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Florian <strong>Schaffenrath</strong><br />

Die<br />

<strong>Muttergottes</strong><br />

im Dom St. Jakob zu Innsbruck<br />

Die<br />

<strong>Muttergottes</strong><br />

im Dom St. Jakob zu Innsbruck<br />

Joseph Wolffs Triumphus Marianus<br />

über die Innsbrucker Feierlichkeiten von 1750<br />

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Florian <strong>Schaffenrath</strong><br />

Die<br />

<strong>Muttergottes</strong><br />

im Dom St. Jakob zu Innsbruck<br />

Joseph Wolffs<br />

Triumphus Marianus<br />

über die Innsbrucker<br />

Feierlichkeiten von 1750<br />

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Alle Rechte vorbehalten<br />

© <strong>2022</strong>, Berenkamp<br />

Wattens<br />

www.berenkamp.at<br />

ISBN 978-3-85093-426-8<br />

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung<br />

Land Tirol, Kulturabteilung<br />

und<br />

Ludwig Boltzmann Institut<br />

für Neulateinische Studien<br />

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet<br />

über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

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Inhaltsverzeichnis<br />

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9<br />

9<br />

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15<br />

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Vorwort<br />

Einleitung<br />

Aus dem Tagebuch der Universität<br />

Quellen<br />

Das Gnadenbild<br />

Der Autor des Triumphus Marianus<br />

Literarische Gattung: Epos<br />

Struktur und Inhalt<br />

Literarische Technik<br />

Poetologie<br />

Sprache und Metrik<br />

Druck und Überlieferung<br />

Editionsbericht<br />

Appendix<br />

Triumphus Marianus<br />

Kommentar<br />

Bibliographie<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Endnoten<br />

Namenregister<br />

5


6<br />

Gewidmet<br />

den Mitgliedern des Pfarrgemeinderats<br />

der Dompfarre St. Jakob<br />

2017–<strong>2022</strong>


Vorwort<br />

Nachdem ich im Frühjahr 2017 in den Pfarrgemeinderat der Dompfarre St.<br />

Jakob gewählt worden war, sah ich mich nach einer Möglichkeit um, wie<br />

ich mich als Klassischer Philologe mit einem ausgewiesenen Forschungsschwerpunkt<br />

in der lateinischen Literatur, die in der Neuzeit geschrieben wurde,<br />

am besten in die Arbeit einbringen könnte. Jeder weiß, dass der Innsbrucker<br />

Dom durch das von Lucas Cranach d. Ä. geschaffene Mariahilf-Bild über die<br />

Grenzen der Stadt und des Landes hinaus bekannt ist. Nur wenigen ist bewusst,<br />

dass die Kirche auch in einem eigenen lateinischen Epos gefeiert wurde und dadurch<br />

ihren Platz in der europäischen Literaturgeschichte erlangt hat – „Was<br />

bleibt aber, stiften die Dichter!“ So habe ich mich entschlossen, dieses Epos für<br />

eine breitere Leserschaft zu erschließen, und es war mir eine große Freude, dass<br />

ich beim Abschluss meiner Tätigkeit für den Pfarrgemeinderat das Manuskript<br />

des vorliegenden Buchs vorstellen konnte. Es ist ausdrücklich nicht (nur) für die<br />

einschlägige Fachwelt, sondern für alle geschrieben, die sich für die Geschichte<br />

des Mariahilf-Bildes und für die Literaturgeschichte Tirols interessieren.<br />

Ich bedanke mich bei Frau Eva Rammer, die eine frühe Version der deutschen<br />

Übersetzung kritisch durchgesehen hat, und bei Dr. Patryk Michał Ryczkowski<br />

für die genaue Lektüre der Einleitung. Für schnelle und unkomplizierte Hilfe<br />

bei den Abbildungen danke ich Arno Cincelli von der Diözese Innsbruck, Roland<br />

Sila vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum und Reinhold Sigl von der<br />

