im Jahr 2012 – dem<br />

allgemeinen Verkehrsbewusstsein<br />

entsprochen hätte,<br />

dass es für Leichtkraftradfahrer<br />

innerhalb geschlossener<br />

Ortschaften erforderlich ist,<br />

Motorradstiefel zu tragen. Auf<br />

das allgemeine Verkehrsbewusstsein<br />

komme es in dieser<br />

Frage aber entscheidend an,<br />

und nicht auf Aspekte wie das<br />

Verletzungsrisiko, den Erkenntnisstand<br />

hinsichtlich<br />

Schutzmaßnahmen oder bloße<br />

Empfehlungen von Verbänden<br />

etc. Entscheidend seien<br />

vielmehr zureichend verlässliche<br />

Unterlagen wie Umfrageergebnisse,<br />

Statistiken und<br />

amtliche oder nicht amtliche<br />

Erhebungen.<br />

Das OLG München hat zur<br />

Beurteilung der Frage, ob das<br />

Tragen von Motorradschutzkleidung<br />

dem allgemeinen<br />

Verkehrsbewusstsein entspricht,<br />

auf eine amtliche Statistik<br />

der Bundesanstalt für<br />

Straßenwesen abgestellt. Diese<br />

Statistik sei im Ergebnis<br />

jedoch zu ungenau, um ein<br />

allgemeines Verkehrsbewusstsein<br />

anzunehmen. Folgerichtig<br />

sei hier der Vorwurf<br />

des Mitverschuldens nicht<br />

begründet.<br />

Zu berücksichtigen ist nach<br />

alledem, dass sich ein Mitverschulden<br />

wegen Nichtragens<br />

von Schutzkleidung<br />

durchaus ergeben kann,<br />

auch wenn eine gesetzliche<br />

Verpflichtung hierzu fehlt.<br />

Entscheidend ist dabei stets,<br />

ob aus hinreichend belastbaren<br />

Unterlagen ein allgemeines<br />

Verkehrsbewusstsein<br />

abzuleiten ist, dass Zweiradfahrer<br />

in bestimmten Situationen<br />

bestimmte Motorradkleidung<br />

tragen. Hierzu muss<br />

Mitglied der<br />

Rechtsanwalt Manfred Jost (bis 01.01.2008)<br />

®<br />

Rechtsanwalt Ulrich Strombach (bis 01.01.2016)<br />

jeweils differenziert werden<br />

nach den Umständen des<br />

Einzelfalls, also nach der Art<br />

des Zweirades (Mofa bzw.<br />

Kleinkraftrad, Leichtkraftrad<br />

oder größere Maschine),<br />

nach der Jahreszeit oder<br />

nach der Unfallstelle (innerhalb<br />

geschlossener Ortschaft<br />

oder außerhalb). Im zu<br />

entscheidenden Fall hat das<br />

OLG München ein Mitverschulden<br />

des Zweiradfahrers<br />

abgelehnt, da eben ein allgemeines<br />

Verkehrsbewusstsein<br />

dahin, dass mit einem<br />

Leichtkraftrad innerorts nur<br />

mit Motorradschutzstiefeln<br />

zu fahren ist, nicht existiere.<br />

Die Rechtsprechung ist diesbezüglich<br />

aber keineswegs<br />

einheitlich. Das OLG Brandenburg<br />

(NJW-RR 2010,<br />

538) etwa entschied, dass es<br />

aufgrund des Nichtragens<br />

von Schutzkleidung sachgerecht<br />

erscheine, im Rahmen<br />

der Bemessung des Schmerzensgeldes<br />

ein Verschulden<br />

gegen sich selbst schmerzensgeldmindernd<br />

zu berücksichtigen.<br />

Entsprechend<br />

entschied auch das OLG<br />

Düsseldorf. Das OLG Nürnberg<br />

wiederum verneinte ein<br />

Mitverschulden des verletzten<br />

Motorradfahrers, welcher<br />

keine Motorradstiefel trug,<br />

da aufgrund der Vielzahl von<br />

möglichen Schuhvarianten<br />

völlig unklar bliebe, welcher<br />

Standard das Verkehrsbewusstsein<br />

prägen solle. Das<br />

für die hiesige Region zuständige<br />

Landgericht Köln<br />

(DAR 2013, 382) ging demgegenüber<br />

davon aus, dass<br />

sich ein geschädigter Motorradfahrer<br />

ein sich kausal auswirkendes<br />

Nichttragen einer<br />

ausreichenden Schutzkleidung<br />

entgegenhalten lassen<br />

müsse.<br />

Allein der Gesetzgeber hätte<br />

die Möglichkeit, durch Schaffung<br />

entsprechender Vorschriften<br />

Klarheit zu schaffen.<br />

Solange derartige Vorschriften<br />

aber nicht existieren,<br />

ist jedem Zweiradfahrer<br />

anzuraten, bestmögliche<br />

Schutzkleidung zu tragen,<br />

um sich im Fall eines Verkehrsunfalles<br />

nicht im Nachhinein<br />

ein Verschulden gegen<br />

sich selbst schmerzensgeldmindernd<br />

entgegenhalten<br />

lassen zu müssen.<br />

Jost, Strombach & Beer<br />

Rechtsanwälte<br />

Kanzleien<br />

Gummersbach<br />

Nümbrecht<br />

Moltkestr. 21 Langenbacher Str. 22<br />

D-51643 Gummersbach D-51588 Nümbrecht<br />

Tel. +49-2261-2909-0<br />

Fax +49-2261-2909-10<br />

e-mail: info@jostrobe.de<br />

www.jostrobe.de<br />

Rechtsanwältin Karin Beer:<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Erbrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Arzthaftungsrecht, Erbrecht, Zivilrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Strafrecht, Versicherungsrecht<br />

Rechtsanwalt Matthias Faulenbach:<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Familienrecht, Mietrecht, Straßenverkehrsrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Strafrecht, Nachbarrecht<br />

Rechtsanwalt Torsten Strombach:<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwalt für Sozialrecht<br />

Fachanwalt für Medizinrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Baurecht, Arbeitsrecht, Handelsrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Internetrecht, Verwaltungsrecht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!