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"A Tavola" Ausgabe 6 Ligurien

Geschichten über Ligurien und die ligurische Küche.

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Food Story<br />

PESTO-<br />

WELTMEISTERSCHAFT<br />

IN GENUA<br />

Das beste Pesto der Welt<br />

ist improvisiert.<br />

Auch die Jüngsten stampfen bei der Pesto-Weltmeisterschaft um die Wette.<br />

“Pronti, al pesto, via!“,<br />

zu Deutsch: An den Mörser,<br />

fertig, los! Bei der Pesto-<br />

Weltmeisterschaft in Genua<br />

werden alle zwei Jahre energisch<br />

die Holzstößel geschwungen.<br />

100 Konkurrenten aus aller<br />

Welt treten an, ganz egal ob<br />

Hauben-Gastronom oder<br />

Amateurkoch, und mixen<br />

Pesto alla Genovese nach<br />

traditioneller Zubereitungsweise<br />

und mit ursprünglichen<br />

Zutaten. Sie sind schon<br />

überzeugt und hätten jetzt gerne<br />

das Rezept des weltmeisterlichen<br />

Pestos? Da hält es die amtierende<br />

Weltmeisterin Alessandra Fasce<br />

wie der genuesische Teufelsgeiger<br />

Paganini: mit meisterhafter<br />

Improvisation.<br />

Wer siegen will, muss<br />

stampfen können.<br />

Alessandra hat es im Blut:<br />

„Bei der Zubereitung gehe<br />

ich nach Gefühl und verkoste<br />

immer wieder, Rezept habe<br />

ich ehrlich gesagt keines“,<br />

erklärte sie 2016 nach ihrem<br />

Sieg. In <strong>Ligurien</strong> sagt man, man<br />

müsse zur Pestoherstellung<br />

geboren sein wie ein Poet<br />

zum Dichten. Zugegeben,<br />

als Ligurerin hatte Alessandra<br />

gegenüber den Teilnehmern<br />

aus Neuseeland, Finnland oder<br />

Japan einen Heimvorteil. Um<br />

an den goldenen Stößel, die<br />

Siegertrophäe, zu kommen,<br />

hat sich die 37-jährige<br />

Küchengehilfin aber nicht auf<br />

ihre Herkunft verlassen, sondern<br />

zwei Monate lang intensiv<br />

geübt. „Im Schlaf habe ich<br />

manchmal sogar meinen Mann<br />

mit dem Ellenbogen geboxt;<br />

da habe ich im Traum Pesto<br />

gerührt“, erzählte Alessandra<br />

Fasce nach ihrem Sieg lachend<br />

den Journalisten.<br />

Die magischen Sieben.<br />

Die Herstellung von Pesto<br />

Genovese ist nichts für zarte<br />

Gemüter. Es muss ordentlich<br />

gestampft werden, um den<br />

Zutaten das volle Aroma zu<br />

entlocken. Damit die Pesto-<br />

Alchemie gelingt, braucht<br />

es diese magischen Sieben:<br />

kleinblättriges Basilikum aus<br />

Prá, Knoblauch aus Vessalico,<br />

Pinienkerne, Parmesankäse,<br />

Pecorino, grobes Salz und<br />

ligurisches Olivenöl. Bei der<br />

Weltmeisterschaft in Genua<br />

gilt das Reinheitsgebot: Jeder<br />

der Teilnehmer erhält exakt<br />

dieselben Zutaten, auch<br />

Mörser und Stößel werden<br />

zur Verfügung gestellt. In<br />

Alessandra Fasce, die Pesto-<br />

Weltmeisterin von 2016, mit<br />

Roberto Panizza dem Päsidenten<br />

der Vereinigung, die die<br />

Weltmeisterschaft organisiert.<br />

zwei Runden werden von<br />

einer 30-köpfigen Jury zuerst<br />

die zehn Finalisten, dann<br />

das Siegerpesto ermittelt.<br />

