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ZEHN JOURNALISTEN<br />
ERLEBTEN DEN UMBRUCH IN DER<br />
TIROLER MEDIENLANDSCHAFT<br />
ALBERT EIZINGER<br />
STEFAN <strong>FUISZ</strong><br />
WOLFGANG INGENHAEFF<br />
GÜNTHER JENEWEIN<br />
GERHARD PLATTNER<br />
ALOIS SCHÖPF<br />
DONALD STERZ<br />
BERND STRACKE<br />
ROBERT VINATZER<br />
WOLFGANG WEGER
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2018<br />
Berenkamp Buch- und Kunstverlag<br />
Wattens–Wien<br />
www.berenkamp-verlag.at<br />
ISBN 978-3-85093-378-0<br />
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung<br />
des Amtes der Tiroler Landesregierung, Abteilung Kultur<br />
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in<br />
der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische<br />
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
7<br />
Stefan Fuisz<br />
„Geh bitte, schreibt’s das doch!“ –<br />
Der Auftrag statt eines Vorworts<br />
13 Robert Vinatzer<br />
Viele Berufsbilder sind gestorben.<br />
Der Redakteur musste umlernen<br />
16 Albert Eizinger<br />
Langweilig war es nie.<br />
Journalisten in Tirol an der analog-digitalen Wende<br />
63 Stefan Fuisz<br />
Der Flug nach Kärnten<br />
und andere Kurzgeschichten<br />
91 Wolfgang Ingenhaeff<br />
Der nicht genehmigte Kopierer<br />
Verweigerte episkopale Modeschau<br />
Von Friaul bis Salerno<br />
99 Günther Jenewein<br />
Walder, Innervillgraten<br />
und andere Kurzgeschichten
104 Gerhard Plattner<br />
Von der TT zum Tiroler Adler<br />
und andere Kurzgeschichten<br />
114 Alois Schöpf<br />
Kolumnen und Promenadenkonzerte<br />
121 Donald Sterz<br />
Vom Bleisatz<br />
und andere Kurzgeschichten<br />
134 Bernd Stracke<br />
Atomversuche in Algerien<br />
und andere Kurzgeschichten<br />
149 Wolfgang Weger<br />
Alles war anders –<br />
nicht besser, aber schöner
„Wisst’s ihr noch, wie sich das halb nackte Mädchen mit einem Fuß im Notbremshebel<br />
eines Salonwagens verklemmt hat und der Orientexpress im Innsbrucker<br />
Hauptbahnhof deshalb eine ewig lange Verspätung aufgerissen hat?” – „Und<br />
ihr könnt euch sicher noch daran erinnern, wie zwei Zuhälter in der Tirol-Kurier-Redaktion<br />
beinahe eine wüste Schlägerei begonnen hätten, weil sie sich nicht<br />
darüber einig waren, wer, wann und wie oft er seine Damen im Kleinanzeigenteil<br />
anbieten dürfe.” – „Aber das Beste war doch, dass der Kommerzialrat Moser eine<br />
Brille an die Wand geschmettert haben soll, weil er sich so darüber ärgerte, dass der<br />
Kurier exklusiv über die erste Herztransplantation Österreichs berichtet und die<br />
Tiroler Tageszeitung nichts von dieser Sensation gewusst hatte.”<br />
Gespräche am Stammtisch, an dem bei ein paar Bieren die Vergangenheit lebendig<br />
wird – was an sich nichts Besonderes ist. Dieses Gespräch in den ersten Monaten<br />
des Jahres 2015 war dagegen insofern etwas Besonderes, weil der Älteste von<br />
den drei Typen, die da am Stammtisch saßen, plötzlich meinte: „Geh, bitte schreibt’s<br />
das doch. Das sind doch spannende, witzige oder auch dramatische Erinnerungen,<br />
die über die Entwicklung des Printjournalismus gegen Ende des letzten Jahrtausends<br />
in Tirol unheimlich viel aussagen. Da können die Alten schmunzeln und die<br />
jungen Tiroler staunen, wie damals Zeitung gemacht wurde.”<br />
Die drei Typen am Stammtisch waren Donald Sterz und ich – und der Älteste,<br />
das war Robert Vinatzer. Dieser Robert Vinatzer war ein Vollblutjournalist, der die<br />
Medienentwicklung in Tirol an der Wende vom Blei- zum Computersatz mitgeprägt<br />
