Gazette Charlottenburg Nr. 6/2017
Gazette für Charlottenburg und Westend - Juni 2017
Gazette für Charlottenburg und Westend - Juni 2017
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Juni <strong>2017</strong><br />
<strong>Charlottenburg</strong><br />
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Buchtipp: Berlin-<strong>Charlottenburg</strong><br />
Handel, Handwerk und<br />
Gewerbe in alten Bildern<br />
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2 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
Neues <strong>Charlottenburg</strong>-Buch<br />
mit historischen Fotos<br />
Handel, Handwerk und Gewerbe von der Kaiserzeit bis zum Zweiten Weltkrieg<br />
Historische Ansicht vom „Knie“, heute Ernst-Reuter-Platz.<br />
<br />
Copyright Landesarchiv Berlin/Sutton Verlag<br />
Mit der Veröffentlichung des<br />
neuen Bandes „Berlin-<strong>Charlottenburg</strong><br />
Handel, Handwerk und<br />
Gewerbe in alten Bildern“ zeigt<br />
Autor Christian Hopfe die Vielfalt<br />
der Alt-<strong>Charlottenburg</strong>er<br />
Arbeitswelt. Unter den fotografischen<br />
Raritäten von 1900 bis zum<br />
Zweiten Weltkrieg befinden sich<br />
auch viele unveröffentlichte, historische<br />
Fotos.<br />
In dem Buch wird der Übergang<br />
vom 19. zum 20. Jahrhundert<br />
wieder lebendig. Die feinen Geschäfte<br />
im edlen Berliner Stadtteil<br />
<strong>Charlottenburg</strong> waren zur<br />
Kaiserzeit Anlaufpunkt zahlreicher<br />
Flaneure. Auch die Königliche<br />
Porzellanmanufaktur KPM<br />
und viele Handwerker hatten<br />
hier ihr Domizil. 160 Fotografien<br />
zeigen die Zeit um 1900 bis zum<br />
Zweiten Weltkrieg. In diesem<br />
liebevoll gestalteten Bildband<br />
erkundet Christian Hopfe die<br />
faszinierende Geschäftswelt im<br />
Berliner Westen und lässt den Betrachter<br />
die Welt der Handwerker<br />
sowie der vornehmen Flaneure<br />
entdecken.<br />
Der Autor Christian Hopfe, 1965<br />
in Berlin geboren, ist ein profunder<br />
Kenner <strong>Charlottenburg</strong>s. In<br />
seiner Freizeit beschäftigt sich<br />
der studierte Diplom-Politologe<br />
mit der historischen Entwicklung<br />
der Berliner Bezirke. Sein Schwerpunkt<br />
liegt dabei auf der Alltagsgeschichte.<br />
Berlin-<strong>Charlottenburg</strong> Handel,<br />
Handwerk und Gewerbe in alten<br />
Bildern ist im Sutton-Verlag erscheinen.<br />
Das Buch ist für 20 Euro<br />
im Buchhandel erhältlich, ISBN:<br />
978-3-95400-782-0.<br />
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Liebe Bürgerinnen und Bürger in <strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf!<br />
Auch in diesem Jahr suchen wir<br />
wieder die „Frau in Verantwortung“,<br />
die mit dem Monika-Thiemen-Preis<br />
geehrt wird. Gesucht<br />
wird eine weibliche Führungspersönlichkeit,<br />
die im Bezirk beruflich<br />
tätig ist.<br />
Frau in Verantwortung<br />
<strong>2017</strong> gesucht<br />
Der jährlich zu vergebende Monika-Thiemen-Preis<br />
ist benannt nach<br />
der frauenpolitisch engagierten<br />
Bezirksbürgermeisterin<br />
von<br />
<strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf<br />
(2001<br />
– 2011), die<br />
diesen Wettbewerb<br />
2007<br />
Reinhard Naumann ins Leben rief.<br />
Die Preisträgerin<br />
2016 war Kerstin Ehrig-Wettstaedt,<br />
von der Ehrig GmbH. Sie<br />
unterstützt Frauen ganz besonders<br />
in ihrer beruflichen Entwicklung,<br />
nämlich im IT-Bereich. Als<br />
Geschäftsführerin achtet Sie darauf,<br />
nicht nur gewissenhaft auszubilden,<br />
sondern auch, gerade<br />
in diesem technischen Bereich,<br />
junge Frauen zu ermutigen, auszubilden<br />
und zu fördern.<br />
Um den Monika-Thiemen-Preis<br />
zu erhalten, muss die Preisträgerin<br />
Frauen in ihrer beruflichen<br />
Entwicklung unterstützen, sich<br />
für die gleiche Bezahlung von<br />
Frauen und Männern bei gleichwertiger<br />
Arbeit einsetzen und<br />
die Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie aktiv fördern. Außerdem<br />
achtet die Jury insgesamt auf<br />
die Einhaltung arbeitsrechtlicher<br />
Standards, wie die Einhaltung<br />
der Mindestlohngesetzgebung.<br />
Zur Vorstellung der möglichen<br />
WORT DES BEZIRKSBÜRGERMEISTERS <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> <strong>Gazette</strong> Wilmersdorf | Juni | 6<strong>2017</strong> | | 3<br />
Preisträgerin gehört daher eine<br />
Beschreibung der tatsächlich<br />
gelebten Unternehmenskultur.<br />
Darüber hinaus nimmt die Jury<br />
gerne Informationen über ehrenamtliche<br />
Tätigkeiten der möglichen<br />
Preisträgerin auf.<br />
Die Preisträgerin erhält<br />
1.000 Euro. Die Ehrung erfolgt<br />
am 26. September um 17.30 Uhr<br />
im Rathaus <strong>Charlottenburg</strong>.<br />
Frauen können sich noch bis zum<br />
30. Juni selbst bewerben oder<br />
vorgeschlagen werden. Weitere<br />
Informationen zu den Bewerbungen,<br />
der Preisverleihung und der<br />
Jury finden Sie unter www.fiv-cw.<br />
de.<br />
30 Jahre Bonhoeffer-Haus<br />
Am 17. Juni werde ich um 15 Uhr<br />
die Besucherinnen und Besucher<br />
der Feierlichkeiten anlässlich<br />
des 30-jährigen Bestehens der<br />
„Erinnerungs- und Begegnungsstätte“<br />
der Evangelischen Kirche<br />
Berlin-Brandenburg-schlesische<br />
Oberlausitz im Bonhoeffer-Haus,<br />
Marienburger Allee 43, begrüßen.<br />
Das Baudenkmal wurde 1935<br />
von Jörg Schleicher für die Eltern<br />
Dietrich und Klaus Bonhoeffers<br />
als Alterssitz erbaut. Hier fanden<br />
konspirative Gespräche des Widerstandes<br />
gegen die Nationalsozialisten<br />
unter maßgeblicher<br />
Beteiligung von Familienmitgliedern<br />
statt. Dietrich Bonhoffer<br />
(04.02.1906 – 09.04.1945),<br />
evangelischer Theologe und<br />
