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Vergütung intensimedizinischer Leistungen im DRG-System

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vestitionsförderungsprogrammen zur<br />

Verfügung gestellt werden.<br />

Die Erhebung von pflegerischen <strong>Leistungen</strong><br />

mit dem TISS-10-Score ist pr<strong>im</strong>är<br />

aus Praktikabilitätsgründen eingeführt<br />

wordenund bildetdentatsächlichenpflegerischen<br />

und medizinischen Aufwand<br />

sehr unzureichend ab. Die <strong>Vergütung</strong>srelevanz<br />

von nicht evidenzbasierten<br />

Maßnahmen (z. B. Pulmonaliskatheter<br />

[31], Therapie mit multiplen Katecholaminen<br />

[34]) ist zudem anfechtbar.<br />

Aspekte zusätzlichen Aufwands, wie<br />

bei der Betreuung von isolierten Patienten<br />

mit multiresistenten Erregern,<br />

Delirpatienten und Patienten mit anderen<br />

neurologischen Problemen, werden<br />

ebenfalls nicht abgebildet [15, 23].<br />

Um den pflegerischen Aufwand bei<br />

Intensivpatienten besser darzustellen,<br />

sollten alternative Erfassungssysteme<br />

untersucht, miteinander verglichen und<br />

ggf. weiterentwickelt werden. In Österreich<br />

ist der sog. TISS-A, ein modifizierter<br />

TISS-28, <strong>im</strong> Einsatz [20]. In<br />

Deutschland verwenden eine Reihe von<br />

Kliniken das am Universitätsklinikum<br />

Heidelberg entwickelte INPULS-<strong>System</strong><br />

[42].<br />

Reform der <strong>Vergütung</strong><br />

intensivmedizinischer <strong>Leistungen</strong><br />

Auf der Basis dieser Daten sollte das<br />

INEK für jede der 3 Versorgungsstufen<br />

sowie für die Spezialversorger die<br />

Kosten einer Intensivbehandlung berechnen.<br />

Die direkten Personalkosten<br />

der Intensivstationen (Ärzte, Pflegekräfte,<br />

übriges Personal) sollten dabei<br />

gesondert aufgeschlüsselt werden. Dabei<br />

sind auch Kosten (einschließlich Ausfallzeiten)<br />

z. B. für Stationsleitungen, Fachweiterbildung,<br />

akademisch ausgebildete<br />

Intensivpflegekräfte und Praxisanleiter,<br />

Atmungstherapeuten sowie für benötigtes<br />

Personal für zusätzliche Aufgaben<br />

(z. B. Rean<strong>im</strong>ationsdienste) zu berücksichtigen.<br />

Für jede Versorgungsstufe<br />

könnten <strong>im</strong> Rahmen der Qualitätskriterien<br />

Personaluntergrenzen definiert<br />

werden, die <strong>im</strong> Durchschnitt nicht unterschritten<br />

werden sollten. Je nach<br />

Leistungsvolumen einer Intensivstation<br />

ist jedoch von einem deutlich höheren<br />

Personalbedarf auszugehen. Dabei ist<br />

auch zu berücksichtigen, dass speziell<br />

Intensivstationen, die eine hohe Anzahl<br />

von ungeplanten Notfällen versorgen,<br />

hier auch bislang nicht vergütete Vorhaltekosten<br />

zu tragen haben. In Österreich<br />

wird in einem gestuften <strong>System</strong> aus den<br />

Leistungsdaten einer Intensivstation ein<br />

Intensivtagespunktwert berechnet, der<br />

die fixen Pflegepersonalkosten einer Intensivstation<br />

bei Einhaltung der für diese<br />

Versorgungsstufe vereinbarten Personalvorgaben<br />

für Intensivbehandlungsplätze<br />

bzw. IMC-Betten abdecken soll [20]. Unterschreitet<br />

der Ist-Personalschlüssel der<br />

jeweiligen Intensivstation den Norm-<br />

Personalschlüssel, ist dies die Grundlage<br />

für entsprechende Gegenmaßnahmen.<br />

Die Kosten für den ärztlichen Dienst der<br />

Intensivstation sind <strong>im</strong> österreichischen<br />

<strong>System</strong> leider nicht abgebildet.<br />

» Für jede Versorgungsstufe<br />

könnten Personaluntergrenzen<br />

definiert werden<br />

Ein anderer Ansatz würde darin bestehen,die<strong>DRG</strong>füreineBehandlungauf<br />

