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E_1939_Zeitung_Nr.071

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AUTOMOBIL-REVUE FREITAG, 1. SEPTEMBER <strong>1939</strong> — N° 71<br />

Die kriegswirtschaftlichen Massnahmen des Bundes<br />

Rationierung des Benzins<br />

Mit Verfügung vom 28. August <strong>1939</strong> hat<br />

das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement auf<br />

29. August <strong>1939</strong> abOO Uhr eine provisorische<br />

Rationierung von flüssigen Kraft- und Brennstoffen<br />

eingeführt, um ©inen möglichst sparsamen<br />

Verbrauch der vorhandenen Vorräte<br />

zu gewährleisten. Während der Zeit, welche<br />

für die Einführung eines definitiven Rationierungssystems<br />

nötig wird — es wird sich ca.<br />

um 14 Tage handeln —, wird allgemein die<br />

gewerbsmässige Abgab© von flüssigen Kraftund<br />

Brennstoffen (Benzin, Benzol, Petrol,<br />

Alkohole usw. sowie Dieselöle aller Art für<br />

Motorfahrzeuge<br />

nur noch gegen Aushändigung von provisorischen<br />

Rationierungsschemen<br />

gestattet. Während der Dauer dieser vorläufigen<br />

Rationierung wird jeglicher Verkauf<br />

von flüssigen Kraft- und Brennstoffen für<br />

Heizzwecke, für gewerbliche und industrielle<br />

Zwecke untersagt. Nur in den allerdringendsten<br />

Fällen kann die Sektion für Kraft und<br />

Wärme des Kriegsindustrie- und Arbeitsamtes<br />

eine besondere Bewilligung erteilen.<br />

Die Motorfahrzeughalter, die flüssige Treibstoffe<br />

der vorerwähnten Art benötigen, können<br />

bei der kantonalen Automobilkontrollstelle<br />

ihres Wohnortkantons oder bei einer<br />

von dieser beauftragten Instanz<br />

provisorische Rationierungsscheine<br />

beziehen, die auf die Verkehrsnummer des<br />

Fahrzeuges lauten und nur für solche Fahrzeuge<br />

ausgegeben werden, für die schon bisher<br />

eine Verkehrsbewilligung bestand.<br />

Für die Dauer der provisorischen Rationierung<br />

wird eine Rationierungskarte verabfolgt<br />

für:<br />

A. Motorräder 1 Rationierungsschein<br />

über 20 Liter Vergasertreibstoff.<br />

B. Personenautomobile 60 Liter.<br />

Die provisorische Rationierungskarte für<br />

flüssige Kraft- und Brennstoffe, Form. B :<br />

Personenautomobil, äst in je 6 Felder eingeteilt,<br />

die zum Bezug von je 10 Liter Vergasertreibstoff<br />

(Benzin, Benzol usw.) ermächtigen.<br />

Diese Abschnitte besitzen nur<br />

Gültigkeit, wenn sie vom Verkäufer, also<br />

vom Tankstellenhalter, abgetrennt werden.<br />

Der anbegehrte Treibstoff darf nur in den<br />

Tankbehältern des auf der Karte vermerkten<br />

Personenautomobils abgegeben werden.<br />

Der Verkäufer ist verpflichtet zu prüfen,<br />

dass die vermerkte Polizeinummer mit derjenigen<br />

des tankenden Fahrzeugs übereinstimmt.<br />

Nach unsern Feststellungen war die Abgabe<br />

der Rationierungskarten ausgezeichnet<br />

organisiert, so dass innert kürzester Zeit<br />

dem Begehren der Automobilisten entsprochen<br />

werden konnte.<br />

C. Lastwagen unter 3 Tonnen 200 Liter,<br />

über 3 Tonnen 300 Liter.<br />

D. Diesellastwagen unter 3 Tonnen 200 Liter<br />

Dieseltreibstoff, über 3 Tonnen 250 Liter.<br />

E. Traktoren 100 Liter Dieseltreibstoff.<br />

Für Personenautomobile von Aerzten und<br />

Taxameterwagen werden während der Dauer<br />

der provisorischen Rationierung, soweit ein<br />

Bedürfnis hierfür nachgewiesen wird, zwei<br />

Rationierungsscheine ausgegeben.<br />

Halter von Motorfahrzeugen mit ausländischen<br />

Verkehrsnummern, die sich während der<br />

Dauer der provisorischen Rationierung in der<br />

Schweiz aufhalten, haben sich zum Bezug<br />

