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E_1938_Zeitung_Nr.017

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„Antomobil-Revoi" — II. Blatt. Rr. 17 BERN, Dienstag, 22. Februar <strong>1938</strong><br />

«Das Schwergewicht der englischen Automobil-Produktion<br />

hat sich nach wiederholtem<br />

Hin- und Herschwanken der<br />

Waagschale erst in diesem Jahre zugunsten<br />

des 7 PS verschoben. »<br />

Mit diesen Worten charakterisiert unser<br />

Londoner Berichterstatter in Nr. 84 der «Automobil-Revue»<br />

die jüngste Entwicklungsphase<br />

auf dem Inselreich, wobei er als Automobilfachmann<br />

in erster Linie an die technische<br />

Seite der Frage denkt. Daneben hat sie aber<br />

auch noch eine wirtschaftliche, die ebenso<br />

wichtig ist.<br />

Wenn die englische Automobilindustrie auf<br />

der ganzen Welt den Ruf ausserordentlicher<br />

Zuverlässigkeit geniesst, so verdankt sie ihn<br />

zu einem guten Teil jenen kleinsten ihrer Erzeugnisse,<br />

die unter der Bezeichnung «Seven»<br />

und «Eight» zu Hunderttausenden in allen<br />

Teilen der Welt gefahren werden. Man muss<br />

ihr darum das Vertrauen schenken, dass sie<br />

eine solche Absatzmöglichkeit nicht ohne triftige<br />

Gründe vernachlässigt. Wer, wie sie,<br />

den Markt gerade in jener Wagenklasse<br />

während Jahren souverän beherrscht hat,<br />

gibt einen solchen Braten nicht einfach deswegen<br />

aus der Hand, weil sie auf einmal Lust<br />

nach grösseren Wagen spürt. Nicht ernst genommen<br />

werden darf auch der Einwand, der<br />

Mangel an fortschrittlichen, besonders für den<br />

Kleinwagen geeigneten Konstruktionsideen<br />

hätte den Verzicht veranlasst. Der englische<br />

Konstrukteur ist, wie übrigens das ganze<br />

Volk, konservativ und führt meistens erst<br />

dann grundlegende Aenderungen ein, wenn sie<br />

sich in andern Ländern bewährt haben. Seine<br />

Baby-Wagen haben sich übrigens nie dank der<br />

Fortschrittlichkeit der Konstruktion durchgesetzt,<br />

sondern vor allem wegen der guten<br />

Werkmannsarbeit und der Eignung des Materials.<br />

Nachdem in den letzten Jahren der<br />

kontinentale Automobilbau eine grosse Zahl<br />

Mein lieber Sohn!<br />

« Nach den Anstrengungen und Widerwärtigkeiten<br />

des Salonbetriebs bedeuten<br />

ein paar Bündner Sonnentage doppelten<br />

Genuss...»<br />

Während ich Deine Karte beantworte,<br />

schwmgst Du ohne Zweifel Deine Latten<br />

mit dem ganzen Temperament Deiner Generation<br />

um Tannen und Buckel und über<br />

Gräben und Bodenwellen. Im Geiste sehe<br />

ich, wie Deine Augen leuchten, wenn Du<br />

die verschiedenen Hindernisse stilgerecht<br />

hinter Dich gebracht hast und im Bödeli<br />

auf das nächste Züglein wartest, um so<br />

•chnell wie möglich wieder oben zur Abfahrt<br />

bereitzustehen.<br />

Du kennst mich zur Genüge als Freund<br />

allen Sports, der einen vollen Einsatz der<br />

körperlichen und geistigen Kräfte erfordert.<br />

Du weisst, wie ich selbst — trotz des<br />

von Neuerungen eingeführt und gründlich erprobt<br />

hat, wäre die Möglichkeit ohne weiteres<br />

vorhanden gewesen, die geeignetsten Lösungen<br />

wenigstens in ihren Grundzügen auch im englischen<br />

Kleinwagen aufzunehmen und diesen<br />

wieder konkurrenzfähig zu machen. Da dies<br />

nicht geschah, wird auch die Annahme illu*-<br />

sorisch, dass technische Rücksichten eine bedeutende<br />

Rolle gespielt hätten.<br />

Die einzig plausible Erklärung ist die:<br />