Leiter des Predigerseminars der<br />
Bekennenden Kirche, entschiedener<br />
Gegner des Nationalsozialismus,<br />
aktiv im Widerstand tätig,<br />
wurde 1943 in diesem Haus von<br />
der Gestapo verhaftet und im KZ<br />
Flossenbürg erhängt.<br />
Nach einer Zwischennutzung<br />
durch die Evangelische Studentengemeinde<br />
wurde das Haus<br />
umgebaut und 1987 als „Erinnerungs-<br />
und Begegnungsstätte” in<br />
Trägerschaft der Evangelischen<br />
Kirche Berlin-Brandenburg eröffnet.<br />
Eine ständige Ausstellung<br />
informiert über Leben und Werk<br />
Dietrich Bonhoeffers. 1988 wurde<br />
eine Gedenktafel am Haus enthüllt.<br />
Das Haus, das seit 1987 eine<br />
unselbständige Einrichtung der<br />
Landeskirche ist, wird ab 1. Juli<br />
<strong>2017</strong> als Werk der Kirche durch<br />
den gemeinnützigen Verein „Erinnerungs-<br />
und Begegnungsstätte<br />
Bonhoeffer-Haus e. V.“ fortgeführt.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www. bonhoeffer-haus-berlin.de<br />
oder E-Mail: email@ bonhoefferhaus-berlin.de.<br />
Regenbogenfahne am<br />
Rathaus <strong>Charlottenburg</strong><br />
Gemeinsam mit Jörg Steinert,<br />
Geschäftsführer vom Lesben-<br />
und Schwulenverband<br />
Berlin-Brandenburg, werde ich<br />
am 13. Juli um 19 Uhr die Regenbogenfahne<br />
vor dem Rathaus<br />
<strong>Charlottenburg</strong>, Otto-Suhr-Allee<br />
100, hissen. Seit den 1970er-Jahren<br />
ist sie ein internationales<br />
Symbol für queeren Stolz und<br />
stellt die Vielfalt der homo- und<br />
transsexuellen Lebensweise dar.<br />
1978 entwarf der amerikanische<br />
Künstler Gilbert Baker die Flagge.<br />
Jeder Farbe hat eine eigene Bedeutung:<br />
Rot steht für Liebe und<br />
Leben, Orange für Gesundheit,<br />
Gelb für das Sonnenlicht, Grün<br />
für die Natur, Königsblau für Harmonie<br />
und Violett für den Geist.<br />
Im Rahmen der traditionellen Pride<br />
Week mit den Respect-Gaymes<br />
am 1. Juli und dem Christopher<br />
Street Day am 22. Juli setzen<br />
wir dieses sichtbare Zeichen für<br />
Gleichberechtigung und gegen<br />
Homo- und Transphobie.<br />
Kiezspaziergang<br />
Zu unserem 186. Kiezspaziergang<br />
treffen wir uns am Samstag, dem<br />
10. Juni, um 14 Uhr am Grunewaldturm.<br />
Am 13. April wurde<br />
in Berlin die Internationale Gartenschau<br />
in Marzahn eröffnet.<br />
Ein Teil davon ist auch bei uns im<br />
Bezirk zu sehen, denn im Grunewald<br />
findet die Ausstellung „Wald.<br />
Berlin.Klima“ statt. Entlang eines<br />
4 km langen Rundwegs wird an<br />
11 Stationen die Bedeutung des<br />
Berliner Waldes für das städtische<br />
Klima erlebbar gemacht.<br />
Oberförster Kilz und sein Kollege<br />
Ackermann von den Berliner Forsten<br />
werden uns führen.<br />
Der Grunewaldturm ist mit dem<br />
Bus 218 vom Theodor-Heuss-<br />
Platz und vom Bahnhof Wannsee<br />
aus zu erreichen und fährt alle<br />
30 Minuten. Der Spaziergang<br />
geht bergauf und bergab auf<br />
Waldwegen, denken Sie also an<br />
gutes Schuhwerk! Mit ungefähr<br />
drei Stunden ist dieser auch länger<br />
als gewohnt.<br />
Die Teilnahme ist wie immer kostenfrei.<br />
Alle Interessierten sind<br />
willkommen. Informationen über<br />
die bisherigen Kiezspaziergänge<br />
finden Sie im Internet unter www.<br />
kiezspaziergaenge.de.<br />
Für Ihre Anregungen, Lob und<br />
Kritik bin ich für Sie erreichbar<br />
unter naumann@charlottenburgwilmersdorf.de.<br />
Ihr<br />
Reinhard Naumann
4 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
Im Kiez rund um den Klausenerplatz<br />
Eine Gegend zum Wohlfühlen<br />
Grüne Kastanien und duftende<br />
Linden vor liebevoll restaurierten<br />
Wohnhäusern, kleine Geschäfte,<br />
die jedem Anspruch gerecht werden.<br />
Zwischen Spandauer Damm<br />
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und Schloßstraße zieht<br />
sich ein Netz von heimeligen<br />
Straßen, in denen Alt und Jung,<br />
Menschen mit und ohne Migrationshintergrund<br />
leben, und wo<br />
Gewerbetreibende wie Künstler<br />
ihren Platz in <strong>Charlottenburg</strong><br />
gefunden haben. Wie kleine<br />
grüne Lungen liegen die einstigen<br />
dunklen und inzwischen zu<br />
ruhigen Wohlfühloasen und Begegnungszonen<br />
umgestalteten<br />
offenen Hinterhöfe zwischen den<br />
Wohnhäuser mit kleinen Läden bestimmen das Bild der Nehringstraße.<br />
Häusern und bieten einen Vorgeschmack<br />
auf die eigentliche<br />
grüne Lunge dieser Gegend, den<br />
Klausenerplatz.<br />
Das Miteinander der Kiezbewohner<br />
spiegelt sich in vielfältigen<br />
Aktionen wider, die vom Kiezbündnis<br />
Klausenerplatz e. V. organisiert<br />
und begleitet werden und<br />
Gäste aus anderen Wohnquartieren<br />
anlocken.<br />
Miteinander leben und<br />
füreinander arbeiten<br />
Schlendert der Besucher an liebevoll<br />
bepflanzten Baumscheiben<br />
der Nehringstraße vorbei,<br />
präsentiert sich ihm eine bunte<br />
Gewerbeszene, die dem Bewohnerbild<br />
des Kiezes in nichts nachsteht:<br />
Da liegt der gut sortierte<br />
Asia-Markt neben dem Geschäft<br />
für Tauchtechnik, wenige Schritte<br />
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<strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 5<br />
Lieselotte Klotzsch – im Kiez daheim.<br />
Vereinsvorsitzender Klaus Betz.<br />
Kindertheater. Künstler fühlen sich<br />
in der multikulturell reizvollen Gegend<br />
wohl.<br />
Durch blitzblanke Scheiben sieht<br />
man den Schuhmacher an Reitstiefeln<br />
arbeiten, während gegenüber<br />
die Fahrschule ihren Fahrschüler<br />
einweist. Die Gastronomie bietet<br />
für jeden Geschmack etwas. Rund<br />
45 Prozent der Anwohner besitzen<br />
Migrationshintergrund. Sie und<br />
die übrigen Bewohner leben in<br />
