RECHTSMAGAZIN – ANZEIGE – Rechtsanwälte www.felser.de mit Tipps und Informationen rund um »Ihr gutes Recht« von Rechtsanwalt Michael W. Felser Alle reden von Neuwahlen! Alle reden von Neuwahlen, aber wird es dazu überhaupt kommen? So einfach mal eine weitere Wahl anberaumen, geht nicht. Zunächst müssen nämlich die Vorgaben des Grundgesetzes beachtet werden. Seit der Bundestagswahl ist die Bundeskanzlerin „kommissarisch“ weiter im Amt, ohne dass sich ihre Kompetenzen geändert haben. Auf Ersuchen des Bundespräsidenten nämlich ist die Bundeskanzlerin, auf Ersuchen der Bundeskanzlerin oder des Bundespräsidenten ein Bundesminister bzw. eine Bundesministerin verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen, Art. 69 Abs. 3 GG. So ist es auch <strong>2017</strong> nach der Wahl geschehen. Kommt keine neue Regierungsmehrheit durch Koalitionen zusammen, sieht Art. 63 GG ebenfalls noch keine Neuwahlen vor, sondern zunächst den Versuch, eine Mehrheit für eine neue Bundeskanzlerin oder einen neuen Bundeskanzler zu finden. Eine ausdrückliche Frist, in der die Wahl des Bundeskanzlers im Anschluss an die Bundestagswahl stattzufinden hat, nennt das Grundgesetz allerdings nicht. Theoretisch könnte die Bundeskanzlerin also kommissarisch weiter „regieren“ um weitere Versuche einer Koalitionsbildung für eine Regierungsmehrheit zu versuchen. Scheitert dies, regelt Art. 63 GG das weitere Verfahren: Artikel 63 GG (1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt. (2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundes-präsidenten zu ernennen. (3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen. (4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen. Zunächst ist also Bundespräsident Steinmeier am Zug, der sich auch schon zu Wort gemeldet hat. Falls sich keine neue Koalition bildet, müsste er dem Bundestag eine Bundeskanzlerin oder einen Bundeskanzler vorschlagen. Das wird wohl auf die bisherige und derzeit geschäftsführende Bundeskanzlerin hinauslaufen. Der Bundespräsident ist aber grundsätzlich frei, wen er nach pflichtgemäßem Ermessen vorschlägt. Er soll aber einen Kandidaten vorschlagen, der mehrheitsfähig ist. Zu einer erfolgreichen Wahl nach Art. 69 GG benötigt die vorgeschlagene Kanzlerkandidatin oder der vorgeschlagene Kanzlerkandidat in der ersten Wahlphase die absolute Mehrheit der Abgeordnetenstimmen, also die Hälfte der Gewählten (<strong>2017</strong> wurden 709 Abgeordnete gewählt) plus mindestens eine Stimme der Bundestagsabgeordneten, die sogenannte "Kanzlermehrheit". Diese Wahl, die aus bis zu drei Wahlphasen bestehen kann, findet ohne Aussprache und „mit verdeckten Stimmzetteln“, d.h. geheim, statt. Kommt bei der Wahl im ersten Durchgang keine absolute Mehrheit zustande, schließt sich die zweite Wahlphase an. Der Bundestag (der Bundespräsident ist dann raus) hat dann 14 Tage Zeit, eine andere Kandidatin oder einen oder mehrere anderen Kandidaten zu suchen und eine Kanzlerin oder einen Kanzler zu wählen. Dabei sind gesetzliche Vorgaben für Wahlvorschläge zu beachten; es kann so zu Kampfkandidaturen kommen. Die Zahl der Wahlgänge ist daher anders als die Wahlphasen nicht begrenzt. Auch in der zweiten Wahlphase ist aber wieder die absolute Mehrheit der Stimmen notwendig. Der Bundestag kann die 14 Tagesfrist aber auch ohne Kandidatenvorschlag verstreichen lassen. Gelingt in der zweiten Wahlphase keine erfolgreiche Wahl mit Kanzlermehrheit, muss das Parlament in der dritten Phase unverzüglich noch einmal abstimmen. Dabei genügt die relative Mehrheit, gewählt ist also, wer die meisten Stimmen erhält. Gelingt die Wahl der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers mit absoluter Mehrheit, ist der Bundespräsident verpflichtet, sie oder ihn innerhalb von sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Wurde dagegen nur eine relative Mehrheit erreicht, muss der Bundespräsident die Kanzlerin oder den Kanzler entweder binnen sieben Tagen ernennen oder alternativ innerhalb dieser Frist den Bundestag auflösen. Erst dann und nur im letztgenannten Fall ist der Weg zu Neuwahlen frei. Den Steuerzahler kosten Neuwahlen übrigens richtig Geld. Die reinen Wahlkosten (also die Kosten für die Organisation der Wahl) liegen nach Informationen des Innenministeriums bei 92 Mio. EUR. Dazu kommen eventuell Kosten der Parteien, die einen Anspruch auf Erstattung der Wahlkosten haben, der allerdings gedeckelt ist (für 2016 bei 160,5 Mio. EUR). Übergangsgeld für die frischgewählten aber nicht bei der Neuwahl wiedergewählten Bundestagsabgeordneten fällt erst nach einem Jahr Amtszeit an. Aber wenn sich die Neuwahlen hinziehen, kommen auch hier noch Kosten auf den Steuerzahler zu. 12 <strong>Kölner</strong> <strong>Süden</strong>
Wandel Abwassertechnik Kanal- &Rohrreinigung