Dompfarre St. Jakob. Dem Ludwig Boltzmann Institut für Neulateinische Studien<br />

gebührt Dank für die Übernahme eines Teils der Druckkosten.<br />

Florian <strong>Schaffenrath</strong><br />

Innsbruck, im März <strong>2022</strong><br />

7


8<br />

Das Gnadenbild Mariahilf von Lucas Cranach d. Ä. (1472–1553)


Einleitung<br />

AUS DEM TAGEBUCH DER UNIVERSITÄT<br />

Am Abend des 9. August 1750 setzte sich Ignatius Rhomberg SJ, Dekan der Katholisch-Theologischen<br />

Fakultät der Innsbrucker Universität, an seinen Schreibtisch<br />

und verfasste einen eindrucksvollen Bericht darüber, was er im Lauf des<br />

Tages erlebt hatte: Er hatte nämlich an der spektakulären Prozession teilgenommen,<br />

mit der gerade einwöchige Feierlichkeiten abgeschlossen wurden, in denen<br />

dankbar an die Übertragung des Gnadenbildes Mariahilf von Lucas Cranach d.<br />

Ä. in die Innsbrucker Pfarrkirche vor einhundert Jahren erinnert worden war. 1<br />

Die Prozession – so vermerkt es Dekan Rhomberg 2 – hatte nach dem Mittagessen<br />

begonnen und dauerte bis 19.15 Uhr. Das Gnadenbild wurde auf einem prächtig<br />

geschmückten Wagen nicht nur durch die Innenstadt, sondern auch ans Innufer<br />

und in die Vorstadt zum Servitenkloster getragen. (Heute würde man das in der<br />

Maria-Theresien-Straße gelegene Servitenkloster nicht als in der Vorstadt, sondern<br />

als im Herzen von Innsbruck gelegen bezeichnen, doch war die eigentliche<br />

Stadt Mitte des 18. Jahrhunderts noch sehr klein.) Der Dekan schreibt weiter,<br />

dass sich neben den Würdenträgern der Universität, die ihm klarerweise besonders<br />

am Herzen lagen, eine Reihe weiterer Ehrengäste dem Zug angeschlossen<br />

hatten, allen voran der Fürstbischof von Brixen, Leopold Maria Graf von Spaur<br />

(1696–1778), ein gebürtiger Innsbrucker. Neben ihm fielen dem Dekan noch der<br />

Brixner Weihbischof Ferdinand Joseph Gabriel Graf von Sarnthein (1697–1762),<br />

Propst Antonius Steigenberger vom Augustinerstift Neustift (reg. 1737–1767),<br />

Abt Rogerius Sailer vom Zisterzienserstift Stams (reg. 1742–1766), Abt Norbert<br />

I. Bußjäger vom Prämonstratenserstift Wilten (reg. 1747–1765) und Abt Ignatius<br />

des (1807 aufgehobenen) Augustiner Chorherrenstifts San Michele all’Adige auf –<br />

kurz: Die gesamte kirchliche Prominenz der Diözese Brixen war vertreten.<br />

9


QUELLEN<br />

Wenn ein für eine kleine Stadt wie Innsbruck derart bedeutendes Ereignis stattfindet,<br />

ist nicht verwunderlich, dass nicht nur der Dekan der theologischen Fakultät<br />

darüber schreibt, sondern sich noch weitere Berichte finden lassen. Stellvertretend<br />

für viele sei ein Kollege des eben zitierten Theologen genannt: Auch<br />

der Dekan der philosophischen Fakultät vermerkt die Feierlichkeiten voll Anerkennung<br />

in seinem Tagebuch. 3<br />

Doch die mit Abstand wichtigste, weil ausführlichste Quelle über die Feierlichkeiten<br />

ist die Schrift „Jubel in Jubel-Jahr, das ist: Kurtze Beschreibung des in Jubilaei-Jahr<br />

1750 […] Jubel-Fest“, die noch im selben Jahr in Augsburg gedruckt<br />

wurde. In diesem stattlichen Werk wird zunächst die Geschichte des Mariahilf-<br />