harmonischem Miteinander und<br />
bereichern sich kulturell.<br />
Vor kleinem aber besonderem<br />
Lokal genießt manch Handwerker<br />
in der Sonne seine Mittagspause,<br />
eine junge Mutter<br />
mit Baby tauscht sich mit der<br />
Ladenbesitzerin des Kinder-Second-Hand-Ladens<br />
aus. Die Frau<br />
gegenüber gießt die Blumenkästen<br />
auf dem Fensterbrett ihrer<br />
Erdgeschosswohnung.<br />
Und wer genau hinhört, vernimmt<br />
die alten Geschichten,<br />
welche viele Mauern der Häuser,<br />
die alten Straßenlaternen und die<br />
erhaltene Fassade der einstigen<br />
Gebr.-Manns-Filiale erzählen.<br />
Auch Lieselotte Klotzsch ist an<br />
diesem Mittag mit dem Rollator<br />
in ihrem Kiez unterwegs. Vor fast<br />
85 Jahren wurde sie unweit des<br />
Klausenerplatzes geboren und<br />
wohnt seit dem Jahr 1951 in der<br />
Neufertstraße.<br />
Längst sind die beiden Töchter<br />
erwachsen. Ihre Mutter freut<br />
sich, dass die Häuser in der<br />
Gegend so behutsam saniert<br />
wurden und ihre Wohnung nun<br />
„tipptopp“ ist. Nie war sie weg<br />
von hier, auch nicht während<br />
der Modernisierung, erzählt sie<br />
stolz. „Ich gehe noch jeden Tag<br />
im nahen Schlosspark spazieren<br />
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6 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
Für Erwachsene und Kinder ein kleines Paradies: Der Klausenerplatz.<br />
und die Schloßstraße entlang<br />
oder fahre auch mal zum Zoo.<br />
Die gute Busverbindung macht´s<br />
möglich.“ Ihrem Kiez will sie treu<br />
bleiben: „In den letzten Jahren<br />
sind hier viele junge Familien dazugekommen,<br />
unsere Zukunft“,<br />
freut sich Lieselotte Klotzsch.<br />
Den üppig grünen Klausenerplatz<br />
mit den weißumzäunten<br />
Erholungsinseln meidet sie jedoch.<br />
– Zu tief sitzt die Erinnerung<br />
an Bombennächte mit Sirenengeheul<br />
des 2. Weltkriegs.<br />
Unzählige davon verbrachte sie<br />
damals im Bunker auf dem Platz;<br />
dort, wo heute vom weitläufig<br />
angelegten Spielplatz fröhliches<br />
Kinderlachen schallt.<br />
Kiezbündnis Klausenerplatz e. V.<br />
„KiezBüro“ – in großen Lettern<br />
steht es über dem kleinen Laden<br />
mit der Bank davor. Hier, in der<br />
Seelingstraße 14, schlägt das Herz<br />
des Wohnviertels. Den rhythmischen<br />
Takt gibt der gemeinnützige<br />
im Jahr 1999 gegründete<br />
„Kiez bündnis Klausenerplatz<br />
e. V.“ an, der hier seit 2001 berät,<br />
diskutiert und plant. Unterstützt<br />
wird er von der Gewobag nicht<br />
nur durch die zur Verfügung gestellten<br />
Räumen, für die er lediglich<br />
die Betriebskosten entrichten<br />
muss.<br />
An Vereinsspitze als Vorsitzender<br />
steht Gründungsmitglied Klaus<br />
Betz, der, inzwischen im Ruhestand,<br />
die Fäden sortiert in der<br />
Hand hält. 80 Mitglieder zählt<br />
der Verein, 30 davon – überwiegend<br />
Geschäftsleute – sind Fördermitglieder.<br />
Das jährliche Kiezfest<br />
bringt zwar Standmiete ein,<br />
doch die reicht längst nicht aus,<br />
um die Kosten für die gemietete<br />
Technik, Gagen, Versicherung<br />
und Straßengebühr zu decken.<br />
Vieles hat der selbstlose Einsatz<br />
des Vereins bereits erreichen<br />
BIERGARTEN<br />
am Herthasee<br />
können, wenn es um konkrete<br />
Verbesserungen im Kiez in den<br />
Bereichen Wohnen, Gewerbe,<br />
Kultur, Wohnumfeld und Verkehr<br />
ging. Im regelmäßig vom Redaktionsteam<br />
herausgegebenen KiezBlatt<br />
berichtet er darüber:<br />
Da ist die Verkehrsberuhigung im<br />
Kiez. „Hier ist die erste verkehrsberuhigte<br />
Zone Deutschlands eingerichtet<br />
worden“, betont Betz,<br />
der sich mit dem Verein nicht<br />
zuletzt wegen des vermehrten<br />
Zuzugs junger Familien weitere<br />
Verbesserungen auf diesem Gebiet<br />
wünscht, – gerade im Bereich<br />
der Knobelsdorffstraße, die gerne<br />
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Anders trauern,<br />
Friedhofskultur neu erleben:<br />
Ein blühender Ort für Trauer,<br />
Erinnerung, Besinnung,<br />
Begegnung<br />
Friedhof Ruhleben<br />
Am Hain 1 · 13597 Berlin<br />
www.memoriam-garten-berlin.de
<strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 7<br />
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Der Klausenerplatz als Ort der Entspannung und Kiezfeste.<br />
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als Abkürzung genutzt wird.<br />
Auch um die geflüchteten Menschen<br />
kümmern sich der Verein<br />
und die Bewohner rund um den<br />
Klausenerplatz. Die Flüchtlingsinitiative<br />
engagiert sich in der<br />
Übergangseinrichtung am Kaiserdamm,<br />
begleitet Behördengänge<br />
und bringt die Menschen beim<br />
ungezwungenen Get-Together<br />
im Stadtteilzentrum zusammen.<br />
Im Repair-Café wird manches<br />
Teil wieder in Schwung gebracht,<br />
Sperrmüll- und Grünpflegeaktionen<br />
vereinen Anwohner, und<br />
bei den alljährlich im Frühjahr<br />
und Herbst stattfindenden Flohmarkt-Wochenenden<br />
vor den<br />
Haustüren (das nächste Mal am<br />
7. Oktober <strong>2017</strong>) findet manches<br />
Lieblingsstück einen neuen Besitzer.<br />
Vielfältige kulturelle Highlights<br />
und die überwiegend eintrittsfreien<br />
Veranstaltungen im Kiez<br />
sind inzwischen weit über die<br />
Bezirksgrenzen hinaus bekannt.<br />
Anlässlich der Fête de la Musique,<br />
geht es auch um die Ecke vom<br />
Klausenerplatz musikalisch zu.<br />
Am 21. Juni <strong>2017</strong> von 18-22 Uhr<br />
findet auf dem „Ziegenhof“ in der<br />
Danckelmannstraße 16 auch in<br />
diesem Jahr wieder das vom Verein<br />
initiierte Kiezsingen im großen<br />
Zelt statt. Wo sonst zur Freude<br />
der Kinder Ziegen meckern<br />
und Gänse schnattern, erklingen<br />
