E_1939_Zeitung_Nr.079
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F E U I L L E T O N<br />
Der Siedler.<br />
Roman von Heinrich Lämmlin.<br />
13. Fortsetzung<br />
« Es hat mich genug Kopfzerbrechen gekostet,<br />
bis alles so weit war. Was wusste<br />
ich auch vom Bauen ? Als Bub stand ich —<br />
wie alle Buben — auf den Bauplätzen herum<br />
und schaute den Handwerkern zu. Wenn<br />
ich mich dabei schmutzig machte, so bekam<br />
ich eins hinter die Ohren, wenn ich nach<br />
Haus© kam. Damals Hess ich mir auch nicht<br />
träumen, dass ich das, was ich den Handwerkern<br />
abschaute, einmal verwenden kann.<br />
Ja, der Stall ist fertig, und man kann schon<br />
sagen, dass er gelungen ist. ><br />
« Gelungen ! > ereifert sich Lisbeth. « Hör<br />
doch ein Mensch diesen Mann an! Gelungen!<br />
— Wie kann man auch die eigene Arbeit so<br />
herabsetzen ? — Kein Maurer hätte die Arbeit<br />
besser machen können. Ein richtiges<br />
Ziegenschloss ist es geworden ! »<br />
« Du übertreibst! > lacht der Mann, geht<br />
zum Wasser und wascht sich.<br />
« Machst du für heute schon Feierabend? »<br />
f Nein, ich muss aber noch ins Dorf. Wenn<br />
ich dir etwas mitbringen soll, so musst du<br />
es nur sagen.»<br />
c Du hast mir nicht gesagt, dass du heute<br />
ins Dorf gehst. Was hast du dort verloren? »<br />
fragt Lisbeth neugierig.<br />
< Ich brauche noch Schrauben und Nägel,<br />
denn ich muss in nächster Zeit noch einiges<br />
fertig machen. Heute kann ich doch nicht<br />
mehr viel tun. Deshalb will ich jetzt gehen.<br />
Also — was soll ich dir mitbringen ? ><br />
Lisbeth braucht Mehl und Fett. Auch Faden<br />
sollte sie haben. Der Sepp hat schon die<br />
Strasse erreicht, da ruft sie ihm noch einmal<br />
nach :<br />
< Also, dass du mir die richtige Sorte<br />
bringst! »<br />
« Ja, ja ! Ich werde mir Mühe geben ! > —<br />
Wenn der Siedler in den Anfangsnionaten<br />
in das Dorf kam, so steckten die Bauern die<br />
Köpfe zusammen und lachten hinter ihm her.<br />
« Das ist auch so ein Narr >, sagten sie. « Es<br />
wird nicht lange dauern, so lässt er alles liegen<br />
und geht davon ! » — Jetzt ist das anders<br />
geworden. Sie grüssen ihn freundlich<br />
und haben Respekt vor ihm als vor ihresgleichen.<br />
« Seht >, sagt Dominik zu den Gästen<br />
in seines Vaters Wirtschaft, als der<br />
Sepp vorbeigeht, < das ist der Mann vom<br />
Berge droben. Er hat die Bäume gefällt,<br />
das Land umgebrochen, einen Garten gepflanzt<br />
und eine Hütte gebaut. Alles das tat<br />
er mit seinen beiden Händen, und nur seine<br />
Frau war ihm eine Hilfe ! » Die Gäste sehen<br />
dem Sepp nach, der nicht weiss, dass er<br />
der Gegenstand ihrer Neugierde ist.<br />
Jetzt steht er vor dem Kaufladen. Er<br />
könnte eintreten und seine Bestellung aufgeben.<br />
Aber er geht weiter und bleibt erst<br />
vor dem letzten Hause stehen. Einen Moment<br />
bleibt er stehen und blickt umher, da<br />
er aber niemand sieht, ruft er laut in den<br />
Flur : < He, Carlo ! »<br />
Schlurfende Schritte kommen über die<br />
Treppe herab. Der Sepp nickt zufrieden :<br />
« Er ist also zu Hause ! » Dann tritt ein alter<br />
Bauer heraus.<br />