Bildes von seinem Entstehen bis zur Überführung nach Innsbruck beschrieben,<br />

bevor im Detail die Ausschmückung der Kirche und das Programm während der<br />

Festwoche vom 2.–8. August 1750 zur Sprache kommen. Ein eigenes Kapitel ist<br />

der detaillierten Beschreibung der Prozession vom 9. August gewidmet, an die<br />

sich ein Verzeichnis der acht gefeierten Pontifikalämter anschließt, erweitert um<br />

den Abdruck der acht dabei gehaltenen Predigten. 4 Da dieses Buch noch im Jahr<br />

der Festlichkeiten gedruckt wurde, ist anzunehmen, dass es nicht nur für den<br />

heutigen Betrachter, sondern auch für den Mann als Quelle vorlag, dessen Werk<br />

im Zentrum der folgenden Ausführungen stehen wird. Doch ehe wir uns ihm<br />

genauer zuwenden ein Wort über das Kunstwerk, das im Zentrum der Feierlichkeiten<br />

stand.<br />

DAS GNADENBILD<br />

Im Mittelpunkt der Prozession stand das Innsbrucker Mariahilf-Bild von Lucas<br />

Cranach d. Ä. (1472–1553) 5 . Er schuf nach der ersten Ausbildung im heimischen<br />

Franken seine ersten bedeutenden Gemälde in Wien und begab sich später von<br />

dort nach Wittenberg, wo er etwa ein halbes Jahrhundert lang als Hofmaler der<br />

Kurfürsten von Sachsen wirkte. In Wittenberg lernte er Martin Luther kennen<br />

10


und schätzen und war sogar Trauzeuge bei dessen Heirat mit der Nonne Katharina<br />

von Bora 1525. Cranach unterhielt eine große Malerwerkstätte und war zudem<br />

noch in verschiedenen anderen Bereichen tätig (etwa als Bürgermeister der<br />

Stadt), sodass bei seinen zahlreichen noch erhaltenen Bildern oft nur schwer zu<br />

sagen ist, was er selbst und was seine Gehilfen gemalt haben. 6<br />

Cranach hat zahlreiche Madonnenbilder geschaffen, auf die in den zeitgenössischen<br />

Quellen oft nur sehr unspezifisch Bezug genommen wird. Deswegen ist<br />

nicht leicht festzustellen, wann genau das Mariahilf-Bild gemalt wurde, das später<br />

nach Innsbruck gelangen sollte. Meistens wird eine Entstehungszeit zwischen<br />

1514 und 1525 (so Norbert Möller) angenommen, doch es gibt auch andere Vorschläge.<br />

7 Was den Madonnen-Typus betrifft, wird Maria hier als „Maria eleusa“<br />

(Mariahilf) dargestellt; sehr wahrscheinlich ist, dass sich Cranach an niederländischen<br />

Vorbildern (Notre Dame de Grâce, Cambrai) orientierte. Besonders auffallend<br />

sind der durchsichtige und nur hauchdünne Spitzenschleier, der Maria<br />

und Jesus verbindet, und insgesamt die Schlichtheit der Darstellung, die dennoch<br />

sehr kräftig ausfällt.<br />

Das Mariahilf-Bild hat eine bewegte Geschichte: 8 Zuerst befand es sich in Dresden<br />

in der Privatkapelle der Herzogin Barbara von Sachsen (1478–1534). Von dort<br />

wurde es in die Dresdner Hauptkirche, die Heiliggeistkirche, die 1760 zerstört<br />

werden sollte, überführt. Sehr bald schon wurde es (wohl aufgrund der Probleme,<br />

die die Reformation grundsätzlich mit bildlichen Darstellungen hatte) von dort<br />

in die kurfürstlich-sächsische Kunstkammer, ebenfalls in Dresden, verbracht.<br />

1611 kam es zu einem folgenschweren Besuch des späteren Tiroler Landesfürsten,<br />

Erzherzog Leopold V. (1586–1632), bei Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen<br />

(1585–1656) aus Anlass seines Regierungsantritts. Leopold war zu dem Zeitpunkt<br />

