Es ist nicht vorbei - BStU
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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />
die Opfer sind an Aufarbeitung interes-<br />
siert. Die Stasi-Ärzte, Wärter und Erzie-<br />
her, die wir für unsere Doku kontaktiert<br />
haben, verweigern selbst mir als Journal<strong>ist</strong>in<br />
das Gespräch. Sie wollen <strong>nicht</strong><br />
reden. Sie wollen sich <strong>nicht</strong> erinnern. Sie<br />
wollen sich auch <strong>nicht</strong> konfrontieren,<br />
geschweige denn reflektieren. Im Film<br />
geht Carola einen Schritt weiter und<br />
fordert von Prof. Limberg das Schuldbekenntnis<br />
ein. Natürlich bekommt sie<br />
es <strong>nicht</strong> und so nehmen die Ereignisse<br />
ihren Lauf, bis zum bitteren Ende.<br />
Mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall<br />
scheinen die Verbrechen des Systems<br />
schon wieder in Vergessenheit zu geraten.<br />
Welche Kraft und Wirkung trauen<br />
Sie einem Fernsehfilm zu, was erhoffen<br />
Sie sich?<br />
Natürlich wünsche ich den Frauen, dass<br />
sie gehört werden, und vielleicht kann<br />
der kleine Themenabend am 9. November<br />
– mit Fernsehfilm und Doku – dazu<br />
beitragen.<br />
<strong>Es</strong> gibt seltsamerweise wenig Empathie<br />
in unserer Gesellschaft für die Opfer<br />
der SED-Diktatur. Der Westen interessiert<br />
sich <strong>nicht</strong> dafür, nach dem Motto:<br />
Jetzt <strong>ist</strong> doch alles gut – und im Osten<br />
gibt es die Haltung: Selbst schuld. Warum<br />
haben die <strong>nicht</strong> einfach den Mund<br />
gehalten und sich angepasst? Warum<br />
mussten die denn unbedingt flüchten,<br />
ausreisen oder sich mit den Staatsorganen<br />
anlegen? <strong>Es</strong> lebte sich doch ganz<br />
gut in der DDR ... Und warum <strong>ist</strong> jetzt<br />
<strong>nicht</strong> endlich mal Schluss mit dieser<br />
DDR-Vergangenheit, 22 Jahre nach der<br />
Wende? Aber es kann <strong>nicht</strong> „Schluss<br />
sein“ mit Schicksalen, die mit dieser<br />
Vergangenheit bis heute zu kämpfen<br />
haben. „Aufarbeitung“ und „Unrechts-<br />
staat“, diese Begriffe sind heute Reizworte.<br />
Fakt <strong>ist</strong>: Die DDR war eine sozial<strong>ist</strong>ische<br />
Diktatur, dazu muss man nur<br />
mal das Strafgesetzbuch der ehemaligen<br />
Deutschen Demokratischen (!) Republik<br />
studieren und die sogenannten<br />
„Gummiparagraphen“ 99, 100, 106, 107,<br />
213 und 249 lesen.<br />
Eine gesellschaftliche Debatte über<br />
das Gestern im Heute, die bis in die<br />
Familien hineinreicht, hat – entgegen<br />
aller Beteuerungen – <strong>nicht</strong> stattgefunden.<br />
Stiftungen und Behörden, die sich<br />
weiterhin um Aufklärung bemühen,<br />
werden angefeindet und müssen sich<br />
rechtfertigen. Aber ich glaube, die Fragen<br />
werden noch gestellt werden. Vielleicht<br />
braucht es noch eine gewisse Zeit,<br />
bis eine junge, unbefangene und geschichtsbewusste<br />
Generation anfängt,<br />
sich mit der Geschichte ihrer Eltern und<br />
Großeltern sachlich auseinanderzusetzen.<br />
Die me<strong>ist</strong>en Diskussionen werden<br />
ja nach wie vor sehr emotional geführt.<br />
Auch ich, als Westdeutsche, genauer<br />
gesagt als gebürtige Österreicherin, erlebe<br />
immer wieder, dass Menschen aus<br />
Ost und West mich nach meiner Motivation<br />
fragen. Wieso beschäftigst du<br />
dich damit? Was hast du eigentlich damit<br />
zu tun? Ich frage dann zurück: Hat<br />
der Osten die DDR für sich gepachtet?<br />
Wir haben eine gesamtdeutsche Geschichte<br />
und eine gemeinsame Verantwortung<br />
dafür. Aber vielleicht bin ich<br />
auch nur neugierig – weil ich verstehen<br />
will? Weil mich Menschen mit Bruchstellen<br />
interessieren? Suchen Sie sich<br />
eine Antwort aus!<br />
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