hatte und der genauso wie wir beiden anderen genau wusste, dass seine Tage<br />
gezählt waren. Er selbst hatte gerade sein Buch „Die Kinder der Alpenfestung. Das
Das einstige „Fink”, ein Traditionswirtshaus im Innsbrucker Saggen (Foto: Fuisz)
Ende des Zweiten Weltkriegs in Reith bei Seefeld” (Berenkamp Verlag, Wattens)<br />
fertiggestellt und abschließend trocken kommentiert: „Das war knapp. Die Ärzte<br />
geben mir nur noch ein paar Wochen.” Und nun schlug er plötzlich vor, dass auch<br />
wir ehemaligen Tagesjournalisten ein Stück Tiroler Geschichte in Buchform festhalten<br />
sollten – wobei das „wir” denn doch ein wenig Erklärung verlangt.<br />
„Wir” – das sind nicht nur die bereits zitierten drei, die kurz vor Roberts Tod<br />
noch am Stammtisch saßen. „Wir” sind die „Finkrunde”, eines der letzten Hobbys<br />
von Robert Vinatzer. Diese Journalistenrunde hatte der Pensionist Robert Vinatzer<br />
als Stammtischrunde im Innsbrucker Gasthaus Fink gegründet. Sie wird nun<br />
nach Roberts Tod im April 2015 von Donald Sterz und mir am Leben erhalten –<br />
zuerst im Saggener Traditionsgasthaus Fink, bis im April 2016 die wirklich tollen<br />
Wirtsleute Hilde und Fredi Bauer in den Ruhestand traten und damit das Ende des<br />
„Fink“ gekommen war.<br />
Die „Finkrunde“ tagt nun im „Lewisch“, einem anderen Innsbrucker Traditionsgasthaus.<br />
Dort treffen sich Albert Eizinger, Stefan Fuisz, Günther Jenewein, Johann<br />
Neudecker, Gerhard Plattner, Bernhard Platzer, Donald Sterz, Alois Schöpf, Bernd<br />
Stracke, Wolfgang Weger, hin und wieder Gerd Andreaus und ganz selten als Gast<br />
Wolfgang Geier. Die Namen sind (mit wenigen Ausnahmen) selbsterklärend: Hier<br />
handelt es sich um eine Journalisten-Pensionisten-Runde. Wobei nicht alle gelernten<br />
Journalisten „Pension“ mit Nichtstun verbinden – im Gegenteil! (Näheres zu<br />
den Autoren – die zu einem Teil auch noch gelegentlich als Journalisten aktiv sind<br />
– bei deren Beiträgen.) Möglichst viele dieser Journalisten-Pensionisten sollten sich<br />
nach dem letzten Wunsch Robert Vinatzers an dem Buch beteiligen: „Jeder von<br />
uns hat seine eigenen Erinnerungen, und jeder hat oft einmal dasselbe Erlebnis aus<br />
einer ganz eigenen Perspektive gesehen”, meinte der Mann mit dem Denkanstoß zu<br />
diesem Buch.<br />
Tatsächlich blieb in den Jahren 1975 bis 1995 im Tagesjournalismus in Tirol kein<br />
Stein auf dem anderen – und wir waren mittendrin: Wir erlebten, wie Bier, Wein<br />
und Zigaretten bei einer Pressekonferenz am Vormittag noch selbstverständlich<br />
waren, wie Schwarz-Weiß-Bilder nur langsam von Farbfotos abgelöst wurden, wie<br />
der Computer den Bleisatz verdrängte, wie die ersten (schuhkartongroßen) Mobiltelefone<br />
eingeführt wurden, wie Faxgeräte auftauchten und wieder verschwanden<br />
und wie die Zeitungslandschaft in Tirol von einer Spielwiese der Tiroler Tageszeitung<br />
zu einem Tummelplatz mehrerer Blätter wurde. Es änderte sich in diesen<br />
Jahren die Technik, es änderte sich vor allem aber auch die Zusammensetzung der<br />
Redaktionen: Tagesjournalismus war bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts in<br />
Tirol männlich: Im Lärm der Druckmaschinen, in der Hitze der Setzereien, in denen<br />
aus flüssigem Blei Buchstabenzeilen für den Druck gegossen wurden, da waren<br />
die männlichen Alpha-Tiere zu Hause. Sie kämpften hart um den besten Platz für
ihre Story im Blatt – und um das letzte Bier aus dem Redaktionskühlschrank. Erst<br />
vor gut 30 Jahren begannen sich Frauen im Tagesjournalismus zu engagieren. Heute<br />