eines provisorischen Rationierungsscheins an<br />

die nächstgelegene Automobilkontrollstelle zu<br />

wenden. Die Ausgabe eines provisorischen<br />

Rationierungsscheins muss, um mehrfache<br />

Bezüge des nämlichen Fahrzeughalters zu verhindern,<br />

in dem Triptyk vorgemerkt werden.<br />

Ein über die Fahrbedürfnisse in der Schweiz<br />

hinausgehender Bezug von Treibstoffen durch<br />

ausländische Motorfahrzeughalter ist sinnlos,<br />

da das Eidgenö'ssiche Volkswirtschaftsdepartement<br />

gestützt auf den Bundesratsbeschluss<br />

über die Beschränkung der Ausfuhr vom 28.<br />

August verfügt hat, dass ausländische Motorfahrzeuge<br />

beim Verlassen der Schweiz im<br />

Maximum zehn Liter Kraft- und Brennstoffe<br />

in ihrem Tank mitführen dürfen.<br />

Es wird im Interesse des sparsamsten Verbrauchs<br />

an diesen wichtigen Kraft- und<br />

Brennstoffen, auf die wir bekanntlich vollständig<br />

auf den Import und die im Lande geäufneten<br />

Vorräte angewiesen sind, von jedem<br />

Verbraucher dringend erwartet, dass er<br />

nur noch diejenigen Fahrten ausführt,<br />

die absolut notwendig sind.<br />

Die zugeteilten Mengen sollen nicht ohne<br />

dringendes Bedürfnis verwendet werden.<br />

Ohne Rationierungsschein ist der Verkauf<br />

von flüssiger Kraft- und Brennstoffen nur<br />

noch gestattet an die Armee, an eidgenössische,<br />

kantonale und kommunale Behörden,<br />

an Postautohalter und Inhaber der Konzession<br />

A, soweit sie die Treibstoffe zu Pflichtfahrten<br />

benötigen.<br />

Diese vorerwähnten Bezüger, die sich<br />

ebenfalls der grössten Sparsamkeit befleissen,<br />

haben an Stelle des Rationierungsscheins<br />

dem Verkäufer eine von ihnen unterschriebene<br />

Bescheinigung abzugeben, in welcher<br />

enthalten sein muss : Datum, Verkaufsstelle,<br />

Art und Menge des bezogenen Kraft- und<br />

Brennstoffes, Name der kaufenden Behörde,<br />

der Militärperson (Grad und militärische Einteilung),<br />

des Postautohalters oder des Konzessionärs.<br />

Das gleiche gilt für die Abgabe<br />

von Treibstoffen an Wagen, die gestützt au',<br />

einen Stellungsbefehl auf den Schatzungsptatz<br />

geführt werden.<br />

Die Verfügung verpflichtet ferner alle Personen,<br />

die mit den umschriebenen flüssigen<br />

Kraft- und Brennstoffen Handel treiben, im<br />

Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorläufigen<br />

Rationierung den genauen Lagerbestand der<br />

in Frage stehenden Kraft- und Brennstoffe<br />

wahrheitsgemäss festzustellen und über den<br />

Bestand laufend Buch zu führen. Eine Nachbelieferung<br />

der Detailverkaufsstellen, die gegen<br />

provisorisch© Rationierungskarten oder<br />

Bescheinigungen Kraft- und Brennstoffe abgegeben<br />

haben, darf nur noch im Umfang<br />

und gegen Abgabe der eingelösten Karten<br />

und Bescheinigungen erfolgen. Der die Detailverkaufsstellen<br />

beliefernde Verkäufer ist<br />

verpflichtet, Rationierungskarten und Bescheinigungen<br />

aufzubewahren, um die von<br />

ihm getätigten erlaubten Verkäufe zu belegen.<br />

Widerhandlungen<br />

gegen die Bestimmung dieser Verfügung wie<br />

insbesondere Verstoss gegen das generelle<br />

Verbot der gewerbsmässigen Abgabe von<br />

Kraft- und Brennstoffen ohne Ermächtigung<br />

durch Rationierungskarten oder Bescheinigung,<br />

jede irgendwie geartete missbräuchliche<br />

Verwendung von Rationierungskarten<br />

und Bescheinigungen, jede Verletzung der<br />

Pflicht zur wahrheitsgemässen und genauen<br />

Bestandesaufnahme und zur Buchführung<br />

über die Lagerbestände werden mit Busse<br />

bis zu 5000 Fr. bestraft.<br />