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dann aus alten und jungen Kehlen<br />
an den Biertischen alte Schlager<br />
und Volkslieder zu Akkordeon<br />
und Gitarre. Tonangebend ist der<br />
Musiker Olaf Maske. Zu zivilen<br />
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Preisen gibt es Getränke, um die<br />
Kehle geschmeidig zu halten.<br />
Nur drei Tage später, am 24. Juni<br />
<strong>2017</strong> von 14-22 Uhr, lädt der Verein<br />
auf dem Klausenerplatz zum<br />
diesjährigen Kiezfest ein. Ein<br />
kunterbuntes Bühnenprogramm<br />
von Bauchtanz und Blues über<br />
Kinderband bis Rock´n´Roll wird<br />
das Publikum begeistern. Als Höhepunkte<br />
erwarten kleine Leute<br />
ein ganz besonderes Bootsrennen<br />
im 5x20 Meter Wasserbecken,<br />
das von der Friedenskirche<br />
<strong>Charlottenburg</strong> organisiert wird,<br />
sowie Fußball mit Soccer-Käfig<br />
und Bobby-Car. Auch Bratwurstund<br />
Getränkestand stehen bereit,<br />
wie es sich beim zünftigen Kiezfest<br />
gehört.<br />
Und so wird auch dieser Tag wieder<br />
ein Stück mehr dazu beitragen,<br />
was Klaus Betz und der Kiezbündnis<br />
Klausenerplatz e. V. mit<br />
ihrem selbstlosen Einsatz erzielen<br />
möchten: Die Identifikation der<br />
Kieznachbarn mit ihrem Wohngebiet<br />
durch ihr Zusammengehörigkeitsgefühl.<br />
Weitere Informationen, Termine<br />
und Spendenkonto unter www.<br />
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8 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
Tod eines Pazifisten<br />
Vor 50 Jahren wurde Benno Ohnesorg erschossen<br />
Die Stimmung war aufgeheizt –<br />
Studenten protestierten gegen<br />
den Schah Reza Pahlavi, der die<br />
Stadt am 2. Juni 1967 besuchte.<br />
Auch Benno Ohnesorg und seine<br />
Frau Christa waren dabei. Der<br />
Pazifist Ohnesorg studierte an der<br />
Freien Universität Berlin, dort hatte<br />
der im Exil lebende Iraner Bahman<br />
Nirumand am 1. Juni einen<br />
vielbeachteten Vortrag über die<br />
Politik des Schahs gehalten. Diesen<br />
hörte auch Benno Ohnesorg<br />
und beschloss, an der für den<br />
2. Juni angekündigten Demonstration<br />
teilzunehmen.<br />
Protest gegen den Schah<br />
Der 1940 in Hannover geborene<br />
Benno Ohnesorg hatte das Abitur<br />
auf dem Zweiten Bildungsweg<br />
nachgeholt. Für das Studium<br />
zog er nach Berlin und schrieb<br />
sich an der Freien Universität<br />
für Romanistik und Germanistik<br />
ein. Er plante, Gymnasiallehrer<br />
zu werden. An der Politik war er<br />
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zwar interessiert, doch bis auf<br />
die Teilnahme an einigen Demonstrationen<br />
wenig aktiv. Am<br />
Abend des 2. Juni besuchte der<br />
Schah die Aufführung der „Zauberflöte“<br />
in der Deutschen Oper.<br />
Draußen protestierten die Studenten<br />
und wurden ihrerseits<br />
mit Latten, Eisenstangen und<br />
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Relief von Alfred Hrdlicka vor der Deutschen Oper: Der Tod des<br />
Demonstranten.<br />
Holzknüppeln von Anhängern<br />
des Schahs angegriffen, die extra<br />
für den Schahbesuch eingeflogen<br />
worden waren. Erste Schlägereien<br />
zwischen Demonstranten und<br />
Schahanhängern hatte es bereits<br />
am Vormittag am Rathaus Schöneberg<br />
gegeben, während sich<br />
der Schah in das Goldene Buch<br />
der Stadt eintrug. Die Polizei griff<br />
nicht ein, sondern schirmte den<br />
Abzug der Angreifer ab.<br />
Schuss im Hinterhof<br />
Anschließend kam es zu Auseinandersetzungen<br />
zwischen den<br />
Demonstranten und der Polizei.<br />
Dabei wurde die „Leberwursttaktik“<br />
angewandt, bei der in der<br />
Mitte der Demonstration Gewalt<br />
angewendet wird, um Panik in<br />
der Menschenmenge auszulösen.<br />
Unter die Demonstranten<br />
hatten sich Polizeibeamte in Zivil<br />
gemischt, einer davon war Karl-<br />
Heinz Kurras. Ohnesorg sah, wie<br />
Menschen in der Krumme Straße<br />
in einen Hinterhof gebracht<br />
wurden und ging hinterher um<br />
die Geschehnisse zu beobachten.<br />
Dort fiel ein Schuss, der ihn in den<br />
Hinterkopf traf. Geschossen hatte<br />
Karl-Heinz Kurras. Ohnesorg<br />
starb kurz nach der Einlieferung<br />
ins Krankenhaus Moabit, nachdem<br />
zwei zunächst angefahrene<br />
Krankenhäuser keine Betten<br />
für den Schwerstverletzten frei<br />
hatten. Die Todesursache wurde<br />
zunächst mit Schädelbasisbruch<br />
angegeben. Das Knochenstück<br />
mit dem Einschussloch war entfernt<br />
worden und die Haut darüber<br />
zusammengenäht. Es tauchte<br />
nie wieder auf. Doch die Kugel<br />
steckte noch im Gehirn.<br />
Polizist und Stasi-Spitzel<br />
In der Folge wurde Polizeipräsident<br />
Erich Duensing auf eigenen<br />
Wunsch beurlaubt und am<br />
22. September 1967 pensioniert.<br />
Innensenator Wolfgang Büsch<br />
trat zurück. Beim Prozess gegen<br />
Kurras erfolgte ein Freispruch.<br />
Der Todesschütze wurde 2009<br />
als Stasi-Spitzel enttarnt. Ein gezielter<br />
Schuss konnte ihm jedoch<br />
auch bei einem erneuten Ermittlungsverfahren<br />
nicht nachgewiesen<br />
werden und so kam es nie zu<br />
einer Verurteilung. Karl-Heinz<br />
Kurras starb 2014. Sein tödlicher<br />
Schuss auf Benno Ohnesorg<br />
sorgte für eine Radikalisierung<br />
der Studentenbewegung, die unter<br />
anderem zur Gründung von<br />
RAF und der „Bewegung 2. Juni“<br />
führte. Zur Erinnerung an die Geschehnisse<br />
schuf der Bildhauer<br />
Alfred Hrdlicka im Jahr 1971 das<br />
Werk „Der Tod des Demonstranten“.<br />
Es dauerte fast 20 Jahre, bis<br />
es vor der Deutschen Oper aufgestellt<br />
wurde.<br />