« Buona sera, Signore ! Ich dachte schon,<br />
Sie wollen die Ziege nicht mehr haben ! »<br />
« Ich musste doch erst den Stall bauen,<br />
Carlo ! Das ist jetzt getan, und wir wollen<br />
sehen, ob wir uns einigen können.»<br />
< Si, si, Signore ! »<br />
Carlo geht in den Stall zurück und kommt<br />
mit einer weissen Ziege zurück.<br />
c Es ist ein schönes Tier », sagt er. « Ich<br />
würde sie nicht verkaufen, wenn ich nicht<br />
dringend Geld haben müsste. Sie ist der<br />
Liebling meiner Enkelkinder ! »<br />
« Was willst du haben ? ><br />
c Achtzig Franken ! — Es ist nicht zuviel<br />
für das schöne Tier.<br />
•»<br />
« Nein, Carlo! — Für achtzig Franken<br />
will ich deine Enkelkinder nicht berauben.<br />
Ich gebe dir sechzig Franken und keinen<br />
Rappen darüber.»<br />
Mit erhobenen Händen wehrt der Bauer<br />
ab.<br />
«Was denken Sie, Signore. Das kann ich<br />
nicht tun ! ><br />
« Gut, dann behalte deine Ziege. Es sind<br />
Bauern genug in der Gegend, die mir eine<br />
Ziege für vierzig Franken verkaufen ! »<br />
Er ist ärgerlich und wendet sich zum Gehen.<br />
Da Carlo sieht, dass er nichts erreichen<br />
kann, versucht er zu handeln.<br />
«Geben Sie mir siebenzig Franken, Signore,<br />
so will ich den Rest verschmerzen ! »<br />
< Sechzig Franken, Carlo ! ><br />
Einen Augenblick zögert der Alte noch,<br />
dann streckt er dem Siedler die Hand entgegen<br />
:<br />
t Gut, sechzig Franken ! ><br />
AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 24. OKTOBER <strong>1939</strong> — N° 79<br />
Der Sepp schlägt ein und wandert bald<br />
darauf mit der Ziege zur Siedelung zurück.<br />
Lisbeth schlägt die Hände zusammen, als<br />
er zu Hause ankommt.<br />
« Nein, jetzt hast du schon eine Ziege gekauft.<br />
Und was für ein prächtiges Tier ! »<br />
« Sollen wir den leeren Stall ansehen ? ><br />
lacht der Mann, c Dazu habe ich ihn doch<br />
wahrhaftig nicht gebaut! ><br />
« Gewiss nicht! Aber wir müssen dem<br />
Tier doch einen Namen geben ! »<br />
« Nenne sie Liese ! Die meisten Ziegen<br />
heissen so ! »<br />
« Wenn du meinst. — Wer wird aber jetzt<br />
melken ? »<br />
« Du natürlich ! Das ist überall die Sache<br />
der Frau, und wir wollen doch davon keine<br />
Ausnahme machen. »<br />
« Ja, das ist recht, aber ich kann nicht<br />
melken. Wo hätte ich das auch lernen sollen<br />
? Du wirst es mir zeigen müssen. Oder<br />
kannst du am Ende auch nicht melken ? ><br />
Lisbeth lacht und sieht den Mann von der<br />
Seite an, so dass er nicht den Mut hat, ihr zu<br />
gestehen, dass er auch nicht melken kann.<br />
« Ich werde es dir morgen zeigen ! » sagt<br />
er und wird verlegen. « Jetzt will ich das<br />
Tier in den Stall führen. Ja, morgen werde<br />
ich dir zeigen, wie man melkt. Es ist nicht<br />
sehr schwer, und du wirst es rasch lernen<br />
! »<br />
Um seine Verlegenheit zu verbergen, führt<br />
er die Ziege in den Stall und bindet sie dort<br />
umständlich an. Wie, wenn die Lisbeth sofort<br />
sehen will, wie man eine Zieg© melkt ?<br />
— Darauf darf er es nicht ankommen lassen.<br />
Deshalb greift er sich an den Kopf, so, als<br />
habe ihn sein Gedächtnis im Stich gelassen,<br />
