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(Hauszeitung 1-08 f\374r Internet) - Seniorenzentrum Katharina von ...

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Es war Karsamstag und noch früh am Morgen.<br />

Eine Frau und ein etwa dreizehnjähriger<br />

Junge gingen die Landstraße entlang. Die<br />

Frau war blass und mager, das Gehen<br />

schien ihr Mühe zu machen. Mager und<br />

blass war auch der Junge. Er trug einen leeren<br />

Rucksack.<br />

Es war noch kein ganzes Jahr seit dem Ende<br />

des Zweiten Weltkrieges vergangen. Überall<br />

herrschten Not und Hunger. Die Frau und<br />

der Junge wollten wie so viele andere versuchen,<br />

auf den umliegenden Dörfern ein wenig<br />

Mehl und Fett zu bekommen. Sie waren<br />

schon vor Tagesanbruch aufgestanden um<br />

bei den ersten „Hamsterern“ zu sein. Aber<br />

bis jetzt war ihr mühseliger Weg ohne Erfolg<br />

geblieben.<br />

Endlich hatte eine Bäuerin Mitleid mit den<br />

beiden. „Kommt herein“, sagte sie, „und ruht<br />

euch ein wenig aus. Mitgeben kann ich euch<br />

aber nichts, es waren in der Woche schon zu<br />

viele da.“<br />

Die Frau seufzte, aber sie war doch dankbar<br />

für eine kurze Rast. So setzten sich der Junge<br />

und seine Mutter nebeneinander auf die<br />

Eckbank. Die Bäuerin stellte vor die beiden<br />

Milch auf den Tisch und legte zwei Stück<br />

Brot dazu. Sie dankten und aßen und tranken<br />

ganz langsam, um möglichst lange etwas<br />

da<strong>von</strong> zu haben.<br />

Inzwischen hantierte die Bäuerin am Herd.<br />

Aus einem großen Topf fischte sie Eier, über<br />

die sie dann kaltes Wasser laufen ließ. „Die<br />

sind für morgen,“ meint sie ein wenig verlegen,<br />

„für den Korb, in dem wir die Sachen<br />

zur Speisenweihe tragen. Brot und Salz und<br />

Geräuchertes - und eben Eier. Ich hab sie<br />

mit Zwiebelschalen gefärbt. Etwas anderes<br />

gibt es ja gar nicht .“<br />

„Ich könnte sie anmalen“, sagte der Junge.<br />

„Was?“, fragte die Bäuerin erstaunt. „Kannst<br />

du denn das?“<br />

„Oh ja“, meinte die Frau ganz eifrig, „er ist<br />

sehr geschickt in solchen Sachen. Wenn es<br />

nach ihm ginge, würde er den ganzen Tag<br />

malen. Aber das bringt ja leider nichts ein,<br />

und das, was man dazu braucht bekommt<br />

man nicht zu kaufen. Eier hat er allerdings<br />

noch nicht bemalt, wo sollten wir sie denn<br />

auch hernehmen! Aber er wird sich ganz große<br />

Mühe geben - was Georg?“<br />

Aktuelle Nachlese Information<br />

Ostereier<br />

<strong>von</strong> Maria Thudichum<br />

Der Junge antwortete nicht. Er zog ein<br />

Schächtelchen aus der Hosentasche, in dem<br />

einige kümmerliche Stummel <strong>von</strong> Bundstiften<br />

lagen. „Mehr Farben hab ich nicht“, sagte er<br />

leise. Die Bäuerin lachte. „Dann versuch dein<br />

Glück“, sagte sie und reichte ihm ein Ei. Der<br />

Junge nahm es behutsam entgegen. Und<br />

dann begann er zu malen. Erst zitterte seine<br />

Hand ein wenig und die bunten Blumenkränzchen,<br />

die er rundherum anbrachte, wurden<br />

nicht ganz regelmäßig, aber sie sahen<br />

trotzdem nett und lustig aus. Beim nächsten<br />

Ei wurde der Junge schon sicherer. Er verzierte<br />

es mit Sternen und Kreisen und kleinen<br />

Vierecken und jeden Kreis und in jedes<br />

Viereck malte er eine winzige Blume. Und<br />

dann kam der Junge erst richtig in Schwung<br />

und Begeisterung. Er malte kleine Küken, die<br />

einander nachliefen, Hasen, die Männchen<br />

machte, Käfer, Schmetterlinge und Häuschen<br />

mit grünen Bäumchen dazwischen.<br />

Die Frau bekam vor Freude und Stolz ein<br />

ganz rosiges Gesicht und die Bäuerin sagte<br />

nur immerzu:„Nein, so was, nein, so was.“<br />

Das sagte auch die Nachbarin, die auf einen<br />

Sprung vorbeikam. Und sie meinte, der Junge<br />

solle doch zu ihr herüberkommen, wenn<br />

er hier fertig sei. Er brauche es nicht umsonst<br />

zu tun, nein, und seine Mutter solle<br />

auch nur mitkommen.<br />

Es sprach sich schnell herum im Dorf, dass<br />

da ein Junge sei, der es wunderbar verstehe,<br />

Eier anzumalen. Die beiden gingen <strong>von</strong><br />

Haus zu Haus, überall bekamen sie zu essen<br />

und zu trinken. Und sie wurden so satt<br />

wie schon seit Monaten nicht mehr. Und in<br />

jedem Haus stopfte man ihnen etwas in den<br />

Rucksack - er wurde richtig prall <strong>von</strong> all den<br />

Dingen, die man plötzlich so freigiebig spendete.<br />

Als dem Jungen die Farbstifte ausgingen<br />

waren plötzlich neue da - eine ganze<br />

Schachtel voll, die man ihm mit vielen<br />

freundlichen Worten schenkte.<br />

Als die Frau schließlich sagte, sie müssten<br />

sich nun wirklich auf den Heimweg machen,<br />

nahm ein Bauer sie und den Jungen ein<br />

Stück weit auf dem Milchfuhrwerk mit. Da<br />

saßen sie bei den scheppernden Kannen,<br />

den vollen Rucksack neben sich, und waren<br />

sehr müde und sehr glücklich. Am glücklichsten<br />

aber war der Junge.<br />

Herzblatt <strong>08</strong> 13

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