ANSTOSS 2001 September
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Training<br />
www.anstoss.com<br />
Poolbillard Training<br />
aus Progressivem Pool, 2. überabreitete und ergänzte Neuauflage<br />
von Ralph Eckert<br />
Konzentration (Mentale Fokusierung)<br />
Der Duden: Konzentration; geistige<br />
Sammlung, Anspannung, höchste Aufmerksamkeit.<br />
Fokus; (lat.), Brennpunkt.<br />
Fokussieren; optische Linsen<br />
ausrichten. Mental (lat.-nlat.); in Gedanken,<br />
geistig.<br />
Mentale Fokussierung oder auch<br />
schlicht “Konzentration” überrascht<br />
hier nicht als ein wesentlicher Faktor<br />
zur Aufrechterhaltung von guter sportlicher<br />
Leistung. Konzentration heißt,<br />
die volle Aufmerksamkeit auf eine bestimmte<br />
Sache zu lenken. D.h., nicht<br />
nur eine Tätigkeit, sondern auch die<br />
Gedanken (mental) sind gebündelt auf<br />
ein Ziel gerichtet.<br />
Man befindet sich in einem Zustand<br />
der Konzentration, wenn das was man<br />
tut, in Übereinstimmung ist, mit dem<br />
was man gerade denkt.<br />
Sich auf etwas physisch und mental<br />
voll zu konzentrieren, ist eine schon<br />
fast außerordentliche Fähigkeit geworden,<br />
wenn man bedenkt, dass wir in<br />
einer Zeit leben, in der die Gedanken<br />
immer mehr zum Abschweifen gebracht<br />
werden. Besonders wenn es<br />
darum geht, sich über einen längeren<br />
Zeitraum (Turnier) zu konzentrieren,<br />
scheint diese Fähigkeit im Verlauf der<br />
letzten 100 Jahre vielen Menschen<br />
fast völlig abhanden gekommen zu<br />
sein. Doch möchte ich mich nicht in<br />
gesellschaftskritischen Betrachtungen<br />
eines Neil Postman* verlieren, sondern<br />
bei unserem Sport bleiben.<br />
Eine Billardschule hierzulande warb<br />
einmal mit dem Satz: “Wer Auto fahren<br />
kann, kann auch Billardspielen.”<br />
Im obigen Satz spielte man auf die<br />
Fähigkeit des Menschen an, einen einstudierten<br />
physischen Ablauf (Tätigkeit)<br />
durchzuführen und dennoch<br />
dabei gedanklich völlig woanders zu<br />
sein (siehe 8. Abschnitt, Automatik).<br />
Zum Bsp. eben beim Auto fahren. Man<br />
ist beim Auto fahren schließlich nicht<br />
immer so bewusst bei der Sache; man<br />
kann sich während der Fahrt ja auch<br />
auf Radiosendungen konzentrieren<br />
oder in Gedanken ganz anderen Themen<br />
nachhängen.<br />
Vergleichen wir diesen Vorgang mit<br />
14<br />
dem 8. Abschnitt, wo wir von der Automatik<br />
im Billardspiel (vor allem 14/<br />
1e) gesprochen haben, wird es Verständlich<br />
worauf angespielt wurde.<br />
Doch gehen wir weiter; was geschieht<br />
denn, wenn wir beim Auto fahren auf<br />
eine brenzlige Situation zufahren?<br />
Plötzlich ist unsere volle Aufmerksamkeit<br />
gefordert, alle Gedanken und Tätigkeiten<br />
richten sich darauf diese Situation<br />
zu überstehen. Würden wir in<br />
unserer automatischen Fahrt nicht<br />
oder zu spät darauf reagieren, wäre<br />
ein Unfall unvermeidlich. Ist es nicht<br />
auch so oder zumindest so ähnlich im<br />
Billard?<br />
Woher bekommen wir also diese Fähigkeit,<br />
in wesentlichen Situationen<br />
unsere volle Konzentration auf eine<br />
bestimmte Sache zu richten?<br />
- Kurzfristig -<br />
Über Konzentration und Konzentrationstechniken<br />
sind bereits genügend<br />
separate Bücher geschrieben<br />
worden. Ich beschränke mich daher<br />
auf meine mehrfach gemachte Erfahrung,<br />
dass wenn man Spielern sagt,<br />
sie sollen sich nun konzentrieren, diese<br />
damit wenig anfangen können.<br />
• Es nutzte viel mehr, wenn ich ihnen<br />
sagte, sie sollen die anzuspielende<br />
Kugel - möglichst genau den Punkt,<br />
den sie treffen wollen - fest fokussieren!<br />
Kurzfristig konnte ich damit<br />
vielen Spielern schnell helfen,<br />
wieder in einen sehr konzentrierten<br />
Zustand zurückzufinden.<br />
• Als weitere Maßnahme erinnere ich<br />
mich an eine Aussage Tobias Kims,<br />
die er mir vor vielen Jahren einmal<br />
vor einer wichtigen Partie gab: “Du<br />
denkst nur an eins! Du spielst Ball<br />
für Ball und sonst nichts!” An diesen<br />
Gedanken hielt ich mich fest,<br />
begann also Ball für Ball zu spielen<br />
mit jeweiliger Position zum nächsten.<br />
Nach kurzer Zeit war ich so auf<br />
diese Vorgänge konzentriert, dass<br />
mir mein bis dahin bestes Spiel gelang.<br />
In brenzligen Situationen,<br />