ist der Journalismus in Tirol sehr stark weiblich geprägt – allein die Vorkämpferinnen<br />
der heutigen Journalistinnen haben diesen Wandel offenbar noch gar nicht<br />
realisiert. So deute ich zumindest die Reaktionen auf Einladungen an einige Vertreterinnen<br />
der ersten Frauengeneration in Tirols Redaktionen, sich an diesem Buch<br />
zu beteiligen: Schweigen.<br />
Schweigen war auch für ganz bestimmte Frauen in diesen wilden Jahren des<br />
Tiroler Journalismus angesagt – in erster Linie für Freundinnen und Ehefrauen<br />
von Journalisten. Sie mussten viele einsame Abende und Wochenenden hinnehmen<br />
– und hielten dabei doch zumeist tapfer (und nur manchmal ganz leise vor<br />
sich hingrummelnd) durch. Eine Leistung, die man nicht hoch genug bewerten<br />
kann.<br />
Letztlich beteiligte sich dann nur eine einzige Frau aktiv an der Entstehung dieses<br />
Buches: Claudia Egg (eine Magistra der Germanistik, langjährige Deutsch- und<br />
Englisch-Professorin am Innsbrucker Reithmann-Gymnasium und seit ihrer Pensionierung<br />
wieder eine Studentin) erklärte sich bereit, die einzelnen Texte Korrektur<br />
zu lesen. Sie hat das gleich zweimal getan: einmal sozusagen im Buchstabier-Modus,<br />
um Rechtschreibfehler zu erwischen, und einmal Sinn erfassend, um<br />
immer dann Alarm zu rufen, wenn wir alten Schreiberlinge Wissen um eine bestimmte<br />
Situation voraussetzen, das einfach nicht selbstverständlich ist. Eine aufwendige<br />
Geschichte, die auch erklärt, warum in diesem Buch (hoffentlich) weniger<br />
„Druckfehler” zu finden sind als in einer täglich neu zu erfindenden Tageszeitung.<br />
Zu Claudia Eggs Ehrenrettung sei aber auch gesagt, dass der eine oder andere Kollege<br />
– ganz in Tagesjournalismusart – seinen Beitrag so spät abgeliefert hat, dass er<br />
nicht mehr gelesen werden konnte …<br />
Und weil hier gerade auch mögliche Fehler angesprochen werden: Das eine oder<br />
andere Bild mit eher bescheidener Qualität ist kein Fehler der Druckerei, sondern<br />
ein Zugeständnis an vergangene Zeiten. Wir haben auch alte Fotos ausgewählt, die<br />
zwar mit damals hochwertigen und sündteuren Apparaten geschossen wurden, die<br />
aber doch kaum mehr an die Qualität mittelprächtiger Handykameras unserer Tage<br />
herankommen – die Bilder haben aber einfach einen historischen Wert. Stichwort<br />
Fotos: Nicht bei jedem Bild steht der Bildautor dabei – weil er oft genug einfach<br />
nicht mehr zu eruieren ist. Eine etwas ungute Geschichte, wenn Fotos aus dem<br />
Gestern ohne Beschriftung ins Heute und mit diesem Büchlein ins Morgen hinüberleben.<br />
Ein kleiner Trost für alle Fotografen, die hier unabsichtlich unerwähnt<br />
blieben: Sie bekommen ein Gratisexemplar dieses Buchs.<br />
Bevor ihr, liebe Leser, nun in die unterschiedlichsten Geschichten aus einer vergangenen<br />
Zeit eintaucht, lassen wir vor den lebenden Autoren (in alphabetischer
Reihenfolge) noch einmal jenen alten Freund Robert Vinatzer zu Wort kommen,<br />
der mit seinem launigen Spruch „Geh, bitte schreibt’s das doch” die Initialzündung<br />
zum Start dieses Büchleins gegeben hat.<br />
Stefan Fuisz
Robert Vinatzer (1938–2015) begann seine journalistische<br />
Laufbahn bei der „TT“, leitete zwölf Jahre die<br />
Tirol-Redaktion des „Kurier“ und war zum Zeitpunkt<br />
der von ihm ab der folgenden Seite erzählten Geschichte<br />
(1995) Redakteur der „Tiroler Wirtschaft“.<br />
(Foto: privat)<br />
* Der Beitrag „Die TT und das Gewerbe“ erschien – als Rückblick auf 30 Jahre Journalismus<br />
interpretiert – in der Sonderbeilage „50 Jahre Tiroler Tageszeitung“ vom 21. Juni 1995.
