soziologie heute Februar 2009
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34 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong><br />
Foto: Stephanie Hofschlaeger, pixelio<br />
Soziologie<br />
weltweit<br />
Die identitätsbildende Kraft der Städte<br />
Städtische Identität besteht aus mehr als aus restaurierten historischen Gebäuden,<br />
Schlössern und Kirchen. Die Darmstädter Soziologin Martina Löw<br />
konzentriert sich bei ihren Betrachtungen auf Aspekte wie Menschenströme,<br />
Straßenbeleuchtung, Lärm, Parkwege oder Jogging am Asphalt. Löw geht<br />
von einer „Eigenlogik der Städte” aus. Sie vertritt die Auffassung, dass Städte<br />
Territorien konkreter Gesellschaftsbildung sind - je nachdem, wie die Vielzahl<br />
der Phänomene (Armut, Kindheit, Marginalität uswf.) subjektiv erlebt<br />
und kollektiv verwaltet werden. Nach Löw bräuchten wir eine „Soziologie<br />
der Städte”.<br />
Sie nimmt bezug auf die tiefe kollektive Erinnerung an Stadtmauern als Verteidigungsmauern,<br />
welche sich im kollektiven Bewusstsein nicht einfach<br />
auslöschen lassen. Es ist das Bedürfnis der Menschen, die Stadt als unterscheidbare<br />
Einheit abzugrenzen - in erster Linie nicht gegen das umliegende<br />
Land, sondern gegen andere, konkurrierende Städte.<br />
Gerade Großstädte stellen neben den Nationalstaaten <strong>heute</strong> eine neue Stufe<br />
der Vergesellschaftung dar. Während Metropolen als globale Akteure oft potenter<br />
als Nationen sind, bleiben sie doch mit ihrer konzentrierten Raumbindung<br />
so lokal wie ein Dorf.<br />
Obwohl mit dem Phänomen „Altstadt” noch vor mehreren Jahrzehnten<br />
Elend, Enge, Verwahrlosung assoziiert wurden, ist die Altstadt <strong>heute</strong> zu einer<br />
zentralen Komponente des modernen Städtebaus geworden. Altstadtpflege<br />
zielt nicht nur auf den Erhalt des Bestehenden, sondern auf die Schaffung<br />
einer homogenisierten, leicht wiedererkennbaren Eigenart.<br />
Das Marketing tut ein Übriges mit Image-Pflege, City-Branding u. dgl. Städte<br />
versuchen sich im Konkurrenzkampf um Attraktivität für Touristen und<br />
Bewohner voneinander abzugrenzen. Dennoch: unverwechselbares Image,<br />
welches Marketingabteilungen ihren Städten zu geben versuchen, sind nicht<br />
willkürlich wählbar. Bestimmte Sachen sind an einer Städt und ihren Traditionen<br />
gewachsen und lassen sich nicht immer verändern.<br />
„Für den Sex nach Berlin, für die Liebe eher ins romantische München.” Mit<br />
diesen Slogans werden Städte im ständigen Wettbewerb ums Eigenprofil erotisiert.<br />
Geschichtlich lässt sich der Gegensatz zwischen Berlin und München<br />
gut zurückverfolgen: Berlin hat sich bereits in den 20er-Jahren als schnell<br />
wachsende Arbeiter- und Kulturstadt einen Namen gemacht, München war<br />
dagegen stets ein Bild des versöhnlichen Zusammenlebens zwischen Städtischem<br />
und Ländlichem.”