Beschlagnahmung von<br />

Lagerräumen für Treibstoffe.<br />

Das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement hat<br />

seitens des Bundesrates die Ermächtigung<br />

erhalten, die Beschlagnahmung von Lagerund<br />

Tankräumen und Behältnissen anzuordnen.<br />

Diese Massnahme wird damit begründet,<br />

die zweekmässige Unterbringung der<br />

im Interesse der Landesversorgung angelegten<br />

Vorräte, vor allem an flüssigen Brenn-,<br />

Kraft- und Treibstoffen, sicherzustellen.<br />

Die Beschlagnahme soll jedoch nur in<br />

dringendsten Fällen angewendet werden, da<br />

die weitaus überwiegende Zahl der Eigentümer<br />

von Lager- und Tankräumen für flüssige<br />

Treibstoffe freiwillig ihre Kapazität gemeldet<br />

und zur Verfügung gestellt hat. Die<br />

Beschlagnahmung erfolgt gegen eine angemessene<br />

Schadloshaltung und soll nur in einzelnen<br />

wenigen Fällen in Frage kommen.<br />

Teilschliessung<br />

. von Grenzübertrittstellen.<br />

Mit dem 29. August <strong>1939</strong> ist ein Bundesratsbeschluss<br />

in Kraft getreten, gemäss dessen<br />

der Grenzübertritt mit Motorfahrzeugen<br />

auf folgenden Strassen und Strassenstücken<br />

beschränkt wird :<br />

a) Grenzübertritt von Deutschland her: Leopoldshöhe<br />

- Kleinhüningen - Basel, Grenzach<br />

- Basel, Lörrach - Riehen - Basel,<br />

Rheinfelden (Stadtbrücke), Koblenz,<br />

Ebringen, Thayngen, Konstanz - Kreuzungen<br />

ZoHhauptstrasse, Kreuzungen, St.<br />

Margrethen, Martinsbruck.<br />

b) Grenzübertritt von Liechtenstein her:<br />

Buchs.<br />

c) Grenzübertritt von Italien her : Taufers<br />

(Tubre) - Münster, Tirano - Poschiavo,<br />

Ghiavenna - Castasegna (Maloja-Route),<br />

Porlezza - Gandria - Lugano, Como -<br />

Chiasso, Ponte-Tresa, Simplonstrasse,<br />

Grosser St. Bernhard.<br />

d) Grenzübertritt von Frankreich her: Annemasse<br />

- Genf, St. Julien - Carouge -<br />

Genf, Gex - Femey, Grand Saconnex -<br />

Genf, Jougne - Vallorbe, Pontarlier - Les<br />

Verrieres, Delle - Boncourt, St. Louis -<br />

Basel.<br />

Auf allen andern Fahrstrassen ist der<br />

kleine Grenzverkehr von Fussgängern und<br />

Fahrrädern zugelassen. Jeglicher Grenzübertritt<br />

ausserhalb der Fahrstrasse ist verboten.<br />

Die Bestimmung über die<br />

Stellung der Motorfahrzeuge.<br />

Im Hinblick auf die vom Bundesrat verfügten<br />

Massnahmen sei auf die Bestimmungen<br />

der Verordnung über die Requisition und<br />

Einschätzung der Motorfahrzeuge hingewiesen.<br />

Demnach sind Motorfahrzeuge, deren<br />

Fahrausweise mit einem weissen, grünen<br />

oder roten Aufgebotzettel versehen sind,<br />

derart bereitzustellen, dass sie jederzeit auf<br />

die auf dem Aufgebotzettel bezeichneten Einschätzungsplätz©<br />

gebracht werden können.<br />

Die requirierten Motorfahrzeuge sind mit der<br />

Winterausrüstung zu versehen. Es ist ein<br />

Verzeichnis sämtlicher Zubehör (Werkzeug,<br />

Ersatzteile, Blachen, Verdunkekngsmaterial)<br />

zu erstellen.<br />

Die Fahrzeuge mit dem weissen Aufgebotzettel<br />

rücken am ersten Mobilmachungstag<br />

um 7.00 Uihr auf dem Sammelplatz ein. Für<br />

die Motorfahrzeuge, die mit gelbem oder<br />

grünem Aufgebotszettel belegt sind, werden<br />

besondere Weisungen erteilt.<br />

Militärdienstpflichtige und hilfsdienstpflichtige<br />

Motorfahrzeughalter oder -führer, die mit<br />

der Stellung von Motorfahrzeugen beauftragt<br />

sind, haben vorerst das Fahrzeug auf den<br />

Schatzungsplatz zu stellen und rücken erst<br />

nachher auf ihrem Korpssammeliplatz ein. Die<br />

Militärdienstpflichtigen tragen die Uniform<br />

