Kolpingmagazin 1-2018
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EINE WELT<br />
Rocio Gonzales und ihre Tochter Maybrith wissen wieder, was sie aneinander haben.<br />
In einer für sie schwierigen Zeit hat ihnen ein Kolping-Kurs geholfen, einander zu verstehen<br />
und die Familie zu stärken.<br />
Starke Familien, starke Gesellschaft<br />
Auch in Bolivien nimmt die Arbeitsbelastung der Eltern zu. Oft fehlt<br />
die Zeit, sich ausreichend mit den Kindern zu beschäftigen. Ein<br />
Kolping-Programm hilft, solche Familien zu stärken.<br />
TEXT: Katharina Nickoleit<br />
FOTOS: Christian Nusch<br />
Noch einmal betrachten Rocio Gonzales und ihre Tochter<br />
Maybrith die Materialien, mit denen sie vor ein paar Monaten<br />
in dem Kolping-Kurs „Familias Fuertes – Starke Familien“<br />
gearbeitet haben. „Mit Liebe und Regeln sind wir eine bessere<br />
Familie“ steht auf einem der Arbeitsblätter. Unwillkürlich schauen<br />
sich die beiden an und lächeln. Sieben Wochen lang haben sich Rocio<br />
und Maybrith jeden Donnerstagabend gemeinsam mit anderen<br />
Eltern und deren jugendlichen Kindern getroffen. Erst eine Stunde<br />
nach Generationen getrennt, dann gemeinsam.<br />
Beatriz Ceron hat die Sitzungen moderiert. „Eltern und Kinder<br />
sind einander oft entfremdet“, erklärt die Mediatorin. Und das nicht<br />
nur, weil die Pubertät oft eine schwierige Zeit ist – auch in Bolivien.<br />
„Wir beobachten, dass die Eltern immer weniger Zeit für ihre Kinder<br />
haben. Das Leben ist teuer geworden. Oft müssen Vater und Mutter<br />
arbeiten, sind den ganzen Tag unterwegs und sehen ihre Kinder<br />
kaum noch.“ In so einer Situation fangen in Deutschland Schulen,<br />
Vereine und Jugendeinrichtungen vieles auf. In Bolivien nicht. Im<br />
besten Fall kümmern sich die Großeltern. Oft aber suchen sich die<br />
Jungen und auch die Mädchen Ersatzfamilien: Gruppen von Kindern<br />
und Jugendlichen, die die meiste Zeit auf der Straße verbringen. Die<br />
Gefahr eines Abrutschens in Drogen und Kriminalität ist dann groß.<br />
„Das Beste, was wir tun können, ist, die Familien wieder zusammenzubringen.<br />
Das ist für jeden Einzelnen gut – und für die ganze Gesellschaft“,<br />
so Beatriz Ceron.<br />
Rocio Gonzales nahm mit ihrer damals 15-jährigen Tochter bei<br />
„Familias Fuertes“ teil, weil sie zutiefst unglücklich über ihr Verhältnis<br />
zu Maybrith war. „Ich habe mich meinem Kind so schrecklich<br />
fern gefühlt“, sagt sie und muss bei der Erinnerung daran weinen.<br />
„Wir hatten ständig Auseinandersetzungen, weil wir einfach nicht<br />
verstanden haben, was in der anderen vorgeht.“ Beatriz Ceron kennt<br />
das nur zu gut. „Oft wissen die Erwachsenen nicht mehr, wie man<br />
sich als junger Mensch fühlt. Und die Jugendlichen können sich<br />
56 KOLPINGMAGAZIN 1–<strong>2018</strong>