(nicht geweihter) Fürstbischof von Passau und Straßburg, und Johann Georg<br />

gestattete ihm, sich ein Gastgeschenk aus seiner Kunstkammer auszusuchen.<br />

Leopold wählte das Mariahilf-Bild und nahm es mit in die Schlosskapelle seines<br />

Bischofssitzes in Passau. Dort wurde eine Kopie angefertigt und zunächst in einer<br />

Holzkapelle, ab 1627 in einer prächtigen Wallfahrtskirche auf dem späteren Mariahilfberg<br />

ausgestellt, wo sie heute noch zu sehen ist. Schon 1619 nahm Leopold<br />

das Original mit nach Tirol, wo er die Statthalterschaft übertragen bekommen<br />

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12<br />

Erzherzog Leopold V. (1586–1632)


Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen<br />

(1585–1656)<br />

hatte. Dort fand das Bild zunächst in einem Raum der Innsbrucker Hofburg einen<br />

Ehrenplatz. Von Zeit zu Zeit wurde es öffentlich in der Pfarrkirche St. Jakob<br />

ausgestellt, aber der Landesfürst wollte keine ständige öffentliche Ausstellung.<br />

Sogar als die Kirche Mariahilf für die weitgehende Schonung Tirols im Dreißigjährigen<br />

Krieg gelobt und errichtet wurde, verweigerte Erzherzog Ferdinand<br />

Karl (1628–1662) das Ansuchen der Landstände, das Original für diese Kirche zu<br />

stiften. Erst 1650 gab er den Bitten der Innsbrucker Bevölkerung nach und überließ<br />

das Bild der Pfarrkirche St. Jakob. Am 3. Juli 1650 wurde das Bild feierlich<br />

übertragen und fand seinen Platz in der Marienkapelle der Pfarrkirche. Als in<br />

den Jahren 1717–1724 die alte Pfarrkirche zur neuen, heute noch existierenden<br />

Barockkirche umgebaut wude, fand das Mariahilf-Bild kurzzeitige Aufnahme in<br />

der Spitalskirche, ehe es dann wieder in die Pfarrkirche, nunmehr aber in den<br />

Hochaltar, zurückkehrte, wo es heute noch bewundert werden kann.<br />

13


Im August 1750 feierte die Stadt Innsbruck<br />

ein spektakuläres Fest, um der Überführung<br />

des Mariahilf-Bildes von Lucas Cranach d. Ä.<br />

in die damalige Pfarrkirche St. Jakob einhundert<br />

Jahre vorher zu gedenken. Die pompöse Festprozession<br />

beschrieb Joseph Wolff in Form eines<br />

lateinischen Epos unter dem Titel Triumphus<br />

Marianus, das hier erstmalig herausgegeben, mit<br />

deutscher Übersetzung versehen, eingeleitet und<br />

kommentiert wird. Ein phantastisches Zeugnis<br />

barocker Festkultur im Alpenraum wird damit<br />

heutigen Leserinnen und Lesern erschlossen.<br />

Florian <strong>Schaffenrath</strong>, 1978 in Innsbruck geboren, absolvierte<br />

das Akademische Gymnasium in Innsbruck,<br />

studierte Klassische Philologie und Neulateinische<br />

Studien an den Universitäten Heidelberg, Siena und<br />

Innsbruck; an Letzterer wurde er im Juni 2005 sub<br />

auspiciis praesidentis promoviert. Er wirkt heute als<br />

assoziierter Professor für Klassische Philologie an<br />

der Universität Innsbruck, ist zudem Direktor des<br />

Ludwig Boltzmann Institutes für Neulateinische<br />

Studien und beschäftigt sich mit lateinischer Dichtung<br />

der Frühen Neuzeit, allen voran mit epischer<br />

Dichtung.<br />

ISBN: 978-3-85093-426-8<br />

Erzherzog Ferdinand Karl (1628–1662)<br />

14<br />

www.berenkamp-verlag.at<br />

www.kraftplatzl.com

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