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1 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> & Wilmersdorf <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 9<br />
Sind Kiezläufer ein Weg zu mehr sozialem Miteinander?<br />
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) diskutiert<br />
Kiezläufer kennen ihren Kiez genau, denn sie leben selbst dort und sind so<br />
niedrigschwellige Ansprechpartner. Erfahrungen in anderen Bezirken wurden<br />
bereits gemacht, nun wird der Einsatz von Kiezläufern auch von der BVV <strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf<br />
diskutiert. Nachfolgend finden Sie die Stellungnahme<br />
der im Bezirksamt vertretenen Fraktionen.<br />
Berlin SPD-Fraktion<br />
Wir verlieren immer mehr das soziale Miteinander<br />
in unserem Zusammenleben.<br />
Leicht erkennbar in der schon selbstverständlich<br />
gewordenen Zuweisung des<br />
Selbstverschuldens bei Menschen, die aus<br />
welchen Gründen auch immer, in Schwierigkeiten<br />
geraten sind. Dies wird noch<br />
durch den Ruf nach Verweigerung von<br />
Hilfen – leider auch aus politischen Parteien<br />
- gefördert. Hier können Kiezläufer nach<br />
einer guten Vorbereitung – ähnlich wie die<br />
Konfliktlotsen in den Schulen – in unseren<br />
Straßen und Parks und Wohnumfeld, nach<br />
einer qualifizierten Einarbeitung, für eine<br />
positive Veränderung sorgen. Nicht durch<br />
ein Auftreten als Ergänzung des Ordnungsamtes<br />
oder gar der Polizei. Auf keinem Fall.<br />
Vielmehr durch ziviles, nachbarschaftliches<br />
Auf- und Eintreten für mehr Sauberkeit,<br />
ein friedlicheres Miteinander und in einer<br />
vermittelnden Hilfestellung bei Konflikten.<br />
Sie können aber auch vermitteln zwischen<br />
den Angeboten des Bezirkes und den vielfältigen<br />
Problemen, die an sie herangetragen<br />
werden. Das stellt hohe Anforderung<br />
an die Vorbereitung, Schulung und Auswahl<br />
der zukünftigen Kiezläufer an die sich<br />
darauf einlassende Verwaltung. Die schon<br />
laufenden Pilotprojekte in Hamburg und<br />
Berlin zeigen aber, dass es umsetzbar ist.<br />
Wolfgang Tillinger<br />
CDU-Fraktion<br />
Die CDU-Fraktion hält Kiezläufer im Bezirk<br />
<strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf für eine gute<br />
Ergänzung zum Ordnungsamt. Hier kann<br />
durch einen ersten Kontakt zum Bürger ein<br />
Verständnis für ein Miteinander erzeugt<br />
werden. Die Kiezläufer sollen Vertrauen<br />
aufbauen und sich erzählen lassen, was die<br />
Bürger für Sorgen und Probleme haben.<br />
Sie sollen im Kiez kontrollieren, wie es im<br />
Wohnumfeld und Parkanlagen hinsichtlich<br />
illegaler Müllentsorgung aussieht. Ja, sie<br />
sollen auch auf die Hundehalter zu gehen,<br />
um die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner<br />
sofort zu beseitigen, und sind sicher<br />
auch Ansprechpartner für Hilfsbedürftige.<br />
Die Kiezläufer können den Jugendlichen<br />
im Bezirk, die nicht wissen was sie mit ihrer<br />
Freizeit anfangen sollen, Hilfestellung<br />
zu den wenigen Jugendeinrichtungen im<br />
Bezirk geben. Sie sollten die Kids motivieren,<br />
die Freizeitangebote wahrzunehmen.<br />
Vielleicht gehen von den Kiezläufern auch<br />
eigene Initiativen aus, die den Bezirk <strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf<br />
bereichern. Die<br />
CDU-Fraktion sieht die Kiezläufer nicht<br />
als eine Konkurrenz zur Polizei und dem<br />
bezirklichen Ordnungsamt. Hilfreich ist mit<br />
Sicherheit, sie in Rechts- und Gesetzesfragen<br />
zu schulen und in Gesprächsführung<br />
zu unterstützen. So werden die Kiezläufer<br />
sicher eine hohe Akzeptanz im Bezirk<br />
erhalten und zu einer Verbesserung des<br />
Wohnumfeldes und der Lebensqualität<br />
in <strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf beitragen.<br />
Karsten Sell<br />
B‘90/Grünen-Fraktion<br />
Kiezläufer*innen gibt es in Bereichen<br />
mit Quartiersmanagement in Berlin. Sie<br />
schauen, ob die Straßen und Parks sauber<br />
und im ordentlichen Zustand sind.<br />
Sie melden Vermüllung wie Schäden und<br />
sorgen für deren Entfernung/Behebung.<br />
In <strong>Charlottenburg</strong>-Wilmersdorf gibt es<br />
kein Quartiersmanagement. Deshalb soll<br />
das Bezirksamt prüfen, ob Kiezläufer*innen<br />
über den Zweiten Arbeitsmarkt vom<br />
Jobcenter eingesetzt werden können. Erwerbslosen<br />
wäre es somit möglich, eine<br />
Aufgabe für ihren Kiez wahrzunehmen<br />
und dort ein Bewusstsein zu schaffen,<br />
den öffentlichen Raum so zu hinterlassen,<br />
wie er vorgefunden wurde. Das Angebot<br />
kann die Ordnungsamts-App ergänzen,<br />
bei der Bewohner*innen Probleme dem<br />
Ordnungsamt via Smartphone melden<br />
können. Mit Kiezläufer*innen wird gleich<br />
vor Ort im Gespräch auf Missstände aufmerksam<br />
gemacht. Das ist sehr sinnvoll.<br />
Alexander Kaas Elias<br />
FDP-Fraktion<br />
Mit dem Verweis auf vermeintlich gute<br />
Erfahrungen aus Mitte wird derzeit eine<br />
Initiative zum Einsatz von Kiezläufern bei<br />
uns im Bezirk diskutiert. Dabei ist weder<br />
klar, was diese machen oder wo dies<br />
geschehen soll, in welchem Arbeitsverhältnis<br />
sie stünden, wie viele Personen es<br />
bräuchte und wer es eigentlich bezahlen<br />
würde. Die bisher sehr vagen Äußerungen<br />
zum Thema sprechen davon, dass Kiezläufer<br />
zur Kontrolle und Säuberung von<br />
Parks, zur Kontrolle des Leinenzwangs<br />
bei Hunden oder als Ansprechpartner für<br />
Hilfsbedürftige agieren könnten. Doch<br />
für all dies gibt es bereits qualifizierte<br />
Kräfte – nur viel zu wenige. Aus Sicht der<br />
FDP-Fraktion sollte deshalb keine neue<br />
und vermeintliche sämtliche Probleme<br />
lösende Stelle geschaffen werden. Keines<br />
der genannten Problembereiche könnten<br />
