E_1939_Zeitung_Nr.012
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N° 12 —. FREITAG, 10. FEBRUAR <strong>1939</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Einweihung der Dessauer Rekordstrecke<br />
Caracciola (Mercedes-Benz) und Häberle (Hanomag-Diesel) verbessern<br />
internationale Klassenrekorde und stellen neue auf.<br />
Dessau, 8. Februar <strong>1939</strong>.<br />
Bei schönstem Wetter, das jedoch später<br />
trüber wurde und über Mittag auch böigen<br />
Wind brachte, wurde am heutigen Morgen<br />
die neue Rekordversuchsstrecke auf der<br />
Reichsautobahn bei Dessau durch Korpsführer<br />
Hühnlein ihrer künftigen Bestimmung<br />
übergeben. Er führte u. a. aus, dass auf dieser<br />
Strecke alle Rekorde bis zu einer Distanz<br />
von 10 km angegriffen werden können,<br />
so dass dieser Strassenneubau für die künftige<br />
Entwicklung des Motorsports von höchster<br />
Bedeutung sei.<br />
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Di© zahlreich erschienenen Gäste tmissten<br />
diesmal einige Stunden warten, bis die Rekordversuche<br />
beginnen könnten, denn die<br />
Bahn war durch nächtliche Rauhreifbildung<br />
stellenweise unfahrbar. Erst nach 10 Uhr<br />
konnte Caracciola zwischen km 84 und 85<br />
die ersten Probefahrten unternehmen. Mit<br />
einem 3-Lit.-Mercedes-Benz-Rennwagen, der<br />
völlig verkleidetes Fahrwerk und eine stromlinienförmige<br />
Leichtmetallkarosserie besitzt,<br />
griff der dreifache Europameister zunächst die<br />
internationale Bestleistung der Klasse D (2<br />
bis 3 Liter) über den km mit stehendem Start<br />
an, die bisher der Präsident der italienischen<br />
Sportkommission Furmanik auf Maserati<br />
innehatte. Während bei der ersten Fahrt die<br />
Antriebsräder des Wagens auf der noch etwas<br />
feuchten Fahrbahn durchdrehten, glückte<br />
der zweite Start auf Anhieb, denn Caracciola<br />
erreichte einen Durchschnitt von über 172<br />
km/St. Noch schneller war der Wagen bei<br />
der dritten Hin- und Herfahrt, für die im Mittel<br />
eine Zeit von 20,56 Sek. = 175,017 km/St,<br />
gestoppt werden konnte, so dass der alte<br />
Rekord von 150,8 km/St, beträchtlich verbessert<br />
war. Nun ging Caratsch auch daran,<br />
den Klassenrekord der gleichen Wertungsgruppe<br />
über die stehende Meile zu verbessern,<br />
den ebenfalls Furmanik (Maserati) mit<br />
165,5 km/St, innehielt. Und hier war der Erfolg<br />
noch eklatanter, denn der Mercedesfährer<br />
kam auf ein Mittel von 28,32 Sek. =<br />
204,577 km/St.<br />
»•. und 2Cano4HOQ=Z)iesel<br />
nierauf ging auch der Hannoveraner Häfcerle<br />
mit einem 2-Liter-Diesel-Sportwagen<br />
mehrfach über die Strecke und schaffte dabei<br />
zwei neue Bestleistungen für Wagen mit<br />
Dieselmotoren, nämlich den km mit stehendem<br />
Start in 41,434" = 86,87 km/St, und die<br />
Meile mit stehendem Start in 58,95" = 98,280<br />
km/St. Obwohl es nachmittags wieder windstill<br />
wurde und Caracciola sowohl mit dem<br />
5,6-Liter-Wagen wie auch mit einem zweiten<br />
3-Liter-Modell weitere Versuche unternahm,<br />
kam er doch zu keinem neuen Erfolg,<br />
weil die Motoren nicht auf volle Leistung<br />
zu bringen waren. Beispielsweise<br />
schaffte er bei dem Angriff auf den absoluten<br />
Weltrekord für den km mit stehendem<br />
Start, den Rosemeyert mit 188,7 km/St, aufstellte,<br />
auf seiner besten Hin- und Rückfahrt<br />
*nur> 183,76 km/St. Mercedes-Benz-Rennleiter<br />
Neubauer erklärte daher am Nachmittag,<br />
weitere Versuche erst am kommenden<br />
Freitag wieder aufnehmen zu können, da,<br />
Fahrzeuge und Motoren geringfügige Veränderungen<br />
verlangen. So wird am Donnerstag<br />
Häberle auf seinem Hanomag-Diesel-<br />
Sportwagen erneut an den Start gehen, um<br />