Der Wagen bis zu 5 PS findet Im britischen<br />

Markt nicht mehr genügend Interesse,<br />

um eine Neukonstruktion und die damit verbundenen<br />

Betriebsumstellungen zu rechtfertigen.<br />

Die Richtigkeit dieser Behauptung wird<br />

auch durch die — scheinbar widersprechende<br />

— Tatsache bekräftigt, dass ausländische Hersteller<br />

von Kleinwagen ihre Importe während<br />

der letzten Monate relativ stark zu vermehren<br />

vermochten. Wir betonen «relativ», denn auch<br />

diese Einfuhrkontingente<br />

schiebung der Verkehrszulassungen gegen die<br />

grösseren Wagen hin nicht verhindern.<br />

Der englische Automobilist ist seiner alten<br />

Liebe untreu geworden und wendet sich einem<br />

stärkeren Wagen zu. Auch für diese Wandlung<br />

kommen technische Rücksichten nicht in<br />

Betracht, sondern können ihre Begründung<br />

nur im Wirtschaftlichen finden.<br />

In dieser Richtung lassen sich nun zwei<br />

Faktoren feststellen, die eine Sinnesänderung<br />

veranlasst haben können:<br />

V)et — JwUsdvätl dtt 3*dutik odee Obettzittpotitik des.<br />

^Bundes — Uäqt die VecatUuwiUutg. an dec Ahwcuidetung.<br />

zum kleuwaluHÜqeH. IDaqett? 9Ciee die AtUiv&u!<br />

itutoliändlei*<br />

oft seinen<br />

Sohn<br />

11. Die englische Regierung hat im Laufe von<br />

zwei Jahren die Steuern um ca. 25% gesenkt.<br />

12. Die englische Wirtschaftskurve zeigte während<br />

der letzten Zeit eine ausgesprochene<br />

Hochkon j unktur.<br />

Die Zusammenhänge lassen sich ohne weiteres<br />

erklären: Der Automobilist steckt die<br />

Ersparnisse, die ihm die Steuerermässigung<br />

bereits angefangenen fünften Lebensjahrzehnts<br />

— bei jeder passenden Gelegenheit<br />

Gelenkpfannen und Beinmuskeln auf ihre<br />

Elastizität erprobe. Du wirst mir darum<br />

glauben, dass meine Einwände, die ich<br />

nun machen möchte, nicht etwa einer philisterhaften<br />

Enge des Hirns und des Herzens<br />

entspringen, um so mehr als sie den<br />

Sportbetrieb als solchen gar nicht berühren.<br />

Wenn Ihr Euch an einem Sonnentag —<br />

wie ihn nur die Berge in ihrer Klarheit<br />

und Erhabenheit zu bescheren wissen —<br />

auf die Bretter stellt, dann sucht Ihr Euch<br />

die kompliziertesten Höger und gerissensten<br />

Abfahrten aus. Der Slalom muss natürlich<br />

kitzlig abgesteckt sein mit Schneisen<br />

auf abfallenden Bodenwellen und versetzten<br />

Toren an der steilsten Steile des<br />

Hanges; alles nur um Eure Gewandtheit<br />

auf die Probe und unter Beweis zu stellen.<br />

Je mehr Einsatz und Hingabe der Skilauf<br />

von Euch verlangt, desto lieber ist er<br />

Euch — und desto mehr fühlt Ihr Euch<br />

als wahre Sportleute, die sich des Sportgeistes<br />

im besten Sinne des Wortes rühmen<br />

dürfen.<br />

Warum aber pflegt Ihr diesen Geist, auf<br />

den Ihr mit Recht stolz seid, nicht auch im<br />

bringt, nicht in den Strumpf, sondern leistet<br />

sich dafür mehr Fahrkomfort. Die Hochkonjunktur<br />

ihrerseits, die dem Individuum erhöhte<br />

Einnahmen verschafft, favorisiert den<br />

«Zug nach oben» ebenfalls.<br />

Was lehren diese Tatsachen uns?<br />

1. Die Automobilisten ziehen im allgemeinen<br />

den stärkeren Wagen vor, sofern<br />

nicht finanzielle Rücksichten sie daran<br />

hindern.<br />

2. Der Staat hat es in der Hand, eine<br />

automatische Verstärkung des Wagenparks<br />

zu erzielen, indem er die Automobilhaltung<br />

finanziell erleichtert, oder,<br />

was aufs gleiche herauskommt, weniger<br />