Kiezläufer besser lösen als die bereits existierenden<br />
Mitarbeiter im Ordnungsamt<br />
oder bei der Stadtreinigung. Wer etwas<br />
solches verspricht, enttäuscht am Ende nur<br />
diejenigen, die daran glaubten. Nutzen wir<br />
stattdessen die Gelder und stellen endlich<br />
mehr Menschen dort ein, wo diese tatsächlich<br />
fehlen, beim Ordnungsamt, bei der<br />
Stadtreinigung, der Parkpflege und den<br />
Sozialarbeitern. So gehen wir den Weg zu<br />
mehr sozialem Miteinander.<br />
Pascal Tschörtner<br />
Alternative<br />
für<br />
Deutschland<br />
AfD-Fraktion<br />
Ausgerechnet mit Kiezläufern ein besseres<br />
soziales Miteinander schaffen? Ist<br />
das nicht ein Ausdruck von Hilflosigkeit?<br />
Politisches Versagen hat dazu geführt, dass<br />
bestimmte Gegenden so verkommen sind.<br />
Verwahrloste Jugendliche, Straßen voller<br />
Sperrmüll, verunstaltete Fassaden, Junkies<br />
und Alkoholabhängige in Parks mit<br />
entsprechender Belästigung durch Pöbeleien<br />
und Gefährdung z.B. durch weggeworfene<br />
Spritzen. Es ist eine Sache, dem<br />
Bezirksamt Vermüllung, Rattenbefall und<br />
Verunreinigung zu melden, eine andere<br />
ist der Umgang mit Jugendbanden und<br />
Suchtkranken. Das erfordert spezielles<br />
sozialpädagogisches bzw. Suchtpräventionstraining.<br />
Hier sind ausgebildete<br />
Experten gefragt. Das darf man nicht<br />
abwälzen auf Kiezläufer ohne entsprechende<br />
Ausbildung, die nur den Kiez aus<br />
eigener Erfahrung kennen. Die politisch<br />
Verantwortlichen dürfen mit dem Einsatz<br />
der Kiezläufer nicht von jahrzehntelangem<br />
Versagen ablenken, von sozialpolitischem<br />
laissez faire. Geborgenheitsgefühl und vor<br />
allem Sicherheit sind die Grundlagen für<br />
ein soziales Miteinander. Das schafft man<br />
nicht durch ein paar Kiezläufer sondern<br />
durch eine robuste Durchsetzung von<br />
Recht und Ordnung und mit einer Sozialpolitik,<br />
die den Namen auch verdient.<br />
Michael Seyfert<br />
Linksfraktion<br />
Ja, denn Kiez- oder auch Parkläufer*innen<br />
können Ansprechpartner, Beobachter<br />
und Problemlöser in den Kiezen, Parks<br />
und Brennpunkten sein. Sie schaffen mit<br />
ihrer Präsenz Sauberkeit und Sicherheit<br />
im Bezirk, indem sie den Zustand eines<br />
Wohnumfeldes kontrollieren, wesentliche<br />
Verhaltensregeln kommunizieren und sich<br />
die Wünsche und Nöte von Anwohner*innen<br />
anhören. Jedoch muss ihre Rolle klar<br />
für alle definiert werden. Kiezläufer*innen<br />
arbeiten in Konflikt- und Gefahrensituationen<br />
mit Polizei- und Ordnungskräften sowie<br />
Sozialarbeiter*innen zusammen, sind<br />
jedoch selbst keine. Sie können und sollen<br />
nicht die Aufgaben von Ordnungs- und<br />
Polizeibehörden übernehmen, aber Angsträume<br />
identifizieren, ihnen mit Präsenz in<br />
schwierigen Sozialräumen begegnen und<br />
damit das subjektive Gefühl von Bedrohung<br />
senken. Ihre sozialintegrative Rolle<br />
verlangt aber auch, dass sie über kommunikative<br />
und mediative Fähigkeiten verfügen.<br />
Dazu sind Schulungen notwendig, die<br />
vom Bezirk oder Land getragen werden<br />
müssen. Es bedarf überhaupt angemessener<br />
fachlicher und finanzieller Ressourcen<br />
aus Politik und Verwaltung, um die Arbeit<br />
von Kiezläufer*innen zu qualifizieren.<br />
Denn am Ende steht die Verbesserung<br />
des Aufenthaltsgefühls in unseren Kiezen.<br />
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10 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
Wald und Klimawandel<br />
Ausstellungspfad im Grunewald informiert über Anpassung der Wälder<br />
Viel Interessantes rund um Wald<br />
und Klima können Spaziergänger<br />
in freier Natur im Grunewald<br />
erfahren. Am 13. April wurde ein<br />
Rundweg eröffnet, der über das<br />
vielfältige Spektrum des Klimawandels<br />
informiert. Die Ausstellung<br />
gehört zu einer von dreizehn<br />
dezentralen Außenstellen der Internationalen<br />
Gartenausstellung<br />
<strong>2017</strong> (IGA).<br />
An elf Stationen wird die Anpassung<br />
der Berliner Wälder an den<br />
Klimawandel erläutert. Hierzu<br />
gehört die Umgestaltung reiner<br />
Kiefernwälder zu Mischwäldern<br />
sowie naturnahe Waldbewirtschaftung,<br />
die unter anderem<br />
auf Selbstaussaat der Laubbäume<br />
mit unterstützender Pflege setzt.<br />
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<strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 11<br />
Ein Hektar Wald (100 x 100 Meter, blau markiert) bindet etwa soviel CO2 wie zwei Berliner Bürger durchschnittlich verursachen.<br />
Holzbalken, Spanplatten, Holzpellets: Alles<br />
aus dem Rohstoff Holz.<br />
Die Entstehung und Bedeutung der Moore am<br />
Barssee und Pechsee werden genauso erklärt,<br />
wie die Bedeutung des Waldes für das Stadtklima.<br />
Blaugrüne Hinweistafeln informieren<br />
die Besucher und mit Hilfe aufgedruckter<br />
QR-Codes kann das Wissen über die waldklima-app<br />
vertieft werden.<br />
Neben den Auswirkungen des Klimawandels<br />
gibt es interessantes weiteres Wissen rund um<br />
den Wald. Die Frage, ob das kleine, zierliche<br />
Reh und der beeindruckende Elch verwandt<br />
sind, wird geklärt und die Besucher erfahren,<br />
warum Förster sich nicht für die Spätblühende<br />
Traubenkirsche begeistern können, die bereits<br />
aus dem 17. Jahrhundert ihren Weg aus<br />
Amerika nach Europa nahm. Anregungen, wie<br />
jede/r Einzelne seinen CO 2<br />
-Ausstoß verringern<br />
kann, sind ebenfalls Teil der Ausstellung.<br />
Von einer Aussichtsplattform aus können<br />
verschiedene Altersstadien des Waldes angesehen<br />
werden. Auch, warum der Pechsee<br />
ein Glück für das Klima der Stadt ist und der<br />