und sagt : « Nun muss ich noch einmal ins<br />
Dorf. Ich habe ja alles andere vergessen ! ><br />
Und ehe Lisbeth noch etwas sagen kann, eilt<br />
er davon.<br />
Im Dorfe zeigt ihm der alte Carlo schmunzelnd,<br />
wie man eine Ziege melkt. Spät am<br />
Abend kehrt der Sepp nach Hause zurück.<br />
Es ist doch nicht so einfach, ein Bauer zu<br />
werden, denkt er bei sich.<br />
Mit zufriedenem Lächeln geht der Mann<br />
seinem Tagwerk nach. Immer wieder findet<br />
et etwas zu tun. Er hat eine Wiege gezimmert<br />
und mit bunten Farben bemalt, er hat<br />
auch Laub gesammelt, um im Winter Streu<br />
für die Ziege zu haben.<br />
Lisbeths Gang ist schwerfällig geworden.<br />
Sie kann keine schwere Arbeit mehr verrichten,<br />
sondern sitzt oft auf der Bank vor<br />
der Hütte und näht oder strickt. Hin und<br />
wieder geht der Sepp am Abend mit ihr spazieren.<br />
* Sie gehen dann den Waldweg entlang,<br />
bis zur nächsten Bank, sitzen dort eine<br />
Viertelstunde und kehren wieder zur Hütte<br />
zurück.<br />
Selten sprechen sie von den vergangenen<br />
Zeiten. Ihre Blicke sind vorwärts gerichtet;<br />
jeder Gedanke des Mannes gehört der Siedelung;<br />
die Gedanken der Frau dem Kinde.<br />
« Im Winter, wenn die Erde nicht zu tief<br />
gefroren ist, will ich das Fundament ausheben<br />
für das Haus», sagt der Sepp eines<br />
Abends. Sie sitzen auf der Bank im Walde<br />
und sehen einem Eichhörnchen zu.<br />
« Ja, es wird gut sein, wenn wir ein Haus<br />
haben ! » antwortet Lisbeth. « Denk doch<br />
auch, dass dein Thronfolger nicht gut in<br />
einer Hütte wohnen kann! Es ist nur schade,<br />
dass ich dir nicht mehr so helfen kann,<br />
wie ich möchte. Ich komme mir ganz nutzlos<br />
vor neben dir. ><br />
« Du wirst bald grössere Arbeit zu verrichten<br />
haben. Ich denke,. es ist nicht so<br />
leicht, ein kleines Kind zu pflegen. ><br />
« Diese Arbeit fürchte ich nicht», antwortet<br />
die Frau. «Ich kann mir nichts Schöneres<br />
denken. Stell dir doch einmal vor wie<br />
das ist: Unser Kind ! ><br />
« Unser Kind! > — Sepp spricht die Worte<br />
nachdenklich aus. — < Das klingt so sonderbar<br />
: Unser Kind ! — Ich kann mir das alles<br />
nicht vorstellen. Männer sind doch schwerfällig<br />
in diesen Dingen ! »<br />
Er lacht und schaut die Frau mit leichter<br />
Bewunderung im Blick an.<br />
Lisbeth wird rot.<br />
< Du, Sepp ! »<br />
« Ja?><br />
« Du solltest mich nicht mehr so ansehen.<br />
So wie ich bin, kann ich dir doch nicht gefallen.<br />
Ich möchte dir aber gefallen; darum<br />
solltest du mich nicht mehr ansehen ! »<br />
< Ach, du lieber Himmel ! > Der Sepp<br />
seufzt komisch auf und erhebt sich. « Komm,<br />
wir wollen nach Hause, sonst kommst du<br />
noch auf dumme Gedanken ! »<br />
Langsam gehen sie den Weg zurück.<br />
« Lisbeth ! » beginnt der Mann und stockt.<br />
< Ja, Sepp ? »<br />
< Ach, es ist nichts Besonderes ! ><br />
Der Mann ist rot, und Lisbeth wird neugierig.<br />
« Deshalb kannst du es mir doch sagen.»<br />
« Ja, ich könnte es schon, aber es ist doch<br />
zu dumm von mir !»<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
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