und sind feldmässig ausgerüstet. Die übrigen<br />

Halter und Fahrer tragen feldtüchtige Kleidung<br />

und Ausrüstungsgegenstände (Rucksack,<br />

Umhängetasche oder Handköfferchen,<br />

zwei Paar stark© Schuhe, Mantel, Ersatzwäsche,<br />

Schlafdecke, Essgeschirr).<br />

Diejenigen Motorfahrzeughalter, die aus<br />

irgend einem Grunde verhindert sind, ihr<br />

Motorfahrzeug selbst auf den Schatzungsplatz<br />

zu bringen, haben damit eine Drittperson<br />

zu beauftragen. Dies gilt auch für Offiziere,<br />

höhere Unteroffiziere, die durch die<br />

Stellung des Fahrzeugs verhindert wären,<br />

rechtzeitig auf dem Korpssammelplatz einzurücken,<br />

und auch für Militärpersonen, die<br />

schon im Dienst stehen. Falls sie nicht in der<br />

Lage sind einen Führer damit zu beauftragen,<br />

oder wenn das Fahrzeug infolge Reparatur<br />

nicht betriebsbereit ist, so ist sofort bei<br />

Bekanntwerden des Mobilmachungsbefehls<br />

der Kommandant des betreffenden Schatzungsplatzes<br />

telephonisch oder telegraphisch<br />

zu benachrichtigen.<br />

Die requirierten Motorfahrzeuge werden<br />

entweder käuflich oder gegen Entrichtung<br />

eines Mietgeldes übernommen. Der Fahrzeughalter<br />

oder sein Bevollmächtigter haben<br />

der Einschätzung beizuwohnen. Die Fahrzeughalter<br />

sind verpflichtet, Schäden des<br />

Fahrzeugs anzuzeigen. Schäden des Fahrzeugs<br />

werden auf Kosten des Halters behoben.<br />

Kommt das Fahrzeug nach dem Dienst<br />

wieder zur Abschätzung, so erhält der Fahrzeughalter<br />

schriftlich oder durch öffentliche<br />

Aufrufe Kenntnis.<br />

nichts vermisst, und nun sollen wir zu dritt<br />

sein. Es ist schwer, das zu fassen, und ich<br />

wundere mich, dass heute ein Tag ist, wie<br />

immer.»<br />

« Was sollte auch anders sein ? Jeden Tag<br />

werden Kinder geboren, und die Sonne steht<br />

deshalb nicht stille ! Was sollte anders sein ?<br />

— Ich verstehe dich nicht! » So antwortet<br />

Lisbeth, aber ihre Augen glänzen vor Glück.<br />

« Nein, die Sonne steht heute nicht stille<br />

und wird nicht stille stehen, wenn das Kind<br />

zur Welt kommt. Aber für mich ist trotzdem<br />

heute ein grosser Tag, und der Tag der Geburt<br />

wird für mich bange Stunden bringen.<br />

Ich fürchte mich heute schon vor dieser Zeit.<br />

Vieles geschieht in einer Ehe, das Mann und<br />

Frau gemeinsam tragen können. Hier aber<br />

muss der Mann zur Seite stehen, kann nichts<br />

dazu und nichts davon tun, sondern nur hoffen<br />

und warten. Das ist es, was mich bedrückt,<br />

wenn ich daran denke ! ><br />

Lisbeth fasste des Mannes Hand.<br />

« Dummer Kerl! — Was sollte auch geschehen<br />

? — Ich bin jung und stark, ich bin<br />

auch gesund. Ich begreife deine Furcht<br />

nicht! »<br />

Aber der Sepp schüttelt den Kopf.<br />

«Das kann eine Frau wohl nicht fassen.<br />

Es ist keine Furcht, es ist keine gewöhnliche<br />

Angst, sondern eine tiefe, unermessliche<br />

Bangigkeit, die mich erfüllt, wenn ich daran<br />

denke, dass ich nichts tun kann, sondern<br />

abseits stehen muss und warten. ><br />

Und wieder schüttelt er den Kopf.<br />

«Nein, Lisbeth, du wirst das verstehen.<br />

Ich freue mich und fürchte mich vor dieser<br />

Stunde.»<br />

«Ich bin so glücklich! » antwortet die<br />

Frau. « Für uns Frauen ist das die grösste<br />

Stunde des Lebens. Zu jeder andern Zeit<br />

steht der Mann bereit, um uns die Lasten<br />

abzunehmen und das Leben leichter zu mächen.<br />

Hier sind wir allein. Aus uns heraus<br />

schaffen wir das neue Leben. Das ist es,<br />

was" beglückt, stolz und demütig zugleich<br />

macht.»<br />

Lange schwiegen sie.<br />