Mitmachen dürfen 50 Ligurer,<br />

25 Teilnehmer aus anderen<br />

italienischen Regionen und 25<br />

internationale Teilnehmer.<br />

Roberto schlug Alarm,<br />

als die Mörser zum<br />

Hühnertrog wurden.<br />

Eine Pesto-Weltmeisterschaft.<br />

Wer kommt auf eine solche<br />

Idee? In <strong>Ligurien</strong> konnte es nur<br />

einer sein: Roberto Panizza,<br />

in Genua bekannt als König<br />

des Pesto. Er setzt alles daran,<br />

dass die regionale Tradition<br />

der Pestoherstellung im<br />

Mörser nicht verloren geht.<br />

Wenn es sein muss, eben eine<br />

Weltmeisterschaft. Diese wird<br />

seit 2007 von der Vereinigung<br />

Palatifini, das bedeutet „feine<br />

Gaumen“, ausgetragen.<br />

Früher hatte jede ligurische<br />

Hausfrau einen Mörser in der<br />

Küche. Längst wird jedoch auch<br />

hier in der Region das Pesto mit<br />

dem Mixer verrührt; die Mörser<br />

wurden zur Blumenvase oder<br />

zum Hühnertrog umfunktioniert.<br />

Das geht so nicht weiter, fand<br />

Roberto Panizza. Eigentlich<br />

hat er ja nichts gegen Mixer.<br />

Aber er wollte es machen wie<br />

früher. Also begann er vor etwa<br />

15 Jahren, das Pesto für sein<br />

Restaurant Il Genovese wieder<br />

handwerklich herzustellen. Ging<br />

auf Jahrmärkte, um das Wissen<br />

um die Herstellung wieder unter<br />

die Leute zu bringen.<br />

Wer in <strong>Ligurien</strong><br />

aufwuchs, hat als Kind<br />

Basilikum zerstampft.<br />

Das war zu diesem Zeitpunkt<br />

schier revolutionär. „Ältere<br />

Leute sahen mir zu und<br />

hatten Tränen in den Augen.<br />

Sie sagten: Du hast mich<br />

gerade in meine Kindheit<br />

zurückkatapultiert“, verriet<br />

Roberto in einem Interview mit<br />

BBC. Die Pestoherstellung war<br />

die traditionelle Beschäftigung<br />

in der Küche für genuesische<br />

Kinder: Mit dem Mörser<br />

konnten sie sich nicht verletzen,<br />

gleichzeitig leisteten sie einen<br />

Beitrag zum Familienessen.<br />

So gehört der Duft von<br />

zerstampften Basilikum ins<br />

kollektive Gedächtnis aller<br />

echten Ligurer.<br />

Da die Bezeichnung Pesto<br />

mittlerweile auch für Saucen<br />

verwendet wird, die mit <strong>Ligurien</strong><br />

und dem genuesischen Pesto<br />

nichts zu tun haben, wird<br />

gerade um UNESCO-Schutz<br />

für das Pesto alla Genovese<br />

angesucht. Und mit Aktionen<br />

wie der Weltmeisterschaft<br />

auch innerhalb von <strong>Ligurien</strong><br />

die Werbetrommel gerührt.<br />

Übrigens: Bei der Pesto-<br />

Weltmeisterschaft gibt es auch<br />

einen Wettbewerb für Kinder.<br />

Damit die ligurische Kindheit<br />

auch weiterhin nach Basilikum<br />

riecht.<br />

Werden Sie der nächste<br />

Pesto-Weltmeister?<br />

Am 17. März 2018 findet<br />

die nächste Pesto-<br />

Weltmeisterschaft in Genua<br />

statt, im Palazzo Ducale, wo<br />

einst das Lottospiel erfunden<br />

wurde. Wollen Sie Ihr Glück<br />

versuchen? Hier gibt es nähere<br />

Informationen.<br />

www.pestochampionship.it<br />

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