Das Zeitungsgewerbe schien wie der Vatikan unveränderbar bis in alle Ewigkeit.<br />
Generationen von Setzern kochten Blei und gossen damit Buchstabenzeile für<br />
Buchstabenzeile. Die Metteure hoben dann das erkaltete Schwermetall in die Eisenrahmen<br />
und gestalteten Seite für Seite. Bei jeder Zeitungsausgabe wurden Tonnen<br />
bewegt. Der Beruf der Setzer und Metteure hatte Gewicht. Ihre Gewerkschaft<br />
auch. Redakteure durften kein Blei anfassen und keine Zeile in Blei gießen. Sie<br />
hätten ja ein Gewerbe erlernt und im Streikfall den Setzer ersetzen können, was zu<br />
verhindern war.<br />
Die Zeitungswelt hat sich total verändert<br />
Seit 20 Jahren ist alles anders. Die alte Zeitungswelt brach zusammen. Viele Berufsbilder<br />
sind gestorben, der Redakteur musste von Blei- auf Fotosatz und von Fotosatz<br />
auf die Text-Bild-Verarbeitung umlernen. Die Buchstaben, einst bleischwer,<br />
huschen nun leicht wie im Schwalbenflug von Bildschirm zu Bildschirm. Der heutige<br />
Journalist ist oft Redakteur, Korrektor, Setzer und Metteur in einer Person.<br />
Auch die Sprache ändert sich, aber nicht so rasch wie die Technik. Gleich geblieben<br />
sind die Beistrichregeln. Ältere Redakteure beherrschen sie auch im Schlaf,<br />
von den etwa 40 Jungjournalisten, die ich im Lauf meines Lebens mit ausgebildet<br />
habe, kannte sie ein einziger. Die anderen verstreuten die Beistriche erst nach Fertigstellung<br />
des Artikels mit viel Gefühl für das Schriftbild.<br />
Von Rechtschreibung und Beistrichregeln<br />
Die Rechtschreibung hingegen hat ihren Schrecken weitgehend verloren. Der<br />
Redakteur, der „Rytmus“ schreibt, bekommt nicht die Kündigung, sondern einen<br />
PC mit eingebautem Duden. Das Wörterbuch auf Festplatte schreibt „Rhythmus“<br />
richtig und macht aus jedem Sportreporter ein Rechtschreibass von goethescher<br />
Sicherheit. Das Bedrucken von Papier heißt von alters her die Schwarze Kunst. Wer<br />
je die Geruchsmischung aus Druckerschwärze, Papier und Schweiß als Parfüm in<br />
der Nase empfunden hat, den lässt das Zeitungsmachen nicht mehr los. Es ist ein<br />
dankbares Gewerbe, denn der Mitarbeiter sieht jeden Tag den Erfolg. Die Tageszeitung<br />
ist ein Gesamtkunstwerk vieler Menschen aus Inseratenabteilung, Produktion,<br />
Vertrieb und Redaktion. Am Morgen beginnt wie bei der Erschaffung der Welt<br />
alles wieder bei null.<br />
Ich habe Aufstieg und Fall von Redakteuren erlebt, bei denen das Hochgefühl,<br />
aus dem täglichen Urknall und dem folgenden Chaos der Meldungen eine spannende<br />
Zeitung zu machen, in Selbstüberschätzung umgeschlagen hat. Sie spürten
die Macht, die sie hatten, wenn die wahren Mächtigen in Staat, Stadt und Land<br />
zittern vor dem, was die Rotationsmaschine ausspuckt.<br />
Wer Macht ausüben will, soll aber Politiker werden und Konzernchef, nicht Redakteur.<br />