« Es ist eigenartig, wie das so geht. Seit<br />

ich weiss, wie es um mich steht, muss ich<br />

immer wieder stillestehen und hinablauschen<br />

in mich. Ich weiss, dass es noch zu früh ist,<br />

und doch stehe ich stille. Wenn ich aber so<br />

nahe der Erde bin, wenn ich den Samen in<br />

die Furchen streue, dann habe ich das Gefühl,<br />

als sei ich selbst nichts anderes mehr,<br />

als so ein Stück sonnendurchglühter Fruchtboden.<br />

Jedes Tier, jede Pflanze ist mir näher<br />

als zuvor, und doch fühle ich mich als eine<br />

Welt für mich, als ein Kosmos, und ruhe<br />

ganz tief in mir selbst. Die Sonne hat tieferen<br />

Glanz, die Erde ist näher und gütiger,<br />

und ich bin in der Sonne und in der Erde<br />

und doch nur in mir selbst. — ]£b glaube,<br />

man kann nicht sagen, wie das ift ! »<br />

Erstaunt hat der Sepp die Frau angeschaut,<br />

jetzt nickt er mit dem Kopfe :<br />

« Nein, Lisbeth, das wird man nicht sagen<br />

können* Jedes Wunder verliert seine Grosse,<br />

wenn man es in Worte fassen will. Das Wort<br />

ist arm; es dringt nicht vor bis in die letzten<br />

Tiefen unseres Empfindens...»<br />

Lange sitzen sie noch, bis Lisbeth in der<br />

Kühle erschauert. Da blickt sie auf zu dem<br />

Manne.<br />

« Ich bin sehr glücklich, Sepp ! Wir sind<br />

sehr reich geworden auf diesem Flecken<br />

Erde. »<br />

« Ja, so ist es !» antwortete der Mann<br />

versonnen.<br />

Die beiden Menschen auf der Lichtung<br />

haben sich von der Welt abgesondert. Sie<br />

waren sich selbst genug, aber die Welt hat<br />

sie doch nicht vergessen. Im Dorf spricht<br />

man von ihnen und der Siedelung, und je<br />

mehr sie sich zurückziehen, um so grosser<br />

ist die Neugierde der Umwelt. Und die Neugierde<br />

nimmt sich die Zeit, um auf den Berg<br />

zu steigen.<br />

Es ist an einem Abend...<br />

Lisbeth ist gerade mit dem Essen fertig<br />

geworden und stellt die Teller auf die Kiste<br />

vor dem Zelt. Da kommt ein Mann — ein<br />

Herr — von der Strasse her. Er hat weisse<br />

Hosen und Schuhe an, trägt ein weisses<br />

Hemd und unter dem Arm einen weissen<br />

Kittel. Alles an ihm ist weiss, selbst das<br />

Haar.<br />

« Guten Abend!» sagt der Herr und bleibt<br />

vor dem Zelte stehen.<br />

Guten Abend ! > antworten sie.<br />

« Ich bin neugierig», fährt der Herr fort<br />

und sieht sich um. c Im Dorf hat man erzählt,<br />

dass Sie sich hier ansiedeln wollen.<br />

Da bin ich neugierig geworden und zu ihnen<br />

heraufgestiegen, um zu sehen, ob es stimmt<br />

Ich wohne selbst in der Nähe; dort drüben,<br />

das Haus hinter der Waldecke gehört mir.<br />

Wir sind also Nachbarn. Fürst heisse ich,<br />

Alois Fürst. »<br />

Der Sepp steht auf, stellt seine Frau und<br />

sich vor, und sie schütteln sich die Hände.<br />

< Ja, es ist die Wahrheit, was die Leute<br />

sagen. « Wir haben den Wald gekauft und<br />

wollen uns hier niederlassen», berichtet er<br />

dann.<br />

Lisbeth ist verlegen. Es ist eine Ewigkeit<br />

her, dass sie einem Herrn gegenüberstand.<br />

Ausser dem Briefträger kam ja noch kein<br />

Mensch auf die Siedelung, der ihr fremd war.<br />

Und jetzt steht sie da, ist nur halb gekleidet<br />

und muss dem fremden Manne Rede und<br />

Antwort stehen. Was wird dieser Herr Fürst<br />

von ihr denken ? —<br />

Und das ist der Sepp !<br />

Nein, so ein Mann ! Er löffelt schon wieder<br />

an seiner Suppe und tut, als kämen täglich<br />

Menschen zu ihnen, um neugierige Fragen<br />

zu stellen. Jetzt brockt er auch noch<br />

Brot in die Suppe.<br />

(Fortsetzung folgt.)

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