erschwert.<br />

Die Unterhaltung drehte sich um allerlei<br />

Probleme des Geldverdienerts. Selbstverständlich,<br />

wie sollten Geschäftsleute, auch bei ungezwungenem<br />

Beisammensein, aufs «Fachsimpeln»<br />

verzichten können!<br />

«Wo holst du eigentlich deine neuen Ideen<br />

immer her?» wandte sich Meier (mit i) an<br />

Meyer (mit y), welch letzterer seiner Geschäftstüchtigkeit<br />

wegen weit über seinen Berufskreis<br />

hinaus bekannt war.<br />

«Nun gut, ich will dir's verraten», antwortete<br />

konnten die Ver-Meyer (mit y). «Seit langem halte ich jede<br />

Woche eine «Stunde der Besinnlichkeit» ab.<br />

Nach dem Nachtessen setze ich mich gemütlich<br />

in den Fauteuil, zünde eine Zigarre an und<br />

überlege mir in aller Ruhe, wie ich dies und<br />

das in meinem Betrieb noch verbessern konnte.»<br />

Meier (mit i): «Aber, mir scheint, dass du<br />

dich schon tagsüber genügend mit geschäftlichen<br />

Problemen herumschlägst und eine solche<br />

einzige Mehrstunde nicht viel Neues einbringen<br />

sollte?»<br />

«Das stimmt nun nicht», lächelte Meyer,<br />

«was ich mir da durch den Kopf gehen lasse,<br />

sind Fragen, die du in der Hast des Alltags<br />

unmöglich gründlich erwägen kannst, oder die<br />

sogar oft vollständig vergessen werden. Ich<br />

will dir ein Beispiel nennen, dann verstehst du<br />

mich vielleicht besser: Wie du weisst, haben<br />

wir in unserem Betrieb eine grössere Schreinerei.<br />

Die Installation stammt aus einer Zeit,<br />

wo noch nicht mit dem hintersten Fünfer gerechnet<br />

werden musste. Sämtliche Transmissionen<br />

waren an einem einzigen Dynamo angehängt,<br />

weshalb selbst dann das Ganze in<br />

Betrieb gesetzt werden musste, wenn auch nur<br />

ein kleines Loch zu bohren war. Heute kann<br />

jede Maschine separat angelassen werden,<br />

und wir ersparen soviel, dass die gesamte<br />

Neuanlage innert zwei Jahren durch die Stromersparnis<br />

amortisiert ist.»<br />

Meier gibt zu: «An deinem Posten hast du<br />

mit deinem System gewiss Erfolg,- was würdest<br />

du aber tun als Leiter einer Garage, deren<br />

Betrieb viel einfacher und eintöniger ist?»<br />

Alltag? Warum setzt Ihr nicht denselben<br />

Eifer darein, auch dort die unzähligen<br />

Hindernisse und Widerwärtigkeiten mit<br />

demselben Elan zu tiberwinden, der Euch<br />

im Sport so sympathisch macht?<br />

Warum betrachtet Ihr den Alltag mit<br />

seinen noch viel zahlreicheren Buckeln<br />

und Wassergräben nicht auch als einen<br />

raffinierten Slalom, den Ihr mit derselben<br />

Stilsicherheit und Behendigkeit meistern<br />

solltet wie die durch zwanzig oder dreissig<br />

Flaggentore eingerahmte Piste?<br />

Deine Karte spricht von doppeltem Genuss<br />

nach den Widerwärtigkeiten des<br />

Salons. Sie erwähnt — leider — nichts von<br />

Erholung oder Sammlung neuer Kräfte.<br />

Sie zeigt mir — um offen zu reden —, dass<br />

Deine Fahrten in die Winterwelt nichts<br />

anderes sind als Fluchtversuche vor dem<br />

Unangenehmen und Schwierigen, mit dem<br />

Deine Tagesaufgabe gespickt ist. Sie beweist<br />

mir, dass Du wohl Freude hast am<br />

persönlichen Einsatz, solange Du Art und<br />

Mass selbst wählen kannst; dass Du ihn<br />

aber noch nicht hinüberzunehmen vermagst<br />

in den allzuoft als grau verschrienen<br />

Alltag. Das ist schade, sehr<br />

schade.<br />

Es ist schade einmal um des Sportes<br />

Unsere lieben Gegner, die den Fragekpmplex<br />

in seinen Einzelheiten so viel besser kennen<br />