hohe Stellenwert des Rohstoffes Holz für<br />
unser Leben wird erklärt. Aktuelle Veranstaltungshinweise<br />
sind unter Wald Berlin Klima<br />
auf facebook zu finden.<br />
Die Ausstellung beginnt am Grunewaldturm<br />
und führt über einen Rundweg dorthin<br />
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12 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
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Als Krone des rund 70 Meter hohen<br />
Fichtenberges in Steglitz reckt<br />
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Klinker und Rackwitzer Sandstein<br />
mit seinen 40,3 Metern Höhe<br />
gen Himmel. Der 1883 erbaute<br />
Wasserturm hielt unter mächtiger<br />
Kuppel bis zum Jahr 1920 im<br />
Reservoir hinter 3,80 Meter dicken<br />
Mauern um die 2000 Kubikmeter<br />
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für die junge Landgemeinde in<br />
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<strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 13<br />
Jürgen Heise, ein Mitbegründer des Vereins „Berliner Wetterkarte“, zählt<br />
zu den engagierten Zeitungsmachern im Turm.<br />
Morten, Student der Meteorologie und Wetterbeobachter aus<br />
Leidenschaft.<br />
Studentenhilfe. So begleitet der<br />
Verein BWK u. a. Lehrerfortbildungen,<br />
Wetterworkshops und<br />
Veranstaltungen.<br />
Anlässlich der „Langen Nacht<br />
der Wissenschaften“ öffnet er<br />
zum Blick hinter die Mauern am<br />
24. Juni <strong>2017</strong> die eiserne Tür zum<br />
Wetterturm.<br />
Wetter verstehen lernen<br />
Morten, Studierender der Meteorologie<br />
an der FU Berlin, ist<br />
als Wetterbeobachter seit zwei<br />
Jahren dabei. Er sitzt im sechsten<br />
Stock. Die herrliche Aussicht, die<br />
man besonders von dem kleinen<br />
Austritt vor dem Turmbüro aus<br />
über Berlin hat, lenkt den Studenten<br />
jedoch kaum von seiner Arbeit<br />
am PC ab. Er spricht sich mit anderen<br />
Kommilitonen zeitlich ab,<br />
so dass rund um die Uhr der Platz<br />
besetzt ist. Schon vor Studienanfang,<br />
als Praktikant, hatte er hier<br />
mitgeholfen.<br />
Er erzählt von den unterschiedlichen<br />
Wolkenkonfigurationen, die<br />
– im Code verschlüsselt – weltweit<br />
lesbar werden, und weshalb Gewitter<br />
so schwer zeitlich vorhersehbar<br />
sind.<br />
Die Wetterbeobachtungen aus der<br />
Dahlemer Station als einer der ältesten<br />
in Berlin mit durchgehender<br />
Datenreihe gehen stündlich<br />
in die Datenvielfalt des Deutschen<br />
Wetterdienstes (DWD) ein. Auf<br />
dem Gelände hinter dem Turm,<br />
der Ansichts-Messwiese, finden<br />
die Studierenden für ihre Beobachtungsübungen<br />
Wetterhütte,<br />
Wetterwarte, Erdbodenmessfeld<br />
und Niederschlagswächter, daneben<br />
die Wetterwarte, die u. a. zur<br />
Windregistrierung genutzt wird.<br />
Dass die empfindlichen Messgeräte<br />
genauestens vom Menschen<br />
überwacht werden müssen, um<br />
Fehlmessungen zu verhindern, ist<br />
hier schon so manchem Studenten<br />
klar geworden: Etwa, wenn der<br />
Temperaturfühler für die Bodentemperatur<br />
eingeschneit oder das<br />
Regensammelbecken von Blättern<br />
verstopft war.<br />
Schulklassen nutzen an Projekttagen<br />
gerne im Wetterturm die<br />
Schüler-Uni im „EarthLab“, in dem<br />
Meteorologie zum Anfassen verständlich<br />
präsentiert wird.<br />
Aus der Zusammenarbeit vom Institut<br />
der Meteorologie FU Berlin,<br />
Aussicht nicht nur aufs Wetter.<br />
BWK und Schülern des Biesdorfer<br />
Otto-Nagel-Gymnasiums entstand<br />
so im Jahr 2009 auch das Begleitheft<br />
zur Wetterturmführung,<br />
das anschaulich für Klein und Groß<br />
Einblick in die Meteorologie bietet.<br />
Ebenso interessant und für 19.-<br />
Euro im Turm zu erwerben ist die<br />
vom BWK mit Unterstützung der<br />
Deutschen Meteorologischen Gesellschaft<br />
(DMG) herausgegebene<br />
„Berliner Klimafibel“, die 100 Jahre<br />
Wetteraufzeichnungen birgt.<br />
Ein Hoch namens Yasmine<br />
Die Aufgaben des BWK-Vereins<br />
und der Studenten im Wetterturm<br />
sind vielfältig und bereiten<br />
sie umfassend auf ihre spätere<br />
Berufspraxis vor: Da gilt es<br />
Hoch- und Tiefdruckgebiete auf<br />
ihre Namen zu taufen und ihre<br />
Lebensgeschichte zu schreiben.<br />
Darin erfährt man dann ausgiebig,<br />
wann das Hoch „Yasmine“<br />
Treffpunkt<br />
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14 | <strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong><br />
Diplom-Meteorologin und BWK-Vereinsvorsitzende Petra Gebauer bei<br />
der Temperaturkontrolle auf der Messwiese.<br />
vor der Südwestküste Grönlands<br />
geboren wurde, erstmals Europa<br />
bereiste, und dass es sich nach immerhin<br />
15 Tagen Lebensdauer an<br />
der norwegischen Küste auflöste.<br />
„Die Studenten lernen durch das<br />
Verfassen dieser Beschreibungen,<br />
genau hinzusehen und Wetterdaten<br />
zu analysieren“, lobt Petra<br />
Gebauer den Lehrwert derartiger<br />
Aufgaben.<br />
Die Möglichkeit, Taufpate für<br />
Hoch oder Tief zu werden und<br />
ihm seinen Namen zu geben,<br />
besteht seit zehn Jahren. Der<br />
Verkauf dieser Wetterpatenschaften<br />
trägt finanziell mit dazu bei,<br />
dass die Studenten einen kleinen<br />
Obolus für ihr freiwilliges Engagement<br />
erhalten können und hilft,<br />
wenigstens einen Teil der anfallenden<br />
Kosten zu decken.<br />
Der Taufpate erhält dafür Urkunde<br />
und Lebensgeschichte des Hochs<br />
oder Tiefs seines Namens. „Er kann<br />
dann wählen, ob er sich von den<br />
Medien gegebenenfalls befragen<br />
lassen möchte oder nicht“, erzählt<br />
Petra Gebauer. – Denn das kann<br />
anstrengend für den Paten werden,<br />
