Select 2018 / 19 - Schweizer Preise
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Riesen des<br />
Ozeans<br />
Bettina Busch, Boomerang Reisen Trier<br />
Schon als wir morgens früh ins Boot steigen, ist mir<br />
etwas flau im Magen. Mit Walhaien schnorcheln, den<br />
größten Fischen der Welt, davor habe ich wirklich<br />
Respekt. Aber eine solche „Once-in-a-lifetime“- Erfahrung<br />
lasse ich mir natürlich auch nicht entgehen.<br />
Während der Bootsfahrt raus aufs offene Meer, die bei<br />
dem etwas stärkeren Seegang an diesem Tag gefühlt<br />
eine halbe Ewigkeit dauert, schlüpfe ich in meinen<br />
Neoprenanzug und bereite Flossen und Schnorchelmaske<br />
vor. Der Meeresbiologe, der uns begleitet,<br />
gibt uns eine Einweisung, wie wir uns im Wasser<br />
gegenüber den Tieren zu verhalten haben. Parallel<br />
hören wir den Hubschrauber über uns, der aus der<br />
Luft die Walhaie sichtet. Positive Anspannung macht<br />
sich langsam breit, während wir auf der Plattform am<br />
Bootsheck sitzen und warten. Immer wieder hören<br />
wir den Funkkontakt zwischen der Crew und dem<br />
Helikopter. Dann geht es auf einmal ganz schnell. „Go,<br />
Go, Go!“ ruft uns die Besatzung entgegen. Viel Zeit<br />
zum Nachdenken bleibt da nicht und ich springe mit<br />
den neun Anderen ins offene Meer. Als sich das Boot<br />
entfernt und die Luftbläschen des aufgewirbelten<br />
Wassers verschwinden, blicke ich in das tiefblaue Wasser<br />
und höre nur ein leises Rauschen jedes Mal, wenn<br />
ich durch den Schnorchel ein- und ausatme. Er kann<br />
jeden Moment auftauchen, aber von wo? Ich schaue<br />
mich um. Kommt er von rechts oder aus der Tiefe<br />
von links? Oder ist er gar hinter mir? Und während ich<br />
noch darüber nachdenke, zeichnet sich verschwommen,<br />
aber in nicht allzu weiter Entfernung vor mir eine<br />
große graue Kontur ab. Langsam paddele ich mit den<br />
Flossen darauf zu. Die Umrisse werden klarer und dann<br />
– WOW! Da ist er! Ein acht Meter langer Walhai. Mir<br />
stockt kurz der Atem. Da zieht ein gigantisch großes<br />
Tier an mir vorbei. Sein Maul, von kleinen Saugfischen<br />
umringt, ist etwa zwei Meter groß, so dass ich bequem<br />
hineinschwimmen könnte. Während ich strampelnd<br />
versuche, halbwegs an ihm dran zu bleiben, bewegt<br />
sich sein Körper ganz sachte und ruhig auf und ab.<br />
Erhaben, majestätisch und lautlos. Die Kiemen fächern<br />
sich auf und filtern das eingesaugte Wasser auf<br />
Nahrung. Die typischen weißen Punkte sind jetzt auch<br />
ganz deutlich zu erkennen. Jeder trägt sein eigenes,<br />
individuelles Muster. Ungefähr sechs, sieben Minuten<br />
lang begleiten wir den friedlichen Riesen, immer<br />
seitlich von ihm, so dass keiner von uns seine Bahn<br />
kreuzt. Dann, mit ein paar kräftigen Schlägen seiner<br />
Heckflosse taucht er ab und verschwindet in den dunkelblauen<br />
Tiefen des Ozeans. Ich, etwas außer Atem<br />
und beeindruckt davon, was gerade passiert ist, bleibe<br />
im Wasser treibend zurück und stelle fest, wie klein wir<br />
in unserer Welt doch eigentlich sind.<br />
Sal Salis Ningaloo Reef © Andy Rouse<br />
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