als wir, werden diese Erscheinungen natürlich<br />

mit der Ausrede vom Zufall erledigen. Gut,<br />

wir beweisen weiter.<br />

In unserer Ausgabe vom 12. März letzten<br />

Jahres veröffentlichten wir ein Diagramm, das<br />

u. ä. die Entwicklung des Hubraumes der<br />

amerikanischen Wagen darstellt. Mit den<br />

Werten pro 1927 als Grundlage nimmt der<br />

Zylinderinhalt bis 1931 ständig zu, macht für<br />

die Modelle 1932 einen Sturz von rund 15%,<br />

steigt dann allmählich wieder an und hält<br />

sich — trotz den inzwischen erfolgten technischen<br />

Verbesserungen — höher, als er früher<br />

je war.<br />

Die „Stunde der Besinnlichkeit"<br />

(Schluss Seite 10.)<br />

«So, eintönig nennst du das?» wundert sich<br />

Meyer, «im Gegenteil, da gibt's einen ganzen<br />

Haufen Probleme zu wälzen. Soll ich dir ein<br />

paar aus dem Handgelenk schütteln?<br />

Ist das Ersatzteillager rationell organisiert,<br />

d. h. ist es reichhaltig, ohne dass<br />

überflüssig Geld investiert wird ?<br />

Wie bringe ich jene Kunden zum Zahlen,<br />

die seit längerer Zeit rückständig<br />

sind, trotzdem sie über die notwendigen<br />

Barmittel verfügen?<br />

Bin ich sicher, dass sämtliche Arbeitsstunden<br />

meines Personals richtig weiterverrechnet<br />

werden?<br />

Welche Automobilisten aus meinem<br />

Einzugsgebiet gehören noch nicht zu<br />

meinen Kunden, und wie könnte ich sie<br />

meinem Unternehmen zuführen?<br />

Die siehst, es gibt überall mehr als genügend<br />

Denkstoff für den, der ihn wirklich finden<br />

will. Dazu bietet diese Methode nicht nur<br />

einen bedeutenden finanziellen Vorteil, sondern<br />

auch noch den, dass du deinen Betrieb<br />

viel besser kennen lernst.»<br />

Meier schwieg und dachte offensichtlich<br />

nach.<br />

Hat Meyer (mit y) recht?<br />

Wer unter unsern Lesern macht einen Versuch<br />

mit dieser «Stunde der Besinnlichkeit»?<br />

£itte $undqzu&e: JAce !BudihaUuiiq.<br />

Siehe Seite 10.<br />

1ÜU schuxeisst mtm dicke. ^Bleche?<br />

Siehe Seite 10.<br />

£ohnt es sich?<br />

Siehe Seite 10.<br />

lüiuke fic die Weck&tatt<br />

Siehe Seite 11.<br />

willen. Da hat sich die Jugend in einem<br />

jahrzehntelangen Kampf herausgedrängt<br />

aus einer konventionellen und verkalkten<br />

Lebensauffassung, die den ungeheuren<br />

Vorrat an jugendlicher Spannkraft nicht<br />

auszuwerten und weiterzuentwickeln verstand<br />

und vermag es nun nicht, den Sport<br />

zu dem zu machen, was er sein könnte: zu<br />

einer Quelle neuer Kraft, die unser Erwerbsleben<br />

so viel angenehmer und so viel<br />

fairer gestalten könnte.<br />

Dann aber ist es vor allem deswegen<br />

schade, weil Ihr Euch selbst des Besten<br />

beraubt, was er Euch zu bieten vermag:<br />

Befriedigung in der Arbeit des Alltags.<br />

Es braucht doch so wenig dazu: Einen<br />

kleinen Teil der freiwilligen Hingabe, die<br />

Ihr im Sport so selbstverständlich aufzubringen<br />

versteht; etwas Sportgeist, der<br />

Euch hilft, mit all den Unannehmlichkeiten<br />

nicht um des Lohnes, sondern um des<br />

Einsatzes und der Leistung willen fertig<br />

zu werden. Ein Wollen an Stelle des Sollen<br />

und Müssen, eigener Antrieb, der den<br />

ganzen Unterschied ausmacht zwischen<br />

einem positiven, optimistischen «Selberschieben»<br />

und dem verärgerten und<br />

schwächlichen « Geschobenwerden ».<br />

Vielleicht lächelst Du beim Lesen diese«<br />

ß

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