20.11.2017 Aufrufe

1. Einleitung

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

128 S IND M ÄDCHEN BESSER?<br />

der theoretischen Betrachtung oft außen vor gelassen werden. Denn wenn<br />

die Ausgestaltung der geschlechtlichen Zugehörigkeit und Identität von<br />

Jungen und Mädchen, wie in Kapitel 3.1 dargestellt, über die Identifikation<br />

mit gleichgeschlechtlichen Vorbildern funktioniert (Golombock und Fivush<br />

1994), müsste der Unterricht bei einem gleichgeschlechtlichem Lehrer nicht<br />

nur positive Auswirkungen für Jungen, sondern auch für Mädchen haben.<br />

Der Zusammenhang von Geschlechtsidentität und Schulleistung ist in<br />

sich unschlüssig (Blossfeld et al. 2009), wird aber immer wieder angeführt,<br />

um den Misserfolg von Jungen zu erklären. Zieht man dennoch eine Verbindung<br />

zwischen dem Vorhandensein von gleichgeschlechtlichen Orientierungsmustern<br />

und Schulleistungen, müssten sich schulische Kompetenzen<br />

bei Jungen umso schlechter entwickeln, wenn sie von einer Lehrerin<br />

unterrichtet werden. Dieses Sozialisationsmodell vernachlässigt wiederum,<br />

dass sich auch von Personen des jeweils anderen Geschlechts etwas über<br />

die geschlechtliche Zugehörigkeit lernen lässt. Auch die Tatsache, dass die<br />

Leitungsfunktionen in der Gesellschaft überwiegend von Männern besetzt<br />

sind lässt Aussagen über die Position zu, die Männern symbolisch zukommt<br />

(Budde 2008: 493). Zudem geben Jungen, wenn man sie selbst<br />

fragt, Lehrer nicht als Vorbilder an (Zimmermann 1999).<br />

Empirisch wies in Bezug auf kognitive Kompetenzen Dee (2007) Zusammenhänge<br />

zwischen dem Geschlecht der Lehrkraft und den Kompetenzen<br />

der Jungen und Mädchen nach. Helbig (2010b) konnte an Schulen<br />

mit einem höheren Lehrerinnenanteil marginal bessere Lesekompetenzen<br />

der Mädchen nachweisen, jedoch keine besseren Matheleistungen und<br />

keine schlechteren Kompetenzen der Jungen. Viele andere Autoren konnten<br />

jedoch keinen Zusammenhang zwischen dem Unterricht bei einem<br />

gleichgeschlechtlichen Lehrer und der Kompetenzentwicklung von Mädchen<br />

und Jungen nachweisen (Allan 1993; Ehrenberger et al. 1995; Li 1999;<br />

Ashley 2003; Butler und Christensen 2003; Carrington und Skelton 2003;<br />

Driessen 2007; Sokal et al. 2007; Carrington et al. 2008; Helbig 2010b;<br />

Neugebauer et al. 2010; Sprietsma 2010). Zudem fanden sowohl Helbig<br />

(2010a), als auch Neugebauer et al. (2010) in einigen Ländern niedrigere<br />

kognitive Kompetenzen von Jungen und Mädchen, wenn sie von einem<br />

männlichen Lehrkräften unterrichtet wurden. Zudem fanden Baier und<br />

Pfeiffer (2011) eine tendenziell schlechtere Benotung von Jungen bei<br />

männlichen Lehrkräften.<br />

In einer zweiten Argumentationslinie wird davon ausgegangen, dass<br />

Lehrerinnen möglicherweise Verhaltensweisen erwarten und prämieren, die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!