sich noch die Bestleistungen über 5 km und<br />
5 Meilen zu sichern. A.B.<br />
In technischer Hinsicht vermittelt Dipl. Ing.<br />
undt im .« Neuen Stuttgarter Tagblatt» zu<br />
den Rekordversuchen in Dessau folgende<br />
interessante Einzelheiten:<br />
Caracciola touchiert die 400-km-Grenze.<br />
Beschleunigung am wichtigsten.<br />
«Der von Mercedes-Benz eingesetzte 3-Liter-<br />
Kompressorwagen war auf einem konstruktiv völlig<br />
neuen Wege dem Zweck angepasst worden, höchste<br />
Beschleunigungsfähigkeit zu erreichen. Eine Stromlinienverkleidung,<br />
bei welcher Fahrzeugrumpf und<br />
Bäder getrennt verschalt waren, sollte den Luftwiderstand<br />
und das Fahrzeuggewicht aufs äusserste<br />
reduzieren. Zu diesem Zweck Wurde beispielsweise<br />
der übliche Kühler völlig beiseite gelassen.<br />
Die Kühlflüssigkeit des Kompressormotors durchströmt<br />
vielmehr einen eisgefüllten Behälter im-<br />
Wageninnern. Damit konnte der Luftwiderstand<br />
des Kühlers und sein Gewicht samt Leitungen verringert<br />
werden. Die aus Duraluminiumblech hergestellte<br />
Karosserie' ist ein Meisterwerk des technischen<br />
Leichtbaus. Nach den ersten Probefahrten<br />
zeigte sich, dass der starke Kompressormotor die<br />
Antriebsräder beim Beschleunigen durchdrehte; so<br />
er-<br />
dass die erwarteten Geschwindigkeiten nicht<br />
reicht wurden.<br />
Die noch neue Rekordstrecke, m ihrem Mittelteil<br />
noch nie befahren, wies eine Staubauflage auf,<br />
welche den Reibungsschluss zwischen Rädern und<br />
Fahrbahn verhinderte. Daraufhin gingen die Untertürkheimer<br />
dazu über, die äusseren Fahrbahnen<br />
für die Bekordversuche zu benützen, welche durch<br />
den üblichen Autohahnverkehr schon 6auber gefahren<br />
waren. Dort stiegen die Fahrleistungen sofort<br />
rapid.<br />
Die Weltrekorde versuchte Caracciola später<br />
mit einem in gleicher Weise zurechtgemachten Rekordwagen<br />
mit einem 12-Zylinder-Komtiressor-<br />
Motor von 5.6 Liter Hubvolumen anzugreifen. Sie<br />
stehen, gehalten von Bernd Rosemeyer auf Auto-<br />
Union, auf 188.7 beziehungsweise 223.3 km Durchschnitt<br />
für Kilometer und Meile mit stehendem<br />
Start. Trotz mehrmaliger Versuche kam Caracciola<br />
jedoch an diese Leistungen nicht heran, weil zunächst<br />
Motorstörunsren auftraten und sich schliesslieh<br />
zeigte, dass die noch neue Dessauer Rekordstrecke<br />
den hohen Reibungswert viel befahrener<br />
Autobahnstrecken noch nicht ganz hat, der zur<br />
Uebertragung von vielen 100 PS erforderlich ist.<br />
Trotzdem sollen diese Angriffe nochmals unternommen<br />
werden, ebenso der Versuch, die auch in italienischem<br />
Besitz befindlichen 3-Liter-Rekorde Ober<br />
Kilometer und Meile mit fliegendem Start anzugreifen.<br />
Der äussere Eindruck der Dessauer Rekordfahrten<br />
unterschied sich von früheren Fahrten in<br />
Frankfurt insofern, als dort das gewaltige Heulen<br />
der Rekordmotoren innerhalb der durch Hochwald<br />
führenden Strecken dominierend war. Hier in<br />
Dessau boten die Fahrten den Augen-mehr als den<br />
Ohren. Es war ein imposanter Anblick, wenn die<br />
niedrigen silberglänzenden Rekordwagen mit einer<br />
kilometerlangen wehenden Staubfahne angefegt kamen.<br />
Zudem war es strömungstechnisch interes-<br />
Einer der Mercedes-Benz-Rekordwagen vor dem Start in Dessau.<br />
eant, zu beobachten, dass wohl die Druckwelle der<br />
Luft den reichen Staub nach beiden Seiten anter<br />
den, Rekord wagen hinauswarf, dass sich jedoch<br />
kjBiäa,Wirbelfahne hinter diesen fabelhaften Stromlinitnwägen<br />
herzog.»<br />
mif ferroxierter Lauffläche.<br />
Auch am zweiten Tag neue<br />
Rekorde.<br />
Die Rekordfahrten wurden am Donnerstag<br />
mit grösstem Erfolg fortgesetzt. Der SchweröI-