der Intensivstation mit der für diese<br />

Versorgungsstufe festgelegten Personaluntergrenze<br />

zu kalkulieren und die<br />

darüber hinausgehenden Personalkosten<br />

durch einen Zuschlag zu finanzieren.<br />

Eine Alles-oder-nichts-Lösung wie bisher<br />

mit Aberkennung der kompletten<br />

intensivmedizinischen Komplexbehandlung<br />

bei Nichterfüllung eines Kriteriums<br />

gäbe es so nicht. Bei Personalmangel<br />

würden die nicht anfallenden Personalkosten<br />

entsprechend auch zu einer<br />

proportionalen Senkung der <strong>Vergütung</strong><br />

führen. Ein notwendiger Personalaufbau<br />

oder Investitionen in die Qualifikation<br />

der Mitarbeiter sollten dagegen zu einer<br />

proportionalen Anhebung der <strong>Vergütung</strong><br />

führen. Ein Krankenhaus könnte<br />

so aber auch nicht durch eine Min<strong>im</strong>ierung<br />

des Personalansatzes versuchen,<br />

den Gewinn zu max<strong>im</strong>ieren.<br />

Die Personalkosten von Intensivstationen<br />

würden somit ganz oder zumindest<br />

teilweise aus den klassischen <strong>DRG</strong><br />

herausgenommen, sodass die <strong>DRG</strong> pr<strong>im</strong>är<br />

den normalen Sachaufwand einer<br />

Intensivbehandlung bei der jeweiligen<br />

Erkrankung abdecken. Das <strong>System</strong> sollte<br />

Anreize min<strong>im</strong>ieren, einen Intensivaufenthalt<br />

über das notwendige Maß hinaus<br />

zu verlängern. Ebenfalls sollte kein<br />

Anreiz bestehen, ein vermeintlich besser<br />

vergütetes Verfahren (z. B. invasive Beatmung)<br />

anstelle eines in dieser Situation<br />

gleichwertigenwenigerinvasivenVerfahrens<br />

(z. B. High-flow-Sauerstofftherapie,<br />

nichtinvasive Beatmung) einzusetzen.<br />

Besonders teure intensivmedizinische<br />

Zusatzleistungen (z. B. extrakorporale<br />

Membranoxygenierung [ECMO],<br />

Blutgerinnungsfaktoren) sollten über<br />

Zusatzentgelte vergütet werden, die die<br />

angefallenen Sachkosten kostendeckend<br />

abdecken ohne wirtschaftliche Anreize<br />

für ihren Einsatz zu bieten. So sollten z. B.<br />

bei Gerinnungsfaktoren die <strong>Vergütung</strong><br />

nicht an verabreichte Mindestmengen<br />

gekoppelt sein und die tatsächlichen<br />

Kosten ersetzt werden. Betreibt eine<br />

Intensivstation einen besonders großen<br />

apparativen Aufwand (z. B. offizielles<br />

ECMO-Zentrum), muss das für diese<br />

Hochleistungsmedizin notwendige und<br />

zusätzlich ausgebildete Personal in die<br />

Berechnung der Soll-Personalausstattung<br />

für diese Station einfließen und<br />

über diesen Weg vergütet werden.<br />

» Besonders teure intensivmedizinische<br />

Zusatzleistungen<br />

sollten über Zusatzentgelte<br />

vergütet werden<br />

Insgesamt sollte bei Einführung eines<br />

solchen <strong>System</strong>s die Notwendigkeit von<br />

Einzelfallprüfungen durch den MDK<br />

deutlich reduziert werden. Stattdessen<br />

sollte der MDK die jährlichen einzureichenden<br />

Struktur-, Leistungs-, Personalund<br />

Qualitätsdaten (s. oben) einsehen<br />

und überprüfen können. Weichen die<br />

hier errechneten Werte bzw. die sonstigen<br />

vorgelegten Daten deutlich von<br />

den Standardwerten ab, könnte auf Veranlassung<br />

des MDK, aber auch des<br />

Krankenhauses oder der zuständigen<br />

Landesgesundheitsbehörde ein standardisiertes<br />

Audit auf der Intensivstation<br />

nach dem Vorbild des Peer-Reviews der<br />

Landärztekammern und der DIVI beantragt<br />

werden [11]. Das Auditgremium<br />

sollte z. B. aus einem erfahrenen Inten-<br />

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin

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