wenn z.B. bei 10:10 Spielstand (auf<br />
11 Gewinnspiele) nach dem Break<br />
ein mittelschweres 9er Spiel auf einen<br />
wartet, ist es sehr hilfreich einfach<br />
nur zu denken: “Die 1 für die 2<br />
im richtigen Winkel zur 3, die 2 für<br />
die 3 im richtigem Winkel zur 4, die<br />
3 für die 4 im richtigem Winkel zur<br />
5 .... usw.” Diese Gedanken vermeiden<br />
es, sich von anderen negativen<br />
Gedanken ablenken zu lassen!<br />
Ungeübteren Spielern hilft es am<br />
Anfang, sich diese Gedanken während<br />
dem Spiel flüsternd vor sich<br />
her zu sagen. Dies unterdrückt<br />
ebenfalls andere negative Gedanken,<br />
die einem in die Quere kommen<br />
können!<br />
• Der Blick darf nicht mehr umherschweifen,<br />
sondern soll ausschließlich<br />
auf das Geschehen auf dem<br />
Billardtisch gerichtet sein. Dabei ist<br />
es egal, ob man selbst oder der<br />
Gegner am spielen ist.<br />
- Langfristig -<br />
Um langfristig Konzentrationsschwierigkeiten<br />
während dem Turnierspiel<br />
abzubauen, sollte man sich<br />
zunächst auch im Training darum bemühen,<br />
die Konzentration zu verbessern.<br />
D.h., man muss lernen, die eigene<br />
Aufmerksamkeit von unwichtigen<br />
auf die wirklich wichtigen Dinge zu lenken,<br />
bzw. sich nicht von unwichtigen<br />
Dingen ablenken zu lassen. Je mehr<br />
man während dem Spiel dazu neigt,<br />
seine Augen schweifen zu lassen, desto<br />
wahrscheinlicher ist es, dass man<br />
Ablenkungen zum Opfer fällt.<br />
• Es ist also von elementarer Bedeutung,<br />
den Blick unter Kontrolle zu<br />
halten. Man trainiert also, den Blick<br />
während des Spiels auf den Tisch,<br />
die Kugeln oder den eigenen Queue<br />
gerichtet zu lassen.<br />
• Durch ein regelmäßiges physisches<br />
Ausdauertraining (Joggen, Schwimmen,<br />
Radfahren,...) lässt sich im übrigen<br />
auch die Konzentrationsfähigkeit<br />
verbessern, besonders wenn es<br />
um die Fähigkeit geht, die Konzentration<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
aufrechtzuerhalten!<br />
Selbstsicherheit<br />
Das ist sicherlich einer der wesentlichsten<br />
Punkte überhaupt. So wie die<br />
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Schienen den Zug führen, soll die<br />
Selbstsicherheit zum Erfolg führen. Es<br />
ist jene Eigenschaft, die sich Ihrer<br />
selbst sicher sein lässt. Die Ihnen zu<br />
einer innerlichen Gelassenheit verhilft,<br />
selbst wenn um Sie herum alles in<br />
Hektik, Nervosität und Unruhe ausbricht.<br />
Eine wesentliche Erkenntnis ist<br />
auch, dass Selbstsicherheit bzw.<br />
Selbstvertrauen durchaus erlernbar<br />
bzw. antrainierbar ist. Der erste Schritt<br />
zur langfristigen Verbesserung dazu<br />
wäre nach Dr. Loehr die Selbstdisziplin.<br />
Selbstdisziplin ist zunächst einmal<br />
die Bereitschaft alles zu tun, was getan<br />
werden muss, um ein höheres Ziel<br />
zu erreichen. Auch wenn man sich<br />
dabei von alten Gewohnheiten trennen<br />
muss. Diese Form von Selbstdisziplin<br />
soll auf direktem Wege zur Selbstkontrolle<br />
führen. Selbstkontrolle ist<br />
die Kontrolle über das was man tut,<br />
was man denkt und wie man reagiert.<br />
Selbstkontrolle soll wiederum zur<br />
Erlangung des erforderlichen Selbstbewusstseins<br />
führen.<br />
Wenn Dr. Loehr bei einem Sportler zu<br />
wenig Selbstvertrauen bemerken würde,<br />
würde er zur langfristigen Verbesserung<br />
mit Disziplin beginnen. Wobei<br />
er beim Sportler die Einsicht zu dieser<br />
Notwendigkeit erreichen müsste, damit<br />
dieser sich selbst in Disziplin üben<br />
kann.<br />
Es ist schließlich ein Akt der Selbstkontrolle,<br />
wenn man sich selbst ein<br />
entsprechendes Programm auferlegt<br />
oder ob man es von außen auferlegt<br />
bekommt. Ein solches Programm würde<br />
z.B. feste Schlaf- und Aufstehzeiten<br />
(Licht aus und basta) beinhalten, sowie<br />
festgelegte Essenszeiten, sowie<br />
ausgesuchte Nahrungsmittel und<br />
schließlich auch ein verhältnismäßiges<br />
Fitnessprogramm. Dieses Programm<br />
muss natürlich mit entsprechenden<br />
Erholungsphasen (siehe 3.Kapitel)<br />
ausgeglichen werden. Das ist nach<br />
neusten sportpsychologischen Untersuchungen<br />
dringend notwendig, sonst<br />
läuft man mitunter Gefahr, den Spaß<br />
an der ganzen Sache zu verlieren. Und<br />
was für eine Bedeutung der Faktor<br />
09/<strong>2001</strong>