sollte „sein“ Tief einen Jahrhundertsturm<br />
im Gepäck haben<br />
oder „ihr“ Hoch Rekordtemperaturen<br />
bescheren.<br />
Ursprünglich stammt die Patenschafts-Idee<br />
aus den USA, wo seit<br />
den 40er-Jahren Taifune und Hurrikans<br />
Namen erhielten.<br />
Bis in die 80er-Jahre waren nur<br />
Tiefs weiblich, doch auch sie konnten<br />
sich im Laufe der Jahre emanzipieren.<br />
Zu jedem Jahreswechsel<br />
wird nun für das kommende Jahr<br />
festgelegt, welches Geschlecht die<br />
Hochs und Tiefs haben werden.<br />
So sind in diesem Jahr die Hochs<br />
weiblich.<br />
Zur Anzahl der jährlich durchziehenden<br />
Hochs und Tiefs bietet<br />
die Meteorologin eine Denkaufgabe:<br />
Tiefs durchlaufen jährlich<br />
im Durchschnitt mit ihren Namen<br />
fünf- bis sechsmal das Alphabet,<br />
Hochs nur zweimal.<br />
Wer eine historische Wetterkarte<br />
von einem besonderen Tag sucht,<br />
für den ist der Verein ebenfalls der<br />
richtige Ansprechpartner, bei dem<br />
er sie erwerben kann.<br />
Petra Gebauer vom BWK wünscht<br />
sich für die Zukunft viel Sonne<br />
über dem Wetterturm: Dass die<br />
Arbeit dort gemeinsam mit dem<br />
Meteorologen-Nachwuchs und<br />
für dessen Zukunft erfolgreich in<br />
Kooperation mit FU Berlin, DWD<br />
und allen anderen Unterstützern<br />
weitergeführt werden kann – bei<br />
ausreichend Personal und finanziellen<br />
Mitteln.<br />
Weitere Informationen und Spendenkonto<br />
des BWK e. V. unter<br />
www.berliner-wetterkarte.de<br />
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<strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> · Juni <strong>Nr</strong>. 6/<strong>2017</strong> · 35. Jahrgang<br />
Das <strong>Gazette</strong> Verbrauchermagazin erscheint monatlich in<br />
<strong>Charlottenburg</strong>, Wilmersdorf, Steglitz, Zehlendorf sowie<br />
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Nächste Ausgabe Juli <strong>Nr</strong>. 7/<strong>2017</strong><br />
Anzeigen-/Redaktionsschluss 19.06.<strong>2017</strong><br />
Erscheinung 06.07.<strong>2017</strong>
Alfred Flechtheim, Kunsthändler der Moderne<br />
Georg Kolbe Museum mit neuer Ausstellung<br />
Der Einfluss des legendären Kunsthändlers<br />
Alfred Flechtheim (1878–<br />
1937) auf die moderne Bildhauerei<br />
der 1920er-Jahre ist Thema der<br />
Sonderausstellung: „Alfred Flechtheim.<br />
Kunsthändler der Moderne“<br />
im Georg Kolbe Museum in Berlin.<br />
Handel mit der wichtigsten<br />
zeitgenössischen Kunst<br />
Flechtheims Rolle für die europäische<br />
Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts<br />
ist kaum zu unterschätzen<br />
und noch nicht auserzählt. Er<br />
handelte in der Galerie mit der<br />
wichtigsten Kunst seiner Zeit, war<br />
ein schillernder Impulsgeber für<br />
Künstlerinnen und Künstler sowie<br />
für Museen und Sammler. Mit dem<br />
avantgardistischen „Querschnitt“<br />
publizierte er eines der geistreichsten<br />
Magazine der Epoche.<br />
Populäre Berühmtheiten wie Max<br />
Schmeling und illustre Künstlerinnen<br />
wie Renée Sintenis gehörten<br />
zu seinem engsten Kreis. Der stets<br />
dandyhaft gekleidete Flechtheim<br />
Renee Sintenis Großer<br />
springender Bock 1928 Bronze<br />
75 cm. Sammlung Karl H Knauf<br />
<br />
VG Bild Kunst<br />
feierte libertär und exaltiert die<br />
neuen Möglichkeiten der Weimarer<br />
Republik.<br />
Paneuropäer im Visier der<br />
Nationalsozialisten<br />
Dieses Bekenntnis zur Freiheit und<br />
sein Engagement für die moderne<br />
Kunst machten den „Paneuropäer“<br />
Flechtheim schnell zur Zielscheibe<br />
nationalsozialistischer Agitation.<br />
Aufgrund der veränderten Kulturpolitik<br />
und stetiger antisemitischer<br />
Diffamierungen entschied er sich<br />
bereits im Oktober 1933 für die<br />
Emigration. Alfred Flechtheim<br />
starb 1937 in seinem Londoner<br />
Exil und wurde erst spät wiederentdeckt.<br />
Heute erfährt seine<br />
Person in den wichtigen Debatten<br />
um die Restitution unrechtmäßig<br />
entzogenen Kulturguts wieder<br />
eine große öffentliche Aufmerksamkeit.<br />
Den Blick darüber hinaus<br />
auf sein einflussreiches Wirken<br />
zu lenken und dieses besondere<br />
Kapitel der Berliner Zeitgeschichte<br />
zu dokumentieren, ist die Idee<br />
der Ausstellung im Georg Kolbe<br />
Museum.<br />
Von Arno Breker bis zur<br />
modernen Skulptur<br />
Anerkannt ist Flechtheims Einsatz<br />
für die Malerei, etwa für Vincent van<br />
Gogh, Pablo Picasso, George Grosz<br />
und Max Beckmann. Die moderne<br />
Skulptur war in seinen Ausstellungen<br />
von Beginn an ebenbürtig<br />
<strong>Gazette</strong> <strong>Charlottenburg</strong> | Juni <strong>2017</strong> | 15<br />
vertreten, dennoch wurde dieser<br />
wichtige Aspekt in der Bewertung<br />
seines Wirkens bislang vernachlässigt.<br />
Die Ausstellung „Alfred<br />
Flechtheim. Kunsthändler der Moderne“<br />
dokumentiert neben den<br />
stilistischen auch die biografischen<br />
Gegensätze der Flechtheim-Bildhauer,<br />
die von Arno Breker, der im<br />
Nationalsozialismus zum Staatskünstler<br />
aufstieg, bis hin zu dem<br />
in Auschwitz ermordeten Moissey<br />
Kogan reichen. In der Ausstellung<br />
werden Werke von Ernst Barlach,<br />
Georg Kolbe, Renée Sintenis und<br />
vielen anderen gezeigt. Unter den<br />
Ausstellungsstücken befinden sich<br />
Leihgaben namhafter Museen und<br />
Kunstsammlungen genauso wie<br />
Leihgaben aus Privatbesitz. Die<br />
Ausstellung wird noch bis 17. September<br />
im Georg Kolbe Museum,<br />
Sensburger Allee 25, 14055 Berlin<br />
gezeigt. Öffnungszeiten täglich<br />
von 10 – 18 Uhr. Weitere Informationen<br />
unter www.georg-kolbemuseum.de<br />
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