Irland Booklet
Booklet der Irland CD
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Hermann Fürst von Pückler-Muskau:<br />
Brief aus <strong>Irland</strong><br />
B***m im Westen <strong>Irland</strong>s, den 5ten<br />
September 1828<br />
Gute Julie.<br />
[...]<br />
Capt. B***, mein Wirt, ist einer der Notablen<br />
seiner Grafschaft, sein Haus aber nicht besser<br />
als das eines mittelmäßig begüterten, deutschen<br />
Edelmanns. Mit der englischen Eleganz und<br />
dem englischen Luxus ist es hier aus. Wachs<br />
ist unbekannt, so wie Claret und Champagner.<br />
Man trinkt Sherry und Portwein, vor allem<br />
aber Whisky-Punsch, bekommt detestablen<br />
Kaffee, aber eine recht nährende und kräftige<br />
Hausmannskost. Das Haus selbst ist nicht<br />
überreinlich, die geringe Dienerschaft zwar<br />
respektabel durch Dienstalter, Eifer und<br />
Ergebenheit, aber von etwas ungewaschenem<br />
und bäurischem Ansehen.<br />
[...] Der Regen (denn leider regnet es) läuft<br />
ganz lustig unter den Fenstern durch, und bildet<br />
einige romantische Wasserfälle vom Fensterbrett<br />
auf den Boden, wo ein alter Teppich die Fluten<br />
durstig aufnimmt. Die meubles wackeln etwas,<br />
ich habe aber Tische genug (eine große Angelegenheit<br />
bei meinen vielen Sachen) und<br />
das Bett scheint wenigstens geräumig und hart<br />
genug. Im Kamin brennt, oder glüht vielmehr,<br />
vortrefflicher Torf, der außer der Wärme, die<br />
er verleiht, auch, gleich dem Vesuv, wenn er<br />
ausbricht, alle Gegenstände mit einer feinen<br />
Asche überzieht. Alles das ist nicht glänzend<br />
– aber wie hoch werden jene Kleinigkeiten<br />
aufgewogen, durch die patriarchalische Gastfreiheit,<br />
und die heitre, ungezwungene Freundlichkeit<br />
der Familie! Es ist als wäre mein Besuch<br />
eine erzeigte Gunst, für die sich mir alle, wie für<br />
einen wesentlichen Dienst, verpflichtet zu fühlen<br />
scheinen.<br />
Aus: „Briefe eines Verstorbenen“