Denn mächtig ist nur das Medium, der Verleger, nicht der Redakteur. Er<br />
hat Diener zu sein, Diener am Leser. Minister und Bürgermeister ziehen nicht vor<br />
dem Redakteur ihren Hut, sondern vor dem Medium, das er vertritt.<br />
Der Tiroler Journalismus, so glaube ich, ist in den letzten Jahren besser geworden.<br />
Er sieht tiefer unter die Oberfläche, arbeitet gründlicher, zeigt mehr Probleme<br />
auf als früher, hat die Selbstherrlichkeit der Politiker deutlich eingebremst zum<br />
Nutzen der Gesellschaft. Ob die Medien zu mächtig geworden sind, ist eine Frage,<br />
die uns die nächsten zehn Jahre beschäftigen wird.<br />
Die Möglichkeiten haben sich verbessert<br />
Die jungen Journalisten haben heute ausgezeichnete Möglichkeiten, ihr Handwerk<br />
zu lernen. Gute Zeitungen betreiben Lehrredaktionen, es gibt Lehrstühle für<br />
Publizistik, in zahlreichen Kursen und Seminaren erfahren Jungredakteure, wie<br />
eine gute Zeitung gemacht, eine Seite für das Auge bestmöglich gestaltet wird, Sprache<br />
und Schreibstil verbessert werden können. Das alles gab es vor 30 Jahren nicht.<br />
Was den jungen Redakteuren offenbar nicht beigebracht wird, ist die Trennung<br />
von Sachbericht und Kommentar. Sie deuten die Ereignisse nach ihrer persönlichen<br />
Weltsicht und lassen ihrer Ab- und Zuneigung zu Personen freien Lauf. Die<br />
alte Journalistenregel – hier Sachbericht, dort Kommentar mit persönlicher Meinung<br />
– wird nicht mehr eingehalten.<br />
Der heutige Journalist sucht nach den schlechten Neuigkeiten. Sie sind, wie uns<br />
Amerika lehrte, die besseren Nachrichten für die Auflage und das Geschäft.<br />
Wir Journalisten der Sechzigerjahre suchten nach den guten Neuigkeiten. Unsere<br />
Gehälter waren viel schlechter als heute, aber vielleicht hatten wir eine bessere<br />
Zukunft vor Augen.
Zwischen 1975 und 1995 blieb im Tagesjournalismus<br />
in Tirol kein Stein auf dem anderen<br />
– und acht Autoren dieses Bandes waren<br />
mittendrin: Sie erlebten, wie ein Hubschrauber<br />
durch die Innsbrucker Speckbacherstraße<br />
rollte, wie Bier, Wein und Zigaretten<br />
bei einer Pressekonferenz am Vormittag noch<br />
selbstverständlich waren, wie Schwarz-Weiß-<br />
Bilder nur langsam von Farbfotos abgelöst<br />
wurden, wie der Computer den Bleisatz verdrängte,<br />
wie die ersten Mobiltelefone eingeführt<br />
wurden, Faxgeräte auftauchten und<br />
wieder verschwanden und wie die Zeitungslandschaft<br />
in Tirol zu einem Tummelplatz<br />
mehrerer Blätter wurde. In diesen Jahren<br />
änderte sich die Technik, vor allem aber<br />
auch die Zusammensetzung der Redaktionen:<br />
Der Tiroler Tagesjournalismus war bis in die<br />
1980er-Jahre männlich: Frauen begannen sich<br />
darin erst vor gut 30 Jahren zu engagieren.<br />
ISBN 978-3-85093-378-0<br />
www.berenkamp-verlag.at<